FCZ im Abstiegskampf – was lehrt uns die Saison 15/16?

Wie üblich beginnen nach den ersten Super League-Runden die ersten Trainerdiskussionen in den Medien und bei anderen Beobachtern des Schweizer Fussballs. Diesmal ist wenig überraschend wieder mal der FC Zürich dran. Die journalistischen Beiträge zum Thema sind dabei nicht ungewohnt kein bisschen besser als die aktuellen Liga-Resultate des FCZ. In der letzten Rubrik „Am Ball mit Böni“ stellt dabei Andreas Böni (Blick) zwei Behauptungen auf:

  1. Der FCZ habe schon mal bei Sami Hyypiä „die ganze Saison gewartet“, bis er entlassen worden sei und sei dann (darum) abgestiegen.
  2. Franco Foda hätte sich ein Vorbild an Nationaltrainer Murat Yakin nehmen sollen. Dieser habe als Nachfolger von Vladimir Petkovic „alles ungefähr gleich gelassen“ und nicht „mit grossen Pröbeleien“ angefangen.

Yakin stellt alles auf den Kopf – Hyypiä lange besser als Challandes

Beides ist falsch. Mehr auf den Kopf stellen als Yakin kann man als neuer Nationaltrainer fast nicht. Viererabwehr statt Dreierabwehr, Umschaltfussball statt Ballbesitz, sehr variabel auf den Gegner abgestimmt statt immer gleich, Fabian Frei reaktiviert und genauso wie Aebischer und Okafor gegen Italien in der Startformation gebracht, Zeqiri und Lotomba neu mit dabei, Captain Xhaka zeitweise Links liegengelassen, mehrere Spieler, die auf anderen Positionen spielen, als im Verein oder zuvor mit der Nationalmannschaft… Möglich, dass Yakin sich gegenüber den Journalisten so verkauft hat, als würde er fast nichts ändern – um möglichst wenig Wellen zu schlagen. Aber die Aufgabe eines Sportjournalisten müsste dann schon sein, kurz nachzuprüfen, ob das auch stimmt.

Ähnlich schludrig die Aussage bezüglich Abstiegssaison des FCZ. Eine Trainerentlassung schon nach sechs Runden sei durchaus zu rechtfertigen, weil der FCZ in der Abstiegssaison damit zu lange gewartet habe. Böni vergisst dabei komplett, dass die FCZ-Saison 15/16 mit Urs Meier begann – und dieser schon nach vier Spielen (drei Ligarunden) gehen musste. Am Beginn der Abstiegs-Saga stand also eine äusserst frühe Trainerentlassung. Danach folgten Wochen der Übergangsphase bis der neue Trainer gefunden, verpflichtet und dann endlich in Zürich angekommen war. Und als dies der Fall war, brauchte die Mannschaft auch noch etwas Zeit, um sich auf Hyypiä einzustellen. Bis dahin war Ende Oktober. In dieser Übergangsphase rutschte man vom zwischenzeitlich 4. Rang auf den letzten Platz ab. Ab Ende Oktober ging es mit Hyypiä dann aber aufwärts. Bis Mitte April hatte die Mannschaft unter dem Finnen eine Bilanz von 8 Siegen / 5 Unentschieden / 4 Niederlagen. Deutlich besser als Meistertrainer Bernard Challandes‘ FCZ-Bilanz! Und man hatte nach Triumphen gegen YB, Thun und Sion den Cupfinal erreicht.

Knackpunkt im St. Jakob Park

So ziemlich alle Journalisten und Schweizer Fussballfreunde waren zu diesem Zeitpunkt sicher, dass der FCZ überm Berg sei. Am 10. April änderte Basel-Coach Urs Fischer aus Respekt vor seinem formstarken Stammklub ungewöhnlicherweise sogar sein Spielsystem. Es nützte nichts. Die Zürcher führten im St. Jakob Park bis zur 83. Minute nach Toren von Kerzhakov und Bua trotzdem mit 2:0. Dann unterlief Embolo rückwärtslaufend und eine Verletzung des Gegenspielers in Kauf nehmend im Zürcher Strafraum den zum Kopfball aufspringenden Alain Nef. Statt Stürmerfoul entschied Ref Fedayi San auf Penalty wegen „Aufstützens“ (VAR gab es damals noch nicht). Delgado versenkte diesen genauso wie er kurz danach in Unterzahl nach einer Unkonzentriertheit des eingewechselten Sangoné Sarr Birkir Bjarnason ideal zum tausendsten FCB-Super League-Tor bediente. Noch entscheidender: in der 54. Minute hatte Cédric Itten mit einer Attacke von hinten mit beiden Beinen gestreckt in der Luft den zentralen Zürcher Abwehrmann Sanchez à la Ulysses Garcia vs. Fabian Schubert regelrecht “umgeholzt“ (wurde nicht mal als Foul taxiert). Sanchez fiel mit einem Muskelfaserriss aus und die zuvor stabile Zürcher Defensive in einem zu jenem Zeitpunkt eher knappen Kader war aus dem Gleichgewicht.

FCZ-Fans beim 2:2 am 10.4.2016 im St. Jakob Park

Nach einem Punkt aus den Spielen gegen Luzern und GC folgten drei Niederlagen in Folge gegen YB, Thun und Basel. Der FCZ war immer noch auf dem 8. Platz, aber es wurden nun erste Stimmen nach einem erneuten Trainerwechsel laut. Dieser erfolgte eine Woche später nach der Heimniederlage gegen Lugano dann auch. Die von Böni nun retrospektiv herbeiphantasierte angeblich lange Phase der Erfolglosigkeit unter Hyypiä („die ganze Saison gewartet“) gab es nicht. Es lief lange Zeit sehr gut – bis zum abrupten Absturz Ende April / Anfang Mai. Man konnte allenfalls über eine Woche früher oder später diskutieren – mehr nicht.

Abstiegssaison 15/16 Paradebeispiel für vorschnelle Trainerentlassung

Uli Forte, nach Urs Meier, Massimo Rizzo und Sami Hyypiä der vierte Trainer der Abstiegssaison, stellte dann die Mannschaft im direkten Duell in St. Gallen katastrophal ein und auf. Und in Sion beging er einen taktischen Fehler, als er sein Team aus dem offenen Schlagabtausch zurückzog, um ein Unentschieden über die Zeit zu bringen, von dem von vornherein klar war, dass es dem FCZ wahrscheinlich nichts bringen wird. Die FCZ-Saison 15/16 ist somit das Paradebeispiel für einen zu schnellen, überhasteten und zudem unvorbereiteten Trainerwechsel, nicht für ein zu langes Festhalten am Trainer.

