Erst gerade vor einem Monat hat der FC Zürich im Letzigrund auch mit etwas Glück mit 1:0 gegen Aufsteiger Sion gewinnen können. Mariano Gomez verwandelte in der 17. Minute einen Chouiar-Freistoss von der rechten Seite per Kopf zu seinem ersten Tor im FCZ-Dress. Auch in der dritten Partie seit der Umstellung auf Dreierabwehr konnte sich der FCZ damals kaum Torchancen erarbeiten. In Basel und drei Vierteln der Partie in St. Gallen war man zumindest mit hoher Intensität angetreten und beging kaum Fehler. Gegen Sion war davon aber kaum mehr etwas zu sehen. Auch weil der in St. Gallen am meisten überzeugende Ifeanyi Mathew (Note “10“) nicht in der Startformation stand. Der Spielaufbau gestaltete sich zu langsam und vor allem verteidigte man so unkonzentriert wie selten zuvor in dieser Saison. Man hatte Glück, dass der Gegner nicht mehr als zwei Lattenschüsse zustande brachte.
„Klötzli“ 2.0 im Tourbillon
Sion hat zuletzt zuhause gegen den FCB, Lugano, Yverdon Sport und St. Gallen vier Mal in Folge Unentschieden gespielt. Die Nachspielzeit gegen den FC St. Gallen am Sonntag gestaltete sich besonders dramatisch und erinnerte an den “Fall Klötzli“ aus dem Jahre 1989. Damals erzielte der im Europacup engagierte und gleichzeitig abstiegsgefährdete FC Wettingen in der Nachspielzeit den vermeintlichen 1:1-Ausgleichstreffer – Schiedsrichter Bruno Klötzli pfiff aber ab, während Martin Ruedas Lob-Ball noch in der Luft auf dem Weg ins leere Gehäuse war. Die anschliessenden Jagdszenen von Wettinger Spielern, Trainern und Funktionären auf Klötzli gehören zu den unrühmlichsten Episoden in der Geschichte des Schweizer Spitzenfussballs. Daran beteiligt waren unter anderem Roger Kundert (307 Wettbewerbsspiele für den FCZ) und der heutige FCB-Vereinspräsident Reto Baumgartner.
Beim Spiel Sion – St. Gallen ereignete sich dieses Wochenende eine ähnliche Situation. St. Gallen-Stürmer Willem Geubbels foult vor dem gegnerischen Strafraum erst Gegenspieler Hefti und scheint danach auch noch Joël Schmied anzugreifen, worauf sich Sion-Torhüter Timothy Fayulu für seine beiden Verteidiger zur Wehr setzt und Geubbels an den Kragen geht. Mitten im Sion-Gegenangriff Richtung Gehäuse von Lawrence Ati Zigi macht Schiedsrichter Gianforte an der Mittellinie rechtsumkehrt, da er auf die Rudelbildung rund um Geubbels / Fayulu auf der anderen Platzseite aufmerksam wird. Sowohl der Sion-Konter in der einen Platzhälfte wie auch die Rudelbildung auf der anderen Seite des Platzes laufen parallel weiter. Den späteren Pfiff von Gianforte, der das Spiel unterbrechen soll, hört man erst genau in dem Moment, als Dejan Djokic nach mehreren zuvor im MInutentakt vergebenen Topchancen nach einem Haken im Strafraum doch noch an Zigi vorbei zum vermeintlichen Sion-Siegtreffer zum 3:2 trifft. Der Ball ist zum Zeitpunkt des Pfiffes ziemlich genau auf der Torlinie oder Zentimeter davor. In dieser Hinsicht ein noch extremerer Fall als damals bei Klötzli. Als klar wird, dass Gianforte das Tor nicht anerkennt, stürmen erst ein Sion-Staffmitglied und Sportchef Barthélemy Constantin, später dann auch noch Klub-Besitzer Christian Constantin auf den Platz und reden gemeinsam mit ihren Spielern auf den Schiedsrichter ein, der dabei fleissig in alle Richtungen Rote Karten verteilt. Schläge und Tritte gegen den Schiedsrichter wie im Wettingen-Fall gibt es aber nicht. Sion wird im Hinblick auf den FCZ-Match auf jeden Fall “geladen“ sein.
Ausfälle beim FCZ als Chance für Neustart?
Für den gesperrten Timothy Fayulu wird gegen den FCZ voraussichtlich der erfahrene Heinz Lindner im Tor stehen. Ansonsten ändert sich im Vergleich zur Begegnung im Letzigrund bei den Wallisern wenig. Einzig Captain Reto Ziegler (38!) kam zuletzt wieder zurück ins Team. Sion wird wie üblich mit Kombinationsspiel über die Seiten vorstossen wollen. Das Fünfermittelfeld im kompakten 4-2-3-1 (gleiches System wie GC) besteht aus lauter spielerisch starken Akteuren. Gegen GC sind alle grossen Torchancen und das Gegentor über die rechte FCZ-Seite entstanden, die Lindrit Kamberi defensiv nicht gut im Griff hatte.
