Dzemaili noch sehr fehlerhaft: FCB – FCZ 1:4 in der Züri Live-Analyse

Spiel und Gegner

Selbst in den letzten Jahren, als der FCB seinen Status als Liga-Krösus verloren hat, trat er selten so blutleer an, wie zum Auftakt 2021. Und dies mit sieben Schweizer und einem Österreichischen A-Nationalspielern in der Startaufstellung. Selbst von Fabian Frei, der sich in den letzten Duellen mit dem FCZ immer als der spielentscheidende Leader auf dem Platz hervorgetan hatte, kam diesmal wenig bis nichts. Valentin Stocker hätte vielleicht in der Zweiten Halbzeit noch etwas bewegen können, aber der Captain wurde zur Pause ausgewechselt. Für ihn kam Edon Zhegrova rein, der Inbegriff des unkonstanten und unsolidarischen Spektakelspielers schlechthin. Der Mann für einzelne Momente, aber für die Belgische Liga nicht zu gebrauchen. Mit Heinz Lindner hat der FCB einen in den Medien vielgelobten Torhüter mit chronisch schlechten Statistiken. Der verletzungsbedingte Ausfall von Linksverteidiger Jorge fällt stark ins Gewicht – Ersatzmann Raoul Petretta ist ein Schwachpunkt im Basler Spiel. Und Jorges Landsmann Cabral, eigentlich der vom Potential her beste Stürmer der Liga, kommt weiter nicht auf Touren.

Der FCZ hatte in der 1. Halbzeit ebenfalls mit Problemen zu kämpfen. Immerhin stand man kompakt und einzelne solide Akteure wie Nathan, Doumbia oder Aliti reichten, um mit ein wenig Glück die „Null“ zu halten. Zu Beginn der 2. Halbzeit erhöhte das Gastteam dann die Pace und vermochte trotz verletzungsbedingtem Ausfall von Becir Omeragic in der 67. Minute in Führung zu gehen. Dass man sich auch durch den zwischenzeitlichen Anschlusstreffer Cabrals nicht aus der Ruhe bringen liess, lag neben dem in den letzten Monaten erarbeiteten Selbstvertrauen vor allem am an diesem Abend vergleichsweise wenig PS auf den Platz bringenden Gegner. Antonio Marchesano und Lasse Sobiech waren an je drei Toren zum 1:4-Auswärtssieg beteiligt. Letztmals mit drei Toren Unterschied gewann der FCZ in Basel im Jahr 1995 in der Nationalliga A-Qualifikationsrunde im alten St. Jakob Park vor 13’500 Zuschauern (Torschützen zum 0:3: Güntensperger, Gambino, Castillo).


Taktik

Erstmals seit siebeneinhalb Jahren gelingen dem FCZ zwei Siege in Folge gegen den FCB. Über viele Jahre hinweg waren beide Teams bestrebt, das Spiel zu machen, was schlussendlich fast immer Basel zugute kam – dank der besseren Qualität der Einzelspieler und meist grösserer Eingespieltheit / Teamgeist. Die Rotblauen hatten gerade auch deswegen in ihren besten Zeiten gegen kaum einen Super League-Gegner so eine gute Bilanz, wie gegen den FCZ. Mit Teams, die aus einer sicheren Defensive agierten, bekundeten sie mehr Mühe.

Ein erster Bruch in dieser Entwicklung war der Trainerwechsel zu Raphael Wicky. Seither ist das Spiel des FCB deutlich stärker auf schnelle Gegenstösse ausgerichtet. YB übernahm den spielbestimmenden Stil des früheren FCB. Mit der neuen Ausrichtung konnte Basel einerseits grossen Favoriten im Europacup ein Bein stellen, aber es wurde schwieriger, über eine 36 Spiele andauernde Meisterschaft hinweg genügend Punkte für den Meistertitel zu sammeln. Gegen den defensiv unkompakten FCZ zu gewinnen – dazu reichte es trotzdem allemal.

