FCZ – Lugano: Fehlentscheid des VAR bei spielentscheidender Szene

Das erste VAR-Wochenende in der Schweizer Super League bringt den ersten klaren Fehlentscheid. Nein, die Rede ist nicht vom St. Gallen-Spiel. Die Rücknahme des FCSG-Penalties ist zwar sicherlich strittig. Es ist aber anzunehmen, dass Ref Tschudi live eine Berührung sah, die tatsächlich nicht stattgefunden hatte – dann wäre das Eingreifen des VAR Sandro Schärer nachvollziehbar. Nicht eingegriffen hat hingegen Video Assistant Referee Stephan Klossner bei der spielentscheidenden Szene im Spiel FCZ – Lugano, und das war ein klarer Fehler!

Klossner hatte sich die Szene im VAR-Raum vor der Ausführung des Penalties nochmal angeschaut und übersah dabei, dass es sich um eine Schwalbe von Jonathan Sabbatini gehandelt hat! Und damit ein klarer Fehlentscheid von Schiedsrichter Alain Bieri. Zugegeben, für die beiden Züri Live-Kommentatoren sah es von der Tribüne ebenfalls wie ein Elfmeter aus. Schaut man sich aber die Bilder an, dann ist die Sache sofort klar: zwar findet eindeutig eine Berührung statt, aber diese ist weder von Bangura verursacht, noch ist sie überhaupt der Grund, warum Sabbatini fällt.

Der Lugano-Mittelfeldspieler hebt völlig ohne Einwirkung des Zürcher Verteidigers mit dem linken Bein ab und spreizt dann bereits im Flug den rechten Fuss zur Seite, um bei Bangura einzuhaken. Er nutzt dabei den Fuss von Bangura regelrecht als Katapult, von wo er mit dem rechten Fuss zum zweiten Sprung ansetzt. Sabbatinis rechtes Bein streckt sich nach der Berührung mit Banguras Fuss wie bei einem Dreispringer, anstatt dass es zurückgeschlagen wird, wie das bei einem Foul der Fall wäre. Bangura macht zwar zuerst eine Bewegung Richtung Ball, zieht sein rechtes Bein dann aber genauso wie die Arme sofort zurück. Sabbatini wäre ohne Probleme an Bangura vorbeigekommen –  wenn er denn gewollt hätte.

Bild 1: Bangura will zuerst eine Bewegung Richtung Ball machen….

Bild 2: Bangura zieht sein rechtes Bein sofort zurück. Sabbatini springt mit seinem linken Bein selbständig ab und stösst sich gleichzeitig mit der rechten Hand an Banguras Brust zusätzlich nach vorne. Dieser hält seinerseits seine Arme zurück.

Bild 3: «Lift off, we have a lift off…» – Sabbatini springt ohne Einwirkung von Bangura ab….

Bild 4: Bereits im Flug hakt Sabbatini mit seinem Rechten Fuss bei Bangura ein…

Bild 5: Sabbatini nutzt Banguras rechten Fuss als Katapult für seinen zweiten Sprung mit rechts…

Bild 6: Sabbatinis rechtes Bein streckt sich beim zweiten Sprung wie bei einem Dreispringer, was zeigt, dass er Bangura getroffen hat und nicht von diesem «von den Beinen geholt» wurde.   

Nun kann man sicherlich bemerken, Banguras erste Bewegung Richtung Ball sei etwas übermotiviert gewesen und habe ähnlich einem Zaubertrick zur optischen Illusion eines Penalty-Fouls beigetragen. Dies stimmt. Es ändert aber nichts an der Fehlentscheidung des Schiedsrichters mitsamt dem fälschlicherweise nicht eingreifenden VAR, sowie daran, dass sich im Teleclub und anderen Sportmedien erstaunlicherweise offenbar niemand die Szene nochmals angeschaut hat. Wohl nach dem Motto: „wenn selbst Ludo Magnin sagt, es war Penalty, dann muss es Penalty gewesen sein…“

Gemäss einer auf der Basis von in SRF-Matchzusammenfassungen festgestellten Fehlentscheidungen eruierten „wahren Tabelle“ der letzten Saison wurde der FCZ zusammen mit St. Gallen am stärksten benachteiligt und hätte bei richtigen Entscheidungen mit fünf Punkten Vorsprung den zur direkten Europa League-Teilnahme berechtigenden 3. Platz (statt Platz 7) erreicht. Nun hat im ersten Spiel der Saison gegen ebendiesen Europa League-Teilnehmer der VAR bezüglich diesem Trend ebenfalls keine Abhilfe verschafft.

(Standbilder: aus Teleclub)

 

Umaru «Zengalay» Bangura: «Der FCZ hatte sich in meinem Kopf eingenistet»

Er ist drei Jahre beim FCZ, hat in dieser Zeit nach Alain Nef und Adrian Winter am drittmeisten gespielt, und ist gerade eben für die neue Saison zum dritten Captain nach Yanick Brecher und Kevin Rüegg ernannt worden. Trotzdem ist recht wenig bekannt über Umaru Bangura. Wer ist der schnelle Mann in der Zürcher Abwehr? Woher kommt er? Was liebt er? Wie hat er nach Zürich gefunden? Züri Live hat sich zum Start in Bangura’s vierte FCZ-Saison mit dem langjährigen Captain der Nationalmannschaft Sierra Leones unterhalten und dabei festgestellt, dass der «Tag und Nacht nur ein Gedanke»-Virus auch gestandene Fussballprofis befallen kann.

Umaru Bangura, du bist jetzt drei Jahre beim FC Zürich und hast für den Stadtklub mittlerweile mehr Spiele absolviert als bei deiner letzten Station Dinamo Minsk. Wie fühlst du dich im Team?

Ich fühle mich sehr wohl. Ich bin ein vollwertiges Teammitglied. Wenn du zwei, drei Jahre in einem Verein bist, dann kennst du alles!

Ich würde gerne etwas mehr über dich und deinen Werdegang wissen. Du bist in Freetown (Hauptstadt, Sierre Leone: d. Red.) geboren, hast du immer dort gelebt?

Ja, ich habe immer dort gelebt.

