Schlechter FCZ-Start in die Partie – erneut irreguläre YB-Treffer

Seit mehr als fünf Jahren hat der FCZ in der Meisterschaft nicht mehr gegen YB gewinnen können. Das hat sich auch bei der ersten Direktbegegnung 19/20 (0:4) nicht geändert. In dieser Zeitperiode holte man gegen die Berner gerade mal vier Punkte, noch weniger als gegen Basel (sieben Zähler). Der FCZ vermochte nicht von der Sandwichposition zwischen zwei YB Champions League-Playoffpartien zu profitieren. Wobei sich die Statistiken der Berner in den beiden Heimspielen gegen Roter Stern Belgrad und den FC Zürich ähnelten. Gegen den Serbischen Traditionsklub hatte YB gar noch mehr Abschlüsse und Ballbesitz, als gegen den FCZ. Roter Stern verzeichnete seinerseits etwas mehr Abschlüsse, als die Zürcher und auch das Expected Goals-Verhältnis war für den Serbischen Champions League-Aspiranten leicht besser (aber ebenfalls klar negativ). Der grösste Unterschied zwischen den beiden Partien war einerseits das Resultat sowie auch die Intensität, welche in Duellen zwischen YB und dem FCZ in der letzten Saison jedes Mal höher anzusiedeln war, als diesmal – auch beim ebenfalls mit 0:4 verlorenen Auftaktspiel im Wankdorf vor Jahresfrist.

Die Super League-Partie der 5. Runde im Wankdorf kann dabei in drei Abschnitte eingeteilt werden. Die erste halbe Stunde wurde klar von YB dominiert (70% Ballbesitz) und sie endete mit dem 1:0-Führungstreffer durch das Eigentor von Yanick Brecher nach dem durch Nathans Schulter im hohen Bogen an den Pfosten abgefälschten Kopfball Christian Fassnachts aus relativ grosser Distanz. Dass YB sehr gerne gegen Teams spielt, die mit einer Dreierabwehr und nur je einem Aussenläufer agieren, sah man in diesen ersten 30 Minuten nicht zum ersten Mal. Beim darauffolgenden Spielunterbruch nahm FCZ-Trainer Magnin in der 30. Minute eine taktische Änderung vor, welche sofort Wirkung zeigte. Das 3-4-1-2 zu Spielbeginn wurde umgestellt auf ein 4-1-4-1.

Wie auf Knopfdruck wurde die Partie deutlich offener und ausgeglichener, endlich kam auch der FCZ in den gegnerischen Strafraum und YB hatte deutlich mehr Mühe im Spielaufbau als zuvor. Und dies obwohl nun Marchesano und Kramer sich auf der für sie eher ungewohnten Flügelposition wiederfanden. Diese Ausgeglichenheit hielt an bis zur Einwechslung von Moumi und Aebischer in der 65. Minute. Der frische Wind und die Laufbereitschaft, welche diese beiden Akteure zusätzlich ins YB-Spiel brachten, aber vor allem auch die beiden irregulären Treffer zum 0:2 und 0:3 rund um diesen Doppelwechsel knickten schlussendlich den neugewonnenen Zürcher Elan und in den letzten 10-15 Minuten kam vom FCZ dann rein gar nichts mehr.

Wie von Züri Live-Experte Don Ursulo in der Matchvorschau vermutet, wechselte FCZ-Coach Magnin aufgrund der personellen Situation erstmals in dieser Saison sein 4-2-3-1, um möglichst viele der noch verbliebenen Spieler auf einer für sie geeigneten Position spielen lassen zu können. Aus dem engeren Kader der 1. Mannschaft waren gerade einmal noch die elf Spieler der Startformation plus Andris Vanins in Bern dabei. Die fünf Feldspieler auf der Bank spielen alle aktuell in der U21, vier davon sind Teenager und ebenfalls vier hatten noch nie ein Wettbewerbsspiel im Profibereich absolviert.

Ilan Sauter und Matteo Di Giusto kamen zur Pause dann tatsächlich zu ihrem Début – von «Début feiern» kann man bei so einem Endresultat ja nicht sprechen – Sauter auf der für ihn ungewohnten Linksverteidigerposition. Wohl vor allem auch aufgrund fehlender Alternativen für Levan Kharabadze in der 1. Mannschaft wollte man Sauter vor zwei Wochen gegen den SC Cham auf der Linksverteidigerposition testen, aber schon nach sechs Minuten wurde das Experiment abgebrochen, weil sich Innenverteidiger Gonçalves verletzte und dieser durch Linksverteidiger Michael Kempter ersetzt wurde.

Die Leistungen der einzelnen Spieler zeigten beim FCZ eine grosse Diskrepanz. Während beispielsweise auf Nathan oder Toni Domgjoni einmal mehr Verlass war, wirkten andere Akteure schon beim Warmmachen nicht voll bei der Sache. Die Débuts von Matteo Di Giusto und Ilan Sauter verliefen ansprechend, während andererseits der spät eingewechselte Izer Aliu überhaupt nicht ins Spiel fand. Denis Popovic ist physisch immer noch nicht auf dem benötigten Stand und Blaz Kramer muss man gegen YB als Totalausfall bezeichnen.

Das dunkelste Kapitel dieser Partie sind am Ende aber die zwei irregulären Treffer zum 0:2 und 0:3. Gegen YB wurden die einseitigen Schiedsrichterentscheidungen in entscheidenden Szenen in den letzten zwei Jahren zu einer traurigen Gewohnheit. Es passiert bereits zum siebten Mal in den letzten neun Begegnungen zwischen YB und dem FCZ, dass bei matchentscheidenden Szenen YB bevorteilt wird, meist sind es gleich mehrere Fehlentscheide im selben Spiel!

Woher kommt diese unglaubliche Häufung und warum hört diese selbst im VAR-Zeitalter (noch) nicht auf? Gegen die meisten anderen Gegner gibt es deutlich weniger klare Fehlentscheide und diejenigen, die es gibt, sind mal Contra FCZ und mal Pro FCZ – und gleichen sich mit der Zeit aus. Nicht gegen YB. Am unbegreiflichsten und ägerlichsten ist, wie häufig YB in letzter Zeit mit dem immergleichen «in den Rücken stossen» des Gegenspielers oder anderen Foulspielen den Ball gegen den FCZ irregulär gewonnen und diesen erschlichenen Vorteil zu einem Tor genutzt hat.