Die Vorgeschichte dazu war beinahe eine Kopie zur vorschnellen Entlassung von Urs Fischer dreieinhalb Jahre davor, aus der man nur teilweise die Lehren gezogen hatte. Fischers Team verpasste 10/11 in einer tollen Saison den Meistertitel nur um ein Pünktchen. In der folgenden Vorrunde gewann man zwar gegen Basel, YB und eines der Derbys mit 6:0, fokussierte sich ansonsten aber stärker auf die Champions League-Qualifikation (Ausscheiden gegen Bayern) und Europa League-Gruppenphase. Im Winter verliessen dann mit Rodriguez, Mehmedi, Djuric, Alphonse und Margairaz gleich fünf Leistungsträger den Klub. Gemessen am Aderlass präsentierte sich die Mannschaft nach Wiederbeginn überraschend gut. Die Ungeduld in der damaligen Vereinsführung überwog aber angesichts des Mittelfeldplatzes, weil man in der Saison davor noch um den Titel gespielt hatte.

Freistellung von Urs Meier: Parallelen zu Urs Fischer

Fast genauso bei Urs Meier: sein FCZ spielte 14/15 über Monate ganz vorne um den Titel mit. Dann folgte eine ziemlich einmalige Serie von widrigen Umständen – Gilles Yapi wurde von Sandro Wieser in Aarau vom Platz getreten. Burim Kukeli setzten die Folgen seines Beinbruches zu (überhartes Foul von Simon Grether in einem Testspiel fast zwei Jahre davor). Mehrere Stammspieler erlebten im Winter einen skandalträchtigen Afrika-Cup, von dem sie sich mental lange nicht erholten, und dann kam in der Rückrunde auch noch eine in den letzten zwei Jahrzehnten nie dagewesene Serie an Schiedsrichter-Fehlentscheiden gegen den FCZ hinzu. Dank des historisch einmaligen fünften Derbysieges der Saison hievte man sich trotz alledem noch auf den 3. Platz.

29.5.2015: Familie Chikhaoui verabschiedet sich nach dem 4:3-Derbysieg vom Letzigrund. Yassine war in der 65. Minute eingewechselt worden und lieferte in der 73. Minute den Assist zum Siegtreffer Amine Chermitis.

Im Sommer verliessen dann aber die Leistungsträger Elvedi, Chikhaoui, Rikan, Cico Rodriguez den Klub, genauso wie der frühere Nr. 1-Torhüter Piu Da Costa und Talent Dimitri Oberlin, der sich in den Sommer-Testspielen in überragender Verfassung präsentiert hatte. Der Fall „Fischer“ wiederholte sich: die Mannschaft startete leistungsmässig angesichts des Aderlasses eigentlich ganz gut, hätte nach Torchancen die Unentschieden ausgegangenen Auftaktpartien gegen YB und Vaduz gewinnen müssen und verlor im Derby in der 93. Minute gegen Källström, Caio, Dabbur, Tarashaj und Co.. Nach der vorhergehenden Saison zeitweise an der Tabellenspitze waren die Ansprüche aber offenbar in unrealistische Höhen gestiegen. Und Meier musste gehen.

Neuzugänge sind technisch besser

Wie stellt sich die heutige Situation im Vergleich zur Abstiegssaison dar? Identisch ist der Aspekt der weit überdurchschnittlichen Vorsaison an der Tabellenspitze (wie 10/11 und 14/15) – diesmal sogar mit Meistertitel am Ende. Ebenfalls ein wichtiger Faktor in allen drei Fällen ist der starke Fokus auf den Europacup bei Verein und Spielern. Wie sieht der Vergleich bezüglich Abgängen und Zugängen aus? Im Winter 11/12 und im Sommer vor der Saison 15/16 fand ein echter Aderlass statt. Die Qualität der Zugänge konnte mit der Qualität der Abgänge ganz fundamental nicht mithalten. Heute ist die Situation teilweise anders, teilweise gleich. Von der grundsätzlichen Qualität her sind die Zugänge mindestens gleich gut oder sogar eher besser, als die Abgänge.

Vor allem im technischen Bereich sind die Neuzugänge deutlich besser. Condé ist technisch besser als Doumbia und auch Okita als Ceesay. Zwischen Vyunnik und Santini auf der einen Seite und Kramer auf der anderen bestehen technisch Welten. Und sogar Selnaes ist technisch versierter als Leitner, weil er die präzisen Bälle viel schärfer spielen kann und auch deutlich gefährlicher schiesst. Einzig im Vergleich Avdijaj vs. Coric ist der letztjährige Spieler technisch überlegen – dies aber ohne dass Avdijaj diesbezüglich wirklich abfällt. Katic ist der einzige technisch etwas limitierte Neuzugang. Er ersetzt aber auch keinen Abgang, sondern kam als zusätzliche Alternative für die Innenverteidigung hinzu.

Einbussen in Sachen Speed

Wie sieht es in der Luft aus? Mit dem Kopfballspiel? Santini, Vyunnik und Katic konnten das schon, bevor sie zum FCZ kamen. Kramer war in diesem Bereich bis zum Schluss schmerzhaft zum Zuschauen. Leitner rannte sogar möglichst weit weg, wenn ein hoher Ball in seine Richtung kam. Ceesay und Gnonto konnten es lange Zeit auch nicht, bis sie es in der Meistersaison auf fast schon mirakulöse Art und Weise plötzlich gelernt haben. Die defensive Disziplin und Mitarbeit ist bei den Neuzugängen ebenfalls eher besser, als bei den Abgängen. Physisch haben Neuzugänge wie Condé, Vyunnik oder Santini ebenfalls insgesamt mehr auf dem Kasten, als die Abgänge. Von diesen war einzig Kramer wirklich kräftig und dieser setzte seine Muskeln eher ungeschickt ein. Man hatte immer wieder das Gefühl, er wäre mit seinen Voraussetzungen in anderen Sportarten erfolgreicher.

Erfahrung? Die ist bei den Neuzugängen ebenfalls grösser. Selnaes, Santini, Avdijaj und Co. haben mehr Länderspiele, Europacuppartien und Einsätze in Topligen auf dem Buckel. Selbst der junge Vyunnik hat schon mal Real Madrid auswärts in der Champions League geschlagen. Kramer kam von einem deutschen Viertligisten, Gnonto aus der Primavera, Doumbia aus der Challenge League, Ceesay von Lugano. Einzig im Bereich Speed hat man diesen Transfersommer Einbussen gemacht. Das war die grosse Stärke von Ceesay und Kramer. Doumbia ist auch nicht langsam. Daher macht es auch Sinn, dass Rohner nun im Sturm spielt. Wenn das Timing stimmt, dann haben Super League-Verteidiger genauso wie gegen Ceesay und Kramer kaum eine Chance gegen ihn.

