Schlagwort: Abstiegskampf
Yverdon Sport – FC Zürich 3:2
Forte und Moniz haben ihre Teams gefunden / FCZ – FC Winterthur mit möglichen taktischen Formationen
In den letzten drei Runden haben der FC Winterthur und der FC Zürich zusammen drei Mal am Stück GC bezwungen. Nun treffen FCZ und FCW im Letzigrund-Kantonsderby aufeinander. Wie gegen GC ist dem FC Zürich auch gegen Winterthur die positive Saisonbilanz nach zwei Siegen und einem Unentschieden nicht mehr zu nehmen. Gegen die drei Teams, die sich aktuell im direkten Abstiegskampf befinden hat man viele Punkte gewinnen können. Dies deutet darauf hin, dass die neue Spielweise funktioniert – es fehlte bisher einfach die Qualität, diese auch gegen stärkere Gegner häufiger durchdrücken zu können.
Moniz hat sein Team gefunden
Der FCZ wechselt taktisch zwischen einem 4-3-3 und 4-2-4. Im mit 3:0 gewonnenen Derby am Samstag war es wieder das 4-3-3 mit dementsprechend drei Mann im verstärkten Mittelfeld. Auch wenn GC im Derby am Samstag nicht der schwierigste Gegner der Saison war, hat man trotzdem das Gefühl, dass Ricardo Moniz nun gegen Ende Saison endlich sein Team gefunden hat – mit den passenden Rollen für die einzelnen Spieler. Daher kann man sich trotz der kurzen Pause seit dem Stadtderby vorstellen, dass er im Kantonsderby nochmal gleich aufstellen wird. Für die letzten beiden Partien in St. Gallen und Yverdon könnte der U21-Abstiegskampf hingegen wieder einen Einfluss auf die Aufstellung der 1. Mannschaft haben. Wenn Tsawa und Reichmuth im Kampf um den Klassenerhalt gegen das zuletzt acht Spiele in Folge unbesiegte Bavois und das viertplatzierte FC Basel II gebraucht werden, könnte allenfalls sogar Ifeanyi Mathew zum Abschied nochmal zu Einsätzen in der 1. Mannschaft kommen. .

Wenn der FC Zürich hoch steht und das Spiel macht, macht es Sinn, dass Miguel Reichmuth wie gegen GC als Abfangjäger mit guter Antizipation auf der Sechser-Position agiert. Die Grasshoppers zogen sich zurück und setzten voll auf Konterattacken, von denen einzelne im Ansatz auch gefährlich aussahen – aber sie wurden meist von Reichmuth im Keim erstickt, weil dieser fast immer am richtigen Ort stand. Falls dies nicht half, kam als Rettungsring Junior Ligue mit seinen Sprints zum Zug, die er diesmal richtigerweise voll für die Defensiven Umschaltsituationen einsetzte. Cheveyo Tsawa kommt mit seiner Vielseitigkeit häufig zu Torbeteiligungen, wenn er auf der Doppel-Acht eingesetzt wird – und kann defensiv seine Qualitäten im Hohen Pressing einbringen. Gegen GC verstand er sich auf der linken Seite zudem sehr gut mit Mounir Chouiar – Bledian Krasniqi spielte unüblicherweise halbrechts, im Zusammenspiel mit Jahnoah Markelo. Auf diese Weise agiert auf beiden Seiten je ein gradliniger und ein spielfreudiger Mann, was besser zusammenpasst. Steven Zuber konnte sich nach einer gewissen Leistungsbaisse im Derby wieder steigern und ist vorne zusammen mit dem gegen GC häufig gesuchten Chouiar und Markelo als Sturmtrio gesetzt. Lindrit Kamberi ist aktuell als Rechtsverteidiger mit seinen Diagonalvorstössen auf die Halbposition (ähnlich wie früher Nikola Boranijasevic) ebenso ein wichtiges Element. Einzig Krasniqi und Gbamin waren im Derby eher durchschnittlich.
Forte eliminiert defensive Schwachpunkte – Offensivspieler kommen in Form
Beim FC Winterthur hat Coach Uli Forte einen Fokus darauf gelegt, die defensiven Schwachpunkte zu eliminieren – auch personell. Ex-Captain Granit Lekaj spielt seit Monaten keine Rolle mehr, Fabian Frei oder Adrian Durrer kommen im Mittelfeld nicht mehr zum Zug, und vor allem verzichtete Forte zuletzt auf die Dienste des immer wieder “wackeligen“ Linksverteidigerduos Schättin / Diaby. Silvan Sidler rückte dafür auf diese Position. In den letzten fünf Partien hat der FCW nur ein einziges Gegentor kassiert. Dazu kommt die Einsatzfähigkeit und steigende Formkurve von Nishan Burkart, Josias Lukembila und Alexandre Jankewitz. Speziell Ex FCZ-Junior Burkart bringt im Letzigrund, wo sein Vater früher häufig als Leichtathlet aktiv war, immer wieder seine besten Leistungen. Die drei besten Torschützen des aktuellen Winterthur-Kaders stammen alle aus dem FCZ-Nachwuchs (Matteo Di Giusto, Labinot Bajrami, Nishan Burkart).