Beim FCZ kommen durch den verletzungsbedingten Ausfall Antonio Marchesanos (neben Ballet, Di Giusto, Gouré, Leidner) und den Gelb-Sperren gegen Cheick Condé, Mariano Gomez und Juan José Perea weitere Kaderspieler zu Startelf-Chancen. Zu diesen könnten neben Umeh Emmanuel, der schon gegen Servette begann, Nemanja Tosic, Cheveyo Tsawa, Jahnoah Markelo, Armstrong Oko-Flex oder Jonathan Okita gehören. Ausserdem ist Junior Ligue eine valable Alternative für Perea auf seiner angestammten Mittelstürmerposition. Bleibt der FCZ bei der Dreierabwehr, mit welcher kaum noch Torchancen erspielt werden? Oder nutzt man die Verletzungen und Sperren, um zum für diesen Kader am meisten passenden 4-3-3 zurückzukehren? Eine rhetorische Frage, denn das Zürcher Spiel vom Beginn der Saison scheint zuletzt nicht nur an Gefährlichkeit, sondern auch an Identität verloren zu haben. Es basiert vieles nur noch auf Einzelaktionen und Zufällen. Und defensiv ist man anfälliger geworden – speziell über die Seiten, wo Sion seine Angriffe lanciert.
Zunder auf dem Feld ist schon von Anfang an drin. Ein Beispiel: In der 18. Minute gleicht ein Zweikampf zwischen Tobers und Perea eher einem Duell im Sägemehl als einem auf dem Rasen. Als der Kolumbianer aufstehen will, drückt ihn der Lette wieder zu Boden – Gelb! Zuvor wurde bereits der andere GC-Innenverteidiger, Decarli, verwarnt. Dann rasseln die beiden Leithammel Conde und Abrashi mit den Köpfen zusammen. Kernige Duelle im Derby.
– Pascal Ruckstuhl und Simon Strimer, Blick
Der FC Zürich ist fürs erste Derby der Saison parat und gewinnt dieses verdient mit 2:1. Die beiden Weitschusstore von Lindrit Kamberi (mit dem schwächeren linken Fuss!) und Antonio Marchesano sind Ausdruck der Mentalität und des Siegeswillens der Mannschaft in dieser für die Fans äusserst wichtigen Partie vor annähernd 20’000 Zuschauern im Letzigrund. Der Gegner befindet sich dabei allerdings nicht in Bestverfassung. Von den Derbys der letzten Saison bleibt in Erinnerung, dass GC jeweils zumindest eine halbe Stunde lang das Spiel dominierte. Diesmal war der FC Zürich während beinahe der ganzen 90 Minuten besser.
Das 286. Derby – das erste seit acht Monaten – endete genau nach Drehbuch; mit einem Tor Differenz wie immer bei den letzten fünf Malen und mit einem FCZ-Sieg wie bei nun fünf der letzten sechs Ausgaben.
Bluewin
Beide FCZ-Torschützen auch am Gegentor beteiligt
Je eine Topchance in jeder Halbzeit waren zusammen mit dem Anschlusstor die einzigen Momente, wo das Schällibaum-Team sich in Szene setzen konnte. Eigentlich konnte vor der Partie erwartet werden, dass die Grasshoppers sich gegen den auf den Aussenbahnen potentiell in Unterzahl agierenden FCZ häufiger mit Kombinationsspiel über die Seiten durchsetzen können – wie man es in der Nati-Pause in einem Test gegen das Challenge League-Spitzenteam Xamax (6:0!) eingeübt hatte. Zwar hatte GC am Ende einen höheren Expected Goals-Wert als der FC Zürich – dies allerdings in erster Linie aufgrund des durch Mabil aus nächster Nähe erzielten Tores im Vergleich mit den beiden Weitschusstreffern des FC Zürich. Alle drei gefährlichen GC-Aktionen liefen über die linke Seite gegen den sowohl offensiv (einige Alibipässe und Fehlzuspiele) als auch defensiv mehrmals indisponiert agierenden Lindrit Kamberi. Bei der Topchance von Neuverpflichtung Lupi in der 21. Minute konnte sich GC nach einem Einwurf über diese Seite durchkombinieren.
Doch nach ungenügender erster Halbzeit hätte GC am Ende gegen den FCZ dank einer deutlich besseren Darbietung nach der Pause einen Punkt verdient gehabt. In Sachen erwartbarer Tore liegen die Grasshoppers sogar deutlich vorne in der Statistik (1,86 zu 1,10), Tomás Verón Lupi und Giotto Morandi vergaben beste Gelegenheiten.
