Xavier Margairaz: Westschweizer Stilelemente beim FCZ ergibt die „perfekte Mischung“

Seine Initialen sind XM – und er war wirklich immer grösser als „Medium“. Erstmals in seiner neuen Funktion als Assistenztrainer von Lausanne-Sport kehrt heute Xavier Margairaz in den Letzigrund zurück. In der Vorrunde hatte Margairaz beim 1:1 auf der Pontaise das Spiel als Experte mitkommentiert. Zu jenem Zeitpunkt hoffte Margairaz noch, seine Karriere als Spieler fortsetzen zu können. Auf Einladung von Züri Live verfolgte er zum ersten Mal in dieser Saison Lausanne-Sport live im Stadion. Den FCZ hatte er häufiger am TV mitverfolgt. Damals fieberte Xavier noch 50/50 mit beiden Teams mit – heute natürlich nicht mehr – denn beide Teams brauchen die Punkte. Gerade deshalb ist es nochmal interessant, reinzuhören in die Sendung vom 20. September. Xavier Margairaz spricht über:über:

  • seine Gefühle am 13. Mai
  • die Erfolge mit dem FCZ (drei Meistertitel)
  • das Champions League-Spiel im Bernabeu gegen Real Madrid
  • warum er zum FC Sion wechselte
  • das Erfolgsrezept im Kampf mit dem „neureichen“ FC Wil beim Aufstieg mit Lausanne-Sport in die Super League
  • die „perfekte Mischung“ zu welcher fussballerisch der Westschweizer Einfluss im FCZ beiträgt
  • Taktik, Technik, „Vision de jeu“, Mayonnaise und vieles mehr…

Kadertalk: die grosse Übersicht vor dem Auftritt am Samstag im Tourbillon

Morgen Freitag Abend nach dem Nachmittagstraining reist der FCZ ins Wallis, um sich im «CC-Land» auf das Auswärtsspiel beim FC Sion vorzubereiten. In den bisherigen vier Spielen unter Magnin (zwei Siege, zwei Niederlagen – alle im Letzigrund) hat der neue Zürcher Coach in jedem Match Fortschritte bei seinem Team gesehen: «Wenn wir weiter solche fussballerischen Fortschritte machen, dann werden irgendwann die Punkte kommen. Die Frage ist, wie lange es dauert bis dahin. Ich hoffe, es geht schnell». Die zweiwöchige «Nati-Pause» war für das neue Trainerteam daher ideal, auch wenn ein Teil der Spieler nicht im Training mit dabei war.

Sion unter Jacobacci: eine andere Mannschaft

Als Waadtländer sind für Magnin Spiele gegen den FC Sion immer speziell. Die Rivalität zu den Wallisern verkörpert er mit Fleisch und Blut – und in seiner direkten Art mit nicht wirklich netten Bezeichnungen über die Kantonsnachbarn im privaten Gespräch. Mit Christian Constantin kommt der FCZ-Trainer aber gut aus, «auch weil ich nie geschäftlich mit ihm zu tun hatte», wie er augenzwinkernd hinzufügt. «Natürlich hat auch Constantin Fehler gemacht. Jeder macht Fehler». Magnin hält Constantin aber zu Gute, dass er sich wie Magnin selbst nicht alles gefallen lässt. Zudem hat der Zürcher Coach generell grossen Respekt vor allen Klubbesitzern im Schweizer Fussball: «In der Schweiz kann man kein Geld damit verdienen. Sie machen das alles aus Liebe zum Fussball».

Die Sperre gegen Constantin habe den FC Sion sicherlich den ein oder anderen Punkt gekostet. Den FC Sion sieht Magnin als ein unter dem neuen Trainer Jacobacci völlig verändertes Team, welches ganz anders auftritt, als zuvor, und trotz zwischenzeitlichem bereits relativ grossen Rückstand auf den ersten Nichtabstiegsplatz nun drauf und dran sei, den Klassenerhalt zu schaffen. Die Punktedifferenz zwischen dem nun auf Platz fünf liegenden FCZ und dem Schlusslicht aus dem Wallis beträgt nur noch 11 Punkte – deutlich weniger, als der Abstand zwischen YB und dem FCB an der Tabellenspitze beträgt.

Intensives Training in der Länderspielpause

Das Team der beiden aus der FCZ Academy stammenden Martin Angha und Anto Grgic sowie des langjährigen FCZ-Profis Burim Kukeli ist gemäss Magnin zur Zeit offensiv etwas von 1-2 Spielern abhängig: «Uns wäre es lieber, Carlitos würde immer noch in der U21 spielen, als gegen uns. Allerdings haben wir gegen YB bewiesen, dass wir die Seiten gut zumachen können». Gefallen hat Magnin gegen den Tabellenleader, dass seine Mannschaft trotz aggressivem Pressing des Gegners flach hintenraus spielen konnte. Rasmus Thelander hat dies dann aber bei der zweiten Penaltyszene übertrieben: «die Spieler müssen merken, wann sie ausnahmsweise auch mal einen Ball auf die Tribüne schiessen sollen».

In der Länderspielpause hat sich beim FCZ wieder einiges getan. Das Trainerteam der Ersten Mannschaft arbeitet physisch wie auch taktisch intensiv mit der Mannschaft. Eine Morgensession kann gut und gerne zweieinhalb Stunden dauern. Ungeachtet dessen, dass am Nachmittag noch eine weitere Übungseinheit ansteht. Frage an einen der jungen Spieler nach dem Training: «Jetzt bist du wohl bereit für einen Mittagsschlaf?», Antwort: «Mittagsschlaf? Jetzt könnte ich den ganzen restlichen Tag durchschlafen».

Die Zeit der Rückkehrer

René van Eck ist trotz «Schweinfurt-Meldung» im «Blick» immer noch da und stellt sich in der taktischen Übung beispielsweise direkt hinter einen Verteidiger und dirigiert ihn persönlich, wenn dieser sich nach Ansicht von Trainer Magnin fünf Meter zu wenig nach links verschoben hat. Im Gespräch mit Züri Live zeigt sich Ludo Magnin zuversichtlich, dass der Holländer auch bleiben wird.