Dort hast du dann auch für den «Mighty Blackpool FC» gespielt (Rekordmeister: d. Red.).

Ja, das ist meine Mannschaft, das ist mein «Family team».

Bist du bereits früh zu diesem Klub gestossen?

Ich habe dort nicht lange gespielt, nur acht Monate, das heisst, eine Saison. Dann habe ich die Chance erhalten, zu Watford in England zu gehen.

Und davor hast du auf der Strasse gespielt?

Ja, bevor ich zum Mighty Blackpool FC kam, habe ich hauptsächlich auf der Strasse gespielt. Jeder Junge in Freetown will Fussball spielen. Es ist schwierig, sich durchzusetzen, du musst Opfer bringen.

Haben dich deine Eltern ermuntert, deinen Weg im Fussball zu machen?

Ja, ich komme aus einer Fussballfamilie. Sie lieben alle Fussball.

Ich habe gesehen, dass es einen um ein Jahr jüngeren Fussballer aus Freetown namens Alhassane Bangura gibt, der ein Jahr vor dir nach Watford gewechselt ist. Seid ihr verwandt? Und hat er dich dort empfohlen?

Nein, wir sind nicht verwandt. Etwas übertrieben gesagt heisst in Sierra Leone und Guinea fast jeder Bangura. Wir kannten uns aber gut. Er hat mich tatsächlich bei Watford empfohlen.

Bei Watford warst du dann aber nicht so lange…

Ja, ich war 2005/06 dort, anderthalb Jahre, dann wurde ich nach Norwegen ausgeliehen.

Du kommst also aus der Hauptstadt von Sierra Leone, lebst anschliessend im Grossraum London und dann landest du plötzlich in einem kleinen Städtchen in der Norwegischen Provinz. Bist du eher der Stadt- oder Landtyp?

Ich bin natürlich ein Stadttyp. Ich habe immer in der Stadt gelebt. Aber es war trotzdem schön. Norwegen ist in vielem mit der Schweiz vergleichbar. Ein ähnliches System, sehr schönes Land. Und meine erste Station Hönefoss lag nur eine Stunde von Oslo, wo es eine grosse Sierra-Leone-Community gibt. So war ich fast die ganze Zeit dort.

Die zweite Station war dann aber weiter weg von Oslo…

Ja, nach Haugesund sind es etwa acht Stunden. Es ist aber sehr schön dort.

Dort hast du dann ja auch permanent in der Eliteserien (oberste Liga: d. Red.) gespielt. Woran erinnerst du dich aus der Zeit in Norwegen am meisten?

Für mich ist Norwegen speziell, weil es der Ort ist, wo ich richtig Profifussball zu spielen begonnen habe. Etwas schwierig waren die Distanzen bei Auswärtsspielen. Wir sind fast immer mit dem Bus rund acht Stunden gefahren, ab und zu auch mal mit dem Flugzeug. Und die Strassen den Fjorden entlang sind sehr eng. Da kann einem schon etwas mulmig werden… Und dann ist es auch kalt. Sehr kalt.

Hast du mal Wintersportarten ausprobiert?

Oh, nein, nein…. (nicht nur Uma selbst muss bei dieser Frage sehr schmunzeln, sondern auch der danebenstehende Leiter Kommunikation des FCZ)

Du hast in Norwegen erst im Zentralen Mittelfeld gespielt und dann in die Abwehr gewechselt…

Von Haus aus bin ich Verteidiger. Aber als ich zu Watford kam, wollte der Coach, dass ich im Zentralen Mittelfeld spiele. So habe ich dann diese Rolle für eine lange Zeit gespielt, auch in Norwegen. Bis es einmal personelle Probleme in der Abwehr gab – ich bin eingesprungen und seither in der Abwehr geblieben.

Deine grösste Stärke ist dein Speed, dafür musst du immer gut in Form sein. Hast du da einen Tipp, wie hältst du dein Gewicht?

Ich liebe afrikanische Küche. Ich esse normalerweise nicht so viel, aber bei afrikanischem Food bekomme ich grossen Appetit. Ich lebe allein, und gehe normalerweise in einem speziellen Laden hier in Zürich mein afrikanisches Essen einkaufen. Aber manchmal bin ich auch schlicht zu müde, dort hinzugehen, dann esse ich auch mal etwas, das man nicht zubereiten muss.

Neben dem afrikanischen Foodangebot, was magst du sonst noch an Zürich am meisten?

Ganz ehrlich, ich habe an vielen Orten gespielt, aber die Schweiz ist ein sehr spezielles Land. Ich fühle mich hier sehr sicher, weisst du… Und wenn ich nun jeweils anderswo hinreise, merke ich schnell – die Schweiz ist anders. Sehr ordentlich und korrekt. Jeder würde gerne hier leben. Ich liebe diesen Ort. Wenn du etwas länger in der Schweiz lebst, verändert sich deine Wahrnehmung. Ich ertappe mich nun im Ausland jeweils dabei, wie ich ständig denke: «seltsam, warum kann es hier nicht wie in der Schweiz sein?».

Du siehst die Welt bereits aus der Perspektive eines Schweizers…

Ja, genau. Die Dinge verändern sich.

Du warst auch in Weissrussland. Das war wohl auch wieder ganz anders…

Ja, in Weissrussland gibt es Minsk und den Rest des Landes. Minsk ist sehr schön. Ausserhalb der Kapitale hingegen ist es weniger angenehm. Im Allgemeinen hatte ich es gut dort. Alles war okay. Nur mit dem Essen hatte ich ziemlich zu kämpfen.

Es wird dort ziemlich fettig zubereitet…

Ja, das war dort ein ständiges Problem.

Und dann hast du mit Dinamo Minsk gegen den FCZ im Europacup gespielt…

Ja, ich erinnere mich gut daran. Wir haben 1:0 gewonnen! Und zurück in Minsk haben wir 1:1 gespielt. Das war ein gutes Gefühl.

Das Spiel fand damals in Brest statt, dasselbe Stadion wo Jahre später Diego Maradona seinen ominösen Auftritt hatte…

Ja, genau, es war in Brest.

Daran erinnere ich mich auch gut. Als du später zum FCZ gewechselt hast, hattest du damit etwas, womit du die neuen Mitspieler necken konntest….

