Es liegt nicht an „den Jungen“ / FCZ – GC 1:1 Stats und Spielinfos

Das 270. Zürcher Derby endet 1:1-Unentschieden. Es war von Seiten des Stadtklubs das chancenärmste Derby der Saison. Der FCZ liegt nach einer guten 1. Halbzeit verdient mit 1:0 in Führung. Zur Pause wechselt GC-Trainer Yakin dann aber von einer Dreier- auf eine Viererabwehr. Der erstmals von Beginn weg spielende Australische Nationalspieler Trent Sainsbury rückt auf die Sechserposition vor. Die Hoppers übernehmen das Szepter, so dass nach 13 Minuten im zweiten Durchgang FCZ-Trainer Magnin reagieren muss, und sein Team ebenfalls auf Viererabwehr umstellt. Nur eine Minute später erzielt GC den Ausgleich und nutzt dabei die «Umstellungsphase» beim FCZ gnadenlos aus. Die Raumaufteilung auf der rechten Seite stimmte noch nicht. Vor allem Captain Palsson schien die Umstellung im eigenen Team noch nicht mitbekommen zu haben. So musste Rüegg dem auf Palssons Position völlig blank stehenden Jeffren in der Rolle des «Feuerwehrmanns» hinterherhetzen. Es gelang ihm aber nicht, die Scharte auszubügeln. Und in der Mitte liess Kryeziu Gegenspieler Kodro zu stark gewähren. Ein Taktikwechsel mitten im Spiel kann den Sieg bringen, wenn er gelingt. Wenn er aber nicht gelingt, kann er auch Punkte kosten. Daher heisst das Motto: Üben, Üben, und nochmals Üben…

Die Journalisten der grossen Medienhäuser machen reflexartig die zuletzt durchschnittlichen Resultate des FCZ am Einsatz der vielen jungen Spielern fest. Zu Recht? Die Auswertungen von Züri Live sprechen eine andere Sprache. Neben Palsson, Rodriguez und Brecher war mit Kryeziu in Sion nur ein «Junger» unter den vier Akteuren mit einer ungenügenden Züri Live-Note. Und gegen GC hat nach der Steigerung von Brecher, Kryeziu und Palsson von der Startformation nur der erfahrene Thelander eine ungenügende Bewertung erhalten. Most Valuable Player ist hingegen in beiden Partien ein Teenager: in Sion Toni Domgjoni, und im Derby Kevin Rüegg, der von allen FCZ-Akteuren mit Abstand am meisten Top-Defensivaktionen hatte. Nachdem der 19-jährige Rechtsfuss aus Greifensee gegen Ende der Challenge League-Saison bereits mehrmals Züri Live-MVP gewesen war, erhält er diese Auszeichnung in der aktuellen Spielzeit zum dritten Mal. Keine dieser drei Partien konnte allerdings gewonnen werden (1:1 vs. St. Gallen, 1:2 bei YB, 1:1 vs. GC).

Startelf-Débutant Tobias Schättins Erste Halbzeit war wie bei so vielen FCZ-lern besser als die Zweite. Nicht überraschend kann sich Schättin vor allem in der Offensive auszeichnen mit seinen Rushes, Flanken und Standards mit seinem starken linken Fuss, wohingegen die Defensive Phase nicht zu seinen Ur-Stärken gehört. Die Standardqualitäten Schättins sind bitter nötig, vor allem wenn Roberto Rodriguez und Izer Aliu nicht auf dem Platz stehen. Der FCZ ist immer noch die Super League-Equipe mit den meisten Toren nach Cornern (9). Das Letzigrund-Team war aber in erster Linie nach Standards von Rodriguez erfolgreich. Die „Set Pieces“ von „Tonino“ Marchesano in den letzten Partien waren hingegen ungenügend.

 

„Wussten nicht mehr wie laufen“: Interviews & Spielbericht nach FCZ – GC 1:1

Das fünfte Derby der Saison (1:1 Schlussresultat, Tore: Dwamena, Kodro) war geprägt von zwei grundverschiedenen Halbzeiten. In der Ersten war der FCZ spielbestimmend und zeigte sich im Vergleich zum Sion-Spiel deutlich verbessert. Der in der Dreierabwehr zwischen Rasmus Thelander und Mirlind Kryeziu agierende Victor Palsson machte erstmals zumindest 45 Minuten lang auf dieser Position eine gute Falle. Startelfdébutant Tobias Schättin bestätigte die guten Eindrücke aus der Schlussphase im Wallis voll und ganz und war im ersten Durchgang eine «Bank» auf der linken Seite.

Adi Winter warf sich wie eine tragikomische Figur aus einem Monty Python-Film trotz Schrammen und Blessuren an allen Ecken und Enden trotzdem immer wieder ins Getümmel, so dass Fabian Rohner schon während den ersten 45 Minuten drei Mal zum Einlaufen geschickt wurde. Kevin Rüegg bestätigte seine guten Zweikampfwerte aus dem Sion-Spiel auch auf einer anderen Position. Und das Duo Marchesano / Dwamena sorgte nach einem hervorragenden Ballgewinn von Michael Frey im Mittelfeld für den Führungstreffer, bei welchem GC-Goalie Lindner es dem FCZ-Torschützen im Abschluss für einmal aber auch etwas einfach machte. In der Zweiten Halbzeit stellte GC auf Viererabwehr um, der Australische Nationalspieler Trent Sainsbury rückte bei seinem ebenfalls ersten Startelfeinsatz in der Super League nach der Pause ins Mittelfeld. FCZ-Trainer Ludovic Magnin war nach der Partie konsterniert, dass seine Mannschaft «40 Meter tiefer» gespielt habe. «Wir wussten nicht mehr wie genau laufen» äusserte sich Fabian Rohner gegenüber Züri Live.

Und tatsächlich stimmte gerade auf der rechten Seite Rohners im Zusammenspiel mit Thelander und Rüegg unter anderem beim Gegentor durch Kenan Kodro die Organisation nicht mehr. Die defensive Stabilität war weg, was natürlich auch das Offensivspiel negativ beeinflusste. In der Schlussphase verschob sich Torhüter Yanick Brecher in zwei Szenen deutlich besser, als noch beispielsweise beim Gegentor in Sion und war bei den Abschlüssen von Basic und Kodro deshalb richtig positioniert, was wesentlich dazu beitrug, dass die beiden GC-Leistungsträger aus jeweils bester Abschlussposition direkt auf den Zürcher Torhüter zielten.

FCZ mit rekordverdächtigen vier Teenagern in Start-11 zum 1:1 im Tourbillon / Spielbericht und Highlights

Nach der Partie erinnerte sich mancher zurück an das Duell im Tourbillon vom November, welches mit dem gleichen Resultat geendet, aber ganz anders verlaufen war. Damals war der FCZ besser gewesen und hätte den Sieg verdient gehabt, diesmal war Sion in dieser Rolle. Vor allem über die Seiten mit Maceiras / Kasami rechts und Lenjani / Carlitos links waren die Walliser sehr stark. Sie vermochten jeweils mit scharfen und präzisen Diagonalbällen die Zürcher Defensive vor Probleme zu stellen. Die Spielweise der Walliser behagte dem Magnin-Team weniger, als noch das kleinräumigere Kombinationsspiel YB’s vor 14 Tagen. Zu Beginn war die Partie allerdings noch ausgeglichen, der FCZ stand hoch und erzwang mehrere «Turnovers» in der gegnerischen Hälfte. Die 1:0-Führung in der 20. Minute war aber die erste gute Abschlusschance gewesen. Zu diesem Zeitpunkt erinnerte der Verlauf der Partie etwas an den 3:0-Heimsieg gegen Lugano.

Toni Domgjoni schiesst zwei Wochen nach seinem Super League-Début in seinem zweiten Spiel auf dieser Stufe mit einem herrlichen Hocheckschuss sein erstes Tor. In der Länderspielpause merkte man im Training, dass der junge Mittelfeldspieler gut drauf ist und sich im Mannschaftsgefüge mit seinem neuen alten Trainer Magnin innert kurzer Zeit einfügen konnte. Vor ziemlich genau zwei Jahren hatte Züri Live im Rahmen eines U18-Länderspiels gegen Deutschland in Grenchen zum ersten Mal von Toni Domgjoni berichtet: «Domgjonis Beitrag zum guten Spiel der Schweizer war vor allem sein grosser Aktionsradius verbunden mit einem dementsprechenden Laufpensum. Der Mittelfeldspieler war überall anzutreffen, wo’s brennt, rechts, links, hinten und auch vorne in Abschlussposition“. Diese Beschreibung trifft zumindest in Teilen auch für Domgjonis Einsatz in Sion zu.

«In Teilen» darum, weil im Tourbillon kein FCZ-ler wirklich gut war. Zu den besseren gehörte gegen seinen Ex-Klub Linksverteidiger Pa Modou, der unter anderem den Führungstreffer Domgjonis mit einem klugen kurzen Zuspiel ermöglicht hatte – als die meisten eine Flanke erwarteten. Neben Domgjoni standen mit Aliu, Rüegg und Rohner zu Spielbeginn rekordverdächtige vier Teenager auf dem Platz. Ausserdem kamen Mirlind Kryeziu (21) und der eingewechselte Tobias Schättin (20) zu ihren Super League-Débuts. Die Startformation war die drittjüngste des FCZ in der Super League. Im Dezember 2006 setzte Lucien Favre in Thun mit dem 27-jährigen César nur einen Spieler ein, der älter als 23 war. Mit Heinz Barmettler (19) war aber damals nur ein Teenager im Team (Durchschnittsalter: 22,4). Die jüngste Startformation schickte im Juni 2013 Urs Meier ebenfalls in Sion auf den Platz (22,1 Jahre). Ausnahmslos alle Akteure der Startelf waren zwischen 20 und 23 Jahre alt (also kein einziger Teenager!), inklusive dem damals 20-jährigen Yanick Brecher. Die Partie am letzten Spieltag hatte für den FCZ (im Gegensatz zu Sion) allerdings keine allzu grosse sportliche Bedeutung mehr gehabt.

Der heute bald 25-jährige Yanick Brecher zeigte in der Zweiten Halbzeit bei einem Abschluss von Carlitos eine gute Parade. Ansonsten war seine Leistung wie die von vielen Mitspielern stark durchzogen. Beim Gegentor wirkt er beim Verschieben wie im «Freizeit-Modus», hat zu wenig Körperspannung – kommt darum zu spät zurück in die Mitte und macht dann beim Schuss von Adryan aus relativ kurzer Distanz eine sich selbst schützende statt eine das Tor verteidigende Bewegung – ein altes Muster bei Brecher, das er sich noch nicht komplett abtrainieren konnte. Dazu kommt natürlich sein Schnitzer, als er in der Luft nur leicht bedrängt den Ball vor die Füsse von Kasami fallen lässt, welcher dann das leere Tor glücklicherweise verfehlt. In anderen Szenen war der Zürcher Keeper zu wenig schnell am Boden, oder er konnte einen Ball, der zentral aufs Tor flog, nur mit Müh und Not zum Eckball klären, anstatt diesen zu fangen. Beim Offsidetor Mboyos verkürzte er zudem den Winkel ungenügend.

Bei Captain Victor Palsson lief im Tourbillon fast gar nichts zusammen. Der Isländer ging zu zögerlich in die Zweikämpfe und hatte einige Ballverluste zu verzeichnen. Normalerweise sollten die Verteidiger im eigenen Strafraum zusammen mit ihrem Torhüter zu 90% die Lufthoheit haben. Da Mirlind Kryeziu aber seine Körpergrösse (1,97m) nicht gewinnbringend einzusetzen wusste, war dies nicht der Fall – und wenn überhaupt, war es der deutlich kleinere Cédric Brunner, welcher gefährliche Bälle klären konnte. Die Spieleröffnungen von hinten heraus gelangen Kryeziu ebenfalls nicht wie gewohnt. Kevin Rüegg hatte seine Ups and Downs – mehrere mit Bravour gewonnene Zweikämpfe in den einen  Situationen, zu zögerliches Eingreifen in anderen Szenen. Dem ansonsten solide spielenden Brunner unterlief vor dem Gegentor ein «Doppelfehler». Von Izer Aliu kam zu wenig. Gegen Super League-Teams, die in Form sind, wie aktuell Sion, stösst der 18-jährige noch an seine Grenzen. Und Fabian Rohner ist zur Zeit in einer Mini-Formkrise, auch wenn er trotzdem in jedem Spiel zwei, drei gute Szenen hat. Raphael Dwamena seinerseits hatte wieder so einen Tag, wo er im Abschluss die falschen Entscheidungen traf. Nach der Einwechslung von Michael Frey in der 63. Minute stellte der FCZ von 4-1-4-1 auf 4-4-2 um. Frey begann gut, baute dann aber relativ schnell wieder ab. Der am Ende noch am linken Flügel reingekommene Tobias Schättin konnte hingegen durchaus Akzente setzen.

Sion – FCZ 1:1 (1:1)

Tor: 20. Domgjoni (Pa Modou) 0:1, 25. Adryan (Mboyo) 1:1.

Sion: Fickentscher; Maceiras, Cümart, Neitzke, Lenjani; Toma (78. Schneuwly), Kouassi; Kasami, Adryan (33. Uçan), Carlitos; Mboyo.

FC Zürich: Brecher; Rüegg, Brunner, Kryeziu, Pa Modou; Palsson; Rodriguez (46. Winter), Aliu (63. Frey), Domgjoni, Rohner (79. Schättin); Dwamena.

 

 

Kadertalk: die grosse Übersicht vor dem Auftritt am Samstag im Tourbillon

Morgen Freitag Abend nach dem Nachmittagstraining reist der FCZ ins Wallis, um sich im «CC-Land» auf das Auswärtsspiel beim FC Sion vorzubereiten. In den bisherigen vier Spielen unter Magnin (zwei Siege, zwei Niederlagen – alle im Letzigrund) hat der neue Zürcher Coach in jedem Match Fortschritte bei seinem Team gesehen: «Wenn wir weiter solche fussballerischen Fortschritte machen, dann werden irgendwann die Punkte kommen. Die Frage ist, wie lange es dauert bis dahin. Ich hoffe, es geht schnell». Die zweiwöchige «Nati-Pause» war für das neue Trainerteam daher ideal, auch wenn ein Teil der Spieler nicht im Training mit dabei war.

Sion unter Jacobacci: eine andere Mannschaft

Als Waadtländer sind für Magnin Spiele gegen den FC Sion immer speziell. Die Rivalität zu den Wallisern verkörpert er mit Fleisch und Blut – und in seiner direkten Art mit nicht wirklich netten Bezeichnungen über die Kantonsnachbarn im privaten Gespräch. Mit Christian Constantin kommt der FCZ-Trainer aber gut aus, «auch weil ich nie geschäftlich mit ihm zu tun hatte», wie er augenzwinkernd hinzufügt. «Natürlich hat auch Constantin Fehler gemacht. Jeder macht Fehler». Magnin hält Constantin aber zu Gute, dass er sich wie Magnin selbst nicht alles gefallen lässt. Zudem hat der Zürcher Coach generell grossen Respekt vor allen Klubbesitzern im Schweizer Fussball: «In der Schweiz kann man kein Geld damit verdienen. Sie machen das alles aus Liebe zum Fussball».

Die Sperre gegen Constantin habe den FC Sion sicherlich den ein oder anderen Punkt gekostet. Den FC Sion sieht Magnin als ein unter dem neuen Trainer Jacobacci völlig verändertes Team, welches ganz anders auftritt, als zuvor, und trotz zwischenzeitlichem bereits relativ grossen Rückstand auf den ersten Nichtabstiegsplatz nun drauf und dran sei, den Klassenerhalt zu schaffen. Die Punktedifferenz zwischen dem nun auf Platz fünf liegenden FCZ und dem Schlusslicht aus dem Wallis beträgt nur noch 11 Punkte – deutlich weniger, als der Abstand zwischen YB und dem FCB an der Tabellenspitze beträgt.

Intensives Training in der Länderspielpause

Das Team der beiden aus der FCZ Academy stammenden Martin Angha und Anto Grgic sowie des langjährigen FCZ-Profis Burim Kukeli ist gemäss Magnin zur Zeit offensiv etwas von 1-2 Spielern abhängig: «Uns wäre es lieber, Carlitos würde immer noch in der U21 spielen, als gegen uns. Allerdings haben wir gegen YB bewiesen, dass wir die Seiten gut zumachen können». Gefallen hat Magnin gegen den Tabellenleader, dass seine Mannschaft trotz aggressivem Pressing des Gegners flach hintenraus spielen konnte. Rasmus Thelander hat dies dann aber bei der zweiten Penaltyszene übertrieben: «die Spieler müssen merken, wann sie ausnahmsweise auch mal einen Ball auf die Tribüne schiessen sollen».

In der Länderspielpause hat sich beim FCZ wieder einiges getan. Das Trainerteam der Ersten Mannschaft arbeitet physisch wie auch taktisch intensiv mit der Mannschaft. Eine Morgensession kann gut und gerne zweieinhalb Stunden dauern. Ungeachtet dessen, dass am Nachmittag noch eine weitere Übungseinheit ansteht. Frage an einen der jungen Spieler nach dem Training: «Jetzt bist du wohl bereit für einen Mittagsschlaf?», Antwort: «Mittagsschlaf? Jetzt könnte ich den ganzen restlichen Tag durchschlafen».

Die Zeit der Rückkehrer

René van Eck ist trotz «Schweinfurt-Meldung» im «Blick» immer noch da und stellt sich in der taktischen Übung beispielsweise direkt hinter einen Verteidiger und dirigiert ihn persönlich, wenn dieser sich nach Ansicht von Trainer Magnin fünf Meter zu wenig nach links verschoben hat. Im Gespräch mit Züri Live zeigt sich Ludo Magnin zuversichtlich, dass der Holländer auch bleiben wird.

Konditionstrainer Tobias Powalla ist nach dem Abgang von Philippe Hasler aus Aarau zurückgekehrt. In der Länderspielpause hatte der 32-Jährige auf jeden Fall schon mal alle Hände voll zu tun. Überhaupt ist es die Zeit der Rückkehrer. Stürmer Kilian Pagliuca ist aus Wohlen zurück. Magnin will den Genfer unbedingt in den nächsten Wochen bei sich haben und intensiv beobachten, um dann entscheiden zu können, wie es im Sommer weitergeht: «Unser Kader kann nicht ausschliesslich aus jungen Spielern bestehen. Ein Teil bleibt im Team, ein Teil wird ausgeliehen und ein Teil setzt die Karriere in einem anderen Klub fort. So ist Fussball», meint Magnin gegenüber Züri Live. In der aktuellen Saison konnte sich «Kili» weder bei Wohlen, noch zuletzt in der U21 oder im Test mit der 1. Mannschaft gegen Aarau empfehlen. Der 21-Jährige kann sich auf allen drei Stufen gegen seine Gegenspieler nicht richtig durchsetzen – und schiesst so gut wie keine herausgespielten Tore.

Das Vertrauensverhältnis Magnin – Brecher

Seit neuestem wieder zurück im Training der 1. Mannschaft des FCZ ist auch Novem Baumann (Bild rechts)! An den Wochenenden wird er allerdings weiterhin zumindest noch bis Ende Saison bei Challenge League-ist Rapperswil-Jona auf der Ersatzbank sitzen und sich im Falle einer Sperre oder Verletzung von Nr.1-Keeper Diego Yanz für einen Einsatz bereithalten. Wie genau Baumann im engeren Sinne im Training in der Rolle der anderen Goalies zum Zuge kommt, wird sich noch weisen. Vorderhand spielt er im Trainingsspiel auch mal als Rechter Aussenverteidiger (und schlägt sich dabei ganz ordentlich) und absolviert mit Goalietrainer Davide Taini Spezialeinheiten zur Messung seiner Fitness.

Yanick Brecher ist die Nr. 1, und wird es voraussichtlich auch über den Sommer hinaus bleiben. Mit ihm hat Trainer Magnin im Herbst in der U21 ein spezielles Vertrauensverhältnis aufgebaut: «Brecher bringt alles mit, was ein Super League-Goalie braucht. Und er ist Zürcher», meint Magnin dazu zu Züri Live. Die einzige offene Frage sei für ihn gewesen, ob Brecher dem Druck in der Super League standhalten könne, und dies werde nun eben bis Saisonende getestet. Zu Yann-Alexandre Fillion äussert sich der Waadtländer hingegen eher zurückhaltend. Er ist nach seiner Operation wieder im Mannschaftstraining. Wie es weitergeht, ist noch ungewiss.

Gelungenes Début von Michael Kempter

Magnin will sehen, dass sich die Spieler über die Zweite Mannschaft empfehlen. «Wer in der Promotion League nicht gut spielt, hat in der 1. Mannschaft keine Chance», meint der 38-jährige weiter gegenüber Züri Live unmissverständlich. Gut gespielt hat bei seinem Comeback nach Kreuzbandriss nach seiner Einwechslung in der Halbzeitpause der Promotion League-Partie gegen den FC Basel II gestern Mittwoch trotz 1:2-Niederlage (0:2 zur Pause) Michael Kempter. Der 23-jährige vom Mutschellen spielte, wie wenn er nie weggewesen wäre, war der beste Mann der Zweiten Halbzeit und konnte seine Schnelligkeit sowohl im Dienste der Offensive wie auch der Defensive ausspielen. Der beim Spiel anwesende Magnin wird registriert haben, dass auf den mit dem U20-Nationalteam 3:2 in Italien siegenden Neu-Zürcher Tobias Schättin (64 Minuten-Einsatz als offensiver linker Flügel) harte interne Konkurrenz wartet. Mit der 1. Mannschaft hat der ehemalige Winterthurer bisher kaum trainiert. Trotzdem ist er für Magnin ein Kandidat für das Kader in Sion: «Er ist jetzt gesund. Und wir haben mit dem SFV einen Deal gemacht, damit er zu Spielpraxis kommt. Das war eine Win-Win Situation».

Gegen sehr diszipliniert agierende Basler, die im ersten Durchgang durch zwei Tore von Davide Callà 2:0 in Front gegangen waren (das erste ein direkt verwandelter Freistoss von der Seite, bei welchem der Routinier aus Winterthur den Erfahrungsschatz des 17-jährigen Calvin Heim im Zürcher Tor vergrösserte), war Kempter einer der Faktoren, der die Aufholjagd noch realistisch werden liess. Das Trainerduo Chappuis / Russheim, welches die U21 in dieser Zusammensetzung bis Ende Saison betreuen wird, hatte zur Pause umgestellt. Neben Kempter wurde der ebenfalls erst vor kurzem von einer längeren Verletzung zurückgekehrte Kenith Catari eingewechselt. Der traditionell meist als Rechtsverteidiger auflaufende 18-jährige agierte in einem neu als Raute formierten Vierermittelfeld auf der 10-er Position und machte unter anderem von da aus in der Balleroberung Druck auf die Rotblauen.

Kastrijot Ndau überzeugt im U19-Nationalteam

Aus der Abwehr auf die Sechserposition vorgerückt war für die zweiten 45 Minuten der spielerisch starke Albin Sadrijaj (ja, auch er zurück nach einem halben Jahr Verletzungspause wegen Kreuzbandriss!) und bereitete von da aus den Anschlusstreffer von Yannik Kouamé mustergültig vor. «Nur» etwas mehr als zwei Monate weggewesen war nach einem zum Trainingsbeginn nach der Winterpause zugezogenen Aussenbandanriss im Knie Yassin Maouche (im Bild rechts gegen Davide Callà), der in der Ersten Halbzeit im Mittelfeld zum Einsatz kam. Der Mittelfeldspieler versuchte sich mehrmals mit (missglückten) Weitschüssen, liess, wie es seine Art ist, jeweils sehr schnell den Kopf hängen, und fiel in der Folge dann noch mit zwei mit viel Tempo ausgeführten Tacklings mit der Sohle voran auf, wobei er beim zweiten richtigerweise Gelb sah. Zur Pause wurde der 20-jährige zusammen mit dem wenig wirkungsvollen und defensiv etwas zu wenig mitarbeitenden Eric Tia ausgewechselt.

Als Zuschauer im Heerenschürli dabei war Verteidiger Mirlind Kryeziu. «Ich würde ihn gerne sehr bald in der Mannschaft sehen. Er hat eine unglaublich gute Spieleröffnung diagonal mit dem linken Fuss», sagt Magnin. Aber es gibt nach dem im November vollständig auskurierten Kreuzbandriss ein paar Punkte, an denen der 21-jährige noch arbeiten muss. Maren Haile-Selassie seinerseits fehle es noch etwas an Muskeln. «Bei Maren ging alles sehr schnell und er ist früh in der Ersten Mannschaft zum Einsatz gekommen. Er braucht weiter Zeit und Einsätze, um sich zu entwickeln», meint Magnin zu dieser Personalie. Haile-Selassie war mit dem U19-Nationalteam in Wil bei zwei Testpartien gegen Finnland engagiert. Beim 4:0-Sieg am Freitag wurde er in der Schlussphase eingewechselt, war bemüht, aber konnte nicht mehr viel bewegen. Beim 2:2 Unentschieden am Montag stand er in der Startformation. Genauso wie Izer Aliu, der erst auf das zweite Spiel hin zum Team stiess, als Captain aufs Feld lief, und in der 69. Minute gemeinsam mit Gegenspieler Saku Ylätupa die Rote Karte sah. Diesem fehlt auch beim FCZ trotz grossem Talent häufig immer noch etwas „der letzte Zwick“ an der Geisel, währenddessen beispielsweise Toni Domgjoni in den letzten Wochen Pluspunkte gesammelt hat, und immer besser ins Team findet. Ebenfalls in der Startformation standen in Wil am Montag Lindrit Kamberi und Fabio Dixon. Beim 4:0-Sieg am Freitag spielten hingegen Kastrijot Ndau und Kenith Catari von Beginn weg. Ndau gehörte zu den besten Spielern auf dem Platz und trug als Relaisstation im Mittelfeld viel zum flüssigen Spiel des SFV-Teams bei. Catari (im Bild links am Ball, im Hintergrund Ndau) konnte über die rechte Seite Druck entfachen – es fehlte ihm aber in der ein oder anderen Szene noch etwas an Zielstrebigkeit.

