Branchenfremd

In Zeiten von Netflix, Youtube und Snapchat entdecken nun auch in der Schweiz die klassischen TV-Sender den Sport und speziell den Fussball als eine der letzten Bastionen, in denen sie potentiell noch eine gewisse Relevanz bewahren können. Das Angebot in diesem Bereich wurde daher diesen Sommer ausgebaut. Teleclub nimmt dabei mit der Sendung „Heimspiel“ einen neuen Anlauf mit einer Fussballdiskussionssendung, wie es sie auf kleineren Sendern schon mehrere gegeben hat. Diese Sendungen sind jeweils mit viel Elan, gutem Willen und dem Aufbau einer langen Liste an potentiellen Studiogästen im Contact Management-System gestartet worden, und endeten dann irgendwann de facto in einem Tête-à-tête zwischen beispielsweise Claudia Lässer und wahlweise Rolf Fringer oder Erich Vogel. Das sind die zwei, die so eloquent und abwechslungsreich reden können, dass man gerne darüber hinwegsieht, dass sie in der letzten Sendung noch genau das Gegenteil behauptet hatten.

In der aktuellen Sendung waren neben Claudia Lässer der obligate Fringer, „Schweiz-Versteher“ Marcel Reif, Felix Bingesser („Blick-Sportchef“) und Ancillo Canepa dabei. Anschliessend an die Sendung rühmte sich „Teleclub“ auf dem Partnermedium „Blick“, dass man es angeblich geschafft habe, Ancillo Canepa und Rolf Fringer zu versöhnen. Die beiden verweigerten sich nicht, gemeinsam für den Studiophotographen zu posieren, und hätten sich sogar off camera die Hand geschüttelt! Wahnsinn!

On camera war dann aber von Versöhnung wenig zu sehen. Voraussehbar wie dass Limmat-Wasser irgendwann in die Nordsee fliesst, nutzte Joetex Asamoah Frimpong-Fan Fringer die Gelegenheit, zum wiederholten Male einen Angriff auf Ancillo Canepa zu starten. Und natürlich hatte er die Runde im Sack. Man ist ja sonst nicht so im Detail über den Schweizer Fussball informiert, aber dass Ancillo Canepa kein Fussballexperte sei, branchenfremd und nicht teamfähig, davon hatten alle schon vor Jahren mal von irgendeinem Fussballexperten gehört. Wie hiess der noch gleich? Irgendetwas mit Fringer oder so… Und so wurde zum 147.Mal in einem Schweizer Sportmedium die gleiche Sau durchs Dorf getrieben. Ein Beitrag zur Beilegung eines Streites war es eher nicht, wenn man sich die schnoddrige Überheblichkeit mit welcher Canepa von den sogenannten Experten wie ein kleiner Primarschüler behandelt wurde („er muss noch lernen“, „brav gemacht“) vor Augen führt.

Der einzige, der sich zum Unmut der Runde dem undifferenzierten Canepa-Bashing etwas entzog, war Marcel Reif. Er verwies darauf, dass „Cillo“ durchaus etwas von Fussball verstehe. Seit mehr als 10 Jahren führt Canepa nun den FCZ als Präsident und ist zusätzlich in der Liga-Exekutive aktiv. Er kennt den aktuellen Schweizer Fussball deutlich besser, als viele Ex-Nationalspieler, die nicht täglich voll im Geschehen drin sind, aber gerne als Experten zu den verschiedenen TV-Sendern eingeladen werden. Man kann über einzelne Entscheide immer diskutieren. Mit Sicherheit hat Ancillo Canepa in der Vergangenheit den ein oder anderen Fehlentscheid getroffen – wie jeder andere Sportliche Verantwortliche auch. Im Gegensatz zu den meisten anderen, auch solche mit deutlich mehr Geld in der Kasse, hat Canepa mit seinem Klub aber auch ein paar Titel gewonnen. Nach 10 Jahren intensiver Tätigkeit in verschiedenen Nahtstellen des Schweizer Fussballs (Klub, Liga, zudem einer der Vorreiter im Junioren- und Frauenbereich) den FCZ-Präsidenten aufgrund seiner Vergangenheit als Leiter Wirtschaftsprüfung Schweiz bei Ernst&Young immer noch als „branchenfremd“ zu betiteln, ist mehr als absurd und entspringt einem ziemlich eindimensionalen Denken und fehlendem BLICK über den Tellerrand.

