Lugano’s erste Auftritte sind vielversprechend – die des FCZ auch / FCZ – Lugano VORSCHAU

Historisch ist die Bilanz gegen Lugano ziemlich ausgeglichen, die letzten fünf Direktbegegnungen haben die Tessiner allerdings alle gewonnen. Das Team von Trainer Mattia Croci-Torti kommt nach den Startsiegen ohne Gegentor bei Stade Lausanne-Ouchy (3:0) und gegen St. Gallen (1:0) als Leader in den Letzigrund. Lugano hat dabei bisher allerdings auch von der eigenen Effizienz und der fehlenden Abschlussstärke der Gegner profitiert. Der FCZ hat sich in seinen beiden Auftaktpartien gegen Yverdon und bei Servette mehr Torchancen herausgespielt.

Erstes Gebot gegen Lugano: kompakt stehen

Auch zu Beginn der neuen Saison liess Croci-Torti zwei Mal in unterschiedlicher taktischer Formation spielen. Grundsätzlich spielt Lugano am liebsten durch die Mitte, was sie zum Auftakt gegen Stade Lausanne-Ouchy in einem 3-4-2-1 auch getan haben. Man ist gut darin, den Gegner im Aufbauspiel hinten herauszulocken und so Räume zwischen den Linien zu schaffen, welche die wirbligen Offensivspieler auszunutzen wissen. Noch etwas Schwierigkeiten haben die Luganesi mit ihrem Gegenpressing. Sie scheinen auf gegnerische Konter etwas anfällig, auch weil die Rollenverteilung im Zentrum zwischen Sabbatini, Bislimi und dem Neuverpflichteten Grgic noch nicht ganz zu funktionieren scheint.

In Lausanne spielte der ehemalige FCZ-Junior gegen den Ball in der zentralen Position einer Dreierabwehr mit dem Walliser Hajrizi und dem Basler Hajdari. Im Spielaufbau rückte Grgic dann jeweils häufig nach vorne ins Mittelfeld. Gegen die sehr zentral ausgerichteten St. Galler liess Croci-Torti mit Ball die Seiten doppelt besetzen und sein Team häufiger über die Flanken angreifen. Sein Team lief daher in einem 4-2-3-1 auf. Gegen den FCZ wird Croci-Torti tendenziell eher wieder die „SLO-Taktik“ wählen. Für den FCZ empfiehlt es sich gegen dieses Lugano kompakt zu stehen und die Anfälligkeit des Gegners auf Konterangriffe auszunutzen. Wenn man hingegen zwischendurch (oder zu Beginn) in ein Hohes Pressing geht, dann muss man dies sehr konsequent machen, mit drei Mann in der vordersten Linie. Beim 2:2 in Genf hatte beispielsweise Jonathan Okita nach 25 Minuten in seiner Defensivarbeit nachgelassen.

Viele Elemente des FCZ-Offensivspiels funktionieren wieder

Nach den vielen personellen und taktischen Wechseln im 22/23 setzt Coach Bo Henriksen zu Recht wieder vermehrt auf Kontinuität. Vom personellen und taktischen Grundgerüst ausgehend nimmt der Däne je nach Situation kleine, aber effektive Anpassungen vor. Man ist sehr variabel, weil im Offensivspiel zur Zeit sehr viele Elemente funktionieren: das Aufbauspiel mit dem Schaffen von Überzahlsituationen, die Kontersituationen speziell über die rechte Seite mit Rohner – aber auch die langen, hohen Bälle von Yanick Brecher. Das Timing bei den Standardsituationen ist ebenfalls wieder deutlich besser aufeinander abgestimmt als letzte Saison. Fabio Daprelà konnte nach seinem in vielerlei Hinsicht missglückten Auftakt gegen Yverdon in Genf nun bereits eine wichtige Rolle einnehmen. Der Zürcher stabilisierte die Defensive genauso wie er offensiv bei Standards für zusätzlichen Betrieb sorgte. Dies kann entscheidend dazu beitragen, dass ein Zielspieler wie Lindrit Kamberi freistehend zum Kopfball kommen kann. Und Daniel Afriyie’s Auftritt sah in Genf erstmals Super League-like aus.

Stilbruch unter dem neuen Coach Weiler / SERVETTE – FCZ VORSCHAU

Servette hat sich nach dem Aufstieg im Jahr 2019 sofort unter den besten Super League-Mannschaften etabliert, auch wenn die Genfer bisher noch nicht um den Meistertitel mitspielen konnten. Bereits die erste Saison beendeten sie auf dem 4. Platz, dann folgte gar ein 3. Rang und nach einer kleinen Delle als Sechstplatzierter in der FCZ-Meistersaison folgte nun gar der 2. Platz. So gut platziert war der Traditionsklub (nach Meistertiteln die Nummer 3 der Schweiz nach GC und FCB) seit 24 Jahren nicht mehr. Umso erstaunlicher war es für viele Fans, dass der Erfolgstrainer Alain Geiger in diesem Sommer ersetzt wurde. Aber da die Personalentscheidungen der Vereinsführung in den letzten Jahren ganz offensichtlich immer gut waren, kann man auch diesmal davon ausgehen, dass sie sich bei der Sache einiges überlegt haben.

Sturmduo Crivelli / Bedia in Topform

Mit dem neuen Coach René Weiler geht auf jeden Fall ein ziemlicher Stilbruch einher. Unter Alain Geiger agierte Servette so wie man es aus den „goldenen Zeiten“ kannte, mit gepflegtem Fussball, ballbesitzorientiert, spielerisch und technisch anspruchsvoll im konstruktiven 4-3-3 mit Spiel über die Flügel und häufig flachen Hereingaben in oder vor den Strafraum. Unter Weiler wird viel schneller und direkter durch die Mitte und mit hohen Bällen agiert. Speziell wenn der Gegner hoch steht, wie Racing Genk, versucht Servette nicht mehr flach hintenheraus zu kombinieren. Jérémy Frick. Steve Rouiller oder Yoan Severin schlagen, spielen oder kicken den Ball stattdessen ohne zu zögern hoch und weit nach vorne.

Dies ist das Spiel, welches dem vor einem Jahr von Basaksehir verpflichteten ehemaligen Bordeaux-Stürmer Enzo Crivelli gefällt. Der ehemalige französische U21-Nationalspieler wirft sich in jeden Zweikampf und gewinnt diesen häufig auch. Schon letzte Saison deutete der 28-jährige seine Qualitäten an, aber der Spielstil kam ihm nicht entgegen. Gegen Genk spielte er wohl die beste Partie eines Spielers eines Schweizer Klubs im Europacup seit Jahren. Sturmpartner Chris Bedia fand sich mit diesem Spielstil speziell beim Auftakt im Letzigrund gegen GC ebenfalls schnell zurecht und zeichnete sich als Doppeltorschütze aus. Schon bei seiner Ankunft aus Belgien vor anderthalb Jahren zeigte sich Bedia als der wohl kompletteste und vielversprechendste Stürmer der Liga, auch wenn er damals noch wenig ins Netz traf. Mittlerweile hat er auch richtig zu skoren begonnen – mit bereits 14 Liga-Treffern im Kalenderjahr 2023.