FCZ steigt mit guter Derbybilanz aber fünf sieglosen Spielen in Folge ins letzte Derby der Saison / 290. Derby Vorschau mit möglichen taktischen Formationen
Der FC Zürich hat die Stadt-Meisterschaft bereits vor diesem fünften Saisonderby gewonnen – und dies zum siebten Mal in Folge. Rund um die FCZ Challenge League-Saison war letztmals GC drei Mal in Folge vorne. Die Hoppers kämpfen in erster Linie mit Winterthur und Yverdon gegen den Abstieg. Zuletzt bei der 0:2-Niederlage in Winterthur hatte das Team von Trainer Tomas Oral viel Pech. Ein knappes Offside-Tor von Schürpf wurde nicht gegeben genauso wenig wie drei mögliche Penaltys. Der FC Zürich erzielte bei der 1:2-Niederlage im Tourbillon gegen den FC Sion gleich zwei Treffer, die wegen knappen Offsides aberkannt wurden.
Emmanuel wie in Sion im Sturmzentrum?
Der Derby-Mann der Saison heisst bisher Mounir Chouiar. Der Franzose war in den Duellen mit GC in den entscheidenden Momenten jeweils da und war an einem grossen Teil der FCZ-Tore beteiligt. Beim 2:1-Sieg Ende März schlug er den Eckball zum 1:0 von Jean-Philippe Gbamin und auch die Flanke auf den Kopf von Bledian Krasniqi beim 2:0. Dieser bringt in den letzten Wochen eine von ihm noch selten gesehene Konstanz auf den Platz. Nach Yanick Brecher, Mariano Gomez und Mounir Chouiar hat Krasniqi in dieser Saison die viertmeisten Einsatzminuten und mit bisher zehn Skorerpunkten einen neuen persönlichen Bestwert aufgestellt. Der angesprochene Derbysieg Ende März war allerdings der letzte Vollerfolg des FC Zürich – seither gab es nur zwei Punkte aus fünf Partien. GC hat hingegen in der Zwischenzeit immerhin gegen Luzern und in Yverdon zwei Spiele gewinnen können.

Im Gegensatz zu letzter Woche findet diesmal das U21-Spiel (zu Hause gegen den SC Cham) am Tag nach dem Spiel der 1. Mannschaft statt, was bezüglich dem Einsatzplan der jungen Spieler wohl schon einen Unterschied ausmacht. In Sion setzte es für den FCZ die Niederlage weil einerseits der sich in Abstiegsgefahr befindliche Gegner zwei, drei Prozentpunkte mehr auf den Platz brachte und andererseits Junior Ligue (trotz Familiensupport im Tourbillon) und Daniel Denoon völlig neben den Schuhen standen. Im Derby kann man sich solche Disziplinlosigkeiten und Konzentrationsschwächen noch weniger leisten. Lindrit Kamberi kehrt von seiner Sperre zurück. Rodrigo Conceição könnte eine Option auf der LInksverteidiger-Position sein. Eine offene Frage ist, ob Jean-Philippe Gbamin wie in Sion wieder in der Innenverteidigung beginnt oder im Mittelfeld. Gbamins Auftritt im Wallis war sein bisher wohl bester im FCZ-Dress und eine klare Steigerung im Vergleich zu den Wochen davor. Emmanuel hatte im Wallis auf dem LInken Flügel begonnen, wechselte dann aber relativ rasch im Verlauf der 1. Halbzeit ins Sturmzentrum, wo er das zentrale Duo mit Steven Zuber bildete. Er steuerte auf dieser Position ein Assist bei und erzielte ein Offside-Tor.
Abrashi und Schürpf zuletzt als Starter mit Mühe
Bei GC ist Trainer Oral gesperrt und Tsiy Ndenge fällt weiterhin verletzt aus. Amir Abrashi hatte zuletzt Mühe, mit dem Super League-Tempo noch mitzuhalten – Pascal Schürpf ist weiterhin am effektivsten als Joker. Bei der Niederlage in Winterthur begannen beide in der Startformation – Schürpf war dabei an der Entstehung des ersten Gegentores beteiligt. Wie bereits beim letzten GC Derbysieg im Januar 2024, als der Basler als Einwechselspieler in der Nachspielzeit die Partie drehte. Zu den offensiv effektivsten Spielern bei den Grasshoppers gehört weiterhin Linksverteidiger Persson. Bei Mittelstürmer Adama Bojang hängt alles von der Tagesform ab. Der ehemalige FCZ-Junior und heutige GC U21-Captain Yannick Bettkober kam zuletzt zu seinen ersten Einsatzminuten in der Super League.

FCZ im Abstiegskampf – was lehrt uns die Saison 15/16?
Wie üblich beginnen nach den ersten Super League-Runden die ersten Trainerdiskussionen in den Medien und bei anderen Beobachtern des Schweizer Fussballs. Diesmal ist wenig überraschend wieder mal der FC Zürich dran. Die journalistischen Beiträge zum Thema sind dabei nicht ungewohnt kein bisschen besser als die aktuellen Liga-Resultate des FCZ. In der letzten Rubrik „Am Ball mit Böni“ stellt dabei Andreas Böni (Blick) zwei Behauptungen auf:
- Der FCZ habe schon mal bei Sami Hyypiä „die ganze Saison gewartet“, bis er entlassen worden sei und sei dann (darum) abgestiegen.
- Franco Foda hätte sich ein Vorbild an Nationaltrainer Murat Yakin nehmen sollen. Dieser habe als Nachfolger von Vladimir Petkovic „alles ungefähr gleich gelassen“ und nicht „mit grossen Pröbeleien“ angefangen.
Yakin stellt alles auf den Kopf – Hyypiä lange besser als Challandes
Beides ist falsch. Mehr auf den Kopf stellen als Yakin kann man als neuer Nationaltrainer fast nicht. Viererabwehr statt Dreierabwehr, Umschaltfussball statt Ballbesitz, sehr variabel auf den Gegner abgestimmt statt immer gleich, Fabian Frei reaktiviert und genauso wie Aebischer und Okafor gegen Italien in der Startformation gebracht, Zeqiri und Lotomba neu mit dabei, Captain Xhaka zeitweise Links liegengelassen, mehrere Spieler, die auf anderen Positionen spielen, als im Verein oder zuvor mit der Nationalmannschaft… Möglich, dass Yakin sich gegenüber den Journalisten so verkauft hat, als würde er fast nichts ändern – um möglichst wenig Wellen zu schlagen. Aber die Aufgabe eines Sportjournalisten müsste dann schon sein, kurz nachzuprüfen, ob das auch stimmt.