Fabian Ruch, Neue Zürcher Zeitung
Der FC Zürich gewinnt das 286. Zürcher Derby gegen die Grasshoppers 2:1. Er tut dies, wie er es schon so oft in dieser Saison getan hat: Während er in der ersten Halbzeit zu überzeugen weiss, schwächelt er in der zweiten Hälfte.
Berner Zeitung
Beim Anschlusstreffer in der 61. Minute profitierte GC von einem Alibipass Kamberis auf Marchesano, der gegen den frisch eingewechselten Tim Meyer den Ball verlor. Beide FCZ-Torschützen waren also am Gegentreffer entscheidend beteiligt. Condé half für den zu langsam zurückeilenden Kamberi auf der Seite aus, konnte die Flanke des energischen Giotto Morandi aber nicht verhindern. Gomez lenkte die Weiterleitung des ebenfalls eingewechselten Pascal Schürpf auf Awer Mabil unglücklich ab. Auch bei der dritten grossen GC-Möglichkeit in der 72. Minute agierte Lindrit Kamberi zu passiv. Die Persson-Flanke hätte Yanick Brecher trotzdem fangen müssen, faustete sie aber an die Strafraumgrenze. Condé liess Meyer gewähren, Katic Morandi sträflich frei, Gomez und Conceição gestikulierten, statt sofort einzugreifen, Brecher hechtete spekulativ in die falsche Ecke: der FCZ hatte nach dieser Fehlerkette Glück, dass Morandi nur den Aussenpfosten traf.
Nach der Pause macht GC die Seiten zu, bleibt aber durch die Mitte verletzlich
Dass der FCZ nach der Pause Mühe hatte, kann sich Mirlind Kryeziu nicht so richtig erklären. «GC hat nach der Pause etwas anders gemacht. Unsere Räume waren zu», erklärt der Verteidiger. «Aber wenn wir in der ersten Halbzeit Vollgas geben, können wir das Derby schon vorzeitig entscheiden.»
Mirlind Kryeziu bei nau.ch
Die beiden GC-Flügel Lupi und Kittel agierten in der 1. Halbzeit sowohl offensiv als auch defensiv zu lethargisch. Nach der Pause machten die beiden die Räume über die Aussen konsequenter zu. Man hatte den FCZ aufgrund des Systems mit Dreierabwehr logischerweise vorwiegend durch die Mitte erwartet und stand dort kompakt. Die Einwechselspieler Schürpf und Mabil sorgten auf den flügelpositionen in der 2. Halbzeit kurzzeitig zusätzlich für einen Energieschub – allerdings nicht für lange. GC vermisste im Mittelfeldzentrum Tsiy Ndenge. Innenverteidiger Ayumu Seko sprang nicht zum ersten Mal auf dieser Position neben Captain Amir Abrashi ein – und beging aus GC-Sicht die entscheidenden Fehler. Beim Führungstreffer in der 32. Minute kombinierte der FC Zürich gegen einen hoch stehenden Gegner über die linke Seite mit Junior Ligue hinten heraus. Im Mittelfeld versprang Seko der Ball in Richtung Antonio Marchesano, der den von rechts hereinrückenden Lindrit Kamberi bedienen konnte. Beim zweiten FCZ-Treffer in der 38. Minute verlor der Japaner den Ball gegen Mounir Chouiar. Der Franzose hatte sich zwischen Mann und Ball gestellt in einem Moment als Seko aus der Drehung einen Pass spielen wollte und mit dieser Eigendrehung ohne den Ball zu treffen von Chouiar nur ganz leicht berührt in erster Linie sich selbst zu Fall brachte. In der 79. Minute schrammte Seko zudem als letzter Mann gegen Perea nahe an einem Platzverweis vorbei.
Insgesamt ist der FCZ giftiger, die Grasshoppers wirken verunsichert. Bledian Krasniqi findet sogar: «Sie waren verzweifelt.» Diese Analyse des FCZ-Mittelfeldspielers ärgert GC-Trainer Marco Schällibaum zwar, aber auch er sagt, er sei nicht nett zu seinem Team gewesen in der Pause. Er sieht GC in ein Debakel laufen.
Der FCZ gewann insgesamt mehr Defensivzweikämpfe als der Gegner, liess diesbezüglich phasenweise in der 2. Halbzeit aber etwas nach. GC gewann auch dank dem grossgewachsenen Mittelstürmer Lee mehr Luftduelle. Spätestens nach der Einwechslung des bei seinem Début überzeugenden Jahnoah Markelo war die Partie gelaufen. Insgesamt war es mit einer entsprechenden Durchschnittsnote von 7,2 die beste FCZ-Offensivleistung seit dem Cupspiel in Le Locle mit damals Torchancen im Dreiminutentakt. Die in der Startformation aufgelaufenen Spieler liessen aber grösstenteils in der 2. Halbzeit in ihrer Leistung nach. Nochmal etwas gesteigert haben sich nur der in der 1. Halbzeit ungenügende Katic und der wie letzte Saison im Derby umtriebige Bledian Krasniqi – Mariano Gomez war in beiden Hälften gleich gut . Im Gegensatz zu gewissen anderen Partien waren diesmal die Einwechselspieler auf FCZ-Seite ein Gewinn, sorgten für viel Entlastung und retteten dem Team die Führung über die Ziellinie.
