Man spricht Holländisch

Vor dem Start der Championship Group im Mai werden innerhalb des FCZ die Rollen erneut neu verteilt. Ricardo Moniz ist der neue Trainer der 1. Mannschaft. Dies ist innert weniger Monate nach Leiter Spielerentwicklung sowie „Coach the Coaches“ und danach zusätzlich U21-Trainer bereits die dritte Position, die er im Klub bekleidet. Dies ist typisch für den Werdegang des Holländers, dessen ganze Trainerkarriere von unzähligen Rollen- und Klubwechseln geprägt ist. Sein Steckenpferd war immer die ganzheitliche Talententwicklung – fussballerisch, athletisch, aber auch als Persönlichkeiten. Seine Arbeit ist stark Philosophie-basiert und passt daher zur aktuellen Phase der Neuausrichtung im FCZ. Das Modell „Ajax“ war in diesem Zusammenhang ein Thema in den Medien. Moniz ist gegenüber den Entwicklungen bei Ajax in den letzten Jahrzehnten aber eher kritisch eingestellt. Der 59-jährige Holländer springt von einem Projekt zum nächsten, gibt Impulse – und übernimmt dann wieder eine neue Aufgabe. Zu diesen vielen Projekten gehörten auch verschiedenste Trainerpositionen in 1. Mannschaften, die meist relativ schnell wieder endeten. Trotzdem ist nicht komplett auszuschliessen, dass er im Erfolgsfall über den Sommer hinaus auf der Cheftrainer-Position bleiben könnte. Eine Überraschung wäre einzig, wenn Moniz zum Saisonstart 25/26 immer noch diese Rolle bekleiden würde.

Seine Trainerkarriere auf höherer Stufe begann vor 23 Jahren bei GC. Der Schweizerische Fussballverband hatte Mitte der 90er-Jahre begonnen, stärker auf die Nachwuchsentwicklung zu fokussieren. GC wurde diesbezüglich zu Beginn der Nullerjahre zum Vorreiter auf Klubebene und holte sich mit Moniz Expertise aus Holland. Das Produkt davon waren die Karrieren der Talente Diego Benaglio, Stephan Lichtsteiner, Baykal Bellusci, Reto Ziegler, Eldin Jakupovic, Vero Salatic, des heutigen FCZ-Sportchefs Milos Malenovic und des heutigen Lugano-Sportchefs Carlos Da Silva. Assistiert wird Moniz beim FCZ von Johan Vonlanthen, der genaugenommen in drei Ländern aufwuchs: Kolumbien, Schweiz und Niederlande. Denn dass Ihm nicht die ganz grosse Karriere vergönnt war, bringt Vonlanthen im Rückblick auch mit seiner fehlenden Reife in Verbindung, als er im Alter von nur 17 Jahren aus dem Kanton Freiburg nach Eindhoven zog – und dort auf sich allein gestellt war. Die Holländer hatten immer ein Flair für den jüngsten EM-Torschützen, weil er fussballerisch so ziemlich dem Idealbild eines „holländischen“ Fussballtalentes im 4-3-3 System entsprach.

Dass Vonlanthen durch seine fünf Jahre im Süden der Niederlande stark mitgeprägt wurde, merkt man unter anderem daran, dass er sich mit Moniz auf der Trainerbank auch auf Holländisch austauscht. Man sprach neben den verschiedenen von Goalie-Trainer Piu Da Costa beherrschten Sprachen in den letzten Wochen und Monaten unter anderem auch Holländisch auf der FCZ U21-Trainerbank. Und wird dies nun auch in der 1. Mannschaft tun. Vonlanthen und Moniz waren Mitte der Nullerjahre kurze Zeit gemeinsam in Eindhoven und trafen dann später in Salzburg wieder aufeinander, wo Moniz in der Rückrunde der Saison 10/11 Vonlanthens Coach war. In der Saison davor hatte Vonlanthen leihweise beim FCZ gespielt. Der erste Einsatz des Trainerduos Moniz / Vonlanthen an der Seitenlinie kam am 16. Januar unverhofft zustande, als die müde aus dem Trainingslager zurückgekehrte 1. Mannschaft das Testspiel gegen den FC Aarau (Challenge League) ihrer U21 überliess.

Die Gelegenheit packten die neuen U21-Trainer beim Schopf – auch um ihren eigenen Spielern zu zeigen, was mit intensivem Pressing gegen einen solchen Gegner möglich ist. Der FC Aarau, der die Begegnung als normales Testspiel betrachtete, wurde dominiert und 4:2 besiegt: Mehr dazu hier. Aus den ersten fünf Wettbewerbsspielen nach der Winterpause holte die U21 dann zehn Punkte, was zusammen mit der guten Vorrunde bereits die halbe Miete auf dem Weg zum sehr wahrscheinlichen Klassenerhalt war. Nach dem FCSG II ist das Moniz-Team dasjenige mit dem intensivsten Pressing der Promotion League. Beim Ballbesitz liegt es an 5. Position: Hier geht es zu den Details dazu. Aus den letzten vier Partien gab es sechs Punkte mit einem Torverhältnis von 2:5 – auch wegen eines ähnlichen Problems wie in der 1. Mannschaft. Chancen werden relativ viele erarbeitet, aber in Abwesenheit des rekonvaleszenten Team-Topskorers Labinot Bajrami hapert es im Abschluss. Dazu kommen individuelle Schwächen im Defensivverhalten in allen Linien.

