Nach dem Schlusspfiff wunderten sich die Genfer Journalisten über ihr Heimteam: «Die haben so schlecht trainiert, und spielen dann plötzlich so gut», hiess es. Die Erwartungshaltung war vor der Partie tief gewesen. Im Vergleich zur ersten Begegnung im November, als die Haupttribüne voll war, kam gleich ein Mehrfaches weniger Zuschauer ins Stadion, nur 2’600. «Die Genfer sind noch nicht im Fussballfieber», meinte Servette-Medienchef Didier Rieder lakonisch dazu. Das wird sich nach dem heutigen Spiel vielleicht ändern.

Servette hatte also offenbar «schlecht trainiert» und dazu eine wenig erbauliche Testspielphase erlebt – zwei Partien wurden abgesagt, und darauf folgten eine 1:2-Niederlage gegen Ruch Chorzow, ein 1:5 gegen Thun und am Ende noch ein 1:0-Sieg gegen Etoile Carouge. Der FCZ auf der anderen Seite hatte von sechs Partien fünf gewonnen und phasenweise geglänzt, vor allem gegen Dinamo Bukarest und den FC St.Gallen.

Die Präsenz war beim FCZ vor allem in der 1.Halbzeit da. Über weite Strecken wurde das Spieldiktat übernommen, um jeden Ball gekämpft und nach vorne ein paar sehr gute Direktkombinationen konstruiert. Negativ war aber, dass daraus diesmal zu wenig echte Torchancen resultierten. Und die eine Grosschance wurde von Dzengis Cavusevic wegen eines einfachen technischen Fehlers nicht verwertet. Der Slowene schaffte es nicht, mit Ball am Fuss eine 90 Grad-Drehung zu vollziehen. Cavusevic machte das richtige, aber nicht richtig. Das Leder wurde von Jérémy Faug-Porret am Boden mit dem Oberarm gespielt. Dahinter wäre das Tor leer gewesen. Und es hätte Penalty geben müssen.

«Der unbedingte Wille, das Tor zu erzielen, war nicht da», meinte danach der Sportliche Leiter Thomas Bickel im Interview mit Züri Live nicht nur in Bezug auf Cavusevic. Der Slowene hatte in der Wintervorbereitung drei Tore erzielt, und dabei einen bisher ungewohnt klaren Killerinstinkt gezeigt.

Nach dem Pausentee kam Servette besser aus der Kabine. Der FCZ begann das Spiel mehr und mehr aus der Hand zu geben, und in der 65. Minute fanden die Grenats dann das, was ihnen in den ersten beiden Saisonbegegnungen gegen den FCZ gefehlt hatte: das Wettkampfglück. Nach einem Jonglier-Doppelpass mit Matias Vitkieviez erzielte Anthony Sauthier mit einer Direktabnahme aus 25 Metern ein absolutes Traumtor. Der Ball senkte sich im Hohen Bogen über Torhüter Vanins in die entfernte linke Ecke und war gleichzeitig scharf. Keine Chance für Andris Vanins, der nur noch mit der Schulter zucken konnte. Daniel Visentini schrieb danach in der «Tribune de Genève» zu Recht: «Hätte Cristiano Ronaldo solch ein Tor erzielt, es würde in der Folge wochenlang auf allen Kanälen rauf- und runtergespielt». Ohne wirklich eine Torchance gehabt zu haben, führte Servette mit 1:0.

Der FCZ wollte nun zu viel, spielte zu hektisch und übermotiviert. Anstatt zu versuchen, den guten Faden der 1. Halbzeit wieder aufzunehmen, zerbröselte das Spiel an der übertriebenen Erwartungshaltung an sich selbst. Wer nicht Real Madrid oder Barcelona heisst, der muss klugerweise bei gewissen Spielverläufen auch erst mal mit einem Unentschieden zufrieden sein und geduldig, bis zur letzten Minute versuchen, doch noch die entscheidende Torchance zu kreieren. Stattdessen wurde im Zweifelsfall der Ball hoch in den gegnerischen Strafraum geschlagen, wo Servettes am Boden nicht immer über alle Zweifel erhabener Torhüter Jérémy Frick den Luftraum sicher beherrschte. Wegen der schnellen Ballverluste wurden beim FCZ viele überflüssige und kraftraubende Laufwege nötig.

Der Realismus wäre angebracht gewesen vor allem auch aufgrund eines Gegners mit einer sehr guten Leistung. Die Servettiens waren bei den ersten beiden Saisonbegegnungen, wo sie jeweils auch hätten in Führung gehen können, mit einem 0:3 und 0:4 schlecht bedient gewesen. Diesmal lief das Spiel unter anderem durch die vergebenen Topchancen von Cavusevic und Rodriguez für sie. Die Ambitionen der Genfer sind hoch. Spätestens nächste Saison soll der Aufstieg in die Super League her. Trotz gutem Vorsprung auf den Abstiegsplatz wurde beim Aufsteiger Trainer Anthony Braizat in der Winterpause durch Meho Kodro ersetzt.

Mit William Le Pogam in der ersten Elf, sowie Jean-Pierre Nsamé und Mirsad Hasanovic im 17-er Kader hatte Züri Live im Gegensatz zur SFL drei Servettiens ins Challenge League-Dream Team der Vorrunde gewählt. Gegen den FCZ zeigte sich vor allem das junge Zentrale Mittelfeld mit Mirsad Hasanovic (21) und Yassin Maouche (19) im Vergleich zur bereits sehr guten Vorrunde noch mal verbessert.

Alain Nef erzielte kurz vor Schluss per Kopf nach Freistossflanke von Marchesano den 1:2-Anschlusstreffer, und als Dwamena von zwei hektisch verteidigenden Servettiens knapp innerhalb des Strafraums von hinten überrannt und zu Boden gedrückt wurde, lag gar noch der Ausgleich in der Luft. Schiedsrichter Schnyder pfiff aber auch diesmal nicht. Nef war wie immer ein kämpferisches Vorbild, es unterlief ihm aber auch der Fehler, welcher zum Penalty und 0:2 führte. Nef schoss den ehemaligen Teamkollegen Alphonse an, von dem er am 13.Mai 2006 in der 30.Minute den Ball zugespielt erhalten hatte, um dann die Flanke auf Keita zum 1:0 zu schlagen. Nsamé lief in den Strafraum Richtung des freiligenden Balles und Vanins kam zu spät.

Bereits in der Schlussphase der Vorrunde liess der FCZ defensiv nach. Damals hatte Nef die Mannschaft beispielsweise in Chiasso und Winterthur fast im Alleingang aus dem möglichen Schlamassel gezogen. Diesmal gelang dies dem Geburtstagskind nicht mehr. Neben sich ein Umaru Bangura, der nach einem Schlag vor einer Woche gegen St.Gallen erst als angeschlagen gemeldet war, und seinen Partner in der Innenverteidigung entweder nicht unterstützen konnte oder wollte. Nef war überall anzutreffen, Bangura praktisch unsichtbar, abgesehen von der 72.Minute, als er sich beim Lattenschuss Vitkieviez’ von diesem etwas einfach überspielen liess.

Cédric Brunners Limiten wurden klar aufgezeigt, Nicolas Stettler kämpfte wie ein Berserker, aber meist unglücklich. Das Zentrale Mittelfeld bot ebenfalls zu wenig Schutz. Marchesanos Defensivschwäche ist bekannt. Er ist kein Yapi, der als «zwei-für-eins» sowohl magistrale lange Pässe spielen und gleichzeitig auch die wichtigen Defensivaufgaben gut wahrnehmen kann.  Daneben Burim Kukeli, der die Vorbereitung kaum mitmachen konnte und bei welchem schon vor einer Woche gegen St.Gallen ersichtlich war, dass er eigentlich noch nicht bereit für den Rückrundenstart ist. Im Nachhinein betrachtet kann man natürlich debattieren, ob es nicht erfolgsversprechender gewesen wäre, den jungen Kevin Rüegg ins kalte Wasser zu werfen. Buff, Rodriguez und Schönbächler waren bemüht, aber häufig einen halben Schritt zu spät. Und die eingewechselten Winter, Dwamena und Koné vermochten keine echten Akzente zu setzen.

Eine Niederlage musste mal kommen. Jetzt wo auch Hoffenheim verloren hat, gibt es wohl in ganz Europa kein ungeschlagenes Team mehr. Wie die Mannschaft nun darauf reagieren wird (wie ein «FCB der Challenge League», oder nicht…), wird entscheidend dafür sein, ob in der Rückrunde tatsächlich ein weiterer Schritt vorwärts gemacht werden kann.

