Michi Freys letzter Torjubel ausgezeichnet / GC – FCZ Stats & Spielinfos

Dass die FCZ-Vorderreihe gute Noten erhält, wird durch die höhere Positionierung der Mannschaft schon in ihrem ersten Spiel unter dem neuen Trainer Ludovic Magnin begünstigt. Die Stürmer können sich daher mehr auszeichnen. Michi Frey ist zum neunten Mal in dieser Saison Züri Live-MVP. Nach einer durchschnittlichen Leistung gegen Luzern lief es ihm gegen GC wieder besser. Die letzte ungenügende Leistung des «Sturmtanks» geht zurück auf die Auswärtspartie in Basel (0:1) im September. Auf der Minusseite steht bei ihm zur Zeit die Chancenverwertung. Gegen GC hatte Frey mehr als die Hälfte aller FCZ-Chancen. Sein letzter Torjubel wurde gerade eben vom Cup-Sponsor als schönstes Tor der Viertelfinals ausgezeichnet. Das ist nun drei Monate her.

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Die veränderte Spielweise half stark mit, die individuellen Schwächen in der Zürcher Hintermannschaft zu kaschieren. Diese hatte im Vergleich zu den letzten Partien deutlich weniger Arbeit, wirkte in den wenigen relevanten Szenen aber weiterhin nicht sattelfest. Dies betrifft am meisten Rasmus Thelander und Torhüter Yanick Brecher, der in seinem fünften Saisoneinsatz die dritte ungenügende Note abholte. Die Einwechslungen konnten diesmal wenig bewirken. Marchesano ist zur Zeit ein wenig aus dem Tritt geraten – dazu kam natürlich auch die Unterzahlsituation. Die Aussenläufer Rüegg und Pa Modou zeigten mit je 6 Top-Offensivaktionen eine gute Leistung. Mit Rodriguez, Marchesano und Aliu waren drei Spieler für die Standards zuständig. Diejenigen von Aliu waren okay, Marchesanos Versuche misslangen, während ein Rodriguez-Freistoss von der Seite Michael Frey in der 20. Minute die Topchance per Kopf ermöglichte, welche GC-Hüter Lindner mirakulös von der Linie kratzte.

 

 

So lässt der neue FCZ-Trainer Magnin spielen & Audio-Highlights GC – FCZ

Am Schluss steht schwarz auf weiss die zweite Niederlage im dritten Derby der Saison zum Auftakt der «Ära Magnin» im FC Zürich. Vor der Partie hatte der neue FCZ-Trainer angekündigt, in der kurzen Zeit seiner Spielvorbereitung (sechs Trainings) nur kleine Retouchen vornehmen zu wollen. Wenn dies nun die kleinen Retouchen waren, dann kann man sich für die nähere und mittlere Zukunft noch auf einiges gefasst machen. Immerhin bestimmte der Waadtländer mit Victor Palsson sofort einen neuen Captain. Solch weitreichende Entscheidungen mit gutem Gewissen so schnell zu treffen war vor allem auch deshalb möglich, weil Magnin als bisheriger U21-Trainer bereits eine gewisse Nähe zur 1. Mannschaft hatte, und beispielsweise regelmässig mit dem bisherigen Coach Uli Forte über sportliche Fragen und die Spieler beider Teams im Austausch war.

Als neuer Captain wird Palsson damit natürlich voraussichtlich im Mittelfeldzentrum gesetzt sein. Wohlgemerkt im Mittelfeldzentrum – in der Abwehrreihe hatte der Isländer aus Züri Live-Sicht zuletzt keine gute Falle abgegeben. Magnin will einen Captain, der auf dem Platz dirigiert und Emotionen reinbringt – «nur» Assistenztrainer René Van Eck und er selbst genügen dem  «angeblichen Hoffnungsträger» (Zitat: Thomas Schifferle im «Tages-Anzeiger») auf dem Zürcher Trainerstuhl dafür noch nicht. Am meisten zufrieden zeigt sich Magnin am Tag nach der Partie an der Pressekonferenz in der Saalsporthalle mit der Mentalität der Spieler und der Aggressivität im Zweikampf. Als er an letzteres denkt, huscht ein leicht schelmisches Lachen über sein Gesicht. Man erinnert sich in diesem Moment automatisch an Roberto Rodriguez, der sich nach der Partie im Interview mit Züri Live zufrieden zeigte, dass der FCZ in den Zweikämpfen die Oberhand behalten habe, was auch daran ersichtlich gewesen sei, dass die GC-Spieler viel am Boden gelegen seien.

Quasi als Antithese (und damit potentiell ideale Ergänzung) zum emotionalen Haudegen Palsson brachte Magnin den spielerisch starken knapp 18-jährigen Izer Aliu in der Startformation. Es war nach insgesamt vier Einwechslungen in Challenge League (Xamax), Super League (Lausanne) und im Cup (La Chaux-de-Fonds, Chippis) sein erster Startelfeinsatz in einem Wettbewerbsspiel der Profis. In Testspielen kam Aliu schon häufig zum Zuge. In der Saison 2016/2017 war Aliu sogar der Zentrale Mittelfeldspieler mit den meisten Testspiel-Einsatzminuten (495) – Yapi, Sarr, Rüegg, Janjicic, Grgic und Kukeli hatten weniger. In der aktuellen Saison hat Aliu in Freundschaftspartien bereits 523 Minuten im «Eins» gespielt. Wenn zuletzt von Seiten der Klubführung davon die Rede war, dass die eigenen Jungen noch mehr gepusht werden sollen und dass auch Fehler und mal eine Niederlage dafür in Kauf genommen würden, erschien vor dem inneren Auge des aufmerksamen Zuhörers unweigerlich das Bild von Izer Aliu – und die Gewissheit, dass dieser nun ziemlich sicher eine echte Chance erhalten wird. Alternativen im Zentrum bieten sich Trainer Magnin mit Sangoné Sarr und Toni Domgjoni.