Ähnlich schludrig die Aussage bezüglich Abstiegssaison des FCZ. Eine Trainerentlassung schon nach sechs Runden sei durchaus zu rechtfertigen, weil der FCZ in der Abstiegssaison damit zu lange gewartet habe. Böni vergisst dabei komplett, dass die FCZ-Saison 15/16 mit Urs Meier begann – und dieser schon nach vier Spielen (drei Ligarunden) gehen musste. Am Beginn der Abstiegs-Saga stand also eine äusserst frühe Trainerentlassung. Danach folgten Wochen der Übergangsphase bis der neue Trainer gefunden, verpflichtet und dann endlich in Zürich angekommen war. Und als dies der Fall war, brauchte die Mannschaft auch noch etwas Zeit, um sich auf Hyypiä einzustellen. Bis dahin war Ende Oktober. In dieser Übergangsphase rutschte man vom zwischenzeitlich 4. Rang auf den letzten Platz ab. Ab Ende Oktober ging es mit Hyypiä dann aber aufwärts. Bis Mitte April hatte die Mannschaft unter dem Finnen eine Bilanz von 8 Siegen / 5 Unentschieden / 4 Niederlagen. Deutlich besser als Meistertrainer Bernard Challandes‘ FCZ-Bilanz! Und man hatte nach Triumphen gegen YB, Thun und Sion den Cupfinal erreicht.
Knackpunkt im St. Jakob Park
So ziemlich alle Journalisten und Schweizer Fussballfreunde waren zu diesem Zeitpunkt sicher, dass der FCZ überm Berg sei. Am 10. April änderte Basel-Coach Urs Fischer aus Respekt vor seinem formstarken Stammklub ungewöhnlicherweise sogar sein Spielsystem. Es nützte nichts. Die Zürcher führten im St. Jakob Park bis zur 83. Minute nach Toren von Kerzhakov und Bua trotzdem mit 2:0. Dann unterlief Embolo rückwärtslaufend und eine Verletzung des Gegenspielers in Kauf nehmend im Zürcher Strafraum den zum Kopfball aufspringenden Alain Nef. Statt Stürmerfoul entschied Ref Fedayi San auf Penalty wegen „Aufstützens“ (VAR gab es damals noch nicht). Delgado versenkte diesen genauso wie er kurz danach in Unterzahl nach einer Unkonzentriertheit des eingewechselten Sangoné Sarr Birkir Bjarnason ideal zum tausendsten FCB-Super League-Tor bediente. Noch entscheidender: in der 54. Minute hatte Cédric Itten mit einer Attacke von hinten mit beiden Beinen gestreckt in der Luft den zentralen Zürcher Abwehrmann Sanchez à la Ulysses Garcia vs. Fabian Schubert regelrecht “umgeholzt“ (wurde nicht mal als Foul taxiert). Sanchez fiel mit einem Muskelfaserriss aus und die zuvor stabile Zürcher Defensive in einem zu jenem Zeitpunkt eher knappen Kader war aus dem Gleichgewicht.

Nach einem Punkt aus den Spielen gegen Luzern und GC folgten drei Niederlagen in Folge gegen YB, Thun und Basel. Der FCZ war immer noch auf dem 8. Platz, aber es wurden nun erste Stimmen nach einem erneuten Trainerwechsel laut. Dieser erfolgte eine Woche später nach der Heimniederlage gegen Lugano dann auch. Die von Böni nun retrospektiv herbeiphantasierte angeblich lange Phase der Erfolglosigkeit unter Hyypiä („die ganze Saison gewartet“) gab es nicht. Es lief lange Zeit sehr gut – bis zum abrupten Absturz Ende April / Anfang Mai. Man konnte allenfalls über eine Woche früher oder später diskutieren – mehr nicht.
Abstiegssaison 15/16 Paradebeispiel für vorschnelle Trainerentlassung
Uli Forte, nach Urs Meier, Massimo Rizzo und Sami Hyypiä der vierte Trainer der Abstiegssaison, stellte dann die Mannschaft im direkten Duell in St. Gallen katastrophal ein und auf. Und in Sion beging er einen taktischen Fehler, als er sein Team aus dem offenen Schlagabtausch zurückzog, um ein Unentschieden über die Zeit zu bringen, von dem von vornherein klar war, dass es dem FCZ wahrscheinlich nichts bringen wird. Die FCZ-Saison 15/16 ist somit das Paradebeispiel für einen zu schnellen, überhasteten und zudem unvorbereiteten Trainerwechsel, nicht für ein zu langes Festhalten am Trainer.