Drei Identifikationsfiguren – drei auslaufende Verträge

Alain Nef (36), Cédric Brunner (24) und Marco Schönbächler (28): das sind die drei Spieler der 1. Mannschaft, welche wie keine anderen den FCZ verkörpern. Gemeinsam haben die drei Identifikationsfiguren, dass bei allen (neben den ausgeliehenen Yapi und Simonyan) der Vertrag im Sommer ausläuft. Mit ihnen laufen Gespräche. Trainer Magnin sagt zu Züri Live: «Wir schätzen diese Spieler. Ich habe intern erklärt, wie ich sie in Zukunft einsetzen und mit ihnen planen würde. Jetzt ist die Frage, ob sich die Spieler und die sportliche Führung finden. Ob es eine Win-Win Situation gibt, und beide Seiten das Gleiche wollen». Was lässt sich nun daraus schliessen? Es wäre überraschend, wenn es mit Cédric Brunner zu keiner Einigung kommen würde. Dieser war in der laufenden Saison bisher der solideste Zürcher Verteidiger mit der besten Züri Live-Durchschnittsnote (6,5), er brennt für den Verein – gleichzeitig passt er auch vom sportlichen Niveau her gut in den FCZ. Er kann im Team ein wichtiger Spieler sein – gleichzeitig ist das Interesse von sportlich deutlich über dem FCZ stehenden Vereinen an ihm sicherlich eher beschränkt.

Im Training hat Magnin Alain Nef kürzlich im Jux zugerufen: «Du wirst mit 50 noch hier sein». In der Realität wird sich die Aussage «ich habe erklärt, wie ich sie in Zukunft einsetzen würde» wohl vor allem auf Nef beziehen. Man kann spekulieren, dass Magnin Nef gerne noch eine Saison in der Mannschaft hätte, wenn sich dieser mit der Ersatzrolle zufrieden gibt. Bei Marco Schönbächler gibt es zwei heikle Punkte: erstens kommt er erst gerade wieder von einer Verletzung zurück. Kann Schönbi bereits vor Saisonende wieder auf 100% kommen und somit eine gewisse Sicherheit bezüglich seiner künftigen Leistungsfähigkeit bieten? Dazu kommt das Finanzielle: der frühere Nationalspieler hat mit Sicherheit einen der besten Verträge im Kader. Da die längeren Verletzungen in den letzten Jahren einen wesentlichen Unsicherheitsfaktor für die Zukunft mit sich bringen, wird «Schönbi» vermutlich wesentliche finanzielle Abstriche machen müssen, sollte er beim FCZ bleiben. Der Kreativität sind aber grundsätzlich keine Grenzen gesetzt. Es gibt sicherlich die Möglichkeit, eine flexible Lösung zu finden, die unter den gegebenen Voraussetzungen alle Parteien zufriedenstellt.

Fünf FCZ-ler tragen zur EM-Qualifikation bei 

Nach der 2:4-Niederlage nach 2:0-Pausenführung in Neuenburg gegen Portugal, hat das U21-Nationalteam praktisch keine Chance mehr auf eine EM-Qualifikation. Ex Academy-Talent Djibril Sow bestätigte seine gute Form und war nicht nur wegen seines frühen Führungstreffers einer der besten Spieler auf dem Platz. Als er sich bei einer Abwehraktion im eigenen Strafraum verletzte und liegenblieb, fiel beim Portugiesischen Konter der 1:2-Anschlusstreffer, welcher die Wende einleitete. Nach dem 2:2 ging es für Sow nicht mehr weiter und er wurde in der 58. Minute durch Kevin Rüegg ersetzt. Dieser hatte einige gute Aktionen und konnte dabei mit einem starken Dribbling im Mittelfeld beim Stand von 2:3 eine Schweizer Topchance einleiten. Ziemlich enttäuschend war einmal mehr im U21-Nationalteam der Auftritt von Ex FCZ-ler Dimitri Oberlin. Der gleichzeitig auch für die U20 Nationalmannschaft aufgebotene Fabian Rohner kam eine Viertelstunde vor Schluss rein, konnte aber keine Akzente mehr setzen.

Einen schönen Erfolg konnten hingegen die fünf FCZ-ler des 01-er Jahrgangs Ilan Sauter, Simon Sohm, Bledian Krasniqi, Henri Koide und Filip Frei feiern. Sie haben mit Trainer Stefan Marini dem SFV auf U17-Stufe mit dem Ersten Gruppenplatz in der Eliterunde noch knapp vor Portugal nach fünf Jahren wieder einmal die Qualifikation für eine EM-Endrunde beschert. Diese findet im Mai in den Englischen Midlands statt – Final im «New York Stadium» von Rotherham, Vorstadt von Sheffield. 2013 war die Schweizer U17 mit Fellmann, Von Niederhäusern, Elvedi, Stettler, Grgic und Pagliuca mit nur einem Punkt aus den drei Gruppenspielen von der Endrunde wieder nach Hause gereist. Sauter, Sohm und Krasniqi wurden bei den Siegen gegen Finnland und der Slowakei, sowie dem Unentschieden gegen Portugal in allen drei Spielen eingesetzt – Sauter und Sohm immer in der Startformation. Verteidiger Sauter erzielte beim 2:1 gegen Finnland gar das Game Winning Goal. Frei und Koide wurden je einmal eingewechselt. Sauter und Krasniqi spielten zuletzt auch beim Test der 1. Mannschaft gegen Aarau (Krasniqi erzielte das einzige Zürcher Tor per Penalty), Sohm trainierte ebenfalls mit der 1. Mannschaft mit, allerdings ohne anschliessend gegen Aarau zum Einsatz zu kommen.

Über NoBillag, Mentalitätsgräben und den Schweizer Fussball

Es ist irgendwie erstaunlich, fast schon surreal, wie viel Energie, Emotionen, Kreativität aber auch Absurdität in den letzten Monaten in den Abstimmungskampf für und vor allem gegen «NoBillag» geflossen sind. Viel mehr als bei politischen Grundsatzfragen in Gesundheits-, Aussen- oder Energiepolitik. Medienschaffende schauen zu Recht beispielsweise der Pharmabranche auf die Finger, wenn diese sich in einem Abstimmungskampf im Gesundheitswesen engagiert. Was aber „abgeht“, wenn Journalisten und Kulturschaffende ihre eigenen finanziellen oder politischen Privilegien in Gefahr sehen, sprengt offenbar alle Grenzen. Auch hat gerade der Abstimmungskampf die viel zu grosse Abhängigkeit vieler kleinerer Medien vom grossen «SRG-Topf» offensichtlich werden lassen. Die fehlende Konkurrenz und Unabhängigkeit vor allem der elektronischen, zum Teil aber auch der Printmedien, ist sowohl ein wirtschaftliches Problem, als auch ein Handicap für die Demokratie. «Too big to fail» sollte es nicht nur im Bankensektor, sondern auch bei den Medien nicht geben.

Herrscht Konkurrenz, können die Medienkonsumenten vergleichen und wählen. Schlechte Qualität oder Falschinformationen werden so viel schneller entlarvt. Auch fliessen dann mehr Mittel in Bereiche, welche die Menschen wirklich interessieren. Womit wir beim Fussball wären – und dessen Stellung im Vergleich zu den anderen Sportarten. Es kann wohl kaum bestritten werden, dass der «Sonderfall Schweiz» in Bezug auf die elektronische Medienlandschaft dem Schweizer Fussball schadet. Umso erstaunlicher daher, dass sich die Liga und der Verband kaum für die «NoBillag»-Initiative engagiert haben. Würde eine Annahme der Initiative doch tendenziell mehr Vielfalt und Konkurrenz versprechen. Schiss vor der grossen SRG, dem langjährigen Medienpartner? Als in Deutschland Ende der 80-er / Anfang 90-er Jahre (selbst dies war eigentlich bereits relativ spät) Privatfernsehsender in die Fussballberichterstattung einstiegen, waren die Bundesligastadien vielerorts zur Hälfte oder gar zwei Dritteln leer. Und ohne Konkurrenz hatte sich bei den Staatlichen Sendern ARD und ZDF eine steife, qualitativ schlechte und teilweise gar skurrile oder gar ethisch fragwürdige Kultur der Fussballberichterstattung entwickelt.