Servette FC – FC Zürich 2:1 (0:0)

Tore: 65. Sauthier (Vitkieviez) 1:0, 83. Nsamé (Penalty, Nsamé) 2:0, 90. Nef (Marchesano) 2:1.

Servette: Frick; Sauthier, Mfuyi, Faug-Porret, Le Pogam; Hasanovic, Maouche (76. Doumbia); Vitkieviez, Alphonse (84. Fargues), Delley (68. Berisha); Nsamé.

FC Zürich: Vanins; Brunner, Nef, Bangura (78. Koné), Stettler; Schönbächler (61. Winter), Marchesano, Kukeli, Rodriguez; Buff, Cavusevic (61. Dwamena).

Der FCZ und Servette starten heute als die letzten beiden Mannschaften der Swiss Football League in die Rückrunde 2016/2017. Servette tritt zum grossen Traditionsduell mit einem neuen Trainer (Meho Kodro) und Mittelfeldspieler (der Kolumbianer Fabry) an. Der am Afrika Cup für Algerien im Einsatz gewesene Liassine Cadamuro ist gesperrt. Beim FCZ wird der neu verpflichtete Stürmer Raphael Dwamena noch nicht im Aufgebot stehen. „Dzenga“ Cavusevic hat sich aber zuletzt in sehr guter Form gezeigt, und Moussa Koné im Test von Rapperswil wieder getroffen.

Trotz mehreren verletzten und angeschlagenen Innenverteidigern stehen Mirlind Kryeziu oder Albin Sadrijaj nicht im Spieltagskader, dafür sind die polyvalenten Kevin Rüegg und Miro Muheim mit dabei. Die Voraussetzungen und die Stimmung beim FCZ sind fundamental anders, als vor Jahresfrist. Auch vor einem Jahr ging man in die Spiele, um sie zu gewinnen. Ehrlicherweise spielte dabei der Hoffnungsfaktor aber jeweils eine nicht unwesentliche Rolle. Die neue Mannschaft hingegen hat sich Vertrauen in die eigene Stärke erarbeitet.

Damals bestanden nach der Rückrundenvorbereitung viele Fragezeichen. Diesmal hat die Mannschaft in den Testspielen einen guten bis sehr guten Eindruck hinterlassen. Die Spielweise, das Konzept, die Hierarchien sind klar. Das Team will unbedingt aufsteigen. Das alleine ist es aber nicht. Das zweite Ziel lautet nämlich, dass man sich im Vergleich zur Vorrunde weiterentwickelt, und ein neues Level erklimmt. Dies sind nicht nur schöne Worte der Verantwortlichen. Die Lernwilligkeit, der Hunger und die Ambitionen sind tatsächlich auch in der Mannschaft zu spüren. Man will offensiv durchschlagskräftiger und defensiv solider werden.

Duelle zwischen dem FCZ und Servette haben eine lange und grosse Tradition. So war Servette beispielsweise der Gegner in den Cupfinals der beiden Double-Saisons 1966 und 1976. In den letzten drei Jahrzehnten ist die Bilanz in den Direktbegegnungen ausgeglichen. Als Einstimmung auf den Match hier ein Ausschnitt aus der Sendung vom 20.November, in welchem Züri Live-Experte Toni Gassmann einige der interessantesten Geschichten rund um das Traditionsduell FCZ – Servette erzählt:

Fünf Siege in sechs Partien der Wintervorbereitung – und dies nachdem der letzte Winter-Testspielsieg drei Jahre zurücklag (4:0 gegen Locarno am 26.1.2014). Vor Jahresfrist gelang in vier Vorbereitungspartien ein einziges Törchen – durch Aleksandr Kerzhakov per Absatz aus kurzer Distanz gegen den SV Ried (1:1). Das letzte Vorbereitungsspiel in Kaiserslautern war der negative Höhepunkt gewesen – das Team von Trainer Hyypiä war beim 0:4 über weite Strecken kraft- und chancenlos aufgetreten. Nicht immer führen gute Vorbereitungsspiele dann aber auch zu einer guten Runde in der Meisterschaft. Deutlich wichtiger dafür ist jeweils die Auftaktpartie, und die wird am Montag um 19:45 im Stade de Genève angepfiffen.

Trotzdem: der FCZ konnte in den meisten Testspielen zumindest über weite Strecken das Spiel in die Hand nehmen und eine ganze Reihe von Chancen kreieren. In der Sommervorbereitung hatte Uli Forte noch vorwiegend den jungen Spielern den Vortritt gelassen und viel Spielzeit ermöglicht. Nun ging es stärker um das Einspielen der etablierten Akteure – natürlich ohne die Jungen zu vernachlässigen. Die Mannschaft hat sich während der Vorrunde gefunden, und deutlich mehr Spieler konnten die Vorbereitung der zweiten Saisonphase vom ersten Tag an in Angriff nehmen. Wie sieht also die Situation vor Rückrundenstart konkret in den einzelnen Mannschaftsteilen aus?

Photo: Roland ZH, CC BY-SA 3.0

TOR

Seit dem überstürzten Abgang von David Da Costa vor etwas weniger als zwei Jahren kann man die Situation auf dieser Position mit zwei Worten ausdrücken: Panta Rhei – alles ist im Fluss. Alles? Nein, ein Anker wurde im Sommer eingeschlagen, und das ist die Nummer 1, Andris Vanins. Der Lettische Routinier ist zu Recht unangefochten, und war auch dann auf dem Posten, wenn er in einem Spiel nicht viel zu tun hatte. Ein Kandidat für die Nachfolge des 36-jährigen Vanins in ein, zwei oder drei Jahren könnte der 20-jährige Kanadier Yann-Alexandre Fillion sein. Im Sommer eine und jetzt drei Halbzeiten im Einsatz, machte dieser einen für sein Alter souveränen Eindruck und wird wohl zunächst mal verliehen werden. Sein Vertrag beim FCZ läuft bis 2021! In der Zweiten Mannschaft darf Fillion offenbar aus regulatorischen Gründen zur Zeit nicht eingesetzt werden. Novem Baumann konnte wie schon im Sommer auch jetzt im Winter nicht überzeugen. Er hat mit 540 Minuten von allen Torhütern in Testspielen am meisten gespielt. Yanick Brecher gab nach seiner achteinhalb-monatigen Verletzungspause sein Comeback gegen Rapperswil. Ein Leihverein wurde für ihn bisher nicht gefunden. Gut möglich, dass er zunächst vermehrt in der von Massimo Rizzo trainierten «U21» zum Einsatz kommen wird. Was allerdings wiederum verhindern könnte, dass der talentierte 18-jährige Bojan Milosavljevic neben Fabian Fellmann zu seinen Einsätzen kommt.

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BACKS ZENTRUM

Ivan Kecojevic und Armin Alesevic sind angeschlagen. Das Zentrum der Hintermannschaft stellt sich mit Alain Nef und Umaru Bangura in Genf möglicherweise von selbst auf. Bangura, der erst Anfang August zum Team stiess, hatte in der Vorrunde seine Ups & Downs und durfte nun in der Wintervorbereitung von allen Innenverteidigern am meisten spielen. Tritt der Abwehrmann aus Sierra Leone top fokussiert auf, wie beispielsweise in Villarreal, dann kann er dank seiner Schnelligkeit und Beweglichkeit auch gegen ein Spitzenteam der «La Liga» mithalten. Ist die Körperspannung hingegen nicht zu hundert Prozent da, dann hat er mit seiner für einen Innenverteidiger nicht unbedingt imposanten Postur auch in der Challenge League Schwierigkeiten, sich durchzusetzen. Alain Nef war in der Schlussphase der Vorrunde der wichtigste Spieler und scheint mit zunehmendem Alter eher noch besser zu werden. Ivan Kecojevic trat über weite Strecken souverän und Armin Alesevic, der auch auf der linken Seite eingesetzt werden kann, solide auf. Aus der U21 ist zur Zeit in erster Linie Mirlind Kryeziu eine Alternative, die für den Spieltagskader in Frage kommen könnte.

