Fällt YB noch mehr aus dem Rahmen oder erlebt Moniz eine Rahmen-Geschichte? / YB – FCZ Vorschau mit möglichen Aufstellungen
Eine Rahmen-Geschichte bedeutet, dass die eigentliche Geschichte in eine andere Geschichte eingebettet ist, die der Haupterzählung vorangestellt wird und zu der sie am Ende meist zurückkehrt.
Die Vorgeschichte
Indem der FCZ letzte Saison den bisherigen Nachwuchstrainer Ricardo Moniz als Trainer der 1. Mannschaft einsetzte, bestätigte der Club mit der entsprechenden Medienmitteilung am 22. April 2024 öffentlich, sportlich tatsächlich in einer Krise zu stecken.
Ausgerechnet Meisterschaftsfavorit BSC Young Boys war danach im Letzigrund erster Gegner des FCZ unter dem neuen Trainer. Der Heimclub war eine halbe Stunde lang klar das bessere Team. Indiz dafür waren die lautstarken und gestenreichen Weckrufe durch Torhüter David Von Ballmoos gegenüber seinen Teamkollegen. Kurz vor der Pause erlaubte Schiedsrichter Luca Cibelli YB-Stürmer Silvère Ganvoula einen Fallrückzieher direkt am Mann und anerkannte das spektakulär erzielte Tor zum 0:1 trotz gefährlichen Spiels gegen Ifeanyi Matthew. Gleich nach dem Seitenwechsel sah Cheick Conde innert wenigen Sekunden zweimal die gelbe Karte. Es war innerhalb von drei Monaten und einem Tag bereits das zweite Mal, dass derselbe Schiedsrichter den gleichen Spieler auf diese Weise des Feldes verwies. Während der Entscheid in Yverdon noch ein Fehlurteil gewesen war, erfolgte er gegen die Berner zu Recht. Der FCZ liess sich danach noch durch einen sehr weiten Diagonalpass von Joël Monteiro auf Cedric Itten überlisten und verlor so am Ende mit 0:2. Oberflächlich betrachtet schien der Sieg der Berner klar, verdient und souverän. Genau hingesehen war erkennbar, dass Ricardo Moniz in wenigen Tagen einige Dinge beim FCZ verbessern konnte und ein Punktgewinn durchaus möglich gewesen wäre. Ricardo Moniz konnte also zumindest resultatmässig den negativen Lauf nicht stoppen.
Die Hauptgeschichte
In der Folge gewann der FCZ unter dem neuen Trainer saisonübergreifend sieben Wettbewerbsspiele und holte zuletzt in Dublin gegen den Shelbourne FC ein torloses Unentschieden. Vor allem aber übertünchte der Ausgang des Spiels gewisse Probleme bei den Young Boys, die später trotz des grossen Vorsprungs von 8 Punkten auf Lugano als Meister Zweifel hinterliessen. Es schien so, als ob der Berner Sport-Club vor allem darum den Titel verteidigen konnte, weil die ernsthaftesten Konkurrenten Lugano (zu Beginn), Servette (danach und am Schluss) und der FCZ (lange Zeit dazwischen) in hohem Mass Phasen mit schlechten Resultaten hatten. YB war ein Meister ohne Glanz, auswärts eher schwach und mit 7 Niederlagen gemessen an den eigenen Ansprüchen überdurchschnittlich oft verlierend, ja gar mit einer Trainerentlassung während der Saison aufwartend.
Nun sind die Berner unter Patrick Rahmen mit einem neuen Trainer in die Saison gestartet, der in Winterthur noch einen laufenden Vertrag hatte. Drei Niederlagen in Serie gegen ambitionierte Gegner, davon zweimal auswärts, zeugen in verstärkter Weise vom Eindruck, den das Team schon etwas vermittelt hatte im zweiten Teil der vergangenen Saison. Immerhin stellt sich der Club auch gegen aussen hin offensiv dieser Situation, ohne das von Medien inflationär eingesetzte Wort Krise zu verwenden. Wenn ein Torhüter einem eigenen Verteidiger während eines Spielunterbruchs an die Gurgel geht, nachdem zuvor kein zählbarer Schaden entstanden ist, zeigt das die Spitze eines Eisbergs. Die Gründe für die zunehmend schlechteren Leistungen in diesen drei ersten Spielen sind:
- Abgänge von Nsame und Garcia im Winter wurden nicht aufgewogen
- Verletzungen von Schlüsselspielern wie Benito und Camara
- Untätigkeit auf dem Sommer-Transfermarkt infolge Fehleinschätzung der Lage
- ein grosser Teil von Zuzügen vorheriger Transferperioden ist keine Verstärkung
- das Pressing funktioniert nicht
- einzelne Spieler in Unterform oder zu Selstüberschätzung neigend
- geringerer Zusammenhalt im Team als früher
Natürlich ist auch das Trainerteam bei den Bernern gefordert. Aber Patrick Rahmen verlor einst mit Aarau die ersten sechs Spiele und erreichte zum Schluss noch die Barrage. Er ist in seiner Art als väterlicher Trainer ein guter Kommunikator, mit klaren Vorstellungen und respektvoll im Umgang mit den Spielern und trotzdem eine fordernde Person.