Mit dem Einstieg der Privatfernsehsender wurde der Fussball bildlich, akustisch und dramaturgisch deutlich attraktiver in Szene gesetzt. Inhaltlich waren die Angebote vor allem zu Beginn von unterschiedlicher Qualität. Die Konkurrenzsituation an und für sich führte aber nicht zuletzt auch bei ARD und ZDF selbst zu einem «Wake Up-Call». «Alte Zöpfe» konnten Schritt für Schritt abgeschnitten und die Qualität deutlich gesteigert werden. Vor allem aber war und ist die Konkurrenz im Bereich der bewegten Bilder ein Geldsegen. Moderne Trainingszentren konnten deutschlandweit aufgebaut und ausländische Topspieler (auch aus der Schweiz) verpflichtet werden. Und es wurden dank den vorhandenen Mitteln Zehntausende von Arbeitsplätzen geschaffen. Sowohl der Sportbereich im engeren Sinn, als auch das ganze «Drumherum» wurde enorm professionalisiert. Die Fussball-Bundesliga vermochte ihre Stellung als Nr. 1 im Vergleich zu anderen Sportarten und Unterhaltungsangeboten wieder deutlich auszubauen, und nicht zuletzt ihre gesellschaftliche und politische Relevanz zu stärken. Und entgegen anfänglichen Unkenrufen kamen mit mehr Fussball im TV nicht weniger Zuschauer ins Stadion, sondern sogar mehr. Die Arenen füllten sich bis auf das heute beeindruckende Level. Das Fernsehen nahm sich nicht ein Stück eines begrenzten Kuchens, sondern vergrösserte diesen in grossem Masse.

Die Schweiz hingegen hinkt im TV- und Radio-Bereich seinen Nachbarländern hinterher und hat diesbezüglich immer noch eine mit einem Land wie Russland vergleichbare Medienkonzentration – und glaubt man den Prognosen über den Abstimmungsausgang, wird dies vorläufig auch so bleiben. Die Schweizer Super League wird neuerdings im UEFA-Ranking selbst von der Tschechischen Liga hart bedrängt – auch weil diese trotz allgemein immer noch deutlich tieferer Kaufkraft im Vergleich zur Schweiz einen ausgezeichneten TV-Vertrag hat aushandeln können. Der Meister Dänemarks oder ein kleiner Deutscher Zweitligist wie der SV Sandhausen verdienen dank einer vielfältigeren Fernsehlandschaft mit TV-Geldern ein Mehrfaches des Schweizer Meisters. Selbst Polen, Rumänien oder Norwegen sind dank Privatfernsehen daran, die Schweiz bei den TV-Geldern zu überholen. Die Fortschritte hierzulande sind klein. Die SRG hat der überragenden Bedeutung des Fussballs innerhalb des Sportes zuletzt etwas nachgegeben – aber bei weitem noch nicht im vergleichbaren Mass wie in den meisten anderen Europäischen Länder. Und seit der Pay-TV Sender Teleclub Spielzusammenfassungen gratis ins Internet stellt, mussten viele SRF-Kommentatoren ihre Einseitigkeit in der Berichterstattung zugunsten ihres persönlichen Lieblingsvereines etwas zurückschrauben.

Nur dank herausragender Jugendarbeit können die Schweizer Super League-Teams mit dem Europäischen Mittelfeld noch mithalten. Die Luft wird aber zunehmend dünner, wenn Klubs aus Ländern wie Tschechien oder Zypern sich teilweise bessere ausländische Spieler leisten können, als Schweizer Klubs. Und wenn die Gehaltsdifferenzen so gross werden, dass die besten Schweizer Talente selbst in Jugendakademien im Ausland mehr verdienen, als in der Schweiz als Teil eines Profiteams. Nicht nur für die Liga sind diese Talente verloren, sondern häufig zusätzlich auch noch für die Nationalmannschaft.

Die fehlenden finanziellen Mittel führen ausserdem zu einer ganzen Kaskade von Folgeproblemen. Zum Beispiel sind fast alle Schweizer Klubs defizitär. Kein vernünftig denkender Schweizer mit Familie und ein paar Millionen im Sack engagiert sich heute noch finanziell in einem Fussballklub der höchsten Ligen. Denn es ist neben weiteren Unannehmlichkeiten meist ein Fass ohne Boden. Dies führt dazu, dass sich nur noch «Verrückte» dafür interessieren, einen Schweizer Klub zu besitzen. Wenn man Glück hat, ist es ein «positiv Verrrückter» – wenn man Pech hat, ein «dubios Verrückter». Mit mehr TV-Geld hätte in der Mehrheit der Fälle auch verhindert werden können, was in den letzten Jahren der Challenge League widerfahren ist: praktisch nur noch Absteiger aus finanziellen, statt sportlichen Gründen. Oder dass für Lausanne-Sport kein anderer Käufer als ein ausländischer Chemiekonzern mit Reputationsproblemen gefunden werden kann, der dann das traditionelle Logo dem Firmenlogo anpassen will.

Die Welt und die Schweiz wird weder bei einer Ablehnung noch bei einer Annahme der Initiative untergehen, wie dies die Angstmacher-Kampagnen vor allem der Gegnerseite haben weismachen wollen. Jedem Medienerzeugnis steht ein grosser Variantenreichtum an möglichen Ressourcen zur Verfügung. Sind diese Ressourcen nicht vorhanden, ist offensichtlich das Interesse auch nicht ausreichend gegeben. Weder von den Machern selbst, noch von den Konsumenten. Für hochrelevante und / und hochinteressante Themen finden sich immer bis zu einem gewissen Grad engagierte Freiwillige, die auch ohne Entschädigung Beiträge leisten. Oder man findet Spender, die das Projekt unterstützen. Oder Werber, für die ein vielbeachtetes Medienerzeugnis immer interessant ist. Oder ein konkretes Format wird von der Politik für wertvoll gehalten, und mit Staatsgeldern direkt unterstützt.

Wenige Meter Distanz können manchmal eine andere Welt sein. Im März 1980 die wenigen Meter zwischen West-Berlin und Ost-Berlin, oder im Mai 2006 die wenigen Meter zwischen Muttenzerkurve und Gästeblock im St. Jakob Park in Basel. Ein Mentalitätsgraben verläuft zur Zeit auch zwischen dem Haus im Zürcher Kreis 3, in dem ich wohne, und dem benachbarten hippen Café. Dort verkehren unter anderem Profiteure der Billag-Gelder. Schweizer Schauspieler, Moderatoren oder Kulturschaffende. Das ist die Welt derjenigen, die sehr stolz darauf sind, dass sie sich gratis (!) in diesem Abstimmungskampf für ein „NEIN“ engagiert haben.

«Mein Haus» hingegen ist von Kopf bis Fuss international mit Menschen aus allen Ecken der Welt. Da kaum jemand ausser mir als Kind in der Schule Deutsch gelernt hat, wurde ich schon immer gerne für administrative Probleme und Aufgaben zu Rate und Diensten gezogen, sei es vom jungen Somalischen Single, der eine mehrjährige Hauswirtschaftslehre absolviert, vom verheirateten Bengalen, der in einem nahegelegenen In-Restaurant arbeitet, oder dem älteren Flüchtling aus Afghanistan, der lange Zeit im Unternehmen einer FCZ-Legende in der Region Zürich gearbeitet hat, bis er chronisch krank und bettlägrig wurde.

Es gibt in den Gesprächen mit diesen Menschen seit Jahren ein Wort, welches alle zusammenzucken und das Gesicht eine stressvolle Mimik annehmen lässt – «Billag». Erschreckend ist für sie der hohe Betrag, die aus ihrer Sicht fehlende Verhältnismässigkeit, und vor allem auch die Erfahrungen mit der unbarmherzigen Maschinerie der Erhebung und des Einzugs dieser Gelder, welche ihr Bild von der Schweiz mitgeprägt hat – und dies nicht im positiven Sinne. Ähnliches höre ich von einem Kollegen, der ein kleines Handelsunternehmen für Sportutensilien betreibt, und unter sehr hohen Billag-Beiträgen leidet, weil die Bemessungsgrundlage realitätsfremd sei. Mein Kollege konnte immerhin abstimmen gehen. Das können «meine» Ausländer nicht. Die Mehrheit von ihnen hätte «JA» gestimmt.

Gezimmert? Genagelt? Geschweisst? Cédric Brunner und die Handwerkerfrage

Seit Mittwochabend ist in Zürcher Handwerkerkreisen ein handfester Streit ausgebrochen. Hat Cédric Brunner Heinz Lindner den Ball ins Netz gezimmert? genagelt? geschweisst? oder gar gedübelt? Oder muss der Schuss trotz oder gar wegen seiner urtümlichen Wucht als Kunstwerk verstanden werden? Stimm ab und hilf mit, diese philosophische Grundsatzfrage ein für alle mal zu klären…

Cédric Brunner hat Heinz Lindner den Ball ins Netz...