Mit Stevanovic ein etwas anderes Spiel

Wenn Miroslav Stevanovic auf dem Platz ist, wie gegen ein eher tief stehendes GC beim Ligaauftakt, kombiniert Servette über die rechte Seite weiterhin gerne mal bis auf Strafraumhöhe. Die gegen Genk beginnenden Flügel Antunes und Kutesa oder auch der eingewechselte Fofana ziehen hingegen viel eher von der Seite auf direktem Weg Richtung Tor. Im Zentrum ist die Aufgabenverteilung zwischen Spielmacher Cognat (einem der besten Spieler der Super League) und dem absichernden Douline klar. Der von Coach Weiler von den Kashima Antlers „mitgenommene“ Rechtsverteidiger Tsunemoto hat sich auf dem Platz bereits gut eingelebt. Links spielte gegen Genk Neuverpflichtung Mazikou. Gegen den FCZ könnte hingegen wie schon im Duell mit GC wieder Guadeloupe-Nationalspieler Anthony Baron zum Zuge kommen, der sich letzte Saison sehr gut entwickelt hat. Eigengewächs Nicolas Vouilloz gehörte an der U21-EM zu den wenigen „Gewinnern“ im Schweizer Team, hat aber wohl wie viele andere U21-EM-Fahrer (Krasniqi, Amenda, Jashari,…) noch etwas Trainingsrückstand und kommt bisher erstmal nicht in der Startformation zum Zug,

Die grosse Frage vor dem Spiel: bringt René Weiler seine Stammelf – oder rotiert er? Wie gegen Genk nach den Einwechslungen ersichtlich war, besteht zwischen den Stammkräften Douline / Bedia und ihren Ersatzleuten Ondoua / Rodelin aktuell ein relativ grosser Unterschied. Auf anderen Positionen ist die Differenz kleiner. Fofana beispielsweise ist (zumindest als Joker) eher noch ein Upgrade zur Stammkraft Kutesa. Rückkehrer Guillemenot hakt auch im Servette-Dress weiterhin gerne mit dem Fuss beim Gegenspieler ein und fliegt dann im Salto durch die Luft.

Daprelà fit für die Startformation?

Beim FCZ ist fraglich, ob es Fabio Daprelà nach seiner verletzungsbedingten Auswechslung bereits wieder für einen Starteinsatz reicht, oder ob er erstmal auf der Bank Platz nimmt. Gegen Yverdon war die Besetzung mit Afriyie auf der Mittelstürmerposition zu Beginn nicht ideal. Er hat sich zwar im Verlauf der Partie gesteigert, aber mit dem Duo Rouiller / Severin wartet im Stade de Genève ein anderes Kaliber. Bo Henriksen könnte sich daher für Bledian Krasniqi in der Startformation entscheiden. Falls für Avdijaj ein Einsatz nicht möglich sein sollte, könnte Nils Reichmuth ins Matchkader rücken.

6. Rang getippt, Marc Schneider Sportchef-Favorit – Resultate Züri Live-Leserumfrage zum Saisonstart

Die Resultate der Züri Live-Leserumfrage zum Saisonstart 23/24 sind da! Die Unterstützung durch die Fans wurde von den Umfrage-Teilnehmern als das grösste Highlight der Saison 22/23 empfunden. An zweiter Stelle wurden die Europacup-Reisen genannt, gefolgt von der positiven Derby-Bilanz. Ebenfalls noch relativ häufig erwähnt wurde der Meistertitel der FCZ Frauen im Final gegen Servette Chênois zum Ende der Spielzeit. Von den FCZ-Toren war hingegen insgesamt kaum jemand begeistert.

Highlight der Saison 22/23

Der schönste FCZ-Treffer der abgelaufenen Saison war für eine knappe absolute Mehrheit der 1:2-Anschlusstreffer von Roko Simic in Luzern am 21. Januar 2023 mit dem 1:1-Ausgleichstreffer von Calixte „Junior“ Ligue am 5. März 2023 gegen Servette an zweiter Stelle. Die drei Treffer Jonathan Okitas, davon zwei am 11. September 2022 in Genf, folgen danach.

Schönstes Tor 22/23

In Sachen Schlussrangierung des FC Zürich am Ende der Saison 23/24 hat Rang 6 von den Züri Live-Lesern am meisten Stimmen erhalten. Mehr als die Hälfte sehen den FCZ zwischen dem 4. und 6. Rang, mehr als ein Viertel in der Relegation Group zwischen Rang 7 und 12. Nur rund 15% sehen den FC Zürich unter den Top 3. Sowohl an den Meistertitel wie auch an den Direktabstieg (Rang 12) glaubt so gut wie niemand. Bei der im Durchschnitt jüngeren (und etwas euphorischeren) Community auf Instagram tippten 49% auf Rang 4-6, 39% auf Rang 1-3, 10% auf Rang 7-9 und 2% auf Rang 10-12.

Züri LIve-Lesertipp Schlussrangierung FCZ 23/24

Trotz kritischer medialer Berichterstattung in den letzten Wochen sowohl zum Trainer als auch zur Vereinsleitung und der Sportchef-Frage werden die jeweiligen Repräsentanten von den Züri Live-Lesern positiv bewertet. Fast die Hälfte gibt Marinko Jurendic die Note 6 oder 7 auf einer Skala von 1-10 (in den Züri Live-Bewertungen steht „5“ jeweils für „genügend“). Mehr als drei Viertel liegen im Range von Note 6 bis 8 – weniger als ein Viertel sieht die Sportchef-Performance im ungenügenden Bereich. Die Vereinsleitung wird im Median noch positiver gesehen. Der Schwerpunkt liegt bei Note 7. Knapp mehr als die Hälfte gibt eine Note im Bereich von Note 6 – 10, ein Drittel der Abstimmenden sieht die Vereinsleitung im ungenügenden Bereich. Die Meinungen sind hier also deutlich mehr gespalten, als bezüglich Sportchef. Eindeutig am besten in der Benotung schneidet der Trainer ab: die Hälfte der Leser geben Bo Henriksen eine Note zwischen 8 (am häufigsten) und 10, mehr als drei Viertel bewerten ihn mindestens mit einer „7“.

Ab 1. Oktober soll der FC Zürich einen neuen Sportchef haben. 37% der Züri Live-Leser sprechen sich dabei für den ehemaligen FCZ-Captain Marc Schneider aus, der zuletzt in Deutschland die SpVgg Greuther Fürth trainiert hat. An zweiter Stelle wird der ehemalige FCZ-Sportchef Fredy Bickel genannt. Bei den „Anderen“ frei genannten Kandidaten wurden Philippe Senderos, Andres Gerber, Blerim Dzemaili, Marco Schneuwly und Beni Huggel am meisten genannt. Im aktuellen Züri Live-Podcast spricht sich Talk-Gast Don Ursulo für eine langfristige Lösung mit „FCZ-Stallgeruch“ aus, beispielsweise Dani Gygax. Der Kandidat Nummer Zwei Fredy Bickel war vor Monaten selbst bei unserem Podcast als Talk-Gast dabei gewesen und hat seine lange und intensive Zeit beim FCZ Revue passieren lassen.