Der im FCZ-Fanshop beim Stauffacher seine Lehre absolvierende Aliu gilt schon seit Jahren als eines der grössten Talente des Zürcher Nachwuchses. Ein Spielertyp, der von einem Lucien Favre wohl früh in die 1. Mannschaft integriert worden wäre, bei welchem aber gleichzeitig die meisten anderen Profitrainer vor einer Forcierung zurückschrecken, weil er noch nicht ausgereift ist. Die Wahrscheinlichkeit ist aber hoch, dass Alius Lernkurve relativ steil sein wird, wenn er mehrere Einsätze in Folge das Vertrauen bekommt. Schon gegen GC zeigte der Adliswiler nach Anfangsschwierigkeiten einige gute Ansätze und kam auf fünf Top-Aktionen (vier Offensiv, eine Defensiv). Wenn nicht jetzt, wann dann? «Vasi» Janjicic und Djibril Sow waren im gleichen Alter zwar schon kompletter und ausgereifter gewesen, Aliu hat aber in einzelnen Bereichen noch etwas mehr Talent. Vor 15 Monaten führte Züri Live am Rande der Direktübertragung des UEFA Youth League-Heimspieles gegen den Gheorghe Hagi-Klub Viitorul Constanta im Utogrund ein Interview mit U18-Nationalcoach Reto Gertschen, in welchem dieser sich ebenfalls sehr lobend über Aliu äusserte («Selten einen Spieler in diesem Alter mit so guter Technik unter Druck gesehen»):

Kevin Rüegg hat Ludovic Magnin wieder auf dessen Lieblingsposition auf der rechten Seite aufgestellt, auf welcher dieser bereits in der Academy vorwiegend eingesetzt worden war. Magnins Ansichten dazu decken sich dabei Eins zu Eins mit der von Züri Live schon häufig geäusserten Meinung: «Rüegg kann sich im Zentralen Mittelfeld auf Super League-Niveau durchsetzen, aber wir wollen ihn zu einem Spieler entwickeln, der höhere Ziele avisieren kann. Das Potential dazu hat er aber nur auf der rechten Seite». Magnin will bezüglich der Gründe öffentlich nicht ins Detail gehen, aber diese sind ja im Grossen und Ganzen offensichtlich. Seinen herausragenden Speed auf mittlere Distanzen kann Rüegg nur auf der Seite richtig ausspielen. Der 19-jährige Kumpel von Nico Elvedi schlägt dazu meist gute Flanken und kann auch torgefährlich werden. Für das Mittelfeldzentrum fehlen ihm hingegen etwas die Qualitäten seines Teamkollegen Aliu – technische Vielseitigkeit (nur rechter Innenrist sehr gut), Wendigkeit auf engem Raum, Körpergrösse. Der zweite Mann auf der rechten Seite ist Adrian Winter, auf links sollte Michael Kempter hoffentlich bald zurückkehren und Pa Modou Konkurrenz machen.

Gegen GC am Sonntag hatte Ludo Magnin keinen Verteidiger auf der Ersatzbank. Das heisst, Mirlind Kryeziu war trotz Verletzung von Alain Nef nicht im Matchkader. Cédric Brunner durfte zum ersten Mal nach seiner Verletzungsunterbrechung wieder mittun, konnte dabei aber noch nicht an seine über weite Strecken starke Vorrundenform anknüpfen. Im Tor gibt Magnin Yanick Brecher eine Chance, noch während der Rückrunde die Nummer 1 zu werden. Darüber entscheiden sollen die beiden Derbies. Da bei der aktuellen Spielweise von GC nicht davon auszugehen ist, dass Brecher im Cup-Halbfinal sehr viel mehr geprüft werden wird, als am Sonntag, wird es wohl darauf hinauslaufen, dass Brecher bei einem Weiterkommen im Cup (egal wie) auch in der Meisterschaft die neue Nummer 1 wird. Bei seinen zwei bisher einzigen Einsätzen gegen Super League-Teams 2017/2018 liess der Männedorfer gegen Thun drei Tore zu, und musste gegen GC von zwei Schüssen aufs Tor einen passieren lassen. Bei Stade Lausanne-Ouchy unterlief ihm im Cup zudem wohl so etwas wie der bisherige «Torwart-Patzer der Saison».

In der Promotion League hat sich Brecher unter Ludo Magnin mit Yassin Smach und Bojan Milosavljevic die bisherigen Promotion League-Spiele aufgeteilt. Magnin stärkt in der Rolle als Trainer richtigerweise seine Schlussmänner, so auch Brecher. So hat er bei diesem in der Promotion League hervorragende Leistungen gesehen. Züri Live war bei zwei der sechs Brecher-Einsätze mit vor Ort und teilt die Lobeshymnen nicht. Brecher ist fussballerisch sicherlich gut genug – Timing, Konzentration über 90 Minuten und Strafraumbeherrschung bleiben aber Schwachpunkte. Der 17-jährige Calvin Heim, der neuerdings auch online als Kaderspieler der 1. Mannschaft geführt wird, bringt mehr Talent mit. Er wird sich wohl nach dem Abgang von Milosavljevic nach Winterthur zusammen mit Smach und Yann-Alexandre Fillion in der Rückrunde die Spielzeit in der U21 teilen, für welche offiziell noch kein neuer Cheftrainer bestimmt wurde.

