Viertelherzige Defensivarbeit, Sion gewinnt die Duelle / Sion – FCZ 1:0 Analyse

Die Partie im Wallis war einerseits geprägt von einem FC Sion, der nach einiger Anlaufzeit den «Yakin-Stil» immer besser verinnerlicht hat: wenig Ballbesitz, Konterfussball im eigenen Stadion mit langen Diagonalbällen über die Seiten hinter die Abwehr. Schlüsselpositionen in Yakins neuem FC Sion nehmen unter anderem Christian Zock und André Luis Neitzke ein, mit denen Yakin als Schaffhausen-Coach in der Challenge League-Rückrunde der Saison 16/17 mehr Punkte als Forte’s FC Zürich geholt hatte. Neben Neitzke waren mit Grgic (gleichzeitig entscheidender Vorbereiter und Vollstrecker beim 1:0-Siegtreffer) und Toma in der Mittelfeldreihe zwei weitere Spieler in der Startformation, die schnell gute Bälle in die Tiefe spielen können. Vorne ist natürlich Pajtim Kasami der Schlüsselspieler, welcher zusammen mit Ermir Lenjani die Anfälligkeit des FCZ über die Seiten optimal zu nutzen wusste. Die Sittener liessen defensiv nur einen Freistoss in Strafraumnähe und sieben Flanken zu. So wenige Hereingaben von der Seite hatte der FCZ letztmals im Heimspiel gegen Napoli geschlagen. Insgesamt kam das Letzigrund-Team ebenfalls gerade mal zu sieben Abschlüssen im ganzen Spiel – nur bei der Auswärtsniederlage bei YB waren es im Jahr 2019 ebenso wenig gewesen. Sion hatte zwar auch nicht mehr als 12 Abschlüsse, durch die Kontersituation waren diese aber im Durchschnitt deutlich gefährlicher.

Der FCZ setzte andererseits im Wallis nach dem erfolgreichen im 3-4-1-2 errungenen Heimsieg gegen Xamax (2:1) auf eine deutlich offensivere Ausrichtung in einem verkappten 4-3-3. Die Konstruktion des Spiels war zu Beginn durchaus ansehnlich, aber die Balance zwischen Offensive und Defensive ging wieder verloren. Eine Viererkette, in welcher drei Spieler (Bangura, Kharabadze, Untersee) eher offensiv orientiert denken und gleichzeitig Schwächen in den Zweikämpfen haben, ist zu wenig stabil. Umaru Bangura gewann in Sion beispielsweise nur 29% seiner Zweikämpfe, und liess die Gegenspieler vor allem in seiner katastrophalen Ersten Halbzeit mit mehreren Blackouts Mal für Mal frei gewähren. In den Zweikämpfen war Sion stärker. Die in diesem Bereich ebenfalls anfälligen Untersee und Kharabadze konnten zudem auf der Seite von Odey sowie Khelifi zu wenig unterstützt werden. Im Mittelfeldzentrum brachte der 6er Grégory Sertic wie schon gegen Xamax im Spiel (im Gegensatz zu seinen Standards) viel zu wenig Präsenz auf den Platz. Der Franzose verrichtet die Defensivarbeit eher viertelherzig als halbherzig, geht in der eigenen Hälfte sorglos mit dem Ball um, führt Zweikämpfe eher alibimässig und hielt beispielsweise vor dem 0:1 gegenüber Pajtim Kasami gebührenden Respektsabstand nach dem Motto: «nur nicht stören». Während es Spieler wie Sertic in vielen Situationen zu gemütlich nahmen, agierten andere wiederum zu hektisch – so beispielsweise Kharabadze und Khelifi, welche beide einen Einwurf zu schnell ausführten und so die dafür noch nicht bereiten Teamkollegen in die Bredouille brachten.

