Nathan, der Heisse – FCZ entzaubert St. Gallen erneut mit Kampfgeist und Kontern

Letzte Saison hatte der FCZ gegen St. Gallen vorwiegend gute Spiele abgeliefert, aber trotzdem nur zwei Punkte geholt. Nun hat sich dies gedreht: drei Siege in Folge von Ludo Magnins Team gegen Peter Zeidlers Mannen, und dies obwohl die Ostschweizer ansonsten ihre beste Saison seit Jahrzehnten spielen. Was sich wie ein Roter Faden durch diese Partien zieht, ist, dass der FCZ den Hochtempo-Fussball der Grün-Weissen für sich zu nutzen weiss – wie bei einem Tanzpartner, der gut zu einem passt. Die St. Galler lassen dem Gegner kaum Zeit zum Überlegen und dies kommt dem FCZ entgegen, der in den letzten Jahren immer wieder dann besonders schlecht gespielt hat, wenn er zu viel Zeit zum Überlegen hatte und sich vom Gegner „einlullen“ liess.

Die St. Galler lassen dem Gegner kaum Zeit zum Überlegen und dies kommt dem FCZ entgegen

Sich einem mit hohem Tempo agierenden Gegner an die Fersen heften und dann über den Kampf ins Spiel finden, hat in den letzten Jahren nicht nur gegen St. Gallen (Stichworte: Cupfinal YB, Leverkusen) häufig gut geklappt. Das spielerische Element ist sowieso da – um aber auch das notwendige kämpferische Element aus der Mannschaft herauszukitzeln, braucht es häufig eine anspruchsvolle Aufgabe. In den drei Duellen mit St. Gallen hat die Mannschaft von allen Partien abgesehen von der 0:4-Heimniederlage gegen den FCB klar am meisten Top-Defensivaktionen gehabt (79, 72, 77).

FCSG – FCZ Züri Live Matchstatistiken

Herausragend in dieser Hinsicht der wieder ins Team zurückgekehrte Nathan mit gleich 19 Top-Defensivaktionen, was auch gemessen am Schnitt des Brasilianers von 10 Top-Defensivaktionen pro Partie hoch ist. Nathan war der Fels in der Brandung gegen einen Gegner, der einen Grossteil seiner Energie in die ersten 30 Minuten legte und in dieser Phase das Spiel dominierte. Die im ganzen Spiel wichtigste Aktion war Nathans Rettungstat schon nach etwas mehr als einer Minute im Laufduell mit Demirovic, als er den mit Entschlossenheit rechts Richtung nahen Pfosten stürmenden Bosnier an Grinta noch überbot. Mit grosser Wahrscheinlichkeit wäre da ansonsten schon früh das 1:0 für St. Gallen gefallen. Vor Nathan sorgte der aufmerksame Hekuran Kryeziu für zusätzliche Stabilität.

Simon Sohm wärmt sich in der Pause auf

Der FCZ hatte sich zudem gut auf verschiedene Spezialitäten eingestellt. Zum Beispiel der St. Galler Eigenheit, nach dem Anstoss den Gegner mit Tempo durch die Mitte zu “überrollen“, stellte das Letzigrund-Team jeweils eine gestaffelte Phalanx von vier Mann gegenüber. Gleich nach Wiederanpfiff konnte so Simon Sohm als vierter Mann dieser Phalanx den Ball abfangen und den schnellen Gegenstoss gegen die hinten offenen St. Galler einleiten, der um ein Haar zum 2:0 durch Blaz Kramer wenige Sekunden nach der Pause führte.

FCZ-Phalanx erwartet nach einem Anstoss den St. Galler Angriff durch die Mitte

Oder bei einem Freistoss in Strafraumnähe des zur Zeit ligabesten Freistoss- und Weitschützen Jordi Quintilla, als sich Marco Schönbächler in einem Spreizschritt hinter die Mauer kniete, wodurch diese kollektiv aufspringen und damit die abgedeckte Gesamtfläche vergrössern konnte.

Marco Schönbächler ist bei Freistoss Quintilla für das „Untergeschoss“ zuständig

St. Gallen konnte in der ersten halben Stunde das Spiel aber nicht nur wegen dem eigenen keine 90 Minuten durchzuhaltenden Energieaufwand dominieren, sondern auch, weil beim FCZ viele Spieler zu behäbig in die Partie gestartet waren. Namentlich von Toni Domgjoni, Benjamin Kololli oder Blaz Kramer kam viel zu wenig. Sinnbildlich für Domgjonis mentale und physische „Abwesenheit“ war die Szene, als er sich gar von einem Spieler wie Jérémy Guillemenot im Zweikampf wegdrücken liess. Dass unter diesen Umständen speziell Nathan und Hekuran Kryeziu das Team trotzdem zusammenhalten konnten, war eine Parforceleistung. St. Gallen hatte in der Ersten Halbzeit trotz klarer Überlegenheit nur einen Expected Goals-Wert von 0,7. Die Ostschweizer kamen kaum zu guten Torchancen. Von 24 Schüssen der ganzen Partie fanden nur zwei den Weg Richtung Gehäuse von Yanick Brecher, der trotz grosser St. Galler Angriffslust fast schon einen geruhsamen Abend verbrachte, da die ansonsten typische Effizienz diesmal bei den Grünweissen nicht vorhanden war.

