95. Minute: Andy Gogia macht den Alain Nef / 275. Zürcher Derby in der Züri Live-Analyse

Assan Ceesay lief als einzige Spitze auf und entschied auch quasi im Alleingang das 275. Zürcher Derby. Es war ansonsten der bisher schlechteste Auftritt des FCZ in dieser Saison. Aber das Team wurde für die Devise, keine unnötigen Risiken einzugehen (selbst in Überzahl nicht), am Ende erneut belohnt – weil man die entscheidenden Fehler des Gegners konsequent auszunutzen wusste. Zu Beginn verbarrikadierte man sich und versuchte vor allem den Ball vom eigenen Tor fernzuhalten, und als man dann das Spieldiktat übernahm, trug man zum Ball so sehr Sorge, dass kaum gute Tormöglichkeiten resultierten. Ganze drei Steilpässe spielte der FCZ in dieser Partie – dafür gab es viele Hereingaben von der Seite. Mit drei Gegentreffern in vier Partien ist man nach vier Runden das defensiv beste Team der Liga.

Fehlende Dynamik aufgrund von taktischen und personellen Änderungen

Der rekonvaleszente Blaz Kramer wurde durch den Mittelfeldspieler Moritz Leitner ersetzt, der mit Ousmane Doumbia die Doppel-Sechs bildete, wovor sich Marchesano und Krasniqi in einem nach vorne verbreiternden Trapez im Halbfeld auf den beiden 10er-Positionen postierten. Gegner GC spielte mit dem genau gleichen Spielsystem. Durch die Mitte war so in der Regel auf beide Seiten kein Durchkommen. GC versuchte speziell in der Anfangsphase, als die Mannen von Giorgio Contini deutlich mehr Ballbesitz als der FCZ hatten, durchaus erfolgreich mit Seitenwechseln von rechts nach links hinter die Abwehr zu kommen. Der FCZ mit Omeragic / Rohner war auf dieser Seite defensiv nicht immer sattelfest. Trotzdem: die vier Zentrumsspieler beim FCZ waren einer zu viel. Die grosse Dichte an Akteuren in diesem Raum führte zu Unterforderung und fehlender Dynamik: man stand sich gegenseitig auf den Füssen rum. Die Konfiguration machte jeden Einzelspieler schlechter – auch Doumbia und Marchesano, die normalerweise eine „Bank“ sind. Leitner nahm speziell Krasniqi quasi aus dem Spiel – und umgekehrt. Schon im Cup in Solothurn deutete sich an, dass sich diese zwei auf dem Platz nicht gut verstehen – zu ähnlich ist ihre Spielweise. Das pure Gegenteil davon sind schon seit Jahren Antonio Marchesano und Assan Ceesay. Das ungleiche Paar hat sich schon kurz nach dem Transfer des Gambiers nach Zürich fussballerisch gefunden und gegen GC setzten Marchay / Ceesesano in Sachen „blindes“ gegenseitiges Verständnis noch einen drauf – nicht nur beim 1:1-Ausgleichstreffer, sondern unter anderem auch bei der durch GC-Keeper Moreira glücklich und gleichzeitig mirakulös abgewehrten Topchance Marchesanos nach erneuter Vorarbeit Ceesays über die Seite in der 37. Minute.

Grosse Frage: wer stürmt neben Ceesay?

Assan Ceesay gelang erneut eine formidable Leistung und war auch an der Gelb-Roten Karte gegen Amir Abrashi innerhalb minutenfrist kurz nach der Pause entscheidend beteiligt (Ballgewinn zusammen mit Doumbia vor der ersten Gelben Karte und gefoulter Spieler bei der zweiten). Gegen Lugano und Lausanne hatte der FCZ jeweils mit zwei Sechsern und einem Zehner, gegen Luzern mit einem Sechser und zwei Zehnern gespielt – in allen drei Fällen mit einem Dreieck. Mit vier zentralen Spielern fehlte nun im Derby während einer Stunde ein zweiter Stürmer neben Ceesay. Der danach eingewechselte Pollero ist dafür allerdings zur Zeit nicht die ideale Besetzung, da er ausserhalb des Strafraumes zu viele Bälle verliert. Positiv wirkte sich aber der taktische Effekt der Einwechslung Polleros aus, die Umstellung auf ein System mit zwei Stürmern. Angesichts der verletzten / im Aufbau befindlichen Tosin und Koide, wären Gnonto, Gogia und Rohner Optionen für die zweite Sturmposition. Akaki „Andy“ Gogia beging im Gegensatz zu seinem ersten Teileinsatz in Luzern diesmal praktisch keine Fehler und trug im Gegenteil sowohl offensiv wie auch defensiv viel Entscheidendes dazu bei, dass am Ende die Partie noch auf die Seite des FCZ kippte.

Yanick Brechers schlechte Angewohnheit

Yanick Brecher wehrte den Ball beim Herc-Eckball zum frühen 0:1 für die Grasshoppers ungenügend ab, wurde gleich im Anschluss daran aber auch von Arigoni gefoult und konnte beim Rebound von Margreitter nicht mehr richtig eingreifen. Die Hoppers-Führung war daher irregulär. Der einzige grobe Schnitzer des Zürcher Schlussmannes blieb dies aber nicht. In der 37. Minute trat bei einem von Kryeziu seitlich abgefälschten Pusic-Schuss seine für einen Torhüter sehr schlechte Angewohnheit zutage, bei einem Richtungswechsel sich um die eigene Achse und dem Ball den Rücken zuzudrehen. Glücklicherweise schoss Herc unplatziert auf die Mitte des Tores und Brecher kam so noch rechtzeitig an den Ball.

Szene des Spiels – 95. Minute, Andy Gogia macht den Alain Nef

Über die 93. Minute gibt es unterschiedliche Wahrnehmungen. Ein Befreiungsschlag von Bruno Berner fliegt in grosser Höhe über die Seitenlinie. Für die Einen hat Alain Nef den Einwurf deutlich zu weit vorne ausgeführt, Andere meinen, Berners Befreiungsschlag sei ziemlich genau dort über die Seitenlinie geflogen, wo er danach auch eingeworfen wurde. In Bezug auf die 95. Minute im 275. Zürcher Derby kann es hingegen keine zwei Meinungen geben: nach dem Befreiungsschlag von Djibril Diani aus dem GC-Strafraum wirft Andy Gogia den anschliessenden Einwurf rund 15 Meter zu weit vorne ein – auf Strafraumhöhe, anstatt irgendwo im mittleren Bereich zwischen Strafraumgrenze und Mittellinie. Daraus entsteht der 2:1-Siegtreffer von Assan Ceesay. Florian Stahel heisst diesmal Wilfried Gnonto, der mit einer tollen Aktion und letztem Einsatz im Strafraum den Ball vor dem anstürmenden Momoh noch präzis Richtung Ceesay spitzelt.

In der 94. Minute holt sich Gogia den Ball an einem ganz anderen Ort, als er von Diani aus dem Spielfeld geschlagen worden war. Eine Minute später führt dieser Einwurf auf Strafraumhöhe zum Siegtor im 275. Derby.

