Der für den verletzten Marius Müller zwischen den Pfosten stehende Pascal Loretz hat bisher in sechs Partien noch kein Gegentor aus dem Spiel heraus kassiert. Luzern spielt mit Rhombus im Mittelfeld und hat im Jahr 2023 die die fast identische Bilanz wie der FCZ. Beide Teams liessen zuletzt tendenziell wenig Gegentore zu. Luzern ist zudem das zweitbeste Auswärtsteam der Liga mit nur zwei Punkten weniger als YB. Genauso wie der FCZ hat Luzern in dieser Saison auswärts mehr Punkte geholt, als zu Hause.
In der Liga gab es für den FCZ bisher erst zwei Heimsiege in dieser Saison – gegen Servette kurz vor der Winterpause und St. Gallen kurz danach. GC beispielsweise hat zu Hause zwei Drittel mehr Punkte geholt, als der FCZ. Beim Stadtclub stellt sich wie immer seit der Winterpause die Frage, ob man mit zwei oder drei Stürmern beginnt. Nach zwei Saisons mit einer negativen Direktbilanz hatte der FCZ letzte Saison mit drei Siegen und einer Heimniederlage zum Abschluss eine positive gegen den FC Luzern. In dieser Saison ist das Duell mit zwei Unentschieden bisher ausgeglichen.
Wie von den Züri Live-Lesern und -Hörern gefordert, ersetzte Fidan Aliti den verletzten Adrian Guerrero gegen YB auf der linken Aussenläuferposition. Dieser wurde von den Teamkollegen aber wenig ins Offensivspiel eingebunden. YB gab Aliti viel Platz. Er stand häufig frei. Der FCZ nutzte aber potentielle zwei gegen eins-Situationen über die linke Seite nicht. Das Spiel lief aber vorwiegend wenn nicht durch die Mitte, dann über die rechte Zürcher und linke Berner Seite. YB-Coach Raphael Wicky wich gegen den FCZ von seinem geliebten Mittelfeld-Rhombus ab und liess sein Team in einem 4-2-3-1 antreten. Dies ist auch ein Kompliment an den Gegner. Die Berner Tendenz unter Wicky viel durch die Mitte zu spielen, blieb trotzdem erhalten.
Züri Live-Leserfrage vor der Partie
FCZ hält YB aus der Gefahrenzone fern
YB hatte mehr den Ball und kam zu einer deutlich höheren Anzahl von Abschlüssen. Die FCZ-Hintermannschaft gemeinsam mit dem Mittelfeld schaffte es aber, die Berner weitgehend aus der Gefahrenzone fernzuhalten, so dass die Abschlüsse der Gäste vorwiegend Weitschüsse oder Versuche aus spitzem Winkel blieben. Es war mit einer durchschnittlichen Defensivnote von 6,8 die zweitbeste Defensivleistung der Saison nach dem 1:0 in Unterzahl gegen den FC St. Gallen. Dies vor allem dank dem Mittelfeldzentrum: Cheick Condé hatte zum vierten Mal im sechsten Spiel nach der Winterpause die Maximalnote „10“ in der defensiven Phase, Krasniqi war defensiv ebenfalls hilfreich und die eingewechselten Dzemaili und Hornschuh leisteten im Spiel ohne Ball ebenfalls gute Dienste.
Die durchschnittliche Offensivnote war mit 5,7 hingegen deutlich schlechter, als noch im Stadtderby und auf gleicher Höhe mit dem Kantonsderby. Insgesamt kam der FC Zürich in dieser Partie gerade mal zu acht Abschlüssen, wovon aber zwei verwertet werden konnten – was zum zweiten Mal hintereinander für die FCZ-Abschlusseffizienz spricht. Das Offensivspiel aus dem Mittelfeld heraus war gut, aber die Stürmer konnten sich vorne zu wenig durchsetzen, waren vor allem in Person von Jonathan Okita zu wenig zielstrebig.
Boranijasevic entscheidend in der Vorbereitung beider Tore
YB glich zwei Mal auf ähnliche Art und Weise aus, wie der FCZ die Führung erzielt hatte. Das 1:0 und das 1:1 fielen jeweils gegen einen relativ hoch stehenden Gegner, bei dem die Stürmer für einen Moment in ihrer Defensivarbeit nachliessen. Das 2:1 und 2:2 wurden hingegen gegen einen jeweils eher tief stehenden Gegner und dank der Energie eingewechselter Spieler erzielt. Das Zürcher 2:1 durch Aiyegun Tosin war der dritte Treffer des FCZ aus einem Hohen Pressing in den letzten zwei Partien. Dies war bisher kein Markenzeichen unter Bo Henriksen.