Erste Gratulanten zu Kolollis 3:0

Der FCZ hat hingegen, seit Benjamin Kololli in der Coronapause diesbezüglich „der Knopf aufgegangen“ ist, seit Jahren endlich wieder mal einen starken Standardschützen. In St. Gallen ging der FCZ in der 31. Minute entgegen dem Spielverlauf durch Blaz Kramer nach einem sehr guten Corner Kolollis in Führung. Zwar hatten Kololli und Kramer in den ersten 28 Minuten nichts zustande gebracht, aber unmittelbar vor diesem Eckball hatten beide ihre ersten gelungenen Aktionen gehabt, nachdem Kololli mit Tosin erstmals die Seiten getauscht hatte. Der grösste Unterschied zum 3:1-Sieg gleichenorts im Dezember war, dass der FCZ diesmal in der Zweiten Halbzeit die bessere Mannschaft war, und ein klares Chancenplus zu verzeichnen hatte. Vor Weihnachten war St. Gallen bis kurz vor Schluss am Drücker gewesen und der FCZ konnte erst dank stark erhöhtem Risiko St. Gallens ab der 70. Minute die Entscheidung herbeiführen. In beiden Partien konterte das Letzigrund-Team schnell und konsequent. Man sorgte speziell diesmal bei den vielen langen Bällen für eine hohe Präsenz am und im gegnerischen Strafraum. Dem eingewechselten Mimoun Mahi gelangen mit Steilpässen und Seitenverlagerungen drei Assists zu den Toren der Zweiten Halbzeit. Das Chancenverhältnis lag Ende der Partie klar auf Seiten des FCZ, wenn auch nicht im Bereich von 4:0. Insgesamt hatte der FCZ diese Saison nur in der November-Siegesserie gegen Sion, Luzern und Xamax ein vergleichbares Expected Goals-Verhältnis wie jetzt mit 2.53 : 1.11 in St. Gallen.

40. Minute: Handspiel von Benjamin Kololli auf der Strafraumgrenze

Im Verlaufe der Partie schaffte es der FCZ zeitweise hinten kompakt zu stehen. Selbst Benjamin Kololli arbeitete fleissig nach hinten mit, hatte aber bei einer solchen Aktion am eigenen Strafraum Glück, dass nicht auf Handspenalty für St. Gallen entschieden wurde. In Bezug auf Schiedsrichter Fähndrich rieb man sich als jahrelanger FCZ- und Liga-Beobachter verwundert die Augen und wähnte sich in einem Paralleluniversum. Nachdem dieser seit Jahren zu den drei Schiedsrichtern gehört, die im Zweifelsfall konsequent gegen den FCZ zu pfeifen scheinen, am stärksten in Partien gegen YB und Luzern, regte sich mit St. Gallen erstmals zu Recht ein FCZ-Gegner über seine Entscheidungen auf. Neben Kolollis Aktion hätte sicherlich Hekuran Kryeziu in mindestens einer von zwei Foulaktionen Gelb sehen müssen und in der Schlussphase wurde ein Handspiel vor dem Strafraum von Michael Kempter nicht gepfiffen – ein ähnliches von Vincent Rüfli auf der anderen Seite hingegen schon.

Die Kommunikation und Ordnung scheint sich beim FCZ verbessert zu präsentieren. Nachdem der FCZ begann, konsequent lange Bälle in die Tiefe zu spielen, war Aiyegun Tosin ab der 56. Minute voll in seinem Element und erzielte nach einem sauberen Tackling von Nathan am eigenen Strafraum gegen den eingewechselten ehemaligen FCZ-Junior André Ribeiro und dem schnellen Gegenstoss über Hekuran Kryeziu und Mahi das 2:0. Der Nigerianer feierte den Treffer mit einer kleinen Provokation gegenüber den während der ganzen Partie schon eine kurze Zündschnur aufweisenden 700 St. Gallen-Fans, was diese zusätzlich auf die Palme brachte und gemäss einem später publizierten Video einen davon zu einem rassistischen Ausruf verleiten liess, den auf dem Platz aber niemand mitbekam.

FCSG – FCZ Züri Live Match Performance

Der FC Zürich konnte im Kybunpark auch von der besser besetzten Ersatzbank und der verletzungsbedingten Auswechslung Yannis Letards kurz nach der Pause profitieren. Marco Schönbächler beispielsweise überzeugte erstmals seit längerer Zeit vor allem defensiv. Ausserdem zogen St. Galler Leistungsträger wie Hefti oder Quintilla einen ihrer weniger guten Tage ein. Auf Zürcher Seite vermochte Michael Kempter seinen ordentlichen bis guten Auftritt von Bern in St. Gallen noch zu toppen. Dass der FCZ links mehr Stabilität ausstrahlt als rechts, hat man lange nicht mehr gesehen. Es fing bei den im Vergleich mit seinem Pendant Rüegg besseren Einwürfen an, und setzte sich fort mit disziplinierterem Verteidigen sowie dynamischen Vorstössen über die Seite und durch die Mitte. Der FCZ gewann in St. Gallen 4:0 mit einer Ballbesitzquote von gerade einmal 37%. Was nicht aussergewöhnlich ist: drei der vier Saisonsiege gegen Spitzenteams (2x St. Gallen, 1x Basel) erreichte Zürich mit einer Ballbesitzquote von 30-40%. Das Erfolgsrezept jeweils? Defensive Stabilität, Kampfgeist, schnelle Konter und Nathan in der Startaufstellung.

Schlussresultat im Kybunpark

St. Gallen – FC Zürich 0:4 (0:1)
Tore: 31. Kramer (Kololli) 0:1; 64. Tosin (Mahi) 0:2, 86. Kololli (Mahi) 0:3, 90.+1 Tosin (Mahi) 0:4.
St. Gallen – Zigi; Hefti, Stergiou, Letard (47. Fabiano Alves, 67. Bakayoko), Rüfli (67. Muheim); Quintilla; Görtler, Ruiz (85. Staubli); Guillemenot (46. Ribeiro); Demirovic, Itten.
FCZ – Brecher; Rüegg (88. Britto), Nathan, Omeragic, Kempter; Tosin (82. Janjicic), H. Kryeziu, Domgjoni (46. Sohm), Kololli (87. Winter); Marchesano (60. Mahi), Kramer (60. Schönbächler).