In der Berichterstattung über das Derby vom Sonntag wurde viel über die junge GC-Mannschaft gesprochen, die dem FCZ gegenüber gestanden sei. Das ist sicherlich nicht falsch, aber gleichzeitig etwas einseitig. Immerhin wurden auf beiden Seiten gleich viele Teenager eingesetzt (Aliu, Rüegg & Rohner vs. Pusic, Bajrami & Arigoni). Mit Aliu und Rüegg in der Startaufstellung sowie dem relativ früh für Dwamena eingewechselten und schnellen Rohner, der dann aber schlussendlich wegen dem Platzverweis gegen Cédric Brunner auf der linken Seite statt im Sturm spielte, setzte Magnin ein klares Zeichen, in welche Richtung es in Sachen Mut zur Jugend in Zukunft gehen soll. Vorne liess der neue FCZ-Trainer mit einem «Zehner» hinter zwei Spitzen spielen: eine Variante, die Ex-Trainer Forte diesen Winter in Freundschaftsspielen auch schon getestet hatte.

Für die Zehnerposition sieht Magnin zur Zeit drei Spieler vor: Roberto Rodriguez, Antonio Marchesano und Lavdrim Rexhepi. Vor seiner Auftaktpartie als Trainer habe er zwischen Rodriguez und Marchesano geschwankt. Die Trainingseindrücke hätten dann knapp zugunsten von Rodriguez den Ausschlag gegeben. Eine von dessen Stärken sieht Magnin in der Laufarbeit bei gegnerischem Ballbesitz. Auch gegen GC hatte der FCZ wieder eine Topchance durch Frey nach einem Rodriguez-Eckball, während Marchesano wie schon im Luzern-Spiel eher enttäuschte. Regelrecht begeistert ist Magnin von Rexhepis linkem Fuss. Auch der der zweite Zürcher auf dieser Position scheint also Startelfchancen zu haben. Für die beiden Sturmpositionen in dieser Taktik sind zur Zeit wohl Michael Frey, Raphael Dwamena, Fabian Rohner und Stephen Odey vorgesehen. Dwamena kam neu wieder vorwiegend über links, wo sein starker Fuss ist. Der Ghanaer ist zusammen mit Rohner wohl aktuell der Torgefährlichste der vier, während der sich im Vergleich zum Luzern-Spiel wieder etwas steigernde Frey seit seinem Doppelpack im Cup-Viertelfinal nicht mehr getroffen hat, und Odey seit dem 1:5 in Lausanne nicht mehr in der Startformation stand.

Zu berücksichtigen bei allen personellen Überlegungen bleiben folgende Punkte: 1. Magnin will unberechenbar sein, 2. Die Trainingsleistungen sollen bei der Nominierung eine wesentliche Rolle spielen, 3. In der aktuellen «Englischen» Woche spielt auch die Frische eine Rolle. Zudem gibt es angeschlagene, rekonvaleszente und am Sonntag in Basel mit Brunner auch einen gesperrten Spieler. Im Hinblick auf den Cup-Halbfinal geht der FCZ-Coach zur Zeit öffentlich von zwei personellen Wechseln aus. Auch taktische Anpassungen sind nie auszuschliessen. Magnin macht zudem kein Geheimnis daraus, woran in dieser und den kommenden Trainingswochen, und dann vor allem auch in der Sommervorbereitung gearbeitet werden soll. Die Ballzirkulation muss schneller werden, seine Spieler sollen noch höher stehen, und den Ball mutiger und offensiv-orientierter verarbeiten. Im Training lässt Magnin die Spieler auch schon mal «blind» Flanken schlagen – Tempo ist alles. Die Sonntagspartie wurde gemeinsam in einer 40 Minuten langen Videoanalyse seziert. Die Spieler seien dabei äusserst aufmerksam gewesen und sehr wissbegierig, fast schon übereifrig, vermeldet der gelernte Primarlehrer Magnin.

GC – FCZ 1:0 (1:0)

Tor: 16. Jeffrén (Kapic) 1:0.

Grasshopper-Club Zürich: Lindner; Arigoni (46. Lavanchy), Bergström, Rhyner, Doumbia; Lika, Bajrami (10. Sukacev, 81. Taipi); Kapic, Jeffrén, Pusic; Djuricin.

FC Zürich: Brecher; Thelander, Bangura, Brunner; Rüegg (86. Winter), Palsson, Aliu, Pa Modou; Rodriguez (61. Marchesano); Frey, Dwamena (68. Rohner).

Mehr Quantität als Qualität im Zentrum / FCZ – Luzern Stats & Spielinfos

Obwohl der FCZ gegen Luzern nicht verloren hat, resultiert mit 4,5 in der Züri Live-Leistungsbewertung der tiefste Notenschnitt der Saison. Dies vor allem, weil gleich sechs Spieler eine ungenügende Note (unter 5) erhalten und die Maximalnote 8 beträgt, welche nur von zwei Spielern (Pa Modou, Dwamena) erreicht wird. Auffallend dabei vor allem das gegen die Innerschweizer individuell schwache Zentrum, obwohl es im 3-5-2 im Vergleich zum üblichen 3-4-3 quantitativ verstärkt worden war. Vielleicht gerade deswegen? Führte die zahlenmässige Verstärkung zu einem falschen Sicherheitsgefühl / weniger Biss? Marchesano produzierte vor allem in der Ersten Halbzeit so viele Fehlpässe wie noch selten zuvor in seiner Karriere, Rodriguez fand nicht ins Spiel, Sarr hatte einen seiner schlechten Tage, und Palsson fehlen für das Abwehrzentrum die notwendigen Qualitäten.