BACKS AUSSEN

Nicolas Stettler ist auf der Basis seiner Leistungen nahe dran an der Stammelf. Passspiel, Vorstösse, Flanken,…- der Thurgauer hat  offensiv abgesehen von den Einwürfen mittlerweile gegenüber Cédric Brunner eher die Nase vorne. Im Zweikampfverhalten defensiv hat Brunner noch gewisse Vorteile, aber Stettler gehört zu den Spielern im Kader, die am schnellsten Fortschritte machen. Kay Voser hat in der Vorrunde ebenfalls mit viel Konstanz und Zuverlässigkeit überzeugt, plagt sich aber immer wieder mit kleineren Verletzungen herum. Für die vierte Position kommen Michael Kempter, bei welchem immer noch nicht ganz klar ist, ob er nun nach Wohlen ausgeliehen wird, oder der zurückgeholte Miro Muheim in Frage. Für Muheim wird es aufgrund seiner geringen Handlungsschnelligkeit eher schwierig, sich in der Offensive im Profibereich durchzusetzen. Die Linksverteidigerposition könnte eine Chance für ihn sein. Allerdings ist noch fraglich, ob er bereits die Wettkampfhärte und Stabilität auf Challenge League-Niveau mitbringt.

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MITTELFELD

Vasilije Janjicic, in der Challenge League-Meisterschaft ganze vier Minuten eingesetzt, hat in den Testspielen dieser Saison im Zentralen Mittelfeld mit 342 Minuten immer noch am meisten Spielzeit aufzuweisen, und da es im Frühling meist keine Freundschaftspartien mehr gibt, könnte dies auch definitiv so bleiben. Dies obwohl Janjicic, der zuletzt beim Rückrundenstart der Bundesliga zwei Mal auf der Bank Platz nahm, bereits Ende August zum HSV gewechselt ist. Der ehemalige FCZ-Lehrling hätte zumal nach dem Abgang von Anto Grgic gute Chancen auf einen Stammplatz beim FCZ gehabt. Die Liste der in den Testspielen eingesetzten Spieler besteht nun aus drei Gruppen: junge Spieler, die sich noch nicht durchgesetzt haben (Aliu, Rüegg, Salija), junge Spieler, die mittlerweile zu Deutschen Traditionsvereinen gewechselt sind (Janjicic, Grgic) und routiniertere Spieler, welche gerade in Vorbereitungsphasen häufig als «rekonvaleszent» auf dem Matchblatt erscheinen (Sarr, Kukeli, Yapi).

Sangoné Sarr hat grosse Teile der Vorrunde nicht im Vollbesitz seiner Kräfte gespielt, und unter anderem auch deshalb bei Züri Live mit 4,7 den schlechtesten Notenschnitt nach Armando Sadiku und Davide Chiumiento aufzuweisen. Gerade in der Europa League hat Sarrs verminderte Leistungsfähigkeit wohl ein, zwei Punkte gekostet. Nach Ende der Rückrunde unterzog sich der Senegalese dann einer Schulteroperation und befindet sich zur Zeit immer noch im Aufbautraining. Burim Kukeli wurde erst gegen Ende der Vorbereitung aus diesem entlassen und ist noch nicht bei 100% Leistungsfähigkeit. Wie gut Gilles Yapi dem Zürcher Spiel tut, war in den Vorbereitungspartien, in denen der Captain dabei war, gut zu sehen. Die Hauptprobe gegen St.Gallen verpasste er aber einen Tag vor seinem 35.Geburtstag krankheitshalber.

Kevin Rüegg hat sich in der Wintervorbereitung aufgedrängt und auch wenn es noch viele verbesserungsfähige Details gibt, könnte man ihn bei Bedarf ins kalte Wasser werfen. Favorisiert wird von Uli Forte aber offensichtlich die Variante mit dem zurückgezogen agierenden Antonio Marchesano. Auf dieser Position hat der Tessiner in Winterthur häufig keine guten Leistungen gezeigt und ist erst «explodiert», als ihn Patrick Rahmen in Biel als zurückhängende Spitze aufstellte. Beim FCZ gibt er sich alle Mühe, kann aber seine Defizite in den Zweikämpfen und im Stellungsspiel trotzdem nicht verbergen. Für Izer Aliu waren die Testspiele ein guter Lernprozess. Ihn schon zu Beginn gegen Servette, Xamax und Wil zu forcieren, kommt kaum in Frage. Eventuell gibt es für ihn am Ende der Rückrunde vermehrt Einsatzmöglichkeiten für das auch vom SFV geschätzte grosse Talent.

FORWARDS AUSSEN

Letzte Saison war dies eine Problemposition, worauf der Fokus der Sommerverpflichtungen mit Adrian Winter und Roberto Rodriguez klar war. Beide haben sich vor allem auch mit ihrer Einstellung und dem Kampfgeist auf dem Platz zu wichtigen Teamstützen gemausert und sorgten über die Aussenpositionen für „Panta Rhei“. Zudem bekam Marco Schönbächler nach seiner langen Verletzungspause die Zeit, sich wieder an sein altes Niveau heranzutasten. Die Konstanz war daher beim schnellen Flügelspieler verständlicherweise noch nicht vorhanden. Trotzdem beglückte er die FCZ-Fans bereits wieder mit dem einen oder anderen Highlight wie seinem Traumtor im Heimspiel gegen Osmanlispor. Zuletzt an der Hauptprobe gegen St.Gallen erinnerte Schönbächler erstmals wieder an den „Schönbi“ der besten Zeiten, als er endlich das überfällige Aufgebot für die Schweizer Nati erhielt. In einer Woche feiert der Zürcher übrigens sein 10-jähriges Jubiläum seit seinem ersten Wettbewerbseinsatz in der 1.Mannschaft! 253 Spiele mit 39 Toren und 44 Assists. Es gibt heutzutage nicht mehr viele Profis, die ein solches Jubiläum feiern können.

In den Sommertestspielen war Artjom Simonyan der vierte Flügelmann. Dieser wurde dann aber zu Le Mont verliehen und kam dort noch nicht viel zum Einsatz, und wenn, dann auf einer 8-er/10-er Position im Mittelfeld. Im Herbst hatte der FCZ den jungen Ägypter Khalil Elnouby getestet. Dieser überzeugte in seinem 45 Minuten-Einsatz gegen Vaduz, und erzielte zudem auch noch ein Traumtor nach einer Traumkombination über rechts. Eine allfällig mögliche Verpflichtung scheiterte aber wohl an regulatorischen Hürden. Im Winter war nun Neo-Profi Fabian Rohner der vierte Mann. Von allen Teenagern im Team ist Rohner wohl am weitesten. Die Wintervorbereitung hat bestätigt, dass er sich als Leichtgewicht auch im Männerfussball sehr gut behaupten und durchsetzen kann, dank einer Kombination aus Schnelligkeit, Unerschrockenheit, Technik, Spielintelligenz und guter Körperspannung. Seine Zielstrebigkeit, Spielverständnis und Schusstechnik machen ihn zudem zu einem torgefährlichen Spieler, mit Sicherheit auch auf Challenge League-Niveau – mindestens… Im einzigen verlorenen Testspiel gegen Dynamo Dresden (mit 2:1-Auswärtssieg in Nürnberg in die Rückrunde gestartet und auf Tuchfühlung mit den Bundesliga-Aufstiegsplätzen) war Rohner einer der besten. Auch Moussa Koné ist weiterhin eine Alternative auf dem Flügel und beim 3:1-Treffer gegen Rapperswil war ersichtlich, dass die neue Sturmspitze Dwamena dazu in der Lage ist, schnelle Flügelspieler wie Koné, Rohner oder Schönbächler im Strafraum in gute Abschlusspositionen zu bringen – häufiger, als es bisher der Fall war.

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FORWARDS ZENTRUM

Oliver Buff erinnerte in der Hauptprobe gegen St.Gallen in der 1.Halbzeit ähnlich wie Marco Schönbächler an seine besten Zeiten – grosse Spielfreude und Technik in relativ hohem Tempo. Dies nachdem der Standardspezialist seit dem Auswärtsspiel gegen Servette angeschlagen war. Im Stade de Genève hatte er im Herbst bereits angeschlagen vor seiner frühzeitigen Auswechslung noch einen Penalty verwandelt. Die grösste Neuigkeit vorne im Zentrum ist aber sicherlich der «Tausch» Dwamena für Sadiku, und die ersten Eindrücke versprechen, dass dies für den FCZ ein guter Tausch war. Raphael Dwamena erscheint im Paket aus Technik, Robustheit, Schnelligkeit, Spielverständnis und Mannschaftsdienlichkeit als der komplettere Stürmer mit dem einzigen festgestellten Manko, dass er sich im Abschluss bisher «weigert», den rechten Fuss zu benutzen.