Natürlich gibt es Klubbesitzer, die tatsächlich wenig von Fussball verstehen. Es gibt aber noch viel mehr Ex-Fussballer, die wenig von Menschenführung, analytischem Denken, Verhandlungsgeschick oder Projektorganisation verstehen. Und das sind die entscheidenden Qualitäten in der sportlichen Führung eines Fussballklubs. Denn der Fussball an sich ist keine Raketenwissenschaft, wie dies die Americanos so schön auszudrücken vermögen. Nur aufgrund des Werdeganges lässt sich unmöglich voraussagen, ob jemand ein guter Sportchef sein kann oder nicht. Die beiden Journalisten Fredy Bickel und Georg Heitz betitelt in den Schweizer Medien interessanterweise niemand im negativen Sinne als „branchenfremd“. Ebenso wenig den Dolmetscher José Mourinho. Und im Wallis trauern noch heute viele dem Französischlehrer Peter Zeidler nach („das war endlich mal jemand, der etwas von Fussball versteht“). Die ehemaligen Top-Spieler Sami Hyypiä, Gennaro Gattuso und Gianluca Zambrotta gehörten hingegen zu den erfolglosesten Trainern im Schweizer Fussball der letzten Jahre.

Mit zunehmender Professionalisierung hat die Anzahl „branchenfremder“ Sportlicher Verantwortlicher gerade in den europäischen Topligen immer mehr zugenommen. Weil diese Erfahrungen und Qualitäten mitbringen, die innerhalb des früheren Profifussballklüngels rar waren. Das Indische Kastensystem oder das mittelalterliche Zunftwesen, wo jeder Mensch ein Leben lang in seinem angestammten Beruf definiert bleibt, haben sich nicht wirklich als erfolgreiche Wirtschaftsmodelle herauskristallisiert. Das Mittelalter bleibt aber trotzdem bis heute lebendig in Sportjournalisten wie Felix Bingesser („Fussballfans an den Pranger“).

Es ist ja nicht so, dass Bingessers Blick & Co. jeweils den Eindruck erwecken, als seien sie voll in der Branche und im Thema drin. Ob Fabian Rohner oder Fabian Rohrer, ob Cédric oder Maurice Brunner – wer weiss das schon, wie diese Fussballer alle heissen…? Wie heisst der neue YB-Stürmer? „„Schaaa-Pier Än Saaamä!“ – …“Aha!“. Eine leicht ketzerische Frage: Kann man von einem bezahlten Fussballjournalisten verlangen, einen Spieler zu kennen, der noch nie ins Sportpanorama eingeladen wurde? Scheint nicht der Fall zu sein. Und muss man es als Normalzustand hinnehmen, wenn die „Experten“ in den Deutschschweizer Fussballredaktionen plötzlich einen jungen Schweizer Fussballer in der Bundesliga oder Serie A entdecken, von dem sie noch nie zuvor gehört hatten („der kam aus dem Nichts“)? Wer kommt hier tatsächlich aus dem Nichts? Das über viele Jahre in der Schweiz auf hohem Niveau ausgebildete Fussballtalent – oder doch eher der Fussballredakteur?