Davor hatte Gnonto bereits den Einwurf Gogias auf den Deutschen zurückgelegt und dieser mit einem hervorragenden Direktpass Becir Omeragic eingesetzt. Dass Omeragic dann aber das Zuspiel auf Gnonto so einfach spielen konnte, und Torschütze Ceesay nicht im Offside stand, war der Naivität des spät zur „Sicherung des 1:1“ eingewechselten Verteidigers Aleksandar Cvetkovic zu verdanken, der somit in diesem Stück die Rolle des Boris Smiljanic einnahm. Andy Gogia hatte wie einst Alain Nef sofort nach dem Befreiungsschlag den nächststehenden Balljungen avisiert und den Ball auf der Höhe dieses Balljungen eingeworfen. Das Schiedsrichterquartett merkte davon nichts, weil es durch die Verletzung des GC-Ungaren Bendegoz Bolla abgelenkt war, dessen Pflege bis zur Ausführung des Einwurfes eine volle Minute in Anspruch nahm. Und dann passierte noch etwas: Ballannahme mit links, sofortige Drehung und Ball mit rechts unwiderstehlich über die Linie geschoben. Ein Tor wie eine Hommage an den eine Woche davor verstorbenen Gerd Müller. Und das von Assan Ceesay, dem viele so etwas nie im Leben zugetraut hätten. Siegtreffer! Im Derby! In der letzten Minute der Nachspielzeit! Was für ein Schlussakkord!

Telegramm

FC Zürich – Grasshopper-Club Zürich 2:1 (1:1)
Tore: 7. Margreitter (Herc) 0:1, 10. Marchesano (Ceesay) 1:1; 90.+5 Ceesay (Gnonto) 2:1.
FCZ – Brecher; Omeragic, Kryeziu, Aliti; Rohner (85. Gnonto), Doumbia, Leitner (62. Pollero), Guerrero; Marchesano, Krasniqi (70. Gogia); Ceesay.
GC – Moreira; Arigoni, Margreitter, Gomes; Bolla, Diani, Abrashi, Hoxha (78. Cvetkovic); Pusic (61. Kawabe), Herc (88. Gjorgjev); Campana (78. Momoh).

Das Breitenreiter-Team im Formcheck (FCZ-Sommer, Teil 3)

Wilfried Gnonto fällt auf durch seinen Kampfgeist und sein Engagement, welches er für seine Farben einsetzt – auf und neben dem Platz. Und nicht nur gegen Kriens, sondern zuvor auch schon gegen Aarau brachte er einen ansprechenden Kopfball aufs gegnerische Tor. Sogar ein für seine Verhältnisse völlig ungewöhnlich präziser und wuchtiger Kopfballtreffer gelang Blaz Kramer nach einer Musterflanke Rodrigo Polleros gegen Xamax. Abgesehen von dieser einen Szene kam vom Uruguayer im ersten Einsatz noch nicht viel. Interessant war sein toller Assist auch deshalb, weil er in der Challenge League bei gerade mal sechs Assists und gleichzeitig 26 Toren in 60 Partien eindeutig als Finisher aufgefallen war – und selbst die paar wenigen Assists waren (fast) alles keine Flanken. Assan Ceesay hatte in seinen ersten Einsätzen Mühe, steigerte sich dann aber parallel mit seinem kongenialen Partner Antonio Marchesano in der letzten Partie gegen Kriens.

Hadern mit Doumbia

Stephan Seilers Auftritte in den Testpartien waren ungenügend und an Nils Reichmuth liefen die Partien fast völlig vorbei, auch wenn gegen Ende der Vorbereitung eine kleine Steigerung ersichtlich war. Bereits gut eingefunden hat sich hingegen Bledian Krasniqi. Im Spiel mit Ball findet der 20-jährige mit seiner Vista praktisch immer die beste Lösung. Vasilije Janjicic steigerte sich im Verlauf der Vorbereitung. Mit dem taktischen Verhalten von Ousmane Doumbia scheint das Zürcher Trainerteam bisher noch mit am meisten zu hadern. Der Ivorer, welcher sich auch auf persönlicher Ebene im Team sehr wohl zu fühlen scheint, überrascht den Gegner immer wieder mit unerwarteten Balleroberungen – aber eben auch die eigenen Mitspieler und Trainer häufig mit unerwarteten Stellungsfehlern. Bis zu einem gewissen Grad sind das zwei Seiten derselben Medaille. An Buschman-Dormond kritisiert Breitenreiter, dass er zu viele «Tricks» versuche. Findet der Kanadier allerdings den Raum zum Kontern vor, wie beim 6:1-Treffer gegen Kriens (Vorbereitung für Ceesay nach einem Eckball der Innerschweizer), kann er seine Schnelligkeit ausspielen.

Energie sparen mit Boranijasevic und Aliti

Der sich in einer schwierigen Karrierephase befindliche Mirlind Kryeziu könnte aufgrund seiner Physis zu den Gewinnern unter dem neuen Trainer gehören, obwohl ihm gegen Xamax ein entscheidender Fehler unterlief, als er kurz nach der Pause den Ball vor dem eigenen Strafraum gegen Veloso verlor, was das frühe und wegweisende 2:1 für die Gäste bewirkte. Bei einer Dreierabwehr wechselte sich im Verlauf der Vorbereitung Kryeziu in der zentralen Position mit Hornschuh und Kamberi ab. Lindrit Kamberi konnte weitgehend an die positiven Eindrücke von Ende letzter Saison anknüpfen, Silvan Wallner hingegen vorwiegend an die negativen. Fidan Aliti spielte genau Fifty-Fifty als Linksverteidiger oder links in der Dreierkette – aber nie als linker Aussenläufer. Er und Neuverpflichtung Nikola Boranijasevic schienen teilweise etwas mit angezogener Handbremse in den Tests aufzutreten – als sparten sie ihre Energie für den richtigen Saisonstart auf. Willie Britto war bezüglich Positionierung teilweise das Pendant zu Aliti auf der rechten Seite – allerdings wurde er auch als Aussenläufer eingesetzt und hat gleichzeitig nicht die gleichen Einsatzchancen wie der Kosovarische Nationalspieler.

Reifen mit Frei

Adrian Guerrero ist ein Mann auf der linken Seite mit gutem Spiel- und Raumverständnis und schlägt zudem gute Standards mit dem linken Fuss – er kann aber aufgrund seiner Konstitution von Gegner auch ziemlich einfach zur Seite gedrückt werden. Dies passiert Filip Frei mittlerweile deutlich weniger als früher. Der letztjährige U20-Nationalspieler hat einen Schritt nach vorne gemacht und sich in den Vorbereitungsspielen erfolgreich von seiner besten Seite gezeigt. Sein enorm fehlerbehaftetes Spiel von früher hat er abgestellt und spielt nun sehr verlässlich, trotz gleichzeitig weiter verbesserter Dynamik. Frei wird von Breitenreiter als Alternative auf allen erdenklichen Aussenpositionen auf beiden Seiten eingesetzt, zusätzlich zur Dreierabwehr – und ist damit zur Zeit der grösste Allrounder im Team.

Aushelfen mit Hornschuh

Marc Hornschuh wurde als wichtige Kaderergänzung geholt, der auf den zentralen Defensivpositionen als verlässliche Option bereitstehen soll, wenn es ihn braucht – wohl vor allem in der Dreierabwehr, denn seine Auftritte im Mittelfeld waren jeweils wenig erbaulich. Becir Omeragic wurde am letzten Spieltag der Vorbereitung genauso wie Buschman zwei Mal als Einwechselspieler eingesetzt. Während dies bei Buschman durchaus ein Zeichen seiner aktuellen Position in der sportlichen Mannschaftshierarchie darstellte, war es bei Omeragic bedingt durch seine vorherige Ferienabwesenheit aufgrund der EM-Endrunde. Ihn schon auf das Lugano-Spiel hinzubekommen, wäre wohl zu knapp und auch etwas riskant.

Fremdgehen mit De Nitti

Bei den Torhütern feierte der von der U18 hochgezogene Gianni De Nitti seine ersten Teileinsätze im Fanionteam (einen davon im Tor des SC Kriens gegen den FCZ). Zivko Kostadinovic agierte in seiner Kernkompetenz als «Torhüter» gewohnt solide. Trainer Breitenreiter war mit seinen Entscheidungen bei den Abstössen aber nicht immer zufrieden. Yanick Brecher hatte wieder zwei, drei Unkonzentriertheiten bei Gegentreffern dabei und schrie sich in der Endphase gegen Xamax, als nichts mehr ging, vergeblich die Lunge aus dem Leib.

6:1 gegen Kriens, 1:4 gegen Xamax – wo liegt die Wahrheit? (FCZ-Sommer, Teil 1)

Totale taktische Variabilität unter Breitenreiter (FCZ-Sommer, Teil 2)

FCZ Kaderplanung 21/22, Teil 2 – das Abwehrzentrum

Fragezeichen in der Innenverteidigung

Die Qualität der Super League-Torhüter hat in den letzten Jahren abgenommen, und unter den Nummer 1-Torhütern ist Yanick Brecher (28) zwischen durchschnittlich und leicht unterdurchschnittlich einzuordnen. Zivko Kostadinovic (29) ist eine gute Nummer Zwei. Gianni De Nitti (18) ist noch weit vom Level eines Super League-Torhüters entfernt, macht aber als Nummer 3-Torhüter sicherlich mehr Sinn, als Novem Baumann. Wechsel auf den zwei ersten Goalie-Positionen sind diesen Sommer nicht zu erwarten. Interessant in der Schweiz wären für den FCZ ansonsten der beim FC Sion wieder ins zweite Glied gerückte U21-Nationaltorhüter Timothy Fayulu (21), welcher in der abgelaufenen Saison phasenweise der beste Torhüter der Liga war. Ausserdem bringt Lugano’s Nummer Drei Lucio Soldini (20) viel Talent mit und erinnert mit seiner Beweglichkeit und Stilsicherheit an den jungen Yann Sommer.

In der Innenverteidigung hängt viel davon ab, was mit Lasse Sobiech (30) und Becir Omeragic (19) diesen Sommer passiert. Omeragic hat sich nicht ganz so entwickelt wie erhofft, könnte auf dem Transfermarkt aber trotzdem begehrt sein. Bei Sobiech gibt es bezüglich seiner Zukunft gleich mehrere Fragezeichen. Der FCZ würde ihn wohl ziemlich sicher gerne behalten – aber was will der 1. FC Köln, was will Sobiech selbst und kann sich ihn der FC Zürich überhaupt leisten? Und wie lange steht er nächste Saison in gesundem Zustand überhaupt zur Verfügung? Nathan Pelae (26) war in der abgelaufenen Saison ganz lange eine „Lebensversicherung“ und in manchen Partien entscheidend als Einziger oder fast Einziger, der richtig dagegenhalten und den Druck der Gegner lindern konnte. Lindrit Kamberi (21) hat sich mit seinen Auftritten Ende Saison im FCZ-Dress, die viel fokussierter waren als zuvor beim FC Winterthur, eine Chance als Innenverteidiger Nummer Drei oder Vier verdient. Mindestens einen Innenverteidiger von aussen muss man diesen Sommer, nicht zuletzt aufgrund der unklaren Situation bei Omeragic und Sobiech, sicherlich verpflichten.

Yannick Schmid und Akos Kecskés bieten sich an

In Bezug auf Spieler aus den Schweizer Ligen wäre aus Züri Live-Sicht Yannick Schmid (26) von Absteiger Vaduz der heisseste Kandidat – ein spielerisch / technisch starker Innenverteidiger, relativ schnell und mit hervorragendem Timing beim Offensiv-Kopfball. Für seine Grösse von 1,86m ist er etwas leichtgewichtig und daher in den Zweikämpfen am Boden und in der Luft nicht so durchsetzungsfähig wie Kollegen mit mehr Wasserverdrängung. Zu einem Nathan oder Sobiech wäre Schmid die ideale Ergänzung und als Trio in einer Dreierkette könnten sie (zusammen mit Marchesano) bei Standards offensiv für viel Gefahr sorgen. Teamkollege Joël Schmied (22) ist für die Bedürfnisse des FCZ hingegen technisch, läuferisch und bezüglich Beweglichkeit etwas stark limitiert. Einer der besten und vor allem meistunterschätzten Super League-Innenverteidiger der abgelaufenen Saison war zudem Akos Kecskés (25) von Lugano. Wenn dieser nicht auf dem Platz stand, verlor das Defensivbollwerk der Tessiner einiges seiner Stabilität. Weder Daprelà noch Maric oder Ziegler kamen 20/21 auch nur annähernd an das Level des Ungarn heran.

Innenverteidigung ist eine seit vielen Jahren in der Challenge League eher schwach besetzte Position und Super League-taugliche Spieler zu finden deshalb in diesem Bereich am schwierigsten. Der von Servette zu Chiasso ausgeliehene Mathis Magnin (19) fiel noch am ehesten mit seiner Reife und Vielseitigkeit auf – dazu muss sicherlich auch der 1,98m grosse Nikki Havenaar (26) von Thun trotz seiner technischen Defizite ein Kandidat für die Super League sein. Leon Bergsma (Aarau) hingegen ist selbst für Challenge League-Verhältnisse defensiv alles andere als ein Bollwerk sowie für die schwache Aarauer Defensive wesentlich mitverantwortlich – und Toti Gomes (GC) spielt etwas zu flatterhaft.