Die vor Sertic auf den Achterpositionen agierenden Rüegg und vor allem Hekuran Kryeziu (letzterer trotz offensichtlich noch nicht ganz abgeklungenen Rückenbeschwerden nach der Attacke Pietro Di Nardos im Xamax-Spiel) trugen deutlich mehr zur Zürcher Präsenz im Mittelfeld und schnellem Direktspiel nach vorne zur Überwindung der Walliser Abwehrmauer bei. Assan Ceesay vermochte allein im Sturmzentrum keine Wirkung zu entfalten. Daher verschob Ludo Magnin den Linksfuss noch vor der Pause auf die linke Seite, wo der Gambier ähnlich wie einst Raphael Dwamena nach vorne deutlich mehr Wirkung erzielen kann. Der eingewechselte Marco Schönbächler hatte nach guter Vorarbeit von Rüegg und Untersee eine gute Torchance, bei welcher er aber deutlich zu lange mit dem Abschluss zögerte. Die Szene war das Spiegelbild von «Schönbis» seit der letzten Verletzung komplett verschwundenem Selbstvertrauen im Abschluss. Aziz Binous bestritt einen ansprechenden ersten FCZ-Teileinsatz in der Super League und hätte nach schöner Hereingabe Untersees von rechts die Chance auf den Ausgleich nutzen können, wenn er nicht (tendenziell regelwidrig) von Xavier Kouassi daran gehindert worden wäre.

Sion – FCZ 1:0 (1:0)

Tore:  6. Grgic (Uldrikis) 1:0.

Sion: Fickentscher; Maceiras, Kouassi, Neitzke, Morgado; Toma, Zock, Grgic, Lenjani (80. Carlitos); Kasami (88. Mveng), Uldrikis (68. Fortune).

FCZ: Brecher; Untersee, Bangura, Maxsø, Kharabadze; Sertic; Rüegg, H. Kryeziu; Odey, Ceesay (77. Binous), Khelifi (61. Schönbächler).

FCZ heute wieder mit erfolgreicher Derby-Taktik?

Im 273. Zürcher Derby wird FCZ-Trainer Magnin nicht auf der FCZ-Bank sitzen. Somit entgeht dem Publikum die mögliche Fortsetzung des Disputs mit GC-Trainer Thorsten Fink nach dem letzten Derby, als der Waadtländer von seinen jungen Spielern redete und dass der FCZ noch mehr Tore hätte schiessen können, was den GC-Coach kurz nach der empfindlichen Niederlage auf die Palme brachte. In Bezug auf das Durchschnittsalter der beiden Mannschaften durchaus etwas verständlich. GC trat schon damals mit einer jungen Equipe (Durchschnittsalter: 23,3 Jahre, mit Bajrami, Zesiger, Diani, Pinga, Ngoy, Kamber) an im Vergleich zum FCZ, der mit Durchschnittsalter 27,8 Jahren (unter anderem mit Bangura, Nef und Winter) eigentlich eine sehr erfahrene Truppe aufs Feld geschickt hatte. Dies war beim ebenfalls mit 2:0 durch den FCZ gewonnenen ersten Derby der Saison noch anders gewesen, als die beiden Startformationen (25,2 vs. 25,1 Jahre) gleich alt gewesen waren.

Für heute könnte der FCZ durchaus wieder eher mit einer erfahreneren Mannschaft antreten, da Alain Nef (vor allem im Falle einer Dreierabwehr) oder Adrian Winter (nachdem die Flügelspieler in St. Gallen nicht wirklich überzeugt hatten) echte Alternativen für die Anfangsformation darstellen. Angesichts des weiteren Ausfalls von Pa Modou (und Kevin Rüegg) wird das Aussenduo im Falle einer Viererabwehr wohl erneut Untersee / Kharabadze lauten und damit relativ jung sein – Adrian Winter wäre aber rechts auch in diesem Fall eine Alternative. Im Derby vom Dezember hatte GC «keinen Stich» gehabt, was die damalige Aufregung bei Coach Fink miterklärt. Es war das offensiv harmloseste Spiel der «Heugümper» im gesamten letzten Jahr mit einem mickrigen statistischen Wert von gerade mal 0,05 erwarteter Tore («expected Goals»). Anders gesagt: GC hätte in 20 solcher Spiele nach Einschätzung der Analysten total nur 1 Tor erzielt. Dieser Wert war sogar noch tiefer als bei der 0:4-Klatsche mit einem Mann weniger zuletzt gegen den FC Basel (0,07).