Zuletzt in einzelnen Partien unter Ludo Magnin und vor allem jetzt mit Massimo Rizzo, begann aber auch der FCZ defensiv kompakter zu stehen und sich stärker aufs Konterspiel zu fokussieren, welches besser den Stärken der aktuellen Mannschaft entspricht. Man sieht heute ein völlig anderes Spiel zwischen den beiden Teams als man es sich aus dem Jahrzehnt davor gewohnt war, mit vielen langen hohen Bällen auf beiden Seiten. Die Resultate sind nun ausgeglichener – 3:2 Siege zugunsten des FCZ in den letzten fünf Duellen.

Basel versuchte wie üblich über die Rechte Seite Druck zu machen, wo mit Silvan Widmer nicht nur der beste Aussenverteidiger, sondern auch einer der offensiv stärksten Spieler der Liga insgesamt für die Differenz sorgen will. Ein erneut solider, aber keineswegs überragender Fidan Aliti genügte aber zusammen mit der allgemein kompakten Formation bereits, um gegen einen weit von seiner Bestform entfernten Widmer vergleichsweise wenig zuzulassen.

Man sieht es dem Spiel des FCZ an, dass der neue Trainer weniger und einfachere taktische Anweisungen gibt. Er greift auf altbewährte Rezepte zurück, die schon zu Urs Fischers Zeiten praktiziert worden sind. Alte Rezpte haben den Vorteil, dass sie schon unzählige Male den Realitätstest bestanden haben und dies auch heute noch tun.

Was die Verteidigung von Eckbällen anbelangt, hat der FCZ diese Saison auf eine Mischung aus Raum- und Manndeckung umgestellt. Dies nachdem man lange Jahre eher erfolglos Manndeckung praktiziert und dann auf Raumdeckung umgestellt hatte, was eine gewisse Zeit lang sehr gut funktionierte. Gegen Basel hatte man zu Beginn allerdings auch das Glück, dass der sich zur Zeit ausser Form befindliche Luca Zuffi zum Corner antrat. Mit dem zur Pause ausgewechselten Valentin Stocker wurden die Eckbälle des FCB zwischenzeitlich gefährlicher.


Personalien

Nathan (7) – Sprüht nur so vor Energie und Einsatzwillen, enorm aufmerksam, Ist wieder der Fels in der Abwehr.

Lasse Sobiech (5) – Insgesamt ein eher unterdurchschnittliches Spiel, es fehlt in vielen Situationen das richtige Timing – ausser bei zwei ganz entscheidenden: seinem Kopftor zum 2:0 und einer enorm wichtigen Rettungsaktion im Fünfmeterraum vor der Pause im Anschluss an einen Dzemaili-Stellungsfehler.

Ousmane Doumbia (8) – Hatte in der Vorrunde schon bessere Auftritte und in einzelnen Szenen klappte die Abstimmung mit Dzemaili noch nicht gut. Es reichte aber trotzdem dazu, in einer Equipe in der keiner über 90 Minuten konstant gut spielte, der Best Player zu sein. Verhindert mit seiner für Super League-Verhältnisse überdurchschnittlichen Antizipation und Laufbereitschaft mehrmals, dass potentiell gefährliche Zweite Bälle beim Gegner landen. Das macht gegen ein in den letzten Jahren immer sehr konterstarkes Basel einen wesentlichen Unterschied.

Blerim Dzemaili (3) – Im Comeback-Spiel gleich ein Auswärtssieg beim FCB: klar wurde da nach der Partie Dzemailis „Präsenz“ zum geflügelten Wort und das Resultat in erster Linie mit ihm in Zusammenhang gebracht – je weniger jemand das Spiel gesehen hatte, desto mehr. Wie schon in der Vorbereitung ersichtlich, hat Dzemaili aber bezüglich Spritzigkeit und Kondition noch sehr viel Rückstand. Ausserdem hat er Probleme mit dem Knie. Dies vermag der Zürcher im St. Jakob Park teilweise mit seiner Erfahrung wettzumachen – aber bei weitem nicht in jeder Spielsituation. In der ersten halben Stunde hat Blerim zudem Mühe, ins Spiel zu kommen. In der 29. Minute gelingt ihm dann bei einem Freistoss im Mittelfeld sein erster guter Ball und in der 35. Minute blockt er einen Abschluss von Kasami an der Strafraumgrenze. Nur eine Minute später aber steht Dzemaili völlig „im Schilf“ und nimmt seine Sechserrolle nicht war, als er Cabral unbehelligt vor dem Strafraum zu einem gefährlichen Aufsetzer ansetzen lässt, der den FCB ins Spiel bringt.