Nur noch ein halbes Geisterspiel in St. Gallen

(Bilder: Züri Live, Standbilder Arena Sport / Teleclub)

Fall „Zigi“: drei Viertel der Torhüter haben Fuss nicht auf der Linie, VAR greift aber nur für YB ein

Die Wiederholung des Penalties für YB im Spitzenspiel von heute zwischen den FC St. Gallen und dem amtierenden Meister gibt zu reden, und dies völlig zu Recht. Wirklich nur ein paar Zentimeterchen steht St. Gallen Torhüter Zigi mit seinem linken Fuss vor der Torlinie, als YB-Stürmer Guillaume Hoarau den Ball Richtung Ostschweizer Tor schiesst. Nach der Partie meinte Schiedsrichter Alain Bieri im TV-Interview, dass dies halt die Regeln seien. Die Klubs seien vor der Saison darauf hingewiesen worden. Das mag stimmen, aber was Bieri  verschwieg: diese Regeln werden so wie es scheint willkürlich umgesetzt. 

Wir haben im Archiv vier Penalties gefunden, die diese Saison definitiv (weder beim ersten Schuss, noch beim Nachschuss) nicht verwertet wurden und deshalb relevant sind für die Frage, ob der Torhüter mit einem Fuss die Linie berührt hat:

  • Lawrence Ati Zigi gegen Young Boys
  • Noam Baumann gegen St. Gallen
  • Kevin Fickentscher gegen den FC Zürich
  • Laurent Walthert gegen den FC Zürich

Und siehe da! Von den vier Torhütern schien nur einer (Walthert) seinen Fuss auf der Linie zu haben! Baumann (Lugano) gegen St. Gallens Cédric Itten und Fickentscher (Sion) gegen Benjamin Kololli (FCZ) standen ähnlich knapp wie Zigi VOR der Linie – ohne dass es der VAR für nötig befand, dies zu melden! Die berechtigte Frage stellt sich also: wenn man es schon so genau nehmen will, warum nur, wenn es YB betrifft?

Bei St. Gallen – YB war Sandro Schärer der Verantwortliche VAR wie schon vor zwei Wochen bei FCZ – Basel, als er ein klares Stürmerfoul von Cabral gegen Nathan vor dem wichtigen 0:1 schon nach 12 Sekunden übersah – siehe: FCZ – FCB Analyse

Wie in St. Gallen war Alain Bieri zudem zum Saisonauftakt FCZ – Lugano Schiedsrichter gewesen, als er die Schwalbe von Jonathan Sabbatini vor dem Penalty zum wegweisenden 0:1 als „Foul“ taxierte, und von VAR Stephan Klossner nicht auf diese Fehlentscheidung hingewiesen wurde – siehe: FCZ – Lugano Analyse

Auffallend ist zudem schon seit etwa zwei Jahren die gehäufte Besserbehandlung von YB in entscheidenden Szenen sowohl in Spielen gegen den FCZ wie auch gegen andere Gegner – siehe: YB – FCZ Analyse

Hier die vier relevanten Penalties:

Lawrence Ati Zigi steht gegen YB hauchdünn VOR der Linie:

Noam Baumann steht gegen St. Gallen hauchdünn VOR der Linie:

Kevin Fickentscher steht gegen den FCZ hauchdünn VOR der Linie:

Laurent Walthert steht gegen den FCZ als Einziger AUF der Linie:

(Standbilder: Teleclub / SRF) 

 

7% + 5% = 0:2! FCZ – FCB 0:4 in der ausführlichen Analyse.

Der «Letzi» war die im Mittelalter errichtete Talsperre und «äussere Stadtmauer» von Zürich gegen Nordwesten hin. Diese Mauer hat heute ein Loch. Unglaubliche 20 der letzten 22 Gegentore seit September hat der FCZ zu Hause kassiert. Gegen den FCB erlitt man die dritte Heimniederlage in Folge mit durchschnittlich vier Gegentoren pro Partie. Drei Liga-Heimniederlagen in Folge gab es zuletzt ab März 2015. Damals waren es gar fünf Heim-Nuller hintereinander gewesen – alle allerdings nur mit einem Tor Differenz.

Seit mehr als einem Jahr ist hier auf Züri Live die Defensivschwäche des FCZ auf der Linken Seite ein Dauerthema und am Samstag wurde dieser Schwachpunkt vom FCB wie schon von vielen Gegnern zuvor dankbar ausgenutzt. Bei den letzten drei Kanterniederlagen zu Hause gegen Basel, Servette und YB entstand die Mehrzahl der Gegentreffer immer durch Unzulänglichkeiten auf der linken Zürcher Seite. Pa Modou vermochte dieses Dauerproblem zeitweise zu mindern. Seit der Captain der Gambischen Nationalmannschaft aber wieder angeschlagen aufläuft beziehungsweise ganz ausfällt, ist die linke FCZ-Flanke wieder die Schwachstelle, über welche die Gegner ihre Schlachten mal für mal gewinnen können.

Um dies einmal mehr zu demonstrieren, brauchte es am Samstag gegen den FCB gerade einmal 12 Sekunden. Dass Mads Pedersen kein von Haus aus defensiv solider Mann für die linke Seite ist, war schon vorher bekannt. Der Däne hat auch bei seinen früheren Stationen jeweils sehr ‘’optimistisch’’ agiert. Dieser unverhältnismässige Vorwärtsdrang im falschen Moment liess ihn schon vor dem frühen 0:1 in Sion zu hoch stehen und Kasami unbedrängt die Flanke zur Mitte schlagen. Diesmal liess er schon nach wenigen Sekunden die Hereingabe von Widmer in den Strafraum zu. Im Unterschied zum Spiel im Wallis, wo sich bei Pedersen die guten und die weniger guten Szenen in etwa die Waage hielten, misslang ihm in seinem etwas mehr als 30-minütigen Einsatz gegen den FCB alles – und dies wortwörtlich. Dass ein Spieler vom Platz muss, ohne dass ihm auch nur eine gute oder zumindest ordentliche Szene gelungen war, ist einzigartig.

