FCZ – FCB Vorschau: Warum ist die Bilanz gegen Basel so schlecht?

Der FCZ ist in der Neuzeit in den Direktduellen mit dem FC Basel klar die schlechtere Mannschaft. Was dabei häufig vergessen wird: selbst in den FCZ-Meistersaisons 05/06, 06/07 und 08/09 war Basel in den Direktduellen jedes Mal (zum Teil klar) besser. Etwas überspitzt gesagt, scheint es nur einen Tag im Jahr zu geben, an welchem der FCZ Rot-Blau in der Meisterschaft besiegen kann, und das ist der 13. Mai. Zwölf Jahre nach dem epischen Triumph im St. Jakob Park gelang am gleichen Datum 2018 im Letzigrund ein 4:1-Heimsieg. Es ist der einzige FCZ-Meisterschaftssieg gegen Basel in den letzten 20 Begegnungen. Zwei Dinge waren an jenem Sonntagnachmittag anders als sonst und entscheidend für den Erfolg: Erstens agierte Zürich ungewohnt defensiv, überliess den Rot-Blauen das Spiel und konterte gezielt. Zweitens war der FCB ausnahmsweise mal gegen den FCZ mit dem Kopf nicht bei der Sache. Drei Tage davor hatte man in der drittletzten Meisterschaftsrunde mit einem 5:1 gegen den neuen Meister YB nochmal ein Zeichen gesetzt. Damit war die Saison mental abgehakt und beendet.

Normalerweise gibt es das nicht. Spätestens seit den Zeiten, als Marco Streller erstmals das Trikot der 1. Mannschaft übergestreift hat, ist der FCB gegen kein anderes Team so motiviert, wie gegen den aktuellen Nr.1-Klub aus Zürich. Wenn es mal nicht so läuft, kann dem Team vom Rheinknie nichts besseres passieren, als ein Spiel gegen den FCZ vor der Brust zu haben. Umgekehrt ist dies deutlich weniger der Fall. Klar, würde man beim FCZ gerne gegen den Ligakrösus gewinnen, aber gerade die vielen Zürcher Jungs im Team gehen in den Derbies gegen GC jeweils stärker an ihre Grenzen. Nur im Cupfinal 2014 hat der FCZ in den letzten Jahren gegen das bereits als Meister feststehende Basel den grösseren Siegeshunger gezeigt, und aus diesem Grund jenes Spiel auch gewonnen. Die Meisterschaftsbilanz der letzten 20 Begegnungen mit Basel ist identisch mit jener von Xamax, Thun und Lugano (1 Sieg, 6 Unentschieden, 13 Niederlagen). Luzern und GC konnten in den letzten 20 Duellen mit Basel immerhin drei Mal gewinnen, St. Gallen gar fünf Mal und YB hat als einziger Schweizer Klub gegen den FCB eine positive Bilanz.

Auffällig ist, dass die Westschweizer Teams Lausanne, Servette und Sion eine noch schlechtere Bilanz, als der häufig “welsch geprägte“ FCZ gegen Basel haben. Sion, wie der FCZ eine Cup-Mannschaft, vermochte die Rot-Blauen im Cupfinal vor deren eigenem Publikum und gleich darauf auch in einem Viertelfinal zu besiegen – in der Meisterschaft hingegen zuletzt sage und schreibe 33 Mal hintereinander nicht! Servette und Lausanne sind wie der FCZ in der Regel ebenfalls Teams, die auch gegen den FCB offensiv und mit spielerischen Mitteln agieren wollen.

Ludo Magnin weiss also als erster FCZ-Trainer seit Urs Meier, wie man Basel besiegen kann. Ob er es aber wieder auf die gleiche defensive Art und Weise versucht, wie am 13. Mai 2018, ist fraglich. Bei der 0:4-Niederlage in Bern ging diese Marschrichtung zuletzt nicht auf. Bei der 0:4-Niederlage im St. Jakob Park vor einem Monat hatte Simon Sohm im Zentrum zu wenig Unsterstützung von Denis Popovic und Vasilije Janjicic erhalten. In den letzten drei Partien (kein Gegentor gegen Servette und Lugano, im Vergleich mit dem gnadenlos effizienten YB über weite Strecken die bessere Mannschaft) vermochte das Duo Sohm / Domgjoni im Zentrum hingegen deutlich mehr Lücken zu schliessen, als andere Konfigurationen davor. Auch sonst gibt es wohl wenig Grund, an der Formation in Lugano viel zu ändern. Gut möglich, dass der im Tessin verletzungsbedingt ausgewechselte Pa Modou eine Pause erhält, und durch Benjamin Kololli ersetzt wird. Tosin hat sich für weitere Einsätze von Beginn weg empfehlen können. Die Frage ist nur, ob der Nigerianer in der Startformation oder als Joker mehr Wirkung zeigt.

