SC Kriens – FCZ II Highlights

Die erste Halbzeit war ausgeglichen –  schon beim ersten Eckball für Kriens lag der Krienser Verteidiger Fanger auf dem Bauch – Super League-Schiedsrichter Gut zeigte auf den Punkt, und Kriens-Innenverteidiger Hasanaj liess Torhüter Baumann keine Chance. Der FCZ reagierte und kam ebenfalls bei seinem ersten Eckball zum Ausgleich durch Ben Balla aus kurzer Distanz. Gleich im Anschluss hatte Pagliuca nach starker Vorarbeit von Salija eine Top-Chance alleine vor Torhüter Osigwe, zögerte aber einen Moment zu lange, so dass Fäh noch eingreifen konnte. In der Folge war das Spiel dominiert durch Kampf um jeden Zentimeter im Mittelfeld mit wenig Torchancen auf beiden Seiten. Speziell Di Gregorio suchte immer den Weg durch die grössten Pfützen des regengetränkten Rasens und verlor unterwegs den Ball vom Fuss.

Der FCZ kam sehr gut aus der Halbzeitpause und machte einige Minuten Druck, worauf wiederum der SC Kriens das Szepter übernahm. Unter dem Strich hatte Kriens mehr vom zweiten Durchgang, allerdings immer wieder unterbrochen von guten Zürcher Phasen. In einer solchen Phase umspielte der eingewechselte Sulejmani Torhüter Osigwe im Strafraum rechts herum, und hatte freie Schussbahn aufs leere Tor, als ihn Osigwe von hinten von den Beinen holte. Völlig zu Recht entschied Schiedsrichter Gut auch hier auf Penalty, gab dem Krienser Keeper aber keine Karte. Sulejmani versuchte die Penaltychance selbst zu nutzen, aber sein Schuss war zu unplatziert halbrechts halbhoch – Osigwe konnte den Ball problemlos abwehren.

Sechs Minuten vor Schluss fiel ein Krienser im Zürcher Strafraum theatralisch – wieder entschied Ref Luca Gut auf Penalty, welchen Hasanaj zum zweiten Mal verwandelte. Diesmal hatte Torhüter Baumann die richtige Ecke geahnt. Ein entschlossenes Nachsetzen im Mittelfeld von Salija führte über Di Gregorio in der Nachspielzeit zur Grosschance des eingewechselten Sulejmani – aus sechs Metern setzte der ehemalige FCB-Junior und Ex-Juniorennationalspieler den Ball Innenrist über das nur noch von zwei Verteidigern bewachte halbleere Krienser Tor. Gleich im Anschluss pfiff Schiedsrichter Gut die Partie ab.

SC Kriens – FC Zürich II 2:1 (1:1)

Kleinfeld – 350 Zuschauer – SR Gut

Tore: 2. Hasanaj (Foulpenalty) 1:0, 5. Ben Balla (Di Gregorio) 1:1, 84′ Hasanaj (Foulpenalty) 2:1

SC Kriens: Osigwe; Kablan, Hasanaj, Fäh, Fanger; Siegrist (83. Walker), Wiget, Bürgisser, Bem (90. Stojanov); Thali (80. Costa), Sorgic.

FCZ II: Baumann; Di Gregorio, Gebistorf, Berisha, Kempter; Cirelli, Ben Balla (85.Kouamé); Ribeiro (75.Zoller), Salija, Janjicic (70.Sulejmani); Pagliuca.

 

Quo Vadis FCZ?

Yverdon als Tiefpunkt? Das Derby als Wegweiser? Beim FCZ scheint der grosse Umbau erst noch bevorzustehen – eine Analyse   

Am 26. Oktober 2021 schied der FC Zürich im Schweizer Cup in Yverdon aus – nach einem epischen Penaltyschiessen. Coach André Breitenreiter war damals von seinem üblichen 3-4-1-2 abgewichen, schickte seine Mannschaft am Neuenburgersee in einem 4-3-3 aufs Feld – und verschaffte einigen Ergänzungsspielern eine Chance in seiner Startelf. Beides hatte er bereits in den ersten beiden Cup-Partien gegen Unterklassige in Solothurn und Kriens praktiziert. Die mentale Einstellung mehrerer Spieler stimmte in allen drei Partien nicht. Gegen das noch halb in den Sommerferien weilende Solothurn (klar) und das in der Challenge League mit einem Punkt aus sechs Spielen abgeschlagen auf dem letzten Platz liegende Kriens (knapp, dank Direktem Freistoss Marchesanos) reichte es trotzdem zum Weiterkommen – beim ambitionierten Challenge League-isten Yverdon-Sport nicht mehr.  

Dominanter Fussball kostet in der Regel Geld

Etwas mehr als zwei Jahre später reist der FCZ wieder ins Municipal. Und es folgen gleich mehrere Déjà-Vu! Das Trainerteam um Bo Henriksen (krank zu Hause) und Murat Ural (in dessen Vertretung am Spielfeldrand) wich auch diesmal von seinem üblichen 3-4-1-2 (defensive Phase) / 3-4-3 (offensive Phase) ab und liess die Mannschaft erstmals in dieser Saison von Beginn weg in einem 4-3-3 auflaufen – analog Breitenreiter zwei Jahre zuvor. Es handelte sich übrigens entgegen anderer Verlautbarungen tatsächlich um ein klassisches 4-3-3 – nicht nur defensiv, sondern auch im Spielaufbau. Cheick Condé agierte bis zu seinem Platzverweis durchgehend von seiner 6er-Position aus und liess sich nur zwei oder drei Mal für wenige Sekunden zwischen die Innenverteidiger zurückfallen. Auch diesmal schien einzelnen Spielern etwas die Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit im Auftreten zu fehlen. Man hatte zwar zu Beginn rekordverdächtigen Ballbesitz von mehr als 80% zu verzeichnen, vermochte sich aber kaum zwingende Torchancen zu erarbeiten.

Servette scheint sich derweil vom FCZ abgeschaut zu haben, wie man als Klub mit einem mittleren Super League-Budget YB herausfordern kann. Mit dem neuen Trainer René Weiler sind sie mit einem vor allem im Spiel mit Ball an «Breitenreiter-Fussball» erinnernden Stil trotz ihrer Unterzahl-Niederlage in Yverdon der einzige halbwegs verbliebene Herausforderer um den Meistertitel. Während sich der FCZ in Spielart (und in der Tabelle) zuletzt eher in die umgekehrte Richtung entwickelte – in gewissen Aspekten hin zu «Alain Geiger»-Fussball. Dies aber ohne die dafür geeigneten Akteure. Es soll ein dominanter Fussball sein mit einer hoch positionierten Viererkette und breit stehenden Flügeln. Dafür braucht es Spieler, welche die Physis, Technik und Antrittsschnelligkeit haben, um sich vorne in engen Räumen durchzusetzen. Spieler wie beispielsweise ein Filip Ugrinic, Meschack Elia oder Jean-Pierre Nsamé. Und man benötigt in der Regel kopfballstarke und gleichzeitig technisch starke Stürmer, weil Flanken in den Strafraum für dominante Teams fast immer ein wichtiges Mittel sind (ausgenommen einzelne Weltklasse-Teams wie Manchester City oder Barcelona zu ihren besten Zeiten). Solche Spieler kosten aber Geld. In den meisten Ligen Europas hat daher der jeweilige «Krösus» auch deshalb am meisten Ballbesitz, weil er sich die Spieler dafür leisten kann.

Keine Regel ohne Ausnahmen: Brighton, Fluminense, Thun, SLO, Lugano, Servette

Die Ausnahmen von der Regel sollen allerdings nicht unerwähnt bleiben, denn sie sind interessant! Die innovativen Ansätze des Ballbesitz-Spiels von Roberto De Zerbis Brighton & Hove Albion (Fokus auf Überzahl im eigenen Drittel, «Dritter Mann»-Konzept) oder Fernando Diniz’ Fluminense (Relationalismus) scheinen allerdings nicht der Philosophie zu entsprechen, die beim FCZ umgesetzt werden soll. In der Schweiz war früher der FC Thun das deutlichste Beispiel eines Teams, das mit einem kleinen Budget erfolgreich auf Ballbesitz setzte. In der aktuellen Saison kann man bis zur Ablösung von Anthony Braizat auch Stade Lausanne-Ouchy nennen. Gerade als sich die Waadtländer mit ihrem mutigen Spiel in der Liga immer besser zurechtfanden, wurde der Trainer allerdings entlassen und durch einen fast durchgehend mit einer Fünferkette agierenden ersetzt. Seither hat «SLO» kaum noch Punkte geholt. St. Gallen ist kein klassisches Beispiel für Ballbesitz-Spiel, weil die überdurchschnittlichen Ballbesitz-Werte der Ostschweizer vor allem aufgrund ihres Defensivkonzeptes zustande kommen. Servette zu Alain Geiger-Zeiten oder Lugano heute tragen dem Ball Sorge und erhöhen jeweils nur so weit das Tempo, dass es immer noch möglich ist, den Ball mit geringem Risiko und flach zu passen.

Basierend auf den Veränderungen der Spielweise der 1. Mannschaft im Trainingslager sowie in den ersten Super League-Partien nach der Winterpause, den Testpartien der U21 unter einem neuen Trainerteam und den Äusserungen von Milos Malenovic, Bo Henriksen oder Ancillo Canepa in Interviews und an Pressekonferenzen ist ziemlich deutlich geworden, was den Verantwortlichen vorschwebt – und dass es mit den oben erwähnten Beispielen jeweils nur in Einzelbereichen Überschneidungen gibt.

Ein Klub vom Polarkreis als gutes Beispiel  

Dass in Bezug auf die einheitlichen Prinzipien, die von den Jugendteams bis in die 1. Mannschaft umgesetzt werden sollen, an der Präsentation von Milos Malenovic als neuem Sportchef als Beispiele Ajax und Benfica genannt wurden, ist natürlich ein hingeworfener Knochen, an dem in unserer Medienlandschaft speziell die GC-, FCB- und YB-affinen Journalisten in den kommenden Jahren noch häufig mit grosser Dankbarkeit nagen werden. Sie werden dabei bewusst ausblenden, dass sich die Aussage einzig auf die Einheitlichkeit der Prinzipien vom Nachwuchs bis in die 1. Mannschaft bezog – nicht auf die Mitgliederzahlen oder das finanzielle und sportliche Level.

Kein Brighton, kein Fluminense, kein FC Thun, St. Gallen oder Lugano, und sicher kein Ajax oder Benfica… Mit welchem Team lässt sich denn nun das, was die ambitionierte sportliche Leitung mit dem FCZ vorhat, am ehesten vergleichen? Dazu lohnt sich ein Blick weit in den Norden auf einen Klub, den der FCZ aus seiner letzten Europa League-Kampagne kennt: Bodø/Glimt. Diese Mannschaft spielt schon seit längerer Zeit einen dominanten Fussball im 4-3-3 mit einer hoch stehenden Viererkette und intelligentem Pressing – genauso wie es beim FCZ in den letzten Wochen die 1. Mannschaft und die U21 mehr oder weniger erfolgreich versucht haben. So spielen sie auch gegen renommierte Gegner. Interessant: Bodø/Glimt hat wie beim FCZ vorgesehen auf diese Spielweise gewechselt, ohne dabei zu den begüterten Klubs der Liga zu gehören.