Jeder Mensch ist an seinem ersten Lebenstag planetfremd, an seinem ersten Schultag schulfremd und an seinem ersten Arbeitstag branchenfremd. Völlig normal. Die entscheidende Frage ist, ob man an seinem 100. oder 1000. Arbeitstag immer noch branchenfremd ist. Bei einem Ancillo Canepa ist dies definitiv nicht der Fall. Mutet man sich hingegen seit Jahren immer wieder mal eine Kolumne von „Blick-Sportchef“ Bingesser zu, dann drängt sich der Schluss auf, dass dieser im Sportjournalismus ganz offensichtlich seit 1987 branchenfremd war, und es seither immer geblieben ist. Unwahrscheinlich, dass sich daran noch etwas ändert.

Zuschaueranalyse: Spiele mit Derbycharakter am populärsten im Letzigrund

Zum Saisonabschluss gegen den FC Wohlen gibt es im Letzigrund nochmal eine schöne Kulisse von über 10’000 Zuschauern. Trainer Uli Forte will mit der stärkstmöglichen Mannschaft antreten.

fcz-zuschauer-1617-nach-gegner-prominenz9’423 Zuschauer kamen bis vor dem letzten Heimspiel in dieser Saison im Schnitt in den Letzigrund, deutlich mehr als letzte Saison in der Super League (8’701). Um noch über die 10’000-Marke zu kommen, bräuchte es beim abschliessenden Heimspiel gegen Wohlen 20’000 Fans im 26’000 Zuschauer fassenden Letzigrund, was eher unrealistisch bleiben wird.

fcz-zuschauer-1617-nach-gegner-herkunftWas waren überhaupt in dieser Saison die Faktoren für mehr oder weniger Zuschauerzuspruch im Letzi? Züri Live hat die Daten analysiert und dabei herausgefunden, dass der „Derby-Charakter“ die grösste Rolle gespielt hat. Bei Gegnern aus dem Umkreis von Zürich (Winterthur, Wohlen, Aarau, Schaffhausen, Wil) kamen deutlich mehr Zuschauer, als bei Kontrahenten aus anderen Regionen der Schweiz.

zuschauer-fcz-heimspiele-1617-nach-gegner-tabelleTraditionsteams wie Servette, Xamax oder Aarau zogen kaum mehr Zuschauer an, als in Bezug auf sportliche Erfolge in der Geschichte „graue Mäuse“ wie Le Mont, Wohlen oder Schaffhausen – am meisten Fans kamen bei der dazwischenliegenden „Cervelat Prominenz“ aus Winterthur, Wil und Chiasso. Auch kamen mehr Zuschauer gegen Teams aus dem (zum Zeitpunkt des Spiels) Mittelfeld der Tabelle, als gegen Spitzenteams (da letzteres wiederum meist Xamax und Servette waren).

fcz-zuschauer-1617-nach-anstosszeitenWas die Anspielzeiten betrifft, kamen erstaunlicherweise mehr Zuschauer zu den Spielen am Montag- und Mittwochabend, als am Wochenende. Dies obwohl die unterschiedlichsten Teams von Le Mont bis Winterthur Montags begrüsst wurden.

cl-teams-heimfans-fcz-1617Die anderen Klubs der Liga empfingen zu den Heimspielen gegen den FCZ zwei- bis viermal mehr Zuschauer, als zu ihren anderen Heimspielen. Mit Faktor 4,3 am meisten vom FCZ-Gastspiel profitierte Wil, am „wenigsten“ mit Faktor 1,9 Aarau. Die Aussage in einem NZZ-Artikel von gestern, dass wegen der kurzen Distanz der FCZ nur den Stadien von Winterthur und Schaffhausen bedeutend mehr Zuschauer gebracht und die drei Zugstunden Distanz nach Baulmes oder Chiasso „die Begeisterung der Zürcher Fans gemindert haben mag“, ist also bei mehr als doppelt so vielen Zuschauern zu den FCZ-Gastspielen an diesen Spielorten natürlich falsch. Um zu diesem Punkt Aussagen zu treffen, liebe NZZ, müsste man entweder die richtigen Zahlen vergleichen – oder einfach mal kurz die Bilder aus Baulmes oder Chiasso betrachten:

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Europa League-Effekt grösser als Challenge League-Effekt / NZZ blamiert sich ein weiteres Mal

Es gab mal eine Zeit, da waren die Kirchen voll, die AHV sicher finanziert und die Polizeistunde heilig. Das muss auch die Zeit gewesen sein, als die NZZ noch als gründliche, seriöse und gegenüber kurzfristigen Modeströmungen unerschütterlich standhafte Zeitung galt, die sich zudem in Wirtschaftfragen gut auskennt. Mittlerweile findet man im ehemaligen Schweizer Leitblatt ebenso viel Boulevard, Polemik und Fake News wie in anderen regelmässig erscheinenden Massenpublikationen – optisch getarnt durch ein altertümliches Schriftbild. „Vier, fünf Millionen Privatgeld“ würden Ancillo und Heliane Canepa wegen dem Abstieg in den FCZ einschiessen müssen, behauptete NZZ-Journalist Flurin Clalüna in seinem Artikel „Ancillo Canepa und das Jahr der Versöhnung“ vor 10 Tagen – und „ohne die Einnahmen aus dem Europacup wären es noch drei Millionen mehr“.

Diese Zahlen wurden in der Zwischenzeit von mehreren anderen Medien zitiert. Sie sind aber falsch! In Tat und Wahrheit mussten die Aktionäre überhaupt nichts einschiessen. Dies zeigen die vom FCZ publizierten Zahlen der Jahresrechnung 2016. Besonders peinlich für die NZZ ist, dass zum Zeitpunkt der Publikation des Artikels die richtigen Zahlen schon seit mehr als einer Woche auf der Geschäftsstelle des FCZ zur Einsicht auflagen. Die Neue Zürcher Zeitung blamiert sich damit mit ihrer Berichterstattung über den FCZ ein weiteres Mal, nachdem sie zuletzt immer wieder einen wesentlichen Teil ihrer Artikel von anderen Publikationen oder von sich selbst (Prinzip: eine alte aufgewärmte Suppe ist auch eine Suppe) abgeschrieben hat, oder Reporter aus Stadien „berichten“ liess, obwohl sie gar nicht vor Ort waren.

Der Umsatz hat sich 2016 trotz eines halben Jahres Challenge League im Vergleich zum vollen Super League-Jahr 2015 um beinahe eine Million auf CHF 23,3 Mio erhöht. Es resultiert ein Gewinn vor Abschreibungen von CHF 0,7 Mio und der Verlust nach Abschreibungen hat sich im Vergleich mit 2015 um annähernd zwei Millionen auf CHF 1,6 Mio reduziert! Noch eindrücklicher ist, dass dieses Ergebnis zustandekam, obwohl die nicht direkt mit dem Spielbetrieb in Zusammenhang stehenden Transfereinnahmen im Vergleich zu 2015 um CHF 2,6 Mio auf CHF 5,2 Mio gesunken sind. Mit anderen Worten: wären die Transfereinnahmen stabil geblieben, hätte sogar ein Gewinn nach Abschreibungen von CHF 1 Mio resultiert! Den Unterschied machte Nico Elvedi aus. Nimmt man dessen Transfer zu Borussia Mönchengladbach aus der Gleichung raus, dann wären die Transfereinnahmen 2015 (Chikhaoui, Oberlin, Francisco Rodriguez, Rikan,…) tiefer als 2016 (Grgic, Janjicic, Bua, Gavranovic, Christian Schneuwly, Dominguez,…) gewesen.