FCZ Kaderplanung 21/22, Teil 1 – Trainer und Spielidee

cof

Berner Mutzen gewinnen im Letzigrund selbst im Halbschlaf / FCZ – YB 1:2 in der Züri Live-Analyse

Spiel, Gegner und Taktik

YB’s Auftritt in Zürich kurz nach der vorzeitigen Erringung des Meistertitels ist eine der schlechtesten Berner Leistungen der letzten Jahre. Die übliche Konsequenz in den Zweikämpfen und dem Spiel nach vorne geht den Gelb-Schwarzen komplett ab. Lefort, Rieder, Lauper oder Elia stehen gar neben den Schuhen. Trotzdem schafft es der FCZ selbst gegen dieses vergleichsweise harmlose YB nicht auch nur einen Punkt zu ergattern. Von der ersten Saisonpartie im Wankdorf, als man die durch die kurze Sommerpause müden Berner richtig hatte fordern können, ist mittlerweile wieder weit weg. Und zum zweiten Mal nach 2019 können die Gelb-Schwarzen ihren Titel trotz „Hangover“ mit einem Sieg im Letzigrund feiern.

Zu Beginn spielt das Team von Trainer Seoane noch einigermassen ordentlich. Die Flügel der Gäste stehen eng, die Stürmer Nsamé und Mambimbi lassen sich abwechselnd zurückfallen und man sucht gegen einen in einem 4-1-4-1 auftretenden FCZ gegen den einzigen Sechser Doumbia die Lücken zwischen den Linien. Der FCZ versucht, durch Hohes Pressing Druck zu machen, welches YB mit Hohen Bällen überspielt, auch weil die Zürcher wie vor dem 0:1 durch ein Eigentor Hekuran Kryezius in der Person von Benjamin Kololli wie so häufig zu wenig konsequent den Ballführenden attackieren. Nach dem Hohen Ball in den Mittelkreis sieht dann das Duo Doumbia / Domgjoni im Duell mit Felix Mambimbi „alt“ aus.

Beim 0:2 ist es dann YB, welches ein Hohes Pressing ansetzt. Und da Christian Fassnacht seine Pressingaufgabe um Welten ernster nimmt, als auf der anderen Seite Kololli, führt dies zu einem in Bedrängnis überhastet gespielten Rückpass Domgjonis, von welchem YB-Eigengewächs Mambimbi profitiert. Bezeichnenderweise kommt der FCZ zum Anschlusstreffer in einer Szene, in welcher er sich zurückzieht – und dann von einem Fehlpass Sandro Laupers an der Mittellinie profitiert, um gegen weit aufgerückte Berner erfolgreich zu kontern. Der zuletzt aufsteigende Tendenz zeigende Kramer vollendet mit einem Lupfer.

Beim FCZ gefällt zu Spielbeginn speziell die agile und präsente Rechte Seite mit Rohner und Tosin. Danach ist der Auftritt speziell des Nigerianers aber wieder ein stetiges Auf und Ab. Der Letzigrund-Club kommt in den Startminuten besser in die Partie, als die Gäste aus der Bundesstadt. Das Defensivzentrum inklusive Torhüter Brecher erwischt hingegen einen schlechten Tag. Blerim Dzemaili ist weiterhin der Spieler mit den klar meisten schlechten Aktionen. Mit zunehmender Spieldauer in der Zweiten Halbzeit kommt der FCZ gegen immer stärker nachlassende Berner zu vielen Angriffen, Flanken und Abschlüssen, ohne aber etwas Zählbares dabei zu ergattern. Speziell die Einwechslung von Antonio Marchesano bringt dem FCZ ab der 61. Minute nochmals etwas Drive. Der ebenfalls eingewechselte Becir Omeragic sorgt mit zwei sehr guten Hereingaben auf Tosin (wobei dieser die erste mit einer effektiven Körpertäuschung für Dzemaili passieren lässt) für die zwei besten FCZ-Chancen zum Ausgleich.

Telegramm

FC Zürich – Young Boys 1:2 (1:2)
Tore: 8. H. Kryeziu (Eigentor, Elia) 0:1, 23. Mambimbi 0:2, 29. Kramer (Dzemaili) 1:2.
FCZ – Brecher; Rohner (71. Omeragic), H. Kryeziu, Nathan, Aliti (84. Gnonto); Doumbia (84. Seiler); Tosin, Domgjoni (61. Marchesano), Dzemaili, Kololli; Kramer (71. Ceesay).
BSC Young Boys – Von Ballmoos; Maceiras (81. Hefti), Camara, Lauper, Lefort; Elia, Martins, Rieder (75. Aebischer), Fassnacht (75. Maier); Nsamé (67. Siebatcheu), Mambimbi (67. Moumi).


Dank „gestohlenen“ Punkten noch im Rennen / was die Saisonstatistiken von FCZ und Sion für das Abstiegskampfduell bedeuten

Vor dem Abstiegskampfduell im Wallis werden Erinnerungen wach an den 2:1-Auswärtssieg bei einem anderen Westschweizer Klub, Xamax, im Mai vor zwei Jahren. Diesmal kommt es bereits früher zu diesem wichtigen Direktduell – aber ganz ohne die damals zahlreich mitgereisten FCZ-Fans (nicht nur im Gästesektor, sondern auch auf Haupt- und Gegentribüne). Und diesmal geht es nicht bloss um das Verhindern der Barrage (GC war bereits abgeschlagen Letzter), sondern um die ziemlich wahrscheinliche Abwendung des Direktabstieges im Falle eines Auswärtssieges im Tourbillon. Bei einer Niederlage wäre hingegen der Vorsprung auf den letzten Platz nur noch fünf Punkte – und Sion, das mit Sicherheit noch lange nicht aufgegeben hat, würde neue Hoffnung schöpfen.

Was den Kampf gegen den Barrageplatz betrifft, muss man aus Sicht des FCZ aufgrund der Entwicklungen der letzten Wochen eher hoffen als befürchten, bis zum Heimspiel gegen Vaduz am letzten Spieltag am 21. Mai immer noch darin involviert zu sein und alles in den eigenen Füssen zu haben. Angesichts der positiven Formkurven von Luzern und vor allem Vaduz könnte hier tendenziell das keinesfalls schwache St. Gallen zum härtesten Konkurrenten des Letzigrundteams werden. Historisch hat der FCZ eine klar positive Bilanz gegen den FC Sion – selbst im Cup! Wohl nur gegen YB und St. Gallen hat man noch mehr Spiele gewonnen. Die Bilanz seit dem letzten FCZ-Meistertitel 2009 ist hingegen sehr ausgeglichen. Normalerweise wechseln sich Siege und Niederlagen ab. Aktuell ist man hingegen in der dritten „Unentschieden-Phase“ nach 09/10 und 16/17/18 mit zuletzt vier davon in fünf Duellen.

