Mutige Taktik nicht belohnt / FCZ – FCB 0:2 Analyse

Der FCZ verliert nach dem Spiel Zwei auch das Spiel Drei (von fünf) der Saison gegen den FC Basel mit dem Ergebnis von 0:2. Beide Teams traten ganz anders an und auf als noch in den Auswärtsspielen am Wochenende in Sion und Luzern. Basels Trainer Marcel Koller, der beim 1:0-Sieg bei den grossgewachsenen Innerschweizern noch eine relativ konservative taktische Linie vorgegeben und auf physisch stärkere Spieler wie Balanta, Xhaka, Kuzmanovic, Stocker und Ajeti gesetzt hatte, ging richtigerweise von einem FCZ aus, der mitspielen will und brachte eher seine wirbligen, schnellen und/oder technisch starken Leute wie Campo, Van Wolfswinkel, Kalulu oder Widmer – dazu war Spielgestalter und Teamleader Fabian Frei, der beim 2:0-Heimsieg gegen den FCZ im Dezember eine Top-Leistung abgeliefert hatte, wieder in der Startformation. Ausserdem verlangte Koller von seinen Spielern diesmal von Anfang an mit Vollgas in hohem Tempo zu pressen. Nicht per Zufall stibitzte Van Wolfswinkel schon nach wenigen Sekunden den Ball vom Fuss Umaru Banguras und holte einen Eckball heraus. Die enorm fehlerhafte Vorstellung des Zürcher Innenverteidigers in Sion ist den Baslern natürlich nicht entgangen. Der FCB suchte zudem immer wieder lokal Überzahlsituationen zu kreieren und liess dabei gleichzeitig andere Räume ungenutzt und von Akteuren der Zürcher Abwehrformation nutzlos besetzt.

Der FCZ hatte nur zwei personelle Wechsel im Vergleich zu «Sion» – Stephen Odey fiel verletzt aus, dafür kehrte der gesperrte Toni Domgjoni wieder zurück. Für den im Wallis in den Zweikämpfen auf der Seite zu häufig unterlegenen Joel Untersee rückte Kevin Rüegg wieder auf die Rechtsverteidigerposition und der schussstarke Offensive Mittelfeldspieler Lavdim Zumberi kam rein. Wie der FCB ging auch der FCZ von der Ersten Minute an hohes Tempo und presste hoch. Da beide Mannschaften das Gleiche praktizierten, entstand durch das Tempo und die grossen Distanzen im Mittelfeld ein stürmischer Schlagabtausch – mit klaren Vorteilen auf Seiten der Rot-Blauen aufgrund tieferer Fehlerquote und höherer individueller Qualität. In Sion war der FCZ noch vom sich zurückziehenden Gegner weit in dessen Hälfte gelockt worden, um hinter der Zürcher Abwehr Raum für das Yakin’sche schnelle Umschaltspiel zu schaffen. Aber auch dort waren es in erster Linie die zu zahlreichen individuellen Fehler beim FCZ, welche Sion die entscheidenden Vorteile verschafften.

Im August hatte der FCZ gegen Basel noch ungewöhnlich (zumal in einem Heimspiel) defensiv in einem de facto 5-2-3 agiert und sich in «Sion-Manier» in die eigene Hälfte zurückgezogen gehabt. Der taktische Kniff ging auf – der FCZ hätte die Partie (1:1) an den Torchancen beziehungsweise «expected Goals» gemessen gewinnen müssen. Allerdings war damals der FCB auch weit von seinem heutigen Niveau entfernt und das für den aktuellen FCZ in der Regel so wichtige Aussenverteidigerduo Rüegg / Pa Modou stand von Beginn weg auf dem Platz. Im Dezember beim 0:2 im St. Jakob Park hatte sich Basel immer noch nicht ganz erholt und der FCZ hätte zu jenem Zeitpunkt gute Chancen auf einen Punkt gehabt, agierte aber in jener Partie vor allem in der Ersten Halbzeit zu wenig wach, präsent und clever auf dem Platz. Man baute den Gegner unnötig auf. Am Ende war die Statistik bei den «expected Goals» trotzdem ausgeglichen.