Einen Ceesay „Ausgabe 21/22“ kann sich der FCZ auf dem Transfermarkt nicht leisten

Tosin und auch die Neuzugänge sind nicht in dieser Speed-Kategorie. Vor diesem Hintergrund ist auch verständlich, dass der FCZ seine Spielweise und Taktik umgestellt hat. Das Stärken-/Schwächen-Profil der Mannschaft hat sich verändert, und dementsprechend muss man natürlich auch die Spielweise und Taktik anpassen. Mehr Technik und weniger Speed spricht tatsächlich für einen dominanteren Fussball mit mehr Ballbesitz, wie ihn Foda zu implementieren versucht. Trotzdem hat die Mannschaft in dieser Saison bisher ihre besten Momente immer noch im Umschaltspiel, auch wenn das Ballbesitzspiel langsam Fortschritte macht.

7.8.2022: FCZ – Sion im Letzigrund

Bei all der grundsätzlichen Qualität, die bei den Neuzugängen vorhanden ist: entscheidend für die aktuelle Tabellen- und Stimmungslage ist natürlich, was sie aktuell in den letzten Wochen auf den Platz bringen – im Vergleich zu dem, was die Spieler über weite Strecken letzte Saison auf den Platz gebracht haben. Aktuell sind Selnaes und Santini läuferisch und vom Rhythmus her noch nicht auf Super League-Niveau angekommen. Okita muss nach dem anders gearteten holländischen Fussball sein Spiel umstellen und hat seinen Platz im Team noch nicht gefunden. Omeragic und Dzemaili kommen aus der x-ten Verletzungspause und machen Anfängerfehler. Die Mannschaft wird im Dreitagerhythmus rotiert, das Team hat sich in neuer Zusammensetzung, neuer Spielweise und neuem Trainer noch nicht ganz gefunden. Kramer erzielte in seiner ersten FCZ-Saison sein erstes Tor erst in der 12. Runde, obwohl er immer spielte. Ceesay schoss in den ersten drei Saisons ingesamt nur sechs Liga-Treffer. Aber den „Ceesay Ausgabe 21/22“, so jemanden kann sich der FCZ auf dem Transfermarkt nicht leisten.

Ab jetzt bewegt man sich auf dünnem Eis

Kann man Franco Foda mit Urs Meier vergleichen, dem Trainer, der Anfang Saison 15/16 nicht so überhastet hätte entlassen werden dürfen? Von der angestrebten Spielweise her ja, aber sonst ist einiges anders. Unter Meier waren die Resultate besser, die Spielweise souveräner und er machte weniger taktische Fehler, weil er Mannschaft und Liga gut kannte. Die taktischen Fehler machte Breitenreiter in der Vorrunde letzter Saison übrigens genauso wie Foda, nur ging das in den generell positiven Resultaten etwas unter. Die Tabellensituation ist schlimmer als 15/16. Nur dass der Letztplatzierte diesmal nicht direkt absteigt, und Winterthur einen schlechteren Saisonstart erwischt hat, als damals Vaduz oder Lugano, sind Hoffnungsschimmer. Aber auf beides kann man sich im Verlauf der Saison nicht verlassen.

Trainer Mario Frick hat zuletzt mit Vaduz und Luzern herausragende Rückrunden gespielt. Trotzdem stieg Vaduz ab und Luzern schaffte es nur noch auf den Barrage-Platz. In der FCZ-Abstiegssaison 15/16 war die Übergangsphase zwischen den Trainern Meier und Hyypiä von Anfang August bis Ende Oktober entscheidend für den Abstieg. Denn danach bewegte man sich trotz über weite Strecken guter Leistungen während der restlichen Saison auf dünnem Eis und ein einziger Riss genügte, um einzubrechen. Der FCZ ist von der Teamstruktur her seit vielen Jahren anders aufgestellt, als beispielsweise Luzern oder Vaduz. Einfach nur „kämpfen“ alleine reicht nicht, um den Klassenerhalt zu schaffen. Man muss unbedingt auch die Qualität der einzelnen Spieler in die Waagschale werfen können.

Fokus auf den Sonntag in Genf

Eines ist klar: die Tabellensituation ist dramatisch und die Spieler müssen sich ab jetzt mental auf den Abstiegskampf einstellen. Seit dem Wiederaufstieg hat man unter Forte, Magnin, Rizzo und Breitenreiter die Vorrunde immer mindestens auf dem 4. Platz abgeschlossen. Das wird diesmal nicht der Fall sein, Man kann nicht mehr länger mehrere ältere Spieler parallel in Ligaspielen „aufbauen“ und an den „Super League-Rhythmus heranführen / zurückführen“. Wahrscheinlich muss auch die Team-Hierarchie verändert werden. Nur läuferisch für Super League-Verhältnisse gute Spieler sollten auf dem Platz stehen – mit allerhöchstens einer Ausnahme.

Personell muss diese Woche der Servette-Match vom Sonntag Priorität haben. Es ist das letzte Liga-Spiel vor der Nati-Pause. Man trifft auf einen sehr formstarken Gegner, vor dem der FCZ aber trotzdem nicht gleich in Ehrfurcht erstarren muss. Von den aktuell formstärksten FCZ-Spielern sollten gegen Arsenal nur diejenigen spielen, denen dieser Auftritt nützt, um am Sonntag Bestleistung zeigen zu können. Wer von der für Servette vorgesehenen Startformation hingegen aufgrund seiner aktuellen mentalen und/oder physischen Konstitution aus dem Arsenal-Match etwas fehlende Frische in das Spiel in Genf mitnehmen könnte, sollte am Donnerstag auch nicht spielen. Zumindest nicht in der Startformation.

Wie ein Plan B aussehen müsste

Und natürlich muss die sportliche Leitung einen Plan B im Köcher haben. Auf der einen Seite ist es zwar verständlich, wenn man sich gerade in der Trainerfrage nicht damit beschäftigen will, denn nur schon sich ernsthaft mit Alternativen zu beschäftigen, kann das dringend nötige Vertrauen, das jeder Trainer braucht, untergraben. Auf der anderen Seite darf es im Fall der Fälle auf keinen Fall wieder so eine schädliche Übergangsphase geben wie in der Saison 15/16. Ein Coach, der während einer Saison kommt, sollte den Schweizer Fussball und wenn möglich den FCZ sehr gut kennen – und müsste zudem mit seiner Art von Fussball auch zum mittlerweile veränderten Profil der Zürcher Mannschaft passen.