Der FCB wird hingegen drei Tage nach dem ersten Sieg der Klubgeschichte auf Spanischem Boden wohl ein paar mehr Wechsel vornehmen. Ein Einsatz des konterstarken Samuele Campo bietet sich gegen den FCZ immer an (ein Skorerpunkt pro Partie). Und dass Sturmspitze Cabral dem FCZ Mühe bereiten kann, hat er vor einem Monat im St. Jakob Park unter Beweis gestellt. Jonas Omlin wird weiterhin angeschlagen ausfallen. Bei Getafe ist dieser von Djordje Nikolic gut ersetzt worden.

 

Frage zum Spiel: Warum hat der FCZ gegen Basel eine so schlechte Bilanz?

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FCZ ist das «bessere St. Gallen» – aber die Gradlinigkeit im gegnerischen Strafraum fehlt

Nach St. Gallen darf der FCZ gleich nochmal im heimischen Letzigrund ran – gegen den FC Basel. Am 13. Mai (!) reichte dem Magnin-Team eine eher mässige Leistung, um den gleichen Gegner mit 4:1 zu besiegen. Dies weil die Rot-Blauen den wohl schlechtesten Auftritt seit Generationen im Letzigrund hinlegten. Normalerweise profitiert der FCB davon, dass er sich gegen «Züüri» speziell motivieren kann – häufig mehr als umgekehrt, hatte man immer wieder das Gefühl. Diesmal war es für einmal anders gewesen. Der emotionale Fokus der Basler lag auf dem Spitzenspiel gegen YB am vorangegangenen Wochenende. Man wollte unbedingt im Hinblick auf die kommende Saison gegen den neuen Schweizer Meister ein Zeichen setzen, was mit einem 5:1-Sieg auch eindrücklich gelang.

Diese 1:4-Niederlage danach in Zürich war der Anfang einer Sieglos-Serie, die bis in den August anhielt (4:2-Heimsieg gegen GC) und Trainer Raphael Wicky den Job kostete. Auch diesmal hat der FCZ einen Vorteil, da die Begegnung mit Basel in der Mitte der Europa League Playoff-Woche liegt. Man muss den Umstand, dass sich das Team von Marcel Koller zur Zeit mit den Konterspezialisten von Apollon Limassol abmüht, aber natürlich gegen einen zugegebenermassen sich generell im Aufwind befindlichen Gegner auch konsequent nutzen. Vor vier Jahren war der FCZ im Letzigrund gegen das mit denselben Leistungsträgern (Vale, Joao Pedro, Vasiliou, Stylianou oder Papoulis) angetretene Apollon ebenfalls zu einem eher erknorzten 3:1-Heimsieg gekommen (Tore für den FCZ: Djimshiti und zwei Chikhaoui-Penalties).

Vor Wochenfrist waren die Kritiken nach dem 0:0 gegen St. Gallen vernichtend gewesen. Die NZZ setzte wie so häufig die bei diesem Blatt für FCZ-Spiele schon fast zu den Standard-Textbausteinen gehörenden polemischen Attribute «einschläfernd», «uninspiriert», bzw. «Sedativ» ein. Trainer Magnin selbst in seiner fordernden Art hatte zumindest im Gespräch mit den Medien rundweg kein konstruktives Spiel seiner Mannschaft gesehen. Aber war alles wirklich so schlecht? Wenn man sich nämlich an den Beginn der Partie zurückerinnert, ging der FCZ von Anfang an Vollgas, setzte St. Gallen unter Druck und war bis in die 55. Minute die bessere Mannschaft. Danach glich sich die Partie aus, auch weil der FCZ in einzelnen Phasen als Team etwas nachliess.