Aber Achtung! Der dritttiefste Wert an erwarteten Toren im Laufe des letzten Jahres (0,09) reichte GC beim Derby vom 25. Februar trotzdem zum Sieg. Das 1:0 von Jeffren in der 16. Minute bedeutete gleichzeitig das Endresultat. Es war der letzte Derbysieg der Grasshoppers, damals noch unter Trainer Murat Yakin und beim Amtsantritt Ludovic Magnins. Rasmus Thelander hatte beim entscheidenden Gegentreffer eine «lange Leitung», erwartete immer noch einen GC-Angriff über die Seite inklusive Anweisung an Kevin Rüegg, höher zu stehen, als die GC-Attacke sich längst Richtung Mitte verlagert hatte. Dann kam der später mit Gelb-Rot vom Platz fliegende Cédric Brunner auch noch zu optimistisch aus seiner Position raus. Am Ende wurde aus den 0,09 expected Goals aber nur ein Tor, weil einerseits der Abschluss von Jeffren stark war und andererseits vor allem Yanick Brecher falsch stand und den eigentlich vom Druck machenden Bangura wesentlich begrenzten Abschlusswinkel nicht wirklich abdeckte. Den Assist mit einer direkten Weiterleitung hatte übrigens Rifet Kapic geliefert, der gestern bei seinem Ex-Verein und Bosnischen Tabellenführer FK Sarajevo als Leihspieler von GC vorgestellt wurde.

Der FCZ kann nach drei Jahren, in welcher GC die Oberhand hatte, diese Saison bereits im dritten Derby das Stadtduell für sich entscheiden! Speziell an den ersten beiden Derbies der Saison war, dass sie gleichzeitig die Spiele mit dem kleinsten FCZ-Ballbesitz darstellten. Die Jungs von der Allmend Brunau hatten gegen GC also im Schnitt noch weniger Ballbesitz als gegen YB, Basel oder Leverkusen. Wird das heute von Assistenztrainer und ehemaligen Verteidigerhaudegen René Van Eck an der Linie gecoachte Team dem Gegner auch diesmal das Szepter überlassen und sich (ähnlich wie St. Gallen gegen den FCZ am Mittwoch) fast ausschliesslich aufs Kontern und Toreschiessen fokussieren?

Top 5 Züri Live-Audiobeiträge 2018

Das FCZ-Jahr 2018 war äusserst ereignisreich und emotional. Zum Jahresstart hier die bei den Hörern beliebtesten Audio-Beiträge von Züri Live des vergangenen Jahres.

5. Thomas Bickel: „Einer-Jahrgang wichtig für unsere Planung“Das Gespräch mit dem Leiter Sport wurde vor dem Rückrundenstart geführt. Damals war Uli Forte noch Trainer beim FCZ. Mittlerweile hat Simon Sohm als erster Spieler der Schweiz aus dem angesprochenen Einer-Jahrgang unter Ludo Magnin in der Super League débutiert und der noch um zwei Monate jüngere Bledian Krasniqi zwei ordentlich bis gute Europa League-Einsätze von je 45 Minuten bestritten. Von den damals erstmals ins Trainingslager mitgenommenen Talenten ist Toni Domgjoni seit der Amtsübernahme Magnins Stammspieler und Lavdrim Rexhepi hat zuletzt bei Rapperswil-Jona sowohl seine offensiven Qualitäten wie auch sein defensives Verbesserungspotential bei Trainer Urs Meier in der Challenge League unter Beweis gestellt. Der ebenfalls weitgehend als Stammspieler eingesetzte Izer Aliu hat ein auf Zypern erlittener Kreuzbandriss zurückgeworfen. Kilian Pagliuca scheint auch bei Halle in der 3. Liga wenig Fortschritte zu machen.

4. Weg in den Cupfinal 2018 – die Tore – aus der Cupfinal-Sendung

3. Cédric Brunner: „Wir reden immer noch über den Cupsieg“ – der Cuperfolg in Bern war auch immer noch eines der Themen, als Cédric Brunner Züri Live beim zweiten Saisonspiel gegen Thun einen Besuch abstattete.

2. Dani Gygax: „Yakin weiss nicht, was auf ihn zukommt“ – nichts von seiner Beliebtheit eingebüsst hat ganz offensichtlich Dani Gygax, im Gegenteil! Der zweitbeliebteste Beitrag des Jahres war die Vorschau des damaligen FCZ FE-14-Trainers vor den Februar-Derbies und seine Einschätzungen des Trainerduells mit dem damaligen GC-Trainer Murat Yakin.