Leser-Favorit Marc Schneider (gestern 43 Jahre alt geworden) war vor ca. neun Jahren beim Europacup-Heimspiel gegen Apollon Limassol bei uns im Letzigrund zu Gast und sprach sowohl über die Vergangenheit beim FCZ als auch über seine sich damals im Anfangsstadium befindende Trainerkarriere:

Als besten Spieler der Saison 22/23 wählen die Züri Live-Leser mit 29% der Stimmen in dessen letzter Saison Blerim Dzemaili. Dieses Ergebnis steht im starken Kontrast zu den Spiel-Auswertungen auf Züri Live, die Ifeanyi Mathew als besten FCZ-Spieler 22/23 eruierten und in denen Dzemaili eher auf den hinteren Rängen landete. Respektable 24,2% der Leser-Stimmen erhielt der beste Torschütze Aiyegun Tosin – vor Captain Yanick Brecher mit 16,1%. Ifeanyi Mathew landete immerhin auf Rang 4 mit 9,5% der Stimmen.

Bester Spieler der Saison 22/23

Auch die Frage nach der besten Choreographie der Saison 22/23 stand im Zeichen von Blerim Dzemaili. 17’700 Zuschauer sahen im Letzigrund gegen Lugano dessen Abschied von der Fussballbühne und auch die Choreographie zu seinen Ehren. Vier der anderen zur Auswahl stehenden Choreos waren aber auch sehr beliebt – nur die glitzernde Glamour-Choreo zum Europa League-Start gegen Arsenal war für fast niemanden die Nummer 1.

Beste Choreo 22/23

Wer sind die Hoffnungsträger der neuen Saison? Bei der Frage nach dem Spieler, welcher 23/24 „explodieren“ wird, fallen am meisten Voten auf Donis Avdijaj, knapp vor Bledian Krasniqi und Calixte „Junior“ Ligue. Dieses Trio liegt deutlich vor allen anderen genannten Kandidaten.

Welcher Spieler „explodiert“ in der Saison 23/24?

Braucht es für eine erfolgreiche Saison weitere Neuverpflichtungen neben Fabio Daprelà und Arad Bar? Ja, die überwältigende Mehrheit der Abstimmenden will einen neuen Stürmer. Auf den anderen Positionen ist man hingegen zufrieden mit dem Kader.

Transferwünsche der Züri Live-Leser

In Sachen Auswärtsreisen freuen sich am meisten FCZ-Anhänger auf Winterthur, gefolgt von Yverdon (trotz Cup-Niederlage vor zwei Jahren), Basel und St. Gallen. Alle anderen Auswärtsdestinationen wecken deutlich weniger Begeisterung – vor allem Genf (ist gleich die erste Auswärtsreise kommenden Samstag) und Luzern.

Auf welche Auswärtsreise freust Du Dich am meisten?

Die Ticket- und Abopreise im Letzigrund findet eine Mehrheit okay, annahernd 30% empfinden sie hingegen „an der oberen Grenze“. Zu teuer sind sie für 5,8% der Abstimmenden.

Einschätzung der Ticket-/Abopreise

Wann das neue Fussballstadion in Zürich stehen wird, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Nur in einem sind sich fast alle einig: es wird kommen! 23,2% tippen auf eine Eröffnung im Jahr 2032, also in weniger als einem Jahrzehnt. Es ist sogar insgesamt eine Mehrheit, die davon ausgeht, dass das Stadion bis dahin steht. 20% rechnet mit einer Fertigstellung immerhin bis zum 200 Jahr-Jubiläum des FCZ im Jahr 2096, 16,2% gehen davon aus, dass das Bauvorhaben nie umgesetzt werden kann.

Liga-Vorschau: Das sind die 12 Teams der Super League 23/24 – Teil 3: Alternder Rockstar, Sandmännchen und Jungbrunnen

Grasshopper Club – Der alternde Rockstar

Leben von Nostalgie. Das aktuelle GC gleicht in vielerlei Beziehungen einem alternden Rockstar. Er profitiert immer noch etwas vom Namen, kann den ein oder anderen Gig in der Provinz spielen. Historische Rückblenden rücken ns Zentrum der Diskussionen. Und es findet sich immer wieder mal ein ehemaliges Bandmitglied, das einem unter die Arme greift. Sportchef Bernt Haas und Trainer Bruno Berner waren jung, als GC noch top war in der Schweiz – und ansatzweise sogar in Europa. Mit viel Enthusiasmus wollen sie ihren Beitrag leisten, dass GC wieder den Weg an die nationale Spitze findet. Der Enthusiasmus ist auch bitter nötig, denn mit dem aktuell kurz vor Meisterschaftsstart zur Verfügung stehenden Rumpfkader und geringen finanziellen Mitteln gehören die Hoppers ohne Zweifel zusammen mit Yverdon-Sport zu den ersten Abstiegskandidaten. Und sollten die chinesischen Besitzer auf die Idee kommen, den Klub zu verkaufen, ist es unwahrscheinlich, dass die nächsten Besitzer sich im gleichen Umfang engagieren werden. Letzte Saison hat bei den Zürchern im Team ganz offensichtlich alles gepasst. Der Teamgeist war gut und ebenso die Effizienz. Trainerfuchs Giorgio Contini wusste genau, auf welche Art und Weise man keine Gelegenheit auslässt, wie ein Eichhörnchen Punkte zu sammeln, die einem vom Gegner auf dem Serviertablett präsentiert werden. GC war stark bei Standards und Konterangriffen. Und man hatte mit Hayao Kawabe, Bendeguz Bolla, André Moreira und Dominik Schmid ein Quartett mit gehobener Qualität, welches aus einem Abstiegskandidaten sogar fast einen Europacupteilnehmer gemacht hat. Diese Leistungsträger sind nun alle weg. Dafür sind zwei Leihspieler von Wolverhampton Wanderers und die verletzungsanfälligen Pascal Schürpf und Michael Kempter gekommen. Mit welcher Formation Bruno Berner zum Auftakt gegen Servette beginnen wird, ist schwierig vorauszusagen. Es wird sicherlich der ein oder andere U21-Spieler auf dem Matchblatt aufgeführt sein. Mit Müh und Not wird Berner eine Viererabwehr zusammenbekommen, im Zentrum ist das Duo Abrashi / Ndenge wohl gesetzt und auf den restlichen Positionen gruppieren sich die anderen verfügbaren Spieler.

