Zwei 37-jährige auf der Zielgerade ihrer Karriere / Servette – FCZ Vorschau

Der FCZ hat vor der letzten Direktbegegnung mit Servette in dieser Saison mit den Grenats eine ausgeglichene Punktebilanz – wie auch mit Luzern, Winterthur und GC. Das Team von Alain Geiger hat zuletzt YB zuhause mit 2:1 geschlagen – und drei Wochen später auswärts gegen den gleichen Gegner mit 1:6 verloren. Allerdings waren im Stade de Suisse Miroslav Stevanovic und Gaël Clichy nicht mit dabei – mindestens ersterer wohl als Schonung für das Heimspiel gegen den FCZ. In den letzten Monaten konnte sich Servette vorne in der Tabelle halten, obwohl man vorwiegend Unentschieden gespielt hat (insgesamt schon 14x in dieser Saison). Eigentlich müsste Servette in der Tabelle näher an YB dran sein, denn die letzten acht Partien hat man immer deutlich mehr und bessere Torchancen zu verzeichnen gehabt, als dann Tore daraus resultiert sind. Es fehlte also an der Abschlusseffizienz. Dies obwohl Servette vorne mit Chris Bedia einen Mittelstürmer von hoher Qualität in seinen Reihen hat.

Antunes bestimmt das Spielsystem

Miroslav Stevanovic wird mit grosser Wahrscheinlichkeit gegen den FCZ wieder in der Startformation stehen. Bei Gaël Clichy ist dies etwas weniger voraussehbar. Der Zahn der Zeit nagt am 37-jährigen. Auf der Linksverteidigerposition hat ihm zuletzt Anthony Baron auch qualitativ etwas den Rang abgelaufen. Beim Meisterschaftsspiel gegen Lugano (0:0) wurde Clichy in einem für Servette ungewöhnlichen Rhombus auf der Sechserposition eingesetzt. Hinten hatte der lange Zeit sehr konstant spielende Yoan Severin zuletzt etwas Probleme und könnte durch Steve Rouiller ersetzt werden, der nach einem entscheidenden Fehlpass in der Schlussphase im letzten Auswärtsspiel in Lugano in der Gunst von Alain Geiger gesunken war.

Wenn Alexis Antunes von Beginn weg aufläuft, spielt Servette eher in einem 4-2-3-1, da es diesen im Zentrum stark nach vorne zieht – und der zweite Achter (beispielsweise Cognat) daher mehr Absicherungsarbeiten verrichten muss. Das erfolgreiche Grundsystem Servettes bleibt aber das 4-3-3 mit zwei Achtern. Mit Douline fehlt aus dem französischen Mittelfeld-Triumvirat mit Cognat und Valls allerdings weiterhin der eigentliche Stammspieler auf der Sechserposition.

Die FCZ-Spielvorschau als Orakel der Aufstellung?

In der Spielvorschau des Klubs wurden Lindrit Kamberi und Nikola Katic interviewt und dies ist beim FCZ diese Saison nicht immer, aber häufig ein Zeichen, dass sie in der Startformation stehen. Nach dem guten Auftritt gegen St. Gallen gäbe es allerdings kaum Gründe, um an der Dreierabwehr Omeragic / Kryeziu / Aliti zu rütteln. Möglicherweise wird der wiedergenesene Guerrero physisch behutsam herangeführt und könnte daher unter der Woche eine kleine Zwischenpause einlegen. Ebenfalls auf der Ersatzbank beginnen könnte Blerim Dzemaili (gleiches Alter wie Clichy). Im Verhältnis zwischen Condé und Mathew feilt Bo Henriksen in den letzten Partien noch etwas an der Rollenverteilung. Diejenige des St. Gallen-Spiels mit Condé als Abräumer auf der Sechserposition und Mathew etwas weiter vorne hat sehr gut geklappt. Auf der Rechnung haben muss man auch, dass Selnaes wieder einmal von Beginn weg auflaufen könnte.

Zu viele Mängel im Hohen Pressing führen beinahe in die Heimniederlage / FCZ – Servette in der Züri Live-Analyse

Gegen Servette zieht FCZ-Trainer André Breitenreiter den im YB-Spiel eingeleiteten Wandel weiter. Zu Beginn der Saison stand der FCZ so tief wie kaum ein anderes Super League-Team und hatte Erfolg damit. Trotzdem hat Trainer Breitenreiter seine Mannschaft von Spiel zu Spiel die jeweiligen Gegner schrittweise immer höher attackieren lassen. Im YB-Auswärtsspiel dann der grosse Schritt: ein konstant Hohes Pressing beinahe über die gesamten 90 Minuten. Statt Kompaktheit grosse Distanzen. Statt Defensivbollwerk viel Platz zum Kombinieren für den Gegner – aber auch die Chance auf mehr Ballgewinne in der gegnerischen Platzhälfte. Daran mussten sich YB und jetzt auch Servette erst mal gewöhnen. Für den FCZ ist es ein Risiko, welches sich bisher nicht auszahlte. Es wäre interessant gewesen zu sehen, wie das im Vergleich zur letzten Saison bessere und formstärkere FCZ-Personal Gegner wie YB und Servette mit schnellen Konterangriffen hätte in Verlegenheit bringen können.