Ja, und es war schön wieder im Letzigrund zu spielen. Zumindest zu Beginn habe ich mich da noch ein paar Mal gerne an diesen 1:0-Sieg zurückerinnert.

Wann hat dich der FCZ danach kontaktiert?

Der Kontakt kam irgendwann nach den Europacupbegegnungen und lange vor meinem tatsächlichen Wechsel zustande. Ich war zu dieser Zeit aber grundsätzlich zufrieden in Minsk und wollte eigentlich erst mal weiter bei Dinamo spielen und mir überlegen, ob ich vielleicht sogar langfristig bleiben will. Ein Agent war aber sehr hartnäckig und hat mich andauernd wegen dem Interesse des FCZ angerufen. Dadurch habe ich irgendwann begonnen, übers Internet den FCZ zu verfolgen. Und dies sehr intensiv. Wir waren mit der Mannschaft unterwegs irgendwo in Weissrussland und ich fragte mich: «Wie hat der FCZ gespielt?». Ich habe mich begonnen nach den Spielzeiten des FCZ auszurichten und wurde gar etwas süchtig nach Informationen über Zürich. Der FCZ hatte sich in meinem Kopf eingenistet. Ich hatte das nicht erwartet. Es ist einfach so gekommen.

Du warst Captain des Nationalteams, aber aktuell bestreitet ihr keine Spiele…

Ja, wir wurden von der FIFA suspendiert, aber jetzt ist alles wieder okay (Grund für die FIFA-Sperre: die Anti-Korruptionsbehörde des Landes hatte die Präsidentin und den Generalsekretär des nationalen Fussballverbandes des Amtes enthoben. Die FIFA toleriert aber keine Einmischung von Regierungsbehörden in die Angelegenheiten eines Mitgliedsverbandes: die Red.).

Sierra Leone ist in Afrika ein «kleines» Team, bisher habt ihr euch in deiner Aktivzeit noch nie für ein grosses Turnier qualifizieren können…

Ja, darum war es so schade, dass wir suspendiert wurden. Im ersten Spiel hatten wir Kenia zu Hause geschlagen. Wir hätten eine reelle Chance gehabt, für den Afrika Cup 2019 erstmals die Qualifikation zu schaffen (das Turnier, in dessen Final sich heute Freitagabend in Kairo Senegal und Algerien gegenüberstehen, fand erstmals mit 24 Teams, also fast der Hälfte der Afrikanischen Mitgliedsverbände statt: die Red.).

Viele Chancen, es an ein grosses Turnier zu schaffen, wirst du nicht mehr haben, das nächste Mal müsste es klappen…

Ja genau, das nächste Mal muss es klappen.

Hast du eine Leidenschaft neben dem Fussball?

Das fragen alle. Tatsächlich liebe ich Shopping. Das ist ein Teil von mir.

Hast du neben «Uma» noch weitere Spitznamen?

Ja, auf jeden Fall. In Sierra Leone nennen mich alle «Zengalay». Diesen Spitznamen hat mir ein Nachbar gegeben, als ich klein war. Er hat keine spezielle Bedeutung. Aber wenn heute in Sierra Leone von «Zengalay» die Rede ist, wissen alle, wer gemeint ist. Mittlerweile ist «Zengalay» zu einem Vornamen geworden – manche Eltern nennen ihren Sohn nach mir.

Wie ist dein Gefühl für die neue Saison mit der veränderten Mannschaft?

Mit der Vorbereitung bin ich ziemlich zufrieden. Vor allem mit der Art und Weise, wie wir spielen. Aber Vorbereitung und Liga sind zwei Paar Schuhe. Es ist immer schwierig, wirklich zu wissen, wo man steht, bevor es losgeht. In der Vorbereitung habe ich gesehen, dass wir Fussball spielen können, die Jungs haben Vertrauen. Ich hoffe, wir können das auch in der Liga auf den Platz bringen.

In der Abwehr hast du teilweise neue Partner, mit denen du zusammenspielst…

Ja, wir haben neue Spieler und einige Junge. Es ist ziemlich ausbalanciert. Einige der jungen Spieler haben in der Vorbereitung einen guten Eindruck hinterlassen. Ich hoffe einfach, dass wir gleich gut auftreten werden, wenn es richtig losgeht.

In der Vorbereitung schien es mir, dass du häufiger als sonst mit Ball am Fuss in die gegnerische Hälfte vorgedrungen bist – hat auch der Trainer gesagt, du sollst das häufiger machen?

Ja, der Coach sagt das immer. Es ist einfach etwas, was ich sehr gerne mache, aber nur wenn ich sehe, dass sich die Möglichkeit dazu bietet.

Was die Rückwärtsbewegung betrifft, bescherst du manchen FCZ-Fans aber auch Schweissausbrüche, wenn du dem Stürmer wieder mal grosszügig einen Vorsprung lässt, nur um ihn dann im letzten Moment noch einzuholen…

Ja, in diesen Situationen, weiss ich, dass ich die Kontrolle habe. Das ist einfach ein Gefühl in mir. Ich bin sicher, dass ich den Stürmer noch stellen werde. Das ist meine grösste Stärke.

Es ist auch eine etwas ökonomischere Spielweise, du verlierst nicht zu viel Kraft für den Rest des Spiels…

Ja, es ist wichtig, das Spiel lesen zu können.

Aber manchmal könntest du vielleicht trotzdem etwas mehr investieren…?

Ja, manchmal vielleicht schon. Aber manchmal ist die Situation einfach so.

Zum Abschluss: was sagst du zu den Fans des FCZ? Du kamst zum FCZ in der Challenge-League-Saison und sie waren immer da…

Ja. Ganz ehrlich, als ich zum FCZ gekommen bin, habe ich sofort gemerkt, dass die FCZ-Fans zu den besten der Schweiz gehören. Sie sind immer da für uns. Was wir tun können, ist unseren Job bestmöglich zu machen, sodass sie immer ein Lachen im Gesicht haben können. Sie sind fantastisch, immer im Stadion und geben immer 100%. Ich liebe das. Ich freue mich darauf, diese Unterstützung auch in Zukunft zu spüren und werde mein Bestes geben, damit sie sich immer gut fühlen können.