Nach dem Sieg in St. Gallen war die Schlussfolgerung: «Frey gut, alle gut». Dies gilt weiterhin. Denn gegen Luzern war Frey deutlich weniger gut, als noch in St. Gallen – ein gemischter Auftritt – unter dem Strich durchschnittlich. Pa Modou ist zum zweiten Mal nach dem 2:0-Heimsieg gegen Lausanne Most Valuable Player, und verhält sich damit zur Zeit «antizyklisch», hatte er doch in St. Gallen, wo die Durchschnittsnote des Teams um 1,1 höher war, eine ungenügende «4». Raphael Dwamena hingegen zeigt bisher im 2018 konstant Aufwärtstendenz. Andris Vanins musste und konnte mehr Topchancen abwehren als im Durchschnitt dieser Saison und war an der Erarbeitung von zwei der 12 Torchancen beteiligt, gleichzeitig aber auch am Gegentor mitschuldig. Débutant Lavdrim Rexhepi kam als erster Einwechselspieler rein, musste sich zu Beginn bezüglich Handlungsschnelligkeit und physischem Dagegenhalten erst orientieren, konnte dann aber den Ball ein, zwei Mal gut direkt weiterleiten / zirkulieren lassen.

 

Von Forte zu Magnin: der FCZ löst seine Langzeitwette ein

Uli Forte ist nicht mehr Trainer der 1. Mannschaft des FC Zürich. Dies hat die Führung des FCZ nach dem unter dem Strich unbefriedigenden Start in die Rückrunde entschieden. Neuer Trainer ist der bisherige Academy-Coach Ludovic Magnin. Auch wenn offenbar viele Beobachter diesen Schritt nicht erwartet haben, kommt er nicht überraschend. Es gab in den letzten Jahren nie einen sichereren Tip im Schweizer Trainermetier, als dass der nächste FCZ-Trainer Ludovic Magnin heissen wird. Die Frage war nicht ob, die Frage war wann.

Stereobeschallung für die Spieler im ersten Training

Heute steht Magnin erstmals auf der Allmend Brunau als Cheftrainer der 1. Mannschaft auf dem Platz, nachdem er vor etwas weniger als zwei Jahren bereits einmal als Assistent von Uli Forte im «Eins» ausgeholfen hatte. Die Spieler werden gleich Stereo bombardiert von den Kommandos Magnins und seines nicht weniger lauten Assistenten René Van Eck. Auch Zoltan Kadar passt sich der höheren Lautstärke an. Man könnte nun denken, dies würde die jungen Spieler einschüchtern. Beim FCZ ist dies aber anders. Die Jungen scheinen sich sofort wohl zu fühlen, denn sie kennen „Herr Magnin“ bereits gut. Gewöhnungsbedürftig und ein Stilbruch ist das Ganze hingegen für die ausländischen Spieler. Forte war auch bestimmt und konnte laut werden – aber gleichzeitig immer auch «italienisch-familiär».

Die Atmosphäre, welche das Duo Magnin/Van Eck beim ersten Training bei eisigen Temperaturen auf der Allmend Brunau verströmt, hat hingegen erstmal etwas von: «Auf zur nächsten Schlacht. Jeder muss selbst schauen, dass er das Tempo mithält. Niemand bleibt liegen. Wer etwas hat, soll selbst schauen. Wir haben keine Zeit, uns mit Verletzungen und Befindlichkeiten zu beschäftigen.». Natürlich hat dies auch damit zu tun, dass aktuell wirklich keine Zeit da ist. Es steht mit den zwei Derbies hintereinander einer der Saisonhöhepunkte vor der Tür. «Gegen einen der besten Taktiktrainer der Schweiz», wie sich Magnin später an der Pressekonferenz ausdrückt. Der 38-jährige sieht sich selbst durchaus als Trainer, der auf die individuellen Bedürfnisse auch der ausländischen Spieler eingehen kann und will, gerade auch weil er durch seine Erfahrung als Ausländer in Deutschland sich in deren Situation hineinfühlen kann. Aber: «manchmal gibt es auch kein Pardon. Ich habe gerne Spass, aber im Leben ist nicht alles ein Spass. Ich trage eine grosse Verantwortung gegenüber dem Verein.»

Der erste Trainer-Kandidat einer ganzen Nati-Generation

Magnins Weg dahin, wo er heute steht, war schon früh vorgezeichnet. Den ehemaligen Linksverteidiger zum Cheftrainer aufzubauen war im FCZ von Anfang an ein langfristiges Projekt. Dies ist auch der Hauptgrund für die nun festgelegte lange Vertragsdauer bis 2020. Das Vertrauen in seine Qualitäten ist gross. Und dies nicht ohne Grund. Hätte man vor 10 Jahren einen Experten wie Köbi Kuhn gefragt, wer von der damaligen Nationalmannschaftsgeneration als möglicher vielversprechender Trainer in Frage kommt, hätte dieser wohl sicherlich unter anderem Namen wie Benjamin Huggel oder Christoph Spycher genannt. Gut möglich, dass auch derjenige des heutigen Basel-Trainers Raphaël Wicky gefallen wäre, eventuell Alex Frei. An erster Stelle hätte Kuhn aber wohl Ludovic Magnin genannt: das «Mentalitätsmonster» aus dem Waadtland. Wenn es in der Neuzeit jemals einen Spieler gegeben hat, der es wirklich nur mit Willenskraft und ganz sicher nicht wegen dem in die Wiege gelegten Talent in die «Schweizer Nati» geschafft hat, dann Magnin. Seinen ehemaligen Schützling heute als FCZ-Trainer zu sehen, wird Kuhn sicherlich speziell freuen.