Im April kam nun ein deutlich stärkerer FC Basel in den Letzigrund. Trotzdem war die Strategie des FCZ von Beginn weg das Szepter in diesem Spiel zu übernehmen – was misslang. Dafür war unter anderem auch die enorm schnelle und gute Reaktion der Basler auf die taktische Ausrichtung des FCZ entscheidend. Dies vor allem auch dank ihren enorm routinierten Teamleadern Fabian Frei, Marek Suchy und Ricky Van Wolfswinkel. Der FCZ trat nämlich in einer Mittelfeldraute an, einem in der Super League selten gespielten System. Gegen die meisten Liga-Gegner hätte man damit bestimmt das Überraschungsmoment auf seiner Seite gehabt und sich in der Anfangsphase Vorteile erspielen können. Nicht aber gegen den aktuellen FC Basel, wie man spätestens nach diesem Spiel weiss.

Die Raute funktioniert nur, wenn man es schafft, das Spiel in die Hand zu nehmen und den Ballbesitz auf seine Seite zu bringen. Dies gegen den FCB in der aktuellen Form so konsequent anzustreben ist je nach Sichtweise mutig oder naiv. Im Nachhinein ist man sowieso immer klüger. Auf jeden Fall gelang es dem FCZ in der Startphase nicht, dieses Zwischenziel zu erreichen, worauf er die Formation in der 15. Minute auf ein 4-4-2 mit einem «flachen» Mittelfeld änderte. Diese Ausrichtung ist defensiv stabiler, vor allem die Seiten sind deutlich besser geschützt. Dies wirkte sich sofort aufs Basler Angriffsspiel aus. Die Spielauslösung des Koller-Teams dauerte deutlich länger und zögerlicher, weil nun die einfache Lösung über die Seite nicht mehr zur Verfügung stand. Dafür hatte im Gegenzug der FCZ selbst nun auch nicht mehr diese gefährlichen Umschaltmomente durch die im Rautensystem zahlreich bevölkerte Mitte, wie es sie in der Anfangsphase zwei Mal gegeben hatte. Insgesamt wurde die Partie deutlich ausgeglichener mit sporadischen guten Tormöglichkeiten auf beiden Seiten.

Auch wenn es aufgrund des Chancenverhältnisses auf den ersten Blick nicht so aussieht, war dieses Basel-Heimspiel eine Leistungssteigerung gegenüber dem Sion-Match, sowohl als Mannschaft wie auch in vielen Fällen individuell. Man versuchte in der Anfangsphase die Differenzen in der individuellen Qualität der beiden Teams mit einem riskanten System zu neutralisieren, was nicht funktionierte. In der Folge vermochte Toni Domgjoni im flachen 4-4-2 als zweite Spitze Assan Ceesay immer wieder wirkungsvoll beim Stören der Basler Angriffsauslösung zu unterstützen. Der in der Raute auf seiner Idealposition als 10er beginnende Lavdim Zumberi versuchte sich sichtlich und erfolgreich auch im Linken Mittelfeld von seiner aktuell besten Seite zu zeigen mit engagierter Defensivarbeit sowie nach vorne zielstrebigen Vorstössen, einem starken Weitschuss und zum Abschluss seines Einsatzes einer sehr guten Flanke.

Trotzdem tat die Einwechslung Pa Modous für Zumberi dem FCZ für die Schlussphase zusätzlich gut. Mit dem danach vorgerückten Levan Kharabadze, der sich im Vergleich zu seinen letzten Einsätzen verbessert zeigte und in der Ersten Halbzeit Kalulu (zur Pause ausgewechselt) praktisch ausschaltete, verstand sich der Gambier bei seinem Comeback auf der linken Seite von Anfang an gut. Assan Ceesay spielte sein wohl bisher bestes Spiel als Starter im FCZ-Dress mit vielen guten Kopfballweiterleitungen, Ballgewinnen und Sprints. Ein engagiertes Début allerdings ohne zu wesentlichen torgefährlichen Szenen zu kommen bestritt der 19-jährige Stürmer Nicolas Andereggen aus dem Argentinischen San Jeronimo Norte.