Beeindruckende Entwicklung von Bodø/Glimt auf allen Ebenen

Die Fussballer von nördlich des Polarkreises wurden über Jahrzehnte vom im Süden des Landes beheimateten Profifussball und dessen Traditionsklubs belächelt. Nicht nur wegen dem Stadion, sondern weil man Bodø ganz generell nicht als Fussballstadt gesehen hat. Gewisse Parallelen mit Zürich sind also auch diesbezüglich vorhanden. Mittlerweile hat Bodø/Glimt drei Meistertitel in vier Jahren gewonnen und die vormaligen Dominatoren Rosenborg und Molde überholt. Man hat mit dem Anfang 2019 direkt aus Nigeria an den Polarkreis dislozierten damals 18-jährigen Victor Boniface einen wesentlichen Anteil an der langjährigen Entwicklung eines der aktuell besten Stürmer der Bundesliga. Die jährlichen Transfereinnahmen haben sich Schritt für Schritt auf umgerechnet rund 15 Mio. Schweizer Franken erhöht. Der einheimische Cheftrainer Kjetil Knudsen ist trotz Interesse aus der Premier League nun schon seit sechs Jahren am Ruder. Geholfen hat dabei wohl auch die Konstellation, dass er erst im Alter von 50 Jahren erstmals im Profibereich tätig wurde.  

Auch international sorgte Bodø/Glimt für Furore. 21/22 hat man gegen den späteren Conference League-Sieger AS Roma in vier Begegnungen zwei Mal gewonnen und einmal Unentschieden gespielt – und dabei mit einem 6:1 José Mourinho gemäss Statistikern die höchste Niederlage der Trainerkarriere zugefügt. Die AS Roma lag eigentlich bereits im Koma. Trotzdem schied Glimt letztendlich gegen die Italiener aus. Davor wurde der schottische Primus Celtic mit zwei klaren Siegen aus dem Rennen geworfen – und dies ohne einen Urs Fischer und dessen Flankenkünste dafür zu benötigen. In der aktuellen europäischen Saison überwintern die Norweger zum dritten Mal in Folge und treffen im 1/16-Final der Conference League auf… Ajax. Man kann es sich mittlerweile dank der Transfererlöse leisten, mit Patrick Berg einen Stammspieler der norwegischen Nationalmannschaft für 4 Mio. Schweizer Franken aus Lens zurückzukaufen und den genauso wie Berg aus Bodø stammenden Stürmer Jens Petter Hauge im besten Fussballeralter (mit Kaufoption) von der Frankfurter SGE auszuleihen. Das wäre vergleichbar mit einem FCZ, der Anfang der laufenden Saison Ricardo Rodriguez von Torino zurückkauft und Josip Drmic von Dinamo Zagreb mit Kaufoption ausleiht.     

Die Entwicklung von Bodø/Glimt ist ein Vorbild und Idealszenario. Auch nur schon teilweise sich in den Fussstapfen der Norweger zu bewegen, wäre ein Erfolg. Gleichzeitig hat man in Zürich teilweise sogar bessere Voraussetzungen: nämlich das gemessen an der Einwohnerzahl grössere Einzugsgebiet an Talenten und Zuschauern als die Norweger.  

Schlechte Erfahrungen der letzten Jahre

«Ein oder zwei Sechser?» ist in der Welt des ballbesitzorientierten Positionsspiels fast schon eine religiöse Frage – wie «katholisch oder reformiert?». Christlich ist beides, aber der Teufel steckt in den Details. Aktuell spielt beim FCZ die 1. Mannschaft bei einer Viererabwehr mit einem Sechser, was auch die Präferenz des «Godfather» Johan Cruyff war. Die Schweizer Juniorennationalteams und die meisten Klub-Academy-Teams haben in der jüngeren Vergangenheit jahrelang fast ausschliesslich in diesem System gespielt – genauso Alain Geiger mit Servette. In der Premier League gibt es aktuell im Spielaufbau unter anderem bei den «Cruyff-Jüngern» Guardiola und De Zerbi aber wieder eine Entwicklung zur Doppel-Sechs im Spielaufbau. Klassisch wäre das ein 4-2-3-1, es kann sich aber beispielsweise auch um ein 3-2-4-1 handeln.   

Egal ob mit einem oder zwei Sechsern: das FCZ-Kader passt so oder so nicht zum angestrebten Fussball. Das ist keine neue Erkenntnis. Schon seit Jahren trägt der FC Zürich dieses Problem mit sich herum. Jedes Mal, wenn man unter Trainern wie Magnin, Rizzo oder Foda das Spiel dominanter gestalten wollte, führte dies in den Misserfolg. Selbst in der Endphase der Breitenreiter-Saison versuchte man erfolglos vermehrt höher zu stehen – nur spielte die dadurch sinkende Leistungskurve in diesem Zeitpunkt keine Rolle mehr, da der Vorsprung vor der Konkurrenz schon zu gross war. Breitenreiters Pragmatismus und Erfolgsorientierheit hatte den FCZ zum Titel geführt. Der anschliessende Philosophie-Wechsel bekam der Mannschaft resultatmässig dann nicht gut.

Vertragsverlängerungen, die sportlich nicht zu passen scheinen

Das Hauptproblem war in den letzten Jahren jeweils der «Mismatch» zwischen Kader und Spielweise. Steht eine Mannschaft tief, wie der FCZ grösstenteils in der Meistersaison, braucht sie sprintstarke Stürmer. Steht sie hoch, wie dies jetzt wieder der Plan ist, braucht sie sprintstarke Verteidiger. Nikola Katic und Fabio Daprelà gehören zu den langsamsten Verteidigern der Liga. Auch Lindrit Kamberi ist in diesem Bereich nur Liga-Durchschnitt. Dies wurde den FCZ-Verantwortlichen nach der Winterpause in der Entstehung aller Gegentore (drei in Yverdon, zwei beim ersten Derby, zwei gegen Lausanne-Sport) erneut schmerzhaft vor Augen geführt. Mit schnellen Verteidigern hätten alle diese Gegentore verhindert werden können. Beim ersten Gegentor in Yverdon bezieht sich diese Aussage dabei auf die Entstehung des Freistosses.  

Katic und Daprelà sind typische Haudegen mit einer beschränkten Technik für eine tief stehende Mannschaft, die nicht das Spiel machen will und muss. Trotz dieses klaren Spieler–Spielweise Mismatches war Nikola Katic interessanterweise einer der ersten Spieler mit denen Sportchef Malenovic den Vertrag verlängert hat. Eine weitere frühe Vertragsverlängerung gab es mit Rodrigo Conceição, der mit seiner zu wenig engen Ballführung und etwas wilden Art ebenfalls das Profil eines Konterspielers hat. Bledian Krasniqi oder Antonio Marchesano sind ebenfalls in Umschaltsituationen am stärksten – sowohl offensiv wie defensiv.

Kaum Spieler im Kader für dominanten Fussball

Dasselbe gilt für Jonathan Okita. Dieser hat am Ball kein überragendes Tempo und ist daher kein Spieler, den man wie Assan Ceesay oder Fabian Rohner typischerweise hinter die gegnerische Abwehr lancieren kann. Er benötigt für seine Einzelaktionen und Weitschüsse trotzdem den Raum und die Zeit einer Umschaltsituation. Natürlich kann eine solche auch aus einem Hohen Pressing entstehen – aber dafür benötigt man ebenfalls die richtigen Spieler. Seit mehreren Jahren steht und fällt das FCZ-Pressing mit der Form des «Pressing-Leaders» Antonio Marchesano. Die anderen Stürmer sind in diesem Bereich nicht speziell stark.  

Auch Ifeanyi Mathew ist vor allem in Kontersituationen gut. Es gibt kaum Spieler im Kader, denen dominanter Fussball besser liegen könnte als der bisherige Spielstil. Cheick Condé ist ein Kandidat. Mit Amadou Dante kommt nun ein weiterer hinzu. Die Stossrichtung auf Seiten der Neuverpflichtungen scheint zu stimmen – auch in Bezug auf das Motto „Qualität vor Quantität“.

Drei Punkte im Derby dank Rückkehr zum Pragmatismus

Ein wichtiger Erfolgsfaktor der Meistersaison war André Breitenreiters Pragmatismus und Erfolgsorientiertheit, die er auch aufgrund seines Standings bis fast zum Ende der Saison durchziehen konnte. Er nahm keine Rücksicht auf Spielphilosophien, Nachwuchsentwicklung oder personelle Belange. Wer ein oder zwei Chancen erhalten hatte, und sie nicht nutzte, war für den Rest der Saison aussen vor. Entscheidungen wurden nüchtern gefällt und aus Fehlern rasch gelernt. Dass der Abgang von Bo Henriksen auf Ende Saison nun bekannt geworden ist, könnte einen ähnlichen Effekt haben – und für den Rest der Saison ebenfalls zu Pragmatismus und Erfolgsorientiertheit führen. Nichts könnte dies besser illustrieren als das zweite Derby: nach dem 1:0-Führungstreffer wurde der eigene Strafraum mit Mann und Maus verteidigt und auf schnelle Gegenstösse mit Fabian Rohner als einzigem Stürmer gesetzt. Daraus resultierten drei Punkte. Im ersten Derby nach der Winterpause hatte man nach einer 1:0-Führung risikovoll weitergespielt und lief dem Gegner zwei Mal ins offene Messer.      

Auch bezüglich Spielsystem kehrte Henriksen am Wochenende zum 3-4-3 / 3-4-1-2 zurück. Seit dem Auswärtsspiel in St. Gallen kurz vor der Winterpause hat man mit der Umstellung auf ein 4-3-3 im Verlauf der 2. Halbzeit grundsätzlich gute Erfahrungen gemacht. Die Kadenz der herausgespielten Torchancen erhöhte sich. Dies weil es für einen Gegner immer schwierig ist, während einer laufenden Partie auf so eine Umstellung zu reagieren. Das 4-3-3 als Grundformation und die hohen Linien haben aber erstmal weder in den Winter-Testspielen noch in Yverdon funktioniert. Gegen einen tief stehenden Gegner wie die Waadtländer braucht es dazu Spieler, die sich mit Technik, Kraft und Antrittsschnelligkeit (am liebsten alle drei Skills gleichzeitig) auf Super League-Niveau auf engem Raum durchsetzen können.

Yverdon erneut der Wendepunkt?

Betreibt der Gegner selbst ein hohes Pressing, benötigt man einen Zielspieler für Yanick Brechers hohe Bälle, um einen gegnerischen Ballgewinn in der eigenen Platzhälfte zu verhindern. Zu Beginn der Saison war Lindrit Kamberi dieser Zielspieler auf der rechten Seite – aber auf ihn haben sich die Gegner mittlerweile eingestellt, so am Samstag auch GC’s Florian Hoxha. Afriyie, Marchesano, Conceição, Krasniqi, Guerrero oder Mathew haben bei solchen hohen Bällen keine Chance. Okita und Boranijasevic gehen diesen trotz einer gewissen Körpergrösse aus dem Weg. Cheick Condé ist allenfalls noch eine Variante, die vereinzelt und ansatzweise nicht schlecht funktioniert hat. Der Guineer ist zuletzt aber etwas aus dem Tritt geraten und obendrein Stand heute noch für die nächsten zwei Spiele gesperrt.    