Mit hervorragenden Bällen von der Seite in den Strafraum war Nikola Boranijasevic an beiden Zürcher Treffern entscheidend beteiligt. Der FCZ-Torschütze zum 1:0, Jonathan Okita, ist der einzige Zürcher mit einer ungenügenden Züri Live-Note. Die Entstehung seines Führungstores war bezeichnend für den Auftritt. Erst bremste Okita nach einem herausragenden langen Ball von Condé hinter die YB-Abwehr ab, und verzichtete darauf, durch die Mitte alleine Richtung gegnerisches Tor zu ziehen. Dann unterlief ihm aus dem Stand auch noch ein Fehlpass in die Füsse von Zesiger. Der Ball kam aber trotzdem nochmal zu Okita und da die YB-Sechser Niasse und Imeri weit und breit nicht zu sehen waren, hatte er genug Platz, um in die rechte untere Ecke zu treffen.
FCZ mit dem besseren Mittelfeldzentrum
Wieder kann der FCZ von Beginn weg im 3-4-3 den Gegner unter Druck setzen. YB spielt daher sehr vorsichtig mit vielen hohen Bällen und lässt sich auf kein risikoreiches Aufbauspiel ein. Der FCZ wagt diesbezüglich etwas mehr. Bei YB verhielt sich der 19-jährige Innenverteidiger Aurèle Amenda noch nicht in jeder Situation optimal. Filip Ugrinic hat sich weiterhin noch nicht richtig im Team integriert, konnte aber den ein oder anderen wichtigen Zweikampf (unter anderem vor dem 2.2-Ausgleich) gewinnen. Und der FCZ hatte an diesem Tag mit Condé / Krasniqi das bessere Zentrum, als der Gegner mit Niasse / Imeri. Letzterer interpretierte seine Rolle als Sechser in gewisser Weise in “Beckenbauer-Manier“, aber ohne grosse Wirkung.
Ab der 65. Minute wechselte YB dann zurück auf die übliche Rhombus-Formation im Mittelfeld. Der FCZ wechselte danach auf ein 3-5-2 und am Schluss auf ein 3-4-1-2. Der fehlende dritte Stürmer spielte defensiv gesehen eine grosse Rolle beim 2:2-Ausgleich YB’s in der 84. Minûte (siehe Rubrik „Randnotiz“ weiter unten). YB zementierte mit diesem Treffer seine hervorragende Trefferquote in der Schlussviertelstunde.
Personalien
Bledian Krasniqi: Der Zürcher Ballverteiler hatte in der Vergangenheit immer wieder mal Leistungsschwankungen während eines Spiels. Die Leistung gegen YB ist hingegen sehr konstant über die ganze Einsatzzeit.
Jonathan Okita: Trotz 1:0-Führungstreffer einziger FCZ-Spieler mit ungenügender Note. Schlampige Aktionen in Ballbesitz speziell in der ersten halben Stunde. Defensiv fehlt unter anderem bei gegnerischen Einwürfen eine klare Idee, was er machen will.
Aiyegun Tosin: In der Ersten Halbzeit fast ausschliesslich mit Defensivarbeit beschäfttigt. Seine Ablage auf Boranijasevic beim 1:0-Führungstreffer in der 40. Minute ist seine erste gute Offensivaktion.
Yanick Brecher: Dass Brecher fussballerisch der aktuell wohl beste Super League-Torhüter ist, ist bekannt. Der hohe Ball, den er aber in der 30. Minute ins Mittelfeld spielte, verdient spezielle Erwähnung. Dieser war so raffiniert getreten, dass er erst in einer sehr späten Phase seiner Flugbahn einen starken Seitwärtsdrall erhielt – und dies aber ohne Gefahr zu laufen, ins Seitenaus zu fliegen. Dies ermöglichte Okita, den Ball sicher vor dem Gegenspieler in Empfang zu nehmen und zu verarbeiten. Im Normalfall bei gerade gespielten Bällen verliert Okita praktisch jedes Luftduell oder versucht gar nicht erst, ein solches zu bestreiten.
Mirlind Kryeziu: Eine unter dem -Strich durchschnittliche Leistung mit Höhen und Tiefen. Trotzdem deutlich besser, als zuletzt Nikola Katic.
Cheick Condé: MVP wie beim Auftakt nach der Winterpause in Luzern. Sowohl defensiv wie offensiv mit der Maximalnote “10′, wenn auch beides knapp. Defensiv mit Durchschnittsnote 9,5 nach der Winterpause. Viele Konkurrenten hätten gerne einen solchen Mann auf dieser Position.