FC St. Gallen – Das Sandmännchen

Warum ist St. Gallen das Sandmännchen? Ist die Spielweise zum Einschlafen? Nein, im Gegenteil. Das Sandmännchen gilt als die weltweit längste TV-Serie. Die FCSG-Saga hat ebenfalls einen hohen Wiedererkennungswert. Sie startet Saison für Saison immer wieder mit denselben Figuren und der (fast) gleichen Story. Peter Zeidler beispielsweise darf nicht fehlen – er ist der mit Abstand dienstälteste Super League-Coach. Selbst bei den Akteuren auf dem Rasen gibt es Wiedervereinigungen wie in einer Soap Opera – so die Heimkehr Betim Fazlijis, der nach einem Jahr unter Seemännern und Piraten am Hamburger Hafen wieder zurück in der Ostschweiz ist. Jahrelang hatte St. Gallen die wohl kleinste Abwehr der Liga. Nun hat man trotz dem Abgang von Matej Maglica in die Bundesliga (Darmstadt) sich in der Abwehrreihe mit Körpergrösse und Physis verstärkt. Bei Standards wird dies dem FCSG vermutlich zugute kommen. Die Frage ist, ob mit den grossgewachsenen Verteidigern die Antrittsschnelligkeit noch gross genug ist, um die durch das St. Galler Pressing provozierten langen Bälle der Gegner frühzeitig abzulaufen. Aufgrund der grösseren Breite in der Hintermannschaft könnte Rückkehrer Fazliji im Mittelfeld zum Zug kommen. Vorne ist das Schicksal von Leihspieler Latte Lath noch nicht definitiv geklärt, tendenziell wird seine Zukunft aber eher nicht in der Ostschweiz liegen. Fabian Schubert konnte wieder die Vorbereitung mitmachen und kann nach seinem letztjährigen Schien- und Wadenbeinbruch wie ein Neuzugang gesehen werden. Peter Zeidler ist ständig dran, an Details der St. Galler Spielweise zu feilen – speziell in der letzten Saison war dies der Fall – und die Transfers deuten auf weitere Anpassungen hin. Die taktische Formation wird aber weiterhin vorwiegend der St. Galler Rhombus sein. In den Testspielen hat St. Gallen von allen Super League-isten mit einem 6:1-Sieg gegen Villarreal im Kybunpark für das herausragendste Resultat gesorgt.

FC Luzern – Der Jungbrunnen

Der FC Luzern hat mittlerweile ähnlich viele Spieler aus dem eigenen Nachwuchs in der 1. Mannschaft wie der FC Zürich. Mario Frick ist ein Trainer, der den Jungbrunnen der Innerschweiz nutzt und integriert. Ebenso positiv zu werten ist die klare Haltung in der Causa Ardon Jashari. Die Attraktivität des FCL für junge Talente wird durch Beispiele von Transfers direkt aus Luzern in eine Topliga stark gesteigert. Ganz abgesehen davon, dass auf diese Weise zusätzlich grössere Transfereinnahmen generiert werden können. Der Transfer von Ruben Vargas vor vier Jahren nach Augsburg war dafür ein Beispiel. Darian Males hingegen nicht, denn er spielte bei Inter im Serie A-Team keine Rolle. Es tut auch der Liga insgesamt sehr gut, wenn Klubs wie Luzern, Servette, Lugano, Lausanne-Sport, St. Gallen oder der FCZ ihre besten Spieler so lange wie möglich halten können und diese dann in eine Topliga wechseln – nicht liga-intern. Beim FCZ beispielsweise sind die positiven Auswirkungen des Gnonto-Wechsels direkt zu Leeds United im Juniorenbereich schnell zu spüren gewesen. Der FCL gilt zudem als Transfer-Sieger des Sommers. Auch wenn der Fokus dieser Einschätzung dabei auf den Stürmern liegt, ist das Team von Mario Frick vor allem in Mittelfeld und Viererabwehr breiter aufgestellt. Auf den Aussenverteidigerpositionen gibt es einen so harten Konkurrenzkampf, dass der vielversprechende Ruben Dantas nach Wil ausgeliehen werden musste. Im Mittelfeld wird Pius Dorn eine noch wichtigere Rolle einnehmen, Max Meyer könnte die Captain-Binde beflügeln und der während der letzten Saison verletzt gewesene technisch starke Jakub Kadak ist faktisch ein weiterer Neuzugang. Der spielintelligente Noah Rupp weckt zudem Hoffnungen. Der Jungbrunnen wird auf jeden Fall nicht so schnell austrocknen – auch die letztjährige Ausgabe der U16-Junioren hat den Schweizer Meistertitel geholt.

LIGA-VORSCHAU: DAS SIND DIE 12 TEAMS DER SUPER LEAGUE 23/24 – TEIL 1: ABENDSCHULE, DREIFELDERWIRTSCHAFT UND KRÖSUS
LIGA-VORSCHAU: DAS SIND DIE 12 TEAMS DER SUPER LEAGUE 23/24 – TEIL 2: MUSTERSCHÜLER, ÜBERRASCHUNGSGAST UND NOUVEAU RICHE

Liga-Vorschau: Das sind die 12 Teams der Super League 23/24 – Teil 2: Musterschüler, Überraschungsgast und Nouveau Riche

BSC Young Boys – Der Musterschüler

Meister YB ist ganz klar der Musterschüler der Liga. Glaubt man dem Medienecho, macht die Berner Vereinsführung alles richtig – was sicherlich nicht stimmt. YB hat in den letzten Jahren beispielsweise durchaus auch seine Fehltransfers gehabt: Marvin Spielmann, Frederik Sörensen, Jordan Lefort, Quentin Maceiras, Guillaume Faivre, Kevin Varga, Kevin Rüegg oder bisher auch Donat Rrudhani. Aber die Gelb-Schwarzen machen weniger falsch als Andere. Dass die Region Bern ein sehr sportbegeistertes Publikum hat, beweist seit vielen Jahrzehnten der in der Nachbarschaft im Norden der Bundesstadt beheimatete SC Bern mit seinen auch im internationalen Vergleich beachtlichen Zuschauerzahlen im Eishockey. Und dies trotz grosser Konkurrenz in unmittelbarer Nähe durch drei weitere NLA-Klubs: Gottéron, Biel und Langnau. Obwohl Zürich, Genf und Lausanne grösser als Bern sind, schaffen es diese Städte selbst im Erfolgsfall nicht, solche Zuschauermassen in die Stadien zu locken. Dieses deutlich grössere Einnahmenpotential ist der Hauptgrund, warum YB aktuell nur besser als der FCB arbeiten muss, um regelmässig Meister zu werden. In der Öffentlichkeitsarbeit steht der YB-Sportchef und ehemalige FCZ-Meisterspieler Steve Von Bergen mittlerweile stärker im Zentrum, als der vor Jahresfrist in den Verwaltungsrat aufgestiegene Christoph Spycher. Basierend auf der Vorbereitung wird Trainer Raphaël Wicky seinem Rhombus-System (4-1-2-1-2) wohl treu bleiben, wobei auf den 8er-Positionen wie schon letzte Saison häufig verkappte Stürmer wie Elia, Monteiro, Fassnacht oder Neuverpflichtung Males zum Einsatz kommen werden.