Neben dem ein oder anderen (physisch bedingten) Stellungsfehler unterlaufen Dzemaili vor allem aber die meisten gefährlichen Abspielfehler im Team – wie zum Beispiel in der 60. Minute mit einem Fehlpass auf kurze Distanz in der eigenen Platzhälfte. Auch seine Auslösung der Konterangriffe ist zu langsam. In Laufduellen hat Dzemaili zur Zeit meist keine Chance und im eigenen Strafraum ist er für die Teamkollegen keine Hilfe. Von den Mitspielern werden Dzemaili immer wieder Bälle für Weitschüsse aufgelegt, die ihm aber allesamt deutlich misslingen. In der 63. Minute wirft er sich dann bei einem Cömert-Freistoss zum zweiten Mal generös in einen gegnerischen Distanzabschluss. Ausserdem ist der Zentrale Mittelfeldspieler an diesem Abend der einzige Zürcher, welchem gute Offensivstandards gelingen, einen davon zum 2:0-Kopfball Lasse Sobiechs. Dzemaili war auf jeden Fall bereits bei seinem ersten Einsatz im Zentrum des Zürcher Spiels – mit vielen Hochs und Tiefs, wobei die Tiefs (nicht überraschenderweise nach einem Jahr Absenz von Wettbewerbspartien) vorläufig überwogen.

Aiyegun Tosin (4) – Läuft weiterhin seiner Form hinterher. Speziell auf der Flügelposition hat der Nigerianer schon lange keine überzeugende Leistung mehr gebracht. Zwar bei einem Konter eine gute Flanke auf den alleine vor dem Gehäuse auftauchenden Marchesano, aber in anderen Gegenstoss-Situationen zu ungenau und zudem mit potentiell gefährlichen Ballverlusten.

Marco Schönbächler (5) – Er trägt dazu bei, dass der FCZ auf seiner Seite im Hohen Pressing mehrere Bälle gewinnt, in den Einzelaktionen aber eine schlechte 1. Halbzeit: verliert enorm viele Bälle und Zweikämpfe, nichts scheint zu gelingen. Aus der Kabine kommt Schönbi nach der Pause dann wie verwandelt, dreht sowohl offensiv wie defensiv auf. Gut möglich, dass seine Auswechslung in der 70. Minute geplant war und er sich auch deshalb in den 25 Minuten bis voll verausgaben konnte.

Blaz Kramer (5) – Beginnt in wenig erbaulicher Art und Weise das Spiel, kommt dann aber mit zwei für seine Verhältnisse erstaunlich gelungenen Kopfballweiterleitungen im Mittelfeld nach 15-20 Minuten besser ins Spiel. Auf und Abs wechseln sich ab, köpft freistehend am Tor vorbei und erwirkt mit seinem Lauf an den nahen Pfosten nach starker Marchesano-Flanke das wichtige Führungstor. Deutet gleich nach dem Torjubel dann aber bereits an, dass er ausgewechselt werden muss. Entweder wegen seines Zusammenstosses mit Timm Klose einige Minuten zuvor – oder möglicherweise verlorenen Kontaktlinsen.

Blaz Kramer und seine Kontaktlinsen

FC Basel – FC Zürich 1:4 (0:0)
Tore: 67. Kramer (Marchesano) 0:1, 73. Sobiech (Dzemaili) 0:2, 75. Cabral 1:2, 80. Nathan (Marchesano) 1:3, 90.+4 Marchesano (Penalty, Gnonto) 1:4.
Basel – Lindner; Widmer (70. Padula), Cömert, Klose, Petretta; Frei, Zuffi; Stocker (46. Zhegrova), Kasami (77. Van Wolfswinkel), Pululu (70. Von Moos); Cabral.
FCZ – Brecher; Omeragic (55. Wallner), Sobiech, Nathan, Aliti; Doumbia, Dzemaili (80. Domgjoni); Tosin, Marchesano, Schönbächler (70. Gnonto); Kramer (70. Ceesay).