Basel agierte nach der Rückkehr von Stocker, Cabral und Alderete weitgehend auf Bundesliga-Niveau. Bei der 2:3-Niederlage des Teams von Trainer Marcel Koller im Letzigrund im Oktober hatten Cabral, Alderete und dazu Torhüter Omlin noch gefehlt. Im Gegensatz zum Sion-Spiel konnte der FCZ gegen Basel mit hohen Bällen in den Strafraum kaum mal für Gefahr sorgen, ausser in der Schlussphase bei einer Massflanke aus dem Halbfeld von Antonio Marchesano, die Marco Schönbächler per Direktabnahme Richtung Basler Tor jagte – auch weil sein Gegenspieler Zhegrova ihn einfach laufen gelassen hatte und sich nicht um seine Defensivaufgaben scherte.

Mit dem im Letzigrund gezeigten Level des FCB war Pedersen schlichtweg überfordert, obwohl er nun schon ein halbes Jahr in einer Bundesligamannschaft trainiert und drei Wettbewerbseinsätze gehabt hatte. Wie schon bei der ersten Direktbegegnung der beiden Teams im September im St. Jakob Park gewinnt Rot-Blau erneut mit 4:0 und erneut ist Fabian Frei der überragende Mann der Partie – diesmal gar mit drei eigenen Treffern. Einmal mehr kam der FCZ für Basel genau zum richtigen Zeitpunkt. Dass der FCB gegen Zürich jeweils stärker motiviert scheint, als umgekehrt, wurde an dieser Stelle bereits im Herbst einmal erläutert: FCZ – FCB Vorschau: Warum ist die Bilanz gegen Basel so schlecht?

Aufgrund des deftigen Resultates mag es vielleicht auf den ersten Blick erstaunen, dass die Züri Live-Durchschnittsnote der eingesetzten FCZ-Spieler im Steigen begriffen ist. Beim Rückrundenauftakt gegen Luzern war die Team-Note mit 4,5 noch ungenügend, in Sion mit 5,2 knapp genügend und nun gegen Basel mit 5,6 weiter verbessert auf einer Skala von 1-10. Schaut man sich die Statistiken des Spiels genauer an, sieht man warum. Das Verhältnis der Erwarteten Tore lautet 1,19 : 1,91, was zwar aus Zürcher Sicht eine negative Quote ist, aber deutlich weniger negativ, als es das Resultat suggeriert – und auch besser, als noch in Sion.

Noch interessanter wird es, wenn wir uns das Expected Goals-Verhältnis bis zum Wechsel Marchesano für Domgjoni in der 62. Minute anschauen. In diesen ersten zwei Dritteln der Partie hatte der FCZ mit xG von 0,69 : 0,5 statistisch gar die besseren Torchancen. Das erwartete Resultat zu diesem Zeitpunkt wäre also 1:0 oder 1:1 gewesen – es war aber tatsächlich 0:2. In dieser Zeitperiode gab es im Spiel vier Torchancen mit einer Trefferwahrscheinlichkeit von 10% oder höher – drei davon durch den FCZ (2x Kramer, Domgjoni; Widmer). Die beiden Basler Tore gehören dabei nicht dazu – dem Abschluss von Frei zum 0:1 wird von «Wyscout» eine Trefferwahrscheinlichkeit von nur 7% zugewiesen, demjenigen von Stocker zum 0:2 gar nur 5%. Der FCB führte also alleine aufgrund der hervorragenden Abschlüsse der beiden Routiniers in diesen beiden Szenen. Beim FCZ waren die Abschlüsse hingegen deutlich weniger gut.

Von der 31. Minute an bis zum Ende der Partie hatte der FCZ zudem mehr Ballbesitz, als Basel. Das war der Zeitpunkt der Auswechslung von Mads Pedersen und der Umstellung von einem 4-2-3-1 auf ein 3-4-1-2. Die taktische und personelle Umstellung veränderte das Bild der Partie tatsächlich stark. Der FCZ bekam das Spiel in den Griff und Basel auf der anderen Seite hatte plötzlich Mühe, die richtige Positionierung und den Zugriff auf die FCZ-Aktionen zu finden. Wie dramatisch sich die Partie mit der taktischen Umstellung veränderte, kann man statistisch unter anderem am PPDA-Wert (Passes allowed Per Defensive Action) des FCZ ablesen, welcher die Pressing-Effektivität misst (je kleiner der Wert, desto besser). Zwischen der 16. und 30. Minute lag dieser bei 23,5 und katapultierte sich dann im Kontrast dazu mit 6,3 zwischen der 31. und 45. Minute und sogar 5,3 zwischen der 46. und 60. Minute auf ein komplett anderes Level.

Der FCB positionierte sich gegen den Ball weiterhin häufig mit grossen Abständen zwischen den Linien à la St. Gallen – aber nicht so gut wie Grün-Weissen. Speziell die Flügel Zhegrova und Stocker wussten nun jeweils nicht recht, ob sie vorne drauf gehen, oder sich eher zurückfallenlassen sollen und machten schlussendlich weder das eine noch das andere richtig. Dies gab dem FCZ trotz numerischer Unterzahl auf den Seiten immer wieder auch dort erstaunlich häufig freie Anspielstationen. Im Spiel ohne Ball agierte das Heimteam seinerseits anders als der Gegner zunächst deutlich konservativer mit einer Fünferkette hinten, was gut funktionierte, und dem FCZ ein Chancenplus einbrachte.

Speziell Marco Schönbächler machte seit langer Zeit endlich wieder mal eine richtig gute Partie! Wie schon zu Zeiten von Trainer Urs Meier scheint «Schönbi» in der Rolle als Linker Aussenläufer bei einer Fünferabwehr richtiggehend aufzublühen. Gerade weil diese Rolle grössere und umfassendere Anforderungen stellt, scheint dies den FCZ-Flügel zu besseren Leistungen zu treiben. Seine Defensivarbeit wirkt deutlich verbessert, und auch nach vorne sind seine Aktionen konkreter und zielstrebiger. Zusammen mit Mirlind Kryeziu machte der 30-jährige die linke Seite gut zu, solange er relativ tief stand. Kryeziu konnte zudem Mal für Mal mit seinen langen Diagonalbällen nach rechts vorne auf Rüegg, Tosin oder Mahi vielversprechende Angriffe einleiten.