Konditionstrainer Tobias Powalla ist nach dem Abgang von Philippe Hasler aus Aarau zurückgekehrt. In der Länderspielpause hatte der 32-Jährige auf jeden Fall schon mal alle Hände voll zu tun. Überhaupt ist es die Zeit der Rückkehrer. Stürmer Kilian Pagliuca ist aus Wohlen zurück. Magnin will den Genfer unbedingt in den nächsten Wochen bei sich haben und intensiv beobachten, um dann entscheiden zu können, wie es im Sommer weitergeht: «Unser Kader kann nicht ausschliesslich aus jungen Spielern bestehen. Ein Teil bleibt im Team, ein Teil wird ausgeliehen und ein Teil setzt die Karriere in einem anderen Klub fort. So ist Fussball», meint Magnin gegenüber Züri Live. In der aktuellen Saison konnte sich «Kili» weder bei Wohlen, noch zuletzt in der U21 oder im Test mit der 1. Mannschaft gegen Aarau empfehlen. Der 21-Jährige kann sich auf allen drei Stufen gegen seine Gegenspieler nicht richtig durchsetzen – und schiesst so gut wie keine herausgespielten Tore.

Das Vertrauensverhältnis Magnin – Brecher

Seit neuestem wieder zurück im Training der 1. Mannschaft des FCZ ist auch Novem Baumann (Bild rechts)! An den Wochenenden wird er allerdings weiterhin zumindest noch bis Ende Saison bei Challenge League-ist Rapperswil-Jona auf der Ersatzbank sitzen und sich im Falle einer Sperre oder Verletzung von Nr.1-Keeper Diego Yanz für einen Einsatz bereithalten. Wie genau Baumann im engeren Sinne im Training in der Rolle der anderen Goalies zum Zuge kommt, wird sich noch weisen. Vorderhand spielt er im Trainingsspiel auch mal als Rechter Aussenverteidiger (und schlägt sich dabei ganz ordentlich) und absolviert mit Goalietrainer Davide Taini Spezialeinheiten zur Messung seiner Fitness.

Yanick Brecher ist die Nr. 1, und wird es voraussichtlich auch über den Sommer hinaus bleiben. Mit ihm hat Trainer Magnin im Herbst in der U21 ein spezielles Vertrauensverhältnis aufgebaut: «Brecher bringt alles mit, was ein Super League-Goalie braucht. Und er ist Zürcher», meint Magnin dazu zu Züri Live. Die einzige offene Frage sei für ihn gewesen, ob Brecher dem Druck in der Super League standhalten könne, und dies werde nun eben bis Saisonende getestet. Zu Yann-Alexandre Fillion äussert sich der Waadtländer hingegen eher zurückhaltend. Er ist nach seiner Operation wieder im Mannschaftstraining. Wie es weitergeht, ist noch ungewiss.

Gelungenes Début von Michael Kempter

Magnin will sehen, dass sich die Spieler über die Zweite Mannschaft empfehlen. «Wer in der Promotion League nicht gut spielt, hat in der 1. Mannschaft keine Chance», meint der 38-jährige weiter gegenüber Züri Live unmissverständlich. Gut gespielt hat bei seinem Comeback nach Kreuzbandriss nach seiner Einwechslung in der Halbzeitpause der Promotion League-Partie gegen den FC Basel II gestern Mittwoch trotz 1:2-Niederlage (0:2 zur Pause) Michael Kempter. Der 23-jährige vom Mutschellen spielte, wie wenn er nie weggewesen wäre, war der beste Mann der Zweiten Halbzeit und konnte seine Schnelligkeit sowohl im Dienste der Offensive wie auch der Defensive ausspielen. Der beim Spiel anwesende Magnin wird registriert haben, dass auf den mit dem U20-Nationalteam 3:2 in Italien siegenden Neu-Zürcher Tobias Schättin (64 Minuten-Einsatz als offensiver linker Flügel) harte interne Konkurrenz wartet. Mit der 1. Mannschaft hat der ehemalige Winterthurer bisher kaum trainiert. Trotzdem ist er für Magnin ein Kandidat für das Kader in Sion: «Er ist jetzt gesund. Und wir haben mit dem SFV einen Deal gemacht, damit er zu Spielpraxis kommt. Das war eine Win-Win Situation».

Gegen sehr diszipliniert agierende Basler, die im ersten Durchgang durch zwei Tore von Davide Callà 2:0 in Front gegangen waren (das erste ein direkt verwandelter Freistoss von der Seite, bei welchem der Routinier aus Winterthur den Erfahrungsschatz des 17-jährigen Calvin Heim im Zürcher Tor vergrösserte), war Kempter einer der Faktoren, der die Aufholjagd noch realistisch werden liess. Das Trainerduo Chappuis / Russheim, welches die U21 in dieser Zusammensetzung bis Ende Saison betreuen wird, hatte zur Pause umgestellt. Neben Kempter wurde der ebenfalls erst vor kurzem von einer längeren Verletzung zurückgekehrte Kenith Catari eingewechselt. Der traditionell meist als Rechtsverteidiger auflaufende 18-jährige agierte in einem neu als Raute formierten Vierermittelfeld auf der 10-er Position und machte unter anderem von da aus in der Balleroberung Druck auf die Rotblauen.

Kastrijot Ndau überzeugt im U19-Nationalteam

Aus der Abwehr auf die Sechserposition vorgerückt war für die zweiten 45 Minuten der spielerisch starke Albin Sadrijaj (ja, auch er zurück nach einem halben Jahr Verletzungspause wegen Kreuzbandriss!) und bereitete von da aus den Anschlusstreffer von Yannik Kouamé mustergültig vor. «Nur» etwas mehr als zwei Monate weggewesen war nach einem zum Trainingsbeginn nach der Winterpause zugezogenen Aussenbandanriss im Knie Yassin Maouche (im Bild rechts gegen Davide Callà), der in der Ersten Halbzeit im Mittelfeld zum Einsatz kam. Der Mittelfeldspieler versuchte sich mehrmals mit (missglückten) Weitschüssen, liess, wie es seine Art ist, jeweils sehr schnell den Kopf hängen, und fiel in der Folge dann noch mit zwei mit viel Tempo ausgeführten Tacklings mit der Sohle voran auf, wobei er beim zweiten richtigerweise Gelb sah. Zur Pause wurde der 20-jährige zusammen mit dem wenig wirkungsvollen und defensiv etwas zu wenig mitarbeitenden Eric Tia ausgewechselt.

