FCZ 22/23: Defensiv top – zumindest die Feldspieler

Beim Auswärtssieg in Basel (2:0) wurde anschliessend viel über den Penalty geredet – wenig darüber, dass der FCZ zum zweiten Mal in Folge im St. Jakob Park defensiv als Team eine hervorragende Leistung gezeigt und kein Gegentor kassiert hat. Man wählte die richtige Taktik über weite Strecken aus einer tiefen Position für Nadelstiche zu sorgen. So spielt der FCZ diese Saison allerdings meistens nicht. Sowohl Franco Foda als auch Bo Henriksen woll(t)en ihre Mannschaft grundsätzlich eher hoch stehen sehen und streben Ballbesitz an. Trotzdem sind vor allem die Defensivwerte stark. Der FCZ hat die geringsten Erwarteten Gegentore der ganzen Liga und hat gleichauf mit dem FCB am zweitwenigsten gegnerische Abschlüsse zugelassen. Nach Luzern gewinnt der FCZ die zweitmeisten Defensivzweikämpfe und bringt nach YB und St. Gallen die dritthöchste Defensive Intensität mit. Beim Hohen Pressing ist man nach YB, St Gallen und Basel die Nummer vier.

Quelle: Wyscout

Trotz all dieser guten Defensivwerte hat der FC Zürich die viertmeisten Gegentore erhalten. Die Differenz zwischen Erwarteten Gegentoren und tatsächlichen Gegentoren macht der Torhüter aus. Während beispielsweise André Moreira GC mit „unmöglichen Saves“ viele Punkte rettet, hält Yanick Brecher vom Spielstil her zwar wie immer teilweise spektakulär, aber abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen wie einem Max Meyer-Abschluss gegen Luzern keine Bälle, die man von einem Super League-Torhüter nicht erwarten kann – und lässt gleichzeitig bei verschiedenen Gegentreffern das richtige Timing vermissen – beispielsweise bei Weitschüssen oder im Eins-gegen-eins. Seine Form ist schlechter, als in der Meistersaison.

Ceesay defensiv schon vor zwei Jahren mit Quantensprung / Halbzeitbilanz 21/22, Teil 3

Wie sah die individuelle Defensiv-Performance in der Vorrunde aus? Dafür schauen wir uns die von Züri Live erfassten Defensivpunkte der Spieler an. Diese werden für gute Defensivaktionen vergeben. Pro Aktion können 0,5 bis 2 Defensivpunkte vergeben werden. Am häufigsten werden 0,5 Punkte vergeben, zum Beispiel für die Beteiligung an einer Balleroberung durch gute Zustellung eines Passweges. 2 Punkte kann es beispielsweise geben für Verhinderung einer klaren Tor- oder gefährlichen Konterchance mit einem Spezialeffort. Separat gezählt werden die Negativpunkte und diese werden zur Zeit (noch) nicht in Defensiv- und Offensivszenen unterteilt. Es gibt beispielsweise Spieler, die viele defensive Pluspunkte gesammelt haben, aber unter Berücksichtigung ihrer defensiven Negativpunkte würde die Gesamtbilanz deutlich schlechter aussehen.

Defensivpunkte geben nur die positive Seite der Defensiv-Performance wieder

Ousmane Doumbia zum Beispiel hat durch seine Mentalität und Explosivität immer wieder starke Defensivszenen, gleichzeitig aber auch häufig Mühe mit seinem Positionsspiel. Sein Defensivspiel ist auf Einzelaktionen ausgerichtet. Blerim Dzemaili profitiert in manchen Aktionen von seiner Erfahrung, in vielen anderen begeht er unnötige „Anfängerfehler“, weil er seine Möglichkeiten auf Super League-Niveau im Alter von 35 und nach den letzten Jahren mit wenig Spielen immer noch teilweise überschätzt. Insgesamt hat Ousmane Doumbia klar am meisten Defensivpunkte gesammelt vor den drei Innenverteidigern mit Mirlind Kryeziu an der Spitze. Nikola Boranijasevic liegt in dieser Wertung vor Adrian Guerrero und der aus der vorderen Reihe an der Spitze liegende Antonio Marchesano bestätigt auch in dieser Saison seine Top-Entwicklung in defensiver Hinsicht in den letzten Jahren.

Stephan Seiler ideal auf der 10-er Position

Gemessen an der Einsatzzeit liegt Stephan Seiler klar an der Spitze mit 27,7 Defensivpunkten pro 90 Minuten. Natürlich muss dieser Wert relativiert werden, denn Seiler hat insgesamt nur 12 Minuten gespielt. Das ist erstens nicht eine repräsentative Zeitspanne und zweitens kann von einem Einwechselspieler mit kurzer Einsatzzeit natürlich auch erwartet werden, dass er mehr Energie in die einzelnen Aktionen stecken und deshalb mehr Punkte pro Zeiteinheit sammeln kann. Trotzdem: auch schon letzte Saison war Stephan Seiler in dieser Wertung an der Spitze. Im Frühling ist seine Sportler-RS zu Ende. Seine grösste Stärke sind Balleroberungen in der gegnerischen Hälfte. Daher und weil er mit Ball vor allem im Kurzpassspiel gut ist, ist die 10-er Position seine Idealposition. Er ist auch der beweglichste Spieler im Kader. Auf dieser könnte er in der Rückrunde beispielsweise als Einwechselspieler bei einer Führung wichtige Impulse bringen. Auch auf einer offensiven Flügelposition kann man sich Seiler bei entsprechender Formation gut vorstellen.

