Tosin Notenbester, Plus- / Minusbilanz spricht für Coric – Halbzeitanalyse, Teil 8
Nach der Beleuchtung der verchiedensten Offensiv-, Defensiv- und Teamaspekte folgt heute die Gesamtbewertung der Einzelleistungen der FCZ-Profis in der Vorrunde. Den besten Notenschnitt hat mit 8,2 der gegen das Ende der Runde eingreifende Tosin erreicht. Dahinter folgen Marchesano, Ceesay, Guerrero und Seiler alle ebenfalls mit einem Notenschnitt von mindestens „7“. Zum Vergleich: den letztjährigen besten Notenschnitt hatte Umaru Bangura mit 8,0 – allerdings war dies sein einziger Saisoneinsatz für den FCZ (zudem im Cup). Dahinter folgten der nur phasenweise spielende Lasse Sobiech (7,5) und Joker Fabian Rohner (7,3). Trotz insgesamt starker Vorrunde hat ein Drittel der Mannschaft eine ungenügende Durchschnittsnote.
Antonio Marchesano langjähriger Leistungsträger und „Extremely Valuable“ auswärts zu Beginn der Saison
Am häufigsten Most Valuable Player war diese Vorrunde Antonio Marchesano. Fünf dieser Auszeichnungen erhielt der Tessiner in den ersten sieben Saisonpartien zugesprochen, und zwar war er in dieser Phase in allen Auswärtspartien der beste Zürcher: in Lugano, Luzern, Solothurn, St. Gallen und Bern. Im Dezember war er dann beim 4:0 gegen Luzern erstmals in dieser Vorrunde in einem Heimspiel der MVP.
Antonio Marchesano war auch von den langjährigen Kaderspielern der mit Abstand konstanteste und fiel in keiner Halbserie unter die Durchschnittsnote „6“. Tosin ist nach einer ganz schwachen Saison 20/21 zuletzt nach einer langwierigen Verletzung „wie Phönix aus der Asche“ auf dem Platz „auferstanden“. Ahnliches gilt für Mirlind Kryeziu, dessen steiler Abstieg nach der starken Vorrunde 19/20 anhand der Züri Live-Noten plastisch ersichtlich ist. Assan Ceesay hatte schon immer in der Vorrunde, vor allem in den ersten drei Monaten, bessere Leistungen gezeigt, als in der Rückrunde. Becir Omeragic und Blaz Kramer konnten sich nach ungenügenden Rückrunden 20/21 ebenfalls steigern.
Guerrero hat bessere Unterstützung von hinten als Boranijasevic
Yanick Brechers Züri Live-Noten fielen nach einem sehr guten Saisonstart nach einem Saisondrittel in den ungenügenden Bereich. Seither ging es langsam, aber stetig wieder bergauf.
Mirlind Kryeziu hatte während grossen Teilen der Vorrunde unter den Zentralen Abwehrspielern die beste Durchschnittsnote. Seine beste Phase begann mit dem Cupspiel beim ehemaligen Leihklub Kriens mit einer Steigerung auf das zweite Derby hin und einer Durchschnittsnote von über “8“ über einen gleitenden Durchschnitt von fünf Partien. In der Schlussphase der Vorrunde steigerte sich dann Fidan Aliti zum verlässlichsten Innenverteidiger mit vermehrten Offensivimpulsen. Becir Omeragic, der in der Phase auf das Cupspiel in Kriens hin in den ungenügenden Bereich rutschte, blieb genauso wie Lindrit Kamberi fast durchweg auf einem tieferen Notenniveau. Dementsprechend genoss Adrian Guerrero jeweils etwas bessere Unterstützung auf seiner Seite als Nikola Boranijasevic und konnte dementsprechend auch die ganze Vorrunde hindurch ohne Gegentor im Aufbauspiel des Gegners über seine Seite bleiben.
Adrian Guerrero repräsentiert mit seiner pointierten Leistungskurve die Mannschaft als Ganzes am besten: nach einem Super-Start ein Leistungsabfall verbunden mit taktischen Experimenten – und dann ab etwa Vorrundenmitte wieder eine kontinuierliche Steigerung bis zu den sechs Siegen in Serie am Ende. Noch extremer verlief die Notenkurve bei Fabian Rohner, der von einer 8,5 nach dem Solothurn-Spiel bis auf etwa eine „3“ nach dem zweiten Derby runterfiel. Danach gab es wieder eine klare Steigerung. Allerdings waren bei ihm die letzten drei Partien im Gegensatz zu vielen anderen Akteuren im Kader dann wieder ungenügend. Boranijasevics Kurve war konstanter und abgesehen vom ersten Spiel in Lugano immer im genügenden Bereich – aber in der Regel unter derjenigen von Guerrero.