In Yverdon wurde vor zwei Jahren Breitenreiters Meisterteam endgültig geformt. Denn das 4-3-3 wurde nach der dortigen Erfahrung sofort wieder eingestampft. Pollero wurde zur Winterpause abgegeben, Leitner, Gogia, Hornschuh oder Coric spielten bis zum Ende der Saison nur noch untergeordnete Rollen. Marchesano, Gnonto und Tosin stiegen hingegen in der Hierarchie auf und wurden zu tragenden Säulen. Es folgte ein mirakulöses Last Minute-3:3 im Letzigrund gegen den FCB und danach neun Siege in Folge. Es wäre vermessen, in der aktuellen Saison noch vom Meistertitel zu träumen. Aber ist Yverdon auch diesmal ein Wendepunkt? Die vorläufige Rückkehr zumindest bis Ende Saison zum 3-4-1-2 und dem direkten Fussball durch die Mitte? Und die Herauskristallisierung einer griffigeren Stammformation mit Kryeziu, Krasniqi und Ligue an Stelle von Katic, Condé und Okita?

Schwierige Entscheidungen in der Kaderplanung

Im Hinblick auf den kommenden Sommer und die Zeit danach kann eine Transformation des Spielstils nur mit einem Kaderumbau umgesetzt werden. Es braucht dafür die passenden Spielertypen. Daher stehen schwierige Entscheidungen an. Die Verträge von Antonio Marchesano, Adrian Guerrero, Nikola Boranijasevic oder Marc Hornschuh laufen aus. Guerrero und Boranijasevic waren und sind die Schlüsselspieler des Erfolgssystems 3-4-1-2. Nur dank ihres Laufvermögens auf der Seite kann die Mannschaft in allen drei Linien im Zentrum immer wieder die so wichtigen Überzahlsituationen kreieren. Boranijasevic gehört zu den Top 3-Flankengebern der Liga und Guerrero zu den Top 3-Standardschützen.

Marchesano sorgt mit seiner Kombination aus stupender Technik und grossem Arbeitswillen immer wieder für die Differenz. Über die Jahre hat er sich beim FCZ enorm gesteigert und kann aktuell wieder eine Skorerquote wie in der Meistersaison vorweisen. Er ist genauso wie Guerrero mit Sicherheit auch ein entscheidender Mann für die Stimmung und den Team-Zusammenhalt. Marc Hornschuh war in den letzten zweieinhalb Jahren eine wertvolle Team-Ergänzung und immer da, wenn es ihn brauchte. Nichts symbolisiert seinen Wert für die Mannschaft so gut wie die Szene in St. Gallen, wo er sich aufopferungsvoll in den Schuss von Christian Witzig warf und daraufhin ausgewechselt werden musste. All diese Faktoren machen die zu treffenden Entscheidungen nicht einfacher. Ohne die bisherigen Säulen von Grund auf ein neues Haus zu errichten, in welchem alle für ein Team wichtigen Elemente berücksichtigt werden müssen, ist ein heikles Unternehmen.   

Allmend, Freistoss, Marchesano / Luzern – FCZ Analyse

TAKTISCH INTERESSANTES SPITZENSPIEL AM PILATUS / LUZERN – FCZ VORSCHAU (Züri Live)

In Luzern gelingt dem FCZ auf viel besserer Unterlage als im Letzigrund eine der besten Partien der bisherigen Saison. Offensiv macht man kaum Fehler und Defensiv funktioniert das Pressing immer besser. Der FCZ spielt im Ligavergleich wenig Pässe, vor allem deutlich weniger Querpässe und Rückpässe als die Konkurrenz. -Die „Smart Passes“ und die Anzahl Pässe ins Angriffsdrittel ist hingegen relativ hoch. Die 1. Halbzeit war mit einer Durchschnittsnote von 6,5 die zweitbeste Halbzeit der bisherigen Saison nach der 1. Halbzeit in Basel. Die 2. Halbzeit war leistungsmässig trotz der drei Tore insgesamt eher durchschnittlich. Es ist bereits das sechste Spiel in Folge mit besserer 1. Halbzeit. Dies liegt einerseits an der Energie, mit welcher die Mannschaft jeweils zu Beginn in eine Partie geht und dabei fast immer das wichtige Führungstor erzielt – so auch diesmal. Dies kann man jeweils nicht über 90 Minuten durchziehen. Es kommt dann jeweils sehr auf die Leistung der frischen Einwechselspieler an, inwieweit man bis zum Schlusspfiff trotzdem noch ein gewisses Energielevel halten kann.

Highlights – Abubakar macht ein Riesentheater

Personalien – Marchesano und Katic ausgerechnet in Luzern mit persönlichen Highlights

  • Yannick Brecher: Hat defensiv so gut wie nichts zu tun, speziell in den ersten drei Vierteln der Partie.
  • Nikola Katic: Ausgerechnet in Luzern, wo er im April die damalige 1:4-Niederlage fast im Alleingang verschuldet hatte, gelingt Katic nur wenige Tage nach seinem schlechten Derby seine bisher beste Saisonleistung.
  • Fabio Daprelà: Erstmals seit dem St. Gallen-Heimspiel kann er wieder einmal 90 Minuten durchspielen.
  • Nikola Boranijasevic: Vier Pre-Assists in den letzten fünf Spielen. In der Anfangsphase läuft das Zürcher Spiel überall durch, aber nicht über Boranijasevic. Es wird über Links oder durch die Mitte gespielt. Und wenn ein Ball nach rechts vorne kommt, dann ist es ein hoher Ball, für welchen Kamberi der Zielspieler ist.
  • Ifeanyi Mathew: Einziger Spieler der Startformation mit einer ungenügenden Note. Bei gegnerischen Eckbällen mehrmals unaufmerksam. In der 40. Minute beispielsweise bemerkt er nicht, dass Dorn und Jashari ihre Rollen tauschen und in der 61. Minute steht Abubakar völlig frei – wohl weil Mathew die kurz zuvor getätigten Luzerner Wechsel nicht mitbekommen hat.
  • Antonio Marchesano: Vor zwei Jahren gelang Marchesano eine im Schweizer Fussball wohl einmalige Serie von vier Direkten Freistosstoren in fünf Spielen. Die Serie begann auf der Allmend und endete 1km Luftlinie entfernt auf dem Kleinfeld. Nun trifft Marchesano erneut in Luzern mit einem Direkten Freistoss – und legt im gleichen Spiel noch ein weiteres Tor nach. Seine Handlungsschnelligkeit ist wieder auf dem Niveau seiner besten Zeiten. Dazu ist er in Luzern erstmals in dieser Saison auch noch der defensiv Beste seines Teams.
  • Daniel Afriyie: Defensiv nach Marchesano der zweitbeste Spieler beim FCZ (Note „8“). Der Erfolg in Luzern war vor allem darum möglich, weil die Stürmer sehr gut verteidigten. Afriyie hängte sich wie ein Rucksack an Luzern-Schlüsselspieler Jashari und ermöglichte zudem im Pressing das 3:1 mit einem Assist. Offensiv mit Note „9“ sogar noch besser. Liess in der letzten Viertelstunde der Partie etwas nach.
  • Jonathan Okita: Seine beste Offensivnote der Saison („8“). Eine Entwicklung ist zu sehen: der grossgewachsene Stürmer beginnt nun auch Kopfballverlängerungen bei langen hohen Bällen zu machen, denen er bisher immer tunlichst aus dem Weg gegangen ist.
  • Fabian Rohner: Vier Assists in den letzten vier Spielen. Rohner ist mit einem praktisch tadellosen Einsatz mitverantwortlich für die Siegsicherung und mit Maximalnote „10“ erstmals in dieser Saison MVP und offensiv bester Spieler der Partie auf FCZ-Seite.
  • Armstrong Oko-Flex: Sein Einsatz startet wenig erbaulich mit einem Handspiel bei der Ballannahme und weiteren Ballverlusten – letztendlich trotzdem genügend.

Kommentare – Haas kommuniziert am meisten

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Okita und Seiler starten im Eizmoos / SC Cham – FCZ Aufstellungen und Vorschau

Der FCZ tritt zum zweiten Mal im Schweizer Cup gegen den SC Cham an. Die letzte Begegnung im Dezember 2014 (Achtelfinal, 5:0) wurde ebenfalls von Züri Live übertragen. Der ehemalige FCZ-Junior Esat Balaj war schon damals bei Cham in der Startformation. Die damalige Partie wurde in der Zuger Herti gespielt. Einer der emotionalen Höhepunkte aus Zürcher Sicht war die herzliche Begrüssung Köbi Kuhns durch das lokale Publikum. In der Pause kam die FCZ-Legende und Ex-Nationaltrainer damals bei Züri Live zu einem Pausengespräch vorbei.

In der Saison 07/08 spielte der SC Cham für ein Jahr in der Challenge League. Nach folgenden Jahren in der 1.Liga schafften die Zuger 2015 den Aufstieg in die Promotion League. Auf diesem Niveau konnte sich Cham Saison für Saison halten und hat nun die achte Saison Promotion League in Folge gestartet. Alle FCZ-Spieler, die den Weg über die eigene U21 gemacht haben, haben hier also schon gespielt. Trainer Roland Schwegler (als Spieler ex-GC und -Luzern) geht in seine vierte Saison mit dem Team. Gleich acht junge Spieler sind diesen Sommer zum neuen Ligakonkurrenten SC Kriens gewechselt. Dafür hat Cham Talente von Luzern und GC, sowie erfahrene Spieler vom FC Wohlen geholt. Balaj ist auch diesmal wieder in der Startformation. Voraussichtlich spielt das Heimteam in einem 3-4-3, welches sich defensiv allerdings eher als ein 5-4-1 darstellen wird.

Der FCZ kann durchaus immer noch als Cup-Mannschaft bezeichnet werden. Über die Jahre seiner Geschichte war er in Cupfinals (10 Siege von 11 Teilnahmen), Europacuppartien (unter anderem zwei Meistercup-Halbfinals) und Meisterschaftsentscheidungen (vorzugsweise in Basel) immer parat. Zuletzt schied man aber zwei Mal gegen einen Challenge League-isten (Chiasso, Yverdon) aus. Heute im Eizmoos erhalten unter anderem Seiler und Okita eine Chance von Beginn weg. Zwischen den Pfosten steht wieder Cup-Torhüter Zivko Kostadinovic.

FCZ-Testspielbilanz & erste Einschätzungen zur neuen Mannschaft – Teil 1

Vor der abschliessenden Begegnung in Friedrichshafen gegen den VfB Stuttgart hat der FC Zürich eine makellose Testspielbilanz. Grosse Aussagekraft hat dies freilich nicht. Letzten Sommer hatte man nach Tests gegen fast ausschliesslich unterklassige Gegner eine negative Bilanz vorgewiesen. Neben drei Niederlagen gegen Aarau (0:1), Xamax (1:4) und Feyenoord (0:1) resultierten zwei Unentschieden gegen Wil (2:2) und Vaduz (0:0), und nur ein einziger Erfolg gegen den SC Kriens (6:1).