Die Vorgeschichte dazu war beinahe eine Kopie zur vorschnellen Entlassung von Urs Fischer dreieinhalb Jahre davor, aus der man nur teilweise die Lehren gezogen hatte. Fischers Team verpasste 10/11 in einer tollen Saison den Meistertitel nur um ein Pünktchen. In der folgenden Vorrunde gewann man zwar gegen Basel, YB und eines der Derbys mit 6:0, fokussierte sich ansonsten aber stärker auf die Champions League-Qualifikation (Ausscheiden gegen Bayern) und Europa League-Gruppenphase. Im Winter verliessen dann mit Rodriguez, Mehmedi, Djuric, Alphonse und Margairaz gleich fünf Leistungsträger den Klub. Gemessen am Aderlass präsentierte sich die Mannschaft nach Wiederbeginn überraschend gut. Die Ungeduld in der damaligen Vereinsführung überwog aber angesichts des Mittelfeldplatzes, weil man in der Saison davor noch um den Titel gespielt hatte.
Freistellung von Urs Meier: Parallelen zu Urs Fischer
Fast genauso bei Urs Meier: sein FCZ spielte 14/15 über Monate ganz vorne um den Titel mit. Dann folgte eine ziemlich einmalige Serie von widrigen Umständen – Gilles Yapi wurde von Sandro Wieser in Aarau vom Platz getreten. Burim Kukeli setzten die Folgen seines Beinbruches zu (überhartes Foul von Simon Grether in einem Testspiel fast zwei Jahre davor). Mehrere Stammspieler erlebten im Winter einen skandalträchtigen Afrika-Cup, von dem sie sich mental lange nicht erholten, und dann kam in der Rückrunde auch noch eine in den letzten zwei Jahrzehnten nie dagewesene Serie an Schiedsrichter-Fehlentscheiden gegen den FCZ hinzu. Dank des historisch einmaligen fünften Derbysieges der Saison hievte man sich trotz alledem noch auf den 3. Platz.

Im Sommer verliessen dann aber die Leistungsträger Elvedi, Chikhaoui, Rikan, Cico Rodriguez den Klub, genauso wie der frühere Nr. 1-Torhüter Piu Da Costa und Talent Dimitri Oberlin, der sich in den Sommer-Testspielen in überragender Verfassung präsentiert hatte. Der Fall „Fischer“ wiederholte sich: die Mannschaft startete leistungsmässig angesichts des Aderlasses eigentlich ganz gut, hätte nach Torchancen die Unentschieden ausgegangenen Auftaktpartien gegen YB und Vaduz gewinnen müssen und verlor im Derby in der 93. Minute gegen Källström, Caio, Dabbur, Tarashaj und Co.. Nach der vorhergehenden Saison zeitweise an der Tabellenspitze waren die Ansprüche aber offenbar in unrealistische Höhen gestiegen. Und Meier musste gehen.
Neuzugänge sind technisch besser
Wie stellt sich die heutige Situation im Vergleich zur Abstiegssaison dar? Identisch ist der Aspekt der weit überdurchschnittlichen Vorsaison an der Tabellenspitze (wie 10/11 und 14/15) – diesmal sogar mit Meistertitel am Ende. Ebenfalls ein wichtiger Faktor in allen drei Fällen ist der starke Fokus auf den Europacup bei Verein und Spielern. Wie sieht der Vergleich bezüglich Abgängen und Zugängen aus? Im Winter 11/12 und im Sommer vor der Saison 15/16 fand ein echter Aderlass statt. Die Qualität der Zugänge konnte mit der Qualität der Abgänge ganz fundamental nicht mithalten. Heute ist die Situation teilweise anders, teilweise gleich. Von der grundsätzlichen Qualität her sind die Zugänge mindestens gleich gut oder sogar eher besser, als die Abgänge.

Vor allem im technischen Bereich sind die Neuzugänge deutlich besser. Condé ist technisch besser als Doumbia und auch Okita als Ceesay. Zwischen Vyunnik und Santini auf der einen Seite und Kramer auf der anderen bestehen technisch Welten. Und sogar Selnaes ist technisch versierter als Leitner, weil er die präzisen Bälle viel schärfer spielen kann und auch deutlich gefährlicher schiesst. Einzig im Vergleich Avdijaj vs. Coric ist der letztjährige Spieler technisch überlegen – dies aber ohne dass Avdijaj diesbezüglich wirklich abfällt. Katic ist der einzige technisch etwas limitierte Neuzugang. Er ersetzt aber auch keinen Abgang, sondern kam als zusätzliche Alternative für die Innenverteidigung hinzu.
Einbussen in Sachen Speed
Wie sieht es in der Luft aus? Mit dem Kopfballspiel? Santini, Vyunnik und Katic konnten das schon, bevor sie zum FCZ kamen. Kramer war in diesem Bereich bis zum Schluss schmerzhaft zum Zuschauen. Leitner rannte sogar möglichst weit weg, wenn ein hoher Ball in seine Richtung kam. Ceesay und Gnonto konnten es lange Zeit auch nicht, bis sie es in der Meistersaison auf fast schon mirakulöse Art und Weise plötzlich gelernt haben. Die defensive Disziplin und Mitarbeit ist bei den Neuzugängen ebenfalls eher besser, als bei den Abgängen. Physisch haben Neuzugänge wie Condé, Vyunnik oder Santini ebenfalls insgesamt mehr auf dem Kasten, als die Abgänge. Von diesen war einzig Kramer wirklich kräftig und dieser setzte seine Muskeln eher ungeschickt ein. Man hatte immer wieder das Gefühl, er wäre mit seinen Voraussetzungen in anderen Sportarten erfolgreicher.