Tosin überzeugt als Einwechselspieler auch defensiv

Hoch ist auch die Anzahl Defensivpunkte pro 90 Minuten bei Aiyegun Tosin und Marc Hornschuh. Tosin hat sich in seinen Einsätzen vor der Winterpause vor allem als Einwechselspieler auch defensiv sehr gut eingeführt. Spielt der Nigerianer von Anfang an, hat er weiterhin lange Phasen, in denen er „abtaucht“. Er lebt von seiner Explosivität in einzelnen Szenen und bringt daher häufig als Einwechselspieler mehr. Hornschuh kam meistens ebenfalls im Verlauf einer Partie rein und sorgte für zusätzliche Stabilität. In der Innenverteidigung hat Lindrit Kamberi den gleichen Wert an Defensivpunkten pro 90 Minuten wie Mirlind Kryeziu. Yanick Brecher liegt klar vor Zivko Kostadinovic – Moritz Leitner hingegen hinter Ante Coric, obwohl der Bayer meist etwas weiter hinten positioniert war. Rodrigo Pollero ist bei den Stürmern an letzter Stelle positioniert. Seine fehlende Antrittsschnelligkeit ist sowohl defensiv wie offensiv ein Manko.

Stürmer mit entscheidendem Defensiv-Beitrag zu nur 0,5 Gegentoren pro Spiel und 18 Punkten in den letzten sechs Partien

Die zentralen Spieler im Mittelfeld und der Verteidigung haben naturgemäss die höchste Anzahl an Defensivpunkten pro 90 Minuten. Am klarsten waren die defensiven Leistungschwankungen in der Vorrunde bei den Zentralen Mittelfeldspielern, die ein wichtiger Faktor für die zwischenzeitliche Baisse gleich nach dem Saisonstart zu sein schienen. Rund um die zweiten Duelle gegen GC und Basel mit jeweils drei Gegentoren hatten diese zusammen mit den Stürmern und hängenden Spitzen noch eine zweite defensive Baisse. Gegen Ende der Vorrunde mit den sechs Siegen in Folge haben sich alle Mannschaftsteile defensiv gesteigert, am meisten die Stürmer. Diese hatten Ende der Vorrunde ihre defensiv klar stärkste Phase.

Kostadinovic kann seine Chance nicht nutzen

Yanick Brecher hatte auf gleicher Höhe mit St. Gallens Zigi und hinter Lausannes Diaw am zweitmeisten Bälle abzuwehren. Er kommt nicht ganz auf die Saving-Quote von Basels Heinz Lindner, hatte aber insgesamt eine gute Vorrunde. Am Anfang und am Ende waren Brechers beste Phasen. Dazwischen gab es vor allem in der 4./5. Runde beim Derby und in St. Gallen auch schlechte Spiele. Zivko Kostadinovic ist grundsätzlich eine solide Nummer 2, aber in der Vorrunde hat er im Cup seine Chance nicht nutzen können. Einerseits wurde er in den drei Partien aus dem Spiel heraus praktisch nie geprüft, andererseits machte er im Penaltyschiessen in Yverdon keine gute Figur.

Innenverteidiger: gemeinsam stark vor der Winterpause

Beim Verteidigertrio Omeragic / Kryeziu / Aliti gab es im Verlauf der Vorrunde unterschiedliche Formkurven, aber in den letzten Partien vor der Winterpause erkämpften sich alle drei gemeinsam relativ viele Defensivpunkte. Lindrit Kamberis Defensivpunkte pro 90 Minuten sprengten nach den ersten Kurzeinsätzen den Rahmen der untenstehenden Grafik, pendelten sich dann aber gegen Ende leicht unter dem Stammtrio ein.

Boranijasevic mit mehr Defensivpunkten als Guerrero

Nikola Boranijasevic lag nach dem 1. Spieltag die ganze Vorrunde hindurch bei der Anzahl Defensivpunkte pro 90 Minuten vor Adrian Guerrero, der am Ende nochmal aufdrehte. Fabian Rohner konnte im Cup bei Yverdon defensiv mit einigen Ballgewinnen und sogar gewonnenen Luftduellen überzeugen. Weil er danach fünf Spiele nicht mehr zum Einsatz kam und der Gleitende Durchschnitt über diese Zeitperiode berechnet wird, fällt seine Kurve danach auf Null, bevor sie mit seinem Kurzeinsatz in Lausanne nochmal leicht ansteigt. Silvan Wallner spielte so wenig, dass er schwer zu beurteilen ist.

Doumbia und Hornschuh als defensives Gewissen

Im Zentrum sammelten Ousmane Doumbia und Marc Hornschuh am meisten Defensivpunkte. Ersterer als Stamm-, der zweite vorwiegend als Einwechselspieler. Rund um den Heimsieg gegen Lugano (1:0) hatte Hornschuh eine defensiv sehr gute Phase. Bledian Krasniqi und Moritz Leitner liegen deutlich dahinter. Blerim Dzemaili konnte sich gegen Ende langsam steigern. Stephan Seiler hatte nur wenig Einsatzzeit, in der er defensiv relativ gesehen viel bewegte.

Marchesano führt vordere Reihe defensiv an

Antonio Marchesano, der das Pressing anführt, wenn er vorne im Sturm spielt, war die ganze Vorrunde durch unter den defensiv besten Forwards beim FCZ. Auch er steigerte sich gegen die Winterpause hin. Tosin führte sich nach seiner Verletzungspause in der Schlussphase auch defensiv stark ein. Die Ausreisser nach oben von Gogia und Pollero in der 16. Runde stammen hingegen von ihren guten Kurzeinsätzen gegen Basel (3:3) in der 12. Runde. Weil gleichzeitig ihre weniger guten Auftritte in der Startformation in Yverdon im Gleitenden Durchschnitt in der 16. Runde aus der Wertung fallen. Kramer (stark) und Gnonto (in kleinen Schritten) steigerten sich defensiv im Laufe ihrer Vorrunde.