Der aus dem FCZ stammende Anto Grgic ist nicht nur der Sion-Spieler mit den meisten Spielminuten, sondern auch Sinnbild für die aktuellen Auftritte der Walliser. Grgic ist sowohl für die besten wie auch die schlechtesten Aktionen seines Teams verantwortlich: unkonstant im Verlauf einer Saison und auch einer Partie – viele Ballverluste, Unkonzentriertheiten und fehlendes Umschalten. Als einer der besten Standardschützen der Liga sorgt er gleichzeitig für Gefahr. Auch zuletzt bei den letztlich in den Schlussphasen mit 0:3 verlorenen Partien gegen YB und Vaduz. Aber das Aluminium oder der gegnerische Torhüter verhinderte jeweils eine Walliser Führung. Die Walliser haben eine gute Physis und viele Spieler mit technischen Qualitäten. Was zur Zeit fehlt, ist „das gewisse Etwas“, wobei dieses gewisse Etwas herausragende fussballerische Einzelleistungen sein könnten, oder auch ein Spieler mit überragenden mentalen Stärken: grundsätzlich nicht viel anders wie beim FCZ. Bei der letzten Direktbegegnung im Letzigrund sorgte der zuletzt angeschlagen gewesene Luca Clemenza für eine spezielle Aktion beim Führungstreffer der Rot-Weissen bereits in der 12. Minute. Möglich, dass der Italiener für die Partie gegen den FCZ wieder ins Team zurückkehrt.

Beim FCZ muss bedenklich stimmen, dass man gegen ein müde wirkendes St.Gallen und ein noch matteres Servette keine besseren Resultate erzielen vermochte. Etwas Hoffnung gibt die sich von Woche zu Woche verbessernde Kadersituation. Ein wichtiger Faktor könnte sein, dass die lange angeschlagen gewesenen Marchesano, Kololli, Tosin oder Dzemaili auf Ende April / Anfang Mai hin nun besser in die Gänge kommen. Mit Henri Koide ist eine Alternative für die zuletzt wenig produktive Vordermannschaft vorzeitig aus Wil zurückgekehrt. Und gegen Sion sollten Rohner, Nathan und Doumbia wieder mit von der Partie sein.

Im Saisonverlauf ist ersichtlich, dass mit der Übernahme von Massimo Rizzo als FCZ-Trainer die Anzahl Gegentore bis zur Winterpause drastisch reduziert werden konnten – in einer ersten Phase bis zum 4:0-Heimsieg gegen Lausanne-Sport sogar mit einer gleichzeitig leichten Steigerung der eigenen Torproduktion. Man verwendete viel mehr Energie für die Defensivarbeit als unter Magnin und verteidigte konsequent. Weil man defensiv besser stand (unter anderem auch dank den Neuverpflichtungen Aliti und Doumbia) und Bälle eroberte, wuchs auch das Selbstvertrauen im Spiel nach vorne. Die Gegner mussten sich in dieser Zeit erst an die neue Spielweise des FCZ adaptieren und konnten die Anzahl schneller FCZ-Konterangriffe durch die Mitte und Ballverluste in der eigenen Platzhälfte erst mit der Zeit reduzieren. Ab Dezember schien es dann bei mehreren wichtigen FCZ-Spielern an Energie zu fehlen.

Nach der Winterpause versuchte der FCZ offener zu spielen und einen grösseren Teil des Energiehaushaltes für das Spiel mit Ball aufzuwenden. Man ging mehr Risiken ein mit einer höher stehenden Verteidigungslinie. Sowohl die Anzahl erzielter Tore wie auch der Gegentore ging damit rauf. Das Problem war, dass ab der 1:4-Heimniederlage gegen YB im Trend die Gegentore die selbst erzielten Tore übertrumpften und hoch blieben, während in der Folge die erzielten Tore wieder sanken. Man war wieder am gleichen Punkt angelangt wie unter Ludo Magnin. Ohne defensive Stabilität zu wenig Balleroberungen, keine Sicherheit, kein strukturiertes Spiel – und man baut so die Gegner auf, die sich dann teilweise in einen Rausch spielen können.

Nur auf der Basis einer stabilen Defensive kann mit der Zeit (und es braucht dafür Geduld!) auch eine attraktive Offensive gedeihen. Lucien Favres Meisterteams waren bekannt für ein offensiv attraktives Spiel – sie holten die Titel in erster Linie aber dank der besten Verteidigungs- und Balleroberungsarbeit als Team. Der FCZ hat den internen und externen Rufen nach mehr Offensive nach der Winterpause zu stark nachgegeben. Den umgekehrten Weg ist Vaduz gegangen – sie haben ihr bereits schon zuvor defensives System nach der Winterpause noch stärker defensiv ausgerichtet mit der Zurücknahme eines weiteren Stürmers ins Mittelfeld: von einem 5-3-2 in ein 5-4-1. Und damit haben sie ihre Erfolgsserie gestartet. Um die richtige Balance zwischen Defensive und Offensive zu finden, ist es entscheidend, die eigenen Qualitäten nicht zu überschätzen. Die Vaduzer Innenverteidiger wirken nur deshalb so stabil, weil vor ihnen die Mittelfeldspieler und der einzige Stürmer enorm viel Laufarbeit verrichten. Beim FCZ müsste dementsprechend der Ausfall von Lasse Sobiech durch kompaktere Defensivarbeit des ganzen Teams kompensiert werden.

Während der FCZ ungefähr von der fünften bis zur 18. Runde bei gleitendem Durchschnitt eine positive Tore- vs. Gegentore-Bilanz aufzuweisen hatte, konnte der FC Sion die ganze Saison hindurch nie von einer solchen Phase profitieren. Zwischen der siebten und der 14. Runde war die Bilanz sogar stark negativ und seit der 21. Runde (kurz nach dem Ausscheiden aus dem Cup in Aarau) ging die Negativschere vor allem wegen sinkender eigener Torproduktion erneut auf – ähnlich wie beim FCZ. Davor hatte der neu dazugestossene Brasilianer Wesley (zur Zeit wieder verletzt) für eine gewisse Zeit für etwas frischen Wind gesorgt und Anto Grgic gelangen beim 3:2-Heimsieg gegen St. Gallen gleich alle drei Treffer.

Dabei könnte die Situation für Sion noch weit ungemütlicher sein. Wären die Spiele der Walliser den Torchancen (Expected Goals) entsprechend ausgegangen, hätte Sion zwar vier Tore mehr erzielt, aber auch neun Tore mehr kassiert. Und da Sion mehrmals trotz gleich guter oder gar schlechterer Torchancen die vollen drei Punkte „gestohlen“ hat, hätte es nach Erwarteten Toren unter dem Strich volle zehn Punkte weniger auf dem Konto und würde bereits jetzt als direkter Absteiger so gut wie feststehen. Vom 17. Dezember bis zum 23. Januar hatte Sion seine resultatmässig beste Phase der Saison mit zwei Siegen und drei Unentschieden (neun Punkte) gegen Servette, Vaduz, FCZ, Lugano und Lausanne – aussergewöhnlich daran ist: an den Torchancen gemessen hätten die Walliser statt neun nur einen Punkt holen dürfen! Mit ziemlicher Sicherheit wäre dann der Trainerwechsel im Tourbillon ebenfalls früher gekommen. In Bezug darauf, was die Mannschaft kreiert und zugelassen hat, war es eigentlich nicht die beste, sondern die schlechteste Phase der Saison.