Die mentale Stärke als grössten Pluspunkt gemein hat Magnin mit Ricardo Rodriguez, seinem Nachfolger als Linksverteidiger beim FCZ und in der Nationalmannschaft, mit welchem sich seine Wege als Fussballer bei seiner letzten Profistation in Zürich auf ganz eigentümliche Art und Weise gekreuzt hatten. Magnin war im Winter 2009/2010 als Leader geholt worden, der diesbezüglich den Stab des gesundheitlich angeschlagenen Hannu Tihinen übernehmen und die Mannschaft führen sollte. In einem Fussballteam ist es aber nun mal so, dass nur einer der vier, fünf sportlichen Leistungsträger auch als Leader auftreten kann. Das war Magnin nicht. Er hatte mit 30 Jahren seine Möglichkeiten bereits ausgereizt und den Zenit überschritten. Seine Highlights im FCZ-Dress waren rar gesät.

Was Magnin mit Ottmar Hitzfeld verbindet

Zudem kam gleichzeitig mit Magnin der frischgebackene U17-Weltmeister Rodriguez in die 1. Mannschaft. Die Idee war, dass dieser im Windschatten von Stammspieler Magnin über längere Zeit an die Super League «herangeführt» werden sollte. In der Realität aber war Rodriguez von Anfang an einfach besser. Dass Trainer Urs Fischer in der darauffolgenden Saison 2010/2011 auf dieser Position zu lange mit der Wachablösung wartete und insbesondere in den entscheidenden Partien in St. Gallen, gegen Basel und im Derby gegen GC nach einer siegreichen Serie mit Rodriguez wieder auf Magnin setzte, war einer der Gründe für den in jener Saison knapp verpassten Meistertitel.

Seither hat sich der Fussball nochmal weiterentwickelt. In Topligen hat die Anzahl Trainer, die früher selbst Topspieler waren, immer weiter abgenommen. Die Erkenntnis hat sich definitiv durchgesetzt, dass ein guter Toptrainer völlig andere Qualitäten benötigt, als ein Topspieler. Er muss ein sehr guter Analytiker, Manager, Kommunikator sein – und er muss ein enorm gutes Gespür für die unterschiedlichsten Menschen haben. Sehr wichtig, gerade auch in der Schweiz mit dem starken Fokus auf Ausbildung von jungen Talenten, ist ein pädagogisches Flair. Profifussballtrainer mit abgeschlossener Lehrerausbildung gibt es nicht viele. Einer ist Ottmar Hitzfeld, ein zweiter: Ludovic Magnin.

Magnin nimmt den zwischenzeitlich verlorenen Faden wieder auf

Auch wenn seine Zeit als Spieler der 1. Mannschaft nicht ganz so wie von allen Seiten erhofft verlief: Ludo Magnin und FCZ – das passt zusammen. Neben Köbi Kuhn ist vor allem der für die jüngste FCZ-Geschichte so prägende Lucien Favre eine ganz enge Verbindung. Favre und Magnins Vater Jean-Claude waren beste Schulfreunde. Und Ludo wurde schon früh zu so etwas wie einem Ziehsohn von «Lulu». Favre war Magnins C-Juniorentrainer in Echallens und ermöglichte diesem später den Einstieg in die Nationalliga A bei Yverdon-Sport. Schon bald darauf ging Magnin mit seinem Wechsel nach Lugano eigene Wege und wurde später mit zwei verschiedenen Klubs Deutscher Meister (Werder Bremen, VfB Stuttgart). Es gibt nicht viele Spieler, die so etwas von sich behaupten können – noch dazu ohne jemals bei Bayern gespielt zu haben. Magnin und Favre waren seit der frühen Zeit in Yverdon nie mehr am gleichen Ort tätig, blieben aber trotzdem jeweils in engem Kontakt – lange Zeit «täglich» wie es heisst…

Magnin nimmt den Faden der guten Tradition der stilprägenden Westschweizer Trainer beim FCZ wieder auf. Ganz früher mit dem «Philosophen» Daniel Jeandupeux, und später dann Lucien Favre und Bernard Challandes. Alle gewannen sie Titel. Auch die beiden Zürcher Trainer Urs Fischer sowie Urs Meier hatten die durch Favre installierte Philosophie als ehemalige Academy-Trainer mitgetragen und weiterentwickelt. Gleichzeitig ist Magnin nun schon lange auch in der Deutschschweiz zuhause – durch den FCZ (seit acht Jahren im Verein!) und natürlich vor allem auch seine Ostschweizer Ehefrau Chantale. Mehr «passen wie die Faust aufs Auge» geht nicht.

Derby-Emotionen auch auf Juniorenstufe!

Die Resultate Magnins als U18- und U21-Trainer waren unterschiedlich. Aber Resultate haben in der Academy nur teilweise Aussagekraft. Weil sie nicht das Hauptziel sind. Trotzdem bemerkenswert der U18-Schweizer Meistertitel vor zwei Jahren, und vor allem die Art und Weise wie er in den Finalspielen gegen Servette, den FC Basel und GC zustande kam. Eins schon mal vorweg: die FCZ-Jungs waren heiss. Sehr heiss. Die Emotionalität des Trainers beeinflusste definitiv die mit Herz kämpfende Mannschaft mit Izer Aliu, Fabian Rohner, Lavdrim Rexhepi, Maren Haile-Selassie und Captain Toni Domgjoni, über sich hinauszuwachsen und hohe Hürden zu überwinden.