Leihe nach Osnabrück liess Ceesay reifen

Über längere Frist seit dem Sommer 2019 gesehen hat sich Antonio Marchesano in Sachen Defensivpunkte pro 90 Minuten kontinuierlich gesteigert. Dasselbe gilt auf tieferem Niveau auch für Blaz Kramer. Tosin hatte in dieser Sparte eher einen rückläufigen Trend, ist jetzt aber vor der Winterpause „explodiert“. Ob er dieses Niveau zu Beginn der Rückrunde weiter halten kann? Auch für Mirlind Kryeziu war die Vorrunde 21/22 seine defensiv klar beste Runde seit Sommer ’19. Assan Ceesays Leistungssprung in Sachen Defensivarbeit fand hingegen bei seiner Leihe nach Osnabrück in der Rückrunde 19/20 statt. Seither hat der Gambier doppelt so viele Defensivpunkte pro 90 Minuten wie vorher. Becir Omeragic hatte vor einem Jahr in der Vorrunde 20/21 leicht bessere Werte als heute. Yanick Brecher erreicht nach einem Abwärtstrend wieder sein Niveau der Rückrunde 19/20.

Halbzeitanalyse, Teil 1 – Erfolgsfaktoren, Folgerungen und Ausblick

Halbzeitanalyse, Teil 2 – Mehr Gegentore auf Konter und Weitschüsse

Mehr Gegentore auf Konter und Weitschüsse / Halbzeitbilanz 21/22, Teil 2

Schaut man zur Halbzeit der Saison auf die Defensivleistung, dann sieht die Bilanz bei weitem nicht so gut aus wie es die Tabelle weismacht. Wenn die alte Weisheit „defense wins championships“ stimmt, dann scheint der FC Zürich zur Winterpause noch weit von einem Spitzenteam entfernt zu sein. 26 Gegentore – seit der Abstiegssaison hat das Letzigrund-Team nur einmal zur Winterpause mehr kassiert (19/20). Gegen den FCZ wurden in der Liga mit 276 sogar am meisten Abschlüsse abgegeben. Allerdings haben die FCZ-Verteidiger 88 dieser Abschlüsse geblockt – mit Abstand am meisten der Liga. Bezüglich Abschlüsse, die entweder auf oder nebens eigene Tor kamen, liegt der FCZ in der Mitte der Tabelle. Das Zürcher Mittelfeld und die Angreifer haben also die Gegner zu vielen Abschlüssen kommen lassen, speziell die Innenverteidiger haben dann aber noch einiges davon ausgebügelt. Mirlind Kryeziu fungierte am häufigsten als „Wand“ am und im eigenen Strafraum.

Die gegnerischen Torerfolge kamen ausgeglichen zu je einem Drittel durch Standards, Aufbauspiel und Umschaltspiel zustande – wobei die Standardgegentore leicht überwiegen.

Breitenreiter knüpft defensiv bei Rizzo an

Massimo Rizzo hatte im Verlauf der letzten Saison die Gegentore grundsätzlich in allen drei Bereichen verringern können. Mit Ausnahme des Monats April, als Kololli, Tosin, Doumbia, Domgjoni und Dzemaili eine ganze Serie von haarsträubenden individuellen Fehlern unterliefen, die zu unnötigen Umschalt-Gegentreffern und einer schlechten Punkteausbeute führten. Dieser eine „Katastrophen-Monat“ war sicherlich mitentscheidend für den Trainerwechsel im Sommer. Unter André Breitenreiter startete das Team defensiv in allen drei Bereichen grundsätzlich auf demselben Niveau wie lange Zeit unter Rizzo. Positiv: im zweiten Saisonviertel konnte sich der FC Zürich bei gegnerischem Aufbau- wie Umschaltspiel und auch bei Standards leicht verbessern.

Durchschnittliche Gegentore pro Partie nach Spielsituation seit Sommer 2019

Mehr Gegentore bei hoch stehendem FCZ

Bezüglich Positionierung der Mannschaft wird allerdings ein Unterschied ersichtlich. Während die Gegentreffer bei einem hoch stehenden Gegner (also wenn der FCZ selbst tief steht) weiter abgenommen haben, nahmen sie bei tief stehendem Gegner und hoch stehendem FCZ unter Breitenreiter wieder zu. Dies ist also ein Ansatzpunkt für das Zürcher Trainerteam in der Winterpause: wie können diese Gegentore wieder reduziert werden? Dafür gibt es zwei Ansätze: entweder man schafft es, hoch stehend besser zu verteidigen – oder man sollte weniger häufig hoch stehen.

Zunahme der Standardgegentore im Vergleich zu Rizzo

Standardgegentore wurden unter Rizzo reduziert, vor allem wenn man mitberücksichtigt, dass die Hälfte der Eckballgegentore der letzten Saison in den ersten Saisonpartien noch unter Ludovic Magnin gefallen sind. Unter André Breitenreiter hat dementsprechend diese Art von Gegentoren wieder zugenommen. Auf Einwurf hat es allerdings ein Gegentor weniger gegeben als zuletzt im Schnitt pro Halbserie.

Etwas mehr Gegentore aus Aufbauspiel des Gegners bei hoch stehendem FCZ

Bei Aufbauspiel des Gegners hat sich wenig verändert. Die Gegentore bei einem Hoch stehenden FCZ haben aber auch bei Aufbauspiel des Gegners etwas zugenommen.