Im November 2017 schiesst Roger Assalé im Wankdorf das entscheidende 2:1 gegen den FCZ in der 84. Minute nur weil Ref Adrien Jaccottet übersieht, dass Kevin Mbabu beim Eckball von Djibril Sow seinen Gegenspieler Kevin Rüegg in den Rücken stösst und deshalb völlig frei zum Kopfball kommt.

Im Video:

https://youtu.be/u4OR35sVc4A?t=190

Auch dem wegweisenden 1:0-Führungstreffer Miralem Sulejmanis vor Jahresfrist im Wankdorf ging eine irreguläre «Balleroberung» Guillaume Hoaraus in der Zürcher Platzhälfte voraus. Auch dieser stiess dabei Adrian Winter klar in den Rücken.

Ein halbes Jahr später hatte der FCZ beim Stand von 0:1 am Berner Strafraum bei einem Konter eine ausgezeichnete Ausgleichschance. Steve Von Bergen stoppte Salim Khelifi mit einem klaren Foulspiel – statt Freistoss an der Strafraumgrenze für den FCZ und Gelb gegen Von Bergen gab es einen schnellen Gegenkonter gegen offen stehende Zürcher, bei welchem Moumi zum 0:2 traf.

Duplizität der Ereignisse nur einen Monat darauf im Letzigrund. Mohamed Camara zieht im eigenen Strafraum den durchgebrochenen Assan Ceesay mit beiden Händen am Arm in seine Richtung und befördert ihn anschliessend mit einem Stoss in die Hüfte zu Boden. Trotz relativ guter Sicht auf die Aktion blieb die Pfeife von Schiedsrichter Fähndrich stumm – im direkten Gegenzug erzielt YB den einzigen Treffer der Partie – 0:1 für YB statt möglicherweise 1:0 für den FCZ.

Nun also schon wieder! Nach einem Fehlpass von Popovic kann sich im Laufduell Richtung Zürcher Strafraum Bangura zwischen Nsamé und Ball stellen, wird aber von diesem klar mit ausgestrecktem Arm in den Rücken gestossen und aus dem Gleichgewicht gebracht. Mit gesundem Körpereinsatz hatte diese Aktion gar nichts zu tun, sondern es war ein klarer Stoss, der von Schiedsrichter Klossner nicht geahndet wurde. Hier die Videosequenz dazu.

Und es war nicht so, dass Schiedsrichter Klossner «in den Rücken stossen» grundsätzlich nicht sehen oder pfeifen würde. Ein viel sanfteres Stossen von Marchesano gegen Gaudino im Mittelfeld beispielsweise pfiff er ohne zu zögern:

Im Falle von Nsamé gegen Bangura schien es hingegen beinahe, als wolle Klossner den schönen YB-Konter nicht mit einem Pfiff unterbrechen. Das «am Arm zurückziehen» von Ceesay gegen Janko, welches zum 0:1-Freistoss führte, war zwar korrekt gepfiffen, aber im Vergleich ein viel leichteres Foul als die Nsamé-Szene gegen Bangura. Demtsprechend kann man sich die Frage stellen, warum in einer auch im Vergleich mit vorhergehenden Situationen so eindeutigen Szene der VAR (Urs Schnyder) nicht eingegriffen hat und der klare Regelverstoss, welcher zum Tor führte, nicht nochmal von Stephan Klossner am Bildschirm angeschaut werden durfte.

Jean-Pierre Nsamé, bestärkt durch die spezielle Nachsicht des Referees, wurde in einer weiteren Szene mit Umaru Bangura stark begünstigt, als er mit gestreckter Sohle auf des FCZ-Verteidigers Knie sprang. Pietro Di Nardo vom «kleinen Xamax» musste kürzlich für eine ähnliche Aktion gegen Toni Domgjoni mit Rot direkt vom Platz und er selbst sowie seine Teamkollegen fanden diese Bestrafung korrekt – Jean-Pierre Nsamé vom «grossen YB» sah nicht mal Gelb und spielte mit weit aufgerissenen Augen das Unschuldslamm. Dies obwohl Di Nardo bei seinem Foul noch Bodenkontakt hatte, während Nsamé Bangura im Sprung traf, was normalerweise schwerer gewichtet wird.

Gelb sieht hingegen Nathan welcher im Tackling gegen Assalé klar vor dem Gegenspieler am Ball ist und der Ivorer anschliessend einfach über ihn drüberfliegt. Es war in dieser Szene nicht so, dass Assalé wegen dem tackelnden Nathan zurückziehen musste.

Dass man sich unter anderem gegen den FCZ beim Schiedsrichterquartett viel erlauben kann, weiss Jean-Pierre Nsamé schon länger. Im April im Letzigrund beging er zuerst eine von Lukas Fähndrich ungeahndete Tätlichkeit gegen Hekuran Kryeziu und sah später im Zuge eines Eckballs für einen Würgegriff an die Gurgel des gleichen Zürcher Gegenspielers nur Gelb.

Im Letzigrund treten die Gelb-Schwarzen jeweils speziell aggressiv auf. Fahrlässige oder gar absichtliche Schläge ins Gesicht der Gegenspieler setzt es da jeweils im Viertelstunden- oder gar Zehnminutentakt. Zum Teil direkt vor der Nase des jeweiligen Schiedsrichters – immer ungeahndet! So auch im April dieses Jahres oder in der ersten Meistersaison, als der bereits verwarnte Sekou Sanogo ohne Folgen alleine drei Mal einen Zürcher ins Gesicht schlug, im Bild unten ein absichtlicher Ellbogenschlag gegen Rüegg direkt vor der Nase des auch jetzt wieder in Bern pfeifenden Stephan Klossner:

Im Letzigrund wurden dem FCZ gegen YB in den letzten zwei Jahren praktisch in jeder Partie klare Penalties verwehrt. Beispielsweise das Handspiel von Mbabu im September 2017, das doppelte Foul Moumi Ngamaleus gegen Domgjoni im April 2019 oder die mehrfachen Fouls gegen Dwamena im März 2018.