Servette offeriert dem FCZ aussergewöhnlich viel Platz

Im Wankdorf nutzte YB aus, dass nach 30 Minuten die Intensität und Konsequenz des Hohen Pressings des FCZ nachliess. Servette profitierte unter anderem davon, dass dem FCZ der wichtigste Pressingspieler Antonio Marchesano fehlte. Es reichte dem Letzigrundclub im Heimspiel letztendlich noch zu einem glücklichen Unentschieden. Nach „Expected Goals“ hätte Servette 2:1 gewinnen müssen – trotz des Fehlens ihres besten Mannes Miroslav Stevanovic und dem frühen Ausfall des formstarken Timothé Cognat. Auch Servette merkte man den Respekt vor dem Speed eines in die Tiefe startenden Assan Ceesay an. Nicht nur, dass sich die Stürmer in der Defensiven Phase bis an die Mittellinie zurückzogen, die Abwehrreihe staffelte zusätzlich auch noch in einem Sicherheitsabstand retour, was dem FCZ in den Zwischenräumen im Mittelfeld zusätzlichen Platz ermöglichte. Die Genfer wirkten aussergewöhnlich passiv und kamen selten in ihren typischen Kombinations-Flow. Es war sicherlich einer der schlechtesten Auftritte der Grenats gegen den FCZ in den letzten Jahren. Aber der FCZ konnte dies nicht nutzen.

Schwachpunkte im Hohen Pressing des FCZ

Wenn man Hohes Pressing betreibt, muss jedes Rädchen ins andere greifen, sonst werden die Fehler und Lücken vom Gegner auf Super League-Niveau sofort konsequent ausgenutzt. Moritz Leitner erwies sich dabei wie schon in Bern als ein Schwachpunkt im FCZ-Gefüge. Taktisch besteht beim deutschen Mittelfeldspieler grosser Aufholbedarf. Mehrmals kam es vor, dass er gedankenverloren dem falschen Gegenspieler nachlief und so die entscheidenden Räume öffnete. Oder er kam wegen geringer Handlungsschnelligkeit schlicht zu spät – was dann seine Verteidigerkollegen in Probleme brachte.

Nikola Boranijasevic mit einigen Unaufmerksamkeiten

Mit der Einwechslung von Bledian Krasniqi wurde die Situation allerdings nicht besser. Während die Teamkollegen flexibel im Raum die Gegner übergaben, blieb Krasniqi konsequent am ebenfalls eingewechselten David Douline kleben, was in der Kombination nicht aufging. Krasniqi gelingt es zudem aktuell überhaupt nicht mehr, wie noch in Luzern über den Kampf ins Spiel zu kommen – und kommt daher überhaupt nicht ins Spiel, verliert zu viele Bälle. Auch Andy Gogia fehlte es in vielen Situationen an der Aufmerksamkeit, Disziplin und Entschlossenheit im Hohen Pressing. Servette konnte sich so zu häufig einfach hintenheraus lösen. Nikola Boranijasevic hatte zwar einzelne gute Aktionen, kam aber insgesamt nie richtig ins Spiel und hatte Probleme auf seiner Rechten Seite. In einer Szene lief er gar in Slapstick-Manier in den ballführenden Mitspieler Ceesay rein, was zum Ballverlust führte. Bei gegnerischen Eckbällen hatt der Serbe seinen Gegenspieler Steve Rouiller zudem die ganze Partie durch nicht im Griff – der hinten während der ganzen Partie als Bollwerk fungierende Mirlind Kryeziu musste in der 88. Minute nach einem Kopfball des von Boranijasevic frei gelassenen Genfer Innenverteidigers für den bereits geschlagenen Yanick Brecher auf der Torlinie den Punkt retten.

Unhaltbare Traumfreistösse von Ante Coric und Kastriot Imeri

Der Zürcher Torhüter spielte bis in die Schlussphase hinein eine gute Partie und verlor dann etwas den Faden. Der Freistoss von Kastriot Imeri zum 2:2 hatte allerdings eine so perfekte Flugbahn, dass er unabhängig von der Positionierung wohl für keinen Torhüter zu halten gewesen wäre. Genauso wie der 2:1-Führungstreffer durch Ante Corics Traumfreistoss. Coric vermochte den guten Eindruck von seinem Teileinsatz in Kriens bei seinem Startelfdébut bestätigen. Der Kroate verbindet Technik mit Zielstrebigkeit, auch wenn bezüglich Laufpensum noch etwas Steigerungsbedarf besteht.

Telegramm

FC Zürich – Servette 2:2 (1:0)
Tore: 45. Valls (Handspenalty) 0:1; 47. Guerrero (Ceesay) 1:1, 69. Coric (Freistoss, Gnonto) 2:1, 87. Imeri (Freistoss, Antunes) 2:2.
FCZ – Brecher; Omeragic, Hornschuh, Aliti; Boranijasevic, Doumbia, Leitner (73. Hornschuh), Guerrero; Coric (73. Krasniqi); Gogia (46. Gnonto), Ceesay (90. Dzemaili).
Servette – Frick; Sauthier (75. Diallo), Rouiller, Sasso, Clichy; Cespedes (75. Douline); Cognat (14. Imeri), Valls; Rodelin, Kyei, Schalk (70. Antunes).