Deutlich mehr Kontergegentore

Der grössere Effekt zeigt sich beim Umschaltspiel. Die Kontergegentore gegen einen hoch stehenden FCZ haben deutlich zugenommen. Dafür hat der FCZ in der Vorrunde aus einer tiefen Position bei Pressing und Gegenpressing des Gegners insgesamt nur ein einziges Gegentor erhalten. Eindrücklich! Ein Zeichen dafür, dass die Mannschaft den Ball sicher (und häufig auch schnell) hinten heraus spielt. Die vielen unnötigen Ballverluste in der eigenen Hälfte vom letzten April wurden überwunden und eliminiert.

Problemzone Sechserposition – Guerrero und Aliti machen ihre Seite zu

Zu viele Weitschuss-Gegentore waren lange Zeit ein grosses Problem für den FCZ gewesen. Auch diese konnten unter Massimo Rizzo drastisch reduziert werden auf noch insgesamt ein einziges in der letzten Saison! Nun hat man in einer halben Saison bereits wieder vier erhalten. Es zeigt, dass die Problemzone zentral vor dem eigenen Strafraum wieder aufgebrochen ist. Die Zentralen Mittelfeldspieler haben diese zu wenig im Griff. In einigen Situationen fehlt es an Antrittsschnelligkeit und konsequenter Defensivarbeit in der Rückwärtsbewegung (Dzemaili), am Positionsspiel (Doumbia, Krasniqi) oder an der Bissigkeit (Leitner). Dafür haben die Gegentore auf Flanken stark abgenommen. Einerseits hat in der Liga die Anzahl Flanken der Gegner pro Spiel im Vergleich zu letzter Saison um einen Viertel abgenommen. Andererseits werden diese im Strafraum auch besser verteidigt. Über Rechts (die linke Zürcher Seite) haben die Gegner in dieser Vorrunde aus dem Spielaufbau heraus kein einziges Tor erzielt. Die Dreierabwehr in Kombination mit diszipliniert zurückarbeitenden Aussenläufern hat hier hervorragende Arbeit geleistet, speziell das Duo Aliti / Guerrero auf der linken Zürcher Seite.

Gegen GC, YB, Lugano, Vaduz und St. Gallen (!) vorwiegend Standardgegentore

Züri Live hat sich angeschaut, wie die einzelnen Gegner in den letzten zweieinhalb Jahren vorwiegend ihre Tore gegen den FCZ erzielt haben. Am augenfälligsten ist, dass in den beiden Derbies der Vorrunde alle Gegentore auf Standards erzielt worden sind. Gegen Lugano hat der FCZ die letzten fünf Partien kein Gegentor mehr kassiert – und die einzigen Gegentore, die es seit dem 0:4 im „Backofen“ Letzigrund zum Saisonstart 19/20 gesetzt hat, waren Standards. Nicht überraschend, dass man gegen Vaduz die Gegentore vorwiegend auf Standards erhalten hat. Sehr wohl überraschend hingegen, dass dies gegen St. Gallen ebenfalls der Fall ist – mehr als aus dem Umschaltspiel. Das gleiche gilt für YB. Thun, Basel, Luzern oder Sion hingegen haben ihre Treffer gegen den FCZ vorwiegend mit üblichem Aufbauspiel erzielt. Lausanne und Servette hatten den grössten Anteil ihrer Treffer gegen den FCZ aus dem Umschaltspiel – im Falle von Servette waren es am 8. Dezember 2019 im Letzigrund gleich fünf. Auch dies eher speziell, ist doch Servette allgemein eher für kontrolliertes Aufbauspiel bekannt. Gegen den FCZ waren sie hingegen in den letzten 30 Monaten vor allem im Umschaltspiel erfolgreich.

Basel und YB profitieren am meisten von Lücken bei einem hoch stehenden FCZ

Gegen einen tief stehenden FCZ war es in den letzten zweieinhalb Jahren schwierig, Tore zu erzielen. Nur Sion, Xamax und Vaduz haben in der Liga eher aus einer Hohen Position (Aufbauspiel gegen tief stehenden Gegner, Pressing, Gegenpressing) ihre Tore gegen den Stadtclub erzielt. Alle anderen Teams waren erfolgreicher mit Kontern oder Aufbauspiel gegen einen hoch stehenden FCZ – speziell Basel und YB.

Viel Kampfgeist gegen Ende der Vorrunde

Die Erwarteten Gegentore sind im Gleitenden Durchschnitt in der Vorrunde nie unter 1 pro Spiel gefallen. Nach dem 6:2 gegen Sion im Letzigrund, ein Spiel, das auch auf die andere Seite hätte kippen können, hat man die Erwarteten Gegentore pro Partie zumindest wieder unter 1,5 drücken können. Die Anzahl der summierten Züri Live-Defensivpunkte hatte nach dem Tiefpunkt in der 5. Runde (3:3 in St. Gallen) schon zuvor wieder angezogen gehabt und erreicht in den letzten Partien der Vorrunde, als man nochmal viel Kampfgeist in die Partien warf, einen Wert von über 100 pro Spiel. Auffällig, dass man ganz am Anfang und ganz am Ende der Vorrunde kaum Gegentore zugelassen hat. In diesen Phasen waren zwar auch die Erwarteten Gegentore relativ tief, aber vor allem lag die Anzahl Gegentore weit unter den Erwarteten Gegentoren. Mögliche Erklärungen dafür sind die Leistungen von Torhüter Yanick Brecher und der Abschlüsse aus gefährlichen Positionen blockenden Innenverteidiger oder auch das Wettkampfglück in diesen Saisonphasen.