Trotzdem kam der FCZ gleichzeitig zu den besseren Torchancen und hätte mindestens eine dieser Möglichkeiten nutzen müssen. Da dies aber nicht passierte, ging man mit der Einwechslung von Marchesano für Domgjoni erhöhte Risiken ein. Die Aussenläufer Rüegg und Schönbächler standen danach deutlich höher. Erst in diesem letzten Drittel der Partie hatte Basel dank den sich öffnenden Räumen dann ein Chancenplus. Auch weil der FCZ zusätzlich zum eingegangenen Risiko Fehler in der Rückwärtsbewegung machte. Beim 0:3 in der 80. Minute hatte Antonio Marchesano fünf Anspielstationen am gegnerischen Strafraum, eine Überzahlsituation, schoss aber wenig inspiriert den gegnerischen Innenverteidiger Alderete an. Schon beim Heimspiel gegen Luzern hatte der Tessiner mit einem ähnlichen Ballverlust gegen Lucas am gegnerischen Strafraum ein entscheidendes Gegentor eingeleitet. ‘’Tonino’’ lief zwar mit zurück, fokussierte sich dabei genauso wie Simon Sohm aber zu stark auf den ballführenden Edon Zhegrova, anstatt das Zentrum zuzumachen. Ähnliches passierte dann beim 0:4 auch den beiden Innenverteidigern Bangura und Nathan.

Speziell Marco Schönbächler und Kevin Rüegg reagierten emotional auf das 0:3 und versuchten mit energischem Forechecking, Vorstössen und Konfrontationen mit Gegenspielern das Ruder noch einmal herumzureissen – allerdings vergebens. Eher lamentierend sah man die Offensivakteure Blaz Kramer und Aiyegun Tosin, die beide ihrer Form von Ende der Vorrunde hinterherlaufen. Kramer agiert in manchen Aktionen zu unaufmerksam und hat das gegenseitige Spielverständnis bisher noch nicht mit allen Teamkollegen gut genug entwickeln können. Der Slowene schafft es zudem zu selten, als Zielspieler Bälle zu halten, bis Mitspieler aufrücken können, was eine enorm wichtige Rolle von ihm im Zürcher Spiel wäre.

Tosin ist bemüht, aber aktuell unglücklich, überhastet und teilweise etwas desorientiert agierend. Nach der Systemumstellung agierte Tosin als zweite Sturmspitze neben Kramer, stand aber speziell vor der Pause mehrmals taktisch schlecht. Eine solche zu tiefe Positionierung Tosins führte in der Folge zum Freistoss, der das 2:0 des FCB kurz vor der Pause brachte, weil davor Bangura an der Mittellinie ins Kopfballduell mit Stocker gezwungen worden war. Ausserdem ging Tosin jeweils viel zu früh und überhastet in den Abschluss. Seine drei Versuche hatten alle einen Expected Goals-Wert von jeweils weniger als 1%.

Zusammenfassend: der FCZ hat gegen Basel verloren, weil er seine Torchancen nicht genutzt und Mads Pedersen einen rabenschwarzen Tag erwischt hat, weil Tosin und Kramer ihrer Form hinterherlaufen und weil beim FCB die Leistungsträger wie immer gegen den FCZ bis in die Haarspitzen motiviert nach Sperren ins Team zurückgekehrt sind. Ausser in Bezug auf das Resultat ging der FCZ aber nicht „unter“. Er hatte bis zur 60. Minute ein Chancenplus und über weite Strecken der Partie mehr Ballbesitz. Auch rüttelten Schönbächler und Rüegg ihre Teamkollegen speziell nach dem 0:3 durchaus mit ihrem energischen Auftreten auf. Nur war es da schon zu spät.

Taktisch verfestigt die Partie die Erkenntnis, dass das 3-4-1-2 grundsätzlich den individuellen Qualitäten der FCZ-Kaderspieler entspricht: die offensiv-orientierten Aussenverteidiger, die Stärken der Innenverteidiger in der Vorwärtsbewegung, die gerne rotierenden und sich überkreuzenden Offensivspieler, sowie der Bedarf an Unterstützung der Aussenverteidiger durch jeweils einen Innenverteidiger als Nebenmann sprechen alle für dieses Spielsystem.

Dem wegweisenden 0:1 für den FC Basel haftete einmal mehr ein Makel an. FCB-Stürmer Cabral stiess im Zürcher Strafraum seinen Landsmann Nathan in den Rücken und verschaffte erst dadurch seinem Team den entscheidenden Vorteil. Auch schon das schnelle 1:0 von Sion vor einer Woche war nur durch ein ungeahndetes Foul von Xavier Kouassi zustande gekommen: Umaru Bangura ist wieder da! Sion – FCZ 1:1 Analyse.

In der Dritten Minute traf zudem Basel-Débutant Orges Bunjaku den zum Schuss ausholenden Mimoun Mahi von hinten. Für ein analoges Foul im Mittelfeld bei einem FCZ-Konter war in der Nachspielzeit eine Woche zuvor der Sittener Xavier Kouassi mit Gelb-Rot vom Platz geflogen. Mahi fiel im Basler Strafraum, die Berührung hatte aber noch knapp ausserhalb der Basler ‘’Box’’ stattgefunden – es hätte also einen frühen Freistoss für den FCZ aus gefährlicher Distanz geben müssen.