Als Zuschauer im Heerenschürli dabei war Verteidiger Mirlind Kryeziu. «Ich würde ihn gerne sehr bald in der Mannschaft sehen. Er hat eine unglaublich gute Spieleröffnung diagonal mit dem linken Fuss», sagt Magnin. Aber es gibt nach dem im November vollständig auskurierten Kreuzbandriss ein paar Punkte, an denen der 21-jährige noch arbeiten muss. Maren Haile-Selassie seinerseits fehle es noch etwas an Muskeln. «Bei Maren ging alles sehr schnell und er ist früh in der Ersten Mannschaft zum Einsatz gekommen. Er braucht weiter Zeit und Einsätze, um sich zu entwickeln», meint Magnin zu dieser Personalie. Haile-Selassie war mit dem U19-Nationalteam in Wil bei zwei Testpartien gegen Finnland engagiert. Beim 4:0-Sieg am Freitag wurde er in der Schlussphase eingewechselt, war bemüht, aber konnte nicht mehr viel bewegen. Beim 2:2 Unentschieden am Montag stand er in der Startformation. Genauso wie Izer Aliu, der erst auf das zweite Spiel hin zum Team stiess, als Captain aufs Feld lief, und in der 69. Minute gemeinsam mit Gegenspieler Saku Ylätupa die Rote Karte sah. Diesem fehlt auch beim FCZ trotz grossem Talent häufig immer noch etwas „der letzte Zwick“ an der Geisel, währenddessen beispielsweise Toni Domgjoni in den letzten Wochen Pluspunkte gesammelt hat, und immer besser ins Team findet. Ebenfalls in der Startformation standen in Wil am Montag Lindrit Kamberi und Fabio Dixon. Beim 4:0-Sieg am Freitag spielten hingegen Kastrijot Ndau und Kenith Catari von Beginn weg. Ndau gehörte zu den besten Spielern auf dem Platz und trug als Relaisstation im Mittelfeld viel zum flüssigen Spiel des SFV-Teams bei. Catari (im Bild links am Ball, im Hintergrund Ndau) konnte über die rechte Seite Druck entfachen – es fehlte ihm aber in der ein oder anderen Szene noch etwas an Zielstrebigkeit.

Drei Identifikationsfiguren – drei auslaufende Verträge

Alain Nef (36), Cédric Brunner (24) und Marco Schönbächler (28): das sind die drei Spieler der 1. Mannschaft, welche wie keine anderen den FCZ verkörpern. Gemeinsam haben die drei Identifikationsfiguren, dass bei allen (neben den ausgeliehenen Yapi und Simonyan) der Vertrag im Sommer ausläuft. Mit ihnen laufen Gespräche. Trainer Magnin sagt zu Züri Live: «Wir schätzen diese Spieler. Ich habe intern erklärt, wie ich sie in Zukunft einsetzen und mit ihnen planen würde. Jetzt ist die Frage, ob sich die Spieler und die sportliche Führung finden. Ob es eine Win-Win Situation gibt, und beide Seiten das Gleiche wollen». Was lässt sich nun daraus schliessen? Es wäre überraschend, wenn es mit Cédric Brunner zu keiner Einigung kommen würde. Dieser war in der laufenden Saison bisher der solideste Zürcher Verteidiger mit der besten Züri Live-Durchschnittsnote (6,5), er brennt für den Verein – gleichzeitig passt er auch vom sportlichen Niveau her gut in den FCZ. Er kann im Team ein wichtiger Spieler sein – gleichzeitig ist das Interesse von sportlich deutlich über dem FCZ stehenden Vereinen an ihm sicherlich eher beschränkt.

Im Training hat Magnin Alain Nef kürzlich im Jux zugerufen: «Du wirst mit 50 noch hier sein». In der Realität wird sich die Aussage «ich habe erklärt, wie ich sie in Zukunft einsetzen würde» wohl vor allem auf Nef beziehen. Man kann spekulieren, dass Magnin Nef gerne noch eine Saison in der Mannschaft hätte, wenn sich dieser mit der Ersatzrolle zufrieden gibt. Bei Marco Schönbächler gibt es zwei heikle Punkte: erstens kommt er erst gerade wieder von einer Verletzung zurück. Kann Schönbi bereits vor Saisonende wieder auf 100% kommen und somit eine gewisse Sicherheit bezüglich seiner künftigen Leistungsfähigkeit bieten? Dazu kommt das Finanzielle: der frühere Nationalspieler hat mit Sicherheit einen der besten Verträge im Kader. Da die längeren Verletzungen in den letzten Jahren einen wesentlichen Unsicherheitsfaktor für die Zukunft mit sich bringen, wird «Schönbi» vermutlich wesentliche finanzielle Abstriche machen müssen, sollte er beim FCZ bleiben. Der Kreativität sind aber grundsätzlich keine Grenzen gesetzt. Es gibt sicherlich die Möglichkeit, eine flexible Lösung zu finden, die unter den gegebenen Voraussetzungen alle Parteien zufriedenstellt.

Fünf FCZ-ler tragen zur EM-Qualifikation bei 

Nach der 2:4-Niederlage nach 2:0-Pausenführung in Neuenburg gegen Portugal, hat das U21-Nationalteam praktisch keine Chance mehr auf eine EM-Qualifikation. Ex Academy-Talent Djibril Sow bestätigte seine gute Form und war nicht nur wegen seines frühen Führungstreffers einer der besten Spieler auf dem Platz. Als er sich bei einer Abwehraktion im eigenen Strafraum verletzte und liegenblieb, fiel beim Portugiesischen Konter der 1:2-Anschlusstreffer, welcher die Wende einleitete. Nach dem 2:2 ging es für Sow nicht mehr weiter und er wurde in der 58. Minute durch Kevin Rüegg ersetzt. Dieser hatte einige gute Aktionen und konnte dabei mit einem starken Dribbling im Mittelfeld beim Stand von 2:3 eine Schweizer Topchance einleiten. Ziemlich enttäuschend war einmal mehr im U21-Nationalteam der Auftritt von Ex FCZ-ler Dimitri Oberlin. Der gleichzeitig auch für die U20 Nationalmannschaft aufgebotene Fabian Rohner kam eine Viertelstunde vor Schluss rein, konnte aber keine Akzente mehr setzen.