Ein Spiel «zum Vergessen» wars hingegen für Captain Kevin Rüegg. Bangura war besser als in Sion, aber unter dem Strich noch nicht genügend. Grégory Sertic zauberte direkt aus einem Corner einen Lattenkreuzknaller hin und beteiligte sich phasenweise konstruktiv am Aufbauspiel – was aber leider im negativen Sinn mehr als aufgewogen wird durch seine Körpersprache und ungenügendem Einsatz in vielen Aktionen – schon ab der 17. Minute begann der Franzose wie ein Grümpelturnierfussballer bei Ballverlusten stehen zu bleiben und zu hadern, statt wie ein Profi sofort die entstehende Lücke schliessen zu helfen. Schlimm wurde es dann vor allem in der Zweiten Halbzeit als Sertic beim Stand von 0:1 trotz reellen Chancen auf den Ausgleich wiederum viel zu früh die Segel strich.

Insgesamt erinnert die Partie an das Heimspiel gegen Napoli, als der Live-Eindruck des FCZ im Stadion ebenfalls schlecht war, bei genauerer Betrachtung im Nachhinein aber auch viele positive Aspekte offenbart wurden. Vor allem scheint den Spielern die anspruchsvolle Spielsweise für die individuelle Lernkurve gut zu tun. Realistischerweise muss man allerdings auch einräumen, dass eine Kanterniederlage diese positiven Aspekte gefährdet hätte. Beim 0:1 durch Samuele Campo, der wie schon im August erneut gegen den FCZ im Letzigrund das Führungstor erzielte, war entscheidend, dass der umsichtige Fabian Frei Toni Domgjoni im Mittelfeld von Eray Cömert weglockte, was diesem erlaubte ohne jeglichen gegnerischen Druck den sehr guten langen Ball hinter die Abwehr zu spielen, den Campo direkt nahm. Umaru Bangura kam gegen Campo zwar zu spät, aber im Gegensatz zu vielen anderen Szenen zuletzt kann man in diesem Fall nicht von einem groben Schnitzer des Innenverteidigers aus Sierra Leone sprechen. Grundsätzlich reagierte er schnell, stand davor vielleicht wenige Zentimeter zu weit vorne – Cömert und Campo machten ihre Sache aber halt einfach auch sehr gut. Derjenige, der das Tor am ehesten hätte verhindern können, war Domgjoni.

Das 0:2 entstand aus einem schlecht ausgeführten Einwurf des eingewechselten Pa Modou. Albian Ajeti stand beim Zuspiel von Zdravko Kuzmanovic allerdings im Offside (im Standbild klar an der Grasnarbe erkennbar). Toni Domgjoni wurde zudem im Basler Strafraum nach klarem Foul von Zuffi ein Penalty verwehrt. Der zweite nicht gegebene klare Penalty in Folge gegen den FCB nach dem Handspiel Kalulus im St. Jakob Park im Dezember. Mühe hatte der FCZ wieder einmal bei gegnerischen Eckbällen, auch wenn daraus diesmal kein Gegentor resultierte. Maxsö nahm wie immer den gefährlichsten Gegenspieler aus dem Rennen. Suchy versuchte es einmal mit einem Stoss in den Rücken des Dänen, welcher aber von Referee Klossner korrekterweise geahndet wurde.

Grégory Sertic (diesmal gegen Van Wolfswinkel) ist zwar im Luftduell nicht stark, verkörpert aber mehr Routine als die meisten seiner Mitspieler, und weiss, wie man einen Gegenspieler genügend stören kann, ohne dass es einem Foulspiel entspricht. Kharabadze macht seine Sache bei gegnerischen Standards mehrheitlich gut, aber einmal entwischte ihm Fabian Frei trotzdem. Umaru Bangura hatte diesmal Glück, denn sein Gegenspieler Silvan Widmer wurde von Luca Zuffi nie anvisiert. Dafür stand diesmal die zweitgrösste Schwachstelle Kevin Rüegg im Fokus, der mit seinem U21-Nationalteamkollegen Eray Cömert seine liebe Mühe hatte. Dieser nutzte in seinen Laufwegen erfolgreich Mit- und Gegenspieler als „Kurveninnenseite“, um seinen Kontrahenten abzuschütteln. Eine einstudierte irreguläre Eckballvariante hatte Basel ebenfalls noch im Köcher (siehe Bildfolge unten). Bei dieser stürzten sich vor dem Strafraum ausserhalb des Sichtfeldes von Ref Klossner Silvan Widmer und Aldo Kalulu zu zweit wie Defensive Tackles im American Football auf Toni Domgjoni, damit dieser seinem Gegenspieler Campo nicht folgen konnte, worauf dieser nach dem kurz und flach gespielten Ball Zuffis frei zum Abschluss kam, der dann allerdings vom aufmerksamen Maxsö geblockt wurde. Der Däne ist der Züri Live-MVP der Partie und wird im Derby gesperrt fehlen.

FCZ – Basel 0:2 (0:0)

Tore:  54. Campo (Cömert) 0:1, 89. Ajeti (Kuzmanovic).

FCZ: Brecher; Rüegg, Bangura, Maxsø, Kharabadze; Sertic; H. Kryeziu, Domgjoni (82. M. Kryeziu); Zumberi (58. Pa Modou); Khelifi, Ceesay (78. Andereggen).

Basel: Omlin; Widmer, Cömert, Suchy, Petretta; Frei, Zuffi; Kalulu (46. Ajeti), Campo (81. Xhaka), Okafor (62. Kuzmanovic); Van Wolfswinkel.

(Standbilder: Teleclub)

Flashback: Walter Scheibli @ Züri Live bei FCZ – FCB

Bereits Ende August war der FCB zum ersten Mal diese Saison beim FCZ zu Gast (1:1). Im April kommt es zwei weitere Male im Letzigrund zu diesem Duell, das erste davon morgen Mittwoch. Bei Züri Live zu Gast war beim Hinrundenheimspiel Reporter-Legende Walter Scheibli (sommergerecht im Gelben Hemd statt Gelbem Pulli) und redete über seine Aktivzeit mit Young Fellows, die Unterschiede zwischen Eishockey und Fussball beim Kommentieren, und wo er die Idee zu seinem unverkennbaren Stil der Resultatdurchsagen her hatte…

FCZ kontrolliert aus sicherer Deckung das Spiel / FCZ – Basel 1:1 Analyse und Highlights

Eine insgesamt gute Leistung des FCZ wurde am Ende nur mit einem Punkt belohnt, nachdem zwischenzeitlich das Tor zum vermeintlichen 1:1 durch Stephen Odey wegen Offside aberkannt worden war. Der FC Basel hatte in der 1. Halbzeit deutlich mehr Ballbesitz, der FCZ kontrollierte aber das Spiel, fokussierte in einem 5-4-1 auf schnelle Gegenstösse und kam von Beginn weg zu mehr Torchancen.

Trotzdem ging der FCB in der 39. Minute in Führung, nachdem Van Wolfswinkel Mirlind Kryeziu vor der Ausführung eines Einwurfes erfolgreich provoziert hatte, worauf dem Zürcher Verteidiger dessen Ausführung misslang. Zudem hatten Alain Nef und Umaru Bangura Mühe, Albian Ajeti in den Griff zu bekommen. Der Ausgleich in der 76. Minute durch den Kopfball von Pa Modou nach Flanke des eingewechselten Salim Khelifi war aber trotzdem mehr als verdient. An der Torvorbereitung mitbeteiligt war auch Kevin Rüegg gewesen, dem eine ausserordentlich starke Partie gelang.

FCZ – Basel 1:1 (0:1)

Tore: 39. Campo (Xhaka) 0:1; 76. Pa Modou (Khelifi) 1:1.

FCZ: Brecher; Rüegg, Nef, Bangura, M. Kryeziu, Pa Modou; Winter (68. Khelifi), H. Kryeziu, Domgjoni (87. Palsson), Kololli (90. Rodriguez); Odey.

Basel: Hansen; Widmer, Cömert, Frei, Petretta; Serey Dié, Xhaka; Van Wolfswinkel (90. Oberlin), Campo, Okafor (73. Zuffi); Ajeti (78. Pululu).