Blerim Dzemaili: Die chronisch ungenügende Defensivleistung war lange Zeit sein grösstes Problem. Seit der Winterpause hat sich das stark geändert. Endlich erfüllt er die defensiven Aufgaben auf seiner Position auf Super League-Niveau und ist wie gegen YB diesbezüglich sogar einer der Besten seines Teams. Er wirkt fitter als zuvor und die beschränkte Einsatzzeit kommt ihm zusätzlich entgegen.
Randnotiz – Aus fünf mach zwei: wie YB den FCZ beim 2:2-Ausgleich zerpflückt hat
Trainer Bo Henriksen lobt im Interview mit Züri Live die Leistung und vor allem Mentalität seiner Mannschaft in der 2. Halbzeit. Im Gegensatz zum FCB, der an gleicher Stätte vor zwei Wochen einen 0:2-Pausenrückstand gegen Lugano noch in ein 2:2 Unentschieden umwandeln konnte, gelang dem FCZ trotz Chancenplus in beiden Halbzeiten kein Tor. Die beiden Gegenore will Henriksen aber sicherlich noch genauer analysieren.
Lugano hat zuletzt von der taktischen Formation her ähnlich wie der FCZ gespielt. Zwischen den Pfosten könnte der 21-jährige Serif Berbic (ehemaliger Luzern-Junior) zu seinem Profi-Début kommen, falls es dem fraglichen Osigwe nicht reicht. Grundsätzlich hat sich Croci-Tortis Team gefunden. Einige Positionen sind mehr oder weniger fix vergeben. Die Luganesi haben die letzten drei Direktduelle gegen den FCZ gewonnen, erneut den Cup-Halbfinal erreicht und zudem sich in den letzten vier Saisons immer unter den besten Fünf der Liga klassiert. Diese Saison ist man ebenfalls wieder auf gutem Weg, einen Europacup-Platz zu erreichen.
Stephan Seiler war heute mit der U21 gegen den runderneuerten und mit vielen Profis ausgestatteten FC Biel mit 4:1 erfolgreich. Er ist damit in Lugano nicht dabei. Ifeanyi Mathew und Juni Ligue dürften hingegen im Tessin im Aufgebot stehen. Zuletzt hat der FCZ durchs Band in einem 3-4-3 am besten gespielt. Trotzdem weicht Coach Henriksen auch häufig auf ein 3-5-2 aus. Mirlind Kryeziu hat gegen YB nicht komplett überzeugt, aber Nikola Katic gegen Servette noch weniger. Die Position im Abwehrzentrum ist aktuell die Sorgenposition im Team. Ligue könnte eine Alternative sowohl für den zuletzt eher durchschnittlichen Okita wie auch links als offensivere Variante für Aliti sein.
Wie beim 4:1-Heimsieg des FCZ im letzten Spiel vor der Winterpause ist Gegner Servette unter der Woche unweit von Zürich im Cup gegen ein Team der 1. Liga Gruppe 2 weitergekommen. Damals hatten die Genfer allerdings in Wohlen in die Verlängerung gemusst. Diesmal war die Halbfinalqualifikation beim FC Rotkreuz aufgrund er Sperre der drei wichtigsten Rotkreuz-Spieler relativ locker zu bewerkstelligen. Allerdings liess Trainer Geiger diesmal im Cup beinahe die Stammformation antreten. Im Vergleich zum Cupspiel wird im Letzigrund sicherlich Torhüter Frick in die Startformation zurückkehren. Ausserdem ist mit Geburtstagskind Chris Bedia einer der aktuell besten Mittelstürmer der Liga in der Startformation zu erwarten. Rückkehrer Kevin Mbabu entpuppte sich bisher als Schwachpunkt auf der Rechten Seite, weshalb Diallo die besseren Chancen auf die Startformation hat. FCZ-Cornerschreck Théo Valls wird zudem wohl mindestens wieder zu einem Teileinsatz kommen.
In einer hitzigen Partie verlor die FCZ U21 gestern in Bulle mit 0:1. Dabei kam diesmal Daniel Afriyie in der Startformation zum Einsatz und Ifeanyi Mathew war nicht dabei. Daher wird der Nigerianer wohl im Kader gegen Servette dabei sein. Falls Roko Simic wieder in der Startaufstellung steht, wird es wie gegen YB wieder auf ein 3-4-3 herauslaufen. Nikola Katic wird den gesperrten Mirlind Kryeziu ersetzen.