7% + 5% = 0:2! FCZ – FCB 0:4 in der ausführlichen Analyse.

Der «Letzi» war die im Mittelalter errichtete Talsperre und «äussere Stadtmauer» von Zürich gegen Nordwesten hin. Diese Mauer hat heute ein Loch. Unglaubliche 20 der letzten 22 Gegentore seit September hat der FCZ zu Hause kassiert. Gegen den FCB erlitt man die dritte Heimniederlage in Folge mit durchschnittlich vier Gegentoren pro Partie. Drei Liga-Heimniederlagen in Folge gab es zuletzt ab März 2015. Damals waren es gar fünf Heim-Nuller hintereinander gewesen – alle allerdings nur mit einem Tor Differenz.

Seit mehr als einem Jahr ist hier auf Züri Live die Defensivschwäche des FCZ auf der Linken Seite ein Dauerthema und am Samstag wurde dieser Schwachpunkt vom FCB wie schon von vielen Gegnern zuvor dankbar ausgenutzt. Bei den letzten drei Kanterniederlagen zu Hause gegen Basel, Servette und YB entstand die Mehrzahl der Gegentreffer immer durch Unzulänglichkeiten auf der linken Zürcher Seite. Pa Modou vermochte dieses Dauerproblem zeitweise zu mindern. Seit der Captain der Gambischen Nationalmannschaft aber wieder angeschlagen aufläuft beziehungsweise ganz ausfällt, ist die linke FCZ-Flanke wieder die Schwachstelle, über welche die Gegner ihre Schlachten mal für mal gewinnen können.

Um dies einmal mehr zu demonstrieren, brauchte es am Samstag gegen den FCB gerade einmal 12 Sekunden. Dass Mads Pedersen kein von Haus aus defensiv solider Mann für die linke Seite ist, war schon vorher bekannt. Der Däne hat auch bei seinen früheren Stationen jeweils sehr ‘’optimistisch’’ agiert. Dieser unverhältnismässige Vorwärtsdrang im falschen Moment liess ihn schon vor dem frühen 0:1 in Sion zu hoch stehen und Kasami unbedrängt die Flanke zur Mitte schlagen. Diesmal liess er schon nach wenigen Sekunden die Hereingabe von Widmer in den Strafraum zu. Im Unterschied zum Spiel im Wallis, wo sich bei Pedersen die guten und die weniger guten Szenen in etwa die Waage hielten, misslang ihm in seinem etwas mehr als 30-minütigen Einsatz gegen den FCB alles – und dies wortwörtlich. Dass ein Spieler vom Platz muss, ohne dass ihm auch nur eine gute oder zumindest ordentliche Szene gelungen war, ist einzigartig.

Basel agierte nach der Rückkehr von Stocker, Cabral und Alderete weitgehend auf Bundesliga-Niveau. Bei der 2:3-Niederlage des Teams von Trainer Marcel Koller im Letzigrund im Oktober hatten Cabral, Alderete und dazu Torhüter Omlin noch gefehlt. Im Gegensatz zum Sion-Spiel konnte der FCZ gegen Basel mit hohen Bällen in den Strafraum kaum mal für Gefahr sorgen, ausser in der Schlussphase bei einer Massflanke aus dem Halbfeld von Antonio Marchesano, die Marco Schönbächler per Direktabnahme Richtung Basler Tor jagte – auch weil sein Gegenspieler Zhegrova ihn einfach laufen gelassen hatte und sich nicht um seine Defensivaufgaben scherte.

Mit dem im Letzigrund gezeigten Level des FCB war Pedersen schlichtweg überfordert, obwohl er nun schon ein halbes Jahr in einer Bundesligamannschaft trainiert und drei Wettbewerbseinsätze gehabt hatte. Wie schon bei der ersten Direktbegegnung der beiden Teams im September im St. Jakob Park gewinnt Rot-Blau erneut mit 4:0 und erneut ist Fabian Frei der überragende Mann der Partie – diesmal gar mit drei eigenen Treffern. Einmal mehr kam der FCZ für Basel genau zum richtigen Zeitpunkt. Dass der FCB gegen Zürich jeweils stärker motiviert scheint, als umgekehrt, wurde an dieser Stelle bereits im Herbst einmal erläutert: FCZ – FCB Vorschau: Warum ist die Bilanz gegen Basel so schlecht?