286. Derby Highlights – Riesenparade von Hammel
286. Derby – die Tore @ Züri Live
Personalien – Krasniqi nach dem Kantonsderby auch im Stadtderby MVP
Rodrigo Conceição: Sowohl offensiv wie defensiv zu stark auf den Gegenspieler und zu wenig auf den Raum fokussiert.
Cheick Condé: Hatte in den letzten Wochen häufig Startschwierigkeiten und ist dann besser in die Partie gekommen – diesmal umgekehrt. Nach gutem Start baut Condé im Verlauf der Partie ab. Ausserdem verliert er mehrheitlich die Kopfballduelle gegen Lee. Zu Beginn der 2. Halbzeit mit öffnenden Pässen bei Kontern, defensiv aber zu passiv / unaufmerksam.
Lindrit Kamberi: Wird in der 2. Halbzeit immer wieder gut auf der Rechten Seite lanciert, macht aber wenig daraus. viele Alibipässe und Fehlzuspiele. Defensiv mit Problemen.
Bledian Krasniqi: Findet über den Kampf ins Spiel. Ist nach dem Kantonsderby auch im Stadtderby MVP! Und dies klar und eindeutig als bester Spieler Offensiv, Defensiv, 1. Halbzeit und 2. Halbzeit. Bleibt dabei als einziger Spieler aus der Startformation in der 2. Halbzeit über Note “6“.
Mariano Gómez: Fokussiert sich als Zentraler Innenverteidiger im Gegensatz zum Beginn der Saison (damals als Aussenverteidiger) fast ausschliesslich auf die Defensive.
Antonio Marchesano: Mit einem Tor und einem Assist entscheidend am Derbysieg beteiligt.
Man of the Match: Juan José Perea
«Ein Tor gelang dem FCZ- Mittelstürmer nicht. Aber sein Laufpensum und sein Einsatz in den Zweikämpfen waren ausserordentlich.»
– Dani Wyler, Bluewin
Der Beste Beim FCZ performt das ganze Kollektiv in der ersten Hälfte. Moniz stellt statt Schienenspieler Rodrigo Conceiçao «Züri-Bueb» Lindrit Kamberi in die Startelf und macht damit alles goldrichtig. Kamberi erzielt das wegweisende 1:0, obwohl GC bis dahin die besseren Chancen hatte.
– Pascal Ruckstuhl und Simon Strimer, Blick
286. Derby Kommentare – Ancillo Canepa entfernt jeden GC-Kleber
Das Spitzenspiel FCZ – Servette (1:3) vom Sonntag wurde zum ungleichen Duell, in welchem der Leader und Heimklub als unterlegenes Team wirkte. Man traf dabei auf den letzte Saison auch im Europacup sehr erfolgreichen Cupsieger 2024. Servette ist über Jahre mit grosser personeller Kontinuität gewachsen. Die Abläufe sind bis ins Detail eingespielt. Servette hat weder eine Startruppe, noch eine Mannschaft von Top-Talenten zur Verfügung. Die Leistungsträger wie Jérémy Frick, Steve Rouiller, Timothé Cognat, Miroslav Stevanovic oder Dereck Kutesa sind alles Spätzünder, die sich in einem ersten Schritt im Profibereich nicht durchsetzen konnten. Sie haben sich bei Servette in einem “sicheren Hafen“ über längere Zeit entwickeln können und ihre Rolle gefunden. Beim FCZ wirkt im Vergleich dazu vieles kurzfristiger ausgerichtet. Die Warnsignale der letzten Partien, in welchen abgesehen von den Resultaten wenig zusammenpasste, wurden im Heerenschürli ignoriert.
Positiv: Standards, Kampfgeist und Leistung gegen Rivalen
Trotzdem gibt es bezüglich der aktuellen FCZ-Mannschaft einige positive Punkte zu erwähnen. Kampf- und Teamgeist stimmen. Und die Breite im Kader ist im Vergleich zu den letzten Jahren gross. Zu Beginn der Saison fiel vor allem der verbesserte Fitnessstand von Nikola Katic und Mirlind Kryeziu auf, was sich sowohl offensiv wie auch defensiv positiv aufs Zürcher Spiel auswirkte. Ganz vorne ist Juan José Perea mit seinem Torhunger eine “Bank“. Der Kolumbianer verliert zwar die Mehrzahl seiner Zweikämpfe, und wirkt manchmal längere Zeit als nicht am Spiel beteiligt, aber er gibt nie auf und nutzt fast jede sich bietende Chance in bestmöglicher Weise. Kombinations- und Flachpassspiel sind dabei nicht seine Stärke: Perea ist als Instinktfussballer der Mann der aufspringenden Bälle und unübersichtlichen Situationen.