Schiedsrichter Athanasios Tzilos aus Griechenland war unter dem Strich trotzdem ein gutes Stück unparteiischer, als Schweizer Super League-Referees. So pfiff er zwei, drei Mal ein unfaires Einsteigen von Cabral im Luftkampf ab, welches Schweizer Schiedsrichter so gut wie nie gegen einen Favoriten pfeifen. Die Szene beim 0:1 mit Cabrals Foul ging schnell und war live sicherlich nicht einfach zu sehen. Man sollte sich aber die Frage stellen dürfen, warum nun im dritten FCZ-Rückrundenspiel in Folge (Foul Kouassi beim 0:1 in Sion, klares Handspiel von Schürpf im eigenen Strafraum gegen Luzern, Foul von Cabral beim 0:1 gegen Basel) der VAR (diesmal Sandro Schärer) bei einer entscheidenden Szene nicht eingriff. Vor allem wenn man sich vor Augen führt, dass er in der Person von Adrien Jaccottet dies bei einer analogen Situation bei einem Stürmerfoul von Jérémy Guillemenot gegen Taulant Xhaka im Spiel FCB – St. Gallen zugunsten von Basel sehr wohl tat, und den Treffer der Grün-Weissen (zu Recht) aberkannte.

FCZ – Basel 0:4 (0:2)

Tore:  1. Frei (Cabral) 0:1, 45.+1. Stocker (Bunjaku) 0:2; 80. Frei (Cabral) 0:3, 84. Frei (Zhegrova) 0:4.

FCZ: Brecher; Rüegg, Bangura, Nathan, Pedersen (31. M. Kryeziu); Domgjoni (62. Marchesano), Sohm; Tosin, Mahi (73. Kololli), Schönbächler; Kramer.

Basel: Omlin; Widmer, Cömert, Alderete, Riveros; Xhaka, Bunjaku (63. Zuffi); Stocker, Frei, Bua (31. Zhegrova); Cabral (80. Van Wolfswinkel).

(Standbilder: Teleclub)

Max & Mirlind halten dicht, bis die Biene doch noch sticht / FCZ – YB Analyse

Ludo Magnin setzt im Duell mit dem frischgebackenen Meister YB auf Kontinuität und geht wie schon ab der 15. Minute gegen Basel sowie im Derby mit einem 4-4-2 mit flachem Mittelfeld in die Partie. Auch personell begann der Zürcher Trainer mehr oder weniger so, wie er die Partie gegen GC beendet hatte. Toni Domgjoni ersetzte auf der rechten Seite im Mittelfeld den gesperrten Salim Khelifi und der im letzten Spiel gesperrt gewesene Andreas Maxsø kehrte zurück. Für ihn musste nicht Mirlind Kryeziu, sondern der zuletzt schwächelnde Umaru Bangura auf die Ersatzbank. Somit hatte der FCZ mit «Max & Mirlind» (Wilhelm Busch 2.0) zwei Innenverteidiger auf dem Platz, welche den physisch starken Bernern am Boden und in der Luft Paroli bieten können. YB operierte trotzdem viel mit hohen Bällen, der FCZ hatte aber in der eigenen Hälfte klar die Lufthoheit. Selbst Joël Untersee gewann mal ein Kopfballduell gegen den über weite Strecken blassen Guillaume Hoarau. Dafür demonstrierte bei flachem Spiel der frischgebackene Vater Roger Assalé als eigentlicher Berner Spielmacher immer wieder seine aktuelle Topform. Andreas Maxsø und Mirlind Kryeziu stellten mit je 12 Top-Defensivaktionen einen individuellen Saisonrekord auf, der zudem stark zum deutlichen kollektiven Saisonrekord von 65 Top-Defensivaktionen beitrug (bisheriger Bestwert: 45 – kürzlich beim 0:2 gegen Basel). Auch die Anzahl Top-Offensivaktionen und das Verhältnis der «Expected Goals» war aus Zürcher Sicht besser als bei den vorangegangenen drei Saisonduellen gegen die Gelb-Schwarzen.

Der FCZ hatte defensiv also trotz kleiner spontaner YB-Meisterfeier am Vorabend viel Arbeit und verrichtete diese überwiegend gut, auch wenn YB in der 1. Halbzeit durch Assalé und Fassnacht zwei Mal gefährlich hinter die Zürcher Abwehr kam. Bei Eckbällen hatten die Zürcher den Gegner diesmal weitgehend im Griff. Maxsø und Mirlind Kryeziu kümmerten sich um die beiden in der Luft gefährlichsten Gegenspieler Hoarau und Camara, Pa Modou übernahm den zuletzt im Wankdorf gegen den FCZ per Kopf treffenden Fassnacht, Kharabadze nahm Benito beziehungsweise Mbabu in Gewahrsam, Untersee agierte gegen Assalé und Hekuran Kryeziu gegen Moumi. Die beiden «Schwachpunkte» Umaru Bangura und Kevin Rüegg hingegen waren nicht involviert – Ersterer sass auf der Bank, der Zweite übernahm Raumdeckungsaufgaben.

In der spielentscheidenden Szene vermochte YB dann aber eine Bresche in die Zürcher Abwehrmauer zu schlagen. Dies weil YB für einmal Platz fand, um schnell umzuschalten, was ansonsten in dieser Partie vergleichsweise wenig vorkam. Beim hohen Ball von Mbabu erwischte YB den FCZ daher in der Rückwärtsbewegung und so vermochten Hoarau und Nsamé lokal gegen Maxsø eine zwei gegen eins-Überzahl zu kreieren. Der Däne musste sich für einen von beiden entscheiden und liess Hoarau unbedrängt zum Kopfball hochsteigen, um dafür den sich in die Tiefe davonstehlenden Nsamé decken zu können. Dies war eigentlich die richtige Entscheidung, denn Maxsø hätte Hoarau wohl nicht mehr genügend an der Kopfballweiterleitung stören können und so wäre Nsamé völlig frei zentral auf Torhüter Brecher zugelaufen. Da aber schlussendlich Timing, Präzision und Beschleunigung in dieser Aktion bei Hoarau und Nsamé auf äusserst hohem Niveau waren, konnte Maxsø Nsamé auch so nicht mehr stoppen, obwohl er relativ nahe an ihm dran war.