Zum Thema: Super League ist keine Reha-Klinik: FCZ nach 14 Spielen unter Franco Foda

Vom Allianz Suisse-Stadion in die Stockhornarena – der FCZ im Cup 15/16

Der FCZ hat seine Cupsaison am 16.August in Tramelan begonnen. Züri Live war begeistert ob der Gastfreundschaft im Dorf und beim Fussballklub, wo im „Allianz Suisse Stadion“ extra eine mindestens 10 Meter lange LAN-Leitung für das FCZ Live-Radio gelegt wurde. Höchste Zeit, mal nachzuschauen, was unsere Freunde aus dem Berner Jura denn mittlerweile im Dezember so treiben.

Kurz gesagt: es geht ihnen sehr gut! Der Aufsteiger in die 2.Liga Interregional liegt zur Zeit an 5.Stelle im Klassement der Gruppe 3, neun Punkte hinter Leader SC Dornach, und mit sieben Punkten Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz, welcher zur Zeit durch den SV Muttenz besetzt wird. Im Cup haben sie sich zudem bereits wieder in der 1.Vorrunde gegen den regionalen Konkurrenten Bassecourt im Penaltyschiessen durchgesetzt und erwarten nun im März den ehemaligen NLA-Klub Chênois (wo damals unter anderem Rolf Fringer gespielt hat) bei sich zu Hause auf dem Hauptsportplatz „Stade d’Orange“ in Tavannes.

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Auch das Vereinsleben kommt keineswegs zu kurz. Vor ein paar Tagen gab es die traditionelle „Vente de vins 2015“ im Stade d’Orange – mit Erbsensuppe und Samichlaus. Wir zitieren: „N’hésitez pas à remplir votre cave en passant commande au moyen du formulaire sous Le Club/les documents ou en cliquant sous le lien ci-dessous. Bonne dégustation.“

Eine 4:0-Führung bereits nach 24 Minuten hat es beim FCZ in den letzten Jahren nie gegeben. Beim Blitzstart in die Cupsaison unter dem Trainergespann Rizzo/Kern in Tramelan machte das Flügelduo Bua/Simonyan Lust auf mehr, und die Sturm-Sorgenkinder Sadiku (3) und Chermiti (2) konnten sich vor dem gegnerischen Kasten austoben. Für den negativen Höhepunkt sorgte Cabral mit seinem egomanischen Auftreten gegen Simonyan, welches auch die einheimischen Zuschauer mit Pfiffen quittierten.

In der zweiten Runde in Wohlen wars bis zum Schlusspfiff spannend. Der FCZ hatte viele gute Chancen, Gavranovic und Sadiku brachten auch „hundertprozentige“ nicht über die Linie. So war es Oliver Buff, in dieser Vorrunde zweitbester Zürcher Torschütze nach Sadiku, der das entscheidende Tor schoss, und dabei von der Vorarbeit von Bua und Gavranovic profitieren konnte. Der Sieg war zwar verdient, aber Wohlen hatte ebenfalls die eine oder andere gute Torchance auf seiner Seite gehabt, noch bevor das Team des neuen Trainers Sami Hyypiä in Führung gehen konnte.

Der 3:1 Achtelfinal-Sieg im Wankdorf gegen YB war sicherlich das bisher beste Spiel unter Hyypiä, und eines der besten der Vorrunde – zusammen mit dem Heimspiel gegen YB zum Auftakt der Saison und der Auswärtspartie in St.Gallen.  Es war eine solidarische und aufopferungsvolle Defensivleistung, mit Ausnahme allerdings wieder einmal von Cabral, welcher unter anderem Zakaria beim Gegentor geradezu einlud, durchs Zentrum zu marschieren. Züri Live zählte auf Seiten des FCZ herausragende 25 Top-Defensivaktionen (Brunner 6, der eingewechselte Djimsiti 4, Koch 3, Favre 3,…). Die Partie war gleichzeitig der Höhepunkt einer starken Vorrunde von Neuverpflichtung Kevin Bua, welcher bei allen drei Zürcher Treffern der entscheidende Mann war.

Im Viertelfinal wartet Thun – und aufgrund der Vorrundenleistungen und des Heimvorteils sind die Berner Oberländer sicherlich leicht favorisiert. Hyypiä’s Boys haben gerade im Stadion an der Oberland-Autobahn einiges gut zu machen nach der kollektiv schlechten Leistung bei der 1:5-Niederlage in der Meisterschaft am gleichen Ort. Das letzte Aufeinandertreffen im Cup ist gerade mal zwei Jahre her, und ging im Halbfinal im Letzigrund ins Penaltyschiessen. „Piu“ Da Costa hielt gleich den ersten Ball von….Christian Schneuwly – danach trafen alle Schützen auf beiden Seiten, inklusive Pedro Henrique zur Entscheidung.

Thun mit den Trainern Ciriaco Sforza und später Jeff Saibene konnte sich in den ersten drei Runden mit einem klaren 4:0 in Solothurn und knappen Siegen in Lausanne (1:0) und Wettswil-Bonstetten (2:1) durchsetzen. Beim FCZ hat sich der anfängliche Cup-Goalie Anthony Favre mittlerweile auch als Nr.1 für die Meisterschaftsspiele durchgesetzt (oder spielt im Cup nun Yannick Brecher?), Thun setzt diese Saison mit Francesco Ruberto bisher ebenfalls auf einen Cup-Keeper. Der aus dem YB-Nachwuchs stammende Torhüter war zudem in der Meisterschaft zwei Mal im Einsatz, darunter beim 5:1-Heimsieg gegen den FCZ. Über die vollen 270 Minuten hat in dieser Cup-Saison neben Ruberto nur Verteidiger Marco Bürki gespielt – beim FCZ ist wegen Favres Verletzung gegen YB gar nur Kevin Bua in allen drei Runden von Anfang bis zum Schluss auf dem Rasen gestanden. Die besten Cup-Skorer der beiden Teams sind bisher Kevin Bua (FCZ) und Gianluca Frontino (Thun) mit je zwei Toren und Assists, sowie Ridge Munsy (Thun) mit vier Treffern.

FCZ – Lugano 5:3: Highlights des ersten Heimsieges 15/16

FC Zürich – FC Lugano 5:3 (3:2) 

Letzigrund – 7277 Zuschauer – SR San

Tore: 15. Yapi 1:0, 27. Culina (Sabbatini) 1:1, 30. Djimsiti (Etoundi) 2:1, 38. Urbano 2:2, 42. Grgic (Bua) 3:2, 60. Bua (Vinicius) 4:2, 64. Culina (Sabbatini) 4:3, 68. Gavranovic (Nef) 5:3

Zürich: Favre; Koch, Nef, Djimsiti, Vinicius; Buff (84. Di Gregorio), Grgic, Yapi, Bua (89. Simonyan); Gavranovic (81. Chermiti), Etoundi. 

Lugano: Valentini; Markaj, Urbano, Datkovic, Veseli; Sabbatini, Rey (74. Pusic), Crnigoj; Tosetti (82. Donis), Rossini (74. Susnjar), Culina.