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Hier kann die Handwerkstechnik Brunners nochmal genau analysiert werden:

https://youtu.be/JPxjWrDOiBM?t=1h31m14s

Ausgelöst hat die Diskussion Züri Live-Experte Toni Gassmann, seines Zeichens Fachmann in Handwerk, Kunst, Fussball und allen sich daraus ergebenden Schnittmengen…:

https://soundcloud.com/fcz-radio/cedric-brunner-und-die-handwerkerfrage-gezimmert-genagelt-geschweisst

Handwerk wird unterschätzt:

Es war Cédric Brunners erstes Tor gegen ein Super League-Team. Vor fünf Jahren war der Zürcher nach dem Blue Stars / FIFA Youth Cup erstmals in der 1. Mannschaft im Aufgebot…

Von Forte zu Magnin: der FCZ löst seine Langzeitwette ein

Uli Forte ist nicht mehr Trainer der 1. Mannschaft des FC Zürich. Dies hat die Führung des FCZ nach dem unter dem Strich unbefriedigenden Start in die Rückrunde entschieden. Neuer Trainer ist der bisherige Academy-Coach Ludovic Magnin. Auch wenn offenbar viele Beobachter diesen Schritt nicht erwartet haben, kommt er nicht überraschend. Es gab in den letzten Jahren nie einen sichereren Tip im Schweizer Trainermetier, als dass der nächste FCZ-Trainer Ludovic Magnin heissen wird. Die Frage war nicht ob, die Frage war wann.

Stereobeschallung für die Spieler im ersten Training

Heute steht Magnin erstmals auf der Allmend Brunau als Cheftrainer der 1. Mannschaft auf dem Platz, nachdem er vor etwas weniger als zwei Jahren bereits einmal als Assistent von Uli Forte im «Eins» ausgeholfen hatte. Die Spieler werden gleich Stereo bombardiert von den Kommandos Magnins und seines nicht weniger lauten Assistenten René Van Eck. Auch Zoltan Kadar passt sich der höheren Lautstärke an. Man könnte nun denken, dies würde die jungen Spieler einschüchtern. Beim FCZ ist dies aber anders. Die Jungen scheinen sich sofort wohl zu fühlen, denn sie kennen „Herr Magnin“ bereits gut. Gewöhnungsbedürftig und ein Stilbruch ist das Ganze hingegen für die ausländischen Spieler. Forte war auch bestimmt und konnte laut werden – aber gleichzeitig immer auch «italienisch-familiär».

Die Atmosphäre, welche das Duo Magnin/Van Eck beim ersten Training bei eisigen Temperaturen auf der Allmend Brunau verströmt, hat hingegen erstmal etwas von: «Auf zur nächsten Schlacht. Jeder muss selbst schauen, dass er das Tempo mithält. Niemand bleibt liegen. Wer etwas hat, soll selbst schauen. Wir haben keine Zeit, uns mit Verletzungen und Befindlichkeiten zu beschäftigen.». Natürlich hat dies auch damit zu tun, dass aktuell wirklich keine Zeit da ist. Es steht mit den zwei Derbies hintereinander einer der Saisonhöhepunkte vor der Tür. «Gegen einen der besten Taktiktrainer der Schweiz», wie sich Magnin später an der Pressekonferenz ausdrückt. Der 38-jährige sieht sich selbst durchaus als Trainer, der auf die individuellen Bedürfnisse auch der ausländischen Spieler eingehen kann und will, gerade auch weil er durch seine Erfahrung als Ausländer in Deutschland sich in deren Situation hineinfühlen kann. Aber: «manchmal gibt es auch kein Pardon. Ich habe gerne Spass, aber im Leben ist nicht alles ein Spass. Ich trage eine grosse Verantwortung gegenüber dem Verein.»

Der erste Trainer-Kandidat einer ganzen Nati-Generation

Magnins Weg dahin, wo er heute steht, war schon früh vorgezeichnet. Den ehemaligen Linksverteidiger zum Cheftrainer aufzubauen war im FCZ von Anfang an ein langfristiges Projekt. Dies ist auch der Hauptgrund für die nun festgelegte lange Vertragsdauer bis 2020. Das Vertrauen in seine Qualitäten ist gross. Und dies nicht ohne Grund. Hätte man vor 10 Jahren einen Experten wie Köbi Kuhn gefragt, wer von der damaligen Nationalmannschaftsgeneration als möglicher vielversprechender Trainer in Frage kommt, hätte dieser wohl sicherlich unter anderem Namen wie Benjamin Huggel oder Christoph Spycher genannt. Gut möglich, dass auch derjenige des heutigen Basel-Trainers Raphaël Wicky gefallen wäre, eventuell Alex Frei. An erster Stelle hätte Kuhn aber wohl Ludovic Magnin genannt: das «Mentalitätsmonster» aus dem Waadtland. Wenn es in der Neuzeit jemals einen Spieler gegeben hat, der es wirklich nur mit Willenskraft und ganz sicher nicht wegen dem in die Wiege gelegten Talent in die «Schweizer Nati» geschafft hat, dann Magnin. Seinen ehemaligen Schützling heute als FCZ-Trainer zu sehen, wird Kuhn sicherlich speziell freuen.

Die mentale Stärke als grössten Pluspunkt gemein hat Magnin mit Ricardo Rodriguez, seinem Nachfolger als Linksverteidiger beim FCZ und in der Nationalmannschaft, mit welchem sich seine Wege als Fussballer bei seiner letzten Profistation in Zürich auf ganz eigentümliche Art und Weise gekreuzt hatten. Magnin war im Winter 2009/2010 als Leader geholt worden, der diesbezüglich den Stab des gesundheitlich angeschlagenen Hannu Tihinen übernehmen und die Mannschaft führen sollte. In einem Fussballteam ist es aber nun mal so, dass nur einer der vier, fünf sportlichen Leistungsträger auch als Leader auftreten kann. Das war Magnin nicht. Er hatte mit 30 Jahren seine Möglichkeiten bereits ausgereizt und den Zenit überschritten. Seine Highlights im FCZ-Dress waren rar gesät.

Was Magnin mit Ottmar Hitzfeld verbindet

Zudem kam gleichzeitig mit Magnin der frischgebackene U17-Weltmeister Rodriguez in die 1. Mannschaft. Die Idee war, dass dieser im Windschatten von Stammspieler Magnin über längere Zeit an die Super League «herangeführt» werden sollte. In der Realität aber war Rodriguez von Anfang an einfach besser. Dass Trainer Urs Fischer in der darauffolgenden Saison 2010/2011 auf dieser Position zu lange mit der Wachablösung wartete und insbesondere in den entscheidenden Partien in St. Gallen, gegen Basel und im Derby gegen GC nach einer siegreichen Serie mit Rodriguez wieder auf Magnin setzte, war einer der Gründe für den in jener Saison knapp verpassten Meistertitel.

Seither hat sich der Fussball nochmal weiterentwickelt. In Topligen hat die Anzahl Trainer, die früher selbst Topspieler waren, immer weiter abgenommen. Die Erkenntnis hat sich definitiv durchgesetzt, dass ein guter Toptrainer völlig andere Qualitäten benötigt, als ein Topspieler. Er muss ein sehr guter Analytiker, Manager, Kommunikator sein – und er muss ein enorm gutes Gespür für die unterschiedlichsten Menschen haben. Sehr wichtig, gerade auch in der Schweiz mit dem starken Fokus auf Ausbildung von jungen Talenten, ist ein pädagogisches Flair. Profifussballtrainer mit abgeschlossener Lehrerausbildung gibt es nicht viele. Einer ist Ottmar Hitzfeld, ein zweiter: Ludovic Magnin.

Magnin nimmt den zwischenzeitlich verlorenen Faden wieder auf

Auch wenn seine Zeit als Spieler der 1. Mannschaft nicht ganz so wie von allen Seiten erhofft verlief: Ludo Magnin und FCZ – das passt zusammen. Neben Köbi Kuhn ist vor allem der für die jüngste FCZ-Geschichte so prägende Lucien Favre eine ganz enge Verbindung. Favre und Magnins Vater Jean-Claude waren beste Schulfreunde. Und Ludo wurde schon früh zu so etwas wie einem Ziehsohn von «Lulu». Favre war Magnins C-Juniorentrainer in Echallens und ermöglichte diesem später den Einstieg in die Nationalliga A bei Yverdon-Sport. Schon bald darauf ging Magnin mit seinem Wechsel nach Lugano eigene Wege und wurde später mit zwei verschiedenen Klubs Deutscher Meister (Werder Bremen, VfB Stuttgart). Es gibt nicht viele Spieler, die so etwas von sich behaupten können – noch dazu ohne jemals bei Bayern gespielt zu haben. Magnin und Favre waren seit der frühen Zeit in Yverdon nie mehr am gleichen Ort tätig, blieben aber trotzdem jeweils in engem Kontakt – lange Zeit «täglich» wie es heisst…

Magnin nimmt den Faden der guten Tradition der stilprägenden Westschweizer Trainer beim FCZ wieder auf. Ganz früher mit dem «Philosophen» Daniel Jeandupeux, und später dann Lucien Favre und Bernard Challandes. Alle gewannen sie Titel. Auch die beiden Zürcher Trainer Urs Fischer sowie Urs Meier hatten die durch Favre installierte Philosophie als ehemalige Academy-Trainer mitgetragen und weiterentwickelt. Gleichzeitig ist Magnin nun schon lange auch in der Deutschschweiz zuhause – durch den FCZ (seit acht Jahren im Verein!) und natürlich vor allem auch seine Ostschweizer Ehefrau Chantale. Mehr «passen wie die Faust aufs Auge» geht nicht.