Aufgrund des deftigen Resultates mag es vielleicht auf den ersten Blick erstaunen, dass die Züri Live-Durchschnittsnote der eingesetzten FCZ-Spieler im Steigen begriffen ist. Beim Rückrundenauftakt gegen Luzern war die Team-Note mit 4,5 noch ungenügend, in Sion mit 5,2 knapp genügend und nun gegen Basel mit 5,6 weiter verbessert auf einer Skala von 1-10. Schaut man sich die Statistiken des Spiels genauer an, sieht man warum. Das Verhältnis der Erwarteten Tore lautet 1,19 : 1,91, was zwar aus Zürcher Sicht eine negative Quote ist, aber deutlich weniger negativ, als es das Resultat suggeriert – und auch besser, als noch in Sion.

Noch interessanter wird es, wenn wir uns das Expected Goals-Verhältnis bis zum Wechsel Marchesano für Domgjoni in der 62. Minute anschauen. In diesen ersten zwei Dritteln der Partie hatte der FCZ mit xG von 0,69 : 0,5 statistisch gar die besseren Torchancen. Das erwartete Resultat zu diesem Zeitpunkt wäre also 1:0 oder 1:1 gewesen – es war aber tatsächlich 0:2. In dieser Zeitperiode gab es im Spiel vier Torchancen mit einer Trefferwahrscheinlichkeit von 10% oder höher – drei davon durch den FCZ (2x Kramer, Domgjoni; Widmer). Die beiden Basler Tore gehören dabei nicht dazu – dem Abschluss von Frei zum 0:1 wird von «Wyscout» eine Trefferwahrscheinlichkeit von nur 7% zugewiesen, demjenigen von Stocker zum 0:2 gar nur 5%. Der FCB führte also alleine aufgrund der hervorragenden Abschlüsse der beiden Routiniers in diesen beiden Szenen. Beim FCZ waren die Abschlüsse hingegen deutlich weniger gut.

Von der 31. Minute an bis zum Ende der Partie hatte der FCZ zudem mehr Ballbesitz, als Basel. Das war der Zeitpunkt der Auswechslung von Mads Pedersen und der Umstellung von einem 4-2-3-1 auf ein 3-4-1-2. Die taktische und personelle Umstellung veränderte das Bild der Partie tatsächlich stark. Der FCZ bekam das Spiel in den Griff und Basel auf der anderen Seite hatte plötzlich Mühe, die richtige Positionierung und den Zugriff auf die FCZ-Aktionen zu finden. Wie dramatisch sich die Partie mit der taktischen Umstellung veränderte, kann man statistisch unter anderem am PPDA-Wert (Passes allowed Per Defensive Action) des FCZ ablesen, welcher die Pressing-Effektivität misst (je kleiner der Wert, desto besser). Zwischen der 16. und 30. Minute lag dieser bei 23,5 und katapultierte sich dann im Kontrast dazu mit 6,3 zwischen der 31. und 45. Minute und sogar 5,3 zwischen der 46. und 60. Minute auf ein komplett anderes Level.

Der FCB positionierte sich gegen den Ball weiterhin häufig mit grossen Abständen zwischen den Linien à la St. Gallen – aber nicht so gut wie Grün-Weissen. Speziell die Flügel Zhegrova und Stocker wussten nun jeweils nicht recht, ob sie vorne drauf gehen, oder sich eher zurückfallenlassen sollen und machten schlussendlich weder das eine noch das andere richtig. Dies gab dem FCZ trotz numerischer Unterzahl auf den Seiten immer wieder auch dort erstaunlich häufig freie Anspielstationen. Im Spiel ohne Ball agierte das Heimteam seinerseits anders als der Gegner zunächst deutlich konservativer mit einer Fünferkette hinten, was gut funktionierte, und dem FCZ ein Chancenplus einbrachte.

