„Servette stand saftlos auf dem Platz“ – Fazit des ersten Liga-Heimsieges 22/23

Der Eindruck von Züri Live direkt nach dem Spiel: Der FC Zürich kämpfte, allen voran Antonio Marchesano. Ganz so überzeugend wie in den drei Spielen gegen Bodö/Glimt, Sion und Arsenal war die Leistung aber nicht. Das Pressing war nicht so griffig, nach der Niederlage in Lugano war von einigen Spielern wieder etwas Verunsicherung zu spüren. Eine Steigerung gegenüber dem Match im Tessin war es aber auf jeden Fall.

Der klare Sieg kam vor allem zustande, weil Servette im Letzigrund seinen wohl schlechtesten Auftritt des Herbstes hatte. Ohne Mittelfeldmotor Timothé Cognat wirkten die Grenats unerklärlich saftlos und blutleer – mit vielen Fehlern von Anfang an. Erst mit der Einwechslung einiger junger Spieler in der Schlussphase, vor allem Verteidiger Théo Magnin, kam nochmal etwas Schwung in die Gästemannschaft – aber da war es aus Genfer Sicht schon zu spät.

Kontinuität in FCZ-Aufstellung, Krasniqi und Condé ersetzen Selnaes und Dzemaili im Zentrum / FCZ – Servette Matchblatt

Servette ist in den letzten sechs Spielen ungeschlagen, hat den 2. Tabellenplatz als erster Verfolger YB’s zur Winterpause bereits auf sicher und hat seit die beiden heutigen Kontrahenten wieder gemeinsam in der Super League spielen eine positive Bilanz im Letzigrund. Mittelfeldstammspieler Cognat hat sich diese Woche zusätzlich ins Verletzungslazarett gesellt, dafür ist der gegen YB (0:0) gesperrte Innenverteidiger Rouiller wieder mit dabei. Gegen die Bundesstädter wurde der Walliser durch Monteiro ersetzt, dem ersten Super League-Spieler mit Jahrgang 2005. Diesmal ist Rouiller wieder mit dabei. Flügelspieler Pflücke spielt wohl erneut auf der Achterposition. Rodelin agiert als Neuner und Boris Cespedes ist ebenfalls von Beginn weg dabei.

FCZ-Coach Henriksen kann gegen Servette wieder auf die in Lugano gesperrten Condé und Rohner zählen, muss dafür auf die erfahrenen Aliti, Selnaes und Santini verzichten, die sich im Tessin eine Sperre abgeholt haben. Henriksen entscheidt sich im Zentrum für Krasniqi und Condé – Hornschuh sitzt auf der Bank.

Ligaaufstockung plus Schottenmodus: Die «Kleinen» sind die Verlierer

Nach der Liga-Generalversammlung diese Woche kommt nun also letztendlich die bereits vorher beschlossene Ligaaufstockung auf 12 Teams zusammen mit dem «Schottenmodus». Diese beiden Neuerungen haben einen gemeinsamen Nenner: die «Kleinen» sind die Verlierer.

Die «Grossen» profitieren vom «Schottenmodus»

Es ist kein Zufall, dass mit YB die Nr.1 der letzten Jahre am meisten gegen die Playoffs geweibelt hat und die in der Meisterschaft seit Jahrzehnten chronisch erfolglosen Welschen und Tessiner Klubs fast geschlossen dafür waren. Playoffs hätten den «Kleinen» eine grössere Chance im Kampf um Meisterschaft und Europacup-Plätze gegeben. Auch der FCZ hätte vom Playoff-Modus sicherlich profitiert. In einzelnen wichtigen Spielen ist man in den letzten Jahren immer wieder über sich hinausgewachsen – und hatte mit Ausnahme der Zaubersaison 21/22 über eine volle Meisterschaft mit 36 Runden jeweils keine Chance auf Erfolg. Schottland wird seit Jahrzehnten, sicherlich nicht nur, aber auch wegen dem «Schottenmodus» von Celtic und Rangers dominiert.