Wirklich Eindruck machte in der Wintervorbereitung aber Dzengis Cavusevic. Der Abgang von Sadiku schien den Slowenen zu beflügeln, und er scheint sich speziell mit Marchesano, aber auch mit den anderen Mitspielern immer besser zu verstehen. Im Sommer stiess er erst relativ spät zur Mannschaft. Nun hat der Forward die gesamte Vorbereitung mitgemacht, sich nochmal verbessert, und ist zur Zeit wohl in der Form seines Lebens. Cavusevic sollte in dieser Verfassung zumindest zu Beginn trotz der Verpflichtung Dwamenas erstmal als Nummer 1-Spitze gesetzt sein. Kultstürmer Moussa Koné hat nach einer gewissen Flaute im Abschluss durch sein Tor in Rapperswil hoffentlich wieder an Selbstvertrauen zugelegt.

Antonio Marchesano war in der Vorrunde ähnlich wie schon in Biel an vielen torreichen Spielen wesentlich beteiligt, und hatte vor der Winterpause eine Phase, wo er in fünf Partien 10 Skorerpunkte erzielte. Allerdings erscheint der FCZ mit dem Tessiner auf dem Platz gleichzeitig auch defensiv verwundbarer. Davide Chiumiento gibt sich Mühe, den Anschluss zu schaffen, wird es aber wohl selbst auf Challenge League-Niveau nicht einfach haben, seine aussergewöhnliche Technik noch genügend oft richtig zur Geltung zu bringen. Und im Gegensatz zu Buff scheint Chiumiento nicht zu effektiver defensiver Mitarbeit über 90 Minuten in der Lage, was im Fussball auf heutigem Niveau unabdingbar ist.

 

Der FCZ testet 5 Tage vor Rückrundenstart gegen das Spitzenteam der Promotion League, Rapperswil-Jona. Es war in dieser img_1578Saison bereits der zweite siegreiche Test gegen die Rapperswiler, bei welchen mit Egzon Kllokoqi auch ein langjähriger FCZ Academy-Spieler in der Startaufstellung stand – heute ist er einer der besten Innenverteidiger der Promotion League. Im Zentrum der Aufmerksamkeit bewegte sich aber häufiger Rappi-Goalie Ngongo, der mehrere starke Paraden zeigen musste, um eine höhere Niederlage zu verhindern.

Zu Beginn kam der FCZ nicht ins Spiel. Uli Forte bemängelte von der Seitenlinie aus die fehlende Proaktivität bei einzelnen Spielern. Nicht ganz überraschend daher die frühe Führung für Rapperswil durch den jungen Liechtensteinischen Nationalstürmer Dennis Salanovic, welcher den Ball am etwas zögernden Baumann vorbei einschob. Mitte der 1.Halbzeit bekam der FCZ die Partie dann aber in den Griff, und war in der Folge bis etwa 10 Minuten vor Schluss die klar spielbestimmende Mannschaft.

Nicolas Stettler wusste auf der rechten Seite mit Rushes, gutem Timing und präzisen Flanken zu gefallen. Seine Hereingabe stand am Ursprung des 1:1-Ausgleichs durch eine schöne Direktabnahme Fabian Rohners unters Tordach aus rund 10 Metern. Kurz darauf kam Neuverpflichtung Raphael Dwamena für den Torschützen in die Partie. Koné wechselte auf die Flügelposition. Noch vor der Pause ging der FCZ durch Adrian Winter in Führung. Dieser nutzte den ihm zugestandenen Platz zu einem scharfen und gleichzeitig präzisen Weitschuss aus 20 Metern.

img_1579Neuzugang Dwamena verzeichnete mehrere Chancen, hob sein Premierentor aber noch auf. Dafür bediente der Ghanaer im Zuge eines Doppelpasses herrlich den schnellen Moussa Koné, der nach zuletzt vielen vergebenen Torchancen endlich wieder einmal ein Erfolgserlebnis feiern konnte. So kam es insgesamt zu gleich drei Skorerdébuts in der 1.Mannschaft: das erste Tor von Neo-Profi Fabian Rohner, sowie die Assists von Stettler und Dwamena. Kevin Rüegg war im Zentralen Mittelfeld gewohnt aufsässig. Izer Aliu zeigte eine Steigerung im Vergleich zu den letzten Testspieleinsätzen. Albin Sadrijaj hat sich noch nicht aus seiner seit einem halben Jahr andauernden Baisse herausgekämpft. Mirlind Kryeziu gefiel etwas besser – der Innenverteidiger hat sich im Vergleich zu seiner Bieler Zeit, wo er häufig etwas überfordert war, zuletzt in der U21 gesteigert – ein gleichwertiger Ersatz für die aktuellen vier Innenverteidiger wäre er aber noch nicht.

Vor allem aber kam in der 2.Halbzeit Yanick Brecher nach einer achteinhalbmonatigen Pause zu seinem Comeback. In der Endphase der letzten Meisterschaft hatte dieser im Training einen Kreuzbandriss erlitten. Gegen Rapperswil benötigte Brecher in seinem 45-Minuten Einsatz allerdings von allen seinen Bändern fast nur die Stimmbänder. Nur einen einzigen unplatzierten Weitschuss Ramadanis in der 77.Minute musste Brecher halten.

FC Rapperswil-Jona – FC Zürich 1:3 (1:2)

Grünfeld Kunstrasen, Rapperswil-Jona.

Tore: 12. Salanovic (Schwizer) 1:0, 31. Rohner (Stettler) 1:1, 43. Winter (Rüegg) 1:2; 54. Koné (Dwamena) 1:3.

FCZ: Baumann (46. Brecher); Stettler, Sadrijaj, Kryeziu, Muheim; Winter, Aliu, Rüegg, Rohner (33. Dwamena); Chiumiento, Koné.

Der Auftritt des FCZ im dritten Testspiel im Rahmen des Trainingslagers in Spanien war erfreulich. Die Zürcher machten den Eindruck einer Mannschaft, die im Hinblick auf die Rückrunde in Kürze in die Startblöcke steigt und langsam, aber sicher in den Wettkampfmodus kommt. Von den Rumänen konnte man das überhaupt nicht behaupten, obwohl sie zwei Tage vor dem FCZ mit dem Spitzenkampf gegen Leader Viitorul Constanta in die Rückrunde der obersten Rumänischen Liga starten. Dinamo ist 18-facher Meister und liegt nach der Vorrunde auf dem 5.Platz. Vor allem aber hat der Klub die eigenen Fans glücklich gemacht, weil das Derby schlechthin im Rumänischen Fussball gegen den FCZ-Europa League-Gegner Steaua zwei Mal gewonnen werden konnte bei einem Unentschieden in drei Wettbewerbsspielen. Ansonsten wird das Jahr 2016 in der Dinamo-Chronik eher in dunkler Erinnerung bleiben, nachdem der ehemalige Lausanner Mittelfeldspieler Patrick Ekeng im Mai bei einem Meisterschaftsspiel gegen Viitorul auf dem Platz zusammenbrach und später im Spital starb. Die Nummer 14 des Kameruners wird nicht mehr vergeben.

Beide Equipen traten mit den besten verfügbaren Spielern an und wechselten praktisch durch. Beide hatten im vorhergehenden Testspiel ein Team aus der 2.Bundesliga besiegt – allerdings war das im Falle des FCZ Tabellenschlusslicht St.Pauli gewesen, währenddessen Dinamo gegen Tabellenführer Eintracht Braunschweig 1:0 gewonnen hatte. Im Schweizerisch-Rumänischen Testduell war der FCZ aber die bessere Mannschaft. Es war eine Spielidee erkennbar, der Rhythmus wurde im Vergleich zu den vorhergehenden Partien gesteigert, und der Testlauf vom Team sichtlich ernst genommen. Einzig an der Effizienz im Abschluss haperte es erneut, denn die Mannen von Trainer Uli Forte hätten gut und gerne deutlich höher gewinnen können.

Auch wenn Andris Vanins und Yann-Alexandre Fillion im Zürcher Kasten kaum etwas zu halten hatten, machten beide den gewohnt sicheren und fokussierten Eindruck in ihren Aktionen. Vorne war Dzengis Cavusevic gut aufgelegt, und wurde von den Mitspielern gerne gesucht. Roberto Rodriguez zog immer wieder in die Mitte und spielte Steilpässe in die Tiefe, so wie vor dem 1:0, als er Winter mit einem guten Ball hinter die Abwehr auf die Reise schickte. Die Kombination von Kampfgeist und technischen Qualitäten machte „Robi“ schon in der Vorrunde zu einem wertvollen Spieler im Zürcher Kollektiv. Noch nicht richtig im Flow ist Moussa Koné, der schon in den letzten Wochen der Vorrunde etwas überspielt wirkte. Ein bisschen ähnlich ist es bei Oliver Buff, der in jedem Spiel drei, vier sehr starke Szenen hat, nach seiner Verletzung in Genf insgesamt aber noch ein ganzes Level entfernt ist von der Form, die er über weite Strecken im Herbst hatte. Dass Gilles Yapi wieder regelmässig eingesetzt werden kann, tut der Mannschaft sichtlich gut, und Kevin Rüegg ist eigentlich die ideale Ergänzung des Captains im Zentralen Mittelfeld.