Für das Jahr 2016 gilt, dass finanziell der positive Europa League-Effekt grösser war als der negative Challenge League-Effekt. Trotz substantiellen Preissenkungen stiegen die Matcheinnahmen um eine halbe Million auf CHF 5,9 Mio. Dazu kamen EUR 3,3 Mio Teilnahme- und Punkteprämien der UEFA. Der FCZ konnte es sich sogar leisten, die Personalkosten für die rund 130 Mitarbeiter um eine Million auf CHF 15,2 Mio zu steigern. Eine Kapitalerhöhung war wie erwähnt nicht notwendig, da die Eigenkapitalquote immer noch rund 50% beträgt. Vor Jahresfrist war das Eigenkapitalpolster  aufgrund der Verluste in den Super League-Jahren weitgehend aufgebraucht gewesen, so dass die Aktionäre mit der Familie Canepa an der Spitze dieses um CHF 4 Mio erhöhen mussten. Zwar werden für die kommende Rechnung 2017 mit dem zweiten Challenge League-Halbjahr die Europa League-Einnahmen wegfallen. Dies wird aber zum grössten Teil kompensiert, falls die Transfereinnahmen wieder auf das Niveau des Vergleichsjahres 2015 gebracht werden können. Eine Kapitalerhöhung dürfte, wenn sich keine andere wichtige Grösse ändert, also auch dann nicht vonnöten sein. Zumal zusätzlich die TV-Erträge nicht nur ligabedingt, sondern auch vertragsbedingt stark zunehmen.

Fake News zum Lachen?

Der Reporter der international angesehensten Schweizer Zeitung berichtet «aus Genf» vom Spiel Servette – FCZ, obwohl er gar nicht dort war. Derjenige der anderen «respektablen» Zürcher Zeitung erfindet wenige Tage zuvor einen FCZ-Nachwuchsspieler – nicht aus bösem Willen, sondern weil er die jungen FCZ-Spieler schlichtweg nicht kennt. In Deutschland fungieren die Journalisten aller etablierten Sportmedien willig, unisono und unkritisch als Sprachrohr der finanziellen Interessen der Bundesligisten, von denen sie pekuniär abhängig sind. Im Kampf gegen die «böse, böse FIFA». Und gegen die Forderungen der dem DFB unterstellten 3.Liga nach einer solidarischeren Verteilung der TV-Gelder. Die Verantwortlichen der reichsten Klubs greifen nach allem Geld und der kompletten Macht (auch über Informationen), und werden dabei als hehre Revoluzzer präsentiert.

Vorspiegelung falscher Tatsachen, Inkompetenz, Befangenheit. Im Fussball und in anderen Bereichen. Gleichzeitig überbieten sich zur Zeit die Journalisten dieser etablierten Medien auf den Sozialen Plattformen darin, die eigentlich ernsthafte Kritik von «Fake News» mit ironischen Kommentaren unter den Tisch zu witzeln. Ist es aber auch wirklich zum Lachen? Die Evolution hat gezeigt: wer nicht lernwillig oder lernfähig ist, der geht unter. Und die Evolution macht auch vor der Medienwelt nicht halt. Das «Herrenleben» ist vorbei. Nicht nur Fussballer, Vereinspräsidenten und Politiker stehen unter stärkerer Beobachtung, sondern auch die Journalisten selbst.

Es werden täglich neue Medien-Marken geboren. Diese können aus einem Vornamen, Nachnamen und Gesicht bestehen. Viele dieser Gesichter haben mittlerweile einen höheren Informationsgehalt und Glaubwürdigkeitsgrad als die etablierten Medien erreicht. Und dies häufig ohne dass der Konsument dafür bezahlen muss. Das Bibbern beim Gang zum Kiosk, ob es wohl schon wieder einen Preisaufschlag gegeben hat, fällt weg. Während Meldungen und Blog-Artikel von der Basis oft sehr realitätsnah berichten, bringen die «Etablierten» politisch korrekte Plattitüden, Klischees oder vorgekaute Propagandaphrasen. Dabei bietet die Technik der mobilen Kommunikation so viele Möglichkeiten, einen besseren Job zu machen. Ob alte oder neue Marken: wer überleben will, muss Nummer 1 bei Kompetenz, Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit sein. Ausserdem sollte mit allfälliger Voreingenommenheit offen und klar umgegangen werden. Das ist es, was Medien ausmacht. Erst dann kann man gerechtfertigterweise Geld verlangen und seinen Lebensunterhalt damit verdienen.