Viele ungenügende Leistungen im Zentrum
Auf den Zentralen Positionen lag in der Vorrunde der grösste Schwachpunkt der Mannschaft. Ousmane Doumbia war der einzige Spieler, der sich konsistent im genügend bis guten Bereich bewegte. Für Marc Hornschuh könnte man dies ebenfalls sagen, wenn man den Beginn und das Ende der Vorrunde ignorieren würde. Bledian Krasniqi bewegte sich nur kurze Zeit rund um das Cupspiel in Yverdon und dann wieder ganz am Ende im genügenden Notenbereich. Bei Blerim Dzemaili, der in Bern mit Tiefstnote „1“ startete, war es danach ähnlich wie bei Krasniqi – nur auf einem um eine halbe Note tieferen Level. Moritz Leitner (tiefste Durchschnittsnote) brachte zwar in einigen Phasen Struktur ins Zürcher Spiel, war aber dem Tempo und den defensiven Anforderungen auf seiner Position häufig nicht gewachsen und schaffte es die ganze Vorrunde hindurch nie auf ein genügendes Level.
Cup-Out in Yverdon für Pollero fatal
Rodrigo Pollero hatte drei schlechte und drei knapp genügende Auftritte zu Beginn der Saison. Mitentscheidend dafür, dass er in der zweiten Phase der Vorrunde nicht mehr berücksichtigt wurde, war die Cupniederlage in Yverdon, wo Pollero trotz eines Assists insgesamt knapp ungenügend war und sehr viele Torchancen vergab. Auch andere Spieler, die in Yverdon eine Chance erhielten, wurden danach kaum mehr berücksichtigt. Trainer Breitenreiter scheint stark auf die Punktestatistik zu schauen. Fussball ist ein Mannschaftssport, in welchem die Einzelleistung zwar detailliert analysiert werden kann, aber trotzdem am Ende manchmal unsichtbare Feinheiten entscheiden. Dies spricht für eine starke Gewichtung einer Punktestatistik oder Plus-/Minusbilanz. Mit Blaz Kramer und Tosin beispielsweise hat das Team diese Saison bisher immer gewonnen.
Da nutzte Pollero auch nichts mehr, dass seine Leistungen bei den beiden Unentschieden gegen GC und Basel vor und nach der Cuppartie in Yverdon gut gewesen waren. Im Gegensatz zu anderen nicht mehr berücksichtigten Spielern wählte der Uruguayer in der Winterpause die Wechseloption und spielt nun ausgeliehen von Schaffhausen bei Lausanne-Sport. Bei den Waadtländern klaffte in der Vorrunde auf der Sturmposition eine grosse Lücke. Akaki Gogia hatte mit dem ersten Derby und dem Heimspiel gegen Basel und weiteren Aktionen einzelne Glanzpunkte, blieb aber weitgehend im ungenügenden Bereich. Ante Coric begann sehr gut in Kriens und gegen Servette und hatte danach zuerst einen leichten und später einen deutlichen Leistungsabfall.
Ceesay bleibt auch während Torflaute wichtig
Blaz Kramer ist trotz Steigerung gegen Ende der Vorrunde noch nicht richtig in der Saison angekommen. Tosin hingegen explodierte „von 0 auf 100“ und war ein wichtiger Faktor des erfolgreichen letzten Drittels. Genauso wie Gnonto, der sich nach einem Auf und Ab zum Ende der Vorrunde hin immer besser durchsetzen konnte und sich zu einem mindestens gleichwertigen Stammplatzkandidaten im Sturm gemausert hat. Auch wenn die Tor- und Assistproduktion von Assan Ceesay wie üblich im Verlauf der Vorrunde zurückging, blieben seine Leistungen insgesamt konstant gut. Der Gambier behielt seine in dieser Vorrunde neu gewonnene Ballsicherheit bei und verrichtete wertvolle Arbeit für die Mannschaft. Antonio Marchesano hatte nach einem Traumstart eine kontinuierlich nach unten zeigende Notenkurve. Wenn eine solche sinkende Kurve am Ende der Vorrunde aber trotzdem in der Region einer „6,7“ landet, dann kann man trotzdem nicht wirklich ein negatives Fazit ziehen. Tonino bleibt wie in den letzten Jahren wohl DER konstante Leistungsträger schlechthin im Zürcher Team.