Lethargisch im St. Jakob Park, FCZ kann Derbyschwung nicht nutzen / Basel – FCZ 2:0 Highlights und Analyse

In der Woche nach dem zweiten erfolgreichen Derby der Saison und der Heimniederlage Basels gegen YB war in den Medien und bei den Fans viel die Rede von der «Krise des FCB». Den FCZ-Spielern schien dieses Gerede nicht gut zu tun, starteten sie doch aussergewöhnlich passiv, zweikampfscheu und ohne Zielstrebigkeit in die Partie. Basel gewann in der 1. Halbzeit doppelt so viele Zweikämpfe und ging durch Albian Ajeti früh verdient mit 1:0 in Führung und hätte zur Pause eigentlich bereits mit 2:0 führen müssen. Der omnipräsente Fabian Frei (30) war die klare Leaderfigur auf dem Platz und Flügelspieler / Eigengewächs Noah Okafor (18) gehört bereits jetzt zu den besten und von der Leistung her konstantesten Baslern.  Trotzdem kam der im 3-4-2-1 angetretene FCZ ebenfalls zu Chancen, weil einerseits der mit einer vergleichsweise unerfahrenen Truppe angetretene Gegner im Spielaufbau auch nicht über alle Zweifel erhaben war, und die Zürcher zudem mit relativ viel Risiko und hoher Präsenz rund um den gegnerischen Strafraum agierten, und so mehrmals zu Überzahlsituationen kamen.

Diese Situationen konnten aber wegen fehlender Zielstrebigkeit nicht genutzt werden. Basel vermochte aufgrund der offensiven FCZ-Ausrichtung und nonchalanten Spielweise eines Teils der Gästespieler die Räume zwischen der Dreierabwehr und dem Aussenläufer auf der Seite immer wieder erfolgreich zu nutzen. Speziell die linke Zürcher Seite mit Mirlind Kryeziu und Benjamin Kololli wirkte defensiv komplett überfordert. Und in der Offensive leidet der FCZ weiterhin darunter, dass er in dieser Vorrunde in der Liga keinen Vorteil aus Standards zu ziehen vermag. Nach der Pause wurde auf Viererabwehr umgestellt und neben Torhüter Vanins (38) stand auch Aussenverteidiger Guenouche (18) beim Wiederanpfiff auf dem Rasen. Dieser kam bei seinem Super League-Début mit dem ähnlich kleinen und flinken Landsmann Kalulu deutlich besser zurecht, als Kryeziu / Kololli.

Mit Yann Kasai (20) belebte ab der 71. Minute ein weiterer Super League-Débutant die Partie. Dieser führte sich unter anderem mit einer entscheidenden Rolle in  der Vorbereitung der beiden «hundertprozentigen» Torchancen Adrian Winters und Stephen Odeys gleich sehr gut ein. Diese Aktionen hätten zusammen mit dem nicht gegebenen Penalty (Handspiel Kalulu) gegen aktuell meist gegen Ende der Partie nachlassende Basler doch noch eine Wende zugunsten des FCZ bringen können. Stattdessen vermochte der FC Basel erstmals seit acht Monaten wieder einmal ein Ligaspiel ohne Gegentor zu bestreiten. Der FCZ bleibt der Lieblings-(Aufbau-)gegner der Nordwestschweizer – auch diesmal wieder nach einer Niederlage in Thun, einem Unentschieden in Luzern und einer Heimniederlage gegen YB.  Gegen den FCZ ist die Motivation der Rotblauen so gross, dass sie auch nach dem 2:0 bei weitem nicht zufrieden waren und unbedingt noch ein drittes oder viertes Tor erzielen wollten. Dem entgegen stand bei den Zürchern die wohl schlechteste Leistung der Vorrunde mit einer deutlich ungenügenden Durchschnittsnote von 4,3.  

Basel – FCZ 2:0 (1:0)

Tore: 19. Ajeti (Van Wolfswinkel) 1:0; 48. Petretta 2:0.

Basel: Omlin; Widmer, Cömert, Kaiser, Petretta; Frei, Zuffi; Kalulu (87. Kuzmanovic), Van Wolfswinkel, Okafor (76. Oberlin); Ajeti (90.+5 Pululu).

FCZ: Brecher (46. Vanins); Maxsö, Bangura, M. Kryeziu (46. Guenouche); Winter, H. Kryeziu, Palsson, Kololli; Khelifi, Marchesano (71. Kasai); Odey.