Miro Muheim, der in den letzten Jahren im Juniorennationalteam als Offensivspieler mehrere enttäuschende Auftritte hinter sich hatte, bestätigte auch gegen Dinamo, dass die Position als Linksverteidiger für ihn eine Chance ist. Davide Chiumiento gab sich auf der Position im Zentralen Mittelfeld zwar Mühe, konnte aber auch diesmal nicht überzeugen. Der zuvor angeschlagene und erstmals wieder eingesetzte Burim Kukeli fand nicht überraschend noch nicht richtig ins Spiel. Bei Adrian Winter und Marco Schönbächler lief es etwas besser, als zuletzt. Dafür entfaltete Fabian Rohner über links etwas weniger Wirkung, als in den ersten beiden Testspielen über rechts.

Sehr wohltuend für einen Daheimgebliebenen war der Kommentator des Spiels auf Dolce Sport. Schon in den Europa League-Duellen mit Steaua war die Professionalität, das gute Auge und die Fussballkenntnis der Rumänischen Sportjournalisten positiv aufgefallen. Sehr aufmerksam entging ihm kein taktisches und situationsbezogenes Detail. Er hatte die Entwicklung jedes einzelnen Spielers und vergangene Partien präsent, holte das Maximum aus dem nicht eben inspirierenden Auftritt seiner Landsleute heraus, und selbst ohne Kenntnisse der Rumänischen Sprache konnte man mehr interessante Zusatzinformationen über Dinamo und den FCZ erfahren, als mit einem Deutschschweizer Kommentator. Dass beispielsweise die Operation von Burim Kukeli nach dessen Verletzung im Tessin drei Stunden gedauert hat, wusste der Schreibende zuvor jedenfalls nicht – oder hatte es zumindest verdrängt.

FC Zürich – Dinamo Bukarest 1:0 (1:0)

Tore: 38. Cavusevic (Winter).

FCZ: Vanins (46. Fillion); Brunner (46. Stettler), Nef, Bangura, Voser (46. Muheim); Winter (46. Rodriguez), Rüegg (46. Kukeli), Yapi (46. Chiumiento), Schönbächler (46. Rohner); Cavusevic (46. Koné), Marchesano (46. Buff).

Dinamo: Penedo Cano (46. Branescu); Romera Navarro (65. Ceccarelli), Nedelceanu, Maric, Oliva (67. Olteanu); Nistor (77. Gheorge), Busuladzic (65. Dudea), Palic (71. Corbu); Tircoveanu (46. Hanca), Benec (43. D.Popa), Mahlangu (46. Rotariu).

Im dritten Testspiel der Wintervorbereitung gegen den FC St.Pauli kam der FCZ zum zweiten Sieg (2:0) und war weitgehend die überlegene Mannschaft, welche sich auch eine Vielzahl von Torchancen erarbeiten konnte.

St.Pauli trat mit einer Mischung aus Stammspielern und Ergänzungsspielern an – alle mindestens 20 Jahre alt und mit Ausnahme des Südkoreaners Park auch allesamt diese Saison in der 2.Bundesliga eingesetzt. Dort liegen die Hamburger zur Zeit allerdings auf dem letzten Platz. Auf jeden Fall war es für den FCZ ein deutlich schwächerer Gegner, als Dynamo Dresden. Die Begegnung gegen den FCZ war für St.Pauli der 1.Teil des letzten Trainingslagertages in Sotogrande, welches der mit seinem Aussenseiterimage viel Merchandising verkaufende Klub ausgerechnet im mondänen Ayala Polo Club absolvierte.

Klare Unterschiede gab es natürlich im Coaching während dem Spiel. Da Uli Forte und Sandro Chieffo mit konkreten Anweisungen/Korrekturen, aber auch Lob für gelungene Aktionen – dort Ewald Lienen scheinbar ständig am Rande des Nervenzusammenbruchs. Die eingeübten Automatismen offensiv und im Spiel gegen den Ball waren beim FCZ ersichtlich – seit den letzten Wochen der Vorrunde hat die zuvor sehr gute Effizienz vor dem gegnerischen Tor aber nachgelassen, und ist noch nicht zurückgekommen.

In der Einzelbewertung bestätigten sich die Tendenzen aus dem Dresden-Spiel. Fabian Rohner und Kevin Rüegg finden sich nahtlos ins Team ein, und sind nicht nur «junges Beigemüse», sondern ernsthafte Konkurrenten um die Stammplätze. Der ein Jahr jüngere Izer Aliu hingegen muss sich erst noch an den höheren Rhythmus gewöhnen. Für Miro Muheim ist die Probe als Linksverteidiger eine Chance, denn auf seinen angestammten Offensivpositionen hätte es der Zürcher aufgrund seiner im Vergleich beispielsweise zum gleichaltrigen Fabian Rohner immer noch ziemlich reduzierten Handlungs- und Reaktionsschnelligkeit nicht einfach, sich als Profi durchzusetzen. Dank seinem starken linken Fuss und dem taktisch guten Zweikampfverhalten hat Muheim als Linksverteidiger hingegen eine Chance.

Beim Thema Handlungsschnelligkeit noch grössere Sorgen macht aber Davide Chiumiento. Das reicht so auch für die Challenge League nicht mehr! Bis sich der Ostschweizer überlegt hat, was er mit dem Ball tun will, ist der Gegenspieler schon längst da. Der letzte Strohhalm in solchen Situationen ist dann jeweils der Versuch, einen Freistoss herauszuholen, was ab und zu gelingt – meist aber im Ballverlust endet. Nicht gross diskutiert werden muss die grosse Wirkung auf die Mannschaft und den Spielverlauf, wenn im Tor ein Andris Vanins steht. Bei seinem ersten Testspieleinsatz des Winters strahlte der Lette die gewohnte Ruhe und Sicherheit aus.

Im Vergleich zum Sommer, wo Uli Forte die jungen Spieler wie Baumann, Sadrijaj, Stettler, Janjicic und Koné stark forcierte, erhalten nun alle fitten Spieler gleich viel Spielzeit. Weiterhin ohne Einsatz bleiben die beiden angeschlagenen zentralen Mittelfeldspieler Burim Kukeli und Sangoné Sarr, welche gegen Dresden während des Spiels am Rande des Spielfelds ihr Programm absolvierten. Antonio Marchesano wurde deshalb auch gegen St.Pauli wieder auf deren Position eingesetzt – diesmal als einziger Spieler gar mehr als eine Halbzeit. Der Tessiner fiel positiv auf, weil er diese Rolle wie schon gegen Dresden sichtlich ernst nahm, und auch in die Zweikämpfe ging. Trotzdem ist der 26-jährige nach der Rückkehr von Kukeli und Sarr und angesichts der Schwäche von Chiumiento sicherlich auch in der Rückrunde in der Regel wieder eher in der vordersten Reihe zu erwarten, zumal er im Forechecking Fortschritte gemacht hat.

FC Zürich – St.Pauli 2:0 (1:0)

Tore: 32. Buff (Penalty, Koné) 1:0, 92. Rodriguez (Winter) 2:0.

FCZ: Vanins; Stettler (46. Brunner), Nef (46. Kecojevic), Bangura (46. Alesevic), Voser (46. Muheim); Rohner (46. Winter), Marchesano (72. Rüegg), Yapi (46. Aliu), Schönbächler (46. Rodriguez); Koné (46. Cavusevic), Buff (46. Chiumiento).

Mit Fabian Rohner, Kevin Rüegg und Izer Aliu sind beim FCZ-Trainingsstart drei Talente aus der 2.Mannschaft mit dabei, die nicht nur ins Trainingslager mitreisen, sondern in der Rückrunde gemäss Aussage des Sportlichen Leiters Thomas Bickel auch zu Einsätzen kommen sollen. Aliu ist in der bereits sehr weit zurückreichenden Datensammlung von dbfcz.ch nach Michael Mazenauer, Roger Kundert, Sandro Burki, Winfried Kurz, Dimitri Oberlin und Almen Abdi der siebtjüngste für den FCZ in einem Wettbewerbsspiel aufgelaufene Spieler. Letzte Saison trugen speziell im Halbfinal in Basel Alius Qualitäten bei der Ausführung von Standards wesentlich zur Qualifikation für den U18-Meisterschaftsfinal bei.