Einen schönen Erfolg konnten hingegen die fünf FCZ-ler des 01-er Jahrgangs Ilan Sauter, Simon Sohm, Bledian Krasniqi, Henri Koide und Filip Frei feiern. Sie haben mit Trainer Stefan Marini dem SFV auf U17-Stufe mit dem Ersten Gruppenplatz in der Eliterunde noch knapp vor Portugal nach fünf Jahren wieder einmal die Qualifikation für eine EM-Endrunde beschert. Diese findet im Mai in den Englischen Midlands statt – Final im «New York Stadium» von Rotherham, Vorstadt von Sheffield. 2013 war die Schweizer U17 mit Fellmann, Von Niederhäusern, Elvedi, Stettler, Grgic und Pagliuca mit nur einem Punkt aus den drei Gruppenspielen von der Endrunde wieder nach Hause gereist. Sauter, Sohm und Krasniqi wurden bei den Siegen gegen Finnland und der Slowakei, sowie dem Unentschieden gegen Portugal in allen drei Spielen eingesetzt – Sauter und Sohm immer in der Startformation. Verteidiger Sauter erzielte beim 2:1 gegen Finnland gar das Game Winning Goal. Frei und Koide wurden je einmal eingewechselt. Sauter und Krasniqi spielten zuletzt auch beim Test der 1. Mannschaft gegen Aarau (Krasniqi erzielte das einzige Zürcher Tor per Penalty), Sohm trainierte ebenfalls mit der 1. Mannschaft mit, allerdings ohne anschliessend gegen Aarau zum Einsatz zu kommen.

Media Watch: Christian Constantin, Rolf Fringer und die Spitze des Eisberges

Es gibt sie ungefähr einmal pro Dekade, diese geschichtsträchtigen Ereignisse, wo die Mitarbeiter der grossen Medienhäuser angehalten werden, alles stehen und liegen zu lassen und sich an der Mega-Berichterstattung über das grosse aktuelle Thema zu beteiligen. Dazu gehören die Mondlandung, 9/11, und offenbar auch die «Affäre Constantin»: ein 60-jähriger Walliser Fussballpräsident, der einen Clinch mit dem gleichaltrigen TV-Experten und ehemaligen Fussballtrainer Rolf Fringer nach einem Spiel in Lugano wie ein halbstarker Jugendlicher auf dem Schulhof «regelt». Fringer habe von Constantins Sohn Barth zur Rede gestellt, abgestritten, sich auf Teleclub negativ über dessen Vater geäussert zu haben. «Da habe ich ihm sein Gedächtnis aufgefrischt» äusserte sich Constantin im Anschluss daran beim französischsprachigen Teleclub-Interviewer über seine Beweggründe.

In den darauffolgenden Tagen und Wochen ist der Faux-Pas Christian Constantins das ganz grosse Thema bei «Teleclub», im «Blick» und weiteren Schwesterpublikationen wie «Bluewin». Die enorme Manpower dieser Medienhäuser wird voll ausgeschöpft. Beim «Blick» gibt es mittlerweile kaum mehr einen der zahlreichen Fussball-Journalisten, der nicht in die Anti-Constantin-Kampagne involviert wurde. Auch im Teleclub wird drei Wochen lang in fast jeder Sendung über «das Thema» gesprochen. Eine ganze Armee von im Sold stehenden Experten stimmt dabei meist brav in die gebetsmühlenartigen Wort-Salven Richtung Wallis ein. Das dauert so lange, bis es vor Wochenfrist in der Sendung «Kick-Off» den eingeladenen Gästen Philippe Montandon und Bruno Berner dann doch etwas zu bunt wird. Die beiden verlangen vom erneut auf der Causa «Constantin» insistierenden Teleclub-Moderator Christophe Augsburger wiederholt, auch noch etwas zur anstehenden Fussballrunde sagen zu dürfen.

Wie kam es überhaupt so weit? Und warum ist diese Geschichte bei einem Teil der Medien so ein Riesenthema? Man kann, wie das der «Blick» und «Teleclub» tun, den Fokus auf Christian Constantin richten. Dieser ist wohl der unschweizerischste aller in der Öffentlichkeit stehenden Schweizer. Constantin geht völlig unabhängig von Rang und Namen auf andere Menschen zu, und redet mit jedem, als wäre das Gegenüber ein jahrelanger Kumpel aus der Stammkneipe. Er bestellt jedes Jahr den neuesten Ferrari ohne sich den Kopf darüber zu zerbrechen, was wohl die Nachbarn darüber denken. Und am alljährlichen Gala-Abend des FC Sion exponiert er sich auf der Bühne als unverzichtbarer Teil des Unterhaltungsprogramms.

Ohne Constantin gäbe es den FC Sion als Super League-Klub in der Randregion Wallis wohl nicht mehr. Er hat sehr viel erreicht. Es wäre aber noch mehr möglich, wenn es der Sion-Präsident schaffen würde, Kontinuität in die Führung der 1. Mannschaft zu bringen. Seine aktuellen und ehemaligen Mitarbeiter sowohl in der Immobilienbranche wie auch im Fussball loben seine Sozialkompetenz und Führungsqualitäten. Es gibt aber auch Leute, die nicht gut auf den Walliser Unternehmer zu sprechen sind. Vor 13 Jahren wurde Constantin zudem schuldig gesprochen, nach einer hitzigen Partie in Kriens Schiedsrichter Von Känel (nach eigener Aussage bei der gemeinsamen Flucht vor den auf den Platz stürmenden Fans unbeabsichtigt) zu Fall gebracht zu haben.

Aber nicht nur bei Christian Constantin gibt es zum Vorfall von «Lugano» eine lange Vorgeschichte, sondern auch bei Rolf Fringer. Eine fast nahtlose Spur von Streit, Intrigen und Gerichtsverfahren zieht sich durch die Karriere des Adliswilers. Eine entscheidende Rolle spielt dabei immer wieder Fringers Freundschaft mit «Blick»-Sportchef Felix Bingesser. Dieser arbeitete für das Aargauer Tagblatt, als Fringer beim FC Aarau seine drei besten Trainerjahre hatte. Gleich in der ersten Saison 92/93 errang Fringer mit einer hungrigen Mannschaft unter anderem mit dem überragenden späteren Stammspieler der Italienischen Nationalmannschaft Roberto Di Matteo den Schweizer Meistertitel und war der Shootingstar der Trainergilde. GC musste in jener Saison in die Auf/Abstiegsrunde, Basel spielte in der Nationalliga B, die nach der Qualifikation vor Aarau liegenden YB, Servette, Sion und Lausanne lieferten nach der Punktehalbierung eine mediokre Finalrunde ab, und fielen zurück.

1995 kam Bingesser zu «Blick»-Herausgeber Ringier. Nur wenige Monate später startete der «Blick» eine Schmutzkampagne gegen Nationalcoach Artur Jorge. Neuer Nationaltrainer wurde nach der EM im Sommer (Surprise! Surprise!) – Bingesser-Buddy Rolf Fringer. Nach der Auftaktniederlage in Aserbaidschan und nur vier Siegen in elf Partien war dieser dann aber auch von seinem Hausblatt  nicht mehr zu halten. Beim damaligen Liga-Krösus GC konnte Fringer anschliessend an die Ära Christian Gross den Vorsprung aus der Winterpause ins Ziel schaukeln, und seinen zweiten persönlichen Schweizer Meistertitel feiern. Trotzdem war man auf dem Hardturm mit der Arbeitsweise Fringers nicht zufrieden. Er musste schon nach einem Jahr wieder gehen.