Yverdon-Sport – Der Überraschungsgast

Stade Lausanne-Ouchys Aufstieg war eine grosse Überraschung. Klubs wie Aarau oder Thun waren neben Lausanne-Sport die Aufstiegsfavoriten gewesen. Daneben hätte man sicherlich auch den letztjährigen Barrage-Teilnehmer Schaffhausen und Vaduz weiter oben erwartet. Trotzdem hatte „SLO“ viele Spieler mit Talent in seinen Reihen, bei denen im Optimalfall immer eine Leistungsexplosion möglich scheint. Akteure wie Okou, Ajdini, Bamba, Da Silva, Hadji, Abdallah, Danho, Mulaj oder Tsoungui. Der Aufstieg von Yverdon-Sport – und dies auch noch als Challenge League-Meister – war hingegen sensationell: im Tor der als „zu klein für Profi-Fussball“ abgestempelte Kevin Martin, Routinier Anthony Sauthier schien speziell in der Rückrunde konditionell nicht mehr ganz auf der Höhe zu sein und kämpfte sich durch, Sturmtank Brian Beyer (26) schnürte vor vier Jahren noch für den FC Bassecourt in der vierthöchsten Liga die Schuhe, genauso wie Néhemie Lusuena vor sechs bis acht Jahren – und zwar für Yverdon-Sport! Der mittlerweile 25-jährige Mittelfeldspieler hat in den letzten Saisons den ganzen Weg mit den drei Aufstiegen in die Promotion League, Challenge League und Super League erfolgreich mitgestaltet und gehört immer noch zum erweiterten Stammpersonal. Auch der durch den Corona-Virus „gestohlene“ sportlich eigentlich schon so gut wie sichere Challenge League-Aufstieg der Saison 19/20 konnten ihn und seine Teamkollegen nicht stoppen. Dabei hatten die Nord-Waadtländer die Konkurrenz mit dem Cup-Halbfinaleinzug 21/22 gegen den späteren Meister FCZ und Kantonskrösus Lausanne-Sport in Sachen Super League-Reife bereits etwas vorgewarnt gehabt. Es war für den FCZ eine von fünf Niederlagen bis zum Titel am 1. Mai 2022 gewesen. Der Seebacher Marco Schällibaum übernahm vom nach Bielefeld abgewanderten Brüttiseller Uli Forte Anfangs Saison und liess YS im 4-2-3-1 antreten. Zentrale Aufstiegshelden wie Hajrovic (zu Xamax), Kabacalman (Sion) oder Koné (Thun) sind mittlerweile aber nicht mehr dabei, Silva verletzt. Über die Testspiele Yverdons ist wenig bekannt, ausser dass sie mit einem Rumpfteam absolviert wurden. Die Neuverpflichtungen kamen erst spät am Neuenburgersee an. Die Hauptprobe gegen Sochaux wurde wegen des Zwangsabstiegs des Gegners kurzfristig abgesagt.

FC Winterthur – Der Nouveau Rîche

In der Challenge League hatte der FC Winterthur jahrelang immer eines der höchsten Budgets gehabt. Nach dem Aufstieg mussten die Eulachstädter dann aber erstmal den Kopf in den Nacken werfen, und mit einer weitgehend auf überdurchschnittlichen Challenge League-Spielern aufgebauten Mannschaft den Gegnern den Ball und das Spiel überlassen. Vor allem in den Direktduellen mit Sion, wo man auch etwas Wettkampfglück hatte, machte Winti mit Coach Bruno Berner den Klassenerhalt klar. Auf dem Transfermarkt machten Sportchef Oliver Kaiser und Co. diesen Sommer nun aber einen grossen Schritt. Aus einem Top-Challenge League-Team, das in der Super League mithalten konnte, wurde in wenigen Wochen ein solides Super League-Kader. Es ist aktuell das zweitälteste Kader der Liga. Eines mit zusammengezählt bereits 1’802 Super League-Partien auf dem Buckel. Das ist mehr als doppelt so viel, als dies beim GC-Kader, dem aktuell jüngsten der Liga, der Fall ist. Dort kommen nur Amir Abrashi (in jungen Jahren mit Zuffi und Sandro Lombardi Stammspieler im talentierten Winterthurer Dreiermittelfeld) und Pascal Schürpf auf mehr als 50 Super League-Partien. Bei Winterthur trifft dies mit Silvan Sidler, Roy Gelmi, Yannick Schmid, Basil Stillhart, Roman Buess, Cico Rodriguez, Matteo Di Giusto, Samir Ramizi, Luca Zuffi, Musa Araz und Thibault Corbaz auf elf Spieler zu! Finanziell ist Winterthur mittlerweile auf Augenhöhe mit dem Rekordmeister. Nur dank Zuschüssen der chinesischen Besitzer lag GC letzte Saison bezüglich Budget überhaupt noch im unteren Mittelfeld, und nicht am Scnwanz der Liga. Bei den Einnahmen (GC: ca. 8 Mio) hat Winterthur den Kantonsrivalen mittlerweile wohl bereits überholt. Und da die GC-Besitzer ihre Beiträge allem Anschein nach in der neuen Saison deutlich reduzieren, ist die Differenz auch beim Gesamtbudget nicht mehr gross. Man beginnt beim FCW nun auch wieder Ablösesummen zu bezahlen. Eine wesentliche finanzielle Differenz zwischen GC und Winterthur existiert heute wohl nur noch bei den Frauen-Teams, wo sich GC dank lokalen Sponsoren wie Heinz Spross die Verpflichtung von Spitzenspielerinnen noch leisten kann. Die sechstgrösste Stadt der Schweiz ist nach dem Klassenerhalt von letzter Saison endlich richtig in der Super League angekommen. Auch neben dem Platz herrscht ein neureiches Flair. Die Schützenwiese wird ausgebaut und ist zum Promi-Treffpunkt geworden. Der neue Trainer Patrick Rahmen ist ein Freund der Viererkette und speziell des „Basler“ 4-2-3-1. Allerdings würde auch ein Rhombus-System gut zur aktuellen Winterthurer Mannschaft passen. Vor allem die Rückkehr Luca Zuffis ist eine emotionale Geschichte. Vater Assistenztrainer, Sohn Spieler: im Normalfall eine schwierige Konstellation für ein Team – ausser es handelt sich um die äusserst bescheiden und zurückhaltend auftretenden Dario und Luca Zuffi.

LIGA-VORSCHAU: DAS SIND DIE 12 TEAMS DER SUPER LEAGUE 23/24 – TEIL 1: ABENDSCHULE, DREIFELDERWIRTSCHAFT UND KRÖSUS

Liga-Vorschau: Das sind die 12 Teams der Super League 23/24 – Teil 1: abendschule, Dreifelderwirtschaft und Krösus