Erfahrung? Die ist bei den Neuzugängen ebenfalls grösser. Selnaes, Santini, Avdijaj und Co. haben mehr Länderspiele, Europacuppartien und Einsätze in Topligen auf dem Buckel. Selbst der junge Vyunnik hat schon mal Real Madrid auswärts in der Champions League geschlagen. Kramer kam von einem deutschen Viertligisten, Gnonto aus der Primavera, Doumbia aus der Challenge League, Ceesay von Lugano. Einzig im Bereich Speed hat man diesen Transfersommer Einbussen gemacht. Das war die grosse Stärke von Ceesay und Kramer. Doumbia ist auch nicht langsam. Daher macht es auch Sinn, dass Rohner nun im Sturm spielt. Wenn das Timing stimmt, dann haben Super League-Verteidiger genauso wie gegen Ceesay und Kramer kaum eine Chance gegen ihn.
Einen Ceesay „Ausgabe 21/22“ kann sich der FCZ auf dem Transfermarkt nicht leisten
Tosin und auch die Neuzugänge sind nicht in dieser Speed-Kategorie. Vor diesem Hintergrund ist auch verständlich, dass der FCZ seine Spielweise und Taktik umgestellt hat. Das Stärken-/Schwächen-Profil der Mannschaft hat sich verändert, und dementsprechend muss man natürlich auch die Spielweise und Taktik anpassen. Mehr Technik und weniger Speed spricht tatsächlich für einen dominanteren Fussball mit mehr Ballbesitz, wie ihn Foda zu implementieren versucht. Trotzdem hat die Mannschaft in dieser Saison bisher ihre besten Momente immer noch im Umschaltspiel, auch wenn das Ballbesitzspiel langsam Fortschritte macht.

Bei all der grundsätzlichen Qualität, die bei den Neuzugängen vorhanden ist: entscheidend für die aktuelle Tabellen- und Stimmungslage ist natürlich, was sie aktuell in den letzten Wochen auf den Platz bringen – im Vergleich zu dem, was die Spieler über weite Strecken letzte Saison auf den Platz gebracht haben. Aktuell sind Selnaes und Santini läuferisch und vom Rhythmus her noch nicht auf Super League-Niveau angekommen. Okita muss nach dem anders gearteten holländischen Fussball sein Spiel umstellen und hat seinen Platz im Team noch nicht gefunden. Omeragic und Dzemaili kommen aus der x-ten Verletzungspause und machen Anfängerfehler. Die Mannschaft wird im Dreitagerhythmus rotiert, das Team hat sich in neuer Zusammensetzung, neuer Spielweise und neuem Trainer noch nicht ganz gefunden. Kramer erzielte in seiner ersten FCZ-Saison sein erstes Tor erst in der 12. Runde, obwohl er immer spielte. Ceesay schoss in den ersten drei Saisons ingesamt nur sechs Liga-Treffer. Aber den „Ceesay Ausgabe 21/22“, so jemanden kann sich der FCZ auf dem Transfermarkt nicht leisten.
Ab jetzt bewegt man sich auf dünnem Eis
Kann man Franco Foda mit Urs Meier vergleichen, dem Trainer, der Anfang Saison 15/16 nicht so überhastet hätte entlassen werden dürfen? Von der angestrebten Spielweise her ja, aber sonst ist einiges anders. Unter Meier waren die Resultate besser, die Spielweise souveräner und er machte weniger taktische Fehler, weil er Mannschaft und Liga gut kannte. Die taktischen Fehler machte Breitenreiter in der Vorrunde letzter Saison übrigens genauso wie Foda, nur ging das in den generell positiven Resultaten etwas unter. Die Tabellensituation ist schlimmer als 15/16. Nur dass der Letztplatzierte diesmal nicht direkt absteigt, und Winterthur einen schlechteren Saisonstart erwischt hat, als damals Vaduz oder Lugano, sind Hoffnungsschimmer. Aber auf beides kann man sich im Verlauf der Saison nicht verlassen.

Trainer Mario Frick hat zuletzt mit Vaduz und Luzern herausragende Rückrunden gespielt. Trotzdem stieg Vaduz ab und Luzern schaffte es nur noch auf den Barrage-Platz. In der FCZ-Abstiegssaison 15/16 war die Übergangsphase zwischen den Trainern Meier und Hyypiä von Anfang August bis Ende Oktober entscheidend für den Abstieg. Denn danach bewegte man sich trotz über weite Strecken guter Leistungen während der restlichen Saison auf dünnem Eis und ein einziger Riss genügte, um einzubrechen. Der FCZ ist von der Teamstruktur her seit vielen Jahren anders aufgestellt, als beispielsweise Luzern oder Vaduz. Einfach nur „kämpfen“ alleine reicht nicht, um den Klassenerhalt zu schaffen. Man muss unbedingt auch die Qualität der einzelnen Spieler in die Waagschale werfen können.
Fokus auf den Sonntag in Genf
Eines ist klar: die Tabellensituation ist dramatisch und die Spieler müssen sich ab jetzt mental auf den Abstiegskampf einstellen. Seit dem Wiederaufstieg hat man unter Forte, Magnin, Rizzo und Breitenreiter die Vorrunde immer mindestens auf dem 4. Platz abgeschlossen. Das wird diesmal nicht der Fall sein, Man kann nicht mehr länger mehrere ältere Spieler parallel in Ligaspielen „aufbauen“ und an den „Super League-Rhythmus heranführen / zurückführen“. Wahrscheinlich muss auch die Team-Hierarchie verändert werden. Nur läuferisch für Super League-Verhältnisse gute Spieler sollten auf dem Platz stehen – mit allerhöchstens einer Ausnahme.