Speziell Marco Schönbächler machte seit langer Zeit endlich wieder mal eine richtig gute Partie! Wie schon zu Zeiten von Trainer Urs Meier scheint «Schönbi» in der Rolle als Linker Aussenläufer bei einer Fünferabwehr richtiggehend aufzublühen. Gerade weil diese Rolle grössere und umfassendere Anforderungen stellt, scheint dies den FCZ-Flügel zu besseren Leistungen zu treiben. Seine Defensivarbeit wirkt deutlich verbessert, und auch nach vorne sind seine Aktionen konkreter und zielstrebiger. Zusammen mit Mirlind Kryeziu machte der 30-jährige die linke Seite gut zu, solange er relativ tief stand. Kryeziu konnte zudem Mal für Mal mit seinen langen Diagonalbällen nach rechts vorne auf Rüegg, Tosin oder Mahi vielversprechende Angriffe einleiten.

Trotzdem kam der FCZ gleichzeitig zu den besseren Torchancen und hätte mindestens eine dieser Möglichkeiten nutzen müssen. Da dies aber nicht passierte, ging man mit der Einwechslung von Marchesano für Domgjoni erhöhte Risiken ein. Die Aussenläufer Rüegg und Schönbächler standen danach deutlich höher. Erst in diesem letzten Drittel der Partie hatte Basel dank den sich öffnenden Räumen dann ein Chancenplus. Auch weil der FCZ zusätzlich zum eingegangenen Risiko Fehler in der Rückwärtsbewegung machte. Beim 0:3 in der 80. Minute hatte Antonio Marchesano fünf Anspielstationen am gegnerischen Strafraum, eine Überzahlsituation, schoss aber wenig inspiriert den gegnerischen Innenverteidiger Alderete an. Schon beim Heimspiel gegen Luzern hatte der Tessiner mit einem ähnlichen Ballverlust gegen Lucas am gegnerischen Strafraum ein entscheidendes Gegentor eingeleitet. ‘’Tonino’’ lief zwar mit zurück, fokussierte sich dabei genauso wie Simon Sohm aber zu stark auf den ballführenden Edon Zhegrova, anstatt das Zentrum zuzumachen. Ähnliches passierte dann beim 0:4 auch den beiden Innenverteidigern Bangura und Nathan.

Speziell Marco Schönbächler und Kevin Rüegg reagierten emotional auf das 0:3 und versuchten mit energischem Forechecking, Vorstössen und Konfrontationen mit Gegenspielern das Ruder noch einmal herumzureissen – allerdings vergebens. Eher lamentierend sah man die Offensivakteure Blaz Kramer und Aiyegun Tosin, die beide ihrer Form von Ende der Vorrunde hinterherlaufen. Kramer agiert in manchen Aktionen zu unaufmerksam und hat das gegenseitige Spielverständnis bisher noch nicht mit allen Teamkollegen gut genug entwickeln können. Der Slowene schafft es zudem zu selten, als Zielspieler Bälle zu halten, bis Mitspieler aufrücken können, was eine enorm wichtige Rolle von ihm im Zürcher Spiel wäre.

Tosin ist bemüht, aber aktuell unglücklich, überhastet und teilweise etwas desorientiert agierend. Nach der Systemumstellung agierte Tosin als zweite Sturmspitze neben Kramer, stand aber speziell vor der Pause mehrmals taktisch schlecht. Eine solche zu tiefe Positionierung Tosins führte in der Folge zum Freistoss, der das 2:0 des FCB kurz vor der Pause brachte, weil davor Bangura an der Mittellinie ins Kopfballduell mit Stocker gezwungen worden war. Ausserdem ging Tosin jeweils viel zu früh und überhastet in den Abschluss. Seine drei Versuche hatten alle einen Expected Goals-Wert von jeweils weniger als 1%.

Zusammenfassend: der FCZ hat gegen Basel verloren, weil er seine Torchancen nicht genutzt und Mads Pedersen einen rabenschwarzen Tag erwischt hat, weil Tosin und Kramer ihrer Form hinterherlaufen und weil beim FCB die Leistungsträger wie immer gegen den FCZ bis in die Haarspitzen motiviert nach Sperren ins Team zurückgekehrt sind. Ausser in Bezug auf das Resultat ging der FCZ aber nicht „unter“. Er hatte bis zur 60. Minute ein Chancenplus und über weite Strecken der Partie mehr Ballbesitz. Auch rüttelten Schönbächler und Rüegg ihre Teamkollegen speziell nach dem 0:3 durchaus mit ihrem energischen Auftreten auf. Nur war es da schon zu spät.