Spiele gegen Zeidlers St. Gallen erinnern an solche gegen Zemans Lugano. Das Mittelfeld ist entvölkert, beide Teams kommen relativ einfach durch – ein Schlagabtausch. Der FCZ liess sich, ob gewollt oder gezwungenermassen, auf dieses Spiel ein – wohl nicht zur Freude von Trainer Magnin. Allerdings ist dessen Team über weite Strecken eher «das bessere St. Gallen». Man kommt zumindest im Ansatz zu mehr potentiell guten Torchancen. Auch wenn man die Anzahl der effektiven Abschlüsse zählt (12), so liegt diese höher, als in den ersten drei Saisonspielen gegen Thun, GC und YB. Die ersten beiden Partien konnten gewonnen werden, obwohl es da am wenigsten Abschlüsse gab! Auch bei der Anzahl Flanken, Top-Offensivaktionen sowie auch Top-Defensivaktionen zählt Züri Live gegen St. Gallen einen neuen Saisonbestwert. Und selbst die Durchschnittsnote der Spieler ist mit 6,4 besser, als in den ersten drei Meisterschaftsspielen!

Das Hauptproblem ist die fehlende Zielstrebigkeit und Gradlinigkeit im und um den gegnerischen Strafraum. Benjamin Kololli, Antonio Marchesano und vor allem Marco Schönbächler haben ein halbes Dutzend Möglichkeiten, alleine aufs von Dejan Stojanovic gehütete St. Galler Tor zu ziehen, verhindern dies aber jedes Mal selbst mit unnötigem „Hakenschlagen“. Viele der potentiell «tödlichen» letzten Pässe stammen von Toni Domgjoni. Als Domgjoni kurz vor Schluss dann endlich mit dem spät eingewechselten Michael Frey einen Adressaten findet, der bereit ist, auf direktem Weg zum gegnerischen Tor zu ziehen, wird dieser zu Unrecht aus dem Offside zurückgewunken. Der inzwischen zu Fenerbahce gewechselte Frey (hat mit 8,3 in den ersten vier Saisonspielen den besten Züri Live-Notenschnitt) war ein wichtiger Faktor, warum der FCZ in der Schlussphase nochmal sehr nahe an einen möglichen Heimsieg kam. Es fehlte aber insgesamt auch das Wettkampfglück. Beispielsweise ist die Zeit reif für ein Kopfballtor Mirlind Kryezius – auch gegen St. Gallen fehlte nach einem «Schönbi»-Eckball wieder nur sehr wenig. In demjenigen Spiel, in welchem dieses Tor dann tatsächlich fällt, hat der FCZ eine erhöhte Chance auf einen Sieg.

Schönbächler hatte Hochs, zu denen unter dem Strich auch seine vier Eckbälle gehörten (gegen YB hatte Kololli noch alle Corner getreten), aber noch etwas mehr Tiefs im Spiel. Die Hochs nahmen allerdings im Verlauf der Zweiten Halbzeit zu. Davor hatte der Urdorfer noch mehr als Sturmpartner Odey vorne lange Zeit kaum mal einen Ball verteidigen können. Der Nigerianer wurde noch vor der Pause ausgewechselt, als er wohl etwa zwischen dem Zeitpunkt der Entscheidung, ihn aus dem Spiel zu nehmen und der tatsächlichen Auswechslung gerade besser ins Spiel gefunden hatte. Ein weiterer Ansatzpunkt für den FCZ könnte die Zweikampfstatistik sein, die wie schon gegen YB auch im Duell mit St. Gallen negativ war. Das Zürcher Mittelfeld musste viel Laufarbeit verrichten – auch weil die Zürcher Aussenläufer phasenweise relativ tief standen. Von Toni Domgjoni ist man sich dies gewohnt – auffällig war gegen St. Gallen aber das Laufpensum und die Zweikampfintensität von Antonio Marchesano, der in diesen Bereichen Fortschritte zu machen scheint. Hekuran Kryeziu kann seine etwas zu schläfrige Art in der Defensiven Phase noch nicht ablegen, zeigt sich aber im Vergleich zum YB-Spiel diesbezüglich zumindest etwas verbessert. In der Offensiven Phase gibt es bei ihm sowieso keinen Anlass zur Klage.