1. Dani Gygax: „Der jüngere Haile-Selassie hat extremes Talent“ – Gygax zum Zweiten – nur zwei Wochen später war er beim Heimspiel gegen Lugano (3:0) zu Gast – und dies neu als U16-Trainer! Diese Stufe trainiert Gygax Stand Jahreswechsel 18/19 weiterhin. Allerdings ist es jetzt der 03-er Jahrgang. Der im Interview angesprochene Kedus Haile-Selassie (jüngerer Bruder von Maren) hat in der Zwischenzeit im Sommer zusammen mit vier anderen Spielern aus dem 02-er Jahrgang den direkten Sprung in die U18 geschafft.

Weiter harmlos bei Standards, irreguläres Tor zum 1:2 / FCZ – Sion Analyse und Highlights

Der FCZ verliert nach acht Monaten erstmals wieder ein Heimspiel – und dies gegen Murat Yakins FC Sion. Damit ist die Bilanz von FCZ-Trainer Magnin gegen den Ex GC-Trainer nach den drei Derbies im März/April und dem dank Einwechselspieler Assan Ceesay spät errungenen 2:1-Erfolg im Tourbillon wieder ausgeglichen. In der Startaufstellung fehlen Umaru Bangura und Toni Domgjoni, welcher zuletzt in seinen Leistungen etwas stagniert hatte. Das 1:0 durch Antonio Marchesano in der 62. Minute schien der späte Lohn für eine gute 1. Halbzeit und mehrere Topchancen zu sein. Andreas Maxsö hatte das Tor mit einem magistralen Pass auf den eben eingewechselten Salim Khelifi eingeleitet. Nach den drei Assists in Luzern war Khelifi damit erneut in der Meisterschaft Assistgeber.

Allerdings kam vom Waadtländer danach nicht mehr viel. Stattdessen gelang in der 71. Minute Pajtim Kasami nach einem Sion-Konter der Ausgleich zum 1:1. Dieser Gegentreffer war beinahe eine Kopie des 1:1-Gegentreffers in Luzern und deshalb speziell ärgerlich. Der FCZ agiert im Anschluss an einen eigenen Eckball erneut überaus risikoreich. Sechs Zürcher stehen annähernd auf einer Linie vor dem Sion-Strafraum, als Hekuran Kryeziu zu einem hohen Ball ansetzt. Kommt Kryezius Ball gut und zügig nach ganz rechts aussen, wo die «Weissen» eine klare Überzahl haben, dann kann daraus eine weitere Topchance auf das 2:0 entstehen (siehe untenstehenden Screenshot).

Kryeziu spielt den Ball aber nicht ideal in den linken Bereich des Strafraumes, wo Verteidiger Ndoye keine Probleme hat, vor Maxsö an den Ball zu kommen. Weil Khelifi zu wenig energisch eingreift, kommt der Sion-Gegenangriff ins Rollen. Palsson nimmt sich mit einer erfolglosen Grätsche gegen Kasami selbst aus dem Spiel und kann dadurch nachher nicht mehr eingreifen. Pa Modou macht den Raum für Lenjani auf, indem er ebenfalls erfolglos vorrückt, um Kasami anzugreifen. Dieser könnte nun den Ball steil auf Lenjani spielen, welcher damit alleine vor Torhüter Brecher auftauchen würde. Da Kasami aber das Tor selbst erzielen will, zieht er den Pass auf Lenjani nach aussen und sprintet selbst in die Abschlussposition im Zentrum.

Genauso wie vor anderthalb Monaten im Tourbillon der eingewechselte Assan Ceesay für den FCZ-Sieg gesorgt hatte, war diesmal mit Adryan für Sion ebenfalls ein Joker für den entscheidenden Schwung zum Auswärtssieg im Letzigrund verantwortlich. Der Brasilianer leitete mit einem schnellen Antritt über links das 1:2 ein. Ein Tor, welches allerdings auf irreguläre Weise zustandekam und für den FCZ weitere schmerzhafte Folgen mit sich bringt. Kevin Rüegg hat im eigenen Strafraum einen kurzen Moment die Möglichkeit, den Ball über die Grundlinie zu klären – lässt diese aber verstreichen. Im nächsten Moment rauscht Adryan heran und streckt Rüegg mit der Sohle voran nieder (siehe untenstehenden Screenshot).