Der FCZ hat unter dem Strich in dieser Saison bisher drei Punkte „gestohlen“ und würde ohne diese heute also auf dem Barrageplatz stehen. Die „gestohlenen Punkte“ hat man nach der Winterpause geholt, denn zu Weihnachten hatte der FCZ noch zwei Punkte „zu wenig“ auf dem Konto. Dies zeigt, dass der Leistungsabfall im neuen Jahr eigentlich noch stärker war, als es die Punktebilanz an und für sich bereits aussagt.

Eine der beliebtesten Erklärungen vieler Trainer und Spieler weltweit für Misserfolg ist: „wir haben unsere Chancen nicht genutzt“. Dahinter steht die Message: „eigentlich sind wir schon gut, es fehlt uns einzig das Glück im Abschluss“. Die Erklärung wird so häufig benutzt, dass sie in der Mehrheit der Fälle unmöglich stimmen kann. Bei kaum einem anderen Thema ist die Wahrnehmung von Direktbeteiligten (und auch Fans) im Fussball so subjektiv wie bei den Torchancen. Die eigenen Torchancen wirken in der Erinnerung grösser und zahlreicher, als sie tatsächlich waren – und die nicht genutzten Einschussmöglichkeiten des Gegners werden wahlweise verdrängt oder ignoriert. Ergab sich daraus (mit viel Mazel) kein Gegentor, dann war alles okay: „wir hatten das Spiel im Griff“.

Der FCZ kann sich über die ganze Saison hinweg bisher nicht über „fehlende Effizienz“ beklagen. Speziell in der Rückrunde bis zum 1:1 gegen Lausanne-Sport war man effizient im Abschluss. Rechnet man Spiel für Spiel, dann hätte man gemäss „Expected Goals“-Statistik gerade mal ein Tor mehr erzielen müssen, als man es tatsächlich getan hat. In der aktuellen Saisonphase erzielt man wenig Tore, weil man sich wenig Torchancen erarbeitet – nicht aufgrund der Effizienz. Die Walliser hingegen hatten bei ihrem resultatmässig schlechten Saisonstart mit fünf sieglosen Spielen stark mit fehlender Effizienz zu kämpfen – und auch in der Rückrunde eine ineffiziente Phase. Aktuell nimmt ihre Abschlusseffizienz aber wieder zu.

Auch die Abschlusseffizienz der jeweiligen Gegner spielt eine Rolle. Diese kann jeweils auch als eine aussagekräftige Torhüterstatistik betrachtet werden. Denn wenn in der Summe die gegnerischen Stürmer mehr Tore erzielen, als die Torchancen dies voraussagen würden, dann liegt dies vor allem an schlechten Leistungen des eigenen Torhüters. Dies war beim FCZ zu Beginn der Saison der Fall. Die hohe gegnerische Effizienz (beziehungsweise tendenziell schlechte Leistungen Yanick Brechers zu Saisonbeginn) trugen also ihren Teil zum Trainerwechsel von Magnin zu Rizzo bei. Zum Ende der Vorrunde hin wurde Rizzo’s Team hingegen durch statistisch gute Torhüterleistungen mitgetragen. Mittlerweile sind diese wieder durchschnittlich geworden. Beim FC Sion startete Kevin Fickentscher zu Saisonbeginn gut, dann flachten seine Leistungen auf ein durchschnittliches Level ab. Darauf kam es zum Torhüterwechsel zu Timothy Fayulu, welcher den gleichen Prozess (zuerst immer bessere Leistungen, dann wieder ein Abflachen der Leistungskurve) durchlief, worauf erneut Fickentscher ins Gehäuse gestellt wurde. Dessen Auftritte haben in seiner zweiten Phase nun aber eine leicht negative Tendenz. Es ist zu keinem zweiten Höhenflug gekommen. Eine schlechte Bilanz hatten beide Torhüter aber nie. Sie gehören insgesamt zu den Stützen des Teams. Sowohl Sion wie auch der FCZ haben also eines Gemeinsam: die Entwicklung in dieser Saison ist eigentlich noch schlimmer, als es die aktuelle Tabelle aussagt. Beide Equipen brauchen einen grossen Ruck, der durch die Mannschaft geht, um das Steuer wieder herumzureissen.

Luzerner Kreisel spielt FCZ schwindlig / FCZ – Luzern 1:2 in der Züri Live-Analyse

Spiel, Gegner und Taktik

Luzern geht im Letzigrund so schnell wie noch nie in der Klubgeschichte der Super League-Ära mit zwei Toren in Front – fünf Minuten und 17 Sekunden. Die Trikots der Innerschweizer sind zwar nicht „königsblau“, sondern eher „vierwaldstätterseeblau“, sie schienen aber trotzdem als Hommage an die Historie eines sich im sportlichen Niedergang befindlichen westfälischen Traditionsvereines den Luzerner Kreisel zu praktizieren und zwar speziell intensiv in der Vorbereitung der beiden Tore auf der linken Angriffsseite ausserhalb des Strafraumes in einem Rechteck von etwa 35 x 15 Metern. Beide Spielzüge, die zu den Toren führten, waren geplant, mit Sorgic und Ugrinic als jeweilige Finisher im Strafraum (das zweite Tor wurde schlussendlich von Schaub erzielt, da Ugrinics Abschluss geblockt wurde). Dazu kam jeweils eine grosse Präsenz im FCZ-Strafraum, auch bei Eckbällen, wo bis zu sieben Luzerner Angreifer gedeckt werden mussten. Beim FCZ waren wie schon in Genf bei gegnerischen Standards Kryeziu, Ceesay, Wallner, Omeragic und Co. mehrmals nicht Herr der Lage, aber diesmal konnte der Gegner nicht davon profitieren.

Vier Luzerner kreiseln auf der linken Seite gegen drei Zürcher in der Vorbereitung des 0:1 durch Dejan Sorgic in der 4. Minute.

Luzern spielt generell gerne über die linke Seite. Gegen den FC Zürich rechnete sich das Team von Fabio Celestini (wie sich zeigte zurecht) gegen das Duo Wallner / Rohner dabei aber speziell viel aus. Die beiden jungen Zürcher kriegten gegen in den Anfangsminuten intensiv „kreiselnde“ Gäste keinen Zugriff. Danach half neben Hekuran Kryeziu auch noch Stürmer Blaz Kramer auf rechts aus, um wieder numerischen Gleichstand gegen meist vier Luzerner herzustellen, womit die Seite etwas stabiler wurde. Vergleicht man den FCZ mit dem ebenfalls im 4-2-3-1 gegen das Luzerner 4-4-2 zu Hause spielende Basel, so fällt ins Auge, dass Jasper Van der Werff deutlich mehr Präsenz und Aggressivität zeigte, als Silvan Wallner. Ausserdem verschob sich die Viererabwehrkette der Basler stärker zur Seite, als die in die Breite gezogenen Zürcher, von Cabral war von Anfang an mehr Unterstützung vorhanden als von Kramer und der FCB spielte generell zu Beginn ein Hohes Pressing und brachte Luzern in der Angriffsauslösung stärker in Bedrängnis. So kam Luzern über die linke Seite, obwohl sie es versuchten, zu Spielbeginn im St. Jakob Park nicht ins „kreiseln“.