Stade Lausanne-Ouchy – Die Minerva-Abendschule

Die zahlreichen internationalen Schulen in der Genferseeregion waren ein wichtiger Grund dafür, dass sich der Fussball in der Gründerzeit dort früh festsetzte und schnell ausbreitete. La Villa Ouchy gehörte zu den Gründern des Schweizerischen Fussballverbandes und ist ein Vorgängerverein von Stade Lausanne-Ouchy. Seit der Gründung dem Amateur-Ethos verpflichtet, verbrachte man dementsprechend lange Zeit in den Niederungen des Amateurfussballs. Die Fusion mit Stade Lausanne im Jahre 2001 läutete eine ambitioniertere Phase der Vereinsgeschichte ein. Man wurde Schritt für Schritt zum Spitzenamateurverein mit einer grossen Juniorenabteilung – und die Nummer 2 der Stadt. Der Mathematiklehrer Andrea Binotto wurde im Sommer 2012 Trainer der Waadtländer und begann seine Zeit mit einer 0:3-Niederlage gegen Perly-Certoux in der 2. Liga Interregional. Eines seiner letzten Resultate acht Jahre später war ein 4:1-Heimsieg gegen GC in der Challenge League. In dieser Zeit machte es das Binotto-Team dem FCZ in Cup-Duellen im Quartier Vidy am See zwei Mal nicht einfach. Auf dem Weg zum Cuptitel 2014 trat der FCZ gegen den damaligen Fünftligisten (2. Liga Interregional) etwas überheblich auf und konnte nach 1:2-Rückstand in der 86. Minute durch einen Treffer Franck Etoundis zum 3:2 gerade noch den Kopf aus der Schlinge ziehen. Im Oktober 2017 agierte man gegen den nun in der dritthöchsten Liga (Promotion League) spielenden Gegner beim Début von Stephen Odey fokussierter und gewann 4:1. Cédric Brunner war der Züri Live-MVP und wiederum bedeutete Gegner SLO ein gutes Omen für den FCZ auf dem Weg zu einem weiteren Cup-Titel. Der heutige SLO-Captain Lavdrim Hajrulahu war damals bereits mit dabei.

Die heute in der altehrwürdigen Pontaise ihre Heimspiele bestreitenden Lausanner können als die „Minerva-Abendschule“ der Liga bezeichnet werden. Der Hauptharst der Mannschaft besteht aus 20-24-jährigen ehemaligen guten Talenten aus der Schweiz und Frankreich, die auf dem „Ersten Bildungsweg“ den Sprung in den Profifussball nicht geschafft haben. Häufiger Grund: fehlender hundertprozentiger Fokus auf den Fussball in Teenager-Jahren. Bei SLO erhalten sie auf dem „Zweiten Bildungsweg“ nochmal eine Chance ihr Talent doch noch zum Erblühen zu bringen. Ein erfolgreiches Beispiel eines SLO-Abendschule-Absolventen ist Zeki Amdouni, der sich davor bei Servette im Nachwuchs nicht durchgesetzt hatte. Heutige Beispiele sind Bamba, Mulaj, Ajdini, der sehr interessante Danho oder Camara. Mit dem Aufstieg in die Challenge League vor vier Jahren stand Stade Lausanne-Ouchy erstaunlicherweise gleichzeitig vor dem Konkurs. Der Besitzer von Stade Nyonnais, Vartan Sirmakes, rettete den Verein. Das Budget ist auch wegen tiefer Zuschauerzahlen für Super League-Verhältnisse gering. Der in der Uhrenindustrie engagierte Sirmakes steckt keine Riesensummen in den Verein, aber er hilft, wenn Not am Mann ist. Die Mannschaft war in der abgelaufenen Challenge League-Saison fussballerisch aber sicherlich talentierter, als diejenige des Mitaufsteigers Yverdon-Sport. Das Team von Anthony Braizat wird vermutlich weiterhin mit Viererabwehr auflaufen – und meist mit drei Zentralen Mittelfeldspielern, sei es in einer 4-3-3 oder einer 4-2-3-1 Formation.

FC Zürich – Die Dreifelderwirtschaft

Da sich der FCZ keine Super League-Topspieler leisten kann, die sofort „einschlagen“, arbeitet er mit Fussballern aus dem eigenen Stall und aus fremden Ställen, die ein paar Jahre benötigen, um richtig zu gedeihen. Manchmal liegt ein Spieler zwischendurch auch mal scheinbar eine Saison lang „brach“, bis er in der darauffolgenden Spielzeit zum Erblühen kommt – wie in der mittelalterlichen Dreifelderwirtschaft. Ein grosser Teil des Kaders hat den Weg in die 1. Mannschaft des FCZ über die Challenge League gefunden. Der FCZ konnte in diesem Sommer das Team weitgehend zusammenhalten und hat daher verschiedene Spieler in seinen Reihen, die in der kommenden Saison einen Schritt nach vorne machen können. Gerade im Sturm gibt es mit Tosin, Avdijaj, Okita, Ligue, Rohner, Bajrami, Nils Reichmuth oder Afriyie viele Kandidaten mit Potential. Der FCZ wird je nach zur Verfügung stehendem Personal im 3-4-3, 3-4-1-2 oder 3-4-2-1 antreten und wohl wie letzte Saison gegen alle Gegner ausser YB und dem FCB relativ hoch stehen und das Spiel bestimmen wollen. Condé und Mathew ergänzen sich im Zentrum gut und erinnern etwas an das Duo Dzemaili / Inler – mit Condé in der Rolle des „wilden“ Dzemaili und Mathew als spielintelligenter „Inler“.

FC Basel – Der Krösus

Man mag es kaum glauben: immerhin nun bereits sechs Jahre ist es her seit dem letzten Meistertitel des FC Basel – vier Zweite Plätze, ein Dritter Rang und zuletzt die fünftbeste Platzierung resultierten aus den Bemühungen auf dem Platz. In Medienberichten war in dieser Zeit im Zusammenhang mit dem FCB viel von „strukturellem Defizit“ und „fehlendem Geld“ die Rede. Zuletzt erweckte die Berichterstattung rund um den Transfer von Darian Males den Eindruck, als habe Meister YB den Baslern auch finanziell den Rang abgelaufen und spiele eine Liga höher. Dies ist aber überhaupt nicht der Fall! Die Bebbi sind auch sechs Jahre nach der sportlichen Wachablösung immer noch der Krösus der Liga. Krösus war ein frühantiker König, der im ganzen Mittelmeerraum für seinen Reichtum und seine Ausgabefreudigkeit bekannt war. 2022 betrugen die betrieblichen Ausgaben des FC Basel mehr als 60 Millionen Franken. Zum Vergleich: Lugano gab rund 20 Mio aus. GC, Luzern, Servette, Sion und der FCZ lagen bei rund 25 Mio, St. Gallen bei 30 Mio – und YB bei… 50 Mio – also zehn Millionen weniger als Rotblau! Und damit sind die mit 13,5 Mio höchsten Transferausgaben der Liga beim FCB noch gar nicht mit eingerechnet. Die Gesamtausgaben des FC Basel im Jahr 2022 beliefen sich somit also auf 74 Mio Franken. Auch im Jahr davor hatte der FCB deutlich höhere betriebliche Ausgaben als YB und obendrein von allen Super League-Isten mit 14 Mio Franken mit Abstand am meisten Geld für Transfers ausgegeben.