Halbzeitanalyse, Teil 1 – Erfolgsfaktoren, Folgerungen und Ausblick

Starke Defensivleistung / FCZ – GC 2:0 Analyse und Highlights

Der FCZ gewinnt auch das zweite Derby der Saison mit demselben Resultat von 2:0 – es ist der erste Meisterschafts-Heimderbysieg seit Mai 2015. Dies nach einem selten gesehenen Chancenplus für den FCZ, obwohl GC mehr Ballbesitz hatte. Dass das Team von Thorsten Fink kaum mal gefährlich wurde, hatte wohl teilweise mit dessen Absenzen zu tun, aber auch mit der starken Defensivleistung des FC Zürich, durch welche der Gegner erfolgreich vom eigenen Strafraum ferngehalten werden konnte.

28 Top-Defensivaktionen sind der zweitbeste diese Saison von Züri Live gemessene Wert nach dem Heim-3:3 gegen Leader YB. Bemerkenswert dabei vor allem, dass Flügelstürmer Salim Khelifi mit 6 Top-Defensivaktionen in dieser Kategorie der beste FCZ-ler war und nicht zuletzt deshalb auch zum dritten Mal zum Züri Live-MVP erkürt wird. Ausserdem machten auch technische Unzulänglichkeiten bei GC dem FC Zürich das Leben einfacher.

Die von GC-Trainer Fink nach der Partie monierte zweite Gelbe Karte gegen Hekuran Kryeziu bei dessen taktischem Foul an der Seitenlinie hätte man sicher geben können – allerdings entsprach es der Linie von Schiedsrichter Urs Schnyder in dieser Partie in solchen Situationen zurückhaltend zu agieren. Beim von Fink angesprochenen angeblichen Handspiel von Pa Modou hingegen spielte dieser den Ball mit der Brust. Gleichzeitig hätte auf der anderen Seite in der 67. Minute der FCZ nach dem Foul von Ajeti an Nef einen Penalty zugesprochen erhalten müssen. Ausserdem hatte Cédric Zesiger Glück, dass sein absichtlicher Ellbogenschlag ins Gesicht von Nef in der 25. Minute unbemerkt blieb.

FCZ – GC 2:0 (0:0)

Tore: 52. Khelifi (Kololli) 1:0, 83. Odey (Pa Modou) 2:0.

FCZ: Brecher; Nef (90. M. Kryeziu), Bangura, Maxsö; Winter, Palsson, H. Kryeziu, Pa Modou; Khelifi (90. Marchesano), Odey, Kololli (85. Domgjoni).

GC: Lindner; Lavanchy (82. Sukacev), Ajeti, Zesiger, Doumbia (71. Cvetkovic); Diani, Bajrami, Kamber (71. Jeffrén); Ngoy, Pinga, Bahoui.

 

 

Schlechteste Defensivleistung der Saison / FCZ – Thun 2:4 Spielinfos, Statistiken

Gegen den FC Thun gelangen den Spielern des FCZ erstmals in dieser Saison nur eine einstellige Anzahl Top-Defensivaktionen (8). Dies widerspiegelt die schlechte Defensivleistung der ganzen Mannschaft, vor allem in der Defensivzone vor dem eigenen Tor. Umaru Bangura (Note: 2) knüpfte nahtlos an die miserable Leistung in Lausanne an (Züri Live-Experte Toni Gassmann: „Katastrophalster Pass der ganzen Saison“), und diesmal waren auch Rasmus Thelander (der wie zum Ende der Vorrunde offensiv sehr aktiv, aber defensiv wenig stabil war) und das Mittelfeldduo Victor Palsson / Kevin Rüegg ungenügend. Fabian Rohner hingegen (sowohl am meisten Top-Offensivaktionen als auch die grösste Anzahl Top-Defensivaktionen) erhält zum dritten Mal in Folge die Note „9“ und ist nach dem Lausanne-Spiel zum zweiten Mal in Folge Most Valuable Player. Roberto Rodriguez spielte sowohl am meisten Flanken, als auch die grösste Anzahl Steilpässe – der für diesen eingewechselte Antonio Marchesano war seinerseits an beiden Toren direkt beteiligt.

 

 

 

 

 

 

Vorrundenanalyse, Teil 4 – die Zürcher Mauer zerbricht vorne und im Mittelfeld

Insgesamt spielte der FCZ eine Vorrunde 17/18 zwischen genügend und gut. Die Züri Live-Durchschnittsnote der eingesetzten Spieler war nur im letzten Spiel in Lausanne mit 4,9 knapp ungenügend. Bis zum mit 0:4 verlorenen Derby am 21. Oktober gab es nie mehr als zwei Spiele hintereinander eine Durchschnittsnote unter „Sechs“ (auf einer Skala von 1-10). Gegen GC (5,0), Stade Lausanne-Ouchy (5,4) und Basel (5,6) blieb der FCZ dann drei Mal in Folge unter dieser Marke. In Sion (Vorrundenbestnote 6,7) und im Heimspiel gegen Lausanne (6,4) gab es in der Folge zwei gute Leistungen in drei Partien, bis zum Ende der Vorrunde die Durchschnittsnote gleich vier Mal in Folge (Thun 5,6, St. Gallen 5,0, Luzern 5,6, Lausanne 4,9) tiefer als „Sechs“ war.