FCZ-Rating 15/16

Noch vier Tage bis zum Saisonstart gegen YB. Wie hat sich im Sommer die Situation im Kader des FCZ entwickelt? Mit David Da Costa, Andres Malloth, Nico Elvedi, Raphael Koch, Mirlind Kryeziu (Leihe), Djibril Sow, Maurice Brunner, Dimitri Oberlin und Patrick Rossini haben neun Spieler aus der 1.Mannschaft und der U21 den FCZ verlassen, ausser Rossini alle aus der FCZ

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Déjà vu, déjà vécu / FCB – FCZ Vorschau

Viele Geschichten und (mögliche) Déjà Vu’s ranken sich um die Partie des 32. Spieltages im St. Jakob Park. Vor fast genau einem Jahr hat der FCZ hier seinen sensationellen 13. Meistertitel gefeiert. Der Zustand der Mannschaft unterschied sich damals stark vom heutigen. Mit richtiger Taktik und Mentalität befand man sich in einem Flow. Das erste Duell dieser Saison im St. Jakob Park war das dritte Spiel unter Coach Bo Henriksen. Nach einer frühen hart gepfiffenen Roten Karte gegen Ivan Santini erkämpfte sich der FCZ damals ein 0:0. Und vor einem Monat spielte man im Letzigrund 1:1 unentschieden. Die Partie erinnerte etwas an die Abstiegssaison 15/16, als der FCZ zum gleichen Zeitpunkt ebenfalls nach einer Steigerung unter dem neuen Trainer aus Nordeuropa in einem guten Lauf war – und danach einbrach. Ähnlich ist auch diesmal wieder der Monat nach diesen Unentschieden verlaufen – mit etwas besseren Resultaten.

Vogel mit Auswahl vorne und Sorgen hinten

Der FCB hat zuletzt erstmals unter Coach Vogel in der Liga zwei Mal hintereinander gewonnen und dabei dem FCZ geholfen, indem er dessen Konkurrenten Sion und Winterthur besiegt hat. Im Gegensatz zum FCZ hat der FCB mehrere Offensivspieler in seinen Reihen, die in Form sind. Hinten sind die Rot-Blauen hingegen etwas ersatzgeschwächt. Zwar ist nicht unbedingt zu erwarten, dass der 15-jährige Akahomen von Anfang an spielt, aber welche Alternative gewählt wird, ist nicht ganz klar. Möglicherweise rückt Burger in die Abwehr und Essiam beginnt für diesen im Mittelfeld. Oder es gibt eine Systemumstellung auf Viererabwehr auch in der offensiven Phase. In der defensiven Phase spielt man sowieso häufig so.

Beim FCZ gibt es aktuell nicht viele Spieler, die in Form sind. Aliti, Hodza oder Guerrero sind Ausnahmen in einer aktuell aus der Balance geworfenen Mannschaft. Okitas Spiel ist geprägt durch einzelne Highlights alle paar Wochen und dazwischen viel Leerlauf. Erhält Calixte Ligue eine Chance von Beginn weg? Und kriegt Condé eine Pause?

Hilfe, wir haben den Ball! / Luzern – FCZ Analyse mit Randnotiz: neue Kandidatur für den Schwalbenkönig

Macht Roko wieder den Simic? / Luzern – FCZ Vorschau (Züri Live)

Die angesprochenen Parallelen zur Abstiegssaison gehen weiter. Damals hatte der FCZ in der 27. Runde gegen den FC Basel unentschieden gespielt und lag damals wie heute danach auf dem 8. Platz – 15/16 sogar mit deutlich mehr Vorsprung als heute. Dann kam in der 28. Runde die Niederlage gegen Luzern, welche den Auftakt zu einer Serie von sieben Partien mit nur einem Punkt darstellte.

Wenig Ballbesitz, mehr Erfolg

Die 1:2-Heimniederlage vor zwei Spieltagen gegen den FC Sion war ein Schock für Luzern: viel mehr Ballbesitz und ein klares Chancenplus – und trotzdem baute man die Walliser auf, anstatt sich in der Tabelle nach vorne orientieren zu können. Trainer Mario Frick lernte daraus und zog sein Team in den folgenden Partien in Winterthur und gegen den FCZ in die eigene Platzhälfte zurück, suchte das Heil in schnellen Gegenstössen. Das funktionierte ausgezeichnet! Zwei Spiele, zwei Siege.

Die gleiche Schlussfolgerung könnte der FC Zürich nach der klaren Niederlage in der Swissporarena ziehen. Zuletzt hatte man in St. Gallen und gegen den FCB mit wenig Ballbesitz jeweils die besseren Torchancen herausgespielt. In Luzern hingegen hatte man deutlich mehr den Ball – und zog den Kürzeren. Dazu kam als zusätzliches Indiz: die einzige Spielphase, in der Luzern mehr Ballbesitz hatte, war das letzte Viertel – und dieses war gleichzeitig die beste Phase des FCZ. Für beide Teams scheint also zur Zeit zu gelten: „Hilfe, wir haben den Ball (zu lange)!“.

Verbesserung auf der linken Seite dank dem Duo Aliti / Hodza

Trotz ähnlicher Kontertaktik wie in Winterthur machte Coach Frick gegen den FCZ eine Umstellung taktischer Art vom üblichen Rhombus-System auf ein 4-2-3-1. So wie dies vor ein paar Wochen bereits Raphael Wicky in Zürich gemacht hatte. Die Innerschweizer zogen sich stark zurück. Dejan Sorgic wartete vorne allein auf weiter Flur auf die Auslösung eines überfallartigen Konters. Wenn Luzern aber mal zum Aufbauspiel kam, dann versuchte man es der taktischen Änderung entsprechend häufiger über die Seiten, als noch in Winterthur. Das 4:1 in der 64. Minute fiel dann auch durch einen Angriff über die linke Seite.

Die Einwechslung von Pascal Schürpf für Sofyan Chader zur Pause war einer der Gründe, warum die in der 1. Halbzeit noch gut spielende rechte Zürcher Seite mit Omeragic und Boranijasevic in der zweiten Hälfte einen richtiggehenden Einbruch erlitt. Das letzte FCZ-Gegentor mit einem Angriff über diese Seite fiel ebenfalls in Luzern kurz nach der Winterpause, als beim damaligen 2:0-Führungstreffer der Luzerner Boranijasevic sich hoch in der gegnerischen Hälfte düpieren liess. Ansonsten war zuletzt die linke Zürcher Seite anfälliger gewesen mit drei Gegentoren hintereinander gegen YB. Servette und in Lugano, als jeweils das Duo Aliti / Kamberi verteidigte. Mit Hodza als Aussenläufer und Aliti links in der Dreierabwehr scheint diese Seite defensiv besser zu funktionieren. Die Pässe, die Aliti zu Gast bei seinem Ex-Klub konstant von hinten heraus spielte, waren zudem eine echte Augenweide.