Gar ein rundweg gelungener Auftritt gelingt dem linken Aussenläufer Pa Modou (Züri Live-MVP der Partie). Das Duell mit Gegenspieler Bakayoko entwickelte sich mit zunehmender Spieldauer zu einem Kantersieg für die Zürcher Nummer 18. Nicht zum ersten Mal zeigt sich der Gambier gegen einen seiner Ex-Klubs von seiner besten Seite. Zusammen mit Mirlind Kryeziu und Alain Nef ist er zudem für die gegen St. Gallen überdurchschnittlich gefährlichen Einwürfe zuständig. Gerade gegen einen wenig kompakt agierenden Gegner wie das Zeidler-Team kann mit gut einstudierten Einwurfvarianten schnell eine gefährliche Situation heraufbeschworen werden. Und auch Einwürfe des Gegners in dessen Spielhälfte können mit klugem Pressing besser genutzt werden.

FCZ – St. Gallen 0:0  

FCZ: Brecher; Nef, Palsson, M. Kryeziu; Rüegg (46. Winter), H. Kryeziu, Pa Modou; Marchesano (78. Frey), Domgjoni; Odey (37. Kololli), Schönbächler.

St. Gallen: Stojanovic; Bakayoko, Hefti, Vilotic, Wittwer; Quintilla; Sierro, Ashimeru; Tafer (75. Kukuruzovic), Itten (86. Buess), Ben Khalifa (46. Kutesa).

Nicolas Stettler empfiehlt sich: Winterthur – FCZ 0:3 Spielinfos und Stats

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Derbysieg am 13. Mai! Mit Antonio Marchesano (3), Oli Buff (2) und Raphael Dwamena (1) sind gleich drei Spieler an allen Toren beteiligt, bei welchen sie auf dem Platz standen. Auch Roberto Rodriguez und Nicolas Stettler haben je zwei Torbeteiligungen vorzuweisen. Der Thurgauer Aussenverteidiger spielt auf seiner „schwächeren“ Seite offensiv wie defensiv eine starke Partie und empfiehlt sich für weitere Einsätze. Cédric Brunner auf der anderen Seite hingegen kämpft auch in Winterthur mit seiner schlechten Rückrundenform.

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Der FCZ geht dank aggressivem Pressing in den ersten 10 Minuten verdient früh mit 1:0 in Front. In der Folge gleicht sich die Partie aus und ist insgesamt nicht sehr hochstehend. Die Zürcher zeigen sich aber auch in der 2. Halbzeit als die vor dem gegnerischen Tor effizientere Mannschaft. Torschütze und Assistgeber Oli Buff spricht nach der Partie im Gespräch mit Züri Live auch über einen möglichen Abgang zum Ende der Saison: Live-Interviews nach dem Kantonsderby.

GYGAX Cupfinal-Countdown, Teil 2

IMG_5428Sali zämä, 

ich chans immer nonig glaube, das 0:4! Uf de Heireis vomene Mannschaftsässä in Lausanne hani di ganz Ziit versuecht, Live-Bilder z’empfangä, aber es hätt nöd klappet. Da hätt halt ä Schtandleitig zu minere Frau anemüese. Sie hätt mers Schpiil is Auto kommentiert. «Es schtaht 0:1», «jetzt isch grad s’0:2 gfallä», «jetzt s’0:3», «jetzt s’0:4»…, ich has einfach nöd chönä glaubä. Aber ich han gwüsst, mini Frau verzellt kä Mumpitz, und würd mit so öppisem au nöd Schpassä. Nie hetti dänkt, dass de Match äso usecho chönnt. Aber wänn sälbscht ballsicheri Schpiller wie de Yapi mehrmals de Ball verlüüred, chan das en unheilvolle Domino-Effäkt i de Mannschaft uslöse. Ufs mal schpillt mer de Ball nuno em Nef und em Sanchez zue, und die haued de Ball wiit füre.

Ich han im Fuessball als Totomat-Boy aagfange, wo de FCZ i de Nati B gschpillt hät. Und jetzt sötts wieder sowiit cho? Han mir damals i de Saison 88/89 im Badener Esp so es Sackgäld dezue verdient. De Christian Constantin seit ja: «De Totomat lügt nöd» – und ich han würkli nie gloge. Ich chan mich vom FCZ no a di wisse Liibli mit dem Hellblau drin erinnere.