Bei seinem zweiten Engagement beim FC Aarau stieg Fringer in die Nationalliga B ab. Vereinigte Arabische Emirate, Zypern und Griechenland waren die nächsten Stationen. 2006 erhielt Fringer nochmal eine Chance in der Schweiz dank dem damaligen jungen St. Galler Sportchef René Weiler, den Fringer zuvor als Spieler sowohl in die Nationalliga A zum FC Aarau geholt, sowie auch später als Nationalcoach dessen einziges Länderspiel für die Schweiz ermöglicht hatte. Nach etwas mehr als einem Jahr konnte aber auch Weiler Fringer nicht mehr halten. Der St. Galler Verwaltungsrat entschied nach einem schwachen Saisonstart, welcher schlussendlich in den Abstieg münden sollte, Fringer zu entlassen.

Ein Jahr später kam Fringer nach der kurzen und fruchtlosen Episode mit Roberto Morinini beim FC Luzern zum Zug. Der Adliswiler konnte in der letzten Saison auf der alten Allmend den Abstieg in der Barrage gegen Lugano knapp verhindern. Der Schock sass aber tief, was den FC Luzern dazu bewegte, sich einen Hakan Yakin zu leisten – die für viele beste «Nummer 10» der Geschichte des Schweizer Fussballs. Mit diesem und dem ebenfalls neu verpflichteten Cristian Ianu wurde Luzern im Provisorium Gersag zu einer nominellen Spitzenmannschaft, die in den Folgesaisons den 4. und 6. Platz belegte. Das genügte bei den damaligen Ambitionen und Investitionen der Luzerner Führungsriege nicht. Auf sein darauffolgendes Engagement beim FCZ konnte sich Fringer dann fast so lange  (beziehungsweise kurz) auf der Tribüne vorbereiten, wie er dann schliesslich arbeiten durfte. Sein letztes Engagement als Sportdirektor erneut beim FC Luzern verlief ebenfalls glücklos.

Fringer lobt immer wieder gerne die Klubführung um Präsident Ernst Lämmli in seinen goldenen drei Jahren in Aarau. Dies vor allem auch deshalb, weil er sich seither in mehr als zwei Jahrzehnten mit so gut wie jeder anderen Vereinsspitze verkracht hat. Immer wieder wurde ihm die zu grosse Nähe zu den Medien, vor allem zum «Blick», vorgeworfen. Es ist für eine Vereinsführung schon schwierig genug, auf der Tribüne sitzende Spieler von einem zu offenherzigen Umgang mit Journalisten abzuhalten, aber wenn das Leck beim Trainer selbst liegt, ist in Bezug auf die Stimmung und den Zusammenhalt im Team eher früher als später Hopfen und Malz verloren. Immer wieder brach Fringer zudem die goldene Regel eines Trainers, Kritik an eigenen Spielern nur intern zu äussern.

Stattdessen nutzte der Adliswiler den «Blick», um eigene Spieler in der Öffentlichkeit frontal anzugreifen. Das ist an und für sich bereits fragwürdig genug. Noch schlimmer war, dass es sich nicht um sachliche Kritik handelte. Fringer attackierte die Betroffenen stattdessen auf der persönlichen Ebene und stellte öffentlich ihren Charakter in Frage. Lior Etter, Silvan Büchli, Josip Drmic oder Marco Schönbächler bescheinigte er «fehlenden Ehrgeiz», «Probleme wegen der Freundin» und ähnliches. Der 20-jährige Etter löste seinen damals noch zwei Jahre gültigen Profivertrag abrupt auf und wendete sich vom Fussball ab. Abgesehen davon, dass Fringers Gebahren ethisch verwerflich ist, ging auch sein Kalkül, durch die öffentliche Blossstellung von jungen Spielern aus dem Vereinsnachwuchs die eigene Position zu stärken, jeweils nicht auf. Trotzdem sah Fringer keine Veranlassung, sein Verhalten und seine Strategie zu überdenken – und ging mit der Mannschaft und schlussendlich auch mit der Vereinsführung jeweils zunehmend auf Konfrontationskurs. Welche kurzfristigen Vorteile Fringer auch immer daraus gezogen haben mag, mittel- bis langfristig machte Fringer die Nähe zum «Blick» in den jeweiligen Klubs untragbar.

Das Arbeitsverhältnis mit dem FCZ endete vor Gericht. Fringer hatte unter anderem öffentlich die Erfolglosigkeit seiner Mannschaft mit Unruhen in der Klubleitung erklärt. Bei Luzern instrumentalisierte Fringer Assistenzcoach Roland Vrabec in seiner Intrige gegen Cheftrainer Markus Babbel. Fringer und etwas später auch Vrabec wurden von den Vereinsverantwortlichen um Präsident Ruedi Stäger freigestellt. Babbel monierte danach, dass Fringer nie direkt mit ihm gesprochen und reinen Wein eingeschenkt habe, sondern stattdessen über die Medien attackiert habe. Analog äussert sich Christian Constantin. Fringer sei im direkten Gespräch immer betont freundlich gewesen. Kaum habe er aber ein Mikrofon in der Hand, werde er ausfällig. Constantin ist auf Fringers «Schwarzer Liste» seit dem Cup-Halbfinal Luzern – Sion 2009. Einen Cuptitel konnte der gebürtige Österreicher nie erreichen. Dass er in einer so wichtigen Partie mit dem möglichen Cupfinal vor Augen von einem rabaukigen Präsidenten ohne Trainerdiplom bezwungen worden war, hat der Adliswiler nie verwunden. Auf Fringers Schwarzer Liste stehen auch alle Vereinsverantworlichen, die ihn entlassen haben.