Top oder Flop gegen Servette und YB
Interessant die Statistik des Züri Live-Notenschnitts der Mannschaft in Abhängigkeit des Gegners in den letzten zweieinhalb Jahren. Lausanne-Sport liegt dem Team offenbar am besten. Der Gesamtnotenschnitt liegt knapp über 6,0. Die tiefsten Noten hatte die FCZ-Mannschaft hingegen gegen Vaduz, Chiasso und Wil. Erstaunlich wie beispielsweise die Durchschnittsnote in den vier Partien gegen Vaduz letzte Saison jeweils fast identisch war. Mit diesem Gegner hatte man konstant grosse Mühe. Gegen Lugano, Thun oder GC war man konstant, gegen Basel präsentierten sich die Leistungen auch vorwiegend gut. Eine grosse Bandbreite an Leistungen gab es hingegen gegen Servette, YB, Luzern oder Xamax. Gerade gegen Servette und YB gab es Auftritte, die zu den besten und zu den schlechtesten in den letzten zweieinhalb Jahren gehörten.
Dzemaili und Leitner mit den meisten schlechten Aktionen
Neben den Pluspunkten im Offensiv- und Defensivverhalten, fliessen auch Negativpunkte in die Benotung ein. Diese Wertung wird erstmals auch publiziert. So gab es beispielsweie aufgrund von unnötigen Ballverlusten, schlechter Defensiv- oder Offensivarbeit für Blerim Dzemaili 16 Negativpunkte und für Moritz Leitner 15,5 Negativpunkte pro 90 Minuten. Auch Gogia, Coric, Wallner, Pollero oder Kramer hatten viele Negativpunkte zu verzeichnen. Bei einem Ousmane Doumbia oder Nikola Boranijasevic werden die ebenfalls überdurchschnittlichen Negativpunkte in der Regel durch ihre ebenfalls zahlreichen Pluspunkte mehr als kompensiert. Adrian Guerrero ist hingegen im Vergleich mit Boranijasevic etwas disziplinierter, präziser und weniger fehleranfällig und hat darum eine etwas bessere Gesamtbilanz. Abgesehen von den Torhütern am wenigsten Negativpunkte pro 90 Minuten haben Assan Ceesay und Fidan Aliti erhalten. Tosin scheint im Vergleich zu früher solider und reifer geworden zu sein.
Die Negativpunkte pro 90 Minuten haben bei Ante Coric im Verlauf der Vorrunde kontinuierlich stark zu genommen. Pollero hat sich hingegen im -Verlauf der Vorrunde im „oberen“ (schlechteren) Mittelfeld bei rund 9 Negativpunkten pro 90 Minuten stabilisiert. Dzemaili fiel nie unter einen Wert von 13 und gegen Ende der Vorrunde nahm dieser auf etwa 17 zu. Bei Leitner hingegen waren die Negativpunkte nach dem Peak rund um das zweite Derby mit der Zeit auf den immer noch hohen Wert von etwa 12 pro 90 Minuten zurückgegangen.
Auch Wilfried Gnonto hatte seinen Peak an Negativpunkten rund um das zweite Derby und konnte diese danach stark reduzieren auf noch vier Negativpunkte pro 90 Minuten am Ende der Herbstrunde. Kramers Negativpunkte waren zum Ende der Vorrunde hoch. Doumbia und Boranijasevic hatten eine konstante Entwicklung im oberen Mittelfeld.
Bei der absoluten Zahl an Negativpunkten liegt Ousmane Doumbia klar an der Spitze vor den in der Regel auf der rechten Seite agierenden Boranijasevic und Omeragic. Dzemaili hat in 721 Spielminuten gleich viel Negativpunkte erhalten wie Marchesano in mehr als der doppelten Spielzeit.