Mit dem «Schottenmodus» werden die bestehenden Machtverhältnisse also tendenziell zementiert. Trotzdem war Züri Live genauso wie der FCZ und alle Fankurven gegen die Playoffs. Denn diese hätten uns eine extrem lange praktisch bedeutungslose «Aufwärmphase» von Juli bis April gebracht. Im Gegensatz zum Eishockey mit seinem «Best of 7» über drei Monate hätte die entscheidende Meisterschaftsphase im Schweizer Fussball nur ein paar wenige Tage gedauert. Sehr löblich zu erwähnen: FCZ-Präsident Ancillo Canepa hat wie schon zu seiner Zeit im Ligakomitee als einer von ganz wenigen Klubvertretern zu jedem Zeitpunkt in erster Linie an den Schweizer Fussball als Ganzes gedacht, und nicht an die Interessen des eigenen Klubs.

Nach Nati A-Aufstockung steht im Eishockey die Nati B vor dem Kollaps!

Bei der Frage der Playoffs auf der Seite der «Grossen» zu stehen war aus Züri Live-Sicht richtig. Bei der Ligagrösse hingegen nicht! Mit der Aufstockung auf 12 Teams wollen grössere Klubs wie FCZ, GC, St. Gallen, Luzern oder Sion die Abstiegsgefahr verkleinern. Die Super League «klaut» dafür der Challenge League ihre zwei besten Teams. Dadurch sinken Qualität, Zuschauerzahlen und Einnahmen in der zuletzt immer attraktiver werdenden zweithöchsten Liga. Im schlimmsten Fall bricht dem Schweizer Fussball so ein wettbewerbsfähiges Unterhaus weg, wo sich Nationalspieler wie Sommer, Akanji, Zakaria oder Freuler den letzten Schliff vor ihrem Durchbruch in der Super League holten. Zudem sind mehrere Spitzen-Juniorenorganisationen von Challenge League-Klubs so deutlich schwieriger zu finanzieren.

In welche Richtung es nach einer Super League-Aufstockung gehen kann, führt aktuell das Schweizer Eishockey plastisch vor Augen, wo nach Aufstockungen der obersten Liga auf 14 Teams die Nationalliga B (Swiss League, 10 Mannschaften) vor dem sportlichen und finanziellen Kollaps steht! Traditionsklubs wie SC Langenthal oder EHC Winterthur überlegen sich einen Rückzug. Ähnlich könnte es im Fussball bald Thun, Xamax, Aarau, Bellinzona oder Schaffhausen ergehen.  

Die «Kleinen» Profiklubs schneiden sich ins eigene Fleisch

Leider haben Schweizer Klubvertreter, Journalisten und Fans in den letzten Jahren bei all den Diskussionen um eher kosmetische Modusfragen viel zu wenig Zeit investiert, um die viel tiefgreifenderen Folgen einer Ligaaufstockung ernsthaft und ganzheitlich zu analysieren. Hätten sie dies getan, hätten viele kleine Profiklubs mit der Ligaaufstockung nicht eine Idee unterstützen können, die ihnen selbst letztendlich am meisten schaden wird.

Der Köder für die «Kleinen» sind die zwei zusätzlichen Plätze in der Super League. Der dafür zu bezahlende Preis einer Schwächung der Challenge League ist aber viel zu gross! Denn die meisten dieser kleinen Teams werden weiterhin mehr Zeit in der Challenge League, als in der Super League verbringen. Für 24 Profiklubs im Eishockey und 22 im Fussball (insgesamt 46) ist die Schweiz wahrscheinlich zu klein. Dass die Grenze im Fussball wohl bei 20 liegt, wurde in einer früheren von der Swiss Football League in Auftrag gegebenen Studie bereits einmal festgestellt. Und bei 20 ist die Formel 10+10 ideal.

Erhöhung Challenge League-Anteil an zentralen TV- und Marketing-Geldern auf 30-40% jetzt eine Notwendigkeit!