Die Partien waren hitzig – Gelbe Karten oder gar Platzverweise gab es nicht zu knapp. Der Trainer wurde in Basel vom Schiedsrichter von der Trainerbank verwiesen. Trotz aller Widrigkeiten siegte der FCZ mit viel Teamgeist und Emotionen – nach einem 1:3-Rückstand und mit zwei Mann Unterzahl in der Verlängerung. Beim damaligen dramatischen auf dem Campus in Niederhasli vor rund 600 Zuschauern gewonnenen Final herrschte mehr Derby-Stimmung als bei manchem Duell der beiden 1. Mannschaften im Letzigrund. Der GC-Defensivspieler Leotrim Nitaj (Torschütze zur zwischenzeitlichen 2:1-Führung GCs in der Verlängerung) liess sich dadurch so aufstacheln, dass er nach der Partie wegen seines Verhaltens von der Geschäftsleitung um Manuel Huber aus dem Klub verbannt wurde. Er war damals auf dem Campus eines der grössten Talente seines Jahrganges – heute spielt er in Thalwil. Auf GC-Seite werden sich die regelmässig in der 1. Mannschaft eingesetzten Akteure Nedim Bajrami und Petar Pusic spätestens dann wieder gut an jene Partie erinnern, wenn sie am Sonntag auf der gegnerischen Trainerbank Magnin ausmachen werden.

Züri Live-Spielbericht vom U18-Halbfinal 2016 in Basel

Züri Live-Spielbericht vom U18-Final 2016 in Niederhasli

Magnin: ausgezeichnete Kenntnis der kommenden FCZ-Talente

Die Voraussage sei gewagt: für Emotionen und Unterhaltung wird in Zukunft im Letzigrund noch mehr als bisher gesorgt sein. Die Liga kann sich auf etwas gefasst machen. Man darf die Emotionen Magnins aber nicht allein als kurzfristige Motivationskniffe missverstehen. Die mentale Entwicklung ist für angehende Fussballprofis auch langfristig wichtig. Und dass Magnin als Trainer auch in allen anderen Belangen wie Taktik und Trainingsgestaltung top ausgebildet und dem neuesten Stand ist, versteht sich von selbst. Taktisch ist er ähnlich flexibel wie Forte und liess auch in der U21 die unterschiedlichsten Systeme spielen (meist ebenfalls mit Dreierabwehr). Mit der 1. Mannschaft will er einen Schritt nach dem anderen gehen und für die anstehenden Spiele nicht gleich alles auf den Kopf stellen. Für die kommenden zwei, drei Jahre ist es aber ein Riesenvorteil, dass Magnin die kommende Generation der jetzt schon mit der 1. Mannschaft trainierenden und ab Sommer noch zusätzlich dazustossenden Talente sowohl persönlich wie auch fussballerisch in- und auswendig kennt. Neben dem oben erwähnten Meisterteam (98-er Jahrgang) hat Magnin in der U18 beispielsweise auch Rüegg, Kryeziu oder Sadrijaj trainiert.

Er kennt auch den 99-er Jahrgang sehr gut, aus welchem es nicht überraschen würde, den torgefährlichen Mittelfeldspieler Lavdim Zumberi (einer der Lieblingsspieler Magnins), Innenverteidiger Lindrit Kamberi, den enorm spielintelligenten Kastrijot Ndau oder den dynamischen Aussenläufer Fabio Dixon schon bald im «Eins» zu sehen. Selbst mit dem von Sportchef Thomas Bickel besonders hervorgehobenen 01-er Jahrgang hat Magnin zuletzt als U21-Trainer schon Bekanntschaft gemacht. Der aus der Region Genf stammende Offensivmann Guillaume Furrer oder der grossgewachsene «Sechser» Simon Sohn durften bereits in die Promotion League-Equipe reinschnuppern. Bledian Krasniqi oder Soheil Arghandewall sind weitere vielversprechende Talente aus diesem Jahrgang (letzterer hat bereits Testspielerfahrung in der 1. Mannschaft). Die Aufzählung ist nicht abschliessend.

Mit dem schon etwas älteren Ivorischen Flüchtling Eric «Chef» Tia hat sich Magnin in den letzten Jahren zusätzlich noch ein etwas spezielles «Projekt» angelacht. Aus administrativen Gründen (Spielbewilligung) konnte dieser erst mit zwei Jahren Verspätung aus Chur zum FCZ stossen, nachdem er von Magnin bei einem Testspiel entdeckt worden war. In der Vorrunde musste sich Tia erstmal im strukturierten Spiel der Academy-Mitspieler akklimatisieren und langsam einfügen. Die junge Reserve-Equipe startete mit nur einer Niederlage in den ersten zehn Partien so gut wie noch nie in die Saison, liess dann aber gegen die  Winterpause hin zunehmend nach, als mehr und mehr mit der 1. Mannschaft trainierende und zurück in der U21 nicht gerade vor Motivation strotzende Akteure zu Spielzeit kommen sollten. Trotzdem beendete die FCZ U21 die Vorrunde auf dem achten Platz im Mittelfeld der Tabelle.

Uli Forte, der «Juli bis November»-Trainer?