Ronny Bien: „Beim Thema Pyro fehlt Mut für konstruktive Lösung“

Der Jahreswechsel wurde im ganzen Land traditionsgemäss mit reichlich Feuerwerk begangen, ohne dass dies skandalträchtige Zeitungsartikel oder Petitionen in Kantonsparlamenten zur Folge gehabt hätte. Ganz anders sieht es aus, wenn dasselbe im Rahmen von Fussballspielen vonstatten geht. Ronny Bien, der unter anderem als Speaker des FC Schaffhausen jeweils die ominösen Durchsagen der Swiss Football League verlesen (muss), plädiert für eine konstruktive Lösung nach dem Vorbild Schwedens:

(Bild: Tamedia zündet im Kreis 4 unweit des Letzigrundstadions zu Werbezwecken eine Pyro. In der Sprachregelung der Sportredaktionen desselben Unternehmens handelt es sich hier um einen „Krawall“.) 

Forte dreht den Spiess um

„Pintilii wird Captain sein, ist das sicher?“, „Ovidiu Popescu ist weiterhin verletzt, ist das sicher?“ – an der Pressekonferenz vor dem Europa League-Heimspiel gegen Steaua wurden die Rollen für einmal vertauscht, der Spiess umgedreht. FCZ-Trainer Uli Forte fragte, die Rumänischen Journalisten antworteten. Mehr als eine halbe Stunde ging das so hin und her. Mehr als drei Viertel der anwesenden Journalisten waren aus dem Land des morgigen Gastes angereist, und waren wie schon vor dem Hinspiel in Bukarest sehr wissbegierig und gleichzeitig auch sehr auskunftsfreudig. So konnte Forte die Veranstaltung nutzen, um an zusätzliche Informationen zu kommen, und seine auf der Auswärtsreise erworbenen bruchstückhaften Rumänischkenntnisse zu testen. An der Personalfront sieht es folgendermassen aus: Cédric Brunner ist fraglich, Nicolas Stettler weilt in der Sportler-RS – der FCZ versucht ihn für das Spiel am Donnerstagabend mit einem Gesuch frei zu bekommen. Michael Kempter und Armin Alesevic sind Alternativen auf der Aussenverteidigerposition.

Im anschliessenden Gespräch mit Züri Live sprach Uli Forte über die Pressekonferenz, das Spiel in Neuenburg, Regeneration und der Stand der Dinge bei Armando Sadiku:

Rumänien hat an der EM 2008 zwei Gruppenspiele (Frankreich 0:0, Italien 1:1) im Letzigrund gespielt und vor sechs Jahren hat Steaua hier gegen GC (Tor: Salatic) in den Europa League-Playoffs mit 0:1 verloren, sich dann aber im Penaltyschiessen durchgesetzt. Kay Voser war damals genauso dabei, wie drei Jahre später in der Champions League mit dem FC Basel (zwei Mal 1:1). Gefragt nach den Unterschieden zu damals, empfindet Voser die beiden Steaua-Mannschaften als sehr ähnlich, mit hohem Tempo agierend. In Bukarest hätten sie damals mit Basel kurz vor Schluss das Spiel noch aus der Hand gegeben, und im Rückspiel zu Hause seien sie von der Wucht der Rumänen überrascht worden. Der FCZ ist also gewarnt. Auch Trainer Uli Forte hat seiner Mannschaft mit auf den Weg gegeben, dass das Unentschieden in Bukarest für das Spiel von morgen im Letzigrund keine Bedeutung habe. Bukarest werde sicherlich alles in die Waagschale werfen. Am Wochenende beim Auswärtsspiel in Iasi (2:0-Sieg von Steaua) hat Trainer Laurentiu Reghecampf den einen oder anderen Stammspieler (Popa, Tosca) schonen können. Um im Europacup zu überwintern braucht der FCZ wenn immer möglich Heimsiege. Dass man die Spiele auf Schweizer Boden in allen Wettbewerben gewinnen wolle, hat Captain Gilles Yapi gegenüber Züri Live bereits in Villarreal mit Überzeugung vertreten. Zu Gerüchten aus Rumänien, der FCZ sei am Steaua-Flügelflitzer Adi Popa interessiert, wollte Uli Forte direkt keine Stellung nehmen, bezeichnete diesen aber als „interessanten Spieler“ – ein Dementi hätte auf jeden Fall anders geklungen.