Man kann nur hoffen, dass die Klubvertreter auch mit dem Beispiel des Eishockeys vor Augen den Fehler einsehen und mittelfristig zum erfolgreichen 10+10 zurückkehren. Ansonsten sind schmerzhafte Einschnitte bei Qualität, Nationalmannschaft, Zuschauerzahlen, Arbeitsplätzen, Wettbewerbsfähigkeit und Juniorenförderung unvermeidlich. Um den Super-GAU zu vermeiden, sollten die Super League-Klubs als kurzfristige Massnahme ihre Kollegen in der Challenge League dafür entschädigen, dass sie ihnen ihre zwei besten Teams und damit wichtige Einnahmen «klauen».

Als Kompensation muss daher der prozentuale Anteil der Challenge League-Klubs an den TV- und Marketing-Geldern der Swiss Football League möglichst rasch von aktuell rund 20% auf 30-40% erhöht werden! Den Super League-Klubs bricht damit kein wesentlicher Einnahmenblock weg. Zumal für die Super League der «Schottenmodus» kommerziell deutlich attraktiver ist, als der zuvor im Raum stehende «Playoff-Modus» mit weniger Spielen, verringerter Planbarkeit und erhöhter Langeweile während den 10 Monaten bis zu den Playoffs. Für die durch die Super League-Aufstockung benachteiligten Challenge League-Klubs wäre es hingegen eine willkommene Entlastung.

Züri Live-Artikel vom 10.Mai 2022: SWISS FOOTBALL LEAGUE – 23 GRÜNDE GEGEN LIGA-AUFSTOCKUNG UND PLAYOFFS

FCZ wie erwartet mit Hornschuh, Lugano startet ohne Haile-Selassie / Lugano – FCZ Vorschau und Matchblatt

Seit Lausanne-Sport in der Saison 13/14 hat keine Mannschaft nach 14 Runden weniger Punkte als der FCZ auf dem Konto gehabt. Und im ganzen letzten Jahrzehnt hat kein Super League-Team weniger Tore erzielt als die aktuelle Ausgabe des FC Zürich mit nur neun Treffern in 14 Runden. In Lugano steht ein weiteres Keller duell an, auch wenn die Tessiner punktemässig zum breiten Mittelfeld gehören, das vom 2. bis zum 9. Platz reicht. Nach dem Auswärtspunkt von Winterthur in Luzern ist schon jetzt klar, dass der FCZ als Tabellenletzter überwintern wird.

Lugano spielt diese Saison bisher mit Viererabwehr. Aktuell gehen den Tessinern aber etwas die Aussenverteidiger aus. Arigoni wird wohl von rechts auf links wechseln und rechts könnte der gelernte Innenverteidiger Hajrizi zum Zuge kommen. Babic könnte der Ersatz für den in Genf bei seinem erfolgreichen Torabschluss am Kopf verletzten Celar sein.

Wird Coach Henriksan für den FCZ wieder eine ähnliche Equipe aufs Feld schicken, wie in London? Condé fehlt auf jeden Fall gesperrt. Dzemaili wäre eine Option, ist aber fraglich. Somit könnte Hornschuh im Cornaredo zum Handkuss kommen. Mets wäre eine Option in der Verteidigung für Aliti. Okita spielte in London zu Beginn auf der 10er-Position. In Lugano könnte wieder Marchesano oder Krasniqi diese Rolle einnehmen – und damit Rohner auf die Bank verdrängen.

Bei Lugano sitzen Haile-Selassie und Hajrizi zu Beginn auf der Ersatzbank. In der Abwehrreihe erhält Hajdari eine Chance von Beginn weg. Der Basler kann auch Linksverteidiger spielen, was gleichzeitig auch die ursprüngliche Position von Routinier Daprelà ist.

Der FCZ spielt genau wie gedacht. Hornschuh spielt also von Beginn weg neben Selnaes. Auf der Ersatzbank sind mit Krasniqi, Santini, Vyunnik, Mets, Hodza und Sauter nur sechs statt der erlaubten acht Feldspieler.

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