Taktisch verfestigt die Partie die Erkenntnis, dass das 3-4-1-2 grundsätzlich den individuellen Qualitäten der FCZ-Kaderspieler entspricht: die offensiv-orientierten Aussenverteidiger, die Stärken der Innenverteidiger in der Vorwärtsbewegung, die gerne rotierenden und sich überkreuzenden Offensivspieler, sowie der Bedarf an Unterstützung der Aussenverteidiger durch jeweils einen Innenverteidiger als Nebenmann sprechen alle für dieses Spielsystem.

Dem wegweisenden 0:1 für den FC Basel haftete einmal mehr ein Makel an. FCB-Stürmer Cabral stiess im Zürcher Strafraum seinen Landsmann Nathan in den Rücken und verschaffte erst dadurch seinem Team den entscheidenden Vorteil. Auch schon das schnelle 1:0 von Sion vor einer Woche war nur durch ein ungeahndetes Foul von Xavier Kouassi zustande gekommen: Umaru Bangura ist wieder da! Sion – FCZ 1:1 Analyse.

In der Dritten Minute traf zudem Basel-Débutant Orges Bunjaku den zum Schuss ausholenden Mimoun Mahi von hinten. Für ein analoges Foul im Mittelfeld bei einem FCZ-Konter war in der Nachspielzeit eine Woche zuvor der Sittener Xavier Kouassi mit Gelb-Rot vom Platz geflogen. Mahi fiel im Basler Strafraum, die Berührung hatte aber noch knapp ausserhalb der Basler ‘’Box’’ stattgefunden – es hätte also einen frühen Freistoss für den FCZ aus gefährlicher Distanz geben müssen.

Schiedsrichter Athanasios Tzilos aus Griechenland war unter dem Strich trotzdem ein gutes Stück unparteiischer, als Schweizer Super League-Referees. So pfiff er zwei, drei Mal ein unfaires Einsteigen von Cabral im Luftkampf ab, welches Schweizer Schiedsrichter so gut wie nie gegen einen Favoriten pfeifen. Die Szene beim 0:1 mit Cabrals Foul ging schnell und war live sicherlich nicht einfach zu sehen. Man sollte sich aber die Frage stellen dürfen, warum nun im dritten FCZ-Rückrundenspiel in Folge (Foul Kouassi beim 0:1 in Sion, klares Handspiel von Schürpf im eigenen Strafraum gegen Luzern, Foul von Cabral beim 0:1 gegen Basel) der VAR (diesmal Sandro Schärer) bei einer entscheidenden Szene nicht eingriff. Vor allem wenn man sich vor Augen führt, dass er in der Person von Adrien Jaccottet dies bei einer analogen Situation bei einem Stürmerfoul von Jérémy Guillemenot gegen Taulant Xhaka im Spiel FCB – St. Gallen zugunsten von Basel sehr wohl tat, und den Treffer der Grün-Weissen (zu Recht) aberkannte.

FCZ – Basel 0:4 (0:2)

Tore:  1. Frei (Cabral) 0:1, 45.+1. Stocker (Bunjaku) 0:2; 80. Frei (Cabral) 0:3, 84. Frei (Zhegrova) 0:4.

FCZ: Brecher; Rüegg, Bangura, Nathan, Pedersen (31. M. Kryeziu); Domgjoni (62. Marchesano), Sohm; Tosin, Mahi (73. Kololli), Schönbächler; Kramer.

Basel: Omlin; Widmer, Cömert, Alderete, Riveros; Xhaka, Bunjaku (63. Zuffi); Stocker, Frei, Bua (31. Zhegrova); Cabral (80. Van Wolfswinkel).