Vor einem Jahr: Fokus auf die positiven Aspekte trotz schlechter Testspiele

Und was machte der damalige Trainer André Breitenreiter? Statt sich und die Mannschaft kurz vor Saisonstart in einer ausgiebigen Fehleranalyse selbst zu zerfleischen, zeigte er vertieft die Bilder vom einzigen Sieg gegen den SC Kriens – als Blaupause dafür, wie eine Woche später zum Super League-Start in Lugano gespielt werden soll. Und zwar zeigte er dabei sicherlich einzig die ersten 30 Minuten der Partie. Denn danach war der später frühzeitig feststehende Absteiger aus der Challenge League eher die bessere Mannschaft gewesen.

Dies notabene mit einer unter anderem durch Corona stark ersatzgeschwächten Equipe, welche die Anweisungen ihres neuen Coaches Morandi noch nicht zu verstehen schien, und bei der im Verlauf der 2. Halbzeit der dritte FCZ-Torhüter Gianni De Nitti zwischen die Pfosten musste, weil sich mit Neuenschwander auch noch der letzte zur Verfügung stehende Torhüter verletzt hatte. Am gleichen Nachmittag im Heerenschürli war die zweite Hälfte der Zürcher Stammelf gegen Xamax chancenlos geblieben. Breitenreiter redete in Bezug auf die Vorbereitung danach gegen aussen aber nur vom Kriens-Spiel. Was folgte, war die Meistersaison 21/22 mit am Ende 14 Punkten Vorsprung auf den zweitplatzierten FC Basel.

Der FCZ weiterhin häufig mit Blitzstart

Diesen Sommer hinterliess der FCZ in den Testpartien den deutlich besseren Eindruck. Ein Teil davon ist sicherlich erklärbar durch das im Verlauf der letzten Saison entwickelte Selbstverständnis der Mannschaft. Ein Teil auch durch den gestiegenen Respekt der Gegner, ähnlich wie dies in der Challenge League-Saison 16/17 in den Meisterschaftspartien der Fall gewesen war. Ein grosser Teil könnte aber durchaus auch davon herrühren, dass man in den Testpartien ambitionierter angetreten ist, als die jeweiligen Gegner. Und daher der Spielverlauf wenig Aussagekraft hat. Man will beim FCZ mittlerweile einfach immer gewinnen – ob im Training, in Testspielen vor leeren Rängen und natürlich auch dann, wenns wieder um die Wurst geht.

Die Partie FCZ – Altach musste mit rund zehn Minuten Verspätung starten, weil die Letzigrund-Crew vergessen hatte, die Sprinkleranlage auszuschalten

In vier von sechs Testpartien schoss der FCZ bereits in den ersten fünf Minuten das 1:0 – was an einige Meisterschaftsspiele der letzten Saison erinnert. Das in die 2. Liga Interregional abgestiegene Thalwil gab 45 Minuten Vollgas und brach danach ein. Der FC Baden wirkte hingegen kurz nach dem nach acht Jahren an der Spitze der 1. Liga Gruppe 3 endlich realisierten Aufstieg in die Promotion League etwas demotiviert – oder noch angeschlagen von den Feierlichkeiten. Gegen den FC Wil musste der FCZ dann erstmals auf einen Rückstand reagieren. Viktoria Köln wurde mit einer Tempoverschärfung nach der Pause bezwungen. Gegen YF Juventus machte zugunsten der „2. Garde“ des FCZ die schon deutlich weiter fortgeschrittene Saisonvorbereitung und Ole Selnaes‘ Klasse am Ball den Unterschied. Gegen Altach zeigten dann die aktuellen Favoriten auf die Startformation für den Super League-Start in Bern vor allem in der Anfangsphase eine starke Leistung und guten Spirit.

„Turbo Fabian“ eiskalt vor dem gegnerischen Gehäuse

Der neue Trainer Franco Foda probierte unterschiedliche Spielformationen aus, experimentierte aber etwas weniger, als dies Breitenreiter in seiner Sommer-Vorbereitung tat: das letztjährig meist implementierte 3-4-1-2 war die favorisierte Formation. Trotzdem waren auch ein klassisches 4-4-2 (in dieser Formation gelang die bisher beste Halbzeit gegen Altach), ein 4-3-3 und sogar ein 3-4-3 mit dabei.

Fabian Rohner war immer wieder eiskalt vor dem gegnerischen Kasten und steuerte acht Tore sowie drei Assists bei. Schon vor einem Jahr hatte „Turbo-Fabian“ in der Vorbereitung als Stürmer oder zurückhängende Spitze am meisten überzeugt. Zuletzt gegen Altach in der 2. Halbzeit hat ihn Trainer Foda in einem 3-4-3 am Rechten Flügel eingesetzt. Der Rheinhesse sieht Rohner so wie es aussieht als Alternative weiter vorne als noch sein Vorgänger Breitenreiter, bei welchem Rohner während der ganzen Saison der Backup von Nikola Boranijasevic war. Kommende Saison könnte möglicherweise Selmin Hodza diese Rolle übernehmen. Der Backup für Adrian Guerrero auf der linken Seite fehlt noch. Buschman wird es sicherlich nicht. Unter anderem wurde Offensivmann Kedus Haile-Selassie auf dieser Position getestet und hat gegen Baden auch defensiv ganz gut mitgearbeitet. Zur Zeit ist der jüngere Bruder von Maren Haile-Selassie allerdings im Test beim FC Schaffhausen. Es könnte sich eine Leihe anbahnen.

Testspieler Fabao, Dzemaili und Boranijasevic beim Auftakt in Thalwil, Sportplatz Brand

SWISS FOOTBALL LEAGUE – 23 GRÜNDE GEGEN LIGA-AUFSTOCKUNG UND PLAYOFFS

Zum wiederholten Mal in den letzten Jahren wird in der Swiss Football League über eine Änderung des Ligaformates diskutiert. Dabei gibt es keinen Grund, das Erfolgsformat 10+10 aufzugeben. Die Aufstockung auf 12+10 und darauf aufbauende Überlegungen im Hinblick auf eine Zulassung von U21-Teams in der Challenge League hätten in allen Bereichen negative Auswirkungen auf den Schweizer Spitzenfussball: sportlich, wirtschaftlich, sicherheitstechnisch und auch im Bereich der Talentförderung.

1)   Never Change a Winning Format

Seit Einführung von 10+10 hat die Schweizer Nationalmannschaft mit Ausnahme von 2012 alle Endrunden erreicht. Die Spielzeit für eigene Junioren in der Super League ist dank der 10er-Liga von 10% auf aktuell 21,7% geradezu explodiert. Die Schweiz liegt in diesem Bereich europäisch unter den ersten drei. Die durchschnittlichen Zuschauerzahlen haben von rund 5’000 in der 16-er Liga, über 7’000 in der 12er-Liga auf 11’000 in der 10er-Liga zugenommen. Gemessen an der Einwohnerzahl ist dies auch im internationalen Vergleich ein sehr hoher Wert. Dieser Zuschaueraufschwung hat den Schweizer Profiklubs unter anderem ermöglicht, ihre Talentförderung massiv auszubauen mit heutigen Jahresbudgets der Akademien von bis zu 4 Mio Franken pro Jahr.

Die Schweiz hat zudem mit diesem Format ihren jungen Talenten für den Sprung in eine internationale Topliga eine ideale Plattform bieten können. In gewissen Saisons war die kleine und nicht als «Fussballnation» betrachtete Schweiz im Ausländerranking der Bundesliga sogar auf dem 1. Platz. Und trotz grossem Aderlass an eigenen Talenten und beschränkten finanziellen Mitteln hat es die Super League parallel auch noch geschafft, sich im Klubfussball meist in den Top 15 der UEFA-Fünfjahreswertung zu halten. Sogar Challenge League-Klubs (Lausanne-Sport, FC Zürich, Vaduz) waren europäisch kompetitiv.

2)   Tiefere Zuschauerzahlen vorprogrammiert

Eine grössere Liga geht fast schon automatisch einher mit einem kleineren Zuschauerschnitt. In Österreich haben durch die Ligavergrösserung die Zuschauerzahlen sogar abgenommen obwohl gleichzeitig die Wiener Grossklubs Rapid und Austria neue Stadien eröffnet haben. Egal nach welchem Modus: es gibt mehr Spiele gegen unattraktivere Gegner. Und da die Zuschauereinnahmen sowohl direkt wie auch indirekt (Sponsoren, Werbegelder) für die Schweizer Klubs essenziell sind, ist dies ein ganz wichtiges Argument gegen eine Ligavergrösserung.

3)   Deutlich weniger TV- und Verbandsgelder pro Klub

Mit neu 12 statt 10 Teilnehmern bleibt für jeden einzelnen Klub weniger aus den TV- und Verbandsgeldern übrig. Die Super League-Klubs müssen bei diesen Einnahmenposten mit einer Reduktion um 15-20% rechnen.   

4)   Talentförderung ist in 12er-Ligen kleiner

Die Super League mit aktuell 21,7% ist europaweit die Nummer 3 in Bezug auf den Einsatz von im Klub ausgebildeten Spielern. Der Mythos, dass eine 10er-Liga wegen «grösserem Druck auf die Trainer» zu einer Vernachlässigung des eigenen Nachwuchses führt, ist nachweislich falsch. Ganz im Gegenteil: die Statistik aller europäischen obersten Ligen zeigt, dass die Einsatzzeiten von Spielern aus dem eigenen Nachwuchs mit der Ligagrösse generell abnimmt! Der Unterschied zwischen 10er-Ligen (beinahe 20%) und 12er-Ligen (etwas mehr als 15%) ist dabei speziell gross. In Österreich beispielsweise stammen aktuell nur 18,2% der eingesetzten Spieler aus dem eigenen Nachwuchs, in Schottland gar nur 10,8%.

Wenn, wie in einer 10er-Liga häufig der Fall, alle Teams während der ganzen Saison entweder im Kampf um die Meisterschaft, die Europacup-Plätze oder gegen den Abstieg involviert sind, bringt dies gerade die jungen Spieler in ihrer Persönlichkeitsentwicklung weiter. Tragende Säulen des Nationalteams der letzten Jahre wie Yann Sommer, Steven Zuber oder Tranquillo Barnetta wurden in jungen Jahren im Abstiegskampf gestählt. Geht es in einer Partie zwischen Mittelfeldteams hingegen um Nichts, dann ist die Intensität tief, und die Talente lernen kaum mehr als in einem Testspiel. Erst durch Widerstand und Druck entsteht aus Basiselementen ein Rohdiamant. Talente, die mental und fussballerisch das Zeug für eine Top-Liga mitbringen, werden in der Super League von ihren Trainern auch in schwierigen Situationen gepusht. Ein Ricardo Rodriguez oder Granit Xhaka haben schon mit 17 Jahren konstantere Leistungen auf den Platz gebracht als deutlich erfahrenere Teamkollegen.