 

Teamentwicklung unter der Lupe: FCZ zieht seine Schlüsse aus der Rückrunde

Der FCZ scheint die Erkenntnisse der Saison 2018/19, speziell der letzten beiden Partien in Luzern (0:3) und gegen St. Gallen (1:1) in die Vorbereitung der neuen Spielzeit mitgenommen zu haben. Nach dem desolaten Auftritt vor allem des Zürcher Mittelfeldes mit dem Zentrum Sertic / Rüegg / Marchesano und den Seitenspielern Schönbächler / Kololli in Luzern gab es zu Hause gegen einen FC St. Gallen, welcher mit einem Sieg noch die direkte Europa League-Qualifikation hätte erreichen können, eine stark verbesserte Leistung – der FC Zürich hätte an den Chancen gemessen das Spiel sehr gut auch gewinnen können. In den sechs Testpartien vor der neuen Saison agierte FCZ-Coach Ludo Magnin nun konsequent mit der gleichen Grundaufstellung wie im St. Gallen-Spiel mit einem 4-4-2 beziehungsweise 4-4-1-1 – je nachdem, ob neben dem gesetzten Assan Ceesay Antonio Marchesano oder mit Blaz Kramer ein zweiter klassischer Mittelstürmer auf dem Feld stand.

Die Startaufstellung in Leipzig gibt einige Hinweise, wie der FCZ zum Saisonstart gegen Lugano am kommenden Sonntag beginnen könnte – also mit Marchesano. Wie im St. Gallen-Match standen zudem auch in Leipzig die beiden 18-jährigen Simon Sohm sowie Becir Omeragic in der Startformation. In beiden Fällen kann man sagen, dass sie nicht einfach nur spielen, weil sie jung sind, sondern sie machen das Team tatsächlich besser. Dies war bereits bei ihren Einsätzen letzte Saison zu sehen. Sohm vermag mit seiner aussergewöhnlichen Kombination von Qualitäten in den drei entscheidenden Bereichen des Fussballs (Technik, Speed, Physis) der Mannschaft mehr Spielkontrolle und Sicherheit zu geben. Omeragic agiert schon sehr abgeklärt und hat eine hohe Spielintelligenz. Er ist zwar gelernter Innenverteidiger, scheint aber zum jetzigen Zeitpunkt im Erwachsenenfussball rechts besser aufgehoben zu sein.

Es gibt aber auch Änderungen im Vergleich zum St.Gallen-Spiel. So agierte damals Toni Domgjoni im Zentrum neben Sohm – in der aktuellen Vorbereitung spielte der Stammspieler der letzten Saison aber kaum eine Rolle. Die Position neben Sohm ist für Neuverpflichtung Denis Popovic vorgesehen, der nach einem eher unglücklichen ersten Kurzeinsatz gegen Stuttgart sich bei RB Leipzig schon deutlich verbessert zeigte und die Qualitäten andeutete, die ihn letzte Saison zum Leistungsträger bei Orenburg in der Russischen Premier Liga gemacht haben. Salim Khelifi bestätigte als agiler Wirbelwind seine aufsteigende Form von Ende Rückrunde. Auf der anderen Flügelposition schwankt Benjamin Kololli weiterhin zwischen zu viel Nonchalance und torgefährlichen Offensivaktionen. Dem frischgebackenen Vater Mimoun Mahi fehlt es noch an Fokus und Handlungsschnelligkeit.

Die linke Seite mit dem offensiv ausgerichteten Kharabadze ist weiterhin ein defensiver Schwachpunkt. Zudem musste man sich im Verlauf der Vorbereitung immer wieder um die Abwehrreihe in corpore Sorge machen. Nef weg, Maxsø weg, Pa Modou weg, Rüegg noch verletzt, Mirlind Kryeziu völlig ausser Form, Kharabadze in der Rückwärtsbewegung im Schneckentempo unterwegs. Schon letzte Saison hatte man bei gegnerischen Standards über weite Strecken der Saison Mühe, da mit Maxsø und Nef nur zwei gute defensive Standards-Spieler vorhanden waren, von denen häufig nur einer auf dem Platz stand. Die Situation hat sich diesbezüglich noch weiter verschärft. Aktuell gibt es keinen Spieler mit den defensiven Standard-Qualitäten von Maxsø oder Nef im Kader. Der neuverpflichtete Nathan ist diesbezüglich zwar besser als die Anderen, aber nicht auf dem Niveau der beiden erwähnten Cracks. Der Brasilianer feierte in Leipzig sein Début im FCZ-Dress und zeigte, was man von ihm aus seinen Zeiten bei Servette und GC kennt – ein Spieler mit viel Mentalität und eher geringen technischen Fähigkeiten im Aufbauspiel – unter dem Strich aber sicherlich ein Spieler, welcher dieser Mannschaft gut tut.

Die auffälligste Änderung im FCZ-Spiel, auf die im Verlauf dieser Vorbereitung der Fokus gelegt wurde, war die tiefere Staffelung und das Konterspiel. Über viele Jahre war der FCZ eine Mannschaft gewesen, die das Spiel machen und den Ball haben will. In einzelnen Partien der letzten Saison probierte es Trainer Magnin bereits mit „tief stehen und lauern auf Kontergelegenheiten“, und dies funktionierte zum Beispiel beim 1:1 in der Vorrunde gegen den FC Basel grundsätzlich gut bis sehr gut. Allerdings war der FCZ unter allen Super League-Teams der letzten Saison in Sachen schnellem Umschalten in die Offensive so ziemlich die schlechteste Mannschaft. Darauf wurde nun daher in der Saisonvorbereitung ein spezieller Fokus gelegt – vor allem auch weil diese Spielweise der aktuellen Mannschaft eigentlich entgegenkommt.