Katic bei der Spielweise unter Henriksen ein Sicherheitsrisiko

Zuletzt gegen Basel setzte der FCZ den durch das Cupspiel unter der Woche etwas müden Gegner richtigerweise durch hohes Pressing stark unter Druck und zwang diesen zu vielen Fehlern. Die Stürmer machten daraus in Abwesenheit von Tosin dann aber zu wenig. Es brauchte einen Weitschuss von Condé, um zu reüssieren. Auch in Luzern benötigte es ein Weitschusstor eines Mittelfeldspielers, um ins gegnerische Gehäuse zu treffen. In der Kategorie Weitschusstore (6) liegt der FCZ mittlerweile an zweiter Position der Liga. Zu Magnin-Zeiten war man in dieser Kategorie jeweils bei den Schlusslichtern.

Es fällt auf, wie viele gegnerische Trainer in letzter Zeit ihre Taktik gegen den FCZ umstellen – sicherlich auch aufgrund der zuletzt insgesamt eher positiven Resultate des Letzigrund-Teams. Luzerns Konzept war ganz auf den grössten Zürcher Schwachpunkt, die Langsamkeit der Verteidiger, speziell von Katic, ausgerichtet. Der FCZ stand aber nicht nur wegen Luzern hoch und hatte viel Ballbesitz, sondern er will dies unter Bo Henriksen auch. Das Problem dabei: das Stärken-/Schwächen-Profil der Mehrheit der eingesetzten Spieler passt nicht zu diesem Spielstil (siehe Randnotiz im Winterthur-Artikel). Nikola Katic ist nur eines von mehreren Beispielen dafür, aber wahrscheinlich das klarste. In einer wie letzte Saison unter André Breitenreiter tief stehenden Mannschaft, die in erster Linie auf schnelles Umschaltspiel ausgelegt ist, könnte Katic auf Super League-Niveau wohl bestehen. Man erinnere sich beispielsweise an die „Abwehrschlacht“ in Unterzahl in Basel, als kurz vor Schluss Rohner mit einem Konter beinahe noch das Siegtor erzielte. In einem hoch stehenden Team mit viel Ballbesitz ist er hingegen ein viel zu grosses Sicherheitsrisiko.

Forwards können sich in Luzern kaum durchsetzen

Bei der Beurteilung der Partie nicht vergessen werden darf, dass die junge Luzerner Mannschaft wirklich stark spielte – allen voran Marco Burch und Nicky Beloko. Sie benötigten für ihren Powerfussball in den ersten drei Vierteln der Partie aber auch viel Kraft, so dass der FCZ bei einem knapperen Spielstand in den letzten 15-20 Minuten die Partie durchaus noch hätte drehen können. Daher war für Luzern der Treffer zum 4:1 äusserst wichtig. Er nahm dem FCZ den Glauben an die Wende, wodurch die nachlassenden Kräfte in der Schlussphase weniger ins Gewicht fielen. Pius Dorn gelang zum ersten Mal in seiner Profikarriere ein Doppelpack. Zuletzt hatte er dies in der U19 des SC Freiburg (drei Mal) geschafft, als er noch auf einer offensiveren Position eingesetzt wurde.

Das Spiel des FCZ war im ersten Viertel grundsätzlich gut, auch wenn man sich danach aus dieser Phase vor allem an einzelne gefährliche Luzerner Szenen erinnern wird, die aufgrund des defensiven Schwachpunktes Katic entstanden. Im zweiten und dritten Spielviertel wurde dann die Leistung von mehreren Spielern schlechter, bevor im letzten Viertel nach den Wechseln der FCZ die bessere Mannschaft war. Insgesamt spielte der FCZ aber zu wenig einfach, schnell und schnörkellos. Und die Stürmer stiessen gegen die jungen Luzerner Verteidiger an ihre Grenzen. Insgesamt hatte der FCZ bei dieser klaren Niederlage in Luzern erstaunlicherweise die höchste bisher von Züri Live gemessene Anzahl an guten Offensivaktionen im Jahr 2023, aber gleichzeitig auch am zweitmeisten schlecht ausgeführte Aktionen im Spiel mit Ball.

Mehrere taktische Wechsel während der Partie

Die in den Medien nach der Partie viel thematisierte Pausenansprache Henriksens war im übrigen nicht eine klassische „Brandrede“, sondern beinhaltete viel eher (in lautem Ton vorgetragene) konkrete Anweisungen an das Team insgesamt und an einzelne Spieler. Henriksen stand dabei ganz offensichtlich vor einer Taktiktafel, blickte konkrete Spieler an und sagte Dinge wie: «ich erwarte von Dir, dass Du in diesen Raum gehst».

Taktische Veränderungen gab es beim FCZ während dem Spiel einige. Man begann so wie man das mit 2:1 gewonnene Heimspiel gegen Luzern aufgehört hatte: im 3-4-1-2. Aufgrund des überraschenden 4-2-3-1 von Luzern stellte man aber bereits nach fünf Minuten auf ein 3-3-2-2 um – das heisst, Cheick Condé stand höher und Bledian Krasniqi weniger zentral. Dadurch ergab sich zwischenzeitlich eine stärkere Mannorientierung im Zentrum. Nach dem Gegentor zum 0:1 wechselte der FCZ dann aber etwas hektisch wieder zurück auf das zu Beginn angewendete 3-4-1-2, was dem Zürcher Spiel nicht gut tat. Das System und die Zürcher Probleme setzten sich nach der Pause fort, auch mit dem eingewechselten Roko Simic auf der Zehnerposition für Bledian Krasniqi. Mit einer weiteren Umstellung auf ein 3-4-3 ab der 60. Minute wurde es dann deutlich besser.

Fragezeichen bei den Eckbällen

Normalerweise gibt es beim FCZ auch taktische Auswechslungen. Diesmal aber wechselte Coach Henriksen schlicht die fünf schlecht spielenden Spieler aus, erstmals auch Katic. Bei Eckbällen hatten beide Teams zu Beginn defensiv etwas Probleme. Beim ersten Zürcher Corner standen Krasniqi und Condé völlig frei. Beim zweiten wurde dies aber sofort korrigiert und die entsprechenden Zürcher Spieler von Jashari und Ottiger gedeckt. Bei Luzerner Eckbällen stand hingegen Dorn immer frei, weil der FCZ nun wieder drei statt zwei Spieler für die Raumdeckung abstellt. Den Sinn und Zweck, Marchesano auf den Kreuzungspunkt von nahem Pfosten und Elfmeterpunkt in den Raum zu stellen, erschliesst sich auf den ersten Blick nicht. In diesem Raum landet so gut wie nie ein Eckball.

