Analyse zur FCZ-Spielweise: Falsche Schlüsse aus dem 1:4 im Kybunpark? Das erste Duell mit St. Gallen war die bisher einschneidenste Partie der Saison
Vor der dritten Saison-Begegnung mit dem FC St. Gallen lohnt sich ein kurzer Blick zurück zum ersten Duell im September im Kybunpark, welches aus FCZ-Sicht mit 1:4 verloren ging. Dies war im Rückblick wohl die einschneidende Partie des Herbstes, welche den FCZ in seiner Entwicklung um einige Monate zurückwarf. Wenn Trainer Ricardo Moniz in Pressekonferenzen Negativbeispiele von FCZ-Spielen nennen will, kommt er immer wieder auf diese Partie zu sprechen. Aus Züri Live-Sicht aber zu Unrecht! Es ist ein gutes Beispiel warum man sich von Resultaten nicht zu sehr ins Bockshorn jagen und die Analysen auf den Leistungen basieren sollte. Die FCZ-Leistung war im Kybunpark nämlich gut gewesen. Die falsche einzeltaktische Entscheidung, Umeh Emmanuel als Linken Aussenläufer einzuwechseln, war in einer umkämpften Partie gegen einen an diesem Tag starken Gegner der wichtigste Grund, warum die Partie im Verlauf der 2. Halbzeit auf die Seite der Grünweissen kippte. In den ersten drei Vierteln der Partie war es die bis dahin beste FCZ-Leistung der Saison gewesen. Im ersten Viertel lief es taktisch und spielerisch fast schon zu gut.
Neu: Intensives Pressing und viel Ballbesitz gleichzeitig
Der FCZ hatte in den Partien gegen Luzern (1:1), in Basel (2:0) und dann in St. Gallen (1:4) kontinuierlich die Pressing-Intensität erhöht, wie die Züri Live-Grafik mit Daten von Wyscout zeigt. Nach dem St. Gallen-Match krebste man hingegen wohl aus Schock über das Resultat zurück und spielte wieder deutlich konservativer (abzulesen an der PPDA-Kurve in der Grafik). Die Folge waren schlechtere Leistungen und letztendlich auch Resultate, Nur die Standardtore hielten den FCZ in dieser Phase noch einigermassen über Wasser. Nach der Winterpause hat man nun die Schraube beim Pressing wieder angezogen und bewegt sich wieder im Bereich der Phase mit den Partien gegen Luzern, in Basel und in St. Gallen in der Vorrunde. Nach mehreren (eher verlorenen) Monaten ist man nun also wieder an den gleichen Punkt zurückgekehrt. Ähnlich sieht es beim Thema Einsatz der eigenen Talente aus. Auch da liess man sich nach guten Ansätzen von der Niederlage in Lugano -(ebenfalls 1:4) zu stark beeindrucken und liess das Duo Tsawa / Ligue nicht mehr so viel spielen. Auch diesbezüglich ist man nun wieder an den gleichen Punkt zurückgekehrt – mit ein paar “verlorenen“ Monaten dazwischen.

Tatsächlich hat die Pressing-Intensität (PPDA) seit der Winterpause wieder stark zugenommen (tieferer Wert = höhere Intensität). Etwas einschränkend muss man dazu sagen, dass man im neuen Jahr noch nicht gegen Lugano und Lausanne-Sport gespielt hat, gegen die man im Herbst die tiefste Pressing-Intensität hatte. Dazu gibt es einen weiteren wesentlichen Unterschied zur Vorrunde. Heute wird das Intensive Pressing mit viel Ballbesitz kombiniert (und dies sogar in Unterzahl). Zuvor hatte man jeweils immer nur eines von beidem gehabt: bei Intensivem Pressing wenig Ballbesitz und bei viel Ballbesitz kein intensives Pressing. Dies hat sich geändert, weil man nun einerseits äusserst schnell von Angriff auf Verteidigung umschaltet (Gegenpressing), dies aber nicht im gleichen Masse umgekehrt macht. Das Umschalten von Verteidigung auf Angriff ist im Durchschnitt weniger schnell. Damit will man mit längerem Ballbesitz Dominanz aufbauen.
Sehr positive Entwicklung bei den Torchancen, Effizienz noch ungenügend

Positiv: der FC Zürich erarbeitet sich seit Rückrundenstart von Spiel zu Spiel immer mehr Torchancen. Die Expected Goals-Kurve zeigt steil nach oben. Das Problem ist aktuell aber die Chancenverwertung am und im gegnerischen Strafraum. Gleichzeitig lässt man statistisch so viele gute gegnerische Torchancen zu wie noch nie in dieser Saison. Allerdings wird diese Statistik aktuell stark durch die “Expected Goals against“ der drei Penaltys und zwei Penalty-Nachschüsse in Luzern geprägt. Sieht man davon ab, sind die Werte der zugelassenen Torchancen okay und in den drei anderen Partien gegen Yverdon, Basel und Winterthur hat man total nur ein Gegentor zugelassen – auf einen Shaqiri-Standard.

Bei der Expected Goals-Differenz hat man die positive Zone bereits wieder erreicht, und die Tordifferenz bewegt sich ebenfalls in eine positive Richtung. Die Gesamt-Effizienz vor dem gegnerischen und eigenen Tor (Td-xGd) liegt aber noch immer im negativen Bereich.
(Züri Live-Grafiken basierend auf Wyscout-Daten mit gleitendem Durchschnitt (5 Spiele))