Es ist daher kein Zufall, dass Assan Ceesay, der schon in seiner ersten Saison beim FCZ immer wieder gute Ansätze gezeigt und von den häufig eingesetzten Akteuren den drittbesten Züri Live-Notenschnitt gehabt hatte, in jedem Vorbereitungsspiel einen Treffer erzielte und alle 35 Minuten einen Skorerpunkt lieferte. Im schnellen Umschaltspiel fühlt sich der Gambier in seinem Element – nach dem Ballgewinn wird beim FCZ der Ball schnell zu Marchesano oder Aliu befördert, die das Leder dann in der Regel mit einer Ballberührung direkt in die Tiefe spielen. Da es in einer solchen Situation Räume hinter der Abwehr gibt, ist Schnelligkeit wichtiger als Präzision – der langbeinige Ceesay erläuft auch einen nicht hundertprozentig präzisen Ball.

Dies funktionierte in den Testpartien von Anfang an gut. Womit der FCZ aber diesen Sommer lange Zeit Mühe hatte, war die Rückwärtsbewegung und Staffelung bei gegnerischem Ballbesitz. Daran hat man ganz offensichtlich nun aber im Trainingslager im Inntal gearbeitet, denn in Leipzig war dieser Aspekt des Zürcher Spiels deutlich verbessert. Wenn man tief steht und die Staffelung gut ist, dann hat dies den zusätzlichen Vorteil, dass so die individuellen Mankos der Abwehrreihe besser kaschiert werden können. Auf den Auftakt gegen Lugano darf man daher auch aus taktischer Sicht gespannt sein, denn letzte Saison vermochte Lugano dem FCZ mit einer tiefen Staffelung und schnellem Umschaltspiel gleich 11 Punkte abzuknöpfen und liess kein einziges Gegentor zu. Schafft es der FCZ, die Tessiner mit deren eigenen Waffen zu schlagen?

 

Gesucht: defensiv starker Linksverteidiger – grosse Saisonstatistik 18/19, Teil 1

Wer waren die besten FCZ-Akteure der Saison 2018/19? Wer hat enttäuscht? Zum Abschluss der Saison profitieren wir von den während der ganzen Saison von jeder Sekunde der 49 Wettbewerbsspiele aufwendig erhobenen exklusiven Züri Live-Daten, um diese als Diskussionsgrundlage den persönlichen Eindrücken des Lesers gegenüberzustellen. Der erste Teil der grossen Saisonstatistik fokussiert auf der Spielerbenotung. Diese leitet sich bei Züri Live jeweils aus der Bewertung jeder einzelnen Spielszene ab. In jeder Spielsituation können ein oder mehrere FCZ-Spieler Pluspunkte oder Minuspunkte für ihre Aktion / ihr Verhalten (auch abseits des Ballgeschehens) erhalten. Diese abgestuften Plus- und Minuspunkte (zum Beispiel: gut / sehr gut / ausserordentlich gut) sind die Basis für die Benotung des Spielers in der jeweiligen Partie. Die Wichtigkeit der Aktion wird bei der Bewertung zwar ebenfalls berücksichtigt, trotzdem zeichnet sich die Züri Live-Benotung im Vergleich zu anderen Publikationen vor allem auch dadurch aus, dass die Leistung eines Spielers über die gesamten 93 Minuten berücksichtigt wird, und sich nicht wie anderswo üblich, praktisch ausschliesslich auf eine einzige Aktion bezieht, die am meisten in Erinnerung geblieben ist. Ausserdem werden die einzelnen Spielsituationen wo sinnvoll bis ins Detail seziert und aus der Perspektive jedes einzelnen mehr oder weniger beteiligten FCZ-Akteurs mehrmals angeschaut und analysiert.

Das Gesamtresultat sieht den früh in der Saison zu Fenerbahce gewechselten Stürmer Michael Frey mit einer Durchschnittsnote von 8,3 klar an der Spitze. Dies ist wenig überraschend, lag der für Super League-Verhältnisse in mehrerer Hinsicht überdurchschnittliche Frey doch bereits in der Vorsaison an der Spitze des FCZ-Kaders. Dass er aber gleich einen Vorsprung von mehr als einer ganzen Note zu den nächstbesten ehemaligen Teamkollegen aufweist, ist aber sicherlich auch seinem sehr guten Saisonstart zu verdanken, und dem Umstand, dass unter diesen Voraussetzungen gerade mal vier Einsätze keinen repräsentativen Durchschnittswert ergeben. Den Level von Frey erreichte während der ganzen Saison kein Zürcher Stürmer mehr. Der mit Abstand am meisten eingesetzte Stephen Odey begann ordentlich, seine Leistungskurve zeigte dann aber genauso langsam wie kontinuierlich nach unten. Erst im letzten Monat der Meisterschaft vermochte sich der junge Nigerianer wieder zu fangen. Assan Ceesay hatte sehr gute erste Auftritte im Herbst, nach der Rückkehr von seiner Verletzung im Februar steigerte sich der Gambier in der Rückrunde dann kontinuierlich von durchschnittlichen bis hin zu guten Leistungen.

Auf den folgenden Plätzen hinter Frey platzieren sich vier Teenager, die sich in den wenigen Einsätzen, in welchen sie zum Zuge kamen, besser präsentierten als das Stammpersonal. Spielmacher Bledian Krasniqi mit seinen drei Europa League-Einsätzen, Stürmer Nicholas Andereggen mit einem einzelnen engagierten Kurzeinsatz gegen Basel, der gegen Ende der Saison vermehrt zum Einsatz kommende Zentrale Mittelfeldspieler Simon Sohm (neun Partien), sowie der in den letzten fünf Partien der Saison auf dem Platz stehende Verteidiger Becir Omeragic. Von den regelmässig eingesetzten Spielern kommen Andreas Maxsø, Alain Nef und Assan Ceesay auf die besten Durchschnittsnoten, dazu der in der Rückrunde nach einem Auswärtsspiel in Thun mit einem Kreuzbandriss ausfallende Adrian Winter. Die Innenverteidiger Maxsø, Nef und Mirlind Kryeziu sind diejenigen Akteure des Kaders, welche sich zusammen mit Cup-Torhüter Andris Vanins in der Rückrunde am meisten gesteigert haben.  Die Zentrale Hintermannschaft agierte während fast der ganzen Rückrunde auf einem relativ hohen Durchschnittsnotenlevel zwischen „6“ und „7“. Nef und Maxsø waren dabei während der ganzen Saison auf gutem bis hohem Level konstant, während Mirlind Kryeziu (in Herbst und Winter) und Bangura (im März) eine Phase der Leistungskrise durchlebten.