Die insgesamt wie schon im Vorjahr zum Ende der Vorrunde abnehmenden Leistungen korrespondieren aber nicht mit der Entwicklung der Anzahl Top-Aktionen – tolle Dribblings, präzise geschlagene Flanken oder wichtige Tacklings gab es zum Ende der Vorrunde nicht weniger als zuvor – eher im Gegenteil. Was sich aber stark veränderte, war die Fehlerquote – Fehlpässe, schlechtes Zweikampfverhalten oder ungenügende Mitarbeit im Pressing nahmen gegen Ende der Vorrunde zu.

In der Züri Live-Analyse der Team Performance ist ersichtlich, dass die Defensivleistung vor allem an vorderster Front und im Mittelfeld am Ende der Vorrunde speziell tief war – mit deutlich ungenügenden Noten zwischen „Drei“ und „Vier“.

Die Züri Live-Team Performance bewertet die Defensivleistung und Offensivleistung in den drei Zonen des Feldes, ist also nicht 1-zu-1 übertragbar auf „Verteidiger“, „Mittelfeldspieler“ und „Stürmer“. Wenn beispielsweise Stürmer Michi Frey sich viel ins Mittelfeld zurückfallen lässt, um dort in der Defensivarbeit mitzuhelfen, gilt dies als Defensivleistung im „Midfield“.

Die Defensivarbeit an vorderster Front war insgesamt nur zu Saisonbeginn und dann später vor allem in der Phase mit den Partien gegen Basel, in Sion und bei YB genügend. Wirklich zerbröselt oder gar zerbrochen ist am Ende die Zürcher „Mauer“, als im „Frontfield“ sowie auch im „Midfield“ die Defensivleistung in den letzten fünf Partien deutlich nachliess. Die Siegesserie gegen Lausanne, Thun (Cup-Viertelfinal) und in St. Gallen war trügerisch und kam vor allem dank hoher Abschluss-Effizienz zustande. Die Grundprobleme waren aber schon in diesen Partien vorhanden und zeigten sich am Ende der Vorrunde brutal, als im Abschluss die Effizienz deutlich nachliess, und gleichzeitig ganz am Ende auch noch rund um den eigenen Strafraum die Defensivleistung ungenügend wurde.

Dies bedeutet nicht, dass sich die Anzahl der Top-Defensivaktionen verringerte – aber die Fehlerquote erhöhte sich. Grundsätzlich korreliert die Anzahl der Top-Defensivaktionen im Verlauf der Vorrunde weitgehend mit der Anzahl kassierter Gegentore – das heisst, eine Steigerung von Top-Defensivaktionen führt zu weniger Gegentoren. Vor allem die letzten zwei Partien gegen Luzern und in Lausanne funktionierten aber nicht nach diesem Prinzip. Trotz einer Zunahme an Top-Defensivaktionen fielen mehr Gegentore.

Am überzeugendsten im Zürcher Offensivspiel war in der Vorrunde der Spielaufbau im Mittelfeld. Der FCZ agierte in diesem Spielfelddrittel sehr variabel und in einigen Partien kam das Team mit zunehmendem Spielverlauf in einen richtiggehenden „Flow“ mit Angriffen „wie aus einem Guss“ in denen in Abwesenheit von „Mister One-Touch“ Antonio Marchesano häufig Roberto Rodriguez als Relaisstation eine wichtige Rolle spielte. Aber auch aufrückende Backs oder sich zurückfallenlassende Forwards wie vor allem, aber nicht ausschliesslich Michi Frey, trugen viel zum phasenweise guten bis sehr guten Mittelfeldaufbauspiel bei. In den letzten beiden Partien der Vorrunde funktionierte dann aber das Angriffsspiel nicht mehr gut, wobei gegen Luzern das Problem in erster Linie im Mittelfeld lag, während in Lausanne vor allem die vorderste und die hinterste Reihe offensiv ungenügend agierten.

Die durchschnittliche Anzahl Top-Offensivaktionen waren bereits in den Partien gegen Basel (0:0), bei Sion (1:1) und YB (1:2) deutlich angestiegen. Profitieren von dieser Entwicklung konnte die Mannschaft anschliessend gegen die gerade auch auf der Torhüterposition weniger starken Gegner Lausanne (2:0), Thun (4:3) und St. Gallen (3:1), wo sich die zusätzlichen Offensivbemühungen dann auch in Tore ummünzen liessen.

Die Anzahl Steilpässe pro Spiel lag zwischen vier (mehrere Partien) und 15 (in Sion). Ein Zusammenhang zwischen den Anzahl Steilpässen und Anzahl Toren pro Spiel ist aber nicht ersichtlich.

Das gleiche gilt auch für die Anzahl Flanken. Die durchschnittliche Anzahl Flanken scheint zumindest was diese FCZ-Vorrunde betrifft, nichts über die durchschnittliche Anzahl erzielter Tore auszusagen. Die Diskrepanz der Anzahl Flanken war von Partie zu Partie gross. Bei Stade Lausanne-Ouchy (4:1-Sieg) beispielsweise spielte der FCZ hauptsächlich direkt durch die Mitte und verlegte sich nach der Führung aufs solide und einsatzfreudige Verteidigen des Vorsprunges – und so wurden in dieser Partie von Züri Live nur vier Flanken, die diese Bezeichnung verdienen, gezählt. Das andere Extrem war ebenfalls eine Cup-Partie in Bassersdorf, wo gleich 34 Flanken vom Forte-Team geschlagen wurden, und trotzdem insgesamt „nur“ drei Tore (3:0) resultierten.