Kommen wir noch zur Abteilung «Schwalben». Roger Assalé gehört ohne Zweifel aktuell zu den grössten «Schauspielkünstlern» der Liga. Dies hat er gestern Samstag vor dem 3:0 durch Penalty wieder unter Beweis gestellt. Aus der Distanz sieht es so aus, als würde Simon Sohm Roger Assalé im Laufduell zurückhalten, dabei ist es umgekehrt! Assalé umklammert energisch den Arm von Sohm und zieht ihn im Schlepptau mit sich mit, wie eine tanzwütige Braut ihren Bräutigam auf die Tanzfläche. Die Tanzfläche ist in diesem Fall der Strafraum und von oben kommt kein Blumenstrauss geflogen, sondern der Ball. Es ist ein ungeahndetes Stürmerfoul von Assalé an Sohm. Hier die Videosequenz dazu.

Als Assalé Sohms Arm loslässt, legt der Zürcher Youngster gentleman-like ganz kurz und sanft von oben die Arme auf Assalés Schultern, was «die Braut» zu einem spektakulären Viertelsalto rückwärts veranlasst. Assalé will es so aussehen lassen, als habe ihn Sohm zurückgerissen, was aber in keinster Weise der Fall war. Selbst wenn man die leichte Schulterberührung Sohms ahnden würde, was äusserst fragwürdig wäre und so gut wie nie vorkommt, so hat die Art und Weise wie sich Assalé nach hinten wirft, mit dieser leichten Berührung von oben überhaupt keinen physikalischen und zeitlichen Zusammenhang. Schiedsrichter Klossner fiel aber leider trotzdem auf diese peinliche Schauspieleinlage herein.

Auf eine ähnliche Weise hatte übrigens Mohamed Camara im April Assan Ceesay im eigenen Strafraum in Judo-Manier mit beiden Händen am Arm zu sich herangezogen, bevor er ihn ungeahndet foulte und im direkten Gegenzug der entscheidende Treffer für YB fiel. Es wirkt, als würde man solches in Bern trainieren oder zumindest voneinander abschauen.

Im Video:

YB ist so oder so die bessere Mannschaft. Aber in den letzten zwei Jahren hätte unter anderem der FCZ ohne die vielen deutlichen Fehlentscheide Pro YB gegen die Gelb-Schwarzen den einen oder anderen Punkt und sogar Sieg mehr geholt – die Punkteabstände in der Tabelle wären nicht so riesig gewesen. Serien von Fehlentscheiden sind immer schlecht – und werden dadurch auch noch die Favoriten bevorteilt, tut das einer Liga doppelt weh. Zum Saisonbeginn hatte Sportjournalist Sébatian Lavoyer eine „Wahre Tabelle“ der letzten Saison berechnet. In dieser hätte YB fünf Punkte weniger und der FCZ sechs Punkte mehr geholt (und sich als Dritter direkt für die Europa League-Gruppenphase qualifiziert). Und dies obwohl dafür einzig die in den SRF-Zusammenfassungen thematisierten Fehlentscheide berücksichtigt wurden. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass es kaum ein Medium mit einer grösseren FCZ-Aversion wie das  SRF gibt, und dort in den Zusammenfassungen generell nur ein kleiner Teil der Fehlentscheide Eingang finden, zeigt die Untersuchung Lavoyers tatsächlich nur die Spitze des Eisberges.

(Standbilder: aus Teleclub)

 

Temperatursturz – warum der FCZ in der Zweiten Halbzeit beinahe unterging / FCB – FCZ 3:0 Analyse

Grosse Euphorie Samstagnacht unter den FCZ-Fans: ein Fahnenmehr in blau-weiss erwartet die Mannschaft nach ihrer Rückkehr aus Grozny am Flughafen – nach dem 1:1 Auswärtsunentschieden in Tschetschenien ist der FC Zenit Russischer Meister. Aber davon soll hier nicht die Rede sein. Sondern von einer Begegnung am gleichen Abend, welche die Bezeichnung «Klassiker» definitiv nicht mehr verdient. Der Begriff wird mehrheitlich noch in Basel als Werbeslogan propagiert, um (erfolglos) zusätzliche Zuschauer ins Stadion zu locken. Die Marketingphrase hat sich aber abgelutscht. Der «Clasico» ist die Begegnung der beiden über lange Zeit dominierenden Mannschaften – das sind wenn schon YB und der FCB. Die Berner lagen in den letzten zwölf Saisons nur vier Mal nicht in den Top 2 und gar nur einmal nicht in den Top 3 der Liga. Gegen den FCZ haben sie nun 15 Meisterschaftspartien in Folge nicht mehr verloren. Ein «Derby» gar, von welchem einzelne Basler Akteure manchmal schwadronieren, ist die Begegnung FCB – FCZ natürlich sowieso nicht.

Das Auf und Ab geht weiter. In den letzten sieben Wochen musste der FC Zürich nur drei Mal ausserhalb des Letzigrund-Stadions antreten – das waren gleichzeitig wohl die drei schlechtesten Partien in dieser Phase (zu Null-Niederlagen in Sion, Lugano und Basel). Insgesamt hat der Stadtclub in diesem Kalenderjahr ausserhalb des Letzigrunds erst drei Tore erzielt. Im Stade de Suisse und im St. Jakob Park kann der FCZ meist 30-45 Minuten mithalten, aber über 90 Minuten scheint der FCZ im Gegensatz zu den meisten Liga-Konkurrenten in diesen Stadien in der Meisterschaft kaum eine Chance auf auch nur einen Punktgewinn zu haben. Und dies schon seit Jahren. Der «Expected Goals»-Wert des FCZ vom Samstag in Basel ist sein drittschlechtester der Saison nach dem kürzlichen 0:1 im Tourbillon gegen Sion sowie dem 1:1 in Razgrad im Dezember.