5)   Nicht genügend Infrastrukturen und Potential für mehr als 20 Teams, sowie erhöhte Sicherheitsbedenken

Trotz temporärer Suspendierung einiger entscheidender Infrastrukturkriterien aufgrund der schwierigen Nach-COVID-Situation haben in erster Instanz nur 20 Klubs die Swiss Football League-Lizenz für die Saison 22/23 erhalten. Bei konsequenter Anwendung der Lizenzkriterien wären es vor allem die Super League betreffend sogar deutlich weniger gewesen. Trotzdem wird eine Aufstockung auf insgesamt 22 Klubs vorgeschlagen. Als würde die Realität des Schweizer Fussballs ignoriert. Vor einigen Jahren wurde in einer Studie eruiert, dass 20 Fussball-Profiteams angesichts der Grösse und Struktur eines Landes wie der Schweiz die obere Grenze des Möglichen und Finanzierbaren darstellen.

Das leicht grössere Österreich kam über 7’000 Zuschauer im Schnitt nie hinaus und kam zum Schluss, dass es nicht in der Lage ist, 20 Profiklubs zu unterhalten. Deshalb wurde mit der Re-Amateurisierung der 2. Liga ein Schritt zurück gemacht.  Die Schweiz kann zwei professionelle Ligen betreiben. Allerdings nur, wenn sie nicht zu gross sind. Um einen einigermassen sinnvollen Wettbewerb um den Aufstieg in die höchste Liga zu gewährleisten, müsste zudem mindestens die Hälfte der Challenge League-Klubs die (infrastrukturellen) Voraussetzungen für die Super League mitbringen, also insgesamt 12 + 5 = 17 Klubs. Dies ist aber nicht der Fall. Bei einer 12-er Super League müssten zudem 17 Klubs in Bezug auf Sektorentrennung, Installationen und Polizeiaufgebot in der Lage sein, im Ligabetrieb Gästeteams wie den FCB, den FCZ, YB oder St. Gallen empfangen zu können.

6)   Gefahr der Verknöcherung und fehlenden Abwechslung

Falls durch eine Aufstockung auf 12 Teams gewisse Klubs tatsächlich in der Regel von Abstiegssorgen befreit werden, führt dies zu einer Verknöcherung und einem zu geringen Konkurrenzdruck in der Liga. Auch würde es langweiliger werden, wenn ausser FCB und YB weitere Klubs quasi «unabsteigbar» würden und daher zum Inventar der obersten Spielklasse verkommen.

7)   Verwässerung des sportlichen Niveaus

Die Qualität einer Liga wird bestimmt durch die Qualität seiner Spieler. Eine Erste Liga, die aufgestockt wird, wird «von unten» aufgefüllt mit Teams und Spielern, die ansonsten in der Zweiten Liga gespielt hätten. Bei einem Profi-Kader von 25 Mann pro Team sind dies in einem virtuellen Ranking die Profis Nummer 251 bis 300 des Landes. Diese bleiben grundsätzlich auch durch den «Aufstieg am grünen Tisch» die Profis Nummer 251 bis 300. Sie werden nicht wie durch ein Wunder bessere Fussballer. Es ist eher so, dass die besten 100 Profis durch Spiele gegen diese schlechteren Mannschaften weniger stark gefordert werden und die Gefahr besteht, dass sie sich vom tieferen Rhythmus anstecken lassen. Letztendlich wird die durchschnittliche Qualität (Technik, Tempo, Intensität) der Liga tiefer als zuvor sein.

Dies gilt für alle Wettbewerbe jeder Sportart, national wie international. Die Champions League-K.O-Phase mit den besten 16 Teams hat ein höheres Niveau, als die Gruppenphase mit 32 Mannschaften. Den Unterschied bemerken sogar Fussball-Laien. Wäre die deutsche Bundesliga eine 10er-Liga, hätte sie ein Champions League-ähnliches Niveau. Von den Mannschaften 11-18 würden je die besten 3-4 Spieler zu den Top 10 Teams wechseln. Es wäre ein Fussball mit nochmal deutlich höherer Intensität, Tempo und besserer Technik als heute.

Warum setzt die Bundesliga dies dann nicht um? Erstens weil in einem so grossflächigen Land Grossregionen mit mehreren Millionen Einwohnern dann nicht mehr in der Bundesliga vertreten wären. Und Zweitens, weil keine der anderen grossen Ligen diesen Schritt bisher gewagt hat – und Deutschland daher im sportlichen Vergleich mit England, Spanien oder Italien aufgrund der Ligagrösse kein Wettbewerbsnachteil entsteht – sie haben im Gegenteil zurzeit sogar einen kleinen Vorteil. In einem grossen Land wie Deutschland ist zudem der Qualitätsunterschied zwischen dem zehntbesten und dem elftbesten Team des Landes nicht so gross wie in der Schweiz.

8)   Fussball darf nicht «planbar» werden!

Fussball «planbar» machen zu wollen ist ein Anachronismus. Der erfolgreichste Sport der Welt lebt von seiner Unplanbarkeit: Spannung, Überraschungen, Drama, Krisen und  Wiederauferstehung. Er ist eine moderne Passionsgeschichte. Planbarer Fussball ist wie ein Metallica-Konzert in Zimmerlautstärke oder ein Zirkus-Artist, der kein Risiko eingeht. Warum soll man sich als Zuschauer so etwas anschauen gehen und dafür bezahlen?  Für den Schweizer Fussball ist es sehr gut, dass 1,5 von 10 Mannschaften absteigen. Für die Klubverantwortlichen zugegeben nervenaufreibend, aber so soll es auch sein! Wenn viel auf dem Spiel steht, strömen die Zuschauer in Scharen. Die abgrundtiefe Enttäuschung, der Scherbenhaufen, die Radikalkur: das alles zieht Fussballfans in ihren Bann. Im Abstiegskampf kommen häufig ebenso viele Fans ins Stadion, wie bei Spielen um die Meisterschaft.

Profifussball gehört zur Unterhaltungsbranche und diese ist nicht geeignet für Führungskräfte und Mitarbeitende, die mit schnell wechselnden Gegebenheiten nicht zurechtkommen. Klubs wie St. Gallen oder der FCZ haben in den letzten Jahren vom Abstieg in die Challenge League profitiert. Sie konnten sich neu aufstellen, Ballast abwerfen, eine neue Nähe und Begeisterung bei den Fans entfachen und den Wiederaufstieg feiern. Niemand feiert hingegen einen 9. Platz in einer 12er-Liga. «Planbarkeit» in den Fussball bringen zu wollen, bringt Alltag, Bürokratie, Verknöcherung, Stillstand und eine reduzierte Lernfähigkeit. All dies ist schlecht für die internationale Wettbewerbsfähigkeit und den nationalen Unterhaltungsfaktor.

«Allein, weil man nicht absteigen kann, fehlt das Kribbeln im Bauch. Wenn man verliert, geht man nach Hause und denkt sich: Okay, nächste Woche haben wir wieder einen Match.»

(Blerim Dzemaili über die MLS)

9)   Die Challenge League ist gefährdet

Eine Ligavergrösserung der Super League hat auf die Challenge League grössere Auswirkungen, als auf die Super League selbst. Wenn man der Liga die besten zwei Teams wegnimmt, sinkt nicht nur die Qualität der Challenge League, sondern es fallen auch wichtige Einnahmequellen (zugkräftige Gegner) weg. Dazu kommt die sinkende Wahrscheinlichkeit, dass Klubs mit einer grossen Fanbasis wie St. Gallen, FCZ oder Luzern in gewissen Saisons die Challenge League zusätzlich beleben können. Die finanzielle Situation ist in jedem Land in der jeweils untersten Profiliga eng. Das ist beispielsweise in der Dritten Liga in Deutschland nicht anders, als in der Challenge League in der Schweiz. Diese Ligen funktionieren mittlerweile trotzdem gut.

Die Challenge League hat im Verhältnis zu Zweiten Ligen in vergleichbaren Ländern sogar einen sehr hohen Zuschauerschnitt. Eine Super League-Aufstockung könnte aber in der Challenge League zu solchen Mindereinnahmen führen, dass ihr Überleben als zweite Profiliga in Frage gestellt wird. Und dies könnte den Verfechtern einer totalen Verwässerung der zweithöchsten Liga durch die Zulassung von Reserve-Teams der reichen Klubs entscheidenden Auftrieb verleihen.

10) Finanzierung der Jugend-Akademien in mehreren Regionen gefährdet

Der Schweizerische Fussballverband und die Swiss Football League haben in den letzten Jahrzehnten ein ausgeklügeltes System entwickelt und immer weiter verfeinert, um den Nachwuchstalenten eine optimale Entwicklung zu ermöglichen. Die Anforderungen an die Akademien der Profiklubs in Sachen Professionalität der Ausbildung wurden dabei laufend erhöht – was Geld kostet. Dieses zusätzliche Geld konnten die Profiklubs nur dank den in den beiden 10er-Ligen in den letzten zwei Jahrzehnten gestiegenen Zuschauerzahlen und – einnahmen aufbringen.

Die Ligaaufstockung in der Super League (und allfällige Aufstockungen in der Challenge League) gefährdet speziell die wichtigen und grossen Nachwuchsabteilungen an Standorten wie Neuenburg, Aarau, Thun oder Winterthur. Dazu sind auch Wil, Kriens, Schaffhausen und Vaduz bis zu einer gewissen Stufe im Juniorenspitzenfussball des Schweizerischen Fussballverbandes engagiert. Die Mittel dazu werden durch den Profibetrieb generiert. Wenn ein solcher nicht mehr aufrechterhalten werden kann, verliert die Schweiz wichtige Standorte und Ausbildungsplätze für Fussballtalente.

11)   Hunderte von Arbeitsplätzen gefährdet

Kann die Challenge League als Profiliga nicht mehr aufrechterhalten werden, verlieren hunderte von Menschen ihre Arbeitsstelle. Die Zahl der Profiklubs wird dann von 20 auf 12, 14 oder 16 reduziert. Hunderte von Fussballern, Physiotherapeuten, Profi- und Spitzenjuniorentrainer sowie Angestellte der Administration der Klubs verlieren ihren Job. Zudem fallen zusätzlich viele Teilzeit- und Gelegenheitsjobs weg.

12)   Abstieg in Challenge League brutaler

Eine «amputierte» Challenge League würde für einen Super League-Absteiger einen brutaleren Aufprall bedeuten. Die sportliche und finanzielle Differenz zwischen den Ligen wäre so gross, dass ein Abstieg wirklich die Existenz gefährden könnte. Es wäre fast nicht mehr möglich, in der Challenge League eine Mannschaft mit Super League-Potential aufzubauen. Man müsste einen radikalen Schnitt machen und käme aus der sich daraus ergebenden Negativspirale von sinkender Qualität, Einnahmen und Zuschauerinteresse womöglich auch nicht mehr heraus.