Die Leistung von Benjamin Kololli, Kevin Rüegg und Assan Ceesay hingegen hat in der Rückrunde im Vergleich zur Vorrunde am stärksten gelitten. Kololli gehört zusammen mit Marco Schönbächler und Levan Kharabadze sowie den wenig eingesetzten Guenouche, Binous, Sertic und Dwamena zu den sieben Kaderspielern mit einer ungenügenden Durchschnittsnote! So nachhaltig schlecht wie Kololli trat aber kein anderer Spieler auch nur ansatzweise auf. Im Juli noch gut in die Saison gestartet, ging es kontinuierlich abwärts, bis der Waadtländer Ende November erstmals konstant ungenügend bis schlecht wurde – und bis zum Saisonende blieb. Am schlimmsten war die Zeit von Mitte Februar bis Mitte März, als Kololli sich auf dem Level einer Durchschnittsnote von bloss 2,3 – 2,5 bewegte. Unaufmerksamkeiten reihten sich an unnötige Ballverluste, mangelhafte Defensivarbeit und ungenügendes Umschalten. Die Freistösse und Corner wurden zwar in Cristiano Ronaldo-Manier zelebriert, waren aber äusserst uneffektiv. Einzig die Abschlussstärke aus dem Spiel heraus und vor allem vom Penaltypunkt blieb ein Pluspunkt für den mittlerweile 27-jährigen.

Die drei regelmässig eingesetzten Spieler mit der schlechtesten Durchschnittsnote (Kololli, Schönbächler, Kharabadze) sind alles Seitenspieler. Die Notenentwicklung im Laufe der Saison deutet nicht nur aus diesem Grund darauf hin, dass das grösste Qualitätsproblem des FCZ 18/19 auf den Seiten des Spielfeldes lag – wie bereits in einem Analyseartikel vom März vermutet. Wie sich weltweit im Fussball immer wieder zeigt, ist die richtige Balance zwischen Offensive und Defensive eine der wichtigsten Voraussetzungen, um auf den Erfolgspfad zu finden. Dies scheint in dieser Saison einer der wichtigsten Gründe für die Probleme des FCZ auf den Seiten gewesen zu sein – in Form von ungenügender Defensiver Qualität und Ausrichtung, speziell auf der linken Seite. In den Meistersaisons ’06, ’07, ’09 hatte der FCZ defensiv starke Aussenverteidiger wie Stahel, Schneider oder Rochat, die trotzdem auch mal nach vorne Druck machen konnten. Am „13. Mai“ agierte zudem zusätzlich ab der 6. Minute der gelernte Verteidiger Alain Nef auf dem Rechten Flügel und bereitete von dort beide Treffer vor.

Eine instabile Defensive schadet auch der Offensivpower. Man gewinnt keine Sicherheit im Spiel. Um sich nach vorne entfalten zu können, braucht eine Mannschaft das Gefühl, Spiel und Gegner im Griff zu haben. Auf der Rechten Seite fehlt heute ein echter Defensivcrack à la Stahel. Alle Rechten Aussenverteidiger haben ihre Stärken in erster Linie in der Offensive. Immerhin bringen die Jungs auf Rechts trotz allem immerhin ein ordentliches Mass an Defensivqualitäten mit: angefangen beim defensiv auffälligsten Mann Joël Untersee (alle 20,2 Minuten eine Defensive Top-Aktion) über Fabio Dixon (21,8 Minuten) und Becir Omeragic (23,8 Minuten, wurde mehr Rechts als im Zentrum eingesetzt) bis zu Kevin Rüegg (28,6 Minuten). Dazu kommt, dass der Rechte Flügelspieler (in der Regel Winter oder Khelifi) jeweils zumindest ordentlich defensiv mithalf.

War die Rechte Seite defensiv „sosolala“, so agierte man Links diesbezüglich schlichtweg schlecht. Der zuletzt meist angeschlagen fehlende Pa Modou hatte (genauso wie Marco Schönbächler) relativ grosse Leistungsschwankungen, vermochte aber zumindest an einem guten Tag eine gewisse Gegenwehr an den Tag zu legen. An einem schlechten Tag oder wenn gar ein Duo wie Kharabadze / Kololli links auflief, war der FCZ über diese Seite offen wie ein Scheunentor. Und auch der als Alternative zur Verfügung stehende Hakim Guenouche verspricht auf Super League-Niveau aktuell keine defensive Stabilität. Als kurz vor der Winterpause nach Rüegg auch noch Pa Modou verletzungsbedingt fehlte, sank der Notenschnitt der Aussenbacks in den Keller. Es scheint also so, als dass der FCZ auf den Seiten und speziell auf Links in der kommenden Saison mehr defensive Qualität und Stabilität benötigt.

Das schlechteste Spiel der Saison war die 0:1-Niederlage im März in Sion mit einem Notenschnitt von 4,2. Neben dem die ganze Rückrunde hindurch schlecht spielenden Kololli fielen im März zusätzlich mit Brecher, Bangura, Rüegg, Hekuran Kryeziu und Odey gleich mehrere Schlüsselspieler gleichzeitig in ein Tief.

In den auf den Sion-Match folgenden drei Partien im Letzigrund (in Heimspielen war der FCZ die drittbeste Mannschaft der Liga) gegen Basel, YB und GC holte der Stadtclub zwar nur einen Punkt, aber die Leistung verbesserte sich da bereits wieder, was sich daraufhin mit immerhin zehn Punkten in den letzten sechs Spielen der Saison auch resultatmässig auszuzahlen begann.