Die aussergewöhnlich positive FCZ-Bilanz bei offensiven Standardsituationen kommt auch nicht von ungefähr. Individuelle Qualitäten (Chouiar, Krasniqi, Perea, Gomez) spielen dabei eine Rolle. Die Standards sind aber auch gut einstudiert. Mit einfachen, aber effektiven Mitteln wird den Gegnern immer wieder ein Schnippchen geschlagen. Ebenfalls positiv: der FCZ ruft in den für die Fans wichtigsten Partien im Derby und Auswärtsklassiker gute Leistungen ab und gewinnt diese Spiele. Auch die Leistung beim 2:2-Unentschieden in Bern gegen YB war gut. Eine Parallele findet sich da zur Frauen-Equipe, welche ebenfalls die Auswärtspartien bei den Top-Teams FCB und Servette gewinnen konnte – die Punkte dann aber gegen Aarau oder St. Gallen liegen lässt.
Falsche Schlüsse aus den Siegen gegen FCB und GC
Von den Siegen in Basel und gegen GC liess man sich aber auch zu falschen Schlüssen verleiten. In Basel setzte man das erste Mal in einem Meisterschaftsspiel unter Ricardo Moniz auf die Dreierabwehr – und der 2:0-Auswärtserfolg im St. Jakob Park schien oberflächlich betrachtet dieser taktischen Änderung Recht zu geben. Nach dem Derbysieg war Lindrit Kamberis Weitschusstor mit seinem schwachen LInken Fuss ein Hauptthema. Etwas unter ging dabei, dass der Auftritt von „Lindi“ insgesamt mässig war, und er auch gegen die Grasshoppers seine in dieser Saison ungenügende Verfassung nicht verbergen konnte. Gegen ein starkes Servette traten solche Schwachpunkte offensichtlich zu Tage.
Tatsächlich erspielt sich der FC Zürich seit der Umstellung auf eine Dreierabwehr in der Liga kaum noch gute Torchancen. Siege in Basel, im Derby oder gegen Sion waren in erster Linie der Effizienz, den Standardqualitäten und auch einem gewissen Glücksfaktor geschuldet. Davor war das anders gewesen. Mit der Viererabwehr kam man zu Chancen und erzielte viele Tore. Nicht zufällig hatte man bis vor der aktuellen Runde zusammen mit drei LIgakonkurrenten die meisten Tore auf dem Konto (18). Mit der Viererabwehr kam man zu Beginn der Saison auf zwei bis zweieinhalb Erwartete Tore pro Ligaspiel. Eine Quote, die regelmässig für drei Punkte gut ist. Mit der Dreierabwehr kommt der FC Zürich hingegen bloss noch auf 0,75 Erwartete Tore pro Ligapartie. Dazwischen liegen Welten!
Fataler Systemwechsel ohne Not
Trotz seiner 60 Jahre hat Ricardo Moniz als Cheftrainer keine Erfahrung mit der Dreierabwehr. Ihm scheint das Gespür für die passende Spielweise, Besetzung und Mischung zwischen Offensive und Defensive abzugehen. Mit einem System, das klar auf die Mitte ausgerichtet ist, will er über die Seiten vorstossen und “an die Grundlinie kommen“. Samuel Ballet, potentiell ein Königstransfer, wurde auf der Aussenläuferposition schnell verheizt und ist nun verletzt. Von den körperlichen Voraussetzungen her ist der Berner für diese Position nicht geschaffen und lief dementsprechend sofort am Anschlag. Ganz allgemein verletzen sich aktuell zu viele FCZ-Spieler ohne Fremdeinwirkung. Seit seinem Amtsantritt hatte Moniz lange Zeit zwischen dem 4-1-2-1-2 und dem 4-3-3 hin und her gewechselt. Das erste System eignet sich gut für aggressives und schnelles Umschaltspiel, das zweite, wenn man Dominanz über die Flügel aufbauen will.
Das Wechselspiel zwischen diesen beiden Systemen funktionierte gut, wurde dann aber im Hinblick auf das Cupspiel in Le Locle und dem anschliessenden Klassiker in Basel ohne Not geändert. Zwar hatte man gegen Luzern eine schlechte 1. Halbzeit gespielt, was aber an misslungenen personellen Änderungen und nicht am System lag. So kam Daniel Denoon nach längerer Verletzungspause praktisch ohne Spielpraxis zu seinem Super League-Début – und dies auch noch auf einer unpassenden Position. Auch der Halbpositions-Stürmer Okita musste auf dem Flügel auflaufen. Die Unterlegenheit gegen Vitoria Guimaraes wiederum hatte in erster Linie mit individuellen und kollektiven Qualitätsunterschieden zu tun.
Auf den Aussenläuferpositionen fehlt adäquates Personal
Mit dem Ausfall von Antonio Marchesano gibt es noch einen Grund weniger, an der Dreierabwehr festzuhalten. Der Tessiner spielt gerne mit diesem System, da er damit seine grössten Erfolge gefeiert hat. Aktuell hat man aber vom Profil, der Qualität und dem Formstand her auf der Schlüsselposition Aussenläufer kein auch nur annähernd mit Boranijasevic / Guerrero (Meistertitel 2022) oder Rüegg / Pa Modou (Cupsieg 2018) vergleichbares Duo. Die Position des angeschlagenen Rüegg hat sich beim FC Basel übrigens durch den Zuzug von Joe Mendes vom portugiesischen Spitzenklub Braga (3 Millionen Marktwert), der sich auf seiner Rechten Seite bereits gut mit Xherdan Shaqiri versteht, keineswegs verbessert.
Marchesano fehlt dem Team auch als Defensivleader. Seit seiner Ankunft in Zürich organisiert der Tessiner das Pressing und geht dabei jeweils mit gutem Beispiel voran. Das Hierarchie-Manko im vorderen Teil der Mannschaft sollte mit Ifeanyi Mathew zumindest teilweise eliminiert werden. Die Idee mit dem Zentrums-Duo Condé / Krasniqi ist nicht grundsätzlich schlecht. Die beiden können sich sowohl offensiv wie defensiv ergänzen. So kann Krasniqi das oft mangelhafte Positionsspiel Condés rund um den eigenen Strafraum mit seinen Defensivsprints ausbügeln. Zudem hat Krasniqi nach seinem schlechten Auftritt in St. Gallen zuletzt wieder deutlich besser gespielt. Allerdings sind die Leistungen des zu grossen Schwankungen tendierenden Condé mit Mathew an seiner Seite viel konstanter. Und die Stürmer benötigen ebenfalls klare Anweisungen von einem erfahrenen Mann wie Mathew, der Verantwortung übernimmt.
Tosic scheint nahe an der Startformation dran zu sein
Nach mehr als einem Viertel der Saison ist eine Quartalsbilanz auch bezüglich den einzelnen Spielern angebracht. Und es ist der Zeitpunkt gekommen, klare Entscheidungen zu treffen – auch damit das Kernteam noch mehr zusammenrücken kann. Yanick Brecher spielt 24/25 bisher klar schlechter als in seiner starken Vorsaison. Zivko Kostadinovic hatte in Le Locle seinen wohl bisher fokussiertesten Auftritt im FCZ-Trikot. Von unten drängen die jungen Huber und Morozov nach oben. Trotzdem scheint es noch verfrüht zu sein, auf dieser Position eine Baustelle zu eröffnen. Das Innenverteidigerduo Katic / Kryeziu vom Beginn dieser Saison war nicht perfekt, aber gut genug. Gomez im Zentrum zwischen den beiden kann zwar die ein oder andere Situation als “Libero“ ausbügeln, was allerdings auch dem “Stellenprofil“ dieser Position entspricht, welches Katic oder Kryeziu fast genauso gut erfüllen können.
Insgesamt wirkte der FCZ zum Saisonstart in Yverdon mit der Viererkette Gomez / Katic / Kryeziu / Tosic sowohl offensiv wie defensiv besser aufgestellt. Bei Tosic hat man im Gegensatz zu Leidner das Gefühl, dass es wenig braucht, damit er der Mannschaft als Linksverteidiger helfen kann. Als zweite Wahl auf verschiedenen Aussenpositionen kann auf den etwas “wilden“ Rodrigo Conceiçào zurückgegriffen werden. Der schnelle, physisch starke, in der Spieleröffnung gute und mittlerweile fünf Saisonspiele in der Promotion League in den Beinen habende Daniel Denoon kann als Ersatz in der Innenverteidigung fungieren. Neben Leidner reicht es hingegen auch Hodza und Derby-Torschütze Kamberi mit ihrem aktuellen Leistungsniveau nicht, der Mannschaft zu helfen.
4-3-3 passt am besten zum Kader
Im Zentrum war Cheveyo Tsawa vor seiner Gesichtsverletzung bereits mindestens auf Augenhöhe mit Cheick Condé – ein echter Konkurrenzkampf. Falls Condé seine Konstanz nicht wieder findet und gleichzeitig Tsawa die Verletzung mental hinter sich lassen kann, macht ein Wechsel auf dieser Position Sinn. Mohamed Bangoura hat das benötigte Potential, braucht aber noch einige Spiele in der Promotion League, um sich der 1. Mannschaft anzunähern. Jahnoah Markelo ist der aktuelle Senkrechtstarter. Bei seiner aktuellen Form kann man ihn auf der Rechten Seite auf fast jeder Position bringen, auch Aussenläufer – obwohl das nicht seine Idealposition ist. Dylan Munroe spielt auf dem Flügel einen sauberen, kontrolliereten Fussball und ist als Rechter Flügel in einem 4-3-3 eine valable Alternative – im Gegensatz zu Markelo auf anderen Positionen hingegen eher nicht. Emmanuel wiederum macht gemessen an seinen bisherigen Auftritten zur Zeit vorwiegend auf dem Linken Flügel Sinn. Auch Turping und Sabobo können im Moment eigentlich nur als Flügelstürmer auf Super League-Niveau bestehen. Sie sind damit weitere Argumente, die für ein 4-3-3 sprechen. Auch das Herzstück Condé / Mathew / Krasniqi spricht für dieses System.
Spielt der FCZ hingegen weiterhin in einem 3-4-2-1 / 3-4-1-2, ist Junior Ligue sowohl die beste (aber nicht optimale) Wahl für die Linke Aussenläuferposition, als auch gleichzeitig die beste Alternative für Juan José Perea als Mittelstürmer. Nur Ligue ist es zuzutrauen mit seinen wuchtigen nahtlosen Drehungen mit Ball am Linken Fuss sich im Strafraum durchsetzen zu können. Bei Daniel Afriyie ist dies nicht der Fall, Der Ghanaer zeigt defensiv viel Einsatz, hat aber trotz vieler Einsätze seit einem Jahr kein Liga-Tor mehr erzielt. Mit seiner Wendigkeit ebenfalls noch eine gewisse Durchsetzungsfähigkeit im Strafraum kann man Armstrong Oko-Flex attestieren. Falls bei der Rückkehr des verletzten Samuel Ballet immer noch mit Dreierabwehr gespielt wird, würde er als Alternative auf der Mittelstürmerposition für Juan José Perea besser taugen, denn als Aussenläufer.
Wer spielt in Sion?
Für die Auswärtspartie in Sion empfiehlt sich dringend die Rückkehr zur Viererabwehr – am besten in Form des 4-3-3. Personell braucht es auch aufgrund des Ausfalls Marchesanos mit Mathew einen weiteren Teamleader in der Startaufstellung – am besten auf einer Achterposition. Auf der Sechserposition sollte Tsawa den gesperrten Condé ersetzen. Für den ebenfalls gesperrten Perea kommt auf der Mittelstürmerposition am ehesten Junior Ligue in Frage. Mariano Gomez kann je nach System und Konstellation durch Nemanja Tosic, Rodrigo Conceição oder Daniel Denoon ersetzt werden. Der gegen Servette ungenügende Chouiar muss sich wieder steigern.
Aussergewöhnlicherweise treffen der FCZ und Servette in einem Spitzenspiel Erster gegen Zweiter im Letzigrund aufeinander. Der Sieger der Partie wird nach der 11. Runde Super League-Leader sein. Bei der Frage nach dem Schweizer Meister 2025 sind die beiden mit Abstand bestbestückten Liga-Krösen YB und FCB trotz mässigem Saisonstart weiterhin in der Favoritenrolle. Speziell Basel ist gut in Form und nach Toren und Gegentoren sowohl die offensiv wie auch defensiv beste Mnnnschaft. Daneben wird häufig Lugano als weiterer Meisterschaftsfavorit genannt. Häufig vergessen geht in der Aufzählung Servette. Seit zehn Jahren zeigt die Entwicklung bei den Grenats kontinuierlich nur in eine Richtung: aufwärts! Ein weiterer Meilenstein dafür war der Schweizer Cup 2024 – der erste Titel des Vereins seit 23 Jahren. Man spürt bei den Grenats nun auch einen grossen Hunger auf den Meistertitel. Die Mannschaft von Thomas Häberli könnte durchaus das hungrigste Team der Liga sein – und dies ist ein wichtiger Faktor.
Servette zeigt national und europäisch grosse Reife
Dazu ist Servette aktuell wohl das beste Schweizer Team im Europacup, was für die Reife in der Entwicklung der Mannschaft spricht. Während beispielsweise St. Gallen mit dem belgischen Abstiegskandidaten Cercle Brügge grösste Mühe bekundete, konnte sich Servette letzte Saison gegen das belgische Spitzenteam KRC Genk durchsetzen! Man holte Unentschieden gegen die Glasgow Rangers und die AS Roma, setzte sich gegen Ludogorets Razgrad durch und erreichte den Conference League-Achtelfinal. Diese Saison gestaltete sich das Duell mit Sporting Braga ausgeglichen (im Gegensatz zu FCZ – Vitoria Guimaraes) und das wiedererstarkte Chelsea mit Cole Palmer und Co. zwang man im Rückspiel im ausverkauften Stade de Genève mit einem 2:1-Heimsieg und mehreren Grosschancen in der Schlussphase um ein Haar in die Verlängerung.
Servette ist diese Saison ein klarer Meisterschaftsanwärter. Die personelle Kontinuität in der Mannschaft ist dabei sehr gross. Taktisch hat man seit den Zeiten des langjährigen Trainers Alain Geiger komplett umgestellt. Man spielt in Genf seit der Trainer-Amtszeit des jetzigen Sportchefs René Weiler sehr direkten und schnellen Umschaltfussball, gegen gute Gegner gerne auch mal mit Hohen Bällen. Wenn es der Gegner erlaubt kombiniert man den Vollgas-Fussball aber gerne mit spielerischen Elementen. Und da die beiden Flügel Miroslav Stevanovic und Dereck Kutesa die grössten Offensivwaffen darstellen, kommt man dabei im Angriffsdrittel auch gerne über die Seiten. Kutesa hält den Ball dabei lange am Fuss und will wenn möglich selbst in den Abschluss gehen, während Stevanovic im Zweifelsfall immer die Massflanke vorzieht. Weitere initeressante Flügel sind Neuverpflichtung und LInksfuss Julian Von Moos sowie Eigengewächs Tiemoko Ouattara.
Magnin ersetzt Mazikou – Ouattara mit Startelfdébut!
Servette baut im Ballbesitz von hinten mittlerweile gerne mit einer Dreierabwehr auf. Einer der Aussenverteidiger rückt dabei ins Zentrale Mittelfeld und zieht gegnerische Vorderleute ins Zentrum, damit sich für Kombinationen über sich zurückfallen lassende Flügel über die Seiten mehr Platz ergibt. Die grosse Frage für die Startaufstellung in Zürich: wer ersetzt Mazikou auf der Linksverteidigerposition? Anthony Baron, Théo Magnin oder Malik Sawadogo?
Die Aufstellung von Thomas Häberli ist draussen! Der solide und kämpferisch starke Théo Magnin darf Bradley Mazikou links hinten vertreten. Ausserdem feiert der aus dem eigenen Nachwuchs stammende schnelle Flügel Tiemoko Ouattara (19) sein Startelf-Début. Miroslav Stevanovic wird daher wohl zentraler als üblich agieren. Im Mittefeldzentrum setzt Servette damit auf die offensive Variante und lässt Gaël Ondoua erstmal draussen.
Frage vor der Partie: Systemumstellung aufgrund des Ausfalls von Schlüsselspieler Marchesano?
Der FCZ hat zuletzt kontinuierlich im 3-4-2-1 gespielt. Mit der Dreierabwehr hat man zuletzt aber grosse Probleme bekundet, aus dem Spiel heraus genügend Torchancen zu erarbeiten. Dies war zum Saisonstart in den Partien, die man mit Viererabwehr gespielt hat, noch anders gewesen. Im 4-1-2-1-2 funktionierte das Umschaltspiel sehr gut und auch im 4-3-3 hatte man über die Flügel gute Momente.
Und nun fällt auch noch Schlüsselspieler Antonio Marchesano aus. Im Derby, wo man sich etwas mehr Torchancen erarbeiten konnte, als in den Partien davor, war er mit einem Tor und einem Assist nach vorne entscheidend am Sieg beteiligt. Ausserdem ist das System mit Dreierabwehr speziell auf ihn zugeschnitten. Der Ausfall von Marchesano könnte durchaus Grund genug für eine Rückkehr zur Viererabwehr sein, umso mehr als man bei Dreierabwehr Probleme auf den Aussenläuferpositionen bekundet. So oder so hat der bei seinem Début als Einwechselspieler überzeugende Holländer Jahnoah Markelo für die Partie gegen Servette durchaus Chancen auf einen Startelf-Einsatz.
Weiter mit Dreierabwehr und Kamberi auf rechts – Emmanuel mit Startelf-Chance
Die Startaufstellung ist nun öffentlich! So wie es aussieht setzt der FC Zürich auch ohne Antonio Marchesano auf die Dreierabwehr. Umeh Emmanuel gehörte zu den starken Einwechselspielern im Derby und machte nach seiner Einwechslung auf der Doppel-10 eine gute Partie. Der Nigerianer darf nun an diese Leistung anzuknüpfen versuchen. Markelo beginnt genauso wie Mathew erneut auf der Ersatzbank. Somit wird im Zentrum erneut das Duo Condé / Krasniqi beginnen.