Blaz Kramer als lebendes „Maskottchen“
Lindrit Kamberi, Stephan Seiler, Blaz Kramer und Tosin haben eine makellose Punktebilanz vorzuweisen. Im Falle von Kramer waren das neun Spiele! Bei den ersten drei der Serie von vier Siegen zum Saisonbeginn war der Slowene genauso dabei wie als dem Team mit Kramers Rückkehr eine Serie von sechs Siegen zum Schluss gelang. Gegen die beiden Spitzenteams Basel und YB stand er dabei nur ein Mal (1:0-Heimsieg gegen die Berner) auf dem Platz. Der 25-jährige ist also das lebende „Maskottchen“ der Mannschaft. Eine vergleichsweise schlechte Punktebilanz weisen Moritz Leitner, Ante Coric, Akaki Gogia oder Rodrigo Pollero auf. Dies hatte sicherlich Einfluss auf ihre Einsatzzeiten und wog schwerer als ihre teilweise guten Statistiken bezüglich gewisser Einzelaspekte.
Punktebilanz täuscht: Plus- / Minusbilanz spricht stark für Ante Coric
Züri Live errechnete zudem erstmals nach Vorbild des Eishockeys eine Plus- / Minusbilanz (Tore minus Gegentore bei denen ein Spieler auf dem Platz stand). Hier liegt erstaunlicherweise (pro 90 Minuten) Ante Coric an erster Position, der gleichzeitig die zweitschlechteste Punktebilanz und im Verlauf der Vorrunde einen Negativtrend bezüglich mehrerer Indikatoren zu verzeichnen hatte. Der FCZ schoss pro 90 Minuten, in denen Coric auf dem Platz stand, 2,5 Tore mehr als der Gegner! Der Kroate verliess gegen Servette und in Basel den Platz, als das Resultat noch besser war, als am Ende. Bei Einwechslung Coric standen die Heimpartien gegen Sion, Lugano und YB unentschieden – mit ihm gewann man diese Spiele noch. Gegen Basel wurde er bei Rückstand eingewechselt und es gab noch ein Unentschieden. Speziell positiv auf seine Statistik wirkt sich das Sion-Spiel aus, als die auf der Kippe stehende Partie drei Minuten nach Corics Einwechslung in die Bahnen eines FCZ-Sieges gelenkt wurde und der Gegner danach noch „auseinanderfiel“ und vier Tore kassierte. Corics im Vergleich zu den Mitspielern eher schlechte Punktebilanz erklärt sich dadurch, dass er tendenziell eher gegen in der Vorrunde gute Gegner auf dem Platz stand. So war er gegen Basel beide Male dabei, gegen St. Gallen hingegen beide Male nicht. Die ebenfalls sehr gute Plus- / Minusbilanz pro 90 Minuten von Tosin und Kramer erstaunt angesichts ihrer Punktebilanz hingegen nicht.
Negativer Eindruck von Leitners Vorrunde bestätigt sich in der Plus- / Minusbilanz
In den anderen Mannschaftsteilen haben Kamberi, Boranijasevic, Dzemaili und Brecher die beste Plus-/Minusbilanz pro 90 Minuten. Die einzigen Spieler mit einer negativen Plus-/Minusbilanz sind die beiden Deutschen Leitner und Hornschuh. Wenn Leitner auf dem Platz stand erzielten die Gegner ein Tor mehr als der FCZ über 90 Minuten, was nach einer punktemässig so guten Vorrunde eine äusserst schlechte Bilanz ist. Dass Leitner dementsprechend auch den schlechtesten Züri Live-Notenschnitt aufweist, ist dementsprechend nicht verwunderlich. Auch die jungen Seiler, Rohner und Wallner können nicht ihre Plus- / Minusbilanz als Argument für mehr Einsatzzeit als Argument vorbringen, wobei Seilers und Wallners Gesamteinsatzzeit zu klein ist, um diesbezüglich fundierte Aussagen zu machen.
Mirlind Kryeziu fehlte bei höchster Vorrundenniederlage
In absoluten Zahlen hat Mirlind Kryeziu beim FCZ mit +21 die beste Plus- / Minusbilanz in Ligaspielen. Er fehlte bei der 0:4-Niederlage in Bern und hat deshalb eine um vier Tore bessere Bilanz als der über die volle Spielzeit durchspielende Yanick Brecher. Auch Boranijasevic und Doumbia liegen knapp über der Teambilanz über die 18 Vorrundenspiele von +17.