Die einzigen zwei Penalties der Vorrunde bekam der FCZ gleich zu Beginn gegen GC und Sion zugesprochen. Auch wenn diese berechtigt waren, passte es zum Start zurück in der Super League verbunden mit der Leaderposition bis zum sechsten Spieltag. Nach diesem glücklichen Beginn kamen andere Zeiten mit beispielsweise irregulären entscheidenden Treffern des Gegners bei der ersten Saisonniederlage in Basel (0:1) und dem 1:2 in Bern gegen YB – auch wenn in beiden Partien der Sieg des jeweiligen Kontrahenten abgesehen von seiner Entstehung nicht unverdient war. Die Anzahl der eigenen Standardsituationen in der Offensivzone sagen aber ähnlich wie die Flanken und Steilpässe in der Vorrunde 2017/18 nichts über den gesamten Offensiverfolg des Teams aus. Von den letzten vier Toren der Vorrunde entstanden aber drei auf Standards – zwei nach in der untenstehenden Graphik nicht gezählten Einwürfen – und eines auf einen Eckball. Ungenügend war in vielen Phasen aber die Anzahl Tore aus dem Spiel heraus.

Bisher publiziert:

Vorrundenanalyse, Teil 1 – Torbeteiligungen

Vorrundenanalyse, Teil 2 – Schiessen und Treffen / Winter am effizientesten

Vorrundenanalyse, Teil 3 – Rodriguez, Sarr, Nef, Frey erfolgreich bei Standards

Grosse Halbzeitbilanz der Challenge League, 1.Teil

Nach der Hälfte der absolvierten Meisterschaft in der Challenge League können die zehn beteiligten Clubs in folgende drei Kategorien eingeteilt werden, je nachdem ob sie über, unter oder den Erwartungen entsprechend klassiert sind:

challenge-league-top-flop-teams-tabelle-1612Im Ersten Teil schauen wir auf die drei Teams, welche in der Vorrunde die Erwartungen übertroffen haben.

Neuchâtel Xamax FCS: Weiterhin Aufstiegskandidat

Der Club profitierte in den letzten beiden Transferperioden vom zuerst mutmasslichen, danach eingetroffenen Konkurs des FC Biel, verlor nach Beginn der Saison mit Mickaël Facchinetti (Thun) und Cédric Zesiger (GC) jedoch zwei wichtige Spieler wegen Transfers in die Super League. Trainer Michel Decastel hatte für viele Aufgaben die richtige Lösung. Und Raphael Nuzzolo präsentierte sich sofort als wirkungsvoller Leader der Mannschaft. Mit Pedro Teixeira und Dilan Qela entwickelten sich dazu zwei Nachwuchsspieler aus der eigenen U18 zu hoffnungsvollen Kräften. maladiere-photokopie

Auf dem Kunstrasen in der heimischen Maladière gewann Xamax sieben Spiele und holte alleine schon so 21 Punkte. Einzig der FC Zürich und der FC Wohlen vermochten dort zu gewinnen. Besonders denkwürdig war der 3:2-Sieg gegen den FC Wil. Die Ostschweizer verloren kurz vor Schluss Jocelyn Roux nach einer Roten Karte und trafen danach durch Gjelbrim Taipi mit einem Penalty den Pfosten. Sie vergaben so das mögliche 1:3. In der Nachspielzeit erzielten die erwähnten Teixeira und Qela für Xamax noch zwei Tore zum vielumjubelten Sieg.

Das Spielfeld der Maladière liegt über dem Feuerwehrdepot der Stadt Neuchâtel. Lief einmal ein Spiel in der ersten Halbzeit noch nicht so gut, so stürmen die Einheimischen nach der Pause wie die Feuerwehr los und wendeten das Spielgeschehen. Der gegenwärtige Challenge League Rekordspieler Mustafa Sejmenovic (295 Einsätze für Yverdon, Baulmes, Biel und Xamax) schoss in der ersten Saisonhälfte drei Tore nach Eckbällen und ist damit der treffsicherste Verteidiger der Liga. Das belegt die Gefährlichkeit der Neuenburger bei Standardsituationen, die meistens von Nuzzolo ausgeführt wurden. Xamax darf im Rennen um den Aufstieg noch nicht ganz abgeschrieben werden. Hätten die Welschen beide Spiele gegen den FCZ gewonnen statt verloren, so wären sie punktgleich mit den Zürchern.

FC Wohlen: Von Niederhäusern mit guten Leistungen

Ausgerechnet nach der 1:3-Niederlage in der 6. Runde gegen den FC Wil verliess Trainer Martin Rueda die Freiämter und wechselte zu den Ostschweizern. Der FC Wohlen stand zu diesem Zeitpunkt nach vier Niederlagen in Serie mit 4 Punkten auf dem zweitletzten Rang. In die Saison startete Rueda mit einem Sieg in Baulmes gegen den FC Le Mont. Wohlen war dadurch vor dem FCZ gar erster Leader in der neuen Saison. Nach der 2. Runde und einem 0:0 daheim gegen Xamax standen die Aargauer noch auf dem 2. Rang, hinter dem FC Schaffhausen. Es folgten sechs Niederlagen in Serie. Und der neue Trainer Francesco Gabriele wurde von den Aargauer Medien schon zu Beginn seiner Amtszeit abgeschrieben, besonders nachdem man in Genf bei Servette 6:1 verlor und auch das Kantonsderby gegen den FC Aarau mit 1:4 zu einem Desaster wurde. Wohlen stand nun auf dem letzten Rang der Tabelle.