 

 

 

Groundhog Day in der Saalsporthalle

Die Challenge League-Saison beginnt für den FCZ in drei Tagen. Alles neu in einer neuen Liga? Nicht was die Medienkonferenz betrifft. Vollversammlung in der Saalsporthalle. Es ist Groundhog Day. Dieselben grimmigen Gesichter. Dieselben grimmigen Fragen. Einer will wissen, ob die Profis den Ernst der Lage begriffen hätten. Dieselbe Frage stellt er schon seit Jahren – in guten, wie in schlechten Zeiten. Aussagen von Forte und Bickel werden mit abschätzigen Lauten aus der hinteren Reihe kommentiert. Wie schon bei Fischer. Wie schon bei Meier. Wie schon bei Hyypiä. Man wähnt sich in einer pubertierenden Schulklasse. Hyypiä hat sich dies jeweils nicht gefallen lassen. Mehrmals hat sich der Finne während seiner Amtszeit über die Respektlosigkeit von Schweizer Fussball-Journalisten beklagt, und diese dann jeweils zum Vieraugengespräch zitiert. Die Medienkonferenzen waren in der Folge schlechter besucht, aber deutlich informativer. Einerseits entspricht die ehrliche und direkte Kommunikation der Mentalität des grossen Finnen, vor allem aber spielt die Gunst der Schweizer Journalisten für seine berufliche Zukunft keine Rolle. Für einheimische Trainer ist dies anders. Deutlich mehr als 100 von ihnen haben die UEFA Pro Lizenz.

Wirklich neue Informationen gab es wenig zu berichten. Der Dominguez-Transfer zu Lausanne ist definitiv, und es wird noch weitere Zu- und Abgänge geben. Mit Cabral «wird eine Lösung gesucht», so Bickel. Yapi und Kukeli sind weiterhin fraglich und Winter sowie Voser haben am Uhrencup einen Schlag kassiert. Der FCZ habe nicht nur ein Transferplus erwirtschaftet, sondern die Lohnsumme der Spieler ist gemäss Bickel zur Zeit auch tiefer, als im letzten Jahr. Aber mit Betonung auf «zur Zeit». Sie kann sich derjenigen des letzten Jahres wieder angleichen, wenn vor allem der zusätzliche Verteidiger, der noch gesucht wird, verpflichtet werden kann. Man wolle aber auf keinen Fall einen Schnellschuss machen, es müsse mittel- bis langfristig passen. Zudem müssen die Kandidaten auch die finanziellen Rahmenbedingungen akzeptieren – zwei gute interessierte Kandidaten seien aus diesem Grund leider ausgeschieden. Zum Thema fehlender Hauptsponsor zum Saisonstart meint Uli Forte: «Das hatten wir bei YB auch. Es ist nicht mehr so einfach wie früher, Sponsoren zu finden. Aber generell ist das nicht meine Baustelle.» Winterthur schätzt Forte als guten Auftaktgegner ein: „Silvio ist auf Challenge League-Niveau für 15 bis 20 Tore gut. Auch die Qualität von Spielern wie Radice oder Russo ist bekannt.“

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