Aufgrund dieses Fouls fällt Rüegg nun mit Teilriss des Innenbandes im Rechten Knie mehrere Wochen aus! Damit nicht genug: Im Anschluss an diese Szene stiess Pajtim Kasami Andreas Maxsö in Alain Nef hinein und setzte damit gleich zwei weitere Zürcher aufs Mal ausser Gefecht (siehe untenstehenden Screenshot). Mit drei Zürcher Verteidigern am Boden war der Weg nun frei für den eingewechselten Yassin Fortune, den 2:1-Siegtreffer zu erzielen. Dass der ansonsten gut pfeifende griechische Referee Anastasios Papapetrou gleich beide regelwidrigen Aktionen im Getümmel übersah, ist die eine Geschichte. Weit weniger entschuldbar ist, dass die übertragenden TV-Stationen (und damit auch alle anderen Medien) trotz eindeutiger Bilder, Zeitlupen und mehreren Blickwinkeln einmal mehr so taten, als sei nichts passiert.

Kurz nach dem Gegentor wechselte Ludo Magnin als dritten Einwechselspieler Adrian Winter für Züri Live-MVP Roberto Rodriguez ein, der sich auch diesmal auf der Rechten Seite gut mit Rüegg ergänzt und eine Saisonrekordzahl von sieben Flanken in den Strafraum gebracht hatte – darunter die Idealvorlage für Ceesay bei dessen Pfostenschuss aus spitzem Winkel. Offenbar hatte Rüegg eine Minute nach Adryans Foul noch das Gefühl, weiterspielen zu können oder zu müssen und blieb auf dem Feld – mit zunehmender Spieldauer in der Schlussphase aber mehr und mehr humpelnd. Rüegg blieb nicht das einzige Verletzungsopfer der Partie. Schon in der 50. Minute hatte der Medizinische Masseur Rolf Schumann Stephen Odey nach dessen Zusammenprall mit Sion-Keeper Kevin Fickentscher auf der Schulter in die Kabine tragen müssen.  

Dem FCZ nützt es am Ende der Partie nichts, dass er gegen Sion ausnahmsweise mal das zweikampfstärkere Team stellt und mehrmals von groben Schnitzern des Ex GC-Verteidigers Jan Bamert profitieren kann. Weiterhin zu ungefährlich ist das Letzigrund-Team bei Standards. Benjamin Kolollis Freistoss- und Cornerbälle sehen zwar meist ästhetisch hübsch aus, sind aber wenig effektiv. Nach dem FC Thun hat der FCZ in dieser Saison bisher am zweitwenigsten Kopfballtore aller Super League-isten erzielt. In den letzten Jahren hat in solchen Situationen ein Wechsel des Standardspezialisten meist kurzfristig einen positiven Effekt gehabt, auch weil die Gegner dann jeweils nicht auf dessen Stil eingestellt sind. Ausserdem spielt Kololli seine Standards gerne direkt – mit kurz gespielten Cornern und Freistössen schien der FCZ in den letzten Jahren aber mehr Erfolg zu haben. Eines der raren Beispiele eines kurz gespielten Standards in der jüngeren Vergangenheit war der Eckball zum 1:0-Siegtreffer von Victor Palsson gegen Ludogorets, wo Kololli kurz angespielt aus einer besseren Position flanken konnte, als bei einem direkt ausgeführten Corner.

 FCZ – Sion 1:2 (0:0)

Tore: 62. Marchesano (Khelifi) 1:0, 71. Kasami (Lenjani) 1:1, 82. Fortune (Adryan) 1:2.

FCZ: Brecher; Rüegg, Nef, Maxsö, Pa Modou; Palsson; Marchesano, H. Kryeziu; Rodriguez (84. Winter), Kololli (59. Khelifi); Odey (50. Ceesay).

Sion: Fickentscher; Maceiras (63. Abdellaoui), Ndoye, Bamert, Morgado; Mveng, Neitzke, Kouassi; Kasami, Lenjani (77. Fortune); Philippe (63. Adryan).

 

(Screenshots: Teleclub)

Ceesays beherzter Auftritt beim vierten Sieg in Folge: Sion – FCZ 1:2 Analyse und Highlights

Im Tourbillon hatte der FCZ in der Meisterschaft seit April 2015 nicht mehr gewinnen können. Nun realisierte das Magnin-Team im vierten Wettbewerbsspiel in 12 Tagen, drei Wettbewerben und zwei Ländern den vierten Sieg in Folge. Die beiden Stadtberner Mannschaften YB und Breitenrain sind die einzigen, die bisher in dieser Saison mehr als ein Tor gegen den Stadtclub erzielen konnten. Der FCZ ist noch weit davon entfernt, ein Spitzenteam der Super League zu sein – dafür gibt es aktuell noch zu viele mannschaftliche und vor allem individuelle Schwachstellen. Aber die Serie zuletzt mit knappen, aber verdient erkämpften Siegen auswärts in der Europa League und in Sion, sowie im Letzigrund gegen Luzern, ist aussergewöhnlich. Etwas ähnliches hat der FC Zürich schon länger nicht mehr zustandegebracht.