niedermatten-fcz-fans-farbigIn Schaffhausen gelang danach ein überraschender 0:1-Sieg, ehe auf der Niedermatten der FCZ trotz des Europa League-Spiels drei Tage zuvor gegen Osmanlispor überzeugend mit 0:5 auftrumpfte. Danach aber liessen die Aargauer richtig aufhorchen. Das sehr heimstarke Xamax wurde in Neuenburg mit 1:4 ausgekontert. Janko Pacar liess sich als dreifacher Torschütze feiern. Mit 18 Punkten aus den letzten 10 Spielen kletterte der FC Wohlen auf den überraschenden 6. Rang. Auswärts waren die Freiämter besonders stark, stehen sie doch mit 15 Punkten auf dem 3. Platz dieser Wertung. Während der alte Trainer mit 0,667 Punkten eine eher schlechte Bilanz aufweist, und am neuen Wirkungsort bereits wieder entlassen wurde, arbeitet der neue mit einer Bilanz von 1,5 Punkten pro Spiel deutlich erfolgreicher.

Der FC Wohlen ist so die Wundertüte der Liga, unberechenbar und zunehmend stabiler in der Abwehr und sehr konterstark. Florian Stahel ist angekommen in der Challenge League und Sead Hajrovic hat sich in der Mannschaft doch noch zu einem stabilen Verteidiger entwickelt. Was ein treffsicherer Stürmer ausmacht, verdeutlicht Janko Pacar mit 6 Toren und 3 Assists aus 15 Spielen. Das ehemalige Talent des FC Luzern hatte in den letzten 7 Jahren 9 Mal den Club gewechselt, ehe der FC Wohlen Pacar im Sommer von Petrolul Ploiesti aus Rumänien ablösefrei verpflichtete. Die vom FCZ ausgeliehenen Spieler kamen folgendermassen zum Einsatz: Nils Von Niederhäusern, 7 Einsätze/630 Minuten (Stammspieler mit viel Offensivwirkung), Marvin Graf, 0/0 (verletzt), Kilian Pagliuca 2/36 (einmal davon eingewechselt und 29 Minuten später wieder ausgewechselt).

Der Saudi Monquez al-Yousef machte den FC Wohlen schuldenfrei, zieht sich nach 196 Tagen als Mäzen zurück und übergibt das Aktienpaket grösstenteils wieder in heimische Hände. Es würde mehr als überraschen, würde der FC Wohlen nicht auch nächste Saison in der zweithöchsten Liga spielen.

FC Le Mont: Umstellung auf Dreierabwehr könnte Klassenerhalt sichern

Die Waadtländer entwickelten sich im Laufe der bisherigen Spielzeit zu einem sehr unbequemen Gegner, der mit nur 12 erzielten Toren 21 Punkte gewann, weil die Defensive auch nur 19 Tore zuliess. Die zusammen mit Xamax drittbeste Abwehr war so die Basis für das Gelingen, das trotz der schwächsten Offensive zustande kam. Der spezielle defensive Erfolg begann in der 9. Runde gegen Neuchâtel Xamax mit der Umstellung von Trainer John Dragani auf eine Dreierabwehr, die von den gelernten Innenverteidigern Francois Marque, Ibrahim Tall und Lucas gebildet wurden. Daraus erwuchs eine Serie von sieben Spielen mit 13 Punkten, mit nur einem Gegentor bis zur 15. Runde. Im heimischen Stade Sous-Ville in Baulmes wurde so Xamax 1:0 bezwungen. Beachtenswert war zudem das 1:1 im Letzigrund gegen den FCZ vor 8’489 Zuschauern, der neuen Rekordkulisse für die Fussballer von Le Mont.

sous-ville-farbstift-zeichnungWie immer mit dabei war dort auch ihr grösster und treuester Fan, der 14-jährige Emmanuel Masmejan. Züri Live war schon lange begeistert von ihm und er wurde in den vergangenen Jahren auf dem Sender auch mehrmals lobend erwähnt. Beim Match gegen den FCZ im für einmal auch von Medienvertretern gut besuchten „Sous-Ville“ erzählte der Züri Live-Kommentator daher Michel Wettstein (BLICK) von Emmanuel. Dieser machte daraufhin beim Rückspiel im Letzigrund eine Story daraus, die sogar über die Landesgrenzen hinaus für Aufmerksamkeit sorgte. Seither hiessen die Platzspeaker Emmanuel in vielen Challenge League-Stadien vor der Partie speziell willkommen und es wird jeweils auf Kosten des Gastgebers für sein leibliches Wohl gesorgt.

Francois Marque jedoch missbrauchte im Letzigrund das Gastrecht auf üble Weise. Er provozierte dort mit hinterhältigen und vordergründigen Aktionen seine Gegenspieler und die Betreuer und wurde zusammen mit Alain Nef nach dem Spiel mit einer Roten Karte bestraft, für die der Franzose nur vier Spielsperren bekam. Wegen der zuvor erhaltenen vierten gelben Karte verpasste Marque aber noch einen weiteren Einsatz. Mit Alain Nef, der zu schlichten versuchte, erwischte Schiedsrichter Lionel Tschudi übrigens den falschen Spieler des FCZ.

Bei den Waadtländern fiel im Mittelfeld besonders der ehemalige Lausannois Helios Sessolo als wirbliger, laufstarker und unberechenbarer Spieler auf. Ein Grund für die Misère in der Offensive war auch das verletzungsbedingte Fehlen von Stürmer Luis Pimenta während der acht Spiele, in denen Le Mont nur zwei Tore schoss. Sollte die Defensive so stabil bleiben, wird in Baulmes auch nächste Saison Challenge League-Fussball zu sehen sein.

Von Toni Gassmann, Mitarbeit: Lukas Stocker

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