„FCZ im Hamsterrad“: Matchkommentare

Zur Pause nahm FCZ-Trainer Massimo Rizzo mehrere starke Retouchen vor. Die Formation wurde auf ein 4-3-3 umgestellt und die Zürcher betrieben während der gesamten Zweiten Halbzeit ein Hohes Pressing, aus welchem nach einem Ballgewinn von Ousmane Doumbia dann auch der Anschlusstreffer Antonio Marchesanos entstand. Mutig und ungewöhnlich, aber aufgrund des Zweitorerückstandes durchaus gerechtfertigt, pressten die beiden Achter Marchesano und Hekuran Kryeziu gegen die beiden Luzerner Innenverteidiger während Mittelstürmer Kramer sich Torhüter Müller vornahm, der Sechser Ousmane Doumbia rückte dabei als „Staubsauger“ dahinter ebenfalls weit auf. Das Mittelfeldtrio verschob sich auch seitlich jeweils stark. Der FCZ wurde so im zweiten Durchgang genauso dominierend, wie Luzern noch in den ersten 45 Minuten gewesen war. Kramer, Khelifi, Gnonto oder Ceesay hatten den aufgrund der Zweiten Halbzeit verdienten Ausgleich noch auf dem Fuss, reüssierten aber nicht.

Personalien

Yanick Brecher (4) – Trägt zum Fehlstart in die Partie seinen Teil bei. Seine Bälle hinten heraus kommen zu Beginn ungenau, was Luzern ausnutzt. Beim 0:2 dreht er sich vor dem Nachschuss Schaubs unnötigerweise um die eigenen Achse.

Silvan Wallner (2) – Einmal eine gute Kopfballverlängerung für Rohner in die Tiefe, aber ansonsten sowohl im Zweikampfverhalten wie auch im Passspiel und selbst bei Einwürfen ungenügend.

Becir Omeragic (3) – Seine Leistungen und Züri Live-Noten bewegen sich im klassischen Zickzack-Kurs – jedes zweite Spiel Note „7“, dazwischen jeweils eine „3“ oder „4“. Agiert in dieser Partie häufig kopflos, hat Ballverluste in gefährlichen Zonen.

Hekuran Kryeziu (6) – Beginnt die Partie als einer der wenigen FCZ-ler gut. Einige wichtige Ballgewinne gegen seinen Stammklub, initiativ im Pressing, spielt vorteilhafte lange Bälle mit Zug. Negativ: verschätzt sich in zwei, drei Situationen.

Ousmane Doumbia (5) – Zu wenig griffig in den Zweikämpfen, kommt im Pressing zu spät, keine „Wand“ im Mittelfeld wie an guten Tagen. Vermeidet eine ungenügende Note mit einer vor allem offensiv starken Schlussviertelstunde.

Fabian Rohner (3) – Nur Blaz Kramer kommt auf Zürcher Seite zu mehr Torchancen, aber insgesamt misslingt „Turbo Fabian“ die Mehrheit seiner Aktionen. Ist zusammen mit Silvan Wallner Teil der rechten Zürcher Seite, die von Luzern als Schwachpunkt ausgemacht und gezielt bespielt sowie mehrmals überspielt wird, fällt vor dem 0:1 die falsche Entscheidung.

Antonio Marchesano (5) – Wirkt lange Zeit mental etwas müde. Kommt mit der Einwechslung von Seiler als Unterstützung im Mittelfeld dann aber deutlich besser in die Partie und erzielt erneut ein Tor.

Wilfried Gnonto (6) – Nach zwei Tiefstnoten hintereinander wieder mal eine genügend bis gute Züri Live-Note. Kommt nach einer Stunde rein, hat seine erste gute Aktion aber erst in der 79. Minute. Dies ist dann aber gleich ein tolles Assist zum 1:2 von Antonio Marchesano und ab da läuft es dem jungen Italiener besser.

Stephan Seiler (10) – Bringt sofort nach seiner Einwechslung mehr Struktur und Spielintelligenz ins Zürcher Aufbauspiel, geht vorne aggressiv ins Forechecking und erobert Bälle. Mit Seiler geht nach dem Kurswechsel zur Pause nochmal ein zweiter Ruck durch die Mannschaft.

Trivia

Der Tscheche Martin Frydek spielt gerne im Letzigrund. So liefert der Linksverteidiger die Vorlage zum 0:1 und gewann damit in der fünften Begegnung mit dem FC Zürich zum dritten Mal mit 2:1 (zwei Mal mit Slovan Liberec, ein Mal mit Luzern), wobei er in allen drei Fällen einen Skorerpunkt beisteuerte.

72. Minute: Nathan holt sich mit grossem Kampfgeist in der gegnerischen Hälfte den Ball zum zweiten Mal hintereinander ohne ein Foul zu begehen von Silvan Sidler zurück. Ref Alain Bieri gibt ungerechtfertigterweise Freistoss und Gelb gegen Nathan. Antonio Marchesano und Wilfried Gnonto können die Entscheidung von Bieri nicht verstehen, Gnonto breitet die Arme aus und sagt vermutlich etwas nicht Astreines. Nathan ärgert sich extrem über Gnonto und staucht diesen zusammen. Bieri, wohl in der Meinung, Nathans Tirade hätte ihm gegolten, zeigt Nathan Gelb-Rot. Nach Protesten der Zürcher und Meinungsäusserungen von Luzern-Goalie Marius Müller sowie Bieris Assistenten nimmt dieser die zweite Gelbe Karte wieder zurück – Nathan darf auf dem Platz bleiben.

In der Schlussphase kam der FC Luzern so stark unter Druck, dass Filip Ugrinic in der Hektik um ein Haar im eigenen Strafraum ein Handspiel unterlief.
„Sterneis hat gesagt, es muss etwas passieren“: Match-Highlights

Telegramm

FC Zürich – Luzern 1:2 (1:1)
Tore: 4. Sorgic (Frydek) 0:1, 6. Schaub (Ugrinic) 0:2; 78. Marchesano (Gnonto) 1:2.
FCZ – Brecher; Wallner (86. Khelifi), Omeragic, Nathan, Aliti; H. Kryeziu (60. Seiler), Doumbia; Rohner (60. Gnonto), Marchesano, Ceesay; Kramer.
Luzern – Müller; Sidler, Knezevic, Burch (65. Lucas), Frydek; Tasar (63. Schürpf), Wehrmann (84. Emini), Ugrinic, Ndiayé (84. Alounga); Schaub, Sorgic.