Denkt man an die Ära «Uli Forte», in welcher der Brüttiseller auf die Allmend Brunau zurückkehrte, wo er bereits früher mit Red Star zu Hause war, muss man von mehreren Grossleistungen sprechen. Es war ein Grossleistung, wie die Mannschaft sich in den letzten drei Meisterschaftsspielen der Abstiegssaison 15/16 innert kurzer Zeit merklich steigern konnte. Es war eine Riesenleistung unter den damaligen Umständen den Cupfinal zu gewinnen. Es war eine von den meisten Beobachtern enorm unterschätzte Grossleistung, eine Mannschaft zu formen, die in der Challenge League von der Ersten Minute an voll parat war. Xamax war schon letzte Saison als Team sehr stark. Es musste sehr viel zusammenstimmen, dass man nicht das Schicksal der überwiegenden Mehrheit der Super League-Absteiger erlitt. Etwas, was der FCZ der Vor-Forte-Ära wohl so nicht geschafft hätte. Es war beim Stichwort Mentalität ausserdem eine sehr verdankenswerte Leistung, den bei Orlando City populären und sich in Florida äusserst wohl fühlenden Adi Winter für die Mission «Aufstieg» zu begeistern. Und es war eine Grossleistung, eine Europa League-Kampagne hinzulegen, welche die meisten Zweitligisten aus Deutschland, Frankreich oder Italien niemals so hingekriegt hätten.

Die aktuelle Saison zeigt viele Parallelen zur letzten. 2016/2017 spielte der FCZ bis Ende Oktober eigentlich über seinen Verhältnissen. Neben starken Leistungen im Cup und Europacup war dies vor allem für die Liga wichtig. Zum ersten Saisonspiel war Winterthur sehr hoffnungsvoll und topmotiviert in den Letzigrund gereist und rechnete sich gegen den vermeintlich angeschlagenen Absteiger einiges aus. Die sportlichen Zeichen, die der FCZ zu Saisonbeginn setzte, waren wegweisend. Bis und mit dem Auswärtssieg im Direktduell mit Xamax in Neuenburg am 30. Oktober (3:1) waren die Leistungen top – und die Konkurrenz beeindruckt. Man muss sich das nochmal vor Augen führen: als Schweizer Zweitligist spielte man gegen den Spanischen Spitzenklub Villarreal nicht nur im Letzigrund Unentschieden, sondern hätte selbst auswärts im «Madrigal» einen Punkt verdient gehabt. Als dann der FCZ ab November nachliess, hatte die meisten Liga-Gegner bereits etwas der Mut verlassen, und sie traten bei weitem nicht mehr so hoffnungsvoll und aggressiv auf wie noch zu Saisonbeginn. So reichten dann Energieleistungen von einzelnen Mentalitätsspielern wie Alain Nef oder den auf die Rückrunde neu dazugestossenen Rüegg und Dwamena häufig aus, um trotzdem die noch notwendigen Punkte zu holen.

Forte: unter dem Strich viel aus dem Kader herausgeholt

In der aktuellen Saison war die Entwicklung ähnlich. Traumstart mit acht ungeschlagenen Spielen zu Saisonbeginn, eine grosse Kompaktheit im Spiel ohne Ball, und immer wieder nützliche Tore auf Standards. Wieder spielte der FCZ zu Saisonbeginn über seinen Verhältnissen. Mit einer zwar motivierten und ambitionierten, aber abgesehen von den Toptalenten aus dem eigenen Stall nicht mehr als einigermassen soliden Mannschaft – bestehend aus Spielern, die in anderen Super League-Klubs nicht mehr gefragt waren (Vanins, Voser, Pa Modou, Winter, Frey, Cavusevic), den mittelfristigen Durchbruch auf diesem Niveau noch nicht geschafft haben (Marchesano, Roberto Rodriguez), oder in Ländern, die im UEFA-Ranking hinter der Schweiz liegen vom einen durchschnittlichen Klub zum nächsten getingelt sind (Palsson, Bangura, Thelander). Ob wie damals bei der Freistellung von Urs Fischer die Qualität der Neuzugänge intern nicht etwas überschätzt und damit die Arbeit des Trainers unterschätzt wurde, ist eine offene Frage. Forte ist nach Fischer und Meier der dritte der letzten fünf Cheftrainer, der kurz nach Beginn einer Vor- oder Rückrunde freigestellt wird.

Der Einbruch kam diesmal nicht abrupt, sondern schrittweise, dafür aber resultatmässig umso heftiger. Dies natürlich vor allem darum, weil man sich gegen Lausanne, Thun und Luzern nicht «durchmogeln» kann, wie das gegen Chiasso und Winterthur noch möglich war. Die Strategie «Blitzstart» ist aber durchaus eine valable und häufig erfolgreiche Variante – wenn man sich und seine Möglichkeiten realistisch einschätzt. Man kann innerhalb eines Spiels in der Anfangsphase eine höhere Pace gehen, als man über 90 Minuten durchzuhalten vermag, dies zu einer Führung nutzen, und dann mit letzten Kräften versuchen, diese Führung zu verteidigen. Ähnlich kann man auch eine Saison angehen. Das Problem für den Trainer bei einem solchen Vorgehen in einem kurzlebigen Geschäft sind die häufig (zu) hohen Erwartungen, die mit dem Top-Saisonstart geweckt werden, und die fast zwangsläufig abfallende Leistungskurve.

Freistellung von Forte zeichnete sich ab

Dass sich Uli Forte seit der Winterpause intern unter Druck und etwas in die Ecke gedrängt fühlte, war ihm anzumerken. Er reagierte deutlich sensibler als zuvor und verteidigte seine persönlichen Anliegen beispielsweise bezüglich Transferpolitik ziemlich offensiv – die üblichen Floskeln verschwanden. Ancillo und Heliane Canepa sowie der Sportliche Leiter Thomas Bickel hatten grosse Hoffnungen auf das Trainingslager in der Türkei gelegt und wollten «taktisch-technisch» eine Weiterentwicklung sehen. Die kam dann aber nicht. Der FCZ blieb ähnlich berechenbar für die Gegner wie vor der Winterpause. Der neue Cheftrainer setzt sich denn auch gleich mal zum ersten Ziel, «für alle in der Schweiz unberechenbar zu werden. Sie sollen nicht wissen ob wir mit drei Mann kommen, oder mit vier…oder mit zwölf.»