FCZ ist das «bessere St. Gallen» – aber die Gradlinigkeit im gegnerischen Strafraum fehlt

Nach St. Gallen darf der FCZ gleich nochmal im heimischen Letzigrund ran – gegen den FC Basel. Am 13. Mai (!) reichte dem Magnin-Team eine eher mässige Leistung, um den gleichen Gegner mit 4:1 zu besiegen. Dies weil die Rot-Blauen den wohl schlechtesten Auftritt seit Generationen im Letzigrund hinlegten. Normalerweise profitiert der FCB davon, dass er sich gegen «Züüri» speziell motivieren kann – häufig mehr als umgekehrt, hatte man immer wieder das Gefühl. Diesmal war es für einmal anders gewesen. Der emotionale Fokus der Basler lag auf dem Spitzenspiel gegen YB am vorangegangenen Wochenende. Man wollte unbedingt im Hinblick auf die kommende Saison gegen den neuen Schweizer Meister ein Zeichen setzen, was mit einem 5:1-Sieg auch eindrücklich gelang.

Diese 1:4-Niederlage danach in Zürich war der Anfang einer Sieglos-Serie, die bis in den August anhielt (4:2-Heimsieg gegen GC) und Trainer Raphael Wicky den Job kostete. Auch diesmal hat der FCZ einen Vorteil, da die Begegnung mit Basel in der Mitte der Europa League Playoff-Woche liegt. Man muss den Umstand, dass sich das Team von Marcel Koller zur Zeit mit den Konterspezialisten von Apollon Limassol abmüht, aber natürlich gegen einen zugegebenermassen sich generell im Aufwind befindlichen Gegner auch konsequent nutzen. Vor vier Jahren war der FCZ im Letzigrund gegen das mit denselben Leistungsträgern (Vale, Joao Pedro, Vasiliou, Stylianou oder Papoulis) angetretene Apollon ebenfalls zu einem eher erknorzten 3:1-Heimsieg gekommen (Tore für den FCZ: Djimshiti und zwei Chikhaoui-Penalties).

Vor Wochenfrist waren die Kritiken nach dem 0:0 gegen St. Gallen vernichtend gewesen. Die NZZ setzte wie so häufig die bei diesem Blatt für FCZ-Spiele schon fast zu den Standard-Textbausteinen gehörenden polemischen Attribute «einschläfernd», «uninspiriert», bzw. «Sedativ» ein. Trainer Magnin selbst in seiner fordernden Art hatte zumindest im Gespräch mit den Medien rundweg kein konstruktives Spiel seiner Mannschaft gesehen. Aber war alles wirklich so schlecht? Wenn man sich nämlich an den Beginn der Partie zurückerinnert, ging der FCZ von Anfang an Vollgas, setzte St. Gallen unter Druck und war bis in die 55. Minute die bessere Mannschaft. Danach glich sich die Partie aus, auch weil der FCZ in einzelnen Phasen als Team etwas nachliess.

Spiele gegen Zeidlers St. Gallen erinnern an solche gegen Zemans Lugano. Das Mittelfeld ist entvölkert, beide Teams kommen relativ einfach durch – ein Schlagabtausch. Der FCZ liess sich, ob gewollt oder gezwungenermassen, auf dieses Spiel ein – wohl nicht zur Freude von Trainer Magnin. Allerdings ist dessen Team über weite Strecken eher «das bessere St. Gallen». Man kommt zumindest im Ansatz zu mehr potentiell guten Torchancen. Auch wenn man die Anzahl der effektiven Abschlüsse zählt (12), so liegt diese höher, als in den ersten drei Saisonspielen gegen Thun, GC und YB. Die ersten beiden Partien konnten gewonnen werden, obwohl es da am wenigsten Abschlüsse gab! Auch bei der Anzahl Flanken, Top-Offensivaktionen sowie auch Top-Defensivaktionen zählt Züri Live gegen St. Gallen einen neuen Saisonbestwert. Und selbst die Durchschnittsnote der Spieler ist mit 6,4 besser, als in den ersten drei Meisterschaftsspielen!