13)   Fehlende Stufe in der Talententwicklung

Ein Talent braucht für eine optimale Entwicklung eine nahtlose Treppe, in welcher er Jahr für Jahr Stufe um Stufe nehmen kann. Entscheidend ist, dass jede Stufe vorhanden und für das Talente offen ist. Es gibt zwar Jahrzehnttalente, die den Sprung direkt aus der U18 zum Stammspieler der Super League schaffen, aber solche Fälle sind eine äusserst seltene Ausnahme. Viele Talente benötigen zudem zwischen der Reserve und der Super League den Zwischenschritt in einer tieferen Profiliga wie der Challenge League.

Das Schweizer System setzt erfolgreich darauf, dass die besten Talente möglichst früh durch Widerstände wachsen lernen. Die besten Mädchen spielen möglichst lange bei den Jungs mit und die talentiertesten Jungs möglichst früh bei den Männern. Mit 16 kann ein Talent bereits reif genug für die 1. Liga sein, mit 17 wäre er dann bereit für die Promotion League, mit 18 für die Challenge League und mit 19 für die Super League. Ein Klub, der wie aktuell GC, Luzern oder St. Gallen seine Reserve-Equipe in der 1. Liga engagiert hat, besitzt gegenüber dem FCB, FCZ oder Sion den Vorteil, ein Talent möglicherweise bereits ein Jahr früher gegen Männer in Wettbewerbsspielen einsetzen zu können.  

Für die Stufe Challenge League bieten sich für Talente aus Super League-Klubs dann Leihtransfers an, wie dies zuletzt der FCZ und YB sehr erfolgreich praktiziert haben. Der gleiche Weg ist aber auch über Transfers möglich, wie bei Zeki Amdouni, der von Meyrin über Stade Lausanne-Ouchy (SLO) zu Lausanne-Sport gewechselt ist. Vor seinem Engagement bei SLO wäre der Schritt in eine Super League-Equipe für Amdouni noch zu gross gewesen. Wäre die Challenge League allerdings keine Profiliga, dann wäre dieser Schritt für Amdouni wiederum zu klein gewesen! Er hätte in eine mit der heutigen Challenge League vergleichbare Liga wechseln müssen – und solche Optionen gäbe es dann nur noch im Ausland – zum Beispiel die Prva Liga (Erste Liga Sloweniens).

14)   Die Nationalmannschaft braucht eine starke Challenge League und Super League

Auf Stufe der U19-, U20- und U21-Nationalmannschaften hat die Schweiz im Vergleich zu vielen europäischen Ländern den grossen Vorteil, viele Spieler aufbieten zu können, die Stammspieler in der Challenge League sind und somit Woche für Woche Wettbewerbspartien gegen Profis bestreiten. Dies während bei den Gegnern eine grosse Anzahl von Talenten in dieser entscheidenden Phase ihrer Entwicklung immer noch hauptsächlich gegen andere Junioren- und Reserveteams Partien bestreiten, bei welchen die Resultate zweitranging sind.

Ein Drittel der heutigen Nationalmannschaft (Sommer, Akanji, Schär, Widmer, Zakaria, Freuler,…) hat einen wichtigen Schritt ihrer Entwicklung in der Challenge League gemacht. Das hohe Niveau durch den Profibetrieb der Zweiten Schweizer Liga war dabei ein entscheidender Faktor, um auf dem Weg in die Super League und später europäische Top-Ligen ein Schritt nach dem anderen nehmen zu können. Genauso ist es wichtig, dass beim darauffolgenden Schritt «Super League» das Niveau möglichst hoch ist, was bei einer 10er-Liga stärker gewährleistet ist, als bei einer 12-er Liga.

15)   Die Super League braucht eine starke Challenge League

Seit dem Start der 10er-Liga 2003 ist nur drei Mal ein Aufsteiger in der ersten Saison wieder abgestiegen (zwei Mal Vaduz, ein Mal Yverdon). Eine starke Challenge League bringt Abwechslung in den Schweizer Fussball, weil sie eine Zweiklassengesellschaft verhindert. Vor allem aber erhöht der Druck von unten die Wettbewerbsfähigkeit und damit die Qualität der Super League und ihrer Spieler. Als Analogie auf einer höheren Stufe: Paris St-Germain scheitert selbst mit den besten Spielern und Trainern der Welt in der Champions League auch deshalb immer wieder, weil sie in der heimischen Liga im Vergleich zu spanischen oder englischen Spitzenteams weniger gefordert werden.

16)   Beispiel Österreich

Die Zuschauerzahlen in Österreich sind seit den Ligaaufstockungen (Bundesliga: 12, 2. Liga: 16) und der Zulassung von Reserve-Teams in der 2. Liga stark gesunken. Obwohl die Wiener Grossklubs Rapid und Austria ihre langersehnten neuen Stadien haben eröffnen können, sank der Zuschauerschnitt in der Bundesliga von rund 7’000 auf 6’000. In der 2. Liga haben sich die Zuschauerzahlen durch die Aufstockung sogar halbiert – von rund 1’800 auf 900. Die beiden Spielklassen haben nun nur noch rund die Hälfte des Zuschauerschnittes in der Schweiz. Dies obwohl Österreich im Vergleich etwas mehr Einwohner, eine deutlich eindrücklichere Fussballtradition und keine Konkurrenz durch eine zweite grosse Publikumssportart wie das Schweizer Eishockey hat.

Auch die Qualität speziell der 2. Liga ist durch die Ligaaufstockung in der Saison 18/19 stark gesunken. Beispiel: Haris Tabakovic war in den letzten zwei Saisons viertbester und bester Torschütze der Liga, nachdem er zuvor weder in der Challenge League noch in Ungarn Stammspieler gewesen war. Trotzdem spielen nur noch vier Reserve-Teams in der 2. Liga und zwei davon, Young Violets und Juniors Oberösterreich, stehen aktuell (Mai 2022) auf einem Abstiegsplatz. Nur Rapid II und Liefering (Salzburg) werden sich wohl noch in der Liga halten können. Liefering ist die grosse Ausnahmeerscheinung. Dank einem der weltweit besten und teuersten Ausbildungs- und Scoutingsysteme kann sich die Salzburg-Filiale mit einer reinen U21-Mannschaft weiterhin ohne Probleme in der 2. Liga halten. Juniors Oberösterreich hat hingegen sechs Spieler, die über dem U21-Alter sind, bei Rapid II sind es gar elf und bei den Young Violets zwölf! Das Konzept mit U21-Teams in der zweithöchsten Liga funktioniert also eigentlich nur für Salzburg. Einzelne Spieler gezielt in die 2. Liga auszuleihen würde sowohl sportlich wie auch finanziell für alle Anderen mehr Sinn ergeben.

Auch bei der zuletzt relativ erfolgreichen Phase im Europacup profitiert die Österreichische Liga in erster Linie von Salzburg. Trainer aus der Salzburg-Schule wie Adi Hütter und Peter Zeidler haben auch Schweizer Klubs auf ein höheres Niveau gehoben, und in Österreichischen Klubs gibt es natürlich noch viel mehr solche Coaches. Dasselbe kann man über die Spieler sagen. Die Schweiz profitiert bei Noah Okafor, Philipp Köhn und Bryan Okoh von Salzburg, Österreich bei noch deutlich mehr Spielern aus dieser Akademie, die dann mit Teams wie LASK auch im Europacup Erfolge feiern können. Die Modusumstellung hat Österreich hingegen auf sehr vielen Ebenen geschadet.

17)   Reserve-Teams in zweithöchster Liga schaden deutlich mehr als dass sie nützen

Reserve-Teams der Spitzenklubs in der zweithöchsten Liga mitspielen zu lassen, wird als Massnahme zur Talentförderung verkauft. Das Gegenteil wäre aber der Fall. Und zwar aus folgenden Gründen:

  • Eine solche Liga hätte zu wenig Zuschauer und Einnahmen, um sie auf Profi-Niveau betreiben zu können. Die Gegner dieser U21-Teams wären also vergleichbar mit heutigen guten Promotion League-Mannschaften. Das ist ein zu tiefes Niveau für potentielle künftige Nati-Stützen vom Schlage eines Yann Sommer, Manuel Akanji oder Denis Zakaria im Alter von 18 Jahren, kurz bevor sie Super League-tauglich werden. Sie benötigen zu diesem Zeitpunkt Spielpraxis in einer Profiliga, die vom Niveau her knapp unter der Super League situiert ist.
  • Gleichzeitig hat selbst ein FCB, YB oder ein FCZ nicht genug Talente in einer Altersgruppe, die auf zweithöchster Stufe eine kompetitive Mannschaft bilden könnten. Der FCZ, FCB, YB und Sion kommen bereits in der heutigen drittklassigen Promotion League nicht ohne erfahrene Verstärkungsspieler aus. In einer zweithöchsten Spielklasse müssten die Reserve-Teams möglicherweise die Hälfte der Mannschaft mit abgehalfterten früheren Super League-Profis besetzen: teuer und unnötig. Eine Reserve-Mannschaft, die auf tieferer Stufe spielt (beispielsweise 1. Liga) kann hingegen zu 100% mit eigenen Junioren antreten. In der heutigen Promotion League braucht es etwa zwei Verstärkungsspieler. Aus jeder Altersgruppe eines Klubs wie FCB, YB oder FCZ können es 1-3 Spieler nachhaltig in die obersten zwei Ligen schaffen. Jeder dieser Spieler braucht individuelle Lösungen und Betreuung. Nur für diese 1-3 Spieler aber ein ganzes Reserve-Team (25 Mann) mit Ach und Krach in der zweithöchsten Liga halten zu wollen, macht keinen Sinn.
  • Die Schweiz hat ein föderalistischeres System als beispielsweise Österreich mit mehr Klubs und Regionen, die in der Spitzenjuniorenausbildung an vorderster Front engagiert sind. 14 Klubs haben das volle Programm bis hinauf zur U21 (Reserve-Team). Die Mehrheit dieser Klubs wäre aber mit keinem Reserve-Team in der Zweiten Liga vertreten und könnte auch keine Spieler an die Amateurklubs der Zweiten Liga ausleihen, weil diese keine Profibedingungen aufweisen würden. Die zweithöchste Ligastufe wäre also für Talente aus der Mehrheit der Schweizer Jugendakademien komplett verschlossen. Sinnvolle Entwicklungsschritte Saison für Saison wie bei Sommer, Freuler, Zakaria, Akanji und Co: würden stark erschwert oder gar verunmöglicht.

18) Weniger Spiele (gegen Top-Klubs)

Durch eine Ligavergrösserung gibt es je nach Modus weniger Spiele und mit Sicherheit für den durchschnittlichen Super League-Klub weniger Partien gegen zugkräftige Gegner. Dies wird zu Mindereinnahmen führen. Warum sich zusätzlich zur Rückzahlung der COVID-Kredite noch weitere finanzielle Handicaps aufhalsen?

19)   Weniger verkaufte Saisonkarten

Die Einführung von Playoffs könnte mittelfristig zu einem Rückgang des Saisonkartenverkaufs führen. Der harte Kern wird zwar immer alle Wettbewerbspartien des eigenen Klubs sehen wollen, aber viele aus dem erweiterten Kreis von Sympathisanten werden sich bezüglich Stadionbesuch mehr und mehr auf die (wenigen) Playoff-Partien fokussieren.  