Und am Donnerstagabend kontrollierte der FCZ in der 1. Halbzeit das Spiel wie selten in den letzten Jahren im Tourbillon. Speziell in dieser Phase zeigte Flügelspieler Salim Khelifi seine weiter aufsteigende Tendenz und die Mannschaft als Ganzes lag zur Pause verdient mit 1:0 in Front. Dass in der Zweiten Halbzeit die Walliser zu Hause aufdrehen würden, versteht sich fast von selbst. Der 1:1-Ausgleich durch den unberechenbaren jungen Brasilianer Itaitinga war in der Entstehung aus FCZ-Sicht «unnötig» – aber trotzdem verdient. Die Einwechslung von Assan Ceesay gab den Gästen aus der Limmatstadt dann nochmal einen Schub. Der Kurzauftritt des Gambiers war sensationell – mit seinen herzhaften Sprints an der Grenze des physisch Möglichen sorgte er für viel Entlastung und trug wesentlich dazu bei, dass anstatt der vom ein oder anderen Kommentator erwarteten Walliser Schlussoffensive der FCZ am Ende nochmal am Drücker war und durch Ceesay nach magistraler Vorarbeit von Rüegg, Marchesano und Kololli noch zum Siegtreffer kam.

Leider musste Ceesay nach einem weiteren beherzten Sprint aus der Abwehr heraus angeschlagen ausgewechselt werden. Ludo Magnin sagte danach im Interview auf «RTS», dass der Gambische Stürmer im kommenden Meisterschaftsspiel gegen Xamax eigentlich erstmals für die Startformation vorgesehen gewesen wäre. Davor hatte Ref Jaccottet richtigerweise nicht auf Penalty entschieden, als der viel Gefahr ausstrahlende Adryan im Zürcher Strafraum bei Kevin Rüegg auflief. Noch kein Tor hat der FCZ in dieser Saison in der Meisterschaft nach Eckbällen erzielt. Nef traf gegen Breitenrain im Cup, Maxsö oder davor Mirlind Kryeziu waren mit Kopfbällen in dieser Saison mehrmals nahe dran – in Sion gab es im Ganzen nur drei Corner – alle von Benjamin Kololli ausgeführt, genauso wie die drei Freistösse in Strafraumnähe.

Hekuran Kryeziu hat im Wallis wieder einen seiner schlechten Tage eingezogen. Der Mittelfeldspieler ermöglichte durch zu zögerliches Eingreifen, nonchalante Spielweise oder zu langsames Zurücklaufen mehrere gute Walliser Aktionen. In einem weiteren dieser unkonzentrierten Momente spielte er einen Ball im hohen Bogen 20 Meter rückwärts in den eigenen Strafraum, woraus ein Corner entstand – und auch am Gegentreffer Itaitingas war «Heki» zusammen mit Umaru Bangura im negativen Sinne mitbeteiligt. Er müsste in der Szene statt sich aus der Verantwortung zu nehmen entweder Itaitinga unter Druck setzen oder mit Kasami in den Strafraum mitgehen, so dass sich Bangura voll auf Itaitinga konzentrieren kann. Zwei ausgezeichnete Offensivszenen Kryezius mögen das Gesamtbild aufgrund der deutlich ungenügenden Defensivleistung nur leicht zu korrigieren.

Sion – FCZ 1:2 (0:1)

Tore: 38. Khelifi (Pa Modou) 0:1; 79. Itaitinga (Kasami)  1:1, 90.+1 Ceesay (Kololli) 1:2.

Sion: Fickentscher; Maceiras, Neitzke, Ndoye, Lenjani; Mveng (57. Adryan), Kouassi, Toma; Grgic (75. Itaitinga); Djitté, Daoudou (64. Kasami).

FCZ: Brecher; Rüegg, Bangura, Maxsø, Pa Modou; Palsson, H. Kryeziu; Khelifi, Domgjoni (83. Marchesano), Kololli; Odey (70. Ceesay, 90.+4 Nef).

1 2