Die Rotblauen horten grosse Talente aus der Schweiz und aus den Topligen – und lassen die Hälfte davon dann nicht spielen. Und das Ende der Ausgabenfreudigkeit ist nicht in Sicht. im Jahr 2023 hat der FCB bisher bereits 17,5 Mio für neue Transfers ausgegeben! YB seinerseits hat im Vergleich dazu erst rund 4 Mio für neue Transfers investiert, davon die Hälfte für Darian Males. Basel hätte sich Males also ohne Probleme leisten können. Sie hatten ganz einfach andere Prioritäten und haben sich unter anderem für Jonathan Dubasin (3 Mio) und Thierno Barry (3 Mio) entschieden. Der Unterschied zwischen dem FCB und YB besteht darin, dass der FCB alle Einnahmen gleich wieder ausgibt. Es ist ein ständiger Seiltanz, wie beim FCZ und vielen anderen Super League-Klubs auch – einfach in deutlich grösserer Höhe. YB hingegen verhält sich finanziell disziplinierter, legt einen Teil seiner Einnahmen als Reserve auf die hohe Kante und kann sich so langfristig nachhaltig entwickeln. Taktisch scheint sich beim FC Basel diesen Sommer hingegen eine kleine Revolution anzubahnen. Die Rotblauen waren in der Schweiz der Inbegriff des 4-2-3-1, mit dem sie seit den Zeiten des Duos Robben / Ribery jahrelang dem deutschen „FCB“ aus München nacheiferten. Man baute wie die Bayern bis zur Ankunft von Pep Guardiola auf eine zahlenmässig starke defensive Absicherung – und nach vorne sollte die Qualität der Offensivflügel in Eins-gegen-Eins Situationen für den Unterschied sorgen. Typischerweise liess man dabei jeweils einen Linksfuss auf dem rechten und einen Rechtsfuss auf dem linken Flügel auflaufen. Trotz der Bayern-Vergangenheit von Sportchef Heiko Vogel: der FCB wird wohl erstmals seit vielen Jahren nicht mehr im 4-2-3-1 antreten. In der Vorbereitung wurde zuerst mit Dreierabwehr (3-4-3, 3-4-2-1) und gegen Benfica im 4-3-3 gespielt. Letzteres würde gut zur mittlerweile grossen holländisch/spanischen Fraktion (Comas, Van Breemen, Lopez, Burger, Dubasin) passen. Nach einer langen Flaute drängt nun der ein oder andere Nachwuchsspieler wieder etwas überzeugender als zuletzt Richtung 1. Mannschaft. Im Test gegen Benfica konnten Zé Junior, Leon Avdullahu oder der aus dem Hertha- / RB Leipzig-Nachwuchs stammende Adriano Onyegbule Duftmarken setzen. Das Gleiche machte Linksverteidiger Riccardo Calafiori auf seine Weise, indem er es selbst in einem Freundschaftsspiel schaffte, 80% des Stadions gegen sich aufzubringen.

FCZ Sommer-Fazit: Nils Reichmuth überzeugt, gutes Bar-Début, Katic weiterhin Schwachpunkt

In den letzten Jahren hat wohl noch nie ein FCZ-Trainer so stark auf Kontinuität gesetzt, wie Bo Henriksen – selbst André Breitenreiter nicht. Dieser Eindruck deutete sich bereits letzte Saison an und verstärkte sich in der Sommervorbereitung noch weiter. Weder personell, noch bezüglich Spielformation noch von der Spielweise her gibt es Experimente. Henriksen und die sportliche Führung insgesamt setzt darauf, dass die einzelnen Spieler und das Team als Ganzes sich in der anstehenden Saison weiterentwickeln und zusammenwachsen. Super League-Klubs sind mit Ausnahme von YB und FCB kaum je in der Lage, Spieler für die 1. Mannschaft verpflichten oder heranziehen zu können, die sofort „einschlagen“. Jeder neue Spieler bringt normalerweise gewisse Mankos mit: noch nicht ganz reif für die Liga, schlechte Statistiken, länger verletzt gewesen oder zuletzt in einer tiefer einzuschätzenden Liga gespielt. Wenn man die richtige Wahl trifft, kann so ein Spieler dann aber in der dritten oder vierten Saison, manchmal auch schon in der zweiten aufblühen. Der FCZ hat viele Spieler im Kader, deren Entwicklungspotential noch nicht ausgeschöpft ist oder die bisher noch nicht ihr wahres Gesicht gezeigt haben.

Aliti, Krasniqi, Bar mit „Nationalmannschafts-Handicap“

Der FCZ betont in seinen eigenen Publikationen die resultatmässig erfolgreiche Testspielserie (fünf Siege in fünf Spielen). Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass die Resultate ausschliesslich gegen unterklassige Teams zustande gekommen sind. Selbst bei den Zweitligisten Schaffhausen und Greuther Fürth standen zu den Zeitpunkten, als der FCZ den jeweiligen Sieg klar gemacht hat, einige äusserst unerfahrene Junioren auf dem Platz. Die Wahl der Testgegner muss trotzdem nicht falsch gewesen sein. Die graduelle Steigerung der Stärke der Gegner von Spiel zu Spiel entspricht dem jeweiligen Vorbereitungsstand. Es lassen sich so die im Training eingeübten Inhalte einfacher im Spiel umsetzen. Zu starke Gegner, speziell zu Beginn der Vorbereitung, bergen die Gefahr, dass man zu früh in den Kampf- und Wettkampfmodus gerät – und dabei die Inhalte zu kurz kommen. Letztendlich haben Testspielgegner und – resultate sowieso noch nie etwas über den Erfolg oder Misserfolg beim Saisonstart ausgesagt.

Auf individueller Ebene haben Testspiele hingegen durchaus eine gewisse Aussagekraft. Berücksichtigt werden muss dabei allerdings der unterschiedliche Vorbereitungsstand. Die in den Nationalteams engagierten Kaderspieler sind erst später dazugestossen und haben dementsprechend ein Handicap. Dies kann dem Einen oder Anderen den Platz in der Startformation zum Saisonstart kosten. Vor allem bei Fidan Aliti oder Bledian Krasniqi ist dies relevant, aber natürlich auch bei Neuverpflichtung Arad Bar, der erst im letzten Test gegen die SpVgg Greuther Fürth sein Début im FCZ-Trikot gefeiert hat. Tosin ist davon vermutlich weniger stark betroffen, da seine Position in der Hierarchie der Stammformation gesicherter ist. Die sich grundsätzlich auf dem Sprung in die Super League befindlichen Stürmer Calixte Ligue und Labinot Bajrami kamen den ganzen Juni lang noch in den U18-Playoffs und nun dafür in der Vorbereitung der 1. Mannschaft nicht zum Einsatz – Ligue war (genauso wie Innenverteidiger Kryeziu) beim letzten Test gegen Greuther Fürth angeschlagen, Bajrami zusammen mit Stephan Seiler zudem ebenfalls auf der Tribüne.