Was passiert mit jemandem wie Christian Constantin, Ancillo Canepa oder Ruedi Stäger, der Fringer auf oder neben dem Platz eine Niederlage zufügt? Antwort: Es dauert jeweils nicht lange, dann taucht plötzlich ein erster «Blick»-Journalist auf, und führt mit der betreffenden Person ein «Interview» bestehend aus persönlichkeitsverletzenden Statements verpackt in Form von rhetorischen Fragen. Ein zweiter «Blick»-Mann beginnt im privaten Umfeld der Zielperson zu wühlen und forschen, um irgendetwas zu finden, das wie eine Leiche im Keller aussieht. Ein dritter macht sich daran, vereinsinterne Opposition aufzuspüren und aufzuwiegeln. Die Maschine kommt in vollen Gang. Seit Bingesser 2011 zum zweiten Mal von der „Aargauer Zeitung“ zum „Blick“ gewechselt ist, diesmal als Leiter der Sport-Redaktion, hat der Umfang und die Dreistigkeit seines Vorgehens deutlich zugenommen.  Luzern-Präsident Ruedi Stäger wurde über Monate hinweg in «Blick»-Artikeln abwechslungsweise als «Niete» oder «Totalversager» bezeichnet, und schliesslich wurde ohne Umschweife gefordert: «Stäger muss weg!». Keine Gelegenheit war zu klein, um eine Breitseite abzufeuern: selbst als Stäger in einer Partie gegen den FC Thun im «Teleclub»-Interview eine Offsideposition monierte, die keine war, war das Grund genug für die Schlagzeile: «FCL-Präsi blamiert sich im TV».

Mit dem Eintritt als Experte beim Ringier-Partnersender «Teleclub» vor ein paar Monaten schaffte es Fringer, sein mediales Waffenarsenal für den Rachefeldzug gegen seine persönlichen Feinde nochmal stark auszubauen. Er verlor keine Zeit, und nahm sich gleich als erstes Ancillo Canepa vor. Fringer schaffte es, für die Sendung «Heimspiel» seinen Freund Felix Bingesser als Verstärkung dazuholen zu dürfen. Die beiden griffen Canepa auf verletzende Art und Weise im wahrsten Sinne des Wortes frontal an. Der seit 10 Jahren intensiv an mehreren Schnittstelllen des Schweizer Fussballs (Klub, Liga, Frauenfussball, Academy) wesentlich mitgestaltende Canepa musste sich anhören, «branchenfremd» zu sein und wurde wie ein tunichtguter kleiner Kindergärtner behandelt («er muss noch lernen»).

Der nächste auf der Liste war dann eben Christian Constantin. Fringer attackierte auch ihn auf Teleclub. Und dies nicht nur einmal, sondern in den Sendegefässen «Heimspiel» und «Kick-Off» wiederholt, geplant und systematisch in offensichtlich ehrverletzender Absicht – und bezeichnete dies nachher verharmlosend als «sachliche Kritik». Constantin wurde so lange in die Enge getrieben, bis die erwartete (Über-)Reaktion kam. «Ich hätte nicht gedacht, dass er so weit geht», sagte Fringer danach. Möglich, dass dies zutrifft. Aber es ist trotzdem heuchlerisch, wenn ausgerechnet «Blick» und «Teleclub» nun beklagen, die ganze Affäre sei «schlecht für den Schweizer Fussball».

Fringer missbraucht und manipuliert den «Teleclub» und den «Blick» zum Zwecke seiner persönlichen Diffamierungskampagnen gegen Jungprofis, ehemalige Arbeitgeber und andere Kontrahenten. In typisch populistischer Manier zielt er darauf ab, die von ihm als Feinde wahrgenommenen Personen als Menschen mit schlechtem Charakter abzuwerten. Das ist keine Bagatelle. Wer in der Öffentlichkeit systematisch als Person diffamiert wird, fühlt sich ohnmächtig. Er oder sie weiss, dass sich dadurch ein falsches Bild von der eigenen Person in den Köpfen der Mitmenschen festsetzt, welches sich nie mehr ganz korrigieren lässt. Menschen, die so in die Enge getrieben werden, reagieren darauf häufig entsprechend drastisch.

Neben dem Thema «Constantin» fährt der «Blick» aktuell parallel die Story um eine 13-jährige Schülerin aus dem Limmattal, welche sich das Leben nahm, nachdem sie in den Sozialen Medien diffamiert und verhöhnt wurde. Die Anteilnahme des Blattes in solchen Fällen wirkt geheuchelt, wenn man beobachtet, wie die eigenen Diffamierungskampagnen gleichzeitig schamlos verharmlost werden. Worte richten häufig einen grösseren Schaden an als Ohrfeigen. Gerade auch wenn man die möglichen Folgen betrachtet, welche dies für die betroffenen Personen haben kann. Es braucht schon sehr viel Realitätsverweigerung und fehlende Selbstkritik, um die mehrfache Anschwärzung einer Person als «Narzissten» mit «null Empathie für andere Menschen» als «sachlich» zu bezeichnen.

Wer noch nie Ziel einer Diffamierungskampagne geworden ist, kann kaum gänzlich nachempfinden, wie sich dies anfühlt. Was können Opfer tun? Christian Constantin kann kaum als Paradebeispiel einer optimalen Reaktion herhalten, aber den wichtigsten Punkt hat er mit seiner Lebenserfahrung von 60 Jahren begriffen und beherzigt: man darf sich auf keinen Fall von diesem Hass, der einem aus grossen, mächtigen Boulevardmedien oder Sozialen Netzwerken entgegenschlägt, zerfressen lassen.  Wenn man sich anschaut, wie regelmässig und systematisch Constantin von Fringer öffentlich verunglimpft worden ist, sind die eingereichten Klagen wegen Diffamation (Strafrecht) und Persönlichkeitsverletzung (Zivilrecht) auch für den «Blick» sicherlich nur angeblich eine Überraschung.

Ein alljährliches Ritual wie die Neujahrsrede des Bundespräsidenten im Schweizer Fernsehen «SRF» ist das Interview zum Geburtstag von Rolf Fringer im «Blick». Wenn Bingessers Adjutant Andreas Böni bei «Teleclub» vor diesem Hintergrund dann treuherzig «neutral vom Blick her…» den Fall Constantin / Fringer kommentiert – und wenn in einer Runde Gleichgesinnter in der Sendung «Heimspiel» über den nicht anwesenden Christian Constantin lästern als «faire Diskussion» bezeichnet wird, weiss man nicht so recht, ob man dies nun als guten Witz oder als schlechtes Trauerspiel ansehen sollte. Die Ohren wackeln, die Nase rümpft sich, der Magen zieht sich zusammen – es ist wohl eher letzteres. Im Vorfeld und auch nach der Retourkutsche Constantins haben Fringer, Bingesser und Böni den Walliser als Unmenschen dargestellt und quasi für geisteskrank erklärt. Schwer wiegt, dass es sich dabei nicht um einmalige Ausrutscher handelt, sondern um eine systematische Verunglimpfungskampagne. Dazu kommt eine immer wieder äusserst fragwürdige Wortwahl, wie «nicht therapierbar» oder «jetzt muss der Stecker gezogen werden».