Personalien

  • Bledian Krasniqi: War zeitweise alleine gegen das Duo Beloko und Jashari. Hatte aber auch einen schlechten Tag und wirkte weniger spritzig als in anderen Partien – null Abschlussbeteiligungen und nach vorne praktisch wirkungslos.
  • Jonathan Okita: Zeigte nach dem zweiten und vierten Gegentor eine Reaktion. So zielstrebig und schnörkellos wie in diesen Momenten müsste er von Beginn weg spielen. Seine lässige Ballannahme in Rücklage mit gestrecktem Bein erinnert an Feierabendfussball mit Kollegen, und führt in der Super League, wo die Verteidiger im Schnitt hartnäckiger agieren als in Holland, zu vielen Ballverlusten.
  • Becir Omeragic: Hatte insgesamt eigentlich eine gute 1. Halbzeit, kümmerte sich beispielsweise zuerst aufmerksam um den bei Standards gefährlichen Burch. War dann aber bei den gefährlichsten Luzerner Szenen auch negativ im Fokus, was ihm etwas das Selbstvertrauen zu rauben schien. Jedenfalls fiel er in der 2. Halbzeit in ein Loch.
  • Nikola Katic: Wieder eine Note „1“ wie im ersten Spiel nach der Winterpause in Luzern, im Jahr 2023 bisher fast ausschliesslich ungenügende bis schlechte Noten. Nach zuletzt immerhin aufsteigender Tendenz wieder ein extremer Rückfall. Die Defensivleistung ist miserabel. Gegen eine konternde Mannschaft auf Super League-Niveau viel zu langsam – und passt dabei seinen Spielstil trotzdem nicht à là Filipescu an diese Realität an – als würde er diese ignorieren. Die Gegner nutzen dies systematisch aus. Stürmer wie Sorgic locken Katic mit ihren Laufwegen in die gegnerische Platzhälfte oder an die Seitenlinie und lassen ihn dann dort stehen wie ein unabgeholtes Paket auf der Post. Die Szene wiederholt sich Spiel für Spiel, immer und immer wieder.
  • Mirlind Kryeziu: Ist aktuell relativ weit von seiner Bestform von letzter Saison entfernt, aber trotzdem ruhiger, überlegter und schneller als Katic.
  • Fidan Aliti: Wenn nur alle in der Mannschaft so ein Passspiel hätten! Die Präzision, die Dosierung, die Konstanz! Keine Kunst, aber Qualitätshandwerk. Auch von Alitis Schnörkellosigkeit könnten sich viele eine Scheibe abschneiden. Geht auch in der Nachspielzeit beim Stand von 1:4 noch volle Pulle.
  • Ifeanyi Mathew: Begann gut. liess sich dann phasenweise vom Auftritt einiger Mitspieler mit runterziehen. Als Selnaes ins Spiel kam, blühte er wieder auf. Premièrentor aus der Distanz mit dem schwächeren Fuss.
  • Selmin Hodza: Abgesehen von ein, zwei taktischen Fehlern bestätigte er den positiven Eindruck vom Basel-Spiel; einer der aufmerksamsten FCZ-ler auf dem Platz.
  • Antonio Marchesano: Hat etwas das Pech, dass er ausgewechselt wird, kurz bevor Luzern ausgepowert ist. Gegen das hochtourige Luzern der ersten drei Viertel der Partie kann er sich nicht durchsetzen. Die Gegenspieler sind praktisch immer schneller am Ball. In so einer Situation unterläuft ihm dann auch noch mehrmals der typische Tosin-Fehler der letzten Jahre: abrupte Richtungsänderung in einem Moment, wo der Mitspieler den Ball bereits am Zuspielen ist.
  • Calixte Ligue: Kam bei weitem nicht so gut in die Partie wie bei seinem ersten Einsatz nach der Winterpause in Luzern. Begann mit zwei unnötigen Fouls und stand defensiv zeitweise etwas verloren im Raum.
  • Ole Selnaes: Wie eine frische nordische Brise für das Zürcher Spiel. Machte dieses mit seiner Spielingelligenz und gutem Passspiel deutlich strukturierter. Profitierte dabei aber auch von nachlassenden Luzernern.

Randnotiz – neue Kandidatur für den Schwalbenkönig

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Frappante Parallelen zur Abstiegssaison nehmen zu / FCZ – Basel Vorschau

Anfang September wurde hier auf Züri Live ein Artikel mit dem Titel „FCZ im Abstiegskampf – was lehrt uns die Saison 15/16?“ publiziert. In diesem wurden Parallelen zur Abstiegssaison beschrieben und diese haben seither nicht wie man denken könnte, abgenommen, sondern im Gegenteil zugenommen! Wie damals hat der FCZ in der Vorsaison um den Titel gespielt. Wieder war man im Europacup engagiert, diesmal noch deutlich länger und intensiver. Die Rotation durch den Dreitage-Spielrhythmus führte zu personeller Inkonstanz. Wie zu Beginn der Abstiegssaison war man zudem in der Startphase dieser Saison häufig die Mannschaft mit den besseren Torchancen, nutzte diese aber nicht. Von den ersten 14 Partien unter Franco Foda verlor der FCZ nur eine einzige nach “Expected Goals“.

Hyypiä von Ende Oktober bis Mitte April besser als Henriksen

Zu den Parallelen, die nun seit dem September-Artikel dazugekommen sind, gehört die frühe Trainerfreistellung. In der Saison 15/16 durfte Urs Meier das Team gerade mal drei Liga-Runden coachen, bei Franco Foda waren es acht. 15/16 fiel man in der Übergangsphase unter Interimscoach Massimo Rizzo auf den letzten Platz zurück. Diesmal gab es ebenfalls eine nicht sonderlich erfolgreiche Übergangsphase unter Genesio Colatrella. Man handelte sich sowohl 15/16 wie auch 22/23 im ersten Viertel der Saison eine so grosse Hypothek ein, dass man sich für den Rest der Saison zwangsläufig auf dünnem Eis bewegte. Aus so einem Loch kommt man bis Saisonende in der Super League in der Regel nicht mehr raus. Und wie bei der Credit Suisse genügt in einer dergestalt geschwächten Position ein einziges negatives Ereignis, um den Absturz zu besiegeln. Die letzten Jahre seit dem Wiederaufstieg war das nie so gewesen. Die Vorrunde beendete man unter Forte, Magnin, Rizzo und Breitenreiter immer mindestens auf dem Vierten Platz.