(Standbilder: Teleclub)

Lethargisch im St. Jakob Park, FCZ kann Derbyschwung nicht nutzen / Basel – FCZ 2:0 Highlights und Analyse

In der Woche nach dem zweiten erfolgreichen Derby der Saison und der Heimniederlage Basels gegen YB war in den Medien und bei den Fans viel die Rede von der «Krise des FCB». Den FCZ-Spielern schien dieses Gerede nicht gut zu tun, starteten sie doch aussergewöhnlich passiv, zweikampfscheu und ohne Zielstrebigkeit in die Partie. Basel gewann in der 1. Halbzeit doppelt so viele Zweikämpfe und ging durch Albian Ajeti früh verdient mit 1:0 in Führung und hätte zur Pause eigentlich bereits mit 2:0 führen müssen. Der omnipräsente Fabian Frei (30) war die klare Leaderfigur auf dem Platz und Flügelspieler / Eigengewächs Noah Okafor (18) gehört bereits jetzt zu den besten und von der Leistung her konstantesten Baslern.  Trotzdem kam der im 3-4-2-1 angetretene FCZ ebenfalls zu Chancen, weil einerseits der mit einer vergleichsweise unerfahrenen Truppe angetretene Gegner im Spielaufbau auch nicht über alle Zweifel erhaben war, und die Zürcher zudem mit relativ viel Risiko und hoher Präsenz rund um den gegnerischen Strafraum agierten, und so mehrmals zu Überzahlsituationen kamen.

Diese Situationen konnten aber wegen fehlender Zielstrebigkeit nicht genutzt werden. Basel vermochte aufgrund der offensiven FCZ-Ausrichtung und nonchalanten Spielweise eines Teils der Gästespieler die Räume zwischen der Dreierabwehr und dem Aussenläufer auf der Seite immer wieder erfolgreich zu nutzen. Speziell die linke Zürcher Seite mit Mirlind Kryeziu und Benjamin Kololli wirkte defensiv komplett überfordert. Und in der Offensive leidet der FCZ weiterhin darunter, dass er in dieser Vorrunde in der Liga keinen Vorteil aus Standards zu ziehen vermag. Nach der Pause wurde auf Viererabwehr umgestellt und neben Torhüter Vanins (38) stand auch Aussenverteidiger Guenouche (18) beim Wiederanpfiff auf dem Rasen. Dieser kam bei seinem Super League-Début mit dem ähnlich kleinen und flinken Landsmann Kalulu deutlich besser zurecht, als Kryeziu / Kololli.

Mit Yann Kasai (20) belebte ab der 71. Minute ein weiterer Super League-Débutant die Partie. Dieser führte sich unter anderem mit einer entscheidenden Rolle in  der Vorbereitung der beiden «hundertprozentigen» Torchancen Adrian Winters und Stephen Odeys gleich sehr gut ein. Diese Aktionen hätten zusammen mit dem nicht gegebenen Penalty (Handspiel Kalulu) gegen aktuell meist gegen Ende der Partie nachlassende Basler doch noch eine Wende zugunsten des FCZ bringen können. Stattdessen vermochte der FC Basel erstmals seit acht Monaten wieder einmal ein Ligaspiel ohne Gegentor zu bestreiten. Der FCZ bleibt der Lieblings-(Aufbau-)gegner der Nordwestschweizer – auch diesmal wieder nach einer Niederlage in Thun, einem Unentschieden in Luzern und einer Heimniederlage gegen YB.  Gegen den FCZ ist die Motivation der Rotblauen so gross, dass sie auch nach dem 2:0 bei weitem nicht zufrieden waren und unbedingt noch ein drittes oder viertes Tor erzielen wollten. Dem entgegen stand bei den Zürchern die wohl schlechteste Leistung der Vorrunde mit einer deutlich ungenügenden Durchschnittsnote von 4,3.  

Basel – FCZ 2:0 (1:0)

Tore: 19. Ajeti (Van Wolfswinkel) 1:0; 48. Petretta 2:0.

Basel: Omlin; Widmer, Cömert, Kaiser, Petretta; Frei, Zuffi; Kalulu (87. Kuzmanovic), Van Wolfswinkel, Okafor (76. Oberlin); Ajeti (90.+5 Pululu).

FCZ: Brecher (46. Vanins); Maxsö, Bangura, M. Kryeziu (46. Guenouche); Winter, H. Kryeziu, Palsson, Kololli; Khelifi, Marchesano (71. Kasai); Odey.