Arad Bar überzeugt beim ersten Auftritt

Der FCZ agierte wie schon letzte Saison meist unter Trainer Henriksen (mit Ausnahme von einzelnen Partien gegen den FCB oder YB) ausgerichtet auf Ballbesitz und soweit es die Temperaturen zuliessen auch so häufig wie möglich hochstehend. Dabei offenbarten sich selbst gegen schwächere Gegner einmal mehr die grossen Schwächen der Dreierkette, wenn die Mannschaft hoch steht. Nikola Katic ist wie über weite Strecken der Rückrunde weiterhin der grosse Schwachpunkt – sehr langsam, fällt häufig falsche Entscheidungen, überschätzt sich, spielt viele Fehlpässe – nicht selten im eigenen Strafraum – und gibt dann wahlweise dem Platz, dem Schiedsrichter oder den Mitspielern die Schuld dafür. Lindrit Kamberi, Fabio Daprelà oder Fidan Aliti sind alle ebenfalls keine Sprintraketen. Mit einfachen hohen Bällen hinter die Zürcher Abwehr wird es so tendenziell jedes Mal sehr gefährlich. Mit Daprelà hat der FCZ einen weiteren Linksfuss verpflichtet, der deutlich mehr Ruhe und Sicherheit ausstrahlt, als Katic, vorläufig aber wohl auf der halblinken Position (für Aliti) zum Einsatz kommen wird. Die Rückkehr von Mirlind Kryeziu auf die zentrale Innenverteidigerposition (mit Daprelà als Alternative) an Stelle von Katic, würde der Zürcher Hintermannschaft mehr Stabilität und Sicherheit verleihen. Auf der rechten Innenverteidigerposition machte nicht nur in dieser Vorbereitung, sondern auch schon zuvor Daniel Denoon (U21) den sichereren und reiferen Eindruck als der vom FC Wil zurückgeholte Silvan Wallner – Physis und Speed bringt er ebenfalls mit.

Arad Bar vor der ersten Einwechslung im FCZ-Trikot mit der Nummer 8

Der vom israelischen Zweitligisten Maccabi Petah Tikva verpflichtete Arad Bar hat bei seinem ersten Einsatz gegen Greuther Fürth gleich mal gezeigt, was er drauf hat. Auf seiner angestammten Position im Zentralen Mittelfeld hat sich zwar mittlerweile das Duo Condé / Mathew ziemlich gut eingespielt, der israelische U21-Nationalspieler steht aber sicherlich als offensivere Variante zu Beginn schon für Teileinsätze zur Verfügung und hat sich mit seinem Drive und starken Flanken, obwohl er Rechtsfüsser ist, gleich auch noch als erste Alternative für Adrian Guerrero auf der linken Seite empfohlen – noch vor den ebenfalls auf dieser Position getesteten Fischer und Guzzo.

Ohne Marchesano im Dreimann-Sturm

Coach Bo Henriksen liess in jedem der fünf Vorbereitungspartien mit Dreierabwehr und fast durchgehend mit flachem Vierermittelfeld spielen. Die Formation der drei Forwards änderte sich hingegen. Gegen Kreuzlingen spielte man in der 1. Halbzeit noch mit nur einem 6-er (Hanke) und den beiden 8-ern Nils Reichmuth und Seiler hinter dem Zweimannsturm Rohner / Okita. In der 2. Halbzeit war es dann bereits die Formation mit den zwei 6-ern Condé / Mathew und davor den beiden Reichmuth-Brüdern auf der Doppel-10 hinter der einzigen Spitze Marchesano. Gegen Dietikon bildete bis zum verletzungsbedingten Ausfall Marchesanos der Tessiner die Doppel-10 mit MIguel Reichmuth und wurde dann durch Fischer ersetzt. Nils Reichmuth ersetzte seinen Bruder Miguel zur Pause. Einzige Sturmspitze war erst Okita und dann Avdijaj.

Gegen Rapperswil-Jona begann man dann erstmals mit einem klassischen Dreimann-Sturm mit Linksfuss Nils Reichmuth auf dem rechten und Rechtsfuss Okita auf dem linken Flügel – mit Donis Avdijaj in der Mitte. Nach den Wechseln spielte Hanke auf der Zehn hinter dem Zweimannsturm Santini / Nils Reichmuth. Gegen Schaffhausen begann der Dreimannsturm Rohner / Avdijaj / Okita, der sich im Verlaufe der Partie durch Wechsel zum Trio Nils Reichmuth / Santini / Afriyie wandelte. Gegen Greuther Fürth blieb Henriksen beim Dreimannsturm und begann mit Rohner / Tosin / Okita. Nach einer Stunde ersetzte Afriyie Tosin in der zentralen Sturmposition. Nach 75 Minuten wurden auch Rohner und Okita ausgewechselt. Nun lautete das Sturmtrio Nils Reichmuth / Afriyie / Avdijaj. Für das letzte Spielviertel kam dann auch noch Santini rein, Afriyie rückte auf den Flügel und Nils Reichmuth auf die Doppel-6. Damit beendete man die Testspielreihe mit dem Sturmtrio Afriyie / Santini / Avdijaj.

Reichmuth & Reichmuth: FCZ geht mit Brüderpaar in die Saison

Was auffällt: die Art und Weise wie die vordersten drei Spieler formiert wurden, war in erster Linie abhängig vom vorhandenen Personal. Zu Beginn der Vorbereitung stand kein einziger klassischer Mittelstürmer zur Verfügung. Ab der zweiten Partie mit dem verletzungsbedingten Ausfall Antonio Marchesanos zeichnete sich mit der Zeit dann immer mehr der klassische Dreimannsturm als aktuelle Lösung ab. Ivan Santini und der junge Labinot Bajrami sind typische Mittelstürmer. Der Grossteil der Zürcher Forwards ist vorne hingegen flexibel einsetzbar. Avdijaj, Rohner, Afriyie, Ligue, Okita und Tosin haben alle schon viele Spiele sowohl auf der Flügelposition wie auch im Sturmzentrum gemacht. Man kann im Gegensatz zur Situation vor ein paar Jahren heute wahrlich nicht davon sprechen, dass der FCZ zu wenig Stürmer hätte. Zudem ist eine grosse Diversität von unterschiedlichen Stürmertypen vorhanden. Nils Reichmuths ideale Position ist auf der Zehn oder als hängende Spitze – er wurde in der Vorbereitung aber auch als Rechter Flügel eingesetzt. Letztendlich hat nicht zuletzt der neue Champions League-Sieger das Stereotyp vom zwingenden Profil des blitzschnellen Offensivflügels etwas ins Wanken gebracht. Auch technisch starke „Zehner“-Typen können auf dem Flügel ihre Wirkung gut entfalten.

Mehr als acht Jahre ist es her, als mit den Verteidigern Raphaël und Philippe Koch letztmals ein Brüderpaar im Kader der 1. Mannschaft stand. Jetzt ist es mit den Mittelfeldspielern Nils (21) und Miguel (19) Reichmuth wieder soweit. Zumindest vorerst: denn eine Leihe speziell von Miguel ist denkbar. Beide haben ihre Qualitäten eher im technischen Bereich. Rechtsfuss Miguel zeigte in den Testspielen ordentlich bis gute Leistungen. Linksfuss Nils ist torgefährlicher, und bringt mit den zwei Challenge League-Jahren in Wil mehr Erfahrung mit. Er hat in dieser Sommervorbereitung am meisten gespielt, und liegt zudem bei den Torvorlagen vorne. Mittlerweile ist Nils noch etwas zielstrebiger geworden und bringt auch eine gewisse für die Super League notwendige Pace mit, so dass er als der wohl grösste Gewinner der Sommer-Testspielserie bezeichnet werden kann. Letztendlich zählt aber Sonntag 23. Juli, 16:30 gegen Yverdon-Sport im Letzigrund!

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