Vorangegangen war dieser Aktion allerdings ein klares Foulspiel von Mohamed Camara an Assan Ceesay im Berner Strafraum (siehe Bilder am Ende des Artikels). Als Spätfolge dieses Fouls musste Ceesay später ausgewechselt werden. Erst zog der YB-Verteidiger den rechten Arm des durchbrechenden FCZ-Stürmers mit beiden Händen in seine Richtung und beförderte ihn anschliessend mit einem Stoss in die Hüfte zu Boden. Trotz relativ guter Sicht auf die Aktion blieb die Pfeife von Schiedsrichter Fähndrich stumm. Die Geschichte wiederholt sich. Die Serie der Schiedsrichterfehlentscheide in den Duellen gegen YB wird langsam aber sicher skandalös. Zum vierten Mal (!) in den letzten fünf Duellen profitiert YB gegen den FCZ bei einem entscheidenden Tor von einem nicht gepfiffenen klaren Foulspiel – nach Mbabu gegen Rüegg, Hoarau gegen Winter und Von Bergen gegen Khelifi erneut ein YB-Tor nach einem schnellen Gegenstoss nach dem Foul von Camara an Ceesay. Die vielzitierte ausgleichende Gerechtigkeit existiert in den Duellen mit den meisten Super League-Teams, aber nicht gegen die Favoriten YB und Basel.

Neben dem Faktor, dass der häufig in der Challenge League eingesetzte Lukas Fähndrich selbst auf zweithöchster Stufe zu den schlechtesten Schweizer Referees gehört, könnte im aktuellen Fall durchaus auch eine Rolle gespielt haben, dass der schlaksige Ceesay auch wegen seinen Körperproportionen in anderen Situationen relativ schnell aus dem Gleichgewicht kommt, und sich dann häufig am Kopf hält, auch wenn er an anderer Stelle getroffen worden ist. So wie Ceesay eher zu häufig beim Schiedsrichter moniert, tut dies Toni Domgjoni vielleicht zu wenig. Praktisch an gleicher Stelle, wo ihm schon gegen Basel nach dem Foul von Luca Zuffi ein Penalty verweigert worden war, wurde er von Moumi in der 81. Minute erneut ohne Folgen penaltyreif gefoult (siehe Bilder am Ende des Artikels). Erst stiess ihn der Kameruner bei einem Einwurf von Untersee von hinten in Mitspieler Maxsø rein, dann rappelte sich Domgjoni schnell wieder auf, dribbelte dabei technisch gekonnt halb im Liegen, nur um gleich nochmal von Moumi von hinten einen Schlag auf die Wade zu kriegen und dadurch erneut zu Boden zu gehen. Da Domgjoni in solchen Situationen als gefoulter Spieler kein aufhebens macht, fiel das Ganze Schiedsrichter Lukas Fähndrich offenbar zu wenig auf. Es ist daher umso unpassender, dass Mbabu ausgerechnet Domgjoni nach seinem korrekten Tackling im YB-Strafraum in der 89. Minute, nach welchem Domgjoni aber angeschlagen liegen blieb und ausgewechselt werden musste, diesem Simulation vorwarf. Auf der Gegenseite fällt Lukas Fähndrich auch eine falsche Entscheidung zuungunsten YB’s – als Pa Modou seitlich des eigenen Strafraums Nicolas Moumi foult, sieht dieser fälschlicherweise Gelb wegen angeblicher „Schwalbe“.

Weiter muss man leider feststellen, dass die Anzahl Schläge ins Gesicht des Gegenspielers pro Spiel bei YB wieder am Zunehmen sind, nachdem sie nach dem Abgang Sekou Sanogos zwischenzeitlich mal abzunehmen schienen. In der 63. Minute begeht Jean-Pierre Nsamé gegen Hekuran Kryeziu bei der Mittellinie mit einem Schlag ins Gesicht eine Tätlichkeit – Schiedsrichter Fähndrich schaut in diesem Moment in eine andere Richtung (siehe Bilder am Ende des Artikels). Es ist ein noch klarerer Fall als derjenige von Djuricin im Derby. Dass es aber eine entsprechende Sanktion nach sich ziehen wird, ist unwahrscheinlich. Denn obwohl alle Spiele nach offiziellen Angaben vom Schiedsrichterdepartement des SFV jeweils in voller Länge nochmal angeschaut werden, werden Sanktionen erfahrungsgemäss nur in Fällen verhängt, die in der TV-Nachberichterstattung stark thematisiert werden. In der 73. Minute schlägt auch Loris Benito am Zürcher Strafraum Toni Domgjoni die Hand ins Gesicht (siehe Bild am Ende des Artikels) – immerhin war es in diesem Fall im Kampf um den Ball und nur vorsätzlich statt absichtlich – daher hätte Gelb und Freistoss für den FCZ vom eigentlich gut postierten Fähndrich gereicht. Die dritte Hand im Gesicht sieht Fähndrich dann doch noch. Es gibt Gelb für die Aktion von Nsamé, der in Erwartung des einzigen Zürcher Eckballes der Partie in der 82. Minute zuerst auffällig nach der Positionierung des Schiedsrichters Ausschau hält, bevor er mit der Hand an Unterkiefer und Hals Hekuran Kryeziu umstösst (siehe Bilder am Ende des Artikels).