Derby-Emotionen auch auf Juniorenstufe!

Die Resultate Magnins als U18- und U21-Trainer waren unterschiedlich. Aber Resultate haben in der Academy nur teilweise Aussagekraft. Weil sie nicht das Hauptziel sind. Trotzdem bemerkenswert der U18-Schweizer Meistertitel vor zwei Jahren, und vor allem die Art und Weise wie er in den Finalspielen gegen Servette, den FC Basel und GC zustande kam. Eins schon mal vorweg: die FCZ-Jungs waren heiss. Sehr heiss. Die Emotionalität des Trainers beeinflusste definitiv die mit Herz kämpfende Mannschaft mit Izer Aliu, Fabian Rohner, Lavdrim Rexhepi, Maren Haile-Selassie und Captain Toni Domgjoni, über sich hinauszuwachsen und hohe Hürden zu überwinden.

Die Partien waren hitzig – Gelbe Karten oder gar Platzverweise gab es nicht zu knapp. Der Trainer wurde in Basel vom Schiedsrichter von der Trainerbank verwiesen. Trotz aller Widrigkeiten siegte der FCZ mit viel Teamgeist und Emotionen – nach einem 1:3-Rückstand und mit zwei Mann Unterzahl in der Verlängerung. Beim damaligen dramatischen auf dem Campus in Niederhasli vor rund 600 Zuschauern gewonnenen Final herrschte mehr Derby-Stimmung als bei manchem Duell der beiden 1. Mannschaften im Letzigrund. Der GC-Defensivspieler Leotrim Nitaj (Torschütze zur zwischenzeitlichen 2:1-Führung GCs in der Verlängerung) liess sich dadurch so aufstacheln, dass er nach der Partie wegen seines Verhaltens von der Geschäftsleitung um Manuel Huber aus dem Klub verbannt wurde. Er war damals auf dem Campus eines der grössten Talente seines Jahrganges – heute spielt er in Thalwil. Auf GC-Seite werden sich die regelmässig in der 1. Mannschaft eingesetzten Akteure Nedim Bajrami und Petar Pusic spätestens dann wieder gut an jene Partie erinnern, wenn sie am Sonntag auf der gegnerischen Trainerbank Magnin ausmachen werden.

Züri Live-Spielbericht vom U18-Halbfinal 2016 in Basel

Züri Live-Spielbericht vom U18-Final 2016 in Niederhasli

Magnin: ausgezeichnete Kenntnis der kommenden FCZ-Talente

Die Voraussage sei gewagt: für Emotionen und Unterhaltung wird in Zukunft im Letzigrund noch mehr als bisher gesorgt sein. Die Liga kann sich auf etwas gefasst machen. Man darf die Emotionen Magnins aber nicht allein als kurzfristige Motivationskniffe missverstehen. Die mentale Entwicklung ist für angehende Fussballprofis auch langfristig wichtig. Und dass Magnin als Trainer auch in allen anderen Belangen wie Taktik und Trainingsgestaltung top ausgebildet und dem neuesten Stand ist, versteht sich von selbst. Taktisch ist er ähnlich flexibel wie Forte und liess auch in der U21 die unterschiedlichsten Systeme spielen (meist ebenfalls mit Dreierabwehr). Mit der 1. Mannschaft will er einen Schritt nach dem anderen gehen und für die anstehenden Spiele nicht gleich alles auf den Kopf stellen. Für die kommenden zwei, drei Jahre ist es aber ein Riesenvorteil, dass Magnin die kommende Generation der jetzt schon mit der 1. Mannschaft trainierenden und ab Sommer noch zusätzlich dazustossenden Talente sowohl persönlich wie auch fussballerisch in- und auswendig kennt. Neben dem oben erwähnten Meisterteam (98-er Jahrgang) hat Magnin in der U18 beispielsweise auch Rüegg, Kryeziu oder Sadrijaj trainiert.

Er kennt auch den 99-er Jahrgang sehr gut, aus welchem es nicht überraschen würde, den torgefährlichen Mittelfeldspieler Lavdim Zumberi (einer der Lieblingsspieler Magnins), Innenverteidiger Lindrit Kamberi, den enorm spielintelligenten Kastrijot Ndau oder den dynamischen Aussenläufer Fabio Dixon schon bald im «Eins» zu sehen. Selbst mit dem von Sportchef Thomas Bickel besonders hervorgehobenen 01-er Jahrgang hat Magnin zuletzt als U21-Trainer schon Bekanntschaft gemacht. Der aus der Region Genf stammende Offensivmann Guillaume Furrer oder der grossgewachsene «Sechser» Simon Sohn durften bereits in die Promotion League-Equipe reinschnuppern. Bledian Krasniqi oder Soheil Arghandewall sind weitere vielversprechende Talente aus diesem Jahrgang (letzterer hat bereits Testspielerfahrung in der 1. Mannschaft). Die Aufzählung ist nicht abschliessend.

Mit dem schon etwas älteren Ivorischen Flüchtling Eric «Chef» Tia hat sich Magnin in den letzten Jahren zusätzlich noch ein etwas spezielles «Projekt» angelacht. Aus administrativen Gründen (Spielbewilligung) konnte dieser erst mit zwei Jahren Verspätung aus Chur zum FCZ stossen, nachdem er von Magnin bei einem Testspiel entdeckt worden war. In der Vorrunde musste sich Tia erstmal im strukturierten Spiel der Academy-Mitspieler akklimatisieren und langsam einfügen. Die junge Reserve-Equipe startete mit nur einer Niederlage in den ersten zehn Partien so gut wie noch nie in die Saison, liess dann aber gegen die  Winterpause hin zunehmend nach, als mehr und mehr mit der 1. Mannschaft trainierende und zurück in der U21 nicht gerade vor Motivation strotzende Akteure zu Spielzeit kommen sollten. Trotzdem beendete die FCZ U21 die Vorrunde auf dem achten Platz im Mittelfeld der Tabelle.

Uli Forte, der «Juli bis November»-Trainer?

Denkt man an die Ära «Uli Forte», in welcher der Brüttiseller auf die Allmend Brunau zurückkehrte, wo er bereits früher mit Red Star zu Hause war, muss man von mehreren Grossleistungen sprechen. Es war ein Grossleistung, wie die Mannschaft sich in den letzten drei Meisterschaftsspielen der Abstiegssaison 15/16 innert kurzer Zeit merklich steigern konnte. Es war eine Riesenleistung unter den damaligen Umständen den Cupfinal zu gewinnen. Es war eine von den meisten Beobachtern enorm unterschätzte Grossleistung, eine Mannschaft zu formen, die in der Challenge League von der Ersten Minute an voll parat war. Xamax war schon letzte Saison als Team sehr stark. Es musste sehr viel zusammenstimmen, dass man nicht das Schicksal der überwiegenden Mehrheit der Super League-Absteiger erlitt. Etwas, was der FCZ der Vor-Forte-Ära wohl so nicht geschafft hätte. Es war beim Stichwort Mentalität ausserdem eine sehr verdankenswerte Leistung, den bei Orlando City populären und sich in Florida äusserst wohl fühlenden Adi Winter für die Mission «Aufstieg» zu begeistern. Und es war eine Grossleistung, eine Europa League-Kampagne hinzulegen, welche die meisten Zweitligisten aus Deutschland, Frankreich oder Italien niemals so hingekriegt hätten.

Die aktuelle Saison zeigt viele Parallelen zur letzten. 2016/2017 spielte der FCZ bis Ende Oktober eigentlich über seinen Verhältnissen. Neben starken Leistungen im Cup und Europacup war dies vor allem für die Liga wichtig. Zum ersten Saisonspiel war Winterthur sehr hoffnungsvoll und topmotiviert in den Letzigrund gereist und rechnete sich gegen den vermeintlich angeschlagenen Absteiger einiges aus. Die sportlichen Zeichen, die der FCZ zu Saisonbeginn setzte, waren wegweisend. Bis und mit dem Auswärtssieg im Direktduell mit Xamax in Neuenburg am 30. Oktober (3:1) waren die Leistungen top – und die Konkurrenz beeindruckt. Man muss sich das nochmal vor Augen führen: als Schweizer Zweitligist spielte man gegen den Spanischen Spitzenklub Villarreal nicht nur im Letzigrund Unentschieden, sondern hätte selbst auswärts im «Madrigal» einen Punkt verdient gehabt. Als dann der FCZ ab November nachliess, hatte die meisten Liga-Gegner bereits etwas der Mut verlassen, und sie traten bei weitem nicht mehr so hoffnungsvoll und aggressiv auf wie noch zu Saisonbeginn. So reichten dann Energieleistungen von einzelnen Mentalitätsspielern wie Alain Nef oder den auf die Rückrunde neu dazugestossenen Rüegg und Dwamena häufig aus, um trotzdem die noch notwendigen Punkte zu holen.