Auch mit René Van Eck an der Seitenlinie setzte der FCZ auf das in den letzten Partien erprobte System mit drei Verteidigern, dem 6er- Rüegg hinter zwei Achtern und zwei Sturmspitzen. Die Aussenläufer Schönbächler und Kharabadze standen dabei aber tendenziell höher, als noch im Heimspiel gegen Sion. «Löcher wie Edamer» habe man im Zentrum gehabt, meinte Van Eck nach der Partie an der Pressekonferenz. Dies begann schon in der 1. Minute, als Sertic, Rüegg und Schönbächler kollektiv schlecht standen. Erst mit der Hereinnahme von Simon Sohm in der 54. Minute wurde die Organisation im Mittelfeld besser. An Sohms Seite steigerte sich vor allem Captain Kevin Rüegg merklich, wohingegen Toni Domgjoni zwar wie immer bemüht war, diesmal aber über die ganze Partie hinweg deutlich mehr schlechte als gute Aktionen zu verzeichnen hatte.

In die Zweite Halbzeit startete der FCZ zuerst besser als der Gegner und hatte nach 23 Sekunden bereits eine Torchance durch Stephen Odey. Grégory Sertic hingegen spielte zwar ab und zu mal einen guten Ball in die Tiefe, trat im ersten Spiel nach seiner Verletzungspause ansonsten aber ähnlich auf, wie in den meisten seiner bisherigen Partien: halbherzig, nonchalant und mit schlechter Körpersprache. Der Franzose hat einerseits, wenn er weit hinter dem Ball steht, ein gutes Gespür für die Passwege des Gegners – aber auf Höhe des Balles ist er andererseits in Zweikämpfen und Laufduellen beim Bemühen, den Ball zu gewinnen, selten eine Hilfe. Zudem geht durch den Leihspieler immer wieder die Kompaktheit flöten. Seine eher halbherzige Haltung war dann auch entscheidend bei der wichtigsten Szene des Spiels, als er Gegenspieler Zambrano beim Eckball Zuffis kurz nach der Pause wegen fehlender Aufmerksamkeit aus den Augen verlor und dieser zum 1:0 für den FCB traf. Dies ist umso ärgerlicher, als sich der FCZ bei gegnerischen Eckbällen im Verlauf der Rückrunde merklich gesteigert hat, und auch diesmal abgesehen von Sertic alle ihre Gegenspieler bei diesen Situationen im Griff hatten.

Stephen Odey hatte mehr gute als schlechte Aktionen, muss aber nach einem unnötigen Ballverlust und anschliessendem taktischen Foul in Neuenburg gesperrt zuschauen. Im Heimspiel gegen Sion vor Wochenfrist vermochte Assan Ceesay noch fast jedes Kopfballduell im Mittelfeld zu gewinnen, in Basel stimmte sein Timing in der Luft dann aber plötzlich wieder nicht mehr. Auch kam der hagere Gambier durch das bessere lokale Pressing Basels nicht zu seinen gefährlichen raumgreifenden Aktionen. Schon anlässlich der anderen beiden Duelle des Frühlings gegen den FCB wurde es an dieser Stelle erwähnt: das aktuelle Team von Marcel Koller ist nicht mehr mit demjenigen des Herbstes vergleichbar. Die Art und Weise, wie die „Bebbis“ mit Kombinationsspiel und Laufwegen einen Gegner taktisch aushebeln können, ist mittlerweile sogar wieder auf einem höheren Niveau als bei YB. Dazu kam gegen den FCZ ein Valentin Stocker, der erstmals so richtig wieder an seine besten Zeiten als Teenager vor seinem ersten Kreuzbandriss erinnerte. Die Zweite Halbzeit Stockers am Samstagabend war sicherlich eine der besten 45 Minuten aller Super League-Spieler in dieser Saison.

Ähnlich wie zuletzt häufig Roger Assalé bei YB übernahm Stocker die Rolle des in der Mittel- und Angriffszone überall auftauchenden Spielmachers innerhalb des Forward-Trios. In erster Linie Kevin Bua, aber auch Ricky Van Wolfswinkel suchten die Tiefe, kamen aber über Rechts selten durch, da Andreas Maxsø wie eine Wand allem, was Kharabadze (und Sertic) durchliessen, den Eintritt in die Gefahrenzone verwehrte. Alain Nef spielte zwar ebenfalls eine gute Partie, aber das Niveau von Maxsø erreichte er nicht. Basel fand schnell heraus, dass die rechte Zürcher Seite mit Schönbächler und Domgjoni sehr löchrig war, und spielte daher fast alle seine in der Zweiten Halbzeit zahlreichen gefährlichen Angriffe und Gegenstösse über links. Selbst bei einem Ballverlust des FCZ auf der anderen Spielfeldseite wurde ab einem gewissen Zeitpunkt von den Rot-Blauen immer schnell der Seitenwechsel nach links gesucht. Schönbi hatte zwar einige gute, aber auch viele zu wenig konsequent durchgezogene Aktionen: im entscheidenden Moment kein Druck auf den Gegenspieler, ungenaue Pässe oder Flanken oder wenig inspirierte Versuche, sich mit dem Kopf durch die Wand durchzusetzen. Im Offensivspiel fehlte über seine Seite die Breite und im eigenen Strafraum war er bei Flanken von der anderen Seite jeweils zu weit weg von seinem Gegenspieler, was zu zwei von drei guten Möglichkeiten Basels in der Ersten Halbzeit führte.

So wie Rüegg sich in der Zweiten Halbzeit verbesserte, baute dafür der in der 1. Halbzeit aufmerksam agierende Umaru Bangura um so mehr ab. In der ersten Viertelstunde nach der Pause war er zusammen mit Schönbächler und Sertic der Schwachpunkt beim FCZ. In den ersten 45 Minuten war die Dreierabwehr noch in corpore gut gestanden. Im Zweiten Durchgang nahmen hingegen die undurchdachten Aktionen zu. Typisch die Szene vor dem 0:2. Anschliessend an einen Basler Durchbruch über ihre Linke Seite kommt der Ball auf Rechts, wo das Heimteam wegen Maxsø aber nicht durchkommt. Man spielt zurück in die Mitte vor den Strafraum, wo sich dann mit Bangura, Nef, Schönbächler und Domgjoni gleich vier Spieler erfolglos auf Stocker stürzen und dieser dadurch mit Van Wolfswinkel und Zuffi gleich zwei Mitspieler in eine Position alleine vor dem Zürcher Tor anspielen kann. Aus dem Trio Bangura / Nef / Schönbächler hätte nur einer herauspreschen sollen – am ehesten Nef.

