Liga-Vorschau: Das sind die 12 Teams der Super League 23/24 – Teil 4: Schlafender Riese, Facelift und Revival
Lausanne-Sport – Der schlafende Riese
Lausanne-Sport ist zwar Aufsteiger, aber kein gewöhnlicher. Beim Abstieg vor Jahresfrist konnte das Gerüst zusammengehalten werden. Und ein Jahr später nach dem Wiederaufstieg ist der Kader noch beeindruckender geworden. In Bezug auf die Qualität der Einzelspieler liegt Lausanne-Sport in den Top 5, wenn nicht sogar Top 3 der Liga! Die Frage ist, ob die Waadtländer dies dann auch als Team auf den Platz bringen. In der Challenge League-Saison haben sie in Sachen Mannschaftskohäsion nicht immer überzeugt. Speziell das Sturmbataillon macht Eindruck. Martinique-Nationalstürmer Brighton Labeau mit seinen 35 Toren in den letzten zwei Challenge League-Saisons wäre selbst für YB oder den FCB bei allfälligem Interesse schwierig zu finanzieren. Der von Feyenoord gekaufte senegalesische Flügel Aliou Baldé zeigte sich in der Rückrunde noch etwas zwingender und vielversprechender als der nun von Luzern verpflichtete Teddy Okou von Stade Lausanne-Ouchy. Kaly Sène hat schon bewiesen, dass er in der Super League ein 10+ Tore-Stürmer sein kann. Der physisch starke und gleichzeitig sehr spielintelligente Trae Coyle aus dem Arsenal-Nachwuchs war schon in seiner ersten Super League-Saison 21/22 einer der Besten seines Teams. Der rumänische U21-Nationalstürmer Rares Ilie ist mit einem 2,5 Mio-Marktwert von Nizza ausgeliehen. Und fürs Abwehrzentrum hat man mit Noë Dussene den Captain des belgischen Spitzenteams Standard de Liège verpflichtet! Im Mittelfeldzentrum konnte man den ehemaligen französischen U21-Nationalspieler Antoine Bernede fix an den Lac Léman transferieren. Er hat immerhin 66 Partien mit Europas Top-Talententwickler RB Salzburg auf dem Buckel. Die taktische Formation des Magnin-Teams tendiert mit den vielen guten Flügelstürmern im Kader auf ein 4-3-3 hin.
FC Lugano – Das Facelift
Mit Fabio Daprelà und Mickaël Facchinetti sind zwei weitere „Haudegen“ gegangen. Von diesem Typ Spieler sind jetzt nur noch der verletzte Lukas Mai und Kreshnik Hajrizi da. Lugano unterzieht seine Mannschaft einem kontinuierlichen Facelift. Sie wird Schritt für Schritt jünger, schneller und technisch sauberer. Die Tessiner sind nun nicht mehr das älteste Super League-Team, wie noch vor kurzem, sondern altersmässig mittlerweile im Mittelfeld der Liga anzusiedeln. Speziell die Hintermannschaft mit dem U23 Afrika Cup-Sieger Ayman El Wafi ist relativ jung. Im Mittelfeld hat Neo-Nationalspieler Uran Bislimi seinen Platz nicht auf sicher. Lugano-Coach Croci-Torti ist bekannt dafür, seine taktische Formation häufig zu wechseln, aber aufgrund der vielen guten Zentralen Mittelfeldspieler und Flügel bietet sich für ihn wie für einige andere Super League-Mannschaften ein 4-3-3 am meisten an, wobei sich „Freigeist“ Mattia Bottani, wenn er auf dem Platz ist, häufig nicht auf eine klare Position festlegen lässt.
Servette FC – Das Revival
„Oh Mama, Mama, Mama, weisst du warum mein Herz granatrot ist? Ich habe Servette spielen sehen, und Mama, ich habe mich verliebt!“. Diese Story aus einem Servette Fan-Chant muss letzte Saison in Genf einigen Menschen passiert sein, denn der Zuschauerschnitt in La Praille war in der vierten Saison nach dem Wiederaufstieg mit 8’400 so hoch wie seit der Saison 11/12 nicht mehr. Trotzdem bräuchte es noch einige weitere Euphorie-Schübe, damit ein Titel des Servette FC auf den Strassen von Genf solche Emotionen freisetzen könnte wie der portugiesische Meistertitel von Benfica am 27. Mai dieses Jahres. Alain Geiger wurde nach fünf Jahren und 199 Partien durch den 13 Jahre jüngeren René Weiler ersetzt. Der in der Rolle als Fussballtrainer weitgereiste Winterthurer (Deutschland, Belgien, Ägypten, Japan) bringt ebenfalls eine Servette-Vergangenheit als Spieler mit. Weiler soll unter anderem den eigenen Nachwuchs mehr forcieren, als Geiger dies getan hatte. Zur Ehrenrettung Geigers muss gesagt werden, dass er das phasenweise durchaus ausgesprochene Vertrauen an junge Spieler häufig nicht zurückbezahlt erhalten hat. Im Genfer Nachwuchs gibt es zwar viel Talent, die Bodenhaftung fehlt aber vielen dieser Jungs. Der FCZ hat im letzten Jahrzehnt mit Talenten aus Genf diesbezüglich auch eher negative Erfahrungen gemacht. Die Transfers sind gute Ergänzungen des bereits bestehenden Kaders – ausgefallene oder spektakuläre Zuzüge wie bei Sion oder Lausanne-Sport sucht man in der Calvinstadt vergebens. Der 18-jährige dänische Flügel Alexander Lyng könnte ein interessanter „Fang“ sein. Ansonsten spielt in Genf wie am anderen Ende der Intercity 1-Linie in St. Gallen der Nostalgiefaktor diesen Sommer eine nicht unwesentliche Rolle – mit der Rückkehr von gleich zwei Ehemaligen: Jérémy Guillemenot und Gaël Ondoua. René Weiler hat sich als Verfechter des 4-4-2 oder 4-2-3-1 erwiesen und es sieht danach aus, dass er dies auch in Genf umsetzen wird. Unter Alain Geiger stand Servette wie kein anderes Schweizer Team konstant für den konstruktiven Fussball im 4-3-3. Dieses System war optimal auf den langjährigen offensiven Leistungsträger Miroslav Stevanovic zugeschnitten. Nicht nur fussballtaktisch, sondern auch von der Mentalität her ist fraglich, ob Stevanovic und Weiler zusammenpassen. Der bosnische Rechte Flügel könnte somit neben Alain Geiger zum grössten Verlierer des Trainerwechsels werden. Der aktuell wohl beste Super League-Stürmer Chris Bédia könnte hingegen eher davon profitieren.