Weitere Parallele: Sowohl 15/16 wie auch 22/23 kam im Herbst ein neuer Trainer mit „H“ aus Nordeuropa. Und in beiden Fällen ging es mit den Resultaten aufwärts. Sami Hyypiäs Punkteschnitt von Ende Oktober bis Mitte April war sogar besser als der aktuelle Punkteschnitt von Bo Henriksen! Dies gilt sowohl inklusive internationale Spiele, als auch wenn man nur die Partien auf nationaler Ebene berücksichtigt! Unter anderem erreichte man unter Hyypiä in dieser Phase mit Auswärtssiegen gegen drei Super League-isten (YB, Thun, Sion) den Cupfinal.

Brecher, Xhaka, Nef, Callà, Contini – gleiche Protagonisten wie vor sieben Jahren

Damals wie heute traf man in der 27. Runde auf den FC Basel! Ein schlechtes Omen? Kommt es zur Wiederauferstehung der Geister der Vergangenheit? Sowohl die beiden heutigen Captains Yanick Brecher und Taulant Xhaka, wie auch die beiden Assistenztrainer Alain Nef und Davide Callà standen am 10. April 2016 auf dem Platz. Michael Lang hatte sich in der Woche davor einen Muskelfaserriss zugezogen und der an einer Schulterverletzung laborierende Philipp Degen zierte im Anzug das Matchprogramm. Der FC Zürich hatte vor der Partie auf dem achten Rang liegend sieben Punkte Vorsprung auf den Letztplatzierten Vaduz. Die Liechtensteiner hatten am Wochenende davor in Luzern mit 1:5 verloren, der andere Konkurrent im Abstiegskampf, Lugano, gar 0:6 gegen Sion. Der FCZ galt zu diesem Zeitpunkt in der Medienlandschaft als „gerettet“.

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Das 2:2 im St. Jakob Park (nach 2:0-Führung) wurde als positives Resultat betrachtet, obwohl dadurch der Vorsprung auf Vaduz auf fünf Punkte schrumpfte. Die damals von Giorgio Contini trainierten Liechtensteiner hatten einen 3:0-Derbysieg gegen St. Gallen gefeiert – während Zdenek Zeman’s Lugano in Bern am gleichen Wochenende sogar 0:7 auf die Kappe bekam. Heute hat Henriksen’s FCZ vor dem Basel-Spiel der 27. Runde ebenfalls auf dem achten Platz liegend nur drei Punkte Vorsprung auf die beiden Letztplatzierten Winterthur und Sion. Damals wie heute reicht(e) der Neunte Rang für den Klassenerhalt.

Fluide Formation: Vogel wie Magnin

2016 trat in Basel der eingewechselte Cédric Itten den Zürcher Abwehrchef Leonardo Sanchez von Schiedsrichter Fedayi San ungestraft mit einer Attacke von hinten vom Platz. Aufgrund des Muskelfaserrisses des Argentiniers wurde die zuvor dank ihm stabilisierte FCZ-Defensive wacklig und es folgte ein Serie von nur einem Punkt in sieben Partien. Der FCZ war wieder Letzter! Diesmal zog sich schon eine Woche vor dem Basel-Match der aktuell wohl wichtigste FCZ-Akteur, Aiyegun Tosin, ebenfalls eine Muskelverletzung zu. Diesmal ohne wesentliche Fremdeinwirkung, als er im Kybunpark kurz vor der Pause bei einer “hundertprozentigen“ Torchance am Ball vorbeischlug. Tosin hat sieben der letzten zehn FCZ-Tore erzielt. Ohne seine Treffer hätte man in diesen sieben Partien nur einen einzigen Punkt geholt.

Wie 15/16 spielte der FC Basel vor dem Duell der 27. Runde gegen den FCZ zu Hause gegen YB. Der Mann des Sanchez-Fouls, Cédric Itten, schoss dabei zwei Treffer für die Berner. Der FCB schied im Cup-Halbfinal aus. Wie früher der FCZ unter Coach Ludo Magnin formiert FCB-Trainer Vogel sein Team in der offensiven und defensiven Phase häufig unterschiedlich. Während man im 4-4-2 verteidigt, greift man dann jeweils im 3-4-1-2 an. Einer der Aussenverteidiger, Lang oder Calafiori, rückt dann nach innen, der andere rückt vor auf die Höhe des Flügels. Der zweite Flügel (Amdouni links oder Ndoye rechts) rückt ins Zentrum auf die Zehnerposition.

Sechserposition gegen Basel entscheidend

Der Formationswechsel beim Umschalten in die Defensive funktioniert aber gerade gegen Gegner von der Qualität YB’s nicht immer wunschgemäss. Der FCZ muss gegen Basel vor allem den Raum vor dem eigenen Strafraum im Griff haben, denn aus diesem heraus fallen fast alle FCB-Tore. Der FCB versucht mit Kombinationsspiel in der mittleren Zone die gegnerischen Mittelfeldspieler herauszulocken und den entscheidenden Raum zwischen gegnerischer Verteidigungs- und Mittelfeldlinie so freizuschaufeln. Der FCZ-Sechser (wohl wieder Cheick Condé) muss seine Position daher unbedingt halten, wenn möglich unterstützt durch Ifeanyi Mathew, der in St. Gallen als Condé’s Ersatz auf dieser Position bester Zürcher war.

Ausserdem sollten möglichst wenig Standardsituationen versursacht werden, denn Taulant Xhaka ist in diesen Situationen weiterhin gefährlich – genauso wie Linksfüsser Darian Males. Vor allem profitiert der FCB vorne aber davon, dass viele Spieler auf verschiedene Arten Tore erzielen können. Die drei jungen Westschweizer Nationalstürmer Amdouni, Ndoye und Zeqiri beispielsweise treffen das Tor jeweils mit beiden Füssen – und auch per Kopf. Gleichzeitig ist der FCB selbst bei gegnerischen Standards ebenfalls verletzlich. Die Verteidiger gehen Risiko und sind fehleranfällig. Der Anteil des defensiven Gewissens der Mannschaft ist gering.

Darf Hornschuh von Beginn weg ran?

Beim FCZ fällt mit Tosin „Mister 70%“ aus, denn der für Benin spielende Nigerianer hat zuletzt 70% der Zürcher Tore erzielt, nachdem er zu Beginn der Saison vor dem gegnerischen Gehäuse noch ineffizient gewesen war. Adrian Guerrero hat diese Woche wieder mittrainiert und Ole Selnaes kam in St. Gallen nach der Gelb-Roten Karte gegen Becir Omeragic in den Schlussminuten zu seinem Comeback. Bei beiden geht die Tendenz in Richtung Matchkader ja, Startformation nein. Katic und Kryeziu werden wohl tendenziell eher nicht gemeinsam auflaufen, was zu einem Startelfeinsatz von Marc Hornschuh in der Dreierabwehr führen könnte.

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