Der aus Zürcher Sicht mit Abstand positivste und hoffnungsvollste Aspekt der Partie waren die Einsätze von Simon Sohm und Becir Omeragic. Diese zwei trugen ganz wesentlich dazu bei, dass der FCZ zwei, drei Mal eine minutenlange Druckphase in der gegnerischen Hälfte aufzuziehen vermochte. Da wurde gut antizipiert, Zweite Bälle gewonnen und es entstand Zug Richtung gegnerisches Tor. Der 18-jährige Sohm hat sich geöffnet, fühlt sich nun als gleichwertiger Spieler, bietet sich an, denkt mit, wirkt reifer. So kann er sein grosses Talent noch deutlich besser in die Waagschale werfen, als zuvor. Auch der 17-jährige Omeragic, dessen erster Einsatz in der Super League durch einen Wadenbeinbruch verzögert worden war, fand sich sofort gut ein und war in der Schlussphase offensiv wie defensiv ein Pluspunkt – dass er alleine gegen zwei Basler (Stocker, Ajeti) das 0:3 nicht zu verhindern vermochte, kann man ihm nicht vorwerfen. Anders sieht die Bilanz beim mittleren Zürcher Einwechselspieler Kololli aus. Weiterhin versucht dieser meist erfolglos bei Zuspielen aus der Zürcher Abwehr den Gegenspieler abzuschirmen, anstatt dem Ball entgegenzulaufen. Auf Super League-Niveau endet dies meist mit einem schmerzhaften Ballverlust. Ausserdem ist «Benji» bezüglich Zielstrebigkeit und Schnörkellosigkeit weit vom Niveau eines Sohm oder Omeragic entfernt. Noch nie war die Diskrepanz innnerhalb des Teams bei den Züri Live-Noten so gross, wie nach diesem Match – drei Maximalnoten «10» und eine «9» stehen einer Minimalnote «1» und drei «2»-ern gegenüber.

In den Bereichen Ballbesitz, Eckbälle, Schüsse nebens Tor, Offsides, Fouls und Verwarnungen war die Bilanz der Partie FCB – FCZ ausgeglichen. Der grosse Unterschied besteht bei den Schüssen aufs Tor bzw. Expected Goals. Für die vielen Top-Chancen von Basel in der Zweiten Halbzeit waren zusammenfassend drei Faktoren entscheidend:

  1. Die defensiv zu schwache Rechte Seite des FCZ (Schönbächler, Domgjoni)
  2. Die zu gefährlichen Basler Gegenstössen führenden zahlreichen Fehler und Ballverluste speziell von Kharabadze und Kololli sowie Bangura ab der 65. Minute
  3. Der sich im zweiten Durchgang in einen aussergewöhnlichen Spielrausch steigernde Valentin Stocker

Diese Faktoren führten passend zum Wetter zu einem Temperatursturz in der Gefühlswelt der FCZ-Gemeinde. Giftige Fouls und umstrittene Szenen gab es hingegen im Vergleich zum Cup-Halbfinal deutlich weniger – dafür ging es für den FCB um zu wenig. Zwei versteckte Stürmerfouls von Suchy und Zambrano im gegnerischen Strafraum, einmal «Hals würgen von hinten» von Stocker gegen Rüegg im Mittelfeld, sowie einmal ein absichtliches gesundheitsgefährdendes Unterlaufen von Suchy gegen Kololli direkt nach dessen Einwechslung. Das war «vergleichsweise wenig» im Verhältnis zu vorletzter Woche. Auf Zürcher Seite stiess Bangura in der Ersten Halbzeit nachdem er zwei Mal hintereinander im eigenen Strafraum unaufmerksam gewesen war, den zum Kopfball hochsteigenden Van Wolfswinkel von hinten – und hätte sich über einen Penaltypfiff nicht wirklich beklagen können.

Basel – FCZ 3:0 (0:0)

Tore:  49. Zambrano (Zuffi) 1:0, 66. Van Wolfswinkel (Stocker) 2:0, 90.+2 Ajeti (Stocker) 3:0.

Basel: Omlin; Widmer, Suchy, Zambrano, Riveros; Xhaka, Frei (73. Balanta); Stocker, Zuffi, Bua (76. Zhegrova); Van Wolfswinkel (84. Ajeti).

FCZ: Brecher; Nef (80. Omeragic), Bangura, Maxsø; Schönbächler, Rüegg, Kharabadze; Domgjoni, Sertic (54. Sohm); Ceesay (67. Kololli), Odey.

 

 

Max & Mirlind halten dicht, bis die Biene doch noch sticht / FCZ – YB Analyse

Ludo Magnin setzt im Duell mit dem frischgebackenen Meister YB auf Kontinuität und geht wie schon ab der 15. Minute gegen Basel sowie im Derby mit einem 4-4-2 mit flachem Mittelfeld in die Partie. Auch personell begann der Zürcher Trainer mehr oder weniger so, wie er die Partie gegen GC beendet hatte. Toni Domgjoni ersetzte auf der rechten Seite im Mittelfeld den gesperrten Salim Khelifi und der im letzten Spiel gesperrt gewesene Andreas Maxsø kehrte zurück. Für ihn musste nicht Mirlind Kryeziu, sondern der zuletzt schwächelnde Umaru Bangura auf die Ersatzbank. Somit hatte der FCZ mit «Max & Mirlind» (Wilhelm Busch 2.0) zwei Innenverteidiger auf dem Platz, welche den physisch starken Bernern am Boden und in der Luft Paroli bieten können. YB operierte trotzdem viel mit hohen Bällen, der FCZ hatte aber in der eigenen Hälfte klar die Lufthoheit. Selbst Joël Untersee gewann mal ein Kopfballduell gegen den über weite Strecken blassen Guillaume Hoarau. Dafür demonstrierte bei flachem Spiel der frischgebackene Vater Roger Assalé als eigentlicher Berner Spielmacher immer wieder seine aktuelle Topform. Andreas Maxsø und Mirlind Kryeziu stellten mit je 12 Top-Defensivaktionen einen individuellen Saisonrekord auf, der zudem stark zum deutlichen kollektiven Saisonrekord von 65 Top-Defensivaktionen beitrug (bisheriger Bestwert: 45 – kürzlich beim 0:2 gegen Basel). Auch die Anzahl Top-Offensivaktionen und das Verhältnis der «Expected Goals» war aus Zürcher Sicht besser als bei den vorangegangenen drei Saisonduellen gegen die Gelb-Schwarzen.

