Probleme mit der neuen Taktik: Bilanz der Wintertestspiele

Vier Testspiele waren geplant, drei wurden schlussendlich durchgeführt. Das letzte gegen den FC Aarau wurde relativ kurzfristig der U21 zugeteilt und unmittelbar vor Spielbeginn auf den Kunstrasenplatz neben dem Haupt-Trainingsplatz verlegt. Der FC Aarau konnte sich aber letztendlich nicht beklagen, aufgrund dieser Umstellung zu wenig gefordert worden zu sein. Die U21 nahm die unverhoffte Chance, einen Tag vor dem eigentlich geplanten Testspielauftakt (FC Muri) gegen einen Challenge League-isten testen zu dürfen, dankend an und legte sich ins Zeug. In der Anfangsphase musste der neue U21-Coach Ricardo Moniz vom Schiedsrichter gar zwei Mal ermahnt werden, weil er sich über gegen den FCZ ausgefallene Fifty-Fifty Entscheidungen so enerviert hatte, als würde es sich um ein entscheidendes Meisterschaftsspiel handeln. Aarau-Coach Alex Frei beschwerte sich: „Das ist ein Testspiel!“. Moniz regte sich aber auch über zu langsam ausgeführte Abstösse seines Teams auf. Die U21 hatte während der ganzen Partie die Spielkontrolle, erst mit viel hohem Pressing, dann ab der 30. Minute vermehrt mit Ballbesitzspiel.

Schon in St. Gallen erstmals Umstellung auf Viererabwehr

In der 2. Halbzeit kam der frisch verpflichtete 18-jährige Joseph Sabobo Banda zu seinem U21- Début. Viel Einfluss aufs Spiel hatte er noch nicht, aber seine Schnelligkeit und Gewandtheit am Ball liess er wie schon im Mai am Blue Stars / FIFA Youth Cup, als er zum Turniersieg des FC Zürich beitrug, aufblitzen. Mit grosser Wahrscheinlichkeit wird Sabobo die kommenden Partien erst mal mit der U21 in der Promotion League bestreiten. Fabian Rohner agierte im 4-2-3-1 als Sturmspitze und bereitete die ersten beiden Tore vor (das zweite mit Ballgewinn im Pressing und Di Giusto-Schuss in den rechten Kranz). Der in der 1. Mannschaft ebenfalls aus Rang und Traktanden gefallene Arad Bar erzielte zwei Weitschusstore. Neben ihm begann auf der Doppel-Sechs der 17-jährige Cheveyo Tsawa beobachtet von der Trainerbank unter anderem von dessen Vater Dorjee (Konditionstrainer). Tsawa wechselte vor anderthalb Jahren als Stammspieler der Schweizer U17-Nationalmannschaft vom FC St. Gallen zum FCZ.

Auch im Trainingslager in Spanien agierte der FCZ jeweils mit Viererabwehr. Dies nachdem man die ganze Vorrunde im 3-4-3 (mit Ball) / 3-4-1-2 (gegen den Ball) gespielt hatte. Im letzten Spiel vor der Winterpause gabs im Verlauf der 2. Halbzeit erstmals den Wechsel auf die Viererabwehr während der Partie, was dem FCZ für die Schlussphase Vorteile brachte, die sich letztendlich aber nicht in Tore ummünzen liessen. Der Vorteil bestand dabei nicht per se in einer “besseren“ taktischen Formation, sondern darin, dass St. Gallen auf die überraschende Umstellung während der Partie nicht adäquat reagieren konnte. Coach Bo Henriksen nannte denn auch die höhere Variabilität als Grund für das Einüben der neuen taktischen Variante in der Wintervorbereitung. Funktioniert hat die neue Taktik in den Testspielen allerdings nicht wirklich. Am Augenscheinlichsten waren die Probleme im Spiel gegen den Ball: Trigger-Momente, Deckungsschatten und Koordination der Laufwege hatte man noch gar nîcht im Griff – ganz im Gegensatz zu den sehr gut eingespielten Abläufen im bisherigen System. Die Testgegner vermochten die Linien des FCZ einfach zu überspielen. Dazu kamen individuelle Fehler in der Viererkette von Nikola Katic oder Adrian Guerrero aus dem Spiel heraus, oder Silvan Wallner und Ramon Guzzo bei gegnerischen Standards.

Von den Flügelpositionen kommt wenig

Bei zwei statt drei Innenverteidigern in der Viererabwehr treten die Schwachpunkte auf dieser aktuell am schwächsten besetzten Position des Kaders noch stärker zutage als dies bereits mit Dreierabwehr in der Herbstrunde der Fall gewesen war. Spielt man mit den beiden erfahrenen aber langsamen Katic und Daprelà? Oder besetzt man eine der beiden Positionen mit einem etwas schnelleren Kamberi oder Wallner, hat dafür dann aber Probleme bei hohen Bällen? Die defensiven Schwächen Adrian Guerreros und Nikola Boranijasevics werden bei einer Viererabwehr ebenfalls offensichtlicher. Gegen den HSV rückte Kamberi auf die Rechtsverteidigerposition und Wallner half vorne im Pressing auf einer Linie mit Marchesano, Afriyie und Okita. Auf der linken Seite scheinen hingegen auch in diesem System Guerrero und Okita gesetzt zu sein. Speziell von Okita müsste wenn es dann wieder los geht mehr kommen. Nach seinem Top-Auftritt gegen Luzern fiel er kurz vor der Weihnachtspause in Winterthur und St. Gallen in ein Loch – und ist noch nicht daraus herausgekommen. Ganz allgemein hat sich der Formstand der Spieler durch den kurzen Unterbruch im Vergleich zu den letzten Vorweihnachtspartien nicht wesentlich geändert.