No hämmers i de eigene Füess, aber es wird schwär. Ich bliibe däbii – äs isch es Chopfproblem. De neui Trainer muess in erschter Liniä än Motivator sii. Mängisch isch aber au gar nöd entscheidend, wer a de Siitelinie schtaat. Plötzli schüssisch s’1:0 und alles cheert. So Sache sind au nach 20 Jahr Profifuessball schwierig z’erchlerä. Ich han i minere Karriere zwei Trainer mit grosse Qualitätä als Motivator erläbt: de Dieter Hecking in Nürnberg – und de Carlos Bernegger in Luzern.

Ich weiss nöd, was es gnau isch mit em Bernegger, aber mit sim speziellä Dialäkt und südamerikanische Charme chan er d’Schpiller dezue bewege, sich im Training und im Matsch z’zerrisse. De Carlos würkt wienes legals Ufputschmittel. Au chlini Änderige im Training chönd dezu füere, dass es bi de Schpiller im Chopf wider «klick» macht. Aber dass das klar isch: drü Schpiil vor Schluss isch verdammt churzfrischtig – und de nöchscht Matsch isch scho am Mäntig!

De Cupfinal isch vom Datum her so nöch, und gliichzitig in Gedanke doch eso wiit ewäg. Genauso wie de 13.Mai 2006, woni nachere achtähalbschtündige Autofahrt us Lille inere Wohnig in Altschtettä schtuunend uf de Chnü di letschte Minute vorem Fernseh miterläbt han.

Aber Fiirtig isch Fiirtig! Fiirtige sind wichtig. Die muess mer reschpektiere. Wienacht, Oschtere und 13.Mai.
 
Also: allne FCZ-Fans en schöne Fiirtig – und dänn alli uf St.Galle!

Dani Gygax
GYGAX Track der Woche (Musig-Schtiil zwar nöd ganz min persönliche Favorit, aber für hüt passts guet) 

 

Iulian Filipescu: wer ist der Mensch hinter der Kult-Figur?

Es gibt Menschen, die cool sind. Es gibt Menschen, die cool sein wollen. Und es gibt Iulian Filipescu. «Ich bin Hausfrau» meint der Rumäne schelmisch zur versammelten Journalistenschar auf die Nachfrage nach seiner aktuellen Tätigkeit. Welcher gestandene Mann, und noch viel mehr: welcher ehemalige Fussballprofi würde mit einer solchen Selbstverständlichkeit so über sich selbst reden? Jeder hat doch seine Projekte am Laufen! Nicht Filipescu… Er lebt, wie er Fussball spielte – fokussiert aufs Wesentliche. Auf dem Platz bedeutete dies, mit möglichst wenig Laufen möglichst viele Tore zu verhindern, und in der letzten Sekunde der Saison erstmals aus dem Spiel heraus im gegnerischen Strafraum aufzutauchen, um das entscheidende Tor zum Meistertitel zu erzielen. Heute ist das Wesentliche die Familie.

Sich Filipescu zum Vorbild nehmen, bedeutet: bereit sein, wenns wirklich drauf ankommt – im Gegensatz zu sich in Hyperaktivität verlieren. Iulian kann es sich leisten, zusammen mit seiner Frau in der Nähe von Oviedo in Asturien, sich um Kinder, Haus und Garten zu kümmern. «Oviedo ist ein bisschen wie Zürich, auch das Wetter ist vergleichbar». Wenn die Kinder dann einmal gross sind, wird er sich wieder eine Beschäftigung suchen. Oldtimer reparieren ist eine Variante. Ein Stück aus seiner Sammlung, einen Alpha Spider, hatte er damals in seiner Zürcher Zeit gekauft.

Sein letzter Job war Juniorentrainer von Oviedo. Bis man ihn dort nicht mehr haben wollte. Filipescu sind die Gründe nicht klar. Ähnlich spricht er über den Abgang beim FCZ gleich nach dem Titel. Er wäre gerne geblieben, und forderte den gleichen Lohn wie bis anhin. Aus seiner subjektiven Sicht war dies nach der erfolgreichen Saison nicht zu viel verlangt. Verständlich für einen Spieler, der sich die Lohngefüge von Galatasaray und Betis Sevilla gewohnt war. Für FCZ-Verhältnisse verdiente Filipescu aber viel Geld – und auch der Meistertreffer konnte nicht verbergen, dass er von Jahr zu Jahr immer langsamer wurde. Dank dem Abgang von Filipescu war der FCZ in der Lage, Hannu Tihinen zu verpflichten – ein exzellenter Deal. Der drei Jahre jüngere Finne trug als Top-Verteidiger, Captain und Integrationsfigur sehr viel zu den Meistertiteln 2007 und 2009 bei. Filipescu hätte dasselbe wohl nicht mehr geschafft.