Der FCZ hatte defensiv also trotz kleiner spontaner YB-Meisterfeier am Vorabend viel Arbeit und verrichtete diese überwiegend gut, auch wenn YB in der 1. Halbzeit durch Assalé und Fassnacht zwei Mal gefährlich hinter die Zürcher Abwehr kam. Bei Eckbällen hatten die Zürcher den Gegner diesmal weitgehend im Griff. Maxsø und Mirlind Kryeziu kümmerten sich um die beiden in der Luft gefährlichsten Gegenspieler Hoarau und Camara, Pa Modou übernahm den zuletzt im Wankdorf gegen den FCZ per Kopf treffenden Fassnacht, Kharabadze nahm Benito beziehungsweise Mbabu in Gewahrsam, Untersee agierte gegen Assalé und Hekuran Kryeziu gegen Moumi. Die beiden «Schwachpunkte» Umaru Bangura und Kevin Rüegg hingegen waren nicht involviert – Ersterer sass auf der Bank, der Zweite übernahm Raumdeckungsaufgaben.

In der spielentscheidenden Szene vermochte YB dann aber eine Bresche in die Zürcher Abwehrmauer zu schlagen. Dies weil YB für einmal Platz fand, um schnell umzuschalten, was ansonsten in dieser Partie vergleichsweise wenig vorkam. Beim hohen Ball von Mbabu erwischte YB den FCZ daher in der Rückwärtsbewegung und so vermochten Hoarau und Nsamé lokal gegen Maxsø eine zwei gegen eins-Überzahl zu kreieren. Der Däne musste sich für einen von beiden entscheiden und liess Hoarau unbedrängt zum Kopfball hochsteigen, um dafür den sich in die Tiefe davonstehlenden Nsamé decken zu können. Dies war eigentlich die richtige Entscheidung, denn Maxsø hätte Hoarau wohl nicht mehr genügend an der Kopfballweiterleitung stören können und so wäre Nsamé völlig frei zentral auf Torhüter Brecher zugelaufen. Da aber schlussendlich Timing, Präzision und Beschleunigung in dieser Aktion bei Hoarau und Nsamé auf äusserst hohem Niveau waren, konnte Maxsø Nsamé auch so nicht mehr stoppen, obwohl er relativ nahe an ihm dran war.

Vorangegangen war dieser Aktion allerdings ein klares Foulspiel von Mohamed Camara an Assan Ceesay im Berner Strafraum (siehe Bilder am Ende des Artikels). Als Spätfolge dieses Fouls musste Ceesay später ausgewechselt werden. Erst zog der YB-Verteidiger den rechten Arm des durchbrechenden FCZ-Stürmers mit beiden Händen in seine Richtung und beförderte ihn anschliessend mit einem Stoss in die Hüfte zu Boden. Trotz relativ guter Sicht auf die Aktion blieb die Pfeife von Schiedsrichter Fähndrich stumm. Die Geschichte wiederholt sich. Die Serie der Schiedsrichterfehlentscheide in den Duellen gegen YB wird langsam aber sicher skandalös. Zum vierten Mal (!) in den letzten fünf Duellen profitiert YB gegen den FCZ bei einem entscheidenden Tor von einem nicht gepfiffenen klaren Foulspiel – nach Mbabu gegen Rüegg, Hoarau gegen Winter und Von Bergen gegen Khelifi erneut ein YB-Tor nach einem schnellen Gegenstoss nach dem Foul von Camara an Ceesay. Die vielzitierte ausgleichende Gerechtigkeit existiert in den Duellen mit den meisten Super League-Teams, aber nicht gegen die Favoriten YB und Basel.

Neben dem Faktor, dass der häufig in der Challenge League eingesetzte Lukas Fähndrich selbst auf zweithöchster Stufe zu den schlechtesten Schweizer Referees gehört, könnte im aktuellen Fall durchaus auch eine Rolle gespielt haben, dass der schlaksige Ceesay auch wegen seinen Körperproportionen in anderen Situationen relativ schnell aus dem Gleichgewicht kommt, und sich dann häufig am Kopf hält, auch wenn er an anderer Stelle getroffen worden ist. So wie Ceesay eher zu häufig beim Schiedsrichter moniert, tut dies Toni Domgjoni vielleicht zu wenig. Praktisch an gleicher Stelle, wo ihm schon gegen Basel nach dem Foul von Luca Zuffi ein Penalty verweigert worden war, wurde er von Moumi in der 81. Minute erneut ohne Folgen penaltyreif gefoult (siehe Bilder am Ende des Artikels). Erst stiess ihn der Kameruner bei einem Einwurf von Untersee von hinten in Mitspieler Maxsø rein, dann rappelte sich Domgjoni schnell wieder auf, dribbelte dabei technisch gekonnt halb im Liegen, nur um gleich nochmal von Moumi von hinten einen Schlag auf die Wade zu kriegen und dadurch erneut zu Boden zu gehen. Da Domgjoni in solchen Situationen als gefoulter Spieler kein aufhebens macht, fiel das Ganze Schiedsrichter Lukas Fähndrich offenbar zu wenig auf. Es ist daher umso unpassender, dass Mbabu ausgerechnet Domgjoni nach seinem korrekten Tackling im YB-Strafraum in der 89. Minute, nach welchem Domgjoni aber angeschlagen liegen blieb und ausgewechselt werden musste, diesem Simulation vorwarf. Auf der Gegenseite fällt Lukas Fähndrich auch eine falsche Entscheidung zuungunsten YB’s – als Pa Modou seitlich des eigenen Strafraums Nicolas Moumi foult, sieht dieser fälschlicherweise Gelb wegen angeblicher „Schwalbe“.