Forte: unter dem Strich viel aus dem Kader herausgeholt

In der aktuellen Saison war die Entwicklung ähnlich. Traumstart mit acht ungeschlagenen Spielen zu Saisonbeginn, eine grosse Kompaktheit im Spiel ohne Ball, und immer wieder nützliche Tore auf Standards. Wieder spielte der FCZ zu Saisonbeginn über seinen Verhältnissen. Mit einer zwar motivierten und ambitionierten, aber abgesehen von den Toptalenten aus dem eigenen Stall nicht mehr als einigermassen soliden Mannschaft – bestehend aus Spielern, die in anderen Super League-Klubs nicht mehr gefragt waren (Vanins, Voser, Pa Modou, Winter, Frey, Cavusevic), den mittelfristigen Durchbruch auf diesem Niveau noch nicht geschafft haben (Marchesano, Roberto Rodriguez), oder in Ländern, die im UEFA-Ranking hinter der Schweiz liegen vom einen durchschnittlichen Klub zum nächsten getingelt sind (Palsson, Bangura, Thelander). Ob wie damals bei der Freistellung von Urs Fischer die Qualität der Neuzugänge intern nicht etwas überschätzt und damit die Arbeit des Trainers unterschätzt wurde, ist eine offene Frage. Forte ist nach Fischer und Meier der dritte der letzten fünf Cheftrainer, der kurz nach Beginn einer Vor- oder Rückrunde freigestellt wird.

Der Einbruch kam diesmal nicht abrupt, sondern schrittweise, dafür aber resultatmässig umso heftiger. Dies natürlich vor allem darum, weil man sich gegen Lausanne, Thun und Luzern nicht «durchmogeln» kann, wie das gegen Chiasso und Winterthur noch möglich war. Die Strategie «Blitzstart» ist aber durchaus eine valable und häufig erfolgreiche Variante – wenn man sich und seine Möglichkeiten realistisch einschätzt. Man kann innerhalb eines Spiels in der Anfangsphase eine höhere Pace gehen, als man über 90 Minuten durchzuhalten vermag, dies zu einer Führung nutzen, und dann mit letzten Kräften versuchen, diese Führung zu verteidigen. Ähnlich kann man auch eine Saison angehen. Das Problem für den Trainer bei einem solchen Vorgehen in einem kurzlebigen Geschäft sind die häufig (zu) hohen Erwartungen, die mit dem Top-Saisonstart geweckt werden, und die fast zwangsläufig abfallende Leistungskurve.

Freistellung von Forte zeichnete sich ab

Dass sich Uli Forte seit der Winterpause intern unter Druck und etwas in die Ecke gedrängt fühlte, war ihm anzumerken. Er reagierte deutlich sensibler als zuvor und verteidigte seine persönlichen Anliegen beispielsweise bezüglich Transferpolitik ziemlich offensiv – die üblichen Floskeln verschwanden. Ancillo und Heliane Canepa sowie der Sportliche Leiter Thomas Bickel hatten grosse Hoffnungen auf das Trainingslager in der Türkei gelegt und wollten «taktisch-technisch» eine Weiterentwicklung sehen. Die kam dann aber nicht. Der FCZ blieb ähnlich berechenbar für die Gegner wie vor der Winterpause. Der neue Cheftrainer setzt sich denn auch gleich mal zum ersten Ziel, «für alle in der Schweiz unberechenbar zu werden. Sie sollen nicht wissen ob wir mit drei Mann kommen, oder mit vier…oder mit zwölf.»

Auch wenn Fortes Freistellung zu diesem Zeitpunkt schlussendlich durchaus «überraschend» gewesen sein kann, kam sie für ihn nicht aus dem Nichts. Mit den zuletzt gezeigten Leistungen und angesichts der sich enorm gut präsentierenden «Kleinen» der Liga wie Thun oder Lugano war eine Involvierung in den Abstiegskampf bis Ende Saison nicht mehr auszuschliessen. Die Wahrscheinlichkeit ist aber hoch, dass Forte mit dem Team den Klassenerhalt geschafft und nächste Saison womöglich wieder einen Blitzstart hingelegt hätte. Letztendlich fielen dann aber Faktoren wie Spielphilosophie, eine noch stärkere Forcierung der jungen Talente und die Unzufriedenheit mit einer gewissen Stagnation einzelner Spieler mehr ins Gewicht. Die Worte des Leiters Sport Thomas Bickel dazu sind deutlich: «Auch ein Trainer muss sich immer weiterentwickeln», und: «eine klare Spielphilosophie war nicht sichtbar». Bickel bezeichnet die Freistellung von Forte als «gefühlte Niederlage» für ihn selbst, denn ein wichtiger Teil der Arbeit des Sportlichen Leiters sei die erfolgreiche Begleitung des Trainers. Bickel nimmt damit die Haltung ein, die eigentlich alle Verantwortlichen von Fussballklubs in solchen Situationen haben sollten. Der Trainer ist nie nur alleine verantwortlich, denn irgendjemand hat den Trainer ja ausgewählt und auf ihn gesetzt. Was nicht heissen soll, dass in diesem Fall die Wahl Fortes zum damaligen Zeitpunkt eine schlechte Wahl war – im Gegenteil.

Ludo Magnin: die beste FCZ-Wette

Mit dem FC Luzern hatte man zudem am Wochenende einen Gast bei sich im Letzigrund, der die Partie eigentlich hätte gewinnen müssen, und dessen neuer Trainer Gerardo Seoane in vielerlei Hinsicht Ludovic Magnin ähnlich ist. Die beiden Gegner vom letzten Sonntag sind auch als Vereine auf Augenhöhe auf dem fünften und sechsten Platz der Liga, was die finanziellen Möglichkeiten betrifft. Der FCZ hat traditionell die bessere Nachwuchsabteilung, aber Luzern diesbezüglich stark aufgeholt und konnte zuletzt vor allem mehr Junge in die 1. Mannschaft integrieren. Dass dies beim FCZ in Zukunft wieder stärker der Fall sein wird, ist das grosse Anliegen der Zürcher Führungsriege und sie sehen mit Magnin als Cheftrainer dafür die besten Voraussetzungen gegeben. Zumal dieser in den letzten acht Jahren die FCZ-Philosophie gelebt hat und «100% dahinter steht». Die Beförderung Magnins wird wohl zudem auch kein allzu grosses Loch in die Rechnung des FCZ reissen. Nicht weil dessen Ansprüche bescheiden wären, sondern weil dessen Gehalt schon bisher vergleichsweise hoch war. «Topshots» unter den Nachwuchstrainern wie Wicky, Seoane oder Magnin müssen heutzutage nicht mehr am Hungertuch nagen. Nicht zuletzt wegen der hohen Bedeutung der Nachwuchsabteilungen für die Super League-Klubs hat dies durchaus auch seine Berechtigung. Und es verstärkt ihr Gewicht innerhalb der Vereine.

Im heutigen Fussball bewegen sich die Profiklubs auf unterschiedlichen Levels von sportlichen Erfolgen und finanziellen Einnahmen, die sich gegenseitig verstärken wie in einem geschlossenen Kreislauf. In einen höheren Kreislauf gelangen zu wollen ist eine enorme Challenge. Die dafür notwendige (aber noch lange  nicht hinreichende) Voraussetzung ist ein aussergewöhnlicher Trainer der 1. Mannschaft. Klar ist: auch Magnin muss sich erst in der Super League beweisen. Trotzdem ist die Hoffnung auf einen Aufschwung berechtigt. Eine solche Kombination von Identifikation, Leidenschaft und Know-How, wie sie Magnin mitbringt, ist fast einmalig. Trotzdem wäre es unfair, ihn mit Favre zu vergleichen. Solche Trainer, die einen ganzen Verein dermassen auf ein höheres Niveau heben können, gibt es in der ganzen Schweiz maximal einen pro Jahrzehnt. Die Frage ist: wie findet man diesen Jahrzehnttrainer? Oder wie findet dieser seinen Verein? Eines kann man schon von vornherein praktisch ausschliessen: dass dieser Jahrzehnttrainer ein Ausländer sein wird. Denn ausländische Mega-Trainer(talente) verirren sich mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht in die Schweiz. Der FCZ hat in den letzten Jahren, in der Magnin sich auf seine heutige Aufgabe vorbereitete, darauf gewettet, dass der heute 38-jährige Waadtländer dieser neue Toptrainer sein wird. Dass die Wette aufgeht, ist nicht garantiert. Aber eine bessere Wette hätte der FCZ nicht abschliessen können.

U18-Final GC – FCZ, Juni 2016

Züri Live-Interview nach Magnins erstem Meisterschaftsspiel als U21-Trainer bei Brühl St. Gallen, August 2017

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