20)   Verlust der nationalen Vormachtstellung der Super League 

Die Super League hat heute in der Schweiz eine Vormachtstellung inne. Da es vom ersten Spieltag an um (voll zählende) Punkte geht, ist die Super League Woche für Woche von Juli bis Dezember und im Februar die Nummer 1 in Sachen TV- und Medienpräsenz im Schweizer Sport. Ab März beginnen im Eishockey die Playoffs und im Fussball ab März / April die heisse Endphase der Saison mit meist mehreren noch offenen Entscheidungen. In dieser Zeit sind Fussball und Eishockey in Sachen Medienpräsenz etwa gleichmässig vertreten.

Mit der Einführung von Playoffs gibt der Fussball seine Vormachtstellung während einem grossen Teil des Jahres leichtfertig auf. Die grosse Mehrheit der Spiele werden eine deutlich geringere Bedeutung und Aufmerksamkeit erhalten als heute. Man kann bis zu einem gewissen Grad von einer Verlängerung der Sommervorbereitung bis in den darauffolgenden April sprechen. Und dann wird innerhalb eines einzigen Monates alles entschieden. Es ist der gleiche Monat, in welchem weiterhin parallel auch der Eishockey-Final (Best of Seven) stattfindet.

Dass unter diesen Voraussetzungen das über viele Monate geringere Interesse innerhalb weniger Wochen durch eine «grenzenlose Playoff-Euphorie» in Sachen Einnahmen noch kompensiert werden könnte, ist höchst fraglich. Zumal es für die Mehrheit der Teams im Gegensatz zum Eishockey im Playoff nur um einen Europacup-Platz geht! Die Super League-Zuschauerzahlen sind schon heute für ein so kleines Land wie die Schweiz an der oberen Grenze des Erwartbaren. Im Eishockey dauert die Playoff-Phase immerhin satte drei Monate. Das Eishockey hat Playoffs, weil Nordamerika in diesem Sport das «Nonplusultra» ist. Und die kleineren Sportarten wie Handball, Basketball, Unihockey oder Volleyball haben spezielle Events und Playoffs eingeführt, um zumindest an einzelnen Tagen im Jahr zu Live-TV-Übertragungen zu kommen. Der Fussball hingegen hat Playoffs in Sachen Medienaufmerksamkeit nicht nötig. Im Gegenteil: es könnte ein Schuss ins eigene Knie werden.

Wer würde bei geringerem Interesse für die Super League von Juli bis April In die Bresche springen? Sicherlich die ausländischen Top-Ligen. Fussballinteressierte Schweizer (speziell die Jungen) werden sich am TV noch viel stärker auf Deutschland, England, Frankreich oder Italien fokussieren. Denn dort geht es in jedem Spiel von Anfang Saison an um entscheidende Punkte für die Meisterschaft. Ausserdem werden kleinere Schweizer Sportarten, Ligen und Events versuchen, in das durch den Fussball hinterlassene Vakuum vorzustossen – mit zusätzlichen Spezial-Events in dieser Zeit.  

21)   Qualität der Spiele und der Talententwicklung sinkt

Nicht nur die Medienaufmerksamkeit wird von Juli bis April abnehmen, sondern auch die Qualität der Spiele. Die Partie FC Zürich – Lausanne-Sport vom letzten Wochenende ist ein Beispiel, wie Super League-Fussball mehrheitlich aussehen wird, wenn es in den meisten Partien um wenig bis nichts geht: langsam, fehlerhaft, uninspiriert. So etwas wäre nicht nur schlecht für die Attraktivität der Liga, sondern auch für die Talentförderung. Mit der 10er-Liga liegt die Super League gemäss internationalen Studien hingegen bezüglich Intensität und Laufbereitschaft im europäischen Vergleich weit vorne. Die Spiele sind grösstenteils attraktiv.  

22)   Sportliche Fairness fehlt

«Über eine ganze Saison gleicht sich Glück und Pech aus». Diese tröstliche Erkenntnis gilt bei einem Playoff-System nicht mehr, speziell bei einem Best-of-3 oder gar Best-of-2 Modus. Einzelne Verletzungen, Sperren oder Fehlentscheidungen können eine ganze Saison kaputt machen. Die sportliche Fairness ist bei weitem nicht mehr im gleichen Mass gewährleistet, wie bei einer normalen Saison mit drei Punkten pro Spiel.

23) Schlechteres UEFA Ranking

Wenn der Zehntplatzierte durch gute Tagesform in einem einzelnen Spiel noch einen Europacupplatz ergattern kann, dann hat dies mittel- bis langfristig negative Auswirkungen auf das UEFA-Ranking der Super League.

Tosin Notenbester, Plus- / Minusbilanz spricht für Coric – Halbzeitanalyse, Teil 8

Nach der Beleuchtung der verchiedensten Offensiv-, Defensiv- und Teamaspekte folgt heute die Gesamtbewertung der Einzelleistungen der FCZ-Profis in der Vorrunde. Den besten Notenschnitt hat mit 8,2 der gegen das Ende der Runde eingreifende Tosin erreicht. Dahinter folgen Marchesano, Ceesay, Guerrero und Seiler alle ebenfalls mit einem Notenschnitt von mindestens „7“. Zum Vergleich: den letztjährigen besten Notenschnitt hatte Umaru Bangura mit 8,0 – allerdings war dies sein einziger Saisoneinsatz für den FCZ (zudem im Cup). Dahinter folgten der nur phasenweise spielende Lasse Sobiech (7,5) und Joker Fabian Rohner (7,3). Trotz insgesamt starker Vorrunde hat ein Drittel der Mannschaft eine ungenügende Durchschnittsnote.

Antonio Marchesano langjähriger Leistungsträger und „Extremely Valuable“ auswärts zu Beginn der Saison

Am häufigsten Most Valuable Player war diese Vorrunde Antonio Marchesano. Fünf dieser Auszeichnungen erhielt der Tessiner in den ersten sieben Saisonpartien zugesprochen, und zwar war er in dieser Phase in allen Auswärtspartien der beste Zürcher: in Lugano, Luzern, Solothurn, St. Gallen und Bern. Im Dezember war er dann beim 4:0 gegen Luzern erstmals in dieser Vorrunde in einem Heimspiel der MVP.

Antonio Marchesano war auch von den langjährigen Kaderspielern der mit Abstand konstanteste und fiel in keiner Halbserie unter die Durchschnittsnote „6“. Tosin ist nach einer ganz schwachen Saison 20/21 zuletzt nach einer langwierigen Verletzung „wie Phönix aus der Asche“ auf dem Platz „auferstanden“. Ahnliches gilt für Mirlind Kryeziu, dessen steiler Abstieg nach der starken Vorrunde 19/20 anhand der Züri Live-Noten plastisch ersichtlich ist. Assan Ceesay hatte schon immer in der Vorrunde, vor allem in den ersten drei Monaten, bessere Leistungen gezeigt, als in der Rückrunde. Becir Omeragic und Blaz Kramer konnten sich nach ungenügenden Rückrunden 20/21 ebenfalls steigern.

Guerrero hat bessere Unterstützung von hinten als Boranijasevic

Yanick Brechers Züri Live-Noten fielen nach einem sehr guten Saisonstart nach einem Saisondrittel in den ungenügenden Bereich. Seither ging es langsam, aber stetig wieder bergauf.

Mirlind Kryeziu hatte während grossen Teilen der Vorrunde unter den Zentralen Abwehrspielern die beste Durchschnittsnote. Seine beste Phase begann mit dem Cupspiel beim ehemaligen Leihklub Kriens mit einer Steigerung auf das zweite Derby hin und einer Durchschnittsnote von über “8“ über einen gleitenden Durchschnitt von fünf Partien. In der Schlussphase der Vorrunde steigerte sich dann Fidan Aliti zum verlässlichsten Innenverteidiger mit vermehrten Offensivimpulsen. Becir Omeragic, der in der Phase auf das Cupspiel in Kriens hin in den ungenügenden Bereich rutschte, blieb genauso wie Lindrit Kamberi fast durchweg auf einem tieferen Notenniveau. Dementsprechend genoss Adrian Guerrero jeweils etwas bessere Unterstützung auf seiner Seite als Nikola Boranijasevic und konnte dementsprechend auch die ganze Vorrunde hindurch ohne Gegentor im Aufbauspiel des Gegners über seine Seite bleiben.

Adrian Guerrero repräsentiert mit seiner pointierten Leistungskurve die Mannschaft als Ganzes am besten: nach einem Super-Start ein Leistungsabfall verbunden mit taktischen Experimenten – und dann ab etwa Vorrundenmitte wieder eine kontinuierliche Steigerung bis zu den sechs Siegen in Serie am Ende. Noch extremer verlief die Notenkurve bei Fabian Rohner, der von einer 8,5 nach dem Solothurn-Spiel bis auf etwa eine „3“ nach dem zweiten Derby runterfiel. Danach gab es wieder eine klare Steigerung. Allerdings waren bei ihm die letzten drei Partien im Gegensatz zu vielen anderen Akteuren im Kader dann wieder ungenügend. Boranijasevics Kurve war konstanter und abgesehen vom ersten Spiel in Lugano immer im genügenden Bereich – aber in der Regel unter derjenigen von Guerrero.

Viele ungenügende Leistungen im Zentrum

Auf den Zentralen Positionen lag in der Vorrunde der grösste Schwachpunkt der Mannschaft. Ousmane Doumbia war der einzige Spieler, der sich konsistent im genügend bis guten Bereich bewegte. Für Marc Hornschuh könnte man dies ebenfalls sagen, wenn man den Beginn und das Ende der Vorrunde ignorieren würde. Bledian Krasniqi bewegte sich nur kurze Zeit rund um das Cupspiel in Yverdon und dann wieder ganz am Ende im genügenden Notenbereich. Bei Blerim Dzemaili, der in Bern mit Tiefstnote „1“ startete, war es danach ähnlich wie bei Krasniqi – nur auf einem um eine halbe Note tieferen Level. Moritz Leitner (tiefste Durchschnittsnote) brachte zwar in einigen Phasen Struktur ins Zürcher Spiel, war aber dem Tempo und den defensiven Anforderungen auf seiner Position häufig nicht gewachsen und schaffte es die ganze Vorrunde hindurch nie auf ein genügendes Level.

Cup-Out in Yverdon für Pollero fatal

Rodrigo Pollero hatte drei schlechte und drei knapp genügende Auftritte zu Beginn der Saison. Mitentscheidend dafür, dass er in der zweiten Phase der Vorrunde nicht mehr berücksichtigt wurde, war die Cupniederlage in Yverdon, wo Pollero trotz eines Assists insgesamt knapp ungenügend war und sehr viele Torchancen vergab. Auch andere Spieler, die in Yverdon eine Chance erhielten, wurden danach kaum mehr berücksichtigt. Trainer Breitenreiter scheint stark auf die Punktestatistik zu schauen. Fussball ist ein Mannschaftssport, in welchem die Einzelleistung zwar detailliert analysiert werden kann, aber trotzdem am Ende manchmal unsichtbare Feinheiten entscheiden. Dies spricht für eine starke Gewichtung einer Punktestatistik oder Plus-/Minusbilanz. Mit Blaz Kramer und Tosin beispielsweise hat das Team diese Saison bisher immer gewonnen.