Zwischen scheinheilig, unappetitlich und peinlich schwankt der Umgang mit der «Affäre Constantin» bei «Blick» und «Teleclub» speziell im Anschluss an den Vorfall von Lugano. Völlig ignorierend, dass die Brandstifter in dieser Geschichte aus den eigenen Reihen stammen, wird frisch-fröhlich die eigene Rolle in zahlreichen Sendungen, Artikeln und Kommentarspalten entweder verschwiegen oder abgewiegelt. Anstatt sich selbst zu hinterfragen und (warum nicht?) für die Diffamationskampagne zu entschuldigen, inszeniert man sich stattdessen bei den Lesern als bedauernswertes Opfer. Sie sei besorgt um die Sicherheit ihrer Mitarbeiter, wird «Teleclub»-Programmleiterin Claudia Lässer zitiert. Felix Bingesser ist das noch nicht dramatisch genug. Der «Blick»-Sportchef aus dem Aargau sieht nichts weniger als die Pressefreiheit in Gefahr. Rolf Fringer als Schweizer Antwort auf Anna Politkovskaja! Auch der in der «Teleclub»-Runde angestrengte Vergleich mit der traditionsreichen Sport1-Diskussionssendung «Doppelpass» ist wenig selbstreflektierend. Würde dort jemand systematische Ehrverletzungskampagnen betreiben, würde dies hohe Wellen werfen und heftige Reaktionen hervorrufen.

Gemäss offizieller «Teleclub»-Mitteilung prüfe die Liga auf Betreiben des «Teleclub» zurzeit «geeignete Massnahmen, um die Sicherheit und Integrität unserer Journalisten und Experten in den Stadien sicherzustellen». Bevor nun aber wieder mal aufgrund eines Einzelfalls regulationswütig die kleinen Profiklubs mit noch mehr Auflagen belastet werden, ein gut gemeinter Vorschlag an die Verantwortlichen des «Blick» und «Teleclub»: weisen Sie Ihre Angestellten (auch die leitenden!) darauf hin, dass sie die ihnen zur Verfügung stehende öffentliche Plattform nicht für persönliche Fehden und Hetzkampagnen missbrauchen sollen. Und schreiten Sie ein, wenn einer Ihrer Mitarbeiter systematisch gegen ihm persönlich unsympathische Personen Hass säht. Das wäre mit Abstand die effektivste Sicherheitsmassnahme. Mehr braucht es nicht.

Die Ringier-Tochterfirma «InfrontRingier» weiterhin mit der Vermarktung zu betrauen, war in Bezug auf die Glaubwürdigkeit des Schweizer Fussballs natürlich gelinde gesagt ein heikler Entscheid der Liga gewesen. Gerade im Hinblick auf solche Fälle wie die «Affäre Constantin» hinterlässt es einen schalen Beigeschmack, wenn eine der Parteien ein wichtiges Medienhaus ist, welches gleichzeitig für die Liga Geld beschafft. Bingessers Ringier-Blatt «Blick» machte denn auch ohne Rücksicht auf den offensichtlichen Interessenkonflikt im Vorfeld des Urteils enormen Druck auf die Liga und deren Disziplinarkommission. Es musste befürchtet werden, dass sich diese in ihrer sportrechtlichen Entscheidung davon beeinflussen lassen könnte.

Bingesser offenbarte dabei ein Rechtsverständnis, das kein bisschen weniger archaisch daherkommt, als die von ihm angeprangerte Selbstjustiz Christian Constantins. Grundprinzipien moderner Zivilisation wie Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung scheinen in diesem nicht vorzukommen. Wenn Bingesser schreibt: «Constantin muss weg», verlangt er offenbar von der Disziplinarkommission nicht einen Vorfall auf der Basis der Reglemente zu beurteilen, sondern pauschal den Daumen über eine Person zu senken. «Wir werden keine Ruhe geben» drohte der «Blick»-Sportchef zudem in der Sendung «Heimspiel» in geradezu inquisitorischem Ton an. Offensichtlicher kann man nicht deklarieren, dass die eigene Zeitung nicht im Dienste der hehren journalistischen Wahrhaftigkeit, sondern als Machtinstrument zur Durchsetzung der persönlichen Interessen und Anliegen zu dienen hat.

Das klappt manchmal besser, manchmal weniger gut. In Luzern und in St. Gallen gelang es dem «Blick» durchaus, zumindest bei einem Teil der Anhänger das Image der «Fringer-Gegner» zu beschädigen. Die Fans liessen sich in gewissen Fällen vom «Blick» instrumentalisieren und übernahmen dessen Sichtweise bezüglich «Guten» und «Schlechten» Protagonisten in den verantwortlichen Positionen des Klubs. In Zürich und Sion hat das Boulevardblatt bedeutend mehr Mühe, sich Gehör zu verschaffen. Dass die Anhänger im Wallis nicht wie von Bingesser und Fringer erträumt, den Aufstand probten, schien den «Blick» fast in die Verzweiflung zu treiben. Da nützten auch die allzu plumpen Anbiederungsversuche Bingessers nichts, der plötzlich seine Liebe für den «ansonsten so sympathischen FC Sion» zu entdecken schien.

Die Disziplinarkommission der Swiss Football League hat den Präsidenten des FC Sion, Christian Contantin, mit einer Platzsperre von 14 Monaten und einer Busse von CHF 100’000.- belegt. Entlarvend war im Anschluss daran die Aussage des «Blick»-Reporters Martin Arn gegenüber dem Westschweizer Sender «RTS» und in einem eigenen Artikel: «Die Liga hat leider eine gute Gelegenheit verpasst, Constantin lebenslänglich zu sperren». Den Sion-Präsidenten lebenslänglich zu sperren soll also von vornherein das Ziel sein. Die Umsetzung dieses Zieles ist alleine die Frage einer «passenden Gelegenheit». Rechtsstaatlichkeit scheint tatsächlich nicht so eine populäre Idee auf der „Blick“-Redaktion zu sein.