Das Hauptproblem ist die fehlende Zielstrebigkeit und Gradlinigkeit im und um den gegnerischen Strafraum. Benjamin Kololli, Antonio Marchesano und vor allem Marco Schönbächler haben ein halbes Dutzend Möglichkeiten, alleine aufs von Dejan Stojanovic gehütete St. Galler Tor zu ziehen, verhindern dies aber jedes Mal selbst mit unnötigem „Hakenschlagen“. Viele der potentiell «tödlichen» letzten Pässe stammen von Toni Domgjoni. Als Domgjoni kurz vor Schluss dann endlich mit dem spät eingewechselten Michael Frey einen Adressaten findet, der bereit ist, auf direktem Weg zum gegnerischen Tor zu ziehen, wird dieser zu Unrecht aus dem Offside zurückgewunken. Der inzwischen zu Fenerbahce gewechselte Frey (hat mit 8,3 in den ersten vier Saisonspielen den besten Züri Live-Notenschnitt) war ein wichtiger Faktor, warum der FCZ in der Schlussphase nochmal sehr nahe an einen möglichen Heimsieg kam. Es fehlte aber insgesamt auch das Wettkampfglück. Beispielsweise ist die Zeit reif für ein Kopfballtor Mirlind Kryezius – auch gegen St. Gallen fehlte nach einem «Schönbi»-Eckball wieder nur sehr wenig. In demjenigen Spiel, in welchem dieses Tor dann tatsächlich fällt, hat der FCZ eine erhöhte Chance auf einen Sieg.

Schönbächler hatte Hochs, zu denen unter dem Strich auch seine vier Eckbälle gehörten (gegen YB hatte Kololli noch alle Corner getreten), aber noch etwas mehr Tiefs im Spiel. Die Hochs nahmen allerdings im Verlauf der Zweiten Halbzeit zu. Davor hatte der Urdorfer noch mehr als Sturmpartner Odey vorne lange Zeit kaum mal einen Ball verteidigen können. Der Nigerianer wurde noch vor der Pause ausgewechselt, als er wohl etwa zwischen dem Zeitpunkt der Entscheidung, ihn aus dem Spiel zu nehmen und der tatsächlichen Auswechslung gerade besser ins Spiel gefunden hatte. Ein weiterer Ansatzpunkt für den FCZ könnte die Zweikampfstatistik sein, die wie schon gegen YB auch im Duell mit St. Gallen negativ war. Das Zürcher Mittelfeld musste viel Laufarbeit verrichten – auch weil die Zürcher Aussenläufer phasenweise relativ tief standen. Von Toni Domgjoni ist man sich dies gewohnt – auffällig war gegen St. Gallen aber das Laufpensum und die Zweikampfintensität von Antonio Marchesano, der in diesen Bereichen Fortschritte zu machen scheint. Hekuran Kryeziu kann seine etwas zu schläfrige Art in der Defensiven Phase noch nicht ablegen, zeigt sich aber im Vergleich zum YB-Spiel diesbezüglich zumindest etwas verbessert. In der Offensiven Phase gibt es bei ihm sowieso keinen Anlass zur Klage.

Gar ein rundweg gelungener Auftritt gelingt dem linken Aussenläufer Pa Modou (Züri Live-MVP der Partie). Das Duell mit Gegenspieler Bakayoko entwickelte sich mit zunehmender Spieldauer zu einem Kantersieg für die Zürcher Nummer 18. Nicht zum ersten Mal zeigt sich der Gambier gegen einen seiner Ex-Klubs von seiner besten Seite. Zusammen mit Mirlind Kryeziu und Alain Nef ist er zudem für die gegen St. Gallen überdurchschnittlich gefährlichen Einwürfe zuständig. Gerade gegen einen wenig kompakt agierenden Gegner wie das Zeidler-Team kann mit gut einstudierten Einwurfvarianten schnell eine gefährliche Situation heraufbeschworen werden. Und auch Einwürfe des Gegners in dessen Spielhälfte können mit klugem Pressing besser genutzt werden.

FCZ – St. Gallen 0:0  

FCZ: Brecher; Nef, Palsson, M. Kryeziu; Rüegg (46. Winter), H. Kryeziu, Pa Modou; Marchesano (78. Frey), Domgjoni; Odey (37. Kololli), Schönbächler.

St. Gallen: Stojanovic; Bakayoko, Hefti, Vilotic, Wittwer; Quintilla; Sierro, Ashimeru; Tafer (75. Kukuruzovic), Itten (86. Buess), Ben Khalifa (46. Kutesa).

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