Da nutzte Pollero auch nichts mehr, dass seine Leistungen bei den beiden Unentschieden gegen GC und Basel vor und nach der Cuppartie in Yverdon gut gewesen waren. Im Gegensatz zu anderen nicht mehr berücksichtigten Spielern wählte der Uruguayer in der Winterpause die Wechseloption und spielt nun ausgeliehen von Schaffhausen bei Lausanne-Sport. Bei den Waadtländern klaffte in der Vorrunde auf der Sturmposition eine grosse Lücke. Akaki Gogia hatte mit dem ersten Derby und dem Heimspiel gegen Basel und weiteren Aktionen einzelne Glanzpunkte, blieb aber weitgehend im ungenügenden Bereich. Ante Coric begann sehr gut in Kriens und gegen Servette und hatte danach zuerst einen leichten und später einen deutlichen Leistungsabfall.

Ceesay bleibt auch während Torflaute wichtig

Blaz Kramer ist trotz Steigerung gegen Ende der Vorrunde noch nicht richtig in der Saison angekommen. Tosin hingegen explodierte „von 0 auf 100“ und war ein wichtiger Faktor des erfolgreichen letzten Drittels. Genauso wie Gnonto, der sich nach einem Auf und Ab zum Ende der Vorrunde hin immer besser durchsetzen konnte und sich zu einem mindestens gleichwertigen Stammplatzkandidaten im Sturm gemausert hat. Auch wenn die Tor- und Assistproduktion von Assan Ceesay wie üblich im Verlauf der Vorrunde zurückging, blieben seine Leistungen insgesamt konstant gut. Der Gambier behielt seine in dieser Vorrunde neu gewonnene Ballsicherheit bei und verrichtete wertvolle Arbeit für die Mannschaft. Antonio Marchesano hatte nach einem Traumstart eine kontinuierlich nach unten zeigende Notenkurve. Wenn eine solche sinkende Kurve am Ende der Vorrunde aber trotzdem in der Region einer „6,7“ landet, dann kann man trotzdem nicht wirklich ein negatives Fazit ziehen. Tonino bleibt wie in den letzten Jahren wohl DER konstante Leistungsträger schlechthin im Zürcher Team.

Top oder Flop gegen Servette und YB

Interessant die Statistik des Züri Live-Notenschnitts der Mannschaft in Abhängigkeit des Gegners in den letzten zweieinhalb Jahren. Lausanne-Sport liegt dem Team offenbar am besten. Der Gesamtnotenschnitt liegt knapp über 6,0. Die tiefsten Noten hatte die FCZ-Mannschaft hingegen gegen Vaduz, Chiasso und Wil. Erstaunlich wie beispielsweise die Durchschnittsnote in den vier Partien gegen Vaduz letzte Saison jeweils fast identisch war. Mit diesem Gegner hatte man konstant grosse Mühe. Gegen Lugano, Thun oder GC war man konstant, gegen Basel präsentierten sich die Leistungen auch vorwiegend gut. Eine grosse Bandbreite an Leistungen gab es hingegen gegen Servette, YB, Luzern oder Xamax. Gerade gegen Servette und YB gab es Auftritte, die zu den besten und zu den schlechtesten in den letzten zweieinhalb Jahren gehörten.

Dzemaili und Leitner mit den meisten schlechten Aktionen

Neben den Pluspunkten im Offensiv- und Defensivverhalten, fliessen auch Negativpunkte in die Benotung ein. Diese Wertung wird erstmals auch publiziert. So gab es beispielsweie aufgrund von unnötigen Ballverlusten, schlechter Defensiv- oder Offensivarbeit für Blerim Dzemaili 16 Negativpunkte und für Moritz Leitner 15,5 Negativpunkte pro 90 Minuten. Auch Gogia, Coric, Wallner, Pollero oder Kramer hatten viele Negativpunkte zu verzeichnen. Bei einem Ousmane Doumbia oder Nikola Boranijasevic werden die ebenfalls überdurchschnittlichen Negativpunkte in der Regel durch ihre ebenfalls zahlreichen Pluspunkte mehr als kompensiert. Adrian Guerrero ist hingegen im Vergleich mit Boranijasevic etwas disziplinierter, präziser und weniger fehleranfällig und hat darum eine etwas bessere Gesamtbilanz. Abgesehen von den Torhütern am wenigsten Negativpunkte pro 90 Minuten haben Assan Ceesay und Fidan Aliti erhalten. Tosin scheint im Vergleich zu früher solider und reifer geworden zu sein.

Die Negativpunkte pro 90 Minuten haben bei Ante Coric im Verlauf der Vorrunde kontinuierlich stark zu genommen. Pollero hat sich hingegen im -Verlauf der Vorrunde im „oberen“ (schlechteren) Mittelfeld bei rund 9 Negativpunkten pro 90 Minuten stabilisiert. Dzemaili fiel nie unter einen Wert von 13 und gegen Ende der Vorrunde nahm dieser auf etwa 17 zu. Bei Leitner hingegen waren die Negativpunkte nach dem Peak rund um das zweite Derby mit der Zeit auf den immer noch hohen Wert von etwa 12 pro 90 Minuten zurückgegangen.

Auch Wilfried Gnonto hatte seinen Peak an Negativpunkten rund um das zweite Derby und konnte diese danach stark reduzieren auf noch vier Negativpunkte pro 90 Minuten am Ende der Herbstrunde. Kramers Negativpunkte waren zum Ende der Vorrunde hoch. Doumbia und Boranijasevic hatten eine konstante Entwicklung im oberen Mittelfeld.

Bei der absoluten Zahl an Negativpunkten liegt Ousmane Doumbia klar an der Spitze vor den in der Regel auf der rechten Seite agierenden Boranijasevic und Omeragic. Dzemaili hat in 721 Spielminuten gleich viel Negativpunkte erhalten wie Marchesano in mehr als der doppelten Spielzeit.

Blaz Kramer als lebendes „Maskottchen“

Lindrit Kamberi, Stephan Seiler, Blaz Kramer und Tosin haben eine makellose Punktebilanz vorzuweisen. Im Falle von Kramer waren das neun Spiele! Bei den ersten drei der Serie von vier Siegen zum Saisonbeginn war der Slowene genauso dabei wie als dem Team mit Kramers Rückkehr eine Serie von sechs Siegen zum Schluss gelang. Gegen die beiden Spitzenteams Basel und YB stand er dabei nur ein Mal (1:0-Heimsieg gegen die Berner) auf dem Platz. Der 25-jährige ist also das lebende „Maskottchen“ der Mannschaft. Eine vergleichsweise schlechte Punktebilanz weisen Moritz Leitner, Ante Coric, Akaki Gogia oder Rodrigo Pollero auf. Dies hatte sicherlich Einfluss auf ihre Einsatzzeiten und wog schwerer als ihre teilweise guten Statistiken bezüglich gewisser Einzelaspekte.

Punktebilanz täuscht: Plus- / Minusbilanz spricht stark für Ante Coric

Züri Live errechnete zudem erstmals nach Vorbild des Eishockeys eine Plus- / Minusbilanz (Tore minus Gegentore bei denen ein Spieler auf dem Platz stand). Hier liegt erstaunlicherweise (pro 90 Minuten) Ante Coric an erster Position, der gleichzeitig die zweitschlechteste Punktebilanz und im Verlauf der Vorrunde einen Negativtrend bezüglich mehrerer Indikatoren zu verzeichnen hatte. Der FCZ schoss pro 90 Minuten, in denen Coric auf dem Platz stand, 2,5 Tore mehr als der Gegner! Der Kroate verliess gegen Servette und in Basel den Platz, als das Resultat noch besser war, als am Ende. Bei Einwechslung Coric standen die Heimpartien gegen Sion, Lugano und YB unentschieden – mit ihm gewann man diese Spiele noch. Gegen Basel wurde er bei Rückstand eingewechselt und es gab noch ein Unentschieden. Speziell positiv auf seine Statistik wirkt sich das Sion-Spiel aus, als die auf der Kippe stehende Partie drei Minuten nach Corics Einwechslung in die Bahnen eines FCZ-Sieges gelenkt wurde und der Gegner danach noch „auseinanderfiel“ und vier Tore kassierte. Corics im Vergleich zu den Mitspielern eher schlechte Punktebilanz erklärt sich dadurch, dass er tendenziell eher gegen in der Vorrunde gute Gegner auf dem Platz stand. So war er gegen Basel beide Male dabei, gegen St. Gallen hingegen beide Male nicht. Die ebenfalls sehr gute Plus- / Minusbilanz pro 90 Minuten von Tosin und Kramer erstaunt angesichts ihrer Punktebilanz hingegen nicht.

Negativer Eindruck von Leitners Vorrunde bestätigt sich in der Plus- / Minusbilanz

In den anderen Mannschaftsteilen haben Kamberi, Boranijasevic, Dzemaili und Brecher die beste Plus-/Minusbilanz pro 90 Minuten. Die einzigen Spieler mit einer negativen Plus-/Minusbilanz sind die beiden Deutschen Leitner und Hornschuh. Wenn Leitner auf dem Platz stand erzielten die Gegner ein Tor mehr als der FCZ über 90 Minuten, was nach einer punktemässig so guten Vorrunde eine äusserst schlechte Bilanz ist. Dass Leitner dementsprechend auch den schlechtesten Züri Live-Notenschnitt aufweist, ist dementsprechend nicht verwunderlich. Auch die jungen Seiler, Rohner und Wallner können nicht ihre Plus- / Minusbilanz als Argument für mehr Einsatzzeit als Argument vorbringen, wobei Seilers und Wallners Gesamteinsatzzeit zu klein ist, um diesbezüglich fundierte Aussagen zu machen.

Mirlind Kryeziu fehlte bei höchster Vorrundenniederlage

In absoluten Zahlen hat Mirlind Kryeziu beim FCZ mit +21 die beste Plus- / Minusbilanz in Ligaspielen. Er fehlte bei der 0:4-Niederlage in Bern und hat deshalb eine um vier Tore bessere Bilanz als der über die volle Spielzeit durchspielende Yanick Brecher. Auch Boranijasevic und Doumbia liegen knapp über der Teambilanz über die 18 Vorrundenspiele von +17.

Halbzeitanalyse, Teil 1 – Erfolgsfaktoren, Folgerungen und Ausblick

Halbzeitanalyse, Teil 2 – Mehr Gegentore auf Konter und Weitschüsse

Ceesay defensiv schon vor zwei Jahren mit Quantensprung / Halbzeitbilanz 21/22, Teil 3

Für welchen Gegner welche Taktik? – Halbzeitanalyse 21/22, Teil 4

Tosin, Marchesano und Gnonto die Offensivstützen – Halbzeitanalyse 21/22, Teil 5

Ende Flaute: Boranijasevic effektiv über rechts – Halbzeitanalyse 21/22, Teil 6

Tosin und Pollero die produktivsten Torschützen, Ceesays Fehlen zum Start kein Nachteil – Halbzeitanalyse, Teil 7

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