Wie es seit der Winterpause auf allen Stufen üblich ist, wurde die U21 in den letzten Wochen verjüngt. Vermehrt kommen Spieler aus der U19, U17 oder gar U16 in der Promotion League zum Einsatz. Sind diese kurzfristig auch schon relevant für die 1. Mannschaft? Wohl eher nicht. Dass aber dem ein oder anderen U21-Spieler, der bereits zu Einsätzen in der 1. Mannschaft gekommen ist (Di Giusto, Tsawa, Ligue, Hodza,…), in den „Finalspielen um die Europacup-Qualifikation“ noch etwas mehr Vertrauen entgegengebracht wird, ist durchaus denkbar. Auch ein allfälliges Super League-Début des 18-jährigen Sambiers Joseph Sabobo, der schon seit einiger Zeit auf der FCZ-Kontingentsliste aufgeführt ist. Oder dasjenige von Labinot Bajrami oder eines Eins-gegen-Eins Spielers wie Pirosch Fischer.

Trend beim FC Wil: wenig Tore, viel Ballbesitz

fcz-wil-statistischer-vergleich

Wenn der FC Wil heute in Zürich viel Ballbesitz haben sollte, muss dies aus Zürcher Sicht nicht zwingend ein schlechtes Zeichen sein. Bis zur 12.Runde und dem 5:1 zu Hause gegen den FC Winterthur hatten die St.Galler häufig wenig Ballbesitz gehabt, aber viele Punkte geholt. In den letzten vier Partien gegen Servette, Chiasso, Le Mont und Wohlen musste Wil hingegen das Spiel machen und erzielte insgesamt nur noch zwei Tore. Gegen tiefstehende Gegner wurde der Weg und die Zeit zum Tor länger, so dass von 76 Abschlüssen 57 nicht aufs Tor kamen. Der FCZ hatte in den letzten fünf Partien nur knapp über 50% Ballbesitz, brachte aber die Hälfte seiner Abschlüsse aufs Tor und erzielte vier Treffer pro Partie.

fcz-moegliche-aufstellung-gegen-wil-1611

Kay Voser kam zwar nach seiner Verletzung in Genf gegen Villarreal sofort wieder zurück auf den Platz, wirkte dabei aber nicht ganz auf der Höhe und fehlte nun in Chiasso ganz. Für das im Tessin eher mässig agierende Duo Stettler/Kempter könnten diesmal möglicherweise Brunner und Alesevic in der Startformation stehen. Buff ist fraglich – an seiner Stelle würde wohl wieder Marchesano spielen, da Uli Forte wohl eher wieder auf eine Viererabwehr umstellen wird. Roberto Rodriguez kehrt von seiner Sperre zurück, und auch wenn Adrian Winter bei Forte praktisch immer spielt, könnte diesmal der zur Zeit frischere Schönbächler den Vorzug erhalten. Armando Sadiku ist noch nicht wirklich ready für einen Startelfeinsatz. Turnusmässig könnte daher heute wieder Koné an Stelle von Cavusevic in der Startformation stehen.

wil-moegliche-aufstellung-in-zuerich-1611

Wil muss auf die gesperrten Korkmaz und Bühler verzichten. Dies sieht Uli Forte als einen Vorteil für den FCZ. Rechtsverteidiger Nganga ist eine Option für eine Innenverteidigerposition neben dem Rumänischen Nationalverteidiger Papp. Die andere Variante ist, dass Adonis Ajeti (Zwillingsbruder von Albian Ajeti (St.Gallen) und jüngerer Bruder von Arlind Ajeti (Torino)) wieder einmal eine Chance von Beginn weg erhält. Eine Dreierabwehr wäre grundsätzlich auch eine Variante, wogegen aber die Personalie Martin Rueda spricht, der seit seinen Anfangszeiten in Aarau vor mehr als einem Jahrzehnt kaum noch mal in diesem System spielen liess. Akin und Bottani sind fraglich, Juniorennationalspieler Marvin Spielmann könnte den bisher wenig überzeugenden Johan Vonlanthen (siehe unten Interview mit Züri Live vor Jahresfrist) ersetzen. Der zur Zeit konstanteste Wiler Offensivmann ist der aus der Türkei gekommene Nigerianer Nduka Ozokwo. Samir Fazli ist für Challenge League-Verhältnisse ein Topstürmer, hat aber nach seinem langwierigen Kreuzbandriss von letzter Saison erst in Ansätzen wieder auf sein altes Niveau zurückgefunden.

Vonlanthen: „Champions League war einmalig“

Johan Vonlanthen hat nach seiner Rückkehr in den Schweizer Fussball in der ersten Saison bei GC und Schaffhausen noch einige Anlaufschwierigkeiten gezeigt, Seit dieser Saison beim Servette FC zeigt der ehemalige FCZ-Stürmer aber aufsteigende Tendenz. Der ehemalige Nationalspieler lobt die Arbeit von Trainer Kevin Cooper und dessen Team, arbeitet an seinem Französisch und erinnert sich zurück an seine Zeit beim FCZ in der Saison 09/10: