Man spricht Holländisch

Vor dem Start der Championship Group im Mai werden innerhalb des FCZ die Rollen erneut neu verteilt. Ricardo Moniz ist der neue Trainer der 1. Mannschaft. Dies ist innert weniger Monate nach Leiter Spielerentwicklung sowie „Coach the Coaches“ und danach zusätzlich U21-Trainer bereits die dritte Position, die er im Klub bekleidet. Dies ist typisch für den Werdegang des Holländers, dessen ganze Trainerkarriere von unzähligen Rollen- und Klubwechseln geprägt ist. Sein Steckenpferd war immer die ganzheitliche Talententwicklung – fussballerisch, athletisch, aber auch als Persönlichkeiten. Seine Arbeit ist stark Philosophie-basiert und passt daher zur aktuellen Phase der Neuausrichtung im FCZ. Das Modell „Ajax“ war in diesem Zusammenhang ein Thema in den Medien. Moniz ist gegenüber den Entwicklungen bei Ajax in den letzten Jahrzehnten aber eher kritisch eingestellt. Der 59-jährige Holländer springt von einem Projekt zum nächsten, gibt Impulse – und übernimmt dann wieder eine neue Aufgabe. Zu diesen vielen Projekten gehörten auch verschiedenste Trainerpositionen in 1. Mannschaften, die meist relativ schnell wieder endeten. Trotzdem ist nicht komplett auszuschliessen, dass er im Erfolgsfall über den Sommer hinaus auf der Cheftrainer-Position bleiben könnte. Eine Überraschung wäre einzig, wenn Moniz zum Saisonstart 25/26 immer noch diese Rolle bekleiden würde.

Seine Trainerkarriere auf höherer Stufe begann vor 23 Jahren bei GC. Der Schweizerische Fussballverband hatte Mitte der 90er-Jahre begonnen, stärker auf die Nachwuchsentwicklung zu fokussieren. GC wurde diesbezüglich zu Beginn der Nullerjahre zum Vorreiter auf Klubebene und holte sich mit Moniz Expertise aus Holland. Das Produkt davon waren die Karrieren der Talente Diego Benaglio, Stephan Lichtsteiner, Baykal Bellusci, Reto Ziegler, Eldin Jakupovic, Vero Salatic, des heutigen FCZ-Sportchefs Milos Malenovic und des heutigen Lugano-Sportchefs Carlos Da Silva. Assistiert wird Moniz beim FCZ von Johan Vonlanthen, der genaugenommen in drei Ländern aufwuchs: Kolumbien, Schweiz und Niederlande. Denn dass Ihm nicht die ganz grosse Karriere vergönnt war, bringt Vonlanthen im Rückblick auch mit seiner fehlenden Reife in Verbindung, als er im Alter von nur 17 Jahren aus dem Kanton Freiburg nach Eindhoven zog – und dort auf sich allein gestellt war. Die Holländer hatten immer ein Flair für den jüngsten EM-Torschützen, weil er fussballerisch so ziemlich dem Idealbild eines „holländischen“ Fussballtalentes im 4-3-3 System entsprach.

Dass Vonlanthen durch seine fünf Jahre im Süden der Niederlande stark mitgeprägt wurde, merkt man unter anderem daran, dass er sich mit Moniz auf der Trainerbank auch auf Holländisch austauscht. Man sprach neben den verschiedenen von Goalie-Trainer Piu Da Costa beherrschten Sprachen in den letzten Wochen und Monaten unter anderem auch Holländisch auf der FCZ U21-Trainerbank. Und wird dies nun auch in der 1. Mannschaft tun. Vonlanthen und Moniz waren Mitte der Nullerjahre kurze Zeit gemeinsam in Eindhoven und trafen dann später in Salzburg wieder aufeinander, wo Moniz in der Rückrunde der Saison 10/11 Vonlanthens Coach war. In der Saison davor hatte Vonlanthen leihweise beim FCZ gespielt. Der erste Einsatz des Trainerduos Moniz / Vonlanthen an der Seitenlinie kam am 16. Januar unverhofft zustande, als die müde aus dem Trainingslager zurückgekehrte 1. Mannschaft das Testspiel gegen den FC Aarau (Challenge League) ihrer U21 überliess.

Die Gelegenheit packten die neuen U21-Trainer beim Schopf – auch um ihren eigenen Spielern zu zeigen, was mit intensivem Pressing gegen einen solchen Gegner möglich ist. Der FC Aarau, der die Begegnung als normales Testspiel betrachtete, wurde dominiert und 4:2 besiegt: Mehr dazu hier. Aus den ersten fünf Wettbewerbsspielen nach der Winterpause holte die U21 dann zehn Punkte, was zusammen mit der guten Vorrunde bereits die halbe Miete auf dem Weg zum sehr wahrscheinlichen Klassenerhalt war. Nach dem FCSG II ist das Moniz-Team dasjenige mit dem intensivsten Pressing der Promotion League. Beim Ballbesitz liegt es an 5. Position: Hier geht es zu den Details dazu. Aus den letzten vier Partien gab es sechs Punkte mit einem Torverhältnis von 2:5 – auch wegen eines ähnlichen Problems wie in der 1. Mannschaft. Chancen werden relativ viele erarbeitet, aber in Abwesenheit des rekonvaleszenten Team-Topskorers Labinot Bajrami hapert es im Abschluss. Dazu kommen individuelle Schwächen im Defensivverhalten in allen Linien.

Wie es seit der Winterpause auf allen Stufen üblich ist, wurde die U21 in den letzten Wochen verjüngt. Vermehrt kommen Spieler aus der U19, U17 oder gar U16 in der Promotion League zum Einsatz. Sind diese kurzfristig auch schon relevant für die 1. Mannschaft? Wohl eher nicht. Dass aber dem ein oder anderen U21-Spieler, der bereits zu Einsätzen in der 1. Mannschaft gekommen ist (Di Giusto, Tsawa, Ligue, Hodza,…), in den „Finalspielen um die Europacup-Qualifikation“ noch etwas mehr Vertrauen entgegengebracht wird, ist durchaus denkbar. Auch ein allfälliges Super League-Début des 18-jährigen Sambiers Joseph Sabobo, der schon seit einiger Zeit auf der FCZ-Kontingentsliste aufgeführt ist. Oder dasjenige von Labinot Bajrami oder eines Eins-gegen-Eins Spielers wie Pirosch Fischer.

U17 und U19 bestimmen und verlieren ihre Cupfinals

Es war der Abend an welchem Manchester City im Champions League Viertelfinal-Rückspiel gegen ein während der ganzen Spielzeit inklusive Verlängerung tief stehendes und auf Konter lauerndes Real Madrid mit 67% Ballbesitz, 33:8 Schüssen und 18:1 Eckbällen nach Penaltyschiessen ausschied. Sehr ähnlich liefen die beiden Cupfinals der U17 und U19 des FCZ ab. In beiden Fällen bestimmten die FCZ-Junioren mit viel Pressing und mit ihrer hintersten Linie praktisch konstant aufgerückt an der Mittellinie die Partie – die beiden Gegner verteidigten herzhaft und diszipliniert – und lauerten wie Real auf ihre Konterchancen.

U17 erwischt nicht ihren besten Tag

Der U17-Cupfinal gegen YB fand am späten Nachmittag in Biel unter garstigen Bedingungen mit viel Wind, Regen und einem Temperatursturz statt. Beide Teams hatten etwas Mühe mit dem tiefen Geläuf. Die FCZ U17 bestimmte in der 1. Halbzeit zwar das Spiel, mehrere Spieler waren in ihren Leistungen aber relativ weit von ihrem üblichen Leistungsvermögen entfernt – speziell die beiden Flügel Slavko „Sly“ Vidovic und Melvin Hodza. Der vorne auf allen Positionen einsetzbare Fin Sommer rief hingegen seine Leistung während 90 Minuten ab und erzielte mit einem Drehschuss den zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich. Der Stürmer hatte vor fünfeinhalb Wochen am selben Weekend sowohl der U19 (Samstags, als Einwechselspieler) als auch der U17 (Sonntags, von Beginn weg) geholfen, den Cupfinal zu erreichen!

Gemessen daran, dass die FCZ U17 mit einer hohen Linie agierte, ging man individuell vorne etwas zu wenig intensiv und vor allem zu unstrukturiert ins Pressing. YB konnte sich so zu häufig hinten heraus lösen. Beispielhaft dafür der 2:1-Führungstreffer kurz vor der Pause, bei welchem der grossgewachsene Rechtsverteidiger Souza sich mit einem Rush übers ganze Spielfeld bis vors gegnerische Tor vorpreschen konnte. Das Umschalten in die Defensive ist sicherlich etwas, woran dieses FCZ-Team noch arbeiten muss. Ihr letztes Meisterschaftsresultat war ein 7:6 (!) gegen den FC St. Gallen. Nach dem Pausentee kam man besser aus der Kabine und erzielte durch Vidovic sofort den erneuten Ausgleich zum 2:2. Beide FCZ-Tore hatte der schnelle Pascal Utz vorbereitet. Insgesamt konnte das Team des Trainerduos Gygax / Ramadani ein Chancenplus verzeichnen.

U19-Final deutlich besser und abwechslungsreicher

Der eingewechselte 15-jährige Stürmer Norbu Lhakpa hatte in der 87. Minute den Matchball auf dem Fuss und war dann nach dem Penaltyschiessen, in welchem YB die besseren Schützen auf seiner Seite hatte, erstmal untröstlich. Die Berner bringen wie es ihrer Selektions-Philosophie entspricht auch in diesem Jahrgang eines der körpergrössten und physisch stärksten Teams der Liga auf den Platz. In den Zweikämpfen und Eins-gegen-eins Situationen konnten sich ihre Stürmer und Offensiven Mittelfeldspieler wie Wyss, Etoski oder Isa immer wieder gegen eine nicht immer sattelfeste Zürcher „Restverteidigung“ durchsetzen. In der Meisterschaft liegt YB knapp hinter dem erstplatzierten FCZ auf dem 3. Platz, und hat dabei bisher deutlich am meisten Tore erzielt.

Für das Abendspiel verbesserten sich die Wetterbedingungen dann wesentlich. Regen und Wind stoppten – und es wurde wieder etwas wärmer. Liess die Qualität und Intensität im U17-Final gemessen am Leistungsvermögen der beiden Teams etwas zu wünschen übrig, war der U19-Final gegen den FC Luzern von der ersten Minute an schnell, intensiv, sehr abwechslungsreich und auf hohem Niveau. Dies lag vor allem am Team von Dennis Hediger und Luca Tranquilli. Der FC Zürich dominierte die ersten 37 Minuten fast nach belieben. Luzern kam kaum aus der eigenen Platzhälfte heraus und hatte keine Torchance. Die 2:0-Führung durch Sajawal Mahars Drehschuss und Mattia Rizzos Treffer mit dem Aussenrist war zu diesem Zeitpunkt eher zu tief.

Dennis Hediger übersteuert sein Team vor der Pause

Luzern-Keeper Lionel Huwiler rief sein Team zum Kriegsrat zusammen. Und tatsächlich drehten die Zentralschweizer die Partie noch vor der Pause innert sechs Minuten von einem 0:2 zu einem 3:2. FCZ-Coach Hediger pushte sein Team noch mehr nach vorne. Es war der Tick zu lange und zu viel. Vor dem Anschlusstreffer Luzerns befand sich Aussenverteidiger Mattia Rizzo und vor dem Ausgleich Innenverteidiger Aron Martins im Pressing weit in der Mitte der gegnerischen Platzhälfte. Luzern konterte beide Male konsequent. Das 2:3 legte dann FCZ-Torhüter Silas Huber mit einem schlechten Zuspiel im Aufbau hintenheraus quasi pfannenfertig auf. In der Aktion verletzte sich auch noch Innenverteidiger Yanik Kunz, der dann zur Pause ausgewechselt werden musste. Junioren-Nationalkeeper Huber glänzt immer wieder durch seine Reflexe und Strafraumbeherrschung, hat aber fussballerisch (noch) einen Schwachpunkt.

In der 2. Halbzeit konnte Luzern durch sein Konterspiel zwei Mal einen Zwei Tore-Vorsprung herausspielen, den der FCZ durch einen Penalty Mario Grecos (nach Foul an Mahar) und einen Weitschuss Cheveyo Tsawas jeweils zum Schlussresultat von 4:5 verkürzen konnte. Nach der grossen Arbeit, welche die Mannschaft bis zum 2:0 geleistet hatte, war die schnelle Wende zum 2:3 nicht einfach zu verkraften gewesen. Die Mannschaft kämpfte trotzdem weiter. Etwas mehr Nüchternheit und Ballkontrolle für die paar Minuten vor der Pause hätte dem am Anschlag laufenden Team sicherlich gut getan, an Stelle eines noch extremeren Pressings – und ziemlich sicher ein positiveres Endresultat zur Folge gehabt.

FCZ bei den Jahrgängen 2005 und jünger mit Vorteilen

Beim FC Luzern überzeugten mit Hannes Knaak, Lionel Huwiler oder Andrej Vasovic zusammen mit Doppeltorschütze und Sportchef-Sohn Sascha Meyer die Jüngsten am meisten. Das war beim FCZ, der im Schnitt eine noch etwas jüngere Mannschaft auf dem Platz hatte, ähnlich. Unter anderem mit Innenverteidiger Aron Martins, der selbst im U17-Final der jüngste Spieler auf dem Platz gewesen wäre. Nevio Di Giusto hatte hingegen einen eher unglücklichen Auftritt. Als Linksfüsser auf dem Rechten Flügel eingesetzt, wollte er manchmal etwas zu viel – und da er zuvor noch nie unter Coach Dennis Hediger in einem Wettbewerbsspiel zum Einsatz gekommen war, bekundete er auch taktische Probleme.

Der FC Luzern hat eine sehr gute Nachwuchsentwicklung und auch in der aktuellen U19 wieder zwei, drei Kandidaten für die 1. Mannschaft mit dabei, wenn auch nicht mehr so viele wie bei den starken Luzerner Jahrgängen 2003 und 2004. Die Ausgangssituation des FCZ für 2005 und jünger ist noch etwas besser. Die FCZ-Talente der entsprechenden Jahrgänge haben schon deutlich mehr Einsatzminuten in der 1. Mannschaft gehabt. Und während bei den Luzernern alle relevanten Spieler mit Jahrgang 2005 und jünger am U19-Final mit dabei waren, hätte der FCZ theoretisch ein ganzes Matchkader zusätzlich aufbieten können. So waren die beim U19-Cupfinal spielberechtigt gewesenen Sebastian Walker, Noah Leao, Calixte Ligue, Bleon Xhemaili, Sinan Ulu, Doron Lichtenstein und Dylan Munroe am gleichen Abend mit der U21 in Bulle. Letzterer hätte auch im U17-Final spielen können. Aufgrund der 0:1-Niederlage wurde im Kanton Freiburg sechs Runden vor Schluss der definitive Klassenerhalt in der Promotion League vorläufig noch nicht klar gemacht. Weitere vielversprechende Talente wie Labinot Bajrami, Ivan Kovacevic, Cosimo Fiorini, Enea Heiniger, Elohim Kamoko, Yuro Bohon und weitere sind grösstenteils angeschlagen / verletzt / im Aufbau. Ein Teil davon unterstützte das Team von der Tribüne aus genauso wie eine stattliche Abordnung der Südkurve, welche auf die U19-Abendpartie hin in Biel eintraf, für tollen Support sorgte und die kämpferische Leistung ihrer Mannschaft auch estimierte.

FC Zürich im Clinch zwischen attraktivem Kulturwandel und alten Erfolgsrezepten

In der Winterpause hat der FC Zürich einen ambitionierten Kurswechsel vorgenommen, welcher den ganzen Klub betrifft. Der Zeitpunkt, das Tempo und die Radikalität der Änderungen sind dabei für Schweizer Verhältnisse aussergewöhnlich.

Eigene Jungs bringen Qualität und Emotionen – der Überflieger fehlt aber

Wie sah der bisherige Status Quo aus? Über die FCZ Academy haben im letzten Jahrzehnt überdurchschnittlich viele Talente den Schritt zum Profifussballer im In- und Ausland geschafft. Dies vor allem auch dank der vorbildlichen Zusammenarbeit mit Challenge League-Klubs, an erster Stelle dem FC Wil. Im Gegensatz zu früher leiht der FC Zürich heute nur noch Talente in die Challenge League aus, auf die man wirklich setzt – und gibt ihnen in der zweithöchsten Liga in der Regel zwei Jahre Zeit zu reifen. Allerdings: ein richtiges Top-Talent von welchem man eine langfristig entscheidende Rolle im A-Nationalteam erwarten kann, gab es aus dem Heerenschürli wohl schon lange keines mehr – möglicherweise mit Ausnahme des heute bei Hoffenheim aktiven Zidan Tairi. Dies ist ein Phänomen, welches nicht nur den FCZ betrifft.

Mit den Resultaten der Nachwuchsteams war es in den letzten Jahren ähnlich: gut, aber nicht überragend. Man spielte häufig um die Juniorentitel mit – und gewann sie gelegentlich auch. Das Reserve-Team (U21) zeigte zusammen mit demjenigen des FCB die grösste Konstanz in der Promotion League. In der 1. Mannschaft sind zudem überdurchschnittlich viele Profis anzutreffen, die aus dem eigenen Nachwuchs stammen. Yanick Brecher, Lindrit Kamberi, Mirlind Kryeziu oder Bledian Krasniqi bringen nicht nur Qualität, sondern auch Emotionen ins Zürcher Spiel. Allerdings lief der Einbau der neuesten Jahrgänge zuletzt harzig – speziell seit der Meistersaison unter dem die 1. Mannschaft eher konservativ ein- und aufstellenden André Breitenreiter. Ob dies allerdings nur an den Trainern der 1. Mannschaft lag, ist fraglich. Auf jeden Fall war die U18 der Saison 17/18 die letzte richtig produktive in Sachen Talent-Output: Matteo Di Giusto, Bledian Krasniqi, Simon Sohm, Ilan Sauter, Filip Stojilkovic, Henri Koide, Stephan Seiler, Guillaume Furrer, Sayfallah Ltaief. Danach folgten drei schlechtere Jahrgänge. Vom Team der Saison 18/19 beispielsweise scheinen ein Filip Frei, Silvan Wallner, Soheil Arghandewall, Nils Reichmuth, Kedus Haile-Selassie & Co. unter dem Strich nicht auf dem gleichen Entwicklungskurs zu sein.

Zwischen neuem Konzept und erfolgreichem „Meister-System“

In der Academy wurde über viele Jahre vorwiegend im in der Schweizer Nachwuchsausbildung allgemein vorherrschenden 4-3-3 gespielt – in einer klassischen Spielweise. In gewissen Altersstufen wurden zudem als Teil der Ausbildung wochenweise andere Systeme und Spielweisen ausprobiert. Die U21 trat in der Zeit unter Genesio Colatrella hingegen in einem eher abwartenden und resultatorientierten 4-1-4-1 auf. Die 1. Mannschaft wiederum präferierte spätestens seit der Meistersaison das damals so erfolgreiche schnelle Umschaltspiel durch die Mitte im 3-4-1-2. Dass dieses System und diese Spielweise am besten zum Kader passt, zeigt sich bis heute immer wieder. Bo Henriksen konnte so auf die Erfolgsspur zurückkehren – und auch unter dem Duo Ural / Romano holte man zuletzt mit diesem System und dieser Spielweise in Basel und Genf vier Punkte.

Man wich also in der 1. Mannschaft aufgrund des Resultatdruckes zuletzt in gewissen Partien von der eigentlich angestrebten dominanten Spielweise ab. Diese hatte man davor am ausgeprägtesten in den Auswärtspartien in Luzern, Lugano und Yverdon mal mehr und mal weniger erfolgreich umgesetzt gehabt. Aufgrund dieser aktuell wechselhaften Spielweise liegt die 1. Mannschaft unter dem neuen Trainer-Duo in Sachen Ballbesitz „nur“ an 3. Stelle hinter YB und Lugano. Dies sind aber trotz allem fünf Prozentpunkte mehr als der eigene Saisonschnitt. Die Ballbesitzzahlen der U21 haben sich unter dem neuen Coach Ricardo Moniz bisher noch etwas weniger stark gesteigert. In den zahlreichen Testpartien agiert dieses Team allerdings bereits sehr dominant. In der Academy wird die neue Spielweise hingegen bereits ohne Kompromisse durchgezogen. Von den vier Elite-Teams stehen drei beim Ballbesitz teils mit grossem Vorsprung an der Spitze ihrer Liga. Und die Team-Resultate sind gut.

Im Pressing nun vor YB und St. Gallen

Beim Hohen Pressing sieht es ähnlich aus. Von der U15 bis zur U19 liegt der PPDA-Wert durchs Band zwischen fünf und leicht über sechs. Zum Vergleich: kein Super League-Team bewegt sich in diesem Bereich! Unter dem Trainerduo Ural / Romano steht der FC Zürich neu mit einem Durchschnittswert von 6,64 für das intensivste Pressing der Liga – vor YB und dem FC St. Gallen. Die U21 liegt diesbezüglich in der Promotion League an Zweiter Position hinter St. Gallen. FCZ-Teams erreichen zudem seit Jahresbeginn 2024 hohe Werte bei Leistungsindikatoren wie „Anzahl Pässe“, „Anzahl Pässe ins Angriffsdrittel“, „Vorwärtspässe“, „Vorstösse mit Ball“, „Schüsse“, „Flanken“, „Eckbälle“, „Erlittene Foulspiele“ – und dies mit auf mehreren Altersstufen bereits ziemlich verjüngten Equipen. Das Frauen-Team von Trainerin Jacqueline Dünker hat seit der Winterpause vor allem beim Pressing zugelegt, tut sich aber in Ballbesitz mit dem neuen Konzept noch etwas schwer. Alles in allem ist der neue FCZ-Stil intensiv, modern und attraktiv. Ein Fragezeichen gibt es bezüglich der Eignung des aktuellen Kaders der 1. Mannschaft für diesen Spielstil. Ausserdem muss man auf Sicht auf jeden Fall auch das Energie-Management über eine ganze Saison hinweg im Auge behalten.

Vor etwa zehn Jahren war das dominante „Juego de posicion“ in der damaligen Form unter der etwas abschätzigen Bezeichnung „Tiki-Taka“ in unseren Breitengraden verpönt, und galt als eine seltsame sowie überholte katalanisch-spanische Spezialität. Heute scheint es, kommt auf dem Niveau des internationalen Klub-Fussballs niemand mehr am Erbe und den Prinzipien des einflussreichsten Trainers der heutigen Zeit, Pep Guardiola, vorbei. Speziell die Premier League als beste Liga der Welt ist davon durchdrungen. Alle einigermassen erfolgreichen Teams inklusive Aussenseiter wie der ehemalige Hyypiä-Klub Brighton & Hove Albion basieren ihr Spiel darauf. Selbst „Gegenpressing-Papst“ Jürgen Klopp wurde mit Liverpool erst dann richtig erfolgreich, als er vermehrt “Guardiola-Prinzipien“ in sein Spiel einfliessen liess. In der Bundesliga ist Bayer Leverkusen unter Xabi Alonso aktuell das leuchtende Beispiel für den Erfolg des Positionsspiels.

Ein FCZ in der Übergangsphase ist schwierig auszurechnen

Der Kulturwandel sorgt für Konfliktstoff bis in die Schweizer Nationalmannschaft, in welcher die von Coaches wie Guardiola, Arteta und Alonso geprägten Granit Xhaka und Manuel Akanji ihre im Klub gewohnte Spielweise entgegen der ursprünglichen Ausrichtung unter Murat Yakin auch in der Landesauswahl implementiert sehen wollen. Dabei stellt sich in der SFV-Auswahl eine ähnliche Fragestellung wie beim FC Zürich: ist das aktuelle Kader dafür geeignet? Sind beispielsweise die Innenverteidiger technisch stark und schnell genug? Wie sieht es mit dem Torhüter aus? Ausserdem ist die Qualität der für die im Positionsspiel nötige Breite sorgenden Flügelspieler entscheidend. Die beiden etablierten FCZ-Stürmer Marchesano und Okita fühlen sich an der Seitenlinie nicht wohl, sind im Umschaltspiel im 3-4-1-2 am stärksten. Oko-Flex und Rohner können auf dem Flügel spielen, stehen aber im zweiten Glied – und werden wohl beide als zu wenig zuverlässig gesehen.

So ist es aktuell in der 1. Mannschaft ein Hin und Her zwischen Partien in denen der FCZ im 4-3-3 oder 4-2-3-1 mit Dominanz auftritt – und anderen wo man dann wiederum das Direktspiel und die langen Bälle präferiert wie beispielsweise beim 1:0-Sieg bei Servette. Positiv formuliert ist es aktuell für die gegnerischen Trainer schwierig den FCZ auszurechnen. Selbst das eine Stunde vor Spielbeginn publizierte Matchblatt gibt dem gegnerischen Coach aktuell keine Auskunft über die vorgesehene FCZ-Spielweise, denn Nikola Boranijasevic beispielsweise hat zuletzt alles gespielt: Rechtsverteidiger in einer Viererabwehr, Aussenläufer im 3-4-1-2 – oder sogar als Aussenverteidiger einer Fünferabwehr (defensiv) und gleichzeitig Flügelstürmer (offensiv) in einem hybriden 4-3-3 / 5-3-2 wie im Liga-Heimspiel gegen Winterthur. Der FCZ tritt mit demselben Personal sehr unterschiedlich auf und ist daher für alle Seiten eine Wundertüte. Das wird sich aber ziemlich sicher auf nächste Saison hin ändern.

Daten: Wyscout, Liga, Saison 23-24, FCZ (N) = FCZ unter Ural / Romano bzw. Moniz.

Quo Vadis FCZ?

Yverdon als Tiefpunkt? Das Derby als Wegweiser? Beim FCZ scheint der grosse Umbau erst noch bevorzustehen – eine Analyse   

Am 26. Oktober 2021 schied der FC Zürich im Schweizer Cup in Yverdon aus – nach einem epischen Penaltyschiessen. Coach André Breitenreiter war damals von seinem üblichen 3-4-1-2 abgewichen, schickte seine Mannschaft am Neuenburgersee in einem 4-3-3 aufs Feld – und verschaffte einigen Ergänzungsspielern eine Chance in seiner Startelf. Beides hatte er bereits in den ersten beiden Cup-Partien gegen Unterklassige in Solothurn und Kriens praktiziert. Die mentale Einstellung mehrerer Spieler stimmte in allen drei Partien nicht. Gegen das noch halb in den Sommerferien weilende Solothurn (klar) und das in der Challenge League mit einem Punkt aus sechs Spielen abgeschlagen auf dem letzten Platz liegende Kriens (knapp, dank Direktem Freistoss Marchesanos) reichte es trotzdem zum Weiterkommen – beim ambitionierten Challenge League-isten Yverdon-Sport nicht mehr.  

Dominanter Fussball kostet in der Regel Geld

Etwas mehr als zwei Jahre später reist der FCZ wieder ins Municipal. Und es folgen gleich mehrere Déjà-Vu! Das Trainerteam um Bo Henriksen (krank zu Hause) und Murat Ural (in dessen Vertretung am Spielfeldrand) wich auch diesmal von seinem üblichen 3-4-1-2 (defensive Phase) / 3-4-3 (offensive Phase) ab und liess die Mannschaft erstmals in dieser Saison von Beginn weg in einem 4-3-3 auflaufen – analog Breitenreiter zwei Jahre zuvor. Es handelte sich übrigens entgegen anderer Verlautbarungen tatsächlich um ein klassisches 4-3-3 – nicht nur defensiv, sondern auch im Spielaufbau. Cheick Condé agierte bis zu seinem Platzverweis durchgehend von seiner 6er-Position aus und liess sich nur zwei oder drei Mal für wenige Sekunden zwischen die Innenverteidiger zurückfallen. Auch diesmal schien einzelnen Spielern etwas die Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit im Auftreten zu fehlen. Man hatte zwar zu Beginn rekordverdächtigen Ballbesitz von mehr als 80% zu verzeichnen, vermochte sich aber kaum zwingende Torchancen zu erarbeiten.

Servette scheint sich derweil vom FCZ abgeschaut zu haben, wie man als Klub mit einem mittleren Super League-Budget YB herausfordern kann. Mit dem neuen Trainer René Weiler sind sie mit einem vor allem im Spiel mit Ball an «Breitenreiter-Fussball» erinnernden Stil trotz ihrer Unterzahl-Niederlage in Yverdon der einzige halbwegs verbliebene Herausforderer um den Meistertitel. Während sich der FCZ in Spielart (und in der Tabelle) zuletzt eher in die umgekehrte Richtung entwickelte – in gewissen Aspekten hin zu «Alain Geiger»-Fussball. Dies aber ohne die dafür geeigneten Akteure. Es soll ein dominanter Fussball sein mit einer hoch positionierten Viererkette und breit stehenden Flügeln. Dafür braucht es Spieler, welche die Physis, Technik und Antrittsschnelligkeit haben, um sich vorne in engen Räumen durchzusetzen. Spieler wie beispielsweise ein Filip Ugrinic, Meschack Elia oder Jean-Pierre Nsamé. Und man benötigt in der Regel kopfballstarke und gleichzeitig technisch starke Stürmer, weil Flanken in den Strafraum für dominante Teams fast immer ein wichtiges Mittel sind (ausgenommen einzelne Weltklasse-Teams wie Manchester City oder Barcelona zu ihren besten Zeiten). Solche Spieler kosten aber Geld. In den meisten Ligen Europas hat daher der jeweilige «Krösus» auch deshalb am meisten Ballbesitz, weil er sich die Spieler dafür leisten kann.

Keine Regel ohne Ausnahmen: Brighton, Fluminense, Thun, SLO, Lugano, Servette

Die Ausnahmen von der Regel sollen allerdings nicht unerwähnt bleiben, denn sie sind interessant! Die innovativen Ansätze des Ballbesitz-Spiels von Roberto De Zerbis Brighton & Hove Albion (Fokus auf Überzahl im eigenen Drittel, «Dritter Mann»-Konzept) oder Fernando Diniz’ Fluminense (Relationalismus) scheinen allerdings nicht der Philosophie zu entsprechen, die beim FCZ umgesetzt werden soll. In der Schweiz war früher der FC Thun das deutlichste Beispiel eines Teams, das mit einem kleinen Budget erfolgreich auf Ballbesitz setzte. In der aktuellen Saison kann man bis zur Ablösung von Anthony Braizat auch Stade Lausanne-Ouchy nennen. Gerade als sich die Waadtländer mit ihrem mutigen Spiel in der Liga immer besser zurechtfanden, wurde der Trainer allerdings entlassen und durch einen fast durchgehend mit einer Fünferkette agierenden ersetzt. Seither hat «SLO» kaum noch Punkte geholt. St. Gallen ist kein klassisches Beispiel für Ballbesitz-Spiel, weil die überdurchschnittlichen Ballbesitz-Werte der Ostschweizer vor allem aufgrund ihres Defensivkonzeptes zustande kommen. Servette zu Alain Geiger-Zeiten oder Lugano heute tragen dem Ball Sorge und erhöhen jeweils nur so weit das Tempo, dass es immer noch möglich ist, den Ball mit geringem Risiko und flach zu passen.

Basierend auf den Veränderungen der Spielweise der 1. Mannschaft im Trainingslager sowie in den ersten Super League-Partien nach der Winterpause, den Testpartien der U21 unter einem neuen Trainerteam und den Äusserungen von Milos Malenovic, Bo Henriksen oder Ancillo Canepa in Interviews und an Pressekonferenzen ist ziemlich deutlich geworden, was den Verantwortlichen vorschwebt – und dass es mit den oben erwähnten Beispielen jeweils nur in Einzelbereichen Überschneidungen gibt.

Ein Klub vom Polarkreis als gutes Beispiel  

Dass in Bezug auf die einheitlichen Prinzipien, die von den Jugendteams bis in die 1. Mannschaft umgesetzt werden sollen, an der Präsentation von Milos Malenovic als neuem Sportchef als Beispiele Ajax und Benfica genannt wurden, ist natürlich ein hingeworfener Knochen, an dem in unserer Medienlandschaft speziell die GC-, FCB- und YB-affinen Journalisten in den kommenden Jahren noch häufig mit grosser Dankbarkeit nagen werden. Sie werden dabei bewusst ausblenden, dass sich die Aussage einzig auf die Einheitlichkeit der Prinzipien vom Nachwuchs bis in die 1. Mannschaft bezog – nicht auf die Mitgliederzahlen oder das finanzielle und sportliche Level.

Kein Brighton, kein Fluminense, kein FC Thun, St. Gallen oder Lugano, und sicher kein Ajax oder Benfica… Mit welchem Team lässt sich denn nun das, was die ambitionierte sportliche Leitung mit dem FCZ vorhat, am ehesten vergleichen? Dazu lohnt sich ein Blick weit in den Norden auf einen Klub, den der FCZ aus seiner letzten Europa League-Kampagne kennt: Bodø/Glimt. Diese Mannschaft spielt schon seit längerer Zeit einen dominanten Fussball im 4-3-3 mit einer hoch stehenden Viererkette und intelligentem Pressing – genauso wie es beim FCZ in den letzten Wochen die 1. Mannschaft und die U21 mehr oder weniger erfolgreich versucht haben. So spielen sie auch gegen renommierte Gegner. Interessant: Bodø/Glimt hat wie beim FCZ vorgesehen auf diese Spielweise gewechselt, ohne dabei zu den begüterten Klubs der Liga zu gehören.

Beeindruckende Entwicklung von Bodø/Glimt auf allen Ebenen

Die Fussballer von nördlich des Polarkreises wurden über Jahrzehnte vom im Süden des Landes beheimateten Profifussball und dessen Traditionsklubs belächelt. Nicht nur wegen dem Stadion, sondern weil man Bodø ganz generell nicht als Fussballstadt gesehen hat. Gewisse Parallelen mit Zürich sind also auch diesbezüglich vorhanden. Mittlerweile hat Bodø/Glimt drei Meistertitel in vier Jahren gewonnen und die vormaligen Dominatoren Rosenborg und Molde überholt. Man hat mit dem Anfang 2019 direkt aus Nigeria an den Polarkreis dislozierten damals 18-jährigen Victor Boniface einen wesentlichen Anteil an der langjährigen Entwicklung eines der aktuell besten Stürmer der Bundesliga. Die jährlichen Transfereinnahmen haben sich Schritt für Schritt auf umgerechnet rund 15 Mio. Schweizer Franken erhöht. Der einheimische Cheftrainer Kjetil Knudsen ist trotz Interesse aus der Premier League nun schon seit sechs Jahren am Ruder. Geholfen hat dabei wohl auch die Konstellation, dass er erst im Alter von 50 Jahren erstmals im Profibereich tätig wurde.  

Auch international sorgte Bodø/Glimt für Furore. 21/22 hat man gegen den späteren Conference League-Sieger AS Roma in vier Begegnungen zwei Mal gewonnen und einmal Unentschieden gespielt – und dabei mit einem 6:1 José Mourinho gemäss Statistikern die höchste Niederlage der Trainerkarriere zugefügt. Die AS Roma lag eigentlich bereits im Koma. Trotzdem schied Glimt letztendlich gegen die Italiener aus. Davor wurde der schottische Primus Celtic mit zwei klaren Siegen aus dem Rennen geworfen – und dies ohne einen Urs Fischer und dessen Flankenkünste dafür zu benötigen. In der aktuellen europäischen Saison überwintern die Norweger zum dritten Mal in Folge und treffen im 1/16-Final der Conference League auf… Ajax. Man kann es sich mittlerweile dank der Transfererlöse leisten, mit Patrick Berg einen Stammspieler der norwegischen Nationalmannschaft für 4 Mio. Schweizer Franken aus Lens zurückzukaufen und den genauso wie Berg aus Bodø stammenden Stürmer Jens Petter Hauge im besten Fussballeralter (mit Kaufoption) von der Frankfurter SGE auszuleihen. Das wäre vergleichbar mit einem FCZ, der Anfang der laufenden Saison Ricardo Rodriguez von Torino zurückkauft und Josip Drmic von Dinamo Zagreb mit Kaufoption ausleiht.     

Die Entwicklung von Bodø/Glimt ist ein Vorbild und Idealszenario. Auch nur schon teilweise sich in den Fussstapfen der Norweger zu bewegen, wäre ein Erfolg. Gleichzeitig hat man in Zürich teilweise sogar bessere Voraussetzungen: nämlich das gemessen an der Einwohnerzahl grössere Einzugsgebiet an Talenten und Zuschauern als die Norweger.  

Schlechte Erfahrungen der letzten Jahre

«Ein oder zwei Sechser?» ist in der Welt des ballbesitzorientierten Positionsspiels fast schon eine religiöse Frage – wie «katholisch oder reformiert?». Christlich ist beides, aber der Teufel steckt in den Details. Aktuell spielt beim FCZ die 1. Mannschaft bei einer Viererabwehr mit einem Sechser, was auch die Präferenz des «Godfather» Johan Cruyff war. Die Schweizer Juniorennationalteams und die meisten Klub-Academy-Teams haben in der jüngeren Vergangenheit jahrelang fast ausschliesslich in diesem System gespielt – genauso Alain Geiger mit Servette. In der Premier League gibt es aktuell im Spielaufbau unter anderem bei den «Cruyff-Jüngern» Guardiola und De Zerbi aber wieder eine Entwicklung zur Doppel-Sechs im Spielaufbau. Klassisch wäre das ein 4-2-3-1, es kann sich aber beispielsweise auch um ein 3-2-4-1 handeln.   

Egal ob mit einem oder zwei Sechsern: das FCZ-Kader passt so oder so nicht zum angestrebten Fussball. Das ist keine neue Erkenntnis. Schon seit Jahren trägt der FC Zürich dieses Problem mit sich herum. Jedes Mal, wenn man unter Trainern wie Magnin, Rizzo oder Foda das Spiel dominanter gestalten wollte, führte dies in den Misserfolg. Selbst in der Endphase der Breitenreiter-Saison versuchte man erfolglos vermehrt höher zu stehen – nur spielte die dadurch sinkende Leistungskurve in diesem Zeitpunkt keine Rolle mehr, da der Vorsprung vor der Konkurrenz schon zu gross war. Breitenreiters Pragmatismus und Erfolgsorientierheit hatte den FCZ zum Titel geführt. Der anschliessende Philosophie-Wechsel bekam der Mannschaft resultatmässig dann nicht gut.

Vertragsverlängerungen, die sportlich nicht zu passen scheinen

Das Hauptproblem war in den letzten Jahren jeweils der «Mismatch» zwischen Kader und Spielweise. Steht eine Mannschaft tief, wie der FCZ grösstenteils in der Meistersaison, braucht sie sprintstarke Stürmer. Steht sie hoch, wie dies jetzt wieder der Plan ist, braucht sie sprintstarke Verteidiger. Nikola Katic und Fabio Daprelà gehören zu den langsamsten Verteidigern der Liga. Auch Lindrit Kamberi ist in diesem Bereich nur Liga-Durchschnitt. Dies wurde den FCZ-Verantwortlichen nach der Winterpause in der Entstehung aller Gegentore (drei in Yverdon, zwei beim ersten Derby, zwei gegen Lausanne-Sport) erneut schmerzhaft vor Augen geführt. Mit schnellen Verteidigern hätten alle diese Gegentore verhindert werden können. Beim ersten Gegentor in Yverdon bezieht sich diese Aussage dabei auf die Entstehung des Freistosses.  

Katic und Daprelà sind typische Haudegen mit einer beschränkten Technik für eine tief stehende Mannschaft, die nicht das Spiel machen will und muss. Trotz dieses klaren Spieler–Spielweise Mismatches war Nikola Katic interessanterweise einer der ersten Spieler mit denen Sportchef Malenovic den Vertrag verlängert hat. Eine weitere frühe Vertragsverlängerung gab es mit Rodrigo Conceição, der mit seiner zu wenig engen Ballführung und etwas wilden Art ebenfalls das Profil eines Konterspielers hat. Bledian Krasniqi oder Antonio Marchesano sind ebenfalls in Umschaltsituationen am stärksten – sowohl offensiv wie defensiv.

Kaum Spieler im Kader für dominanten Fussball

Dasselbe gilt für Jonathan Okita. Dieser hat am Ball kein überragendes Tempo und ist daher kein Spieler, den man wie Assan Ceesay oder Fabian Rohner typischerweise hinter die gegnerische Abwehr lancieren kann. Er benötigt für seine Einzelaktionen und Weitschüsse trotzdem den Raum und die Zeit einer Umschaltsituation. Natürlich kann eine solche auch aus einem Hohen Pressing entstehen – aber dafür benötigt man ebenfalls die richtigen Spieler. Seit mehreren Jahren steht und fällt das FCZ-Pressing mit der Form des «Pressing-Leaders» Antonio Marchesano. Die anderen Stürmer sind in diesem Bereich nicht speziell stark.  

Auch Ifeanyi Mathew ist vor allem in Kontersituationen gut. Es gibt kaum Spieler im Kader, denen dominanter Fussball besser liegen könnte als der bisherige Spielstil. Cheick Condé ist ein Kandidat. Mit Amadou Dante kommt nun ein weiterer hinzu. Die Stossrichtung auf Seiten der Neuverpflichtungen scheint zu stimmen – auch in Bezug auf das Motto „Qualität vor Quantität“.

Drei Punkte im Derby dank Rückkehr zum Pragmatismus

Ein wichtiger Erfolgsfaktor der Meistersaison war André Breitenreiters Pragmatismus und Erfolgsorientiertheit, die er auch aufgrund seines Standings bis fast zum Ende der Saison durchziehen konnte. Er nahm keine Rücksicht auf Spielphilosophien, Nachwuchsentwicklung oder personelle Belange. Wer ein oder zwei Chancen erhalten hatte, und sie nicht nutzte, war für den Rest der Saison aussen vor. Entscheidungen wurden nüchtern gefällt und aus Fehlern rasch gelernt. Dass der Abgang von Bo Henriksen auf Ende Saison nun bekannt geworden ist, könnte einen ähnlichen Effekt haben – und für den Rest der Saison ebenfalls zu Pragmatismus und Erfolgsorientiertheit führen. Nichts könnte dies besser illustrieren als das zweite Derby: nach dem 1:0-Führungstreffer wurde der eigene Strafraum mit Mann und Maus verteidigt und auf schnelle Gegenstösse mit Fabian Rohner als einzigem Stürmer gesetzt. Daraus resultierten drei Punkte. Im ersten Derby nach der Winterpause hatte man nach einer 1:0-Führung risikovoll weitergespielt und lief dem Gegner zwei Mal ins offene Messer.      

Auch bezüglich Spielsystem kehrte Henriksen am Wochenende zum 3-4-3 / 3-4-1-2 zurück. Seit dem Auswärtsspiel in St. Gallen kurz vor der Winterpause hat man mit der Umstellung auf ein 4-3-3 im Verlauf der 2. Halbzeit grundsätzlich gute Erfahrungen gemacht. Die Kadenz der herausgespielten Torchancen erhöhte sich. Dies weil es für einen Gegner immer schwierig ist, während einer laufenden Partie auf so eine Umstellung zu reagieren. Das 4-3-3 als Grundformation und die hohen Linien haben aber erstmal weder in den Winter-Testspielen noch in Yverdon funktioniert. Gegen einen tief stehenden Gegner wie die Waadtländer braucht es dazu Spieler, die sich mit Technik, Kraft und Antrittsschnelligkeit (am liebsten alle drei Skills gleichzeitig) auf Super League-Niveau auf engem Raum durchsetzen können.

Yverdon erneut der Wendepunkt?

Betreibt der Gegner selbst ein hohes Pressing, benötigt man einen Zielspieler für Yanick Brechers hohe Bälle, um einen gegnerischen Ballgewinn in der eigenen Platzhälfte zu verhindern. Zu Beginn der Saison war Lindrit Kamberi dieser Zielspieler auf der rechten Seite – aber auf ihn haben sich die Gegner mittlerweile eingestellt, so am Samstag auch GC’s Florian Hoxha. Afriyie, Marchesano, Conceição, Krasniqi, Guerrero oder Mathew haben bei solchen hohen Bällen keine Chance. Okita und Boranijasevic gehen diesen trotz einer gewissen Körpergrösse aus dem Weg. Cheick Condé ist allenfalls noch eine Variante, die vereinzelt und ansatzweise nicht schlecht funktioniert hat. Der Guineer ist zuletzt aber etwas aus dem Tritt geraten und obendrein Stand heute noch für die nächsten zwei Spiele gesperrt.    

In Yverdon wurde vor zwei Jahren Breitenreiters Meisterteam endgültig geformt. Denn das 4-3-3 wurde nach der dortigen Erfahrung sofort wieder eingestampft. Pollero wurde zur Winterpause abgegeben, Leitner, Gogia, Hornschuh oder Coric spielten bis zum Ende der Saison nur noch untergeordnete Rollen. Marchesano, Gnonto und Tosin stiegen hingegen in der Hierarchie auf und wurden zu tragenden Säulen. Es folgte ein mirakulöses Last Minute-3:3 im Letzigrund gegen den FCB und danach neun Siege in Folge. Es wäre vermessen, in der aktuellen Saison noch vom Meistertitel zu träumen. Aber ist Yverdon auch diesmal ein Wendepunkt? Die vorläufige Rückkehr zumindest bis Ende Saison zum 3-4-1-2 und dem direkten Fussball durch die Mitte? Und die Herauskristallisierung einer griffigeren Stammformation mit Kryeziu, Krasniqi und Ligue an Stelle von Katic, Condé und Okita?

Schwierige Entscheidungen in der Kaderplanung

Im Hinblick auf den kommenden Sommer und die Zeit danach kann eine Transformation des Spielstils nur mit einem Kaderumbau umgesetzt werden. Es braucht dafür die passenden Spielertypen. Daher stehen schwierige Entscheidungen an. Die Verträge von Antonio Marchesano, Adrian Guerrero, Nikola Boranijasevic oder Marc Hornschuh laufen aus. Guerrero und Boranijasevic waren und sind die Schlüsselspieler des Erfolgssystems 3-4-1-2. Nur dank ihres Laufvermögens auf der Seite kann die Mannschaft in allen drei Linien im Zentrum immer wieder die so wichtigen Überzahlsituationen kreieren. Boranijasevic gehört zu den Top 3-Flankengebern der Liga und Guerrero zu den Top 3-Standardschützen.

Marchesano sorgt mit seiner Kombination aus stupender Technik und grossem Arbeitswillen immer wieder für die Differenz. Über die Jahre hat er sich beim FCZ enorm gesteigert und kann aktuell wieder eine Skorerquote wie in der Meistersaison vorweisen. Er ist genauso wie Guerrero mit Sicherheit auch ein entscheidender Mann für die Stimmung und den Team-Zusammenhalt. Marc Hornschuh war in den letzten zweieinhalb Jahren eine wertvolle Team-Ergänzung und immer da, wenn es ihn brauchte. Nichts symbolisiert seinen Wert für die Mannschaft so gut wie die Szene in St. Gallen, wo er sich aufopferungsvoll in den Schuss von Christian Witzig warf und daraufhin ausgewechselt werden musste. All diese Faktoren machen die zu treffenden Entscheidungen nicht einfacher. Ohne die bisherigen Säulen von Grund auf ein neues Haus zu errichten, in welchem alle für ein Team wichtigen Elemente berücksichtigt werden müssen, ist ein heikles Unternehmen.   

Zurück im Letzi: was Kolollis Zeit beim FCZ über seine Zukunft beim FCB aussagt

Die Auftaktpartie 2024 gegen den FCB bringt das überraschende Aufeinandertreffen mit Benjamin Kololli mit sich, der von 2018 bis 2021 drei Saisons und 92 Partien im FCZ-Dress gespielt hat. In Erinnerung bleiben den meisten wohl die beiden Europacup-Handspenaltys in seiner ersten Saison – sein „Panenka“ im 1/16-Final gegen Napoli und davor der Sprung in den tiefen Graben vor den mitgereiten FCZ-Fans bei seinem Jubel über den Siegtreffer vom Elfmeterpunkt in Nikosia gegen AEK Larnaca. Die Meisterschaftsresultate in Kolollis Zeit erlaubten dann aber keine weiteren Europacup-Teilnahmen. Der Waadtländer mit einem Flair für Kampfsport, der an der Grenze zum Wallis aufwuchs, machte seinen Weg in den Profifussball über Monthey und Sion. Bei Le Mont und Biel etablierte er sich 18 Monate in der Challenge League, worauf eine wenig erspriessliche Leihe zu YB folgte.

Typischer Vertreter der Waadtländer Spielphilosophie

Bei Lausanne-Sport wurde er unter seinem jetzigen Coach Fabio Celestini im Alter von 24 Jahren erstmals Super League-Stammspieler. Die erste Saison endete auf dem Zweitletzten, die zweite auf dem Letzten Platz und somit mit dem Abstieg. Kololli hatte persönlich gute Skorerwerte vorzuweisen und stach in den Match-Zusammenfassungen ins Auge, trug aber gleichzeitig mit seiner ungenügenden Defensivarbeit auch seinen Teil zum Abstieg seines Teams bei. Kololli konnte in der Super League bleiben und stiess im Sommer 2018 zum FCZ. Er traf dabei wieder auf Antonio Marchesano und Mirlind Kryeziu, mit denen er aufgrund der kurzen aber intensiven gemeinsamen Zeit beim FC Biel freundschaftlich-kollegial verbunden war. Ausserdem passte es auch mit dem Trainer.

Die drei Trainer seiner Profikarriere unter denen Kololli die meisten Spiele absolviert hat und die am meisten auf ihn setzten, waren alle Waadtländer wie er: Claude Gross, Fabio Celestini und Ludovic Magnin. Die Affinität zu Kololli hatte bei diesen Coaches aber nicht allein mit dessen Herkunft zu tun. Kololli ist auch ein typischer Vertreter einer gewissen Spielphilosophie, von der diese Trainer überzeugt sind, die aber speziell im Schweizer Umfeld im letzten Jahrzehnt nicht zum Erfolg geführt hat. Sie ist im Gegenteil mit ein Grund, warum Lausanne-Sport trotz grosser finanzieller Mittel weiterhin Mühe hat, den Sprung in die nationale Spitzengruppe zu schaffen. Es ist eine Philosophie mit vielen individuellen Ballkontakten in der schnelle Umschaltsituationen sowohl offensiv wie defensiv eine untergeordnete Rolle spielen. Auch schon im Juniorenbereich ist das Talent der Lausanner Mannschaften fast immer grösser als ihre Resultate glauben machen. Celestini und Magnin sind zudem chronisch immer wieder in denjenigen Phasen am erfolgreichsten, in denen sie aus Pragmatismus von ihrer eigenen Philosophie für ein paar Monate oder für ein bestimmtes Spiel (wie im Fall von Magnin den Cupfinal 2018) abweichen. Celestini hat beim FCB ebenfalls erst mal wenig verändert und ist mit dem Team vor Weihnachten wieder etwas auf die Erfolgsspur gekommen. Nur: Celestini wäre nicht Celestini, wenn er den Pragmatismus nach ein paar Monaten nicht auch wieder beiseite schieben würde.

Seine Rolle beim FC Basel

Die erste Halbsaison Kolollis beim FCZ inklusive Europacup-Auftritte war mit einer Züri Live-Durchschnittsnote von 5,1 noch ordentlich gewesen. Seine Leistungskurve entwickelte sich danach im Jahr seiner Heirat aber in den Keller. Seine mit Abstand besten Leistungen brachte er anschliessend von Mitte Juni bis Mitte Juli 2020, als er nach der Wiederaufnahme der Meisterschaft nach der Corona-Pause vor leeren Rängen die beste Version seiner selbst auf dem Fussballplatz war. Für kurze Zeit sah man einen Kololli, der voll fokussiert das Beste aus sich herausholte. Speziell stark in dieser Phase waren seine Standards. Anschliessend zeigte die Leistungskurve schon während dem Rest der Rückrunde 19/20, und erst recht in der kurz darauf anschliessenden Saison 20/21 schnell wieder nach unten. Seine Auftritte zum Ende seiner FCZ-Zeit in der Rückrunde 20/21 nach seinem Muskelfaserriss unter Coach Massimo Rizzo waren nur schwer erträglich, obwohl er weiterhin Skorerpunkte sammelte. Insgesamt gehört Kololli zu den am tiefsten benoteten Spielern seit es die Züri Live-Auswertungen gibt. Sein Abgang im Sommer 2021 war eine wichtige Grundvoraussetzung für die Traum-Saison danach, wo man wie schon vor der Ankunft Kolollis wieder den Sprung auf einen Europacup-Platz schaffte – und dies sogar als Meister mit deutlichem Vorsprung vor der Konkurrenz.

Mit dem meist auf dem Flügel agierenden Kololli war während seiner Zeit die linke FCZ-Seite ein kontinuierlicher Schwachpunkt, welchen die Gegner noch so gern ausnutzten. Dies lag zur Hälfte an der nonchalanten Defensivarbeit und den Ballverlusten Kolollis, zur anderen Hälfte am bis zur Ankunft Fidan Alitis fehlenden soliden Backup auf der LInksverteidigerposition. Nach seinen zweieinhalb Jahren mit wenig Einsatzzeit und einem weiteren Abstieg bei Shimizu S-Pulse an der japanischen Ostküste ist kein runderneuerter Kololli zum FCB gekommen. Das Stärke- / Schwäche-Profil ist immer noch dasselbe. Links im Mittelfeld ist aktuell Anton Kade gesetzt, mit Gauto als Ersatz. Daher wird Kololli tendenziell eher rechts vor dem ebenfalls neu verpflichteten Vouilloz auflaufen (wobei auch hier Gauto als Alternative in Frage kommt) – oder wie gegen die Bayern in seiner besten Rolle im Sturm, wo Kololli mit seiner Physis den ein oder anderen Ball halten und ablegen kann. Ausserdem vermag der 31-järige näher zum Tor auch seine Abschlussqualitäten eher zum Einsatz zu bringen. Offen bleibt die Frage: wird Kololli wie damals beim FCZ wieder einen ordentlichen Start hinlegen?

Frage zum Spiel: Wie macht sich Kololli gegen den FCZ?

  • Er fällt weder positiv noch negativ auf (56%, 20 Votes)
  • Er kommt gar nicht zum Einsatz (19%, 7 Votes)
  • Der FCZ profitiert von seinen Fehlern (17%, 6 Votes)
  • Er spielt eine Top-Partie und entscheidet sie zugunsten des FCB (8%, 3 Votes)

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Hier geht es zur Match-Vorschau: „FCB MIT NEUEM PERSONAL, FCZ MIT NEUER TAKTIK?“

Brecher, Marchesano, Guerrero gut – FCZ gut: Leistungsbilanz der 1. Saisonhälfte

In der ersten FCZ-Saisonhälfte 23/24 waren mit Yanick Brecher, Antonio Marchesano und Adrian Guerrero die Leistungsträger aus der Meistersaison 21/22 auffälligerweise die besten regelmässig eingesetzten Akteure. Es waren auch genau diese Spieler gewesen (zusammen mit Blerim Dzemaili und Wilfried Gnonto), welche unter Franco Foda den grössten Leistungseinbruch erlitten hatten – und nun unter Bo Henriksen wieder aufblühen. Mit anderen Worten: spielen Brecher, Marchesano und Guerrero gut, spielt der FCZ gut. Guerrero hat dabei nach seinem verletzungsbedingten Ausfall während vier Partien Mitte der Vorrunde in der 2. Hälfte des Herbstes erst so richtig aufzudrehen begonnen und dabei sein Pendant Nikola Boranijasevic noch überholt, der mit zwei ungenügenden Noten in Winterthur und St. Gallen am Ende noch nachliess. Ebenfalls im oberen Drittel des Notenschnittes befinden sich die beiden Zentrumsspieler Condé und Mathew sowie der in der Winterpause in die U21 versetzte Fabian Rohner. Vor allem aufgrund der ersten Hälfte der Vorrunde sind die Durchschnittsnoten der 1. Halbzeit generell besser als diejenigen der 2. Halbzeit. Allerdings hat sich dieses Verhältnis gegen Ende der Vorrunde eher umgedreht.

Dreierabwehr der schwächste Mannschaftsteil

Die Intensität in den ersten 45 Minuten war im Sommer und Frühherbst die grosse Stärke des FC Zürich gewesen. Man ging immer in Führung und konnte dann meist den Sieg nach Hause bringen. Antonio Marchesano verkörperte diese Spielweise gut. Mit 7,4 war er bisher der Beste in der 1. Halbzeit und hatte dann in der 2. Halbzeit eine um 0,7 tiefere Durchschnittsnote. Dies obwohl er als Einwechselspieler gute Leistungen zeigte. Die schlechteren 2. Halbzeit-Noten stammen von seinen Einsätzen, in denen er in der Startformation stand. Möglicherweise deutet sich hier beim 33-jährigen ein Phänomen an, das bei Blerim Dzemaili ganz ausgeprägt war: über bis zu 45 Minuten in der Lage, die Super League-Intensität mitzugehen und die individuelle Qualität auszuspielen, aber gleichzeitig mit starkem Leistungsabfall und vielen Fehlern bei längeren Einsätzen. Gegen die Wintermonate hin wurde die 1. Halbzeit immer häufiger regelrecht “verschlafen“. In denjenigen Partien, in denen der FCZ in Rückstand geriet, holte er nur ein einziges Mal (gegen Stade Lausanne-Ouchy) noch einen Punkt. In den anderen drei Fällen (Servette (H), Winterthur (A), St. Gallen (A)) wurde ein Niederlage draus. Nikola Katic ist die grosse Ausnahme der Regel. Seine 1. Halbzeiten waren im Schnitt mit 4.3 deutlich ungenügend, die 2. Halbzeit dann aber um gleich 1,2 Noten besser. Der Kroate braucht jeweils eine 45-minütige Anlaufzeit, um richtig in die Partie zu kommen. Von den mehr als 500 Minuten eingesetzten Spielern war ansonsten nur noch Lindrit Kamberi in der 2. Halbzeit leicht besser, als in den ersten 45 Minuten.

Vier Spieler waren im Herbst insgesamt ungenügend: Katic und die drei weniger als 500 Minuten eingesetzten Avdijaj, Bar und Hodza. Alle diese drei Spieler gehören mittlerweile nicht mehr zum (engeren) Kader der 1. Mannschaft. Nach Positionen betrachtet hat der FCZ des Herbstes seine starken Mannschaftsteile im Tor und im Vierermittelfeld mit Boranijasevic – Condé – Mathew – Guerrero. Der schwächste Mannschaftsteil ist die Dreierabwehr – vor allem in defensiver Hinsicht. Mit einem Notenschnitt von 6,0 liegt Fabio Daprelà im Mittelfeld der Noten und ist dabei gleichzeitig der beste Abwehrspieler. Der ehemalige GC- und Lugano-Abwehrmann ist gleichzeitig der Einzige aus der Dreierabwehr, welcher Defensiv eine bessere Note zu verzeichnen hat, als Offensiv. Insgesamt die beste Offensivnote der regelmässig eingesetzten Spieler erzielte Adrian Guerrero mit 7,9. Am anderen Ende der Skala befindet sich Jonathan Okita mit 5,2. Gemeinsam haben die beiden, dass sie meist gute Standards schlagen. Defensiv überzeugte Yanick Brecher (7,4) am meisten mit Nikola Katic (4,4) als dem Gegenstück am anderen Ende der Skala.

Afriyie und Marchesano sollten in der Offensiven Phase häufiger die Position tauschen

Trotz eher durchschnittlicher Abschlusseffizienz von 18% war Jonathan Okita dank der Menge seiner Abschlüsse (55) der beste FCZ-Torschütze der Vorrunde (10). Ignoriert man die beiden Penaltytreffer (mit einer statistischen Trefferwahrscheinlichkeit von rund 75%) hat Okita aus dem Spiel heraus eine Abschlusseffizienz von 15% zu verzeichnen gehabt. Inklusive der beiden Penaltys kommt Okita auf eine Torbeteiligungsquote (inklusive Pre-Assists) von 1,07 pro 90 Minuten. Fabian Rohners, Ivan Santinis und vor allem Antonio Marchesanos Torbeteiligungen pro 90 Minuten waren noch wesentlich höher – wobei Santini einen hohen Anteil Spielminuten in Cup-Partien gegen Unterklassige in der Statistik hat (57%). Auch die wenig eingesetzten und sich im oberen Drittel der Torbeteiligungen pro 90 Minuten befindlichen Avdijaj, Oko-Flex und Hodza haben einen hohen Anteil Spielminuten in Cup-Partien. Bei Santini und Oko-Flex war jeder zweite Abschluss ein Tor.

Von den regelmässig eingesetzten Spielern weiterhin am wenigsten an FCZ-Treffern beteiligt waren Silvan Wallner und Rodrigo Conceição – sogar die Torhüter Yanick Brecher und Zivko Kostadinovic hatten mehr Torbeteiligungen pro 90 Minuten Einsatzzeit. Daniel Afriyie traf im Herbst nur zwei Mal ins Netz (Doppelpack gegen Lugano). Dies lag nicht an der Anzahl Abschlüsse (mit 39 am drittmeisten nach Okita und Marchesano), sondern an seiner geringen Abschlusseffizienz von 5%. Die Torvorbereitung scheint dem Ghanaer besser zu liegen. Defensiv verrichtete er seine Aufgabe auf der 10er-Position zwar meist gut, aber offensiv erzielt er jeweils mehr Wirkung, wenn er über die rechte Halbposition kommt. Dementsprechend könnte es Sinn machen, dass beispielsweise Afriyie und Marchesano beim Umschalten von Defensive auf Offensive häufiger die Position tauschen würden.

Condé und Conceição treffen das Tor nicht

Jonathan Okita war bisher in dieser Saison an 122 Abschlüssen beteiligt. Dahinter folgen Antonio Marchesano (97), Ifeanyi Mathew (94), sowie Adrian Guerrero und Nikola Boranijasevic (je 88). Cheick Condé und Rodrigo Conceição haben mit 15 am meisten Abschlüsse abgefeuert ohne dabei einen Treffer erzielt zu haben.

Probleme mit der neuen Taktik: Bilanz der Wintertestspiele

Vier Testspiele waren geplant, drei wurden schlussendlich durchgeführt. Das letzte gegen den FC Aarau wurde relativ kurzfristig der U21 zugeteilt und unmittelbar vor Spielbeginn auf den Kunstrasenplatz neben dem Haupt-Trainingsplatz verlegt. Der FC Aarau konnte sich aber letztendlich nicht beklagen, aufgrund dieser Umstellung zu wenig gefordert worden zu sein. Die U21 nahm die unverhoffte Chance, einen Tag vor dem eigentlich geplanten Testspielauftakt (FC Muri) gegen einen Challenge League-isten testen zu dürfen, dankend an und legte sich ins Zeug. In der Anfangsphase musste der neue U21-Coach Ricardo Moniz vom Schiedsrichter gar zwei Mal ermahnt werden, weil er sich über gegen den FCZ ausgefallene Fifty-Fifty Entscheidungen so enerviert hatte, als würde es sich um ein entscheidendes Meisterschaftsspiel handeln. Aarau-Coach Alex Frei beschwerte sich: „Das ist ein Testspiel!“. Moniz regte sich aber auch über zu langsam ausgeführte Abstösse seines Teams auf. Die U21 hatte während der ganzen Partie die Spielkontrolle, erst mit viel hohem Pressing, dann ab der 30. Minute vermehrt mit Ballbesitzspiel.

Schon in St. Gallen erstmals Umstellung auf Viererabwehr

In der 2. Halbzeit kam der frisch verpflichtete 18-jährige Joseph Sabobo Banda zu seinem U21- Début. Viel Einfluss aufs Spiel hatte er noch nicht, aber seine Schnelligkeit und Gewandtheit am Ball liess er wie schon im Mai am Blue Stars / FIFA Youth Cup, als er zum Turniersieg des FC Zürich beitrug, aufblitzen. Mit grosser Wahrscheinlichkeit wird Sabobo die kommenden Partien erst mal mit der U21 in der Promotion League bestreiten. Fabian Rohner agierte im 4-2-3-1 als Sturmspitze und bereitete die ersten beiden Tore vor (das zweite mit Ballgewinn im Pressing und Di Giusto-Schuss in den rechten Kranz). Der in der 1. Mannschaft ebenfalls aus Rang und Traktanden gefallene Arad Bar erzielte zwei Weitschusstore. Neben ihm begann auf der Doppel-Sechs der 17-jährige Cheveyo Tsawa beobachtet von der Trainerbank unter anderem von dessen Vater Dorjee (Konditionstrainer). Tsawa wechselte vor anderthalb Jahren als Stammspieler der Schweizer U17-Nationalmannschaft vom FC St. Gallen zum FCZ.

Auch im Trainingslager in Spanien agierte der FCZ jeweils mit Viererabwehr. Dies nachdem man die ganze Vorrunde im 3-4-3 (mit Ball) / 3-4-1-2 (gegen den Ball) gespielt hatte. Im letzten Spiel vor der Winterpause gabs im Verlauf der 2. Halbzeit erstmals den Wechsel auf die Viererabwehr während der Partie, was dem FCZ für die Schlussphase Vorteile brachte, die sich letztendlich aber nicht in Tore ummünzen liessen. Der Vorteil bestand dabei nicht per se in einer “besseren“ taktischen Formation, sondern darin, dass St. Gallen auf die überraschende Umstellung während der Partie nicht adäquat reagieren konnte. Coach Bo Henriksen nannte denn auch die höhere Variabilität als Grund für das Einüben der neuen taktischen Variante in der Wintervorbereitung. Funktioniert hat die neue Taktik in den Testspielen allerdings nicht wirklich. Am Augenscheinlichsten waren die Probleme im Spiel gegen den Ball: Trigger-Momente, Deckungsschatten und Koordination der Laufwege hatte man noch gar nîcht im Griff – ganz im Gegensatz zu den sehr gut eingespielten Abläufen im bisherigen System. Die Testgegner vermochten die Linien des FCZ einfach zu überspielen. Dazu kamen individuelle Fehler in der Viererkette von Nikola Katic oder Adrian Guerrero aus dem Spiel heraus, oder Silvan Wallner und Ramon Guzzo bei gegnerischen Standards.

Von den Flügelpositionen kommt wenig

Bei zwei statt drei Innenverteidigern in der Viererabwehr treten die Schwachpunkte auf dieser aktuell am schwächsten besetzten Position des Kaders noch stärker zutage als dies bereits mit Dreierabwehr in der Herbstrunde der Fall gewesen war. Spielt man mit den beiden erfahrenen aber langsamen Katic und Daprelà? Oder besetzt man eine der beiden Positionen mit einem etwas schnelleren Kamberi oder Wallner, hat dafür dann aber Probleme bei hohen Bällen? Die defensiven Schwächen Adrian Guerreros und Nikola Boranijasevics werden bei einer Viererabwehr ebenfalls offensichtlicher. Gegen den HSV rückte Kamberi auf die Rechtsverteidigerposition und Wallner half vorne im Pressing auf einer Linie mit Marchesano, Afriyie und Okita. Auf der linken Seite scheinen hingegen auch in diesem System Guerrero und Okita gesetzt zu sein. Speziell von Okita müsste wenn es dann wieder los geht mehr kommen. Nach seinem Top-Auftritt gegen Luzern fiel er kurz vor der Weihnachtspause in Winterthur und St. Gallen in ein Loch – und ist noch nicht daraus herausgekommen. Ganz allgemein hat sich der Formstand der Spieler durch den kurzen Unterbruch im Vergleich zu den letzten Vorweihnachtspartien nicht wesentlich geändert.

Durch die Sperre Cheick Condés zum Auftakt gegen den FCB am kommenden Sonntag wurde in der Vorbereitung im Zentrum das Duo Mathew / Krasniqi forciert. Das gegenseitige Verständnis der beiden war dabei ziemlich gut. Daniel Afriyie sollte dabei wohl jeweils im Vergleich zur Herbstrunde noch mehr zurückgezogen auf der zweiten Achterposition neben Krasniqi agieren, tat dies allerdings nur in der 2. Halbzeit gegen den HSV. Davor spielte der Ghanaer deutlich weiter vorne als zweite Spitze, wodurch sich jeweils auf dem Platz ein 4-4-2 / 4-2-4 ergab. Als die “zweite Garde“ gegen Hannover antrat, war hingegen das 4-3-3 von Beginn weg ersichtlich. In der 2. Halbzeit gegen den HSV wurde aus diesem de facto aufgrund des stärkeren Gegners meist ein 4-1-4-1. Von den Flügelpositionen kam in den Tests wenig. Neben Okita gilt dies auch für Marchesano, Nils Reichmuth, Oko-Flex oder Bajrami.

Die Bilanz der Jungen: offensive Akzente, defensive Schwächen

Vorne zentral spielten neben dem vorgerückten Afriyie jeweils Ligue, Marchesano oder Santini. Das 18-jährige Eigengewächs Ligue konnte sich dabei vor allem dank einzelner gelungener Aktionen im Zentrum und auf dem Linken Flügel durchaus empfehlen. Allerdings war seine Defensivarbeit noch verbesserungswürdig und offensiv waren die wenigen Aktionen durch längere Pausen getrennt. Von den weiteren eingesetzten jungen Spielern machte Nils Reichmuth das, was er am besten kann – nämlich Tore schiessen. Kaum ein anderer Spieler im FCZ-Kader ist im Strafraum so abschlussstark. Dies musste auch der beim FCZ ausgebildete Gegenspieler Miro Muheim (HSV) beim 2:2-Ausgleich im Testspiel erkennen. In der Vorbereitung des Tores hatte sich Ligue zentral vor dem Strafraum gegen Luis Seifert (19) aus der Hamburger Reserve durchgesetzt. Um sich beim FCZ in der 1. Mannschaft durchsetzen zu können, reicht für Nils Reichmuth die Abschlussstärke allein allerdings nicht. Sein jüngerer Bruder Miguel spielte gegen Hannover ebenfalls durch, konnte sich dabei zwar spielerisch behaupten, aber wie so häufig in der U21 ohne viel Effektivität.

Labinot Bajrami wurde jeweils auf den Rechten Flügel eingesetzt, was nicht seine Idealposition ist und vergab gegen Hannover kurz vor Schluss eine von Ligue gut vorbereitete Grosschance. Ihm sind aber sicherlich auch auf Super League-Niveau Tore zuzutrauen. Als Steigerung zum ausgeprägten Linksfuss Nils Reichmuth ist Bajrami mit beiden Füssen und auch per Kopf aus praktisch allen Lagen torgefährlich. Als ähnlicher Spielertyp wie Ivan Santini sollte er eigentlich gegenüber diesem mittlerweile den Vorzug erhalten. Armstrong Oko-Flex scheint noch etwas stark auf seine Eins-gegen-Eins Situationen auf dem Flügel fokussiert zu sein. In Strafraumnähe fehlt es dann meist an der Qualität beim letzten Pass oder Abschluss. Er ist seit seiner Ankunft noch nicht viel weiter gekommen, was allerdings auch etwas am unverrückbar scheinenden Status von Jonathan Okita als Stammspieler unter Bo Henriksen liegt. Silvan Wallner und vor allem auch Ramon Guzzo vermochten sich in den Testpartien nicht zu empfehlen. Es fehlt beiden weiterhin etwas an Stabilität und defensiver Verlässlichkeit. Wallner kann immerhin seinen Speed in die Waagschale werfen und gehört immer noch zu den Kaderspielern, die Henriksen für bestimmte Aufgaben berücksichtigt. Guzzo sah sowohl bei gegnerischen Standards wie auch bei Kontersituationen bei den Gegentoren gegen Hannover schlecht aus.

Wie kamen die Ergebnisse zustande?

Sebastian Walker (18) kam gegen Hannover zu einem Kurzeinsatz, machte einen besseren Eindruck ohne aber gleich glänzen zu können. Dies tat er dann phasenweise bei seinem späteren Teileinsatz mit der U21 zu Hause gegen Aarau. Wie kamen die Resultate gegen Saarbrücken (2:1), Hannover (0:4) und den HSV (2:2) zustande? Gegen Saarbrücken zeigte sich ein deutlicher Qualitätsunterschied. Der FCZ machte dabei wohl vor allem aus Müdigkeit etwas wenig daraus. Gegen Hannover spielte beim FCZ der zweite Anzug, verstärkt mit Condé. Gegen diesen Gegner spielte aber vor allem eine entscheidende Rolle, dass dieser in der Pause die ganze Mannschaft wechselte und in der 2. Halbzeit mit deutlich frischeren Beinen dem FCZ um die Ohren lief. Die ersten zwei Tore fielen durch schlecht verteidigte Eckbälle, die zweiten zwei über schlecht verteidigte Konter. Der HSV war in der 1. Halbzeit klar besser und der FCZ mit dem Pausen-1:1 gut bedient. In der 2. Halbzeit liessen die Hamburger nach und der FC Zürich hatte leichte Vorteile auf seiner Seite.

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