Zurück im Letzi: was Kolollis Zeit beim FCZ über seine Zukunft beim FCB aussagt
Die Auftaktpartie 2024 gegen den FCB bringt das überraschende Aufeinandertreffen mit Benjamin Kololli mit sich, der von 2018 bis 2021 drei Saisons und 92 Partien im FCZ-Dress gespielt hat. In Erinnerung bleiben den meisten wohl die beiden Europacup-Handspenaltys in seiner ersten Saison – sein „Panenka“ im 1/16-Final gegen Napoli und davor der Sprung in den tiefen Graben vor den mitgereiten FCZ-Fans bei seinem Jubel über den Siegtreffer vom Elfmeterpunkt in Nikosia gegen AEK Larnaca. Die Meisterschaftsresultate in Kolollis Zeit erlaubten dann aber keine weiteren Europacup-Teilnahmen. Der Waadtländer mit einem Flair für Kampfsport, der an der Grenze zum Wallis aufwuchs, machte seinen Weg in den Profifussball über Monthey und Sion. Bei Le Mont und Biel etablierte er sich 18 Monate in der Challenge League, worauf eine wenig erspriessliche Leihe zu YB folgte.
Typischer Vertreter der Waadtländer Spielphilosophie
Bei Lausanne-Sport wurde er unter seinem jetzigen Coach Fabio Celestini im Alter von 24 Jahren erstmals Super League-Stammspieler. Die erste Saison endete auf dem Zweitletzten, die zweite auf dem Letzten Platz und somit mit dem Abstieg. Kololli hatte persönlich gute Skorerwerte vorzuweisen und stach in den Match-Zusammenfassungen ins Auge, trug aber gleichzeitig mit seiner ungenügenden Defensivarbeit auch seinen Teil zum Abstieg seines Teams bei. Kololli konnte in der Super League bleiben und stiess im Sommer 2018 zum FCZ. Er traf dabei wieder auf Antonio Marchesano und Mirlind Kryeziu, mit denen er aufgrund der kurzen aber intensiven gemeinsamen Zeit beim FC Biel freundschaftlich-kollegial verbunden war. Ausserdem passte es auch mit dem Trainer.
Die drei Trainer seiner Profikarriere unter denen Kololli die meisten Spiele absolviert hat und die am meisten auf ihn setzten, waren alle Waadtländer wie er: Claude Gross, Fabio Celestini und Ludovic Magnin. Die Affinität zu Kololli hatte bei diesen Coaches aber nicht allein mit dessen Herkunft zu tun. Kololli ist auch ein typischer Vertreter einer gewissen Spielphilosophie, von der diese Trainer überzeugt sind, die aber speziell im Schweizer Umfeld im letzten Jahrzehnt nicht zum Erfolg geführt hat. Sie ist im Gegenteil mit ein Grund, warum Lausanne-Sport trotz grosser finanzieller Mittel weiterhin Mühe hat, den Sprung in die nationale Spitzengruppe zu schaffen. Es ist eine Philosophie mit vielen individuellen Ballkontakten in der schnelle Umschaltsituationen sowohl offensiv wie defensiv eine untergeordnete Rolle spielen. Auch schon im Juniorenbereich ist das Talent der Lausanner Mannschaften fast immer grösser als ihre Resultate glauben machen. Celestini und Magnin sind zudem chronisch immer wieder in denjenigen Phasen am erfolgreichsten, in denen sie aus Pragmatismus von ihrer eigenen Philosophie für ein paar Monate oder für ein bestimmtes Spiel (wie im Fall von Magnin den Cupfinal 2018) abweichen. Celestini hat beim FCB ebenfalls erst mal wenig verändert und ist mit dem Team vor Weihnachten wieder etwas auf die Erfolgsspur gekommen. Nur: Celestini wäre nicht Celestini, wenn er den Pragmatismus nach ein paar Monaten nicht auch wieder beiseite schieben würde.
Seine Rolle beim FC Basel
Die erste Halbsaison Kolollis beim FCZ inklusive Europacup-Auftritte war mit einer Züri Live-Durchschnittsnote von 5,1 noch ordentlich gewesen. Seine Leistungskurve entwickelte sich danach im Jahr seiner Heirat aber in den Keller. Seine mit Abstand besten Leistungen brachte er anschliessend von Mitte Juni bis Mitte Juli 2020, als er nach der Wiederaufnahme der Meisterschaft nach der Corona-Pause vor leeren Rängen die beste Version seiner selbst auf dem Fussballplatz war. Für kurze Zeit sah man einen Kololli, der voll fokussiert das Beste aus sich herausholte. Speziell stark in dieser Phase waren seine Standards. Anschliessend zeigte die Leistungskurve schon während dem Rest der Rückrunde 19/20, und erst recht in der kurz darauf anschliessenden Saison 20/21 schnell wieder nach unten. Seine Auftritte zum Ende seiner FCZ-Zeit in der Rückrunde 20/21 nach seinem Muskelfaserriss unter Coach Massimo Rizzo waren nur schwer erträglich, obwohl er weiterhin Skorerpunkte sammelte. Insgesamt gehört Kololli zu den am tiefsten benoteten Spielern seit es die Züri Live-Auswertungen gibt. Sein Abgang im Sommer 2021 war eine wichtige Grundvoraussetzung für die Traum-Saison danach, wo man wie schon vor der Ankunft Kolollis wieder den Sprung auf einen Europacup-Platz schaffte – und dies sogar als Meister mit deutlichem Vorsprung vor der Konkurrenz.
Mit dem meist auf dem Flügel agierenden Kololli war während seiner Zeit die linke FCZ-Seite ein kontinuierlicher Schwachpunkt, welchen die Gegner noch so gern ausnutzten. Dies lag zur Hälfte an der nonchalanten Defensivarbeit und den Ballverlusten Kolollis, zur anderen Hälfte am bis zur Ankunft Fidan Alitis fehlenden soliden Backup auf der LInksverteidigerposition. Nach seinen zweieinhalb Jahren mit wenig Einsatzzeit und einem weiteren Abstieg bei Shimizu S-Pulse an der japanischen Ostküste ist kein runderneuerter Kololli zum FCB gekommen. Das Stärke- / Schwäche-Profil ist immer noch dasselbe. Links im Mittelfeld ist aktuell Anton Kade gesetzt, mit Gauto als Ersatz. Daher wird Kololli tendenziell eher rechts vor dem ebenfalls neu verpflichteten Vouilloz auflaufen (wobei auch hier Gauto als Alternative in Frage kommt) – oder wie gegen die Bayern in seiner besten Rolle im Sturm, wo Kololli mit seiner Physis den ein oder anderen Ball halten und ablegen kann. Ausserdem vermag der 31-järige näher zum Tor auch seine Abschlussqualitäten eher zum Einsatz zu bringen. Offen bleibt die Frage: wird Kololli wie damals beim FCZ wieder einen ordentlichen Start hinlegen?
Frage zum Spiel: Wie macht sich Kololli gegen den FCZ?
- Er fällt weder positiv noch negativ auf (56%, 20 Votes)
- Er kommt gar nicht zum Einsatz (19%, 7 Votes)
- Der FCZ profitiert von seinen Fehlern (17%, 6 Votes)
- Er spielt eine Top-Partie und entscheidet sie zugunsten des FCB (8%, 3 Votes)
Total Voters: 36
Hier geht es zur Match-Vorschau: „FCB MIT NEUEM PERSONAL, FCZ MIT NEUER TAKTIK?“