Filipescu ist Kult nicht nur wegen seines Tores, sondern auch wegen seiner Art. Er biedert sich bei niemandem an und gibt nicht vor, etwas anderes zu wollen, als einfach ein schönes Leben. Auf die Frage nach der Bedeutung der Zahl «93» in seinem heutigen Leben antwortet der Rumäne denn auch: «Ich möchte 93 Jahre alt werden». Auch wenn er äusserlich gewisse Ähnlichkeiten mit dem archetypischen Hooligan der 80-er Jahre hat, wäre Filipescu ein miserabler Ultra. Zum Fussball schauen geht er nicht ins Stadion. Ihm gefällt es in den eigenen vier Wänden besser. Im Stadion vermisst der 42-jährige zum Beispiel die Replay-Funktion auf der Fernbedienung. Seine Lebensqualität ist ihm wichtig, sein Status hingegen nicht. Gerade deshalb gibt er die ideale Kult-Figur ab – denn Kult kann nur jemand sein, der dies eigentlich gar nicht sein will. Wer Kult ist, bestimmen die Fans, nicht der Star.

Filipescu gibt zwar zu, dass die 93.Minute der aussergewöhnlichste Moment seiner Karriere und wegen der Dramaturgie überhaupt einer der aussergewöhnlichsten Momente im internationalen Fussball war. Gleichzeitig ist er überzeugt davon, dass für den FCZ die aktuellen Spiele gegen den Abstieg wichtiger seien, als der damalige Meistertitel in Basel. Gerade auch seine Erfahrungen mit Betis in Sevilla haben ihn zur Erkenntnis gebracht, dass Abstieg in die Zweite Liga schlimm ist – weil es nicht einfach ist, wieder hochzukommen.

Iulian Filipescu ist mit seiner Familie drei Tage in Zürich und darf heute am 93.Minute-Fest im Volkshaus als Personifikation dieses Momentes natürlich nicht fehlen. Zusammen mit Südkurven-Bands, die seinen Namen in Liedtexten verewigt haben…

10 Gründe, warum der FCZ gegen Lugano und in St.Gallen 4-6 Punkte braucht

  1. Wenn es im letzten Spiel gegen das formstarke Vaduz noch um alles geht, wird es ein Nervenspiel, welches auch vom Zufall und der Tagesform entschieden würde
  2. Der um einen Europa League-Platz kämpfende Gegner des zweitletzten Spiels, Sion, ist mittlerweile wieder deutlich stärker, als das ersatzgeschwächte Team, welches der FCZ noch im Cuphalbfinal besiegt hatte – zuletzt ist auch Carlitos wieder zurückgekommen
  3. Auch ein Abstieg des FCZ schon vor dem letzten Spieltag ist möglich
  4. Lugano und St.Gallen sind aktuell neben dem FCZ die beiden anfälligsten und instabilsten Teams der Liga – wenn gegen diese beiden Mannschaften keine Punkte geholt werden, gegen wen dann?
  5. Auf den kleinen positiven Signalen aus dem Basel-Match muss unmittelbar aufgebaut werden, bevor ein Negativerlebnis alles wieder zunichte macht
  6. Mit drei Punkten gegen Lugano kann das Fest zum 13.Mai etwas unbeschwerter angegangen werden
  7. Eventuell kann mit einem «Dreier» in St.Gallen eine vierte Mannschaft im Abstiegskampf gehalten werden
  8. Auch für den Cupfinal ist es wichtig, früh genug wieder in Schwung zu kommen
  9. Eine optimale Cupfinal-Vorbereitung ist nur ohne Abstiegssorgen vor dem letzten Meisterschaftsspiel gegen Vaduz möglich
  10. Wenn Alexander Kerzhakov zur EM will, müsste er spätestens jetzt wieder beginnen zu treffen – sein Nationaltrainer Leonid Slutski nimmt nur formstarke Spieler mit
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