Als Züri Live  vor anderthalb Monaten in der Pause des Youth League-Spieles gegen Viitorul Constanta mit Alius U18-Nationaltrainer Reto Gertschen sprach, kam dieser gerade von den Tests in Magglingen, wo sich Alius sehr gute Werte im Bereich Schnellkraft bestätigten. Ausserdem lobt Gertschen bei seinem Schützling die weit überdurchschnittliche Technik unter Druck, welche es immer wieder ermöglicht, Überzahlsituationen zu schaffen. Zuletzt hat Aliu mit der U18-Nati drei Siege gegen Frankreich und Norwegen (2x) feiern können.

Gertschen redet zudem über seine beiden anderen aktuellen FCZ-Schützlinge aus dem 99-er Jahrgang, den im November beim Test gegen Vaduz eingesetzten Mittelfeldspieler Maren Haile-Selassie („unbekümmert, leichtfüssig, aber noch etwas fein“) und Stürmer Dimitri Volkart („zuerst unterschätzt, sehr mannschaftsdienlich, technisch stark verbessert“). Ausserdem äussert sich Gertschen gegenüber Züri Live über das aktuelle Standing des FCZ im Vergleich mit anderen Schweizer Klubs speziell in Bezug auf den 99-er Jahrgang und den optimalen Weg eines jungen Talentes im aktuellen Schweizer Liga- und Juniorenfussballsystem:

 

 

 

Captain Gilles Yapi und EM-Fahrer Burim Kukeli kamen in der Vorbereitung kaum zum Einsatz. Kukeli hatte wie alle Teilnehmer der Kontinentalmeisterschaft noch Ferien nachzuholen. Beide Spieler leiden aber vor allem weiterhin, und werden dies wohl bis ans Ende ihrer Karriere tun, an den Spätfolgen der brutalen Fouls von Simon Grether und Sandro Wieser. In der Vorbereitung auf die neue Saison kamen daher im zentralen Mittelfeld in erster Linie drei Spieler zum Einsatz: Vasilije Janjicic, Anto Grgic und Sangoné Sarr.

Der 17-jährige Janjicic gehört sicherlich zu den grössten Talenten aus dem FCZ-Nachwuchs und ist in Mittelfeld und Angriff flexibel einsetzbar. Gleich das erste Tor der Vorbereitung gegen Austria Lustenau leitete er mit einer Vorlage auf Simonyan ein.  Wenn man nur auf die fussballerischen Qualitäten abstellt, könnte man Janjicic sofort als Stammspieler bringen. Entscheidend wird aber wie bei allen jungen Spielern mit einem rasanten Aufstieg sein, wie gut es «Vasi», der als Praktikant auf der FCZ-Geschäftsstelle arbeitet, mittelfristig schafft, den Boden nicht unter den Füssen zu verlieren. Da ist von Seiten des Trainferstaff Fingerspitzengefühl gefragt.

Anto Grgic gehörte in seinem Premierenjahr als Stammspieler im Profibereich zu den besten Zürchern – und ist nun bereits schon wieder weg Richtung Stuttgart. In den Vorbereitungspartien hat er viel Spielzeit erhalten, den Kopf aber von Anfang an ganz offensichtlich nicht mehr richtig bei der Sache. Die Niederlage gegen Altach beispielsweise leitete der 19-jährige mit einem unkonzentrierten Fehlpass im Mittelfeld ein. Bis zu jener Szene war der FCZ in jenem Spiel die bessere Mannschaft gewesen. Sangoné Sarr hingegen kommt immer besser in der Mannschaft an, und mausert sich zum Balleroberer Nr.1 – beispielhaft war dies in der Partie gegen Gladbach zu sehen.

Sehr gute Leistungen haben der 16-jährige Izer Aliu und der 17-jährige Kevin Rüegg (ursprünglich Aussenverteidiger) gezeigt. Beide agierten aussergewöhnlich ruhig und zielstrebig – von Jugendlichkeit war abgesehen vom Engagement und Enthusiasmus überhaupt nichts zu spüren. Speziell Standardspezialist Aliu könnte tatsächlich zu jenen Spielern gehören, welche den von Thomas Bickel angesprochenen direkteren Weg in die 1.Mannschaft beschreiten könnten, auch wenn er wohl vorläufig noch vorwiegend in der U21 spielen wird. Auf jeden Fall ist im Mittelfeldzentrum guter Nachwuchs vorhanden, was bedeutet, dass sich auch ein Toptalent wie Janjicic jeden Monat weiterentwickeln muss, um nicht von einem noch Jüngeren überholt zu werden.

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1607 Kevin Ruegg vs Galatasaray

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1607 Janjicic vs Austria Lustenau 1

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Drei Siege und vier Niederlagen gab es in der Saisonvorbereitung des FCZ. Trainer Forte ist sehr zufrieden mit dem Verlauf und Gesamtergebnis. Insgesamt kamen 29 Spieler zum Einsatz, darunter mit Izer Aliu (16), Gianni Antoniazzi (17) und Kevin Rüegg (17) drei aus der U18 Schweizer Meister-Equipe. Dazu stand der mittlerweile nach Stuttgart transferierte Anto Grgic 308 Minuten auf dem Platz. Die meiste Einsatzzeit haben in der Vorbereitung mit Vasilije Janjicic (17), Moussa Koné (19) und Albin Sadrijaj (19) drei Teenager erhalten.

testspiele sommer 16

Marco Schönbächler hat gute Ansätze gezeigt, und wird von Trainer Uli Forte behutsam an die Leistungsgrenze zurück geführt. Deshalb ist es gut möglich, dass er genauso wie die in der Vorbereitung nur je einmal eingesetzten Gilles Yapi und Burim Kukeli gegen Winterthur noch nicht in der Startformation stehen wird.

fcz saisonstart 1617 moegliche aufstellung

In einer Artikelserie analysiert Züri Live in den nächsten Tagen Mannschaftsteil für Mannschaftsteil im Hinblick auf den Saisonstart am Montag.

Letztendlich geht es im Fussball um zwei Dinge: Tore schiessen und Gegentore verhindern. Darum ist es höchste Zeit, im Zuge der Saisonanalyse 20/21 schon vor der letzten Partie gegen Vaduz dieses Thema einmal detailliert zu beleuchten. Und zwar aus der Perspektive des Teams insgesamt. Züri Live hat dazu alle Tore und Gegentore der Saisons 20/21 und 19/20 nochmal angeschaut und klassifiziert. Wie sind die Tore entstanden? Wie die Gegentore? Was für Entwicklungen sind über den Zeitraum der letzten zwei Saisons zu beobachten? Die Cup-Partien wurden dabei ebenfalls mitberücksichtigt.

FCZ folgt dem Umschaltspiel-Trend

Trotz einer leicht kleineren Anzahl an gespielten Partien hat die Anzahl erzielter Tore 20/21 im Vergleich zu 19/20 etwas zugenommen. Dramatisch abgenommen hat die Anzahl Gegentore. Die Entwicklung ist also in beiden Fällen positiv. Aus der Züri Live-Statistik geht wenig überraschend hervor, dass der FCZ viele Tore im (schnellen) Umschaltspiel erzielt und relativ wenige aus einem (vergleichsweise langsamen) Aufbauspiel heraus. Zum Umschaltspiel gehören Konter von hinten heraus, aber auch Hohes Pressing und Gegenpressing mit Ballgewinnen meist in der gegnerischen Platzhälfte. Man versucht in beiden Fällen durch schnelles Umschalten auszunutzen, dass der sich gerade eben noch in Ballbesitz befindliche Gegner umittelbar nach Ballverlust einzeln und als Mannschaft in einer schlechten Defensivposition befindet. Wer den Ball hat, will Chaos, wer den Ball nicht hat, will Ordnung. Unmittelbar nach Ballverlust herrscht in der Regel Chaos.

Im letzten Jahrzehnt hat das Umschaltspiel im internationalen und nationalen Spitzenfussball nicht zuletzt dank der Vorreiterrolle innovativer Trainer und Klubs wieder stark an Bedeutung gewonnen. Während es das Konterspiel im Fussball schon immer gegeben hat und Pressing seit den 90er Jahren immer mehr zum Standardrepertoire nicht nur im Profibereich wurde, ist die Systematik des Pressings in den letzten 10-20 Jahren stark verfeinert worden. Heute spielen selbst Amateur- und Juniorenteams taktisch auf viel höherem Niveau als noch vor nicht allzu langer Zeit die besten Mannschaften der Welt. Während sich früher das Pressing auf die Abwehrzone und später vermehrt auf das Mittelfeld fokussierte, wird heute viel häufiger als früher hoch in der Angriffszone gepresst. Neu ist vor allem aber auch die systematische Umsetzung des Gegenpressings unmittelbar nach eigenem Ballverlust.