Erfrischender Auftritt, deutlich besseres Mittelfeld / FCZ – St. Gallen 1:1 Analyse

Gegen den FC St. Gallen, der mit drei Siegen (darunter ein 4:1 gegen YB) in den letzten vier Partien zum Ende der Saison 18/19 nochmal in Fahrt gekommen war, war es wie zuletzt immer ein offener Schlagabtausch und eine abwechslungsreiche Partie vor mehr als 12’000 Fans im Letzigrund. Im Vergleich zum 0:3 in Luzern zeigte der FCZ eine deutliche Reaktion, speziell auch folgend auf den 0:1-Rückstand in der 16. Minute durch Jérémy Guillemenot. Letztmals gegen den FCZ getroffen hatte Guillemenot vor vier Jahren gleich drei Mal in zwei Spielen mit der Servette U18 gegen die von Ludovic Magnin trainierte FCZ U18 mit unter anderem Kevin Rüegg, Toni Domgjoni und Mirlind Kryeziu. Ebenfalls ein Tor erzielte in jenen Spielen Guillemenots damaliger wie heutiger Teamkollege Dereck Kutesa, der wie manch anderer St. Galler Akteur gegen Ende der Saison immer mehr in Bestform gekommen ist. An der Seite des neuen Innenverteidigerduos Nuhu/Vilotic vermochte Silvan Hefti über die rechte Seite Druck nach vorne zu machen.

Zum Ende der Partie wurde sogar Stürmer Cédric Itten nach langer Verletzungspause noch kurz eingewechselt, um das 2:1 zu erzwingen, mit welchem aufgrund der Punktverluste Luzerns und Luganos in den Parallelspielen die Ostschweizer die Gruppenphase der Europa League direkt erreicht hätten. Umso mehr soll gewürdigt werden, wie respektvoll sich die St. Galler bei der Auswechslung Alain Nefs und dessen Verabschiedung nach 336 Wettbewerbsspielen im FCZ-Dress (inklusive Testspiele 440 Partien) verhielten. Es war gleichzeitig auch der Moment, als durch den Abpfiff der anderen Partien klar wurde, dass es für den FCZ selbst bei einem Sieg nicht mehr auf einen für die Europa League-Qualifikation berechtigenden Platz reichen würde.

Der Auftritt des Teams von Cheftrainer Magnin und des scheidenden Assistenztrainers Van Eck war erfrischend und engagiert. Speziell das neu formierte Mittelfeld mit Simon Sohm (zum zweiten Mal nach der Auswärtspartie vor drei Wochen in Basel Züri Live-MVP) und Toni Domgjoni im Zentrum wirkte um zwei Stufen besser als dasjenige, welches in Luzern angetreten war. Die beste Durchschnittsnote vom 3:0-Sieg gegen Thun wurde mit 7,6 sogar nochmals übertroffen – 75 Top-Offensivaktionen sind zudem ebenfalls Saisonrekord. Viel dazu beigetragen hat unter anderem Antonio Marchesano, welcher bereits in Luzern zu den wenigen positiven Erscheinungen gehört hatte und zuletzt vier Mal in Folge mehr als 10 Top-Offensivaktionen hatte. Berücksichtigt werden muss allerdings auch, dass St. Gallens Spielstil gerade dem sich immer wieder suchenden Duo Marchesano/Schönbächler deutlich besser entgegenkommt, als derjenige Luzerns.

Wichtig war zudem, dass die Fehlerquote im Vergleich zur Luzern-Partie reduziert werden konnte, auch wenn sie bei Marchesano, Schönbächler, Bangura und vor allem Kharabadze immer noch zu hoch war. Der Georgier war immerhin nach einer schnellen Spielauslösung von Brecher über Sohm mit einer guten Flanke am Ausgleichstreffer Salim Khelifis (starke Direktabnahme) beteiligt. Es war Khelifis siebtes Saisontor – zuletzt hatte er im Februar gegen Luzern und Kriens innerhalb weniger Tage je einmal getroffen. Nach einem Ballverlust Schönbächlers in der gegnerischen Hälfte liess sich Kharabadze aber in der 16. Minute in der Rückwärtsbewegung zu viel Zeit, und schaffte es nicht mehr auf seine Position zurück, worauf Bangura aushalf, aber den Führungstreffer Guillemenots nicht zu verhindern vermochte. Kharabadze und Bangura liessen zudem bei einer sehr guten Torchance St. Gallens bei einem Eckball in der Zweiten Halbzeit ihren Gegenspielern Barnetta und Rapp zu viel Freiraum. Auf der anderen Seite hätte der FCZ nach einem Foul Nuhus an Odey im St. Galler Strafraum einen Penalty erhalten müssen (siehe Standbild). Es war ein weiterer in einer ganzen Reihe von klaren Penaltys, die dem FCZ in dieser Rückrunde im «Südkurven-Strafraum» des Letzigrunds verwehrt worden sind.

FCZ – St. Gallen 1:1 (0:1)

Tore:  16. Guillemenot (Barnetta) 0:1, 50. Khelifi (Kharabadze) 1:1.

FCZ: Brecher; Omeragic (73. Untersee), Nef (90. Pa Modou), Bangura, Kharabadze; Khelifi, Sohm, Domgjoni (79. Kololli), Schönbächler; Marchesano, Odey.

St. Gallen: Stojanovic; Hefti, Nuhu, Vilotic, Wittwer; Quintilla (88. Itten); Sierro, Ashimeru; Kutesa (71. Bakayoko), Guillemenot (71. Rapp), Barnetta.

(Standbild Odey: SRF)

Desolates Zürcher Mittelfeld / Luzern – FCZ 3:0 Analyse

In Luzern tritt der FCZ zum sechsten Mal in Folge mit derselben taktischen Formation und fast dem gleichen Personal an. Nur Bangura und Maxsø ersetzen im Vergleich zum Thun-Heimspiel den gesperrten Alain Nef und den Startelfdébutanten Becir Omeragic. Gegen Xamax und Thun war der Stadtclub zuletzt erstmals seit September zu zwei Siegen in Folge gekommen und hat den Klassenerhalt klar gemacht. Die beiden «Dreier» kamen aber wie in den jeweiligen Spielanalysen auf Züri Live analysiert durch günstige Umstände zustande: Xamax vor allem in Person des ehemaligen FCZ-Juniors Xhemajli verteidigte im Vergleich zu den anderen Partien unter Trainer Stéphane Henchoz ungewöhnlich nachlässig und der FC Thun war in Gedanken schon beim Cupfinal..