Aus einer etwas fortschrittlicheren Sicht betrachtet, sollte der Präsident eines Fussballklubs gleich behandelt werden wie jeder andere Matchbesucher auch. Weder eine Privilegierung noch eine besonders harte Bestrafung «um ein Zeichen zu setzen» sind mit demokratischen und rechtsstaatlichen Werten vereinbar. 14 Monate Platzsperre sind durchaus im Rahmen des Strafmasses, welches auch andere randalierende Matchbesucher erwartet, allerdings eher am unteren Rand. Ein Stadionverbot müsste aber normalerweise vom Hausherrn, also dem FC Lugano, ausgesprochen werden: angesichts des kürzlichen Zwistes der beiden Klubs rund um den Wechsel von Trainer Paolo Tramezzani eine nicht uninteressante Konstellation.

Die disziplinarische Initiative hat aber offenbar weder Lugano noch der Schweizerische Fussballverband, sondern die Swiss Football League ergriffen. Ob der weder mit dem Spiel noch mit SFL-Offiziellen direkt im Zusammenhang stehende Vorfall von der Zuständigkeit her überhaupt ein SFL-Disziplinarfall sein kann, wird sich möglicherweise im Laufe des Rekurses in den nächsten Wochen (und Monaten) noch herausstellen. Schon beim «Fall Kriens» vor 13 Jahren wurde die damals durch den SFV ausgesprochene 30-monatige Sperre gegen Constantin (sogar in der Form eines «Berufsverbotes») auf gerade mal 3 Monate reduziert. Allerdings war die Beweislage damals schlechter. Willkürlich wirkt im aktuellen Fall die Busse von CHF 100’000.-, da sie wie eine «Lex Constantin» daherkommt. Nicht mit dem Ziel der Rechtsprechung, sondern einer einfachen Form von Geldbeschaffung für die Liga, bei jemandem «der es hat».

Was passiert aber mit den Urhebern der ganzen Affäre, Rolf Fringer und Felix Bingesser? Werden sich diese zu einer Entschuldigung durchringen können? Oder geht alles so weiter wie gehabt? Wer wird als nächstes attackiert? In der aktuellsten Ausgabe von «Heimspiel» schmierte Fringer dem von ihm Wochen zuvor in der gleichen Sendung frontal attackierten Ancillo Canepa ganz in Boulevard-Manier vorsorglich eine grosse Portion Honig ums Maul. Fringer ist definitiv ein geschliffener Kommunikator, er versteht etwas von Fussball und ist vor allem immer gut vorbereitet. Die Auftritte des Adliswilers könnten eins-zu-eins als Lehrvideos eines Rhetorikkurses verwendet werden.

Gleichzeitig ist unwahrscheinlich, dass die Diffamierungskampagnen gegen ihm unliebsame Menschen aufhören werden. Die «Affäre Constantin» ist nur die zur Zeit an der Wasseroberfläche sichtbare Spitze eines bereits seit den 90-er Jahren im Meer des Schweizer Fussballs schwimmenden Eisberges, welchen man mit «Affäre Fringer / Bingesser» bezeichnen kann. Der «Teleclub» muss sich gut überlegen, ob er Fringers Gebahren weiter dulden und mitverantworten will. Die Liga ihrerseits ist bei der nächsten Rechtevergabe bezüglich der Gefahr für ihre Glaubwürdigkeit, welche die kommerzielle Vermarktung durch das Tochterunternehmen eines einflussreichen Medienhauses mit sich bringt, nun doppelt gewarnt.

(Photo: Murray Foubister [CC BY-SA 2.0])

Die Erinnerungslücken des Monsieur Constantin

Cher Monsieur Constantin,

es ist ja nicht so, dass wir Ihre Emotionen nach der doppelten Fehlentscheidung in Bern nicht nachvollziehen können. Uns ist es am Wochenende genau gleich ergangen: ein vorentscheidendes Tor zum 1:2, welches sowohl Offside wie auch Stürmerfoul war. Dazu ein falscher Platzverweis. Und bei uns geht es in der Tabelle um mehr! Und es war ein ECHTES Derby! 😉

Gerne wollen wir Ihnen aber helfen, mit dem Füllen von offenbar massenweise Erinnerungslücken den grössten Schmerz zu lindern. Erstmal können wir Ihnen versichern, dass es für Gastmannschaften wirklich nicht einfach ist, im Tourbillon zu spielen, da die Schiedsrichter da vom emotionalen Publikum in vielen Situationen tatsächlich in ihren Entscheidungen beeinflusst werden. Ihre Aussage, „Sion werde ständig benachteiligt“ ist definitiv falsch.

Auch bei Auswärtsspielen wird Ihr Team durchaus immer wieder mal vom Schiedsrichter bevorteilt. Genau vor einem Jahr beispielsweise spielten Sie im Letzigrund gegen den FCZ. Das Team von Trainer Urs Meier stand damals noch auf dem dritten Platz und hatte in der ganzen Saison erst sechs Mal verloren. Der FCZ erinnert sich aus zwei Gründen nur ungern an diese Partie: erstens verlor man an diesem Tag nach Yapi und Kukeli mit Schönbächler auch noch den dritten Schlüsselspieler an die medizinische Abteilung. Zweitens verlor der FCZ trotz Überlegenheit auch noch das Spiel mit 0:1, nachdem Schiedsrichter Alain Bieri und seine Assistenten sage und schreibe vier (!) Handspiele von Sion-Spielern im eigenen Strafraum übersehen hatten.

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Hands von Pa Modou im eigenen Strafraum am 15.3.14

Es folgten für den Stadtclub sechs Niederlagen in Serie, die nicht nur den Europa League-Platz nochmal in Gefahr brachten, sondern mit etwas Verzögerung im August dann auch Trainer Urs Meier den Job kosteten.  Eine dieser sechs Niederlagen war ein weiteres 0:1 im Letzigrund gegen Sion im Cup-Halbfinal nur drei Wochen nach der Meisterschaftsniederlage. Der FCZ war auch diesmal die bessere Mannschaft, das entscheidende Tor erzielte aber Moussa Konaté quasi „aus dem Nichts“ und irregulär nach einem klaren Foul von Salatic an Philippe Koch im Zürcher Strafraum. Sie waren im Stadion und feierten den Einzug in den Cupfinal, der Ihnen in Basel den grossen Erfolg und den Einzug in die Europa League-Gruppenphase brachte. Anklagen gegen Schiedsrichter Stephan Studer haben Sie damals im Letzigrund seltsamerweise keine erhoben.

salatic sion stuermerfoul 1

salatic sion stuermerfoul 2

Philippe Koch will den Ball aus dem Strafraum köpfen, Salatic verhindert dies mit einem Foul und geht dabei nur auf den Mann – der Ball fällt deshalb Konaté vor die Füsse und dieser trifft aus kurzer Distanz am 7.4.15

 Züri Live