Schliesslich noch die Presseschau: Für die Spielberichterstattung war bei Tagi (Thomas Schifferle) und NZZ (Stephan Ramming) zuletzt wieder vermehrt das «Duo Infernale» nicht nur der FCZ-Aversion, sondern auch der allgemeinen Fussball-Unlust am Start. Kommentieren muss man das meiste nicht, aber beim Artikel Schifferles zum YB-Spiel gibt es eine Aussage («von Nachwuchsförderung ist (beim FCZ) nichts zu sehen»), auf die man vielleicht dann doch mal eingehen muss. Seit in einer «Heimspiel»-Sendung bei Teleclub die Behauptung aufgestellt wurde, unter Ludovic Magnin würden gar nicht wirklich mehr junge Spieler eingesetzt, als zuvor bei Uli Forte, hat sich diese Aussage zu einem dieser vielen Allgemeinplätze entwickelt, die dann jeweils über Dutzende von Zeitungsartikeln und Diskussionssendungen hinweg von etlichen Experten und Journalisten nachgeplappert werden, ohne dass irgendwann mal einer auf die Idee kommen würde, nachzuprüfen, ob sie auch stimmt. Denn natürlich stimmt sie nicht: Forte hatte mit Magnins ehemaligem Academy-Schützling Kevin Rüegg nur einen Teenager als Stammspieler – als Ludo Magnin übernahm, waren es dann in der Summe drei mit zusätzlich Toni Domgjoni und wahlweise Izer Aliu oder Fabian Rohner. Drei von elf oder einer von elf ist ein gewaltiger Unterschied. Und mehr würde von den gleichen Journalisten und Experten als „Jugendwahn“ bezeichnet werden. Insgesamt kamen in Fortes erster Saison nur drei und in der zweiten nur vier Spieler als Teenager insgesamt mehr als 90 Minuten zum Einsatz – bei Magnin sind es in der noch laufenden Saison bereits zehn! Zusätzlich zu Stammspielern wie Kharabadze oder Domgjoni sind selbst ein Simon Sohm, Hakim Guenouche oder Fabio Dixon bisher mehr als 300 Wettbewerbsspielminuten auf dem Platz gestanden.

FCZ – YB 0:1 (0:0)

Tore:  79. Nsamé (Hoarau) 0:1.

FCZ: Brecher; Untersee, Maxsø, M. Kryeziu, Pa Modou; Domgjoni (90. Nef), Rüegg, H. Kryeziu, Kharabadze; Marchesano (76. Odey), Ceesay (84. Schönbächler).

Young Boys: Von Ballmoos; Mbabu, Camara, Von Bergen, Benito; Fassnacht (58. Nsamé), Aebischer (80. Lauper), Sow, Moumi; Assalé (80. Schick), Hoarau.

63. Minute: Ungeahndete Tätlichkeit Jean-Pierre Nsamé gegen Hekuran Kryeziu

73. Minute: Loris Benito schlägt ungeahndet Toni Domgjoni im Kampf um den Ball die Hand ins Gesicht

79. Minute: Mohamed Camara foult ungeahndet Assan Ceesay im YB-Strafraum, im direkten Gegenzug fällt das 0:1 

81. Minute: Ungeahndetes Doppelfoul von Nicholas Moumi gegen Toni Domgjoni im YB-Strafraum

82. Minute: Jean-Pierre Nsamé stösst Hekuran Kryeziu mit Griff an Unterkiefer und Hals um und sieht Gelb

84. Minute: Verletzungsbedingte Auswechslung Assan Ceesays

90. Minute: Verletzungsbedingte Auswechslung Toni Domgjonis 

(Standbilder Teleclub)

FCZ – YB 0:0 – Spielbericht und Highlights

Der Spitzenkampf zwischen den beiden Tabellenersten im Letzigrund wurde seiner Bezeichnung gerecht – von Beginn weg um jeden Ball erbittert gekämpft – ob am Boden oder in der Luft. Der FCZ mit der Achse Frey – Rüegg – Nef gab die Marschrichtung vor, und ging von Anfang an Vollgas.  Da Neuverpflichtung Thelander noch nicht spielberechtigt war, und Bangura ausfiel, spielte Victor Palsson in der Innenverteidigung. Wie schon in der Zweiten Halbzeit in Chippis hatte der Isländer dabei aber Orientierungsprobleme im Deckungsverhalten und produzierte einige Fehlpässe von hinten heraus. Und wie schon im Wallis im Duell mit Manuel Mvuatu (2,02 m) stützte er sich im Luftduell wie auf einem Pferdpauschen beim grossgewachsenen Guillaume Hoarau (1,92 m) auf, um diesen zu überspringen.

YB konnte in der Zweiten Halbzeit mit neuer Taktik (Christian Fassnacht beispielsweise begann auf dem Flügel im Dreimannsturm, wechselte dann ins Mittelfeld und beendete die Partie als Sturmspitze neben dem eingewechselten Nsamé) das Szepter mehrheitlich übernehmen. Trotz „Europacupsandwich“ (ZSKA Moskau als Brot, Super League-Spitzenkampf als Fleisch) und Auswärtsspiel konnten die Berner in Halbzeit Zwei im Gegensatz zum FCZ nochmal zulegen, was durchaus etwas über die aktuellen Stärkeverhältnisse zwischen den beiden Teams aussagt. Schiedsrichter Klossner fuhr wie auch generell die anderen Schiedsrichter in der Schweiz seit Saisonbeginn eine tolerantere („englischere“) Linie, was grundsätzlich zu begrüssen ist. Es trägt wesentlich zur Attraktivität der Spiele bei, und die Entscheide wirken weniger willkürlich. Auch wenn dann in der Zweiten Halbzeit Klossner und sein Assistent leider ein Vergehen von Kevin Mbabu im eigenen Strafraum,  als dieser den in Richtung Rodriguez rollenden Ball mit dem Arm blockierte, übersahen.

FCZ – YB 0:0 (0:0)

Tore: Je eines war an beiden Enden des Feldes aufgestellt.

FC Zürich: Vanins; Nef, Palsson, Brunner; Winter, Rüegg, Sarr, Pa Modou; Dwamena, Frey, Rodriguez (69. Koné).

BSC Young Boys: Von Ballmoos; Nuhu, Von Bergen, Benito; Mbabu, Sanogo, Sow, Lotomba (46. Schick); Fassnacht, Hoarau (74. Ravet), Assalé (46. Nsamé).

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