Personell muss diese Woche der Servette-Match vom Sonntag Priorität haben. Es ist das letzte Liga-Spiel vor der Nati-Pause. Man trifft auf einen sehr formstarken Gegner, vor dem der FCZ aber trotzdem nicht gleich in Ehrfurcht erstarren muss. Von den aktuell formstärksten FCZ-Spielern sollten gegen Arsenal nur diejenigen spielen, denen dieser Auftritt nützt, um am Sonntag Bestleistung zeigen zu können. Wer von der für Servette vorgesehenen Startformation hingegen aufgrund seiner aktuellen mentalen und/oder physischen Konstitution aus dem Arsenal-Match etwas fehlende Frische in das Spiel in Genf mitnehmen könnte, sollte am Donnerstag auch nicht spielen. Zumindest nicht in der Startformation.
Wie ein Plan B aussehen müsste
Und natürlich muss die sportliche Leitung einen Plan B im Köcher haben. Auf der einen Seite ist es zwar verständlich, wenn man sich gerade in der Trainerfrage nicht damit beschäftigen will, denn nur schon sich ernsthaft mit Alternativen zu beschäftigen, kann das dringend nötige Vertrauen, das jeder Trainer braucht, untergraben. Auf der anderen Seite darf es im Fall der Fälle auf keinen Fall wieder so eine schädliche Übergangsphase geben wie in der Saison 15/16. Ein Coach, der während einer Saison kommt, sollte den Schweizer Fussball und wenn möglich den FCZ sehr gut kennen – und müsste zudem mit seiner Art von Fussball auch zum mittlerweile veränderten Profil der Zürcher Mannschaft passen.
Zum Thema: Super League ist keine Reha-Klinik: FCZ nach 14 Spielen unter Franco Foda
Dank „gestohlenen“ Punkten noch im Rennen / was die Saisonstatistiken von FCZ und Sion für das Abstiegskampfduell bedeuten
Vor dem Abstiegskampfduell im Wallis werden Erinnerungen wach an den 2:1-Auswärtssieg bei einem anderen Westschweizer Klub, Xamax, im Mai vor zwei Jahren. Diesmal kommt es bereits früher zu diesem wichtigen Direktduell – aber ganz ohne die damals zahlreich mitgereisten FCZ-Fans (nicht nur im Gästesektor, sondern auch auf Haupt- und Gegentribüne). Und diesmal geht es nicht bloss um das Verhindern der Barrage (GC war bereits abgeschlagen Letzter), sondern um die ziemlich wahrscheinliche Abwendung des Direktabstieges im Falle eines Auswärtssieges im Tourbillon. Bei einer Niederlage wäre hingegen der Vorsprung auf den letzten Platz nur noch fünf Punkte – und Sion, das mit Sicherheit noch lange nicht aufgegeben hat, würde neue Hoffnung schöpfen.
Was den Kampf gegen den Barrageplatz betrifft, muss man aus Sicht des FCZ aufgrund der Entwicklungen der letzten Wochen eher hoffen als befürchten, bis zum Heimspiel gegen Vaduz am letzten Spieltag am 21. Mai immer noch darin involviert zu sein und alles in den eigenen Füssen zu haben. Angesichts der positiven Formkurven von Luzern und vor allem Vaduz könnte hier tendenziell das keinesfalls schwache St. Gallen zum härtesten Konkurrenten des Letzigrundteams werden. Historisch hat der FCZ eine klar positive Bilanz gegen den FC Sion – selbst im Cup! Wohl nur gegen YB und St. Gallen hat man noch mehr Spiele gewonnen. Die Bilanz seit dem letzten FCZ-Meistertitel 2009 ist hingegen sehr ausgeglichen. Normalerweise wechseln sich Siege und Niederlagen ab. Aktuell ist man hingegen in der dritten „Unentschieden-Phase“ nach 09/10 und 16/17/18 mit zuletzt vier davon in fünf Duellen.
Der aus dem FCZ stammende Anto Grgic ist nicht nur der Sion-Spieler mit den meisten Spielminuten, sondern auch Sinnbild für die aktuellen Auftritte der Walliser. Grgic ist sowohl für die besten wie auch die schlechtesten Aktionen seines Teams verantwortlich: unkonstant im Verlauf einer Saison und auch einer Partie – viele Ballverluste, Unkonzentriertheiten und fehlendes Umschalten. Als einer der besten Standardschützen der Liga sorgt er gleichzeitig für Gefahr. Auch zuletzt bei den letztlich in den Schlussphasen mit 0:3 verlorenen Partien gegen YB und Vaduz. Aber das Aluminium oder der gegnerische Torhüter verhinderte jeweils eine Walliser Führung. Die Walliser haben eine gute Physis und viele Spieler mit technischen Qualitäten. Was zur Zeit fehlt, ist „das gewisse Etwas“, wobei dieses gewisse Etwas herausragende fussballerische Einzelleistungen sein könnten, oder auch ein Spieler mit überragenden mentalen Stärken: grundsätzlich nicht viel anders wie beim FCZ. Bei der letzten Direktbegegnung im Letzigrund sorgte der zuletzt angeschlagen gewesene Luca Clemenza für eine spezielle Aktion beim Führungstreffer der Rot-Weissen bereits in der 12. Minute. Möglich, dass der Italiener für die Partie gegen den FCZ wieder ins Team zurückkehrt.
Beim FCZ muss bedenklich stimmen, dass man gegen ein müde wirkendes St.Gallen und ein noch matteres Servette keine besseren Resultate erzielen vermochte. Etwas Hoffnung gibt die sich von Woche zu Woche verbessernde Kadersituation. Ein wichtiger Faktor könnte sein, dass die lange angeschlagen gewesenen Marchesano, Kololli, Tosin oder Dzemaili auf Ende April / Anfang Mai hin nun besser in die Gänge kommen. Mit Henri Koide ist eine Alternative für die zuletzt wenig produktive Vordermannschaft vorzeitig aus Wil zurückgekehrt. Und gegen Sion sollten Rohner, Nathan und Doumbia wieder mit von der Partie sein.