Pressing und Gegenpressing unter Rizzo stark verbessert

Letzterer Punkt ist ein grosser Unterschied zwischen den Saisons 19/20 und 20/21 beim FCZ. Letzte Saison war das Gegenpressing beim FCZ praktisch inexistent: man hat auf diese Art und Weise kein einziges Tor erzielt – diese Saison waren es hingegen sechs! Auch die Anzahl erzielter Tore nach einem Hohen Pressing ist gestiegen. Dies bestätigt den allgemeinen Eindruck, dass Pressing / Gegenpressing unter Massimo Rizzo deutlich besser geworden sind. Der Unterschied beim Umschalten in die Defensive im Vergleich zur Magnin-Ära ist auch optisch frappant. Der FCZ der Saison 20/21 sieht viel stärker nach modernem Fussball aus, während derjenige von 19/20 noch etwas an die 90er-Jahre erinnerte: an Stelle eines kompakten nach vorne pressen oder nach hinten zurückziehen ein Mittelding an eher passivem Zurückverschieben mit grossen Distanzen zwischen den Linien. Dementsprechend kassierte man sieben Gegentore, bei welchen die Abwehrreihe zwar relativ tief stand, der Gegner aber trotzdem einfach durch einen entblössten FCZ durchkombinieren konnte. Solche Gegentore gab es unter Trainer Rizzo überhaupt nicht mehr. Auch die Anzahl Konter-Gegentore ging stark zurück. Standardgegentore wurden unter dem aktuellen FCZ-Trainer in praktisch allen Kategorien reduziert, zumal wenn man berücksichtigt, dass die Hälfte der acht Eckball-Gegentore der laufenden Saison aus den ersten drei Saisonpartien (noch unter Magnin) stammen. Wie stark der FCZ nach der „Quarantäne“ im Vierten Quartal der letzten Saison im Vergleich mit den anderen Teams überfordert war und hintenrein gedrängt wurde, zeigt der damalige steile Anstieg der Gegentore aus einer tiefen Position.

Unter Magnin versuchte der FCZ häufig mit Aufbauspiel zum Erfolg zu kommen. Das gelang aber nicht, weil man speziell vorne nicht die Spieler dazu hatte. Kramer, Ceesay, Tosin oder Khelifi sind typische Umschaltstürmer und ein Benjamin Kololli oder Denis Popovic für erfolgreiches Aufbauspiel auf heutigem Super League-Niveau zu wenig handlungsschnell. Massimo Rizzo unternahm im Zweiten Quartal der Saison einen neuerlichen Versuch, die von vielen Seiten geforderte stärkere Fokussierung aufs Aufbauspiel umzusetzen. Das Resultat: die Torproduktion rasselte in den Keller. Daher besann sich Rizzo ab dem Dritten Quartal wieder auf die Umschaltqualitäten seines Teams. Diese Einsicht war sicherlich einer der wichtigsten Faktoren, welche schlussendlich den Klassenerhalt überhaupt erst ermöglicht haben. Schon unter Ludovic Magnin hatte der FCZ gegen Gegner wie St. Gallen oder den FCB eher aus einer sicheren Deckung heraus mit Konterfussball agiert – und dies erfolgreich. Auch in der aktuellen Saison hat der FCZ am meisten Tore (12) auf Konter erzielt. Dazu kommen vier aus Kontern heraus entstandene Penaltys (drei davon von Assan Ceesay herausgeholt).

Kolollis Eckbälle nur zwei Wochen lang überzeugend

Die im Vergleich zur letzten Saison fünf zusätzlichen Penaltys (acht statt drei) kann man zusammensetzen aus den drei Ceesay-Kontern und den zwei Penaltys aus Schönbächler-Freistössen beim 3:0-Heimsieg gegen Lugano. Aus Freistössen an und für sich wurden zwei Tore mehr erzielt, als letzte Saison (vier statt zwei). Nach der Winterpause waren dies zwei Dzemaili-Freistösse in Basel und St. Gallen (wobei der zweite eigentlich misslungen war, aber von Quintilla und Zigi mit Schleifchen dran Marchesano als Geschenk aufgelegt wurde), ein direkt verwandelter Schönbächlers in Lugano und der von Marchesano verwertete Kololli Freistoss-Abpraller in Lausanne. Im Gegensatz zu letzter Saison erzielte der FCZ zudem je ein Tor aus einem Abstoss und einem Anstoss. Bei den Cornern hingegen hat man diese Saison deutlich weniger Tore erzielt (drei statt acht). Den Unterschied diesbezüglich machen zwei Wochen Ende Juni / Anfangs Juli 2020 aus, als der FCZ nach dem Restart in fünf Partien hintereinander immer ein Eckball-Tor erzielte (mehrheitlich jeweils der erste Eckball der Partie). Die drei Corner-Tore in der aktuellen Saison wurden alle zu Beginn der Saison realisiert, zwei davon im ersten Spiel mit Rizzo als Trainer in Vaduz. Der verletzungsbedingte Ausfall von Lasse Sobiech hat diesbezüglich natürlich eine wichtige Rolle gespielt – aber vor allem auch, dass Benjamin Kololli keine so guten und variantenreichen Eckbälle mehr hinkriegte wie in den erwähnten zwei Wochen der letzten Spielzeit welche die besten seiner ganzen FCZ-Episode waren.

Weitschüsse waren ein wesentlicher Problemkreis der Saison 19/20: kein anderes Super League-Team musste damals so viele Weitschussgegentore hinnehmen (sieben). Ausserdem erzielte der FCZ selbst keinen einzigen Treffer aus der Distanz. Unter Rizzo hat sich die Bilanz gedreht: nur noch ein einziges Weitschussgegentor bei nun vier selbst erzielten Treffern von ausserhalb des Strafraumes. Die defensive Verbesserung ist sicherlich der grösseren Kompaktheit des Teams insgesamt geschuldet, während in der Offensive vor allem die individuelle Entwicklung 20/21 der seit den Junioren zusammen spielenden Toni Domgjoni und Fabian Rohner eine wichtige Rolle gespielt hat. Angriffe gegen hoch stehende Gegner waren 20/21 erfolgreicher, als in der Saison davor – auch weil man die erste gegnerische Linie im Gegensatz zur Magnin-Zeit häufig hoch überspielt.

Problemseite Links endlich gelöst

Der FCZ erzielte zudem 20/21 mehr Tore auf Flanken, als letzte Saison – und kassierte gleichzeitig weniger Gegentreffer mit hohen Bällen von der Seite aus dem Spiel heraus. Die klare Negativbilanz von letzter Saison in dieser Kategorie hat sich deutlich verringert. Die räumliche Entstehung der Tore und Gegentore im Aufbauspiel bringt die enorme Verbesserung der linken Zürcher Seite plastisch zutage. Fidan Aliti (der sich gut mit Assan Ceesay verstand) ermöglichte mit seinem hervorragenden Passspiel deutlich mehr Tore über links als letzte Saison – und man kassierte aus dem Aufbauspiel nur noch ein einziges Gegentor über die langjährige Problemzone des FCZ (rechte Seite des Gegners). Die rechte Zürcher Seite kassiert hingegen immer noch mehr Tore aus dem Aufbauspiel heraus, als selbst erzielt werden. Ausserdem hat der FCZ seine Vorteile im Spiel durch die Mitte verloren.

Zusammenfassend hat sich der FCZ in der Saison 20/21 unter Trainer Massimo Rizzo noch stärker als davor dem internationalen und nationalen Trend folgend auf Umschaltspiel fokussiert. Speziell im Pressing und Gegenpressing hat man (allerdings von einem tiefen Niveau aus) klare Fortschritte gemacht. Es hat sich sowohl unter Magnin wie unter Rizzo gezeigt, dass mit dem Stärke- / Schwäche-Profil der von extern verpflichteten Spieler etwas anderes auf Super League-Niveau auch gar nicht möglich ist. Auch St. Gallen setzt auf Umschaltspiel genauso wie neuerdings wieder der FCB unter Patrick Rahmen oder beispielsweise Lugano. Bei YB sind aufgrund ihrer Dominanz die Anteile von Aufbau- und Umschaltspiel etwa ausgeglichen. Es geht aber auch anders: über weite Strecken erfolgreich auf Aufbauspiel setzten in den letzten Jahren Servette unter Alain Geiger oder der FC Thun unter Marc Schneider. Der FCZ ist von der Spielerselektion und -ausbildung in der Academy her eigentlich auch eher auf Aufbauspiel ausgerichtet und man scheint dies eigentlich für das Profiteam grundsätzlich zu bevorzugen. Für einen Weg à la Servette hätte man die richtigen Spieler aus dem eigenen Nachwuchs, aber es bräuchte ein komplett anderes Profil bei den von extern verpflichteten Profis. Dies kann man kaum innerhalb einer Transferperiode gänzlich umstellen.