Mögliche Nachgeschichte
Wird Rahmen es schaffen, mit seinen Young Boys den FCZ im eigenen, wohl ausverkauften Stadion und auf Kunstrasen zu besiegen und endet die erfolgreiche Serie des FCZ unter Moniz in Bern ausgerechnet gegen YB mit einer Niederlage? Wenn ja, wäre es eine Rahmen-Geschichte für Moniz, der seit der Niederlage gegen YB im ersten Spiel nach acht Siegen und einem Unentschieden wieder verlieren würde.
Oder fällt YB aus dem Rahmen?
YB war in den letzten Jahren erstaunlicherweise einer der Gegner, gegen den der FCZ mehr Punkte als erwartet gewinnen konnte. In den letzten drei Spielzeiten fiel die Bilanz gegen die Berner gesamthaft gesehen unter Breitenreiter, Foda, Henriksen, Ural/Romano und Moniz positiv aus:
12 Spiele, 19:13 Punkte, 5 Siege, 4 Unentschieden, 3 Niederlagen, 12:16 Tore.
Gewinnt der FCZ dieses Duell, das auch eines für das Prestige ist? Dann würden die Berner noch mehr aus dem Rahmen fallen. Auch das wäre eine interessante Geschichte.
Der in Olten wohnende Schriftsteller Pedro Lenz ist ein bekennender YB-Fan. Als Gast von Züri Live antwortete er einmal auf die Frage, wann eine Geschichte zu Ende sei: „Eine Geschichte ist nie zu Ende. Sie geht immer weiter.“
Mögliche Aufstellung FCZ
YB hat zuletzt praktisch alle seine Gegentore auf schnelle Umschaltsituationen erhalten. Ein wichtiger Grund, der beim FCZ für ein Rhombus-System spricht. Armstrong Oko-Flex kann durchaus auch im Zweimann-Sturm spielen, unter anderem da er zusammen mit Labinot Bajrami der aktuell wohl gefährlichste Stürmer im gegnerischen Strafraum ist. Tor, Verteidigung und Mittelfeld stellen sich weiterhin praktisch von selbst auf. In diesen Mannschaftsteilen herrscht bereits eine relativ grosse Eingespieltheit. Die Frage ist, ob Coach Ricardo Moniz einem Spieler eine Pause gönnen will. Als Alternative auf der Linksverteidigerposition könnte Neil Volken (17) erstmals bei einem Wettbewerbsspiel der 1. Mannschaft dabei sein. Cheveyo Tsawa (17) ist sicherlich wieder dabei, dazu wohl auch Joseph Sabobo (18) und eventuell auch Silas Huber (19) oder Noah Leao (20).
Mögliche Aufstellung YB
YB ist bisher schlecht in die Saison gestartet. Am Engagement der Mehrzahl der Spieler liegt es nicht. Es ist eher so, dass Spielweise und Änderungen n der taktischen Formation unter dem neuen Trainer Patrick Rahmen nicht zusammenpassen. YB lässt sich einerseits auf ein Spiel mit vielen Umschaltsituationen in beide Richtungen ein – es fehlt aber ein erfolgsversprechendes Rezept fürs Gegenpressing, die Innenverteidiger agieren zu wenig aggressiv und die Aussenverteidiger nehmen nach vorne zu viel Risiko. Rahmen lässt im Vergleich zu Wicky und Joël Magnin im Mittelfeld tendenziell mit einer breiten Mittelfeldsreihe spielen. Dies scheint für permanentes Umschaltspiel eine eher unpassende Formation zu sein. Es fehlen unter anderem die Spieler zwischen den Linien fürs effektive Gegenpressing und als Anspielstationen im Spiel mit Ball.
Daten und Fakten im Vergleich (Transfermarkt)
(Mitarbeit: Lukas Stocker)