Im Saisonverlauf ist ersichtlich, dass mit der Übernahme von Massimo Rizzo als FCZ-Trainer die Anzahl Gegentore bis zur Winterpause drastisch reduziert werden konnten – in einer ersten Phase bis zum 4:0-Heimsieg gegen Lausanne-Sport sogar mit einer gleichzeitig leichten Steigerung der eigenen Torproduktion. Man verwendete viel mehr Energie für die Defensivarbeit als unter Magnin und verteidigte konsequent. Weil man defensiv besser stand (unter anderem auch dank den Neuverpflichtungen Aliti und Doumbia) und Bälle eroberte, wuchs auch das Selbstvertrauen im Spiel nach vorne. Die Gegner mussten sich in dieser Zeit erst an die neue Spielweise des FCZ adaptieren und konnten die Anzahl schneller FCZ-Konterangriffe durch die Mitte und Ballverluste in der eigenen Platzhälfte erst mit der Zeit reduzieren. Ab Dezember schien es dann bei mehreren wichtigen FCZ-Spielern an Energie zu fehlen.
Nach der Winterpause versuchte der FCZ offener zu spielen und einen grösseren Teil des Energiehaushaltes für das Spiel mit Ball aufzuwenden. Man ging mehr Risiken ein mit einer höher stehenden Verteidigungslinie. Sowohl die Anzahl erzielter Tore wie auch der Gegentore ging damit rauf. Das Problem war, dass ab der 1:4-Heimniederlage gegen YB im Trend die Gegentore die selbst erzielten Tore übertrumpften und hoch blieben, während in der Folge die erzielten Tore wieder sanken. Man war wieder am gleichen Punkt angelangt wie unter Ludo Magnin. Ohne defensive Stabilität zu wenig Balleroberungen, keine Sicherheit, kein strukturiertes Spiel – und man baut so die Gegner auf, die sich dann teilweise in einen Rausch spielen können.
Nur auf der Basis einer stabilen Defensive kann mit der Zeit (und es braucht dafür Geduld!) auch eine attraktive Offensive gedeihen. Lucien Favres Meisterteams waren bekannt für ein offensiv attraktives Spiel – sie holten die Titel in erster Linie aber dank der besten Verteidigungs- und Balleroberungsarbeit als Team. Der FCZ hat den internen und externen Rufen nach mehr Offensive nach der Winterpause zu stark nachgegeben. Den umgekehrten Weg ist Vaduz gegangen – sie haben ihr bereits schon zuvor defensives System nach der Winterpause noch stärker defensiv ausgerichtet mit der Zurücknahme eines weiteren Stürmers ins Mittelfeld: von einem 5-3-2 in ein 5-4-1. Und damit haben sie ihre Erfolgsserie gestartet. Um die richtige Balance zwischen Defensive und Offensive zu finden, ist es entscheidend, die eigenen Qualitäten nicht zu überschätzen. Die Vaduzer Innenverteidiger wirken nur deshalb so stabil, weil vor ihnen die Mittelfeldspieler und der einzige Stürmer enorm viel Laufarbeit verrichten. Beim FCZ müsste dementsprechend der Ausfall von Lasse Sobiech durch kompaktere Defensivarbeit des ganzen Teams kompensiert werden.

Während der FCZ ungefähr von der fünften bis zur 18. Runde bei gleitendem Durchschnitt eine positive Tore- vs. Gegentore-Bilanz aufzuweisen hatte, konnte der FC Sion die ganze Saison hindurch nie von einer solchen Phase profitieren. Zwischen der siebten und der 14. Runde war die Bilanz sogar stark negativ und seit der 21. Runde (kurz nach dem Ausscheiden aus dem Cup in Aarau) ging die Negativschere vor allem wegen sinkender eigener Torproduktion erneut auf – ähnlich wie beim FCZ. Davor hatte der neu dazugestossene Brasilianer Wesley (zur Zeit wieder verletzt) für eine gewisse Zeit für etwas frischen Wind gesorgt und Anto Grgic gelangen beim 3:2-Heimsieg gegen St. Gallen gleich alle drei Treffer.

Dabei könnte die Situation für Sion noch weit ungemütlicher sein. Wären die Spiele der Walliser den Torchancen (Expected Goals) entsprechend ausgegangen, hätte Sion zwar vier Tore mehr erzielt, aber auch neun Tore mehr kassiert. Und da Sion mehrmals trotz gleich guter oder gar schlechterer Torchancen die vollen drei Punkte „gestohlen“ hat, hätte es nach Erwarteten Toren unter dem Strich volle zehn Punkte weniger auf dem Konto und würde bereits jetzt als direkter Absteiger so gut wie feststehen. Vom 17. Dezember bis zum 23. Januar hatte Sion seine resultatmässig beste Phase der Saison mit zwei Siegen und drei Unentschieden (neun Punkte) gegen Servette, Vaduz, FCZ, Lugano und Lausanne – aussergewöhnlich daran ist: an den Torchancen gemessen hätten die Walliser statt neun nur einen Punkt holen dürfen! Mit ziemlicher Sicherheit wäre dann der Trainerwechsel im Tourbillon ebenfalls früher gekommen. In Bezug darauf, was die Mannschaft kreiert und zugelassen hat, war es eigentlich nicht die beste, sondern die schlechteste Phase der Saison.