Beim formstarken FC Luzern konnten nun aber die aktuellen Schwachpunkte im Zürcher Team nicht verschleiert werden. An erster Stelle im Mittelfeld mit Schulz, Ndenge und Voca hatten die Innerschweizer im Duell mit Sertic, Rüegg und Marchesano deutliche Vorteile. Schulz und Ndenge gewannen viele Bälle und machten Druck nach vorne. Grégory Sertic liess auch in Luzern die wichtige Sechserposition häufig über längere Zeit verwaist. Vor dem 0:1 durch Ruben Vargas beispielsweise liess sich der Franzose von Marvin Schulz ganz an die rechte Seitenlinie herauslocken (siehe Standbild unten), was Tsiy Ndenge zentral viel Raum für seinen Vorstoss eröffnete. Kevin Rüegg reagierte ausserdem wie häufig in der Rückwärtsbewegung (unter anderem auch vor dem 0:3) einen Tick zu spät. Auch die Abwehrspieler Maxsø (von Eleke) und Bangura (von Demhasaj) liessen sich in der Szene des 0:1 ganz auf die rechte Abwehrseite locken, so dass Mirlind Kryeziu gegen den anstürmenden Ndenge das Zentrum besetzen musste. Dadurch hatte Ruben Vargas über die linke Zürcher Abwehrseite enorm viel Platz beim erfolgreichen Abschluss an der Strafraumgrenze – denn auch Benjamin Kololli hatte bei diesem sehr gut herausgespielten Luzerner Angriff einen Tick zu spät reagiert.

Luzern spielte in der 1. Halbzeit exzessiv meist die gleiche Angriffsvariante mit langen Bällen von links hinten (Sidler, Ndenge, Custodio) nach rechts vorne (Vargas, Eleke) und hatte mit einer solchen Aktion auch beim 0:2 durch Blessing Eleke in der 29. Minute Erfolg. Auch bei diesem Treffer stammte die Vorarbeit vom ehemaligen deutschen U20-Nationalspieler Tsiy William Ndenge. Luzern setzte so erfolgreich auf eine verwundbare linke Zürcher Seite mit Kololli und Mirlind Kryeziu. Die Anzahl der Top-Offensiv- und Defensivaktionen des FCZ waren auf ähnlichem Niveau wie in den letzten Spielen, aber die Anzahl Fehler vor allem von Sertic, Kololli, Schönbächler und Mirlind Kryeziu deutlich höher und der Gegner nutzte diese auch konsequenter aus. Umaru Bangura und Kevin Rüegg stopften in der Ersten Halbzeit noch viele Löcher und zeigten Initiative im Spiel nach vorne, aber nach der Pause liessen Rüegg verletzungsbedingt (Schulter) und Bangura konzentrationsbedingt ebenfalls nach.

Auch beim Verhalten in den Zweikämpfen und beim Blocken von Schüssen und Pässen waren gerade im Mittelfeld Unterschiede erkennbar zwischen den konsequent agierenden Luzernern und immer wieder den Fuss weg- und den Kopf einziehenden Zürchern wie Sertic, Schönbächler oder Kololli. Sidler, Christian Schwegler und später der eingewechselte Christian Schneuwly provozierten die Zürcher Spieler immer wieder mit kleinen Schlägen und Checks – Kololli liess sich dabei gegen Schwegler mitten in einem eigenen Angriff vor dem gegnerischen Strafraum zu einem Revanchefoul hinreissen. Damit unterband er unnötigerweise eine Top-Chance von Odey an der Fünfmetergrenze und hätte zusätzlich eine Gelbe oder gar Rote Karte für die Aktion sehen können. «Sehen können» ist das Stichwort für Ref Lionel Tschudi, welcher wie üblich viele heisse Szenen gar nicht mitzubekommen schien, unter anderem als in der 1. Halbzeit Lucas und in der 2. Halbzeit Sidler im eigenen Stafraum den Ball leicht mit der Hand spielten.

Zum Start der 1. Halbzeit war der FCZ gar nicht so schlecht ‘’aus den Boxen gekommen’’ mit zwei guten Konterchancen, wobei Lucas bei der zweiten den nachsetzenden Ceesay anschoss und von dessen Bein der Ball knapp am Pfosten vorbeiprallte. Noch nicht ganz wach zu Beginn war allerdings Benjamin Kololli gewesen, der beim ersten gegnerischen Eckball in der 1. Minute etwas gedankenverloren vor dem eigenen Strafraum herumstand, statt seinen Gegenspieler Sidler zu decken. Kololli wurde zusammen mit Sertic aufgrund der langsamen Ballverarbeitung von den Luzernern immer wieder als beliebtes Pressing-Opfer ausgewählt.

Die Serie mit verletzungsbedingten Auswechslungen beim FCZ in der 1. Halbzeit geht munter weiter – diesmal traf es nach einem Fehltritt Assan Ceesay schon früh in der 13. Minute. Nach der Hereinnahme von Levan Kharabadze für Mirlind Kryeziu in der 37. Minute stellte man vom 3-5-2 auf ein 4-1-4-1 um mit Kevin Rüegg als Aussenverteidiger, Stephen Odey und Benjamin Kololli auf den Seiten im Mittelfeld und Marco Schönbächler im Zentrum neben Antonio Marchesano. Während ‘’Schönbi’’ während dem Zweiten Durchgang praktisch nicht präsent war, gehörte der umtriebige Antonio Marchesano zu den wenigen Aktivposten beim Letzigrund-Team. Aber nur Marchesano alleine vermochte gegen das stärkere Luzerner Mittelfeld schlussendlich auch nichts auszurichten, obwohl er mit einem scharfen Kopfball nach guter Kharabadze-Flanke die beste Zürcher Torchance auf dem Kopf hatte.

 

Luzern – FCZ 3:0 (3:0)

Tore:  8. Vargas (Ndenge) 1:0, 29. Eleke (Ndenge) 2:0; 51. Vargas (Schulz) 3:0.

Luzern: Zibung; Schwegler, Lucas, Custodio, Sidler; Voca, Schulz, Ndenge; Vargas (71. Schneuwly), Demhasaj (63. Schürpf), Eleke (87. Lustenberger).

FCZ: Brecher; Maxsø, Bangura, M. Kryeziu (37. Kharabadze); Schönbächler, Sertic, Kololli; Rüegg (77. Omeragic), Marchesano; Ceesay (13. Kasai), Odey.

 

(Standbild: Teleclub)

 

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