Auch wenn Fortes Freistellung zu diesem Zeitpunkt schlussendlich durchaus «überraschend» gewesen sein kann, kam sie für ihn nicht aus dem Nichts. Mit den zuletzt gezeigten Leistungen und angesichts der sich enorm gut präsentierenden «Kleinen» der Liga wie Thun oder Lugano war eine Involvierung in den Abstiegskampf bis Ende Saison nicht mehr auszuschliessen. Die Wahrscheinlichkeit ist aber hoch, dass Forte mit dem Team den Klassenerhalt geschafft und nächste Saison womöglich wieder einen Blitzstart hingelegt hätte. Letztendlich fielen dann aber Faktoren wie Spielphilosophie, eine noch stärkere Forcierung der jungen Talente und die Unzufriedenheit mit einer gewissen Stagnation einzelner Spieler mehr ins Gewicht. Die Worte des Leiters Sport Thomas Bickel dazu sind deutlich: «Auch ein Trainer muss sich immer weiterentwickeln», und: «eine klare Spielphilosophie war nicht sichtbar». Bickel bezeichnet die Freistellung von Forte als «gefühlte Niederlage» für ihn selbst, denn ein wichtiger Teil der Arbeit des Sportlichen Leiters sei die erfolgreiche Begleitung des Trainers. Bickel nimmt damit die Haltung ein, die eigentlich alle Verantwortlichen von Fussballklubs in solchen Situationen haben sollten. Der Trainer ist nie nur alleine verantwortlich, denn irgendjemand hat den Trainer ja ausgewählt und auf ihn gesetzt. Was nicht heissen soll, dass in diesem Fall die Wahl Fortes zum damaligen Zeitpunkt eine schlechte Wahl war – im Gegenteil.

Ludo Magnin: die beste FCZ-Wette

Mit dem FC Luzern hatte man zudem am Wochenende einen Gast bei sich im Letzigrund, der die Partie eigentlich hätte gewinnen müssen, und dessen neuer Trainer Gerardo Seoane in vielerlei Hinsicht Ludovic Magnin ähnlich ist. Die beiden Gegner vom letzten Sonntag sind auch als Vereine auf Augenhöhe auf dem fünften und sechsten Platz der Liga, was die finanziellen Möglichkeiten betrifft. Der FCZ hat traditionell die bessere Nachwuchsabteilung, aber Luzern diesbezüglich stark aufgeholt und konnte zuletzt vor allem mehr Junge in die 1. Mannschaft integrieren. Dass dies beim FCZ in Zukunft wieder stärker der Fall sein wird, ist das grosse Anliegen der Zürcher Führungsriege und sie sehen mit Magnin als Cheftrainer dafür die besten Voraussetzungen gegeben. Zumal dieser in den letzten acht Jahren die FCZ-Philosophie gelebt hat und «100% dahinter steht». Die Beförderung Magnins wird wohl zudem auch kein allzu grosses Loch in die Rechnung des FCZ reissen. Nicht weil dessen Ansprüche bescheiden wären, sondern weil dessen Gehalt schon bisher vergleichsweise hoch war. «Topshots» unter den Nachwuchstrainern wie Wicky, Seoane oder Magnin müssen heutzutage nicht mehr am Hungertuch nagen. Nicht zuletzt wegen der hohen Bedeutung der Nachwuchsabteilungen für die Super League-Klubs hat dies durchaus auch seine Berechtigung. Und es verstärkt ihr Gewicht innerhalb der Vereine.

Im heutigen Fussball bewegen sich die Profiklubs auf unterschiedlichen Levels von sportlichen Erfolgen und finanziellen Einnahmen, die sich gegenseitig verstärken wie in einem geschlossenen Kreislauf. In einen höheren Kreislauf gelangen zu wollen ist eine enorme Challenge. Die dafür notwendige (aber noch lange  nicht hinreichende) Voraussetzung ist ein aussergewöhnlicher Trainer der 1. Mannschaft. Klar ist: auch Magnin muss sich erst in der Super League beweisen. Trotzdem ist die Hoffnung auf einen Aufschwung berechtigt. Eine solche Kombination von Identifikation, Leidenschaft und Know-How, wie sie Magnin mitbringt, ist fast einmalig. Trotzdem wäre es unfair, ihn mit Favre zu vergleichen. Solche Trainer, die einen ganzen Verein dermassen auf ein höheres Niveau heben können, gibt es in der ganzen Schweiz maximal einen pro Jahrzehnt. Die Frage ist: wie findet man diesen Jahrzehnttrainer? Oder wie findet dieser seinen Verein? Eines kann man schon von vornherein praktisch ausschliessen: dass dieser Jahrzehnttrainer ein Ausländer sein wird. Denn ausländische Mega-Trainer(talente) verirren sich mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht in die Schweiz. Der FCZ hat in den letzten Jahren, in der Magnin sich auf seine heutige Aufgabe vorbereitete, darauf gewettet, dass der heute 38-jährige Waadtländer dieser neue Toptrainer sein wird. Dass die Wette aufgeht, ist nicht garantiert. Aber eine bessere Wette hätte der FCZ nicht abschliessen können.

U18-Final GC – FCZ, Juni 2016

Züri Live-Interview nach Magnins erstem Meisterschaftsspiel als U21-Trainer bei Brühl St. Gallen, August 2017

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