Der FCZ hat unter dem Strich in dieser Saison bisher drei Punkte „gestohlen“ und würde ohne diese heute also auf dem Barrageplatz stehen. Die „gestohlenen Punkte“ hat man nach der Winterpause geholt, denn zu Weihnachten hatte der FCZ noch zwei Punkte „zu wenig“ auf dem Konto. Dies zeigt, dass der Leistungsabfall im neuen Jahr eigentlich noch stärker war, als es die Punktebilanz an und für sich bereits aussagt.

Eine der beliebtesten Erklärungen vieler Trainer und Spieler weltweit für Misserfolg ist: „wir haben unsere Chancen nicht genutzt“. Dahinter steht die Message: „eigentlich sind wir schon gut, es fehlt uns einzig das Glück im Abschluss“. Die Erklärung wird so häufig benutzt, dass sie in der Mehrheit der Fälle unmöglich stimmen kann. Bei kaum einem anderen Thema ist die Wahrnehmung von Direktbeteiligten (und auch Fans) im Fussball so subjektiv wie bei den Torchancen. Die eigenen Torchancen wirken in der Erinnerung grösser und zahlreicher, als sie tatsächlich waren – und die nicht genutzten Einschussmöglichkeiten des Gegners werden wahlweise verdrängt oder ignoriert. Ergab sich daraus (mit viel Mazel) kein Gegentor, dann war alles okay: „wir hatten das Spiel im Griff“.

Der FCZ kann sich über die ganze Saison hinweg bisher nicht über „fehlende Effizienz“ beklagen. Speziell in der Rückrunde bis zum 1:1 gegen Lausanne-Sport war man effizient im Abschluss. Rechnet man Spiel für Spiel, dann hätte man gemäss „Expected Goals“-Statistik gerade mal ein Tor mehr erzielen müssen, als man es tatsächlich getan hat. In der aktuellen Saisonphase erzielt man wenig Tore, weil man sich wenig Torchancen erarbeitet – nicht aufgrund der Effizienz. Die Walliser hingegen hatten bei ihrem resultatmässig schlechten Saisonstart mit fünf sieglosen Spielen stark mit fehlender Effizienz zu kämpfen – und auch in der Rückrunde eine ineffiziente Phase. Aktuell nimmt ihre Abschlusseffizienz aber wieder zu.

Auch die Abschlusseffizienz der jeweiligen Gegner spielt eine Rolle. Diese kann jeweils auch als eine aussagekräftige Torhüterstatistik betrachtet werden. Denn wenn in der Summe die gegnerischen Stürmer mehr Tore erzielen, als die Torchancen dies voraussagen würden, dann liegt dies vor allem an schlechten Leistungen des eigenen Torhüters. Dies war beim FCZ zu Beginn der Saison der Fall. Die hohe gegnerische Effizienz (beziehungsweise tendenziell schlechte Leistungen Yanick Brechers zu Saisonbeginn) trugen also ihren Teil zum Trainerwechsel von Magnin zu Rizzo bei. Zum Ende der Vorrunde hin wurde Rizzo’s Team hingegen durch statistisch gute Torhüterleistungen mitgetragen. Mittlerweile sind diese wieder durchschnittlich geworden. Beim FC Sion startete Kevin Fickentscher zu Saisonbeginn gut, dann flachten seine Leistungen auf ein durchschnittliches Level ab. Darauf kam es zum Torhüterwechsel zu Timothy Fayulu, welcher den gleichen Prozess (zuerst immer bessere Leistungen, dann wieder ein Abflachen der Leistungskurve) durchlief, worauf erneut Fickentscher ins Gehäuse gestellt wurde. Dessen Auftritte haben in seiner zweiten Phase nun aber eine leicht negative Tendenz. Es ist zu keinem zweiten Höhenflug gekommen. Eine schlechte Bilanz hatten beide Torhüter aber nie. Sie gehören insgesamt zu den Stützen des Teams. Sowohl Sion wie auch der FCZ haben also eines Gemeinsam: die Entwicklung in dieser Saison ist eigentlich noch schlimmer, als es die aktuelle Tabelle aussagt. Beide Equipen brauchen einen grossen Ruck, der durch die Mannschaft geht, um das Steuer wieder herumzureissen.
Grégory Sertic: „Nach dem 1. Tor hat man unser Offensivpotential gesehen“
Grégory Sertic im Interview mit Züri Live nach dem 3:0-Heimsieg gegen Thun über den Klassenerhalt, die Partie gegen Thun und seine persönliche Zukunft…
Kernaussagen
- „Wir waren in der Pflicht, den Fans für die tolle Unterstützung etwas zurückzugeben“
- „Wir haben unseren Job in der 1. Halbzeit gemacht, und in der 2. Halbzeit den Vorsprung verwaltet“
- „Nach dem 1. Tor hat man unser Offensivpotential gesehen“
- „Wir kämpfen um den Europa League-Platz, das ist ein Ziel. Es gibt noch zwei Spiele, die wir gewinnen wollen. Dann schauen wir in der Endabrechnung, zu was es reicht“
- „Die Spielpraxis hat mir sehr gut getan. Der Trainer hat mir Vertrauen geschenkt. Es ist eine Supertruppe hier in Zürich. Ich weiss noch überhaupt nicht, was ich nächste Saison mache. Erst mal zurück nach Marseille und dann wird man das Gespräch suchen.“