Weiter muss man leider feststellen, dass die Anzahl Schläge ins Gesicht des Gegenspielers pro Spiel bei YB wieder am Zunehmen sind, nachdem sie nach dem Abgang Sekou Sanogos zwischenzeitlich mal abzunehmen schienen. In der 63. Minute begeht Jean-Pierre Nsamé gegen Hekuran Kryeziu bei der Mittellinie mit einem Schlag ins Gesicht eine Tätlichkeit – Schiedsrichter Fähndrich schaut in diesem Moment in eine andere Richtung (siehe Bilder am Ende des Artikels). Es ist ein noch klarerer Fall als derjenige von Djuricin im Derby. Dass es aber eine entsprechende Sanktion nach sich ziehen wird, ist unwahrscheinlich. Denn obwohl alle Spiele nach offiziellen Angaben vom Schiedsrichterdepartement des SFV jeweils in voller Länge nochmal angeschaut werden, werden Sanktionen erfahrungsgemäss nur in Fällen verhängt, die in der TV-Nachberichterstattung stark thematisiert werden. In der 73. Minute schlägt auch Loris Benito am Zürcher Strafraum Toni Domgjoni die Hand ins Gesicht (siehe Bild am Ende des Artikels) – immerhin war es in diesem Fall im Kampf um den Ball und nur vorsätzlich statt absichtlich – daher hätte Gelb und Freistoss für den FCZ vom eigentlich gut postierten Fähndrich gereicht. Die dritte Hand im Gesicht sieht Fähndrich dann doch noch. Es gibt Gelb für die Aktion von Nsamé, der in Erwartung des einzigen Zürcher Eckballes der Partie in der 82. Minute zuerst auffällig nach der Positionierung des Schiedsrichters Ausschau hält, bevor er mit der Hand an Unterkiefer und Hals Hekuran Kryeziu umstösst (siehe Bilder am Ende des Artikels).

Schliesslich noch die Presseschau: Für die Spielberichterstattung war bei Tagi (Thomas Schifferle) und NZZ (Stephan Ramming) zuletzt wieder vermehrt das «Duo Infernale» nicht nur der FCZ-Aversion, sondern auch der allgemeinen Fussball-Unlust am Start. Kommentieren muss man das meiste nicht, aber beim Artikel Schifferles zum YB-Spiel gibt es eine Aussage («von Nachwuchsförderung ist (beim FCZ) nichts zu sehen»), auf die man vielleicht dann doch mal eingehen muss. Seit in einer «Heimspiel»-Sendung bei Teleclub die Behauptung aufgestellt wurde, unter Ludovic Magnin würden gar nicht wirklich mehr junge Spieler eingesetzt, als zuvor bei Uli Forte, hat sich diese Aussage zu einem dieser vielen Allgemeinplätze entwickelt, die dann jeweils über Dutzende von Zeitungsartikeln und Diskussionssendungen hinweg von etlichen Experten und Journalisten nachgeplappert werden, ohne dass irgendwann mal einer auf die Idee kommen würde, nachzuprüfen, ob sie auch stimmt. Denn natürlich stimmt sie nicht: Forte hatte mit Magnins ehemaligem Academy-Schützling Kevin Rüegg nur einen Teenager als Stammspieler – als Ludo Magnin übernahm, waren es dann in der Summe drei mit zusätzlich Toni Domgjoni und wahlweise Izer Aliu oder Fabian Rohner. Drei von elf oder einer von elf ist ein gewaltiger Unterschied. Und mehr würde von den gleichen Journalisten und Experten als „Jugendwahn“ bezeichnet werden. Insgesamt kamen in Fortes erster Saison nur drei und in der zweiten nur vier Spieler als Teenager insgesamt mehr als 90 Minuten zum Einsatz – bei Magnin sind es in der noch laufenden Saison bereits zehn! Zusätzlich zu Stammspielern wie Kharabadze oder Domgjoni sind selbst ein Simon Sohm, Hakim Guenouche oder Fabio Dixon bisher mehr als 300 Wettbewerbsspielminuten auf dem Platz gestanden.

FCZ – YB 0:1 (0:0)

Tore:  79. Nsamé (Hoarau) 0:1.

FCZ: Brecher; Untersee, Maxsø, M. Kryeziu, Pa Modou; Domgjoni (90. Nef), Rüegg, H. Kryeziu, Kharabadze; Marchesano (76. Odey), Ceesay (84. Schönbächler).

Young Boys: Von Ballmoos; Mbabu, Camara, Von Bergen, Benito; Fassnacht (58. Nsamé), Aebischer (80. Lauper), Sow, Moumi; Assalé (80. Schick), Hoarau.

63. Minute: Ungeahndete Tätlichkeit Jean-Pierre Nsamé gegen Hekuran Kryeziu

73. Minute: Loris Benito schlägt ungeahndet Toni Domgjoni im Kampf um den Ball die Hand ins Gesicht

79. Minute: Mohamed Camara foult ungeahndet Assan Ceesay im YB-Strafraum, im direkten Gegenzug fällt das 0:1 

81. Minute: Ungeahndetes Doppelfoul von Nicholas Moumi gegen Toni Domgjoni im YB-Strafraum

82. Minute: Jean-Pierre Nsamé stösst Hekuran Kryeziu mit Griff an Unterkiefer und Hals um und sieht Gelb

84. Minute: Verletzungsbedingte Auswechslung Assan Ceesays

90. Minute: Verletzungsbedingte Auswechslung Toni Domgjonis 

(Standbilder Teleclub)

FCZ verpasst Punktgewinn bei Domgjoni-Début gegen YB

Der FCZ lässt gegen Leader YB in einem 4-1-4-1 über die Seiten kaum etwas zu und verhindert die gefährlichen schnellen Gegenstösse der Berner. Ausgerechnet Fabian Rohner, der bis dahin eine sehr gute Partie abgeliefert hatte, verursacht in der 61. Minute mit einem Blackout im Mittelfeld den ersten YB-Konter, der dann auch gleich zur 1:0-Führung für die Gäste führt. Nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich durch einen sicher getretenen Penalty von Rodriguez (die Szene war von Rohner durch einen Ballgewinn und schnelles Umschalten eingeleitet worden, Wölfli foulte Dwamena), verursacht der ansonsten ebenfalls gut spielende Nef nur zwei Minuten später gegen Roger Assalé auf ähnliche Art und Weise einen Penalty, wie dies im Herbst in Bern bereits Cédric Brunner gegen den gleichen YB-Stürmer passiert war. Wie damals Sulejmani verwandelt auch Hoarau den Elfmeter. Dessen fast schon unheimliche Penalty-Serie bricht dann aber später im Spiel noch, als er nach einem Thelander-Fehler seinen zweiten Elfmeter an den rechten Pfosten setzt.