Blerim Dzemaili = Denis Popovic 2.0

Das Innenleben der Mannschaft ist insgesamt intakt. Man hat es in den letzten Wochen und Monaten erkennen können. Und dies obwohl die in der Hierarchie weit oben anzusiedelnden Benjamin Kololli und Blerim Dzemaili in den Wettbewerbspartien regelmässig mit schlechtem Beispiel voran gingen. Kololli spielte wie schon in der Vergangenheit zu häufig „Badi-Fussball“, Dzemaili überschätzte sich immer wieder – und flüchtete sich in kontraproduktives Lamentieren mit Schiedsrichtern und Mitspielern. Die UEFA Nations League und Vergrösserung der Teilnehmerfelder von grossen internationalen Turnieren führen zu (vermeintlich) mehr Erfolgen und Teilerfolgen von „kleinen“ Nationalteams – und damit wohl auch etwas zu einer Selbstüberschätzung von beim FCZ engagierten Spielern solcher Nationalmannschaften.

Mit Dzemaili wiederholte der FCZ in der Folgesaison den Popovic-Fehler gleich noch einmal: mit einem für die Super League zu langsamen Spieler eine zentrale „Achse“ aufbauen zu wollen. Das Missverständnis sollte man im Sommer im beiderseitigen Interesse vorzeitig beenden. Der Begriff der „zentralen Achse“ ist speziell unter älteren Fussball-Experten und -Kommentatoren in der deutschsprachigen Schweiz ein beliebtes Sujet. Nur: kein Klub hat in den letzten Jahren dieses Konzept so konsequent umgesetzt wie GC in ihrer Abstiegssaison 18/19 mit der lohntechnisch teuren zentralen Achse Lindner – Basic – Holzhauser – Andersen – Djuricin und vielen günstigen Talenten darum herum. Das Resultat: mit zwölf Punkten Rückstand auf den Barrageplatz einer der sportlich schwächsten Absteiger der Super League-Geschichte. Das Beispiel zeigt plastisch das Problem einer „Achse“: wenn ein oder zwei wichtige Achsenteile nicht halten, was sie versprechen, kracht alles in sich zusammen. Es ist ein grosses Klumpenrisiko. Eine komplett andere Strategie fährt beispielsweise Servette: die Verantwortung ist auf deutlich mehr Schultern verteilt – und die spielbestimmenden Akteure Miroslav Stevanovic und Gaël Clichy spielen Rechter Flügel und Linksverteidiger.

Transferbilanz des letzten Sommers: gut bis sehr gut

Dass die Mannschaft trotz dieser negativen Faktoren nicht auseinandergefallen ist, ist sicherlich unter anderem Antonio Marchesano zu verdanken, der sich noch einmal weiter zu einem Team-Leader entwickelt, und mit Spielern unterschiedlichster Herkunft einen guten Draht hat. Fidan Aliti und Nathan waren über weite Strecken der Saison die Lebensversicherung des Teams – in den letzten Wochen ging aber beiden kräfteintensiv agierenden Mentalitätsspielern der Schnauf aus. Genau gegenläufig die Enwicklung beim über weite Strecken seiner bisherigen FCZ-Zeit die Super League-Tauglichkeit vermissen lassenden Blaz Kramer, welcher just zum aktuellen Saisonende hin sich deutlich gesteigert hat und erstmals seit seiner Ankunft in Zürich ligareife Auftritte hinlegt. Tosins Qualitäten im Abschluss und Antritt müssten in Zukunft noch mehr zum Tragen kommen. Auffällig beim Nigerianer: im Sturmzentrum bringt er die deutlich besseren Leistungen, als wenn er über den Flügel kommt. Im Zentrum kann er seine Explosivität und Vertikalität sowohl offensiv wie defensiv in die Waagschale werfen, während er mit dem taktischen Verhalten auf der Seite immer noch seine liebe Mühe hat – in der Saison 20/21 steht für ihn zudem kein einziges Assist zu Buche: auf dem Flügel ein „No-Go“.

Fidan Aliti Audio-Highlights

An der Transferfront ist letzte Saison beim FCZ sicherlich gut bis sehr gut gearbeitet worden. Aliti, Doumbia und Sobiech waren allesamt sehr gelungene Verpflichtungen, wie es sie in dieser Dichte beim FCZ schon lange nicht mehr gegeben hat. Dazu konnten mit den Verkäufen von Sohm und Rüegg wichtige Einnahmen generiert, sowie gleich acht junge Spieler für mehr Spielpraxis grösstenteils in die Challenge League verliehen werden – was keine Selbstverständlichkeit darstellt. Ein Fehler war aber die Winter-Verpflichtung und kontinuierliche Bevorzugung Blerim Dzemailis (34, mittlerweile 35). Nachdem dieser sich über Jahre hinweg geziert hatte, zu seinem Stammklub zurückzukehren, tat er dies dann schlussendlich erst in einem Moment, als er dem FCZ mehr Schaden zufügte, als Nutzen brachte. Vor der Winterpause hatte der FCZ ein gut funktionierendes Zentrum etabliert, welches durch den selbst für Promotion League-Verhältnisse zu langsamen Dzemaili gesprengt wurde: ein wesentlicher Grund für die Leistungs- und Punkte-Baisse des FCZ nach der Winterpause. Zum Vergleich: YB holte Steve Von Bergen (30), Fabian Lustenberger (31) und Christoph Spycher (32) in einem noch deutlich leistungsfähigerenen Alter in die Super League zurück. Alain Nef kam mit 31 und konnte in diesem Alter seinem Stammklub noch helfen. Die Basler Beispiele: Alex Frei (30), Benjamin Huggel (30), Fabian Frei (29), Valentin Stocker (28) oder Marco Streller (26).

Bei Transfers darf man keinen Fehler machen.

Lucien Favre

Genfer Jungs bringens in Zürich nicht

Mit vielversprechenden Akteuren wie Krasniqi, Seiler, den Reichmuth-Brüdern oder Janjicic in der Hinterhand sollten neben den Teamstützen Marchesano und Doumbia die Talente aus dem eigenen Nachwuchs im Zentralen Mittelfeld weiterhin die wichtigste Rolle spielen. Sturm, Flügel, Rechtsverteidiger und Innenverteidiger sind sicherlich die grösseren Baustellen für allfällige Transfers. Während „Nesthäkchen“ Wilfried Gnonto bereits in seiner ersten Super League-Saison einen grossen Schritt nach vorne machte, war die Entwicklung der anderen beiden Teenager Silvan Wallner und Becir Omeragic eine Enttäuschung. Wallner gelang zu Beginn der Saison ein toller Match in Bern, aber dann zeigten sich schnell wieder die Schwächen, die ihn schon seine ganze Juniorenzeit hindurch begleiten.

Von Becir Omeragic hat man sich bei seiner sensationellen Verpflichtung im Sommer 2018 auch mehr erhofft. Über viele Jahre hinweg gelang es dem FC Zürich immer wieder, vielversprechende Talente aus der Region Genf zu verpflichten. Und allesamt hätten sie sich wohl besser entwickelt, wenn sie in Genf geblieben wären (die Voraussetzung dafür wäre allerdings zuletzt ein jugendfreundlicherer Coach der 1. Mannschaft als der konservative Alain Geiger gewesen). André Ribeiro, Guillaume Furrer, Maxime Dominguez, Kilian Pagliuca, Yassin Maouche, dazu der Waadtländer Dimitri Oberlin – die Liste ist lang. Nur Kevin Bua hat sich halbwegs durchgesetzt. Genauso wie zu früh ins Ausland wechselnde Zürcher Talente wie Angha, Muheim oder Burkart dort dann jeweils in ihrer Entwicklung stark stagnieren, passiert den Genfer Jungs in Zürich dasselbe. Zu grossen Teilen handelt es sich dabei um eine „Kopfsache“. Becir halten sein aussergewöhnliches Talent und möglicherweise auch Bruder Nedim an seiner Seite in Zürich über Wasser – aber er müsste im Normalfall mit 19 schon deutlich weiter in seiner Entwicklung sein, als er es nun tatsächlich ist – da können auch die Nationalteam-Aufgebote nicht darüber hinweg täuschen.

(Daten und Fotos: Züri Live)