Durch die Sperre Cheick Condés zum Auftakt gegen den FCB am kommenden Sonntag wurde in der Vorbereitung im Zentrum das Duo Mathew / Krasniqi forciert. Das gegenseitige Verständnis der beiden war dabei ziemlich gut. Daniel Afriyie sollte dabei wohl jeweils im Vergleich zur Herbstrunde noch mehr zurückgezogen auf der zweiten Achterposition neben Krasniqi agieren, tat dies allerdings nur in der 2. Halbzeit gegen den HSV. Davor spielte der Ghanaer deutlich weiter vorne als zweite Spitze, wodurch sich jeweils auf dem Platz ein 4-4-2 / 4-2-4 ergab. Als die “zweite Garde“ gegen Hannover antrat, war hingegen das 4-3-3 von Beginn weg ersichtlich. In der 2. Halbzeit gegen den HSV wurde aus diesem de facto aufgrund des stärkeren Gegners meist ein 4-1-4-1. Von den Flügelpositionen kam in den Tests wenig. Neben Okita gilt dies auch für Marchesano, Nils Reichmuth, Oko-Flex oder Bajrami.

Die Bilanz der Jungen: offensive Akzente, defensive Schwächen

Vorne zentral spielten neben dem vorgerückten Afriyie jeweils Ligue, Marchesano oder Santini. Das 18-jährige Eigengewächs Ligue konnte sich dabei vor allem dank einzelner gelungener Aktionen im Zentrum und auf dem Linken Flügel durchaus empfehlen. Allerdings war seine Defensivarbeit noch verbesserungswürdig und offensiv waren die wenigen Aktionen durch längere Pausen getrennt. Von den weiteren eingesetzten jungen Spielern machte Nils Reichmuth das, was er am besten kann – nämlich Tore schiessen. Kaum ein anderer Spieler im FCZ-Kader ist im Strafraum so abschlussstark. Dies musste auch der beim FCZ ausgebildete Gegenspieler Miro Muheim (HSV) beim 2:2-Ausgleich im Testspiel erkennen. In der Vorbereitung des Tores hatte sich Ligue zentral vor dem Strafraum gegen Luis Seifert (19) aus der Hamburger Reserve durchgesetzt. Um sich beim FCZ in der 1. Mannschaft durchsetzen zu können, reicht für Nils Reichmuth die Abschlussstärke allein allerdings nicht. Sein jüngerer Bruder Miguel spielte gegen Hannover ebenfalls durch, konnte sich dabei zwar spielerisch behaupten, aber wie so häufig in der U21 ohne viel Effektivität.

Labinot Bajrami wurde jeweils auf den Rechten Flügel eingesetzt, was nicht seine Idealposition ist und vergab gegen Hannover kurz vor Schluss eine von Ligue gut vorbereitete Grosschance. Ihm sind aber sicherlich auch auf Super League-Niveau Tore zuzutrauen. Als Steigerung zum ausgeprägten Linksfuss Nils Reichmuth ist Bajrami mit beiden Füssen und auch per Kopf aus praktisch allen Lagen torgefährlich. Als ähnlicher Spielertyp wie Ivan Santini sollte er eigentlich gegenüber diesem mittlerweile den Vorzug erhalten. Armstrong Oko-Flex scheint noch etwas stark auf seine Eins-gegen-Eins Situationen auf dem Flügel fokussiert zu sein. In Strafraumnähe fehlt es dann meist an der Qualität beim letzten Pass oder Abschluss. Er ist seit seiner Ankunft noch nicht viel weiter gekommen, was allerdings auch etwas am unverrückbar scheinenden Status von Jonathan Okita als Stammspieler unter Bo Henriksen liegt. Silvan Wallner und vor allem auch Ramon Guzzo vermochten sich in den Testpartien nicht zu empfehlen. Es fehlt beiden weiterhin etwas an Stabilität und defensiver Verlässlichkeit. Wallner kann immerhin seinen Speed in die Waagschale werfen und gehört immer noch zu den Kaderspielern, die Henriksen für bestimmte Aufgaben berücksichtigt. Guzzo sah sowohl bei gegnerischen Standards wie auch bei Kontersituationen bei den Gegentoren gegen Hannover schlecht aus.

Wie kamen die Ergebnisse zustande?

Sebastian Walker (18) kam gegen Hannover zu einem Kurzeinsatz, machte einen besseren Eindruck ohne aber gleich glänzen zu können. Dies tat er dann phasenweise bei seinem späteren Teileinsatz mit der U21 zu Hause gegen Aarau. Wie kamen die Resultate gegen Saarbrücken (2:1), Hannover (0:4) und den HSV (2:2) zustande? Gegen Saarbrücken zeigte sich ein deutlicher Qualitätsunterschied. Der FCZ machte dabei wohl vor allem aus Müdigkeit etwas wenig daraus. Gegen Hannover spielte beim FCZ der zweite Anzug, verstärkt mit Condé. Gegen diesen Gegner spielte aber vor allem eine entscheidende Rolle, dass dieser in der Pause die ganze Mannschaft wechselte und in der 2. Halbzeit mit deutlich frischeren Beinen dem FCZ um die Ohren lief. Die ersten zwei Tore fielen durch schlecht verteidigte Eckbälle, die zweiten zwei über schlecht verteidigte Konter. Der HSV war in der 1. Halbzeit klar besser und der FCZ mit dem Pausen-1:1 gut bedient. In der 2. Halbzeit liessen die Hamburger nach und der FC Zürich hatte leichte Vorteile auf seiner Seite.

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