Eine weitere Parallele zu damals war, dass der FCZ in einem entscheidenden Moment mit der Schiedsrichterleistung Pech hatte. Im November war das 2:1-Siegtor Assalés wegen vorangegangenem Stürmerfoul von Mbabu an Rüegg irregulär gewesen. Diesmal hätte der FCZ in mindestens einer Szene (Foul von Nuhu an Dwamena) einen weiteren Penalty zugesprochen erhalten müssen. Der auch diesmal indisponierte Nuhu durfte zudem ungestraft sowohl Dwamena und später auch noch Nef die Hand ins Gesicht schlagen, ohne auch nur eine Verwarnung dafür zu erhalten. Nef wäre nach jener Szene beinahe schon in der Ersten Halbzeit durch Lavdrim Rexhepi ersetzt worden, konnte dann aber doch noch weiterspielen.

Rexhepi kam dann erst eine Minute vor Schluss für Marchesano in die Partie. Auch aufgrund der krankheitsbedingten Abwesenheit Kevin Rüeggs durfte der ehemalige U18-Captain Toni Domgjoni sein Début in der Super League feiern und gleich durchspielen. Der Kämpfer mit Offensivdrang zeigte auf der Achterposition eine gute Leistung. Mit der Einwechslung von Stephen Odey in der 75. Minute hatte der FCZ auf ein 3-4-1-2 umgestellt und konnte in der Schlussviertelstunde nochmal richtig Druck machen – der verdiente Ausgleich fiel in einer auch statistisch ausgeglichenen Partie dann aber nicht mehr, auch weil der wiedergenesene Raphael Dwamena drei Mal eine Topchance vor Marco Wölfli nicht nutzen konnte.

FCZ – YB 1:2 (0:0)

Tore: 61. Assalé (Hoarau) 0:1, 65. Rodriguez (Penalty, Dwamena) 1:1; 67. Hoarau (Penalty, Assalé) 1:2.

FC Zürich: Brecher; Brunner, Nef, Thelander, Pa Modou; Palsson; Rodriguez (75. Odey), Domgjoni, Marchesano (89. Rexhepi), Rohner; Dwamena.

Young Boys: Wölfli; Mbabu, Von Bergen, Nuhu, Benito; Fassnacht, Bertone, Sow, Sulejmani (76. Moumi); Assalé (89. Aebischer), Hoarau.

FCZ in Zweikämpfen unterlegen, irregulärer Siegtreffer / YB – FCZ Highlights & Interview

Nach Basel und GC kassiert der FCZ auch gegen das dritte Spitzenteam der Liga eine Niederlage. Es ist weitgehend die grössere Qualität der Einzelspieler, die den Unterschied ausmacht – vor allem YB-Stürmer Roger Assalé macht den Unterschied. Assalé ist aktueller Ivorischer Nationalspieler und bereits der neunte Ivorer bei YB. Mit Djibril Sow und Christian Fassnacht sind auch zwei Spieler aus der FCZ Academy aktuell wichtige Stützen des Meisterschaftsleaders. Sow bereitete dabei mit einem gut getretenen Freistoss das entscheidende 2:1 in der 84. Minute durch Assalé vor. Dieses kam allerdings irregulär zustande: Kevin Mbabu kam nur deshalb völlig freistehend zum Kopfball, weil er zuvor seinen Gegenspieler Kevin Rüegg in den Rücken gestossen hatte.

YB war aber von Beginn weg überlegen gewesen. Die taktische Umstellung vom 3-4-3 auf ein 3-5-2 schien beim FCZ gut zu funktionieren, aber erstmals in dieser Saison war man dem Gegner in den Zweikämpfen unterlegen. Diese Unterlegenheit wurde dann teilweise durch übermotiviertes Einsteigen kompensiert, was nach den Fouls von Brunner an Assalé und Pa Modou an Mbabu zu den beiden entscheidenden Standards führte. Dies nachdem der FCZ in der 34. Minute entgegen dem Spielerverlauf nach dem ersten Eckball der ganzen Partie in Führung gegangen war. Das Tor fiel wieder in der Phase Mitte der Ersten Halbzeit, in welcher der FCZ diese Saison am meisten Tore erzielt. In der Zweiten Halbzeit konnte das Forte-Team die Partie ausgeglichener gestalten und hätte durchaus auch selbst noch ein zweites Tor erzielen können. Neun Minuten vor Ende der regulären Spielzeit kam zudem Stephen Odey bei einem Doppelwechsel im Zürcher Sturm zu seinem Meisterschaftsdébut.

Young Boys – FCZ 2:1 (1:1)

Tore: 34. Nsamé (Eigentor, Sarr) 0:1, 36. Sulejmani (Penalty, Assalé) 1:1: 84. Assalé (Mbabu) 2:1.

BSC Young Boys: Von Ballmoos; Mbabu, Nuhu, Von Bergen (58. Wüthrich), Lotomba; Fassnacht (69. Moumi), Sow, Sanogo, Sulejmani; Assalé, Nsamé (81. Hoarau).

FC Zürich: Vanins; Thelander, Bangura, Brunner; Winter (85. Rodriguez), Palsson, Pa Modou; Rüegg, Sarr; Dwamena (81. Koné), Frey (81. Odey).

(Standbild: SFL.CH)