(Standbilder: Blue)

Fünf Corner – drei Gegentore / Servette – FCZ 3:1 in der Züri Live-Analyse

Spiel, Gegner und Taktik

Dem FCZ reicht es erneut nicht zu einem Sieg in der Westschweiz. Im ganzen Jahr 2020 gelang dem Stadtclub kein Vollerfolg im frankophonen Teil des Landes und diese Serie setzt sich im Jahr 2021 fort. Der Züri Live-Notenschnitt der Mannschaft erreicht dabei mit 4,2 einen neuen Saisontiefpunkt. Unrealistisch war zumindest ein Punktgewinn trotzdem nicht, wenn man selbst in Führung gehen und durch Marchesano, Gnonto oder Rohner weitere Grosschancen erarbeiten kann. Servette ist aus dem Spiel heraus das ineffizienteste Team der Liga und dies zeigt sich auch gegen den FC Zürich, als speziell Grejohn Kyei erneut ein paar Topchancen unverwertet lässt. Hätte der Franzose auch nur eine durchschnittliche Chancenverwertung, wäre er schon jetzt Super League- Torschützenleader. Der FCZ hätte daher in Genf bei erfolgreicherer Verteidigungsarbeit der Standards durchaus einen „gestohlenen“ Auswärtssieg holen können. Drei der ersten fünf Servette-Eckbälle drehten aber das Spiel von 0:1 auf 3:1. Somit hat der FC Zürich in dieser Saison einen Viertel seiner Gegentore nach Cornern des Gegners zugestehen müssen – normal wären etwa 10%.

Der FC Zürich fuhr nach Genf mit einer Mannschaft, mit der von vornherein klar war, dass die Verteidigung von Eckbällen ein grosser Knackpunkt sein wird. Und dies gegen das zweitbeste Team der Liga bei Flanken und Eckbällen. Es fielen nicht nur die „Türme“ Sobiech und Nathan aus, sondern mit Doumbia und Kramer zwei weitere Spieler, die mittlerweile zu den solideren Manndeckern in solchen Situationen gehören. Wallner, Domgjoni, Hekuran Kryeziu und Omeragic sind alles keine guten Manndecker bei gegnerischen Eckbällen. Omeragic und Wallner sind diesbezüglich sicherlich noch in der Lernkurve drin, und ersterer dabei einen Schritt voraus. Im freien Raum können sie gefährliche Situationen meist gut klären, aber die Manndeckung eines gegnerischen Angreifers auf hohem Super League-Niveau, der mit einer präzisen Hereingabe oder Weiterleitung angespielt wird, ist nochmal etwas anderes.

Es verblieb also einzig Fidan Aliti – und Adrian Winter, der seit seinem etwas schwächeren Auftritt in Vaduz nach einem davor eigentlich guten Start nach der Winterpause nur noch zu Kürzesteinsätzen kommt. Winter wäre der wohl bestmögliche Manndecker für Miroslav Stevanovic gewesen – sehr aufmerksam, aufsässig und mit viel Erfahrung / Cleverness. Bei Luzern ist es zum Beispiel Christian Schwegler, der die Manndeckung von Stevanovic übernimmt, bei YB der kopfballstarke Fassnacht, bei Lausanne entweder der erfahrene Norweger Flo oder der England-gestählte Innenverteidigerhüne Jenz. Nur Basel fällt etwas aus der Reihe mit ihren generell etwas eigenwilligen Zuteilungen – Luca Zuffi ist bestimmt erfahren, aber beim Verteidigen von Cornern als Manndecker ähnlich unbeholfen wie zur Zeit Fabian Rohner. Stevanovic ist zwar ein filigraner, fast schon zerbrechlicher Profifussballer, aber in Sachen Stürmerinstinkt, Körperbeherrschung, Timing und Präzision im Abschluss herausragend. Hätte der FCZ für dieses Spiel besser auf Raumdeckung umgestellt, wie sie St. Gallen mit ihrer generell fehlenden „Wasserverdrängung“ praktiziert? Eine Frage, die schwierig zu beantworten ist. Adi Winter in Genf von Anfang an zu bringen, hätte übrigens ebenfalls bedeutet, dass der 0:1-Führungstreffer so nicht gefallen wäre. Denn er hätte wohl an Stelle von Rohner gespielt (auch wenn er durchaus auch die Position von Khelifi hätte übernehmen können).

Aus dem Spiel heraus hat der FCZ im Stade de Genève dem Gegner hingegen keinen Gegentreffer zugestehen müssen. Fidan Aliti von der linken Seite abzuziehen, war trotz dem Ausfall von Nathan für Trainer Massimo Rizzo keine Option – natürlich auch, weil das Genfer Angriffsspiel fast ausschliesslich über diese Seite läuft. Daher stellte Rizzo erstmals in der Startaufstellung auf eine Dreierabwehr mit Hekuran Kryeziu als Unterstützung in der Mitte um. Davor agierte ein Rhombus im Mittelfeld mit einem Stossstürmer vorne dran. Rizzo kopierte somit (nicht als erster Super League-Trainer) die ungewöhnliche, aber erfolgreiche Formation von Mario Frick’s Vaduz seit der Winterpause. Im Unterschied zu Vaduz wird beim FCZ im Spiel gegen den Ball aus dem 3-3-2-1-1 in gewissen Situationen ein 4-4-2 mit dem ballnahen Aussenläufer in der Mittelfeld- und dem ballfernen in der Verteidigungsreihe. Es ist eine einfachere defensive Umsetzung des Systems, was Sinn ergibt, wenn man es noch nicht häufig gespielt hat. Die Raumaufteilung klappte von Anfang an in diesem neuen System grundsätzlich gut. Domgjoni, Khelifi, Schönbächler und Marchesano schienen sich in dieser Formation in ihren Rollen noch besser entfalten zu können, als sonst. Ceesay hingegen hatte als Sturmspitze vorne erwartungsgemäss einen schweren Stand und wurde häufig von gleich drei Genfern gleichzeitig attackiert. Ein Kololli in guter Verfassung würde in so einem Spiel auf dieser Position mehr Sinn machen und die Partie möglicherweise in andere Bahnen lenken.

Personalien

Silvan Wallner (1) – Der Raum, den Wallner beherrscht, tendiert gefühlt gegen Null. Die Gegner kommen zur Zeit an ihm vorbei, als wäre er Luft. Symbolbildträchtig der „Zweikampf“, als sich Wallner wie ein in Panik geratener unerfahrener Bergsteiger am Matterhorn an Grejohn Kyei festklammerte, bevor er an diesem Fels runterfiel. Das Passspiel liess in Genf ebenfalls zu wünschen übrig und die Abstimmung mit Salim Khelifi war nicht ideal.

H. Kryeziu (1) – Eins kann man Hekuran Kryeziu zur Zeit nicht vorwerfen: dass er seine Sache nicht gut machen will. Er stösst und zerrt mehrmals hart an der Grenze des Erlaubten an den Gegenspielern im und ausserhalb des Strafraumes – folgerichtig führt eine dieser Szenen zum Penalty, welcher die Vorentscheidung bringt. In der Vergangenheit hat der Schwyzer auf der zentralen Position in der Dreierabwehr auch schon gute Leistungen gebracht. Die aktuelle Servette-Offensive um Kyei und Stevanovic ist an diesem Tag aber ein etwas zu grosser Challenge für ihn.

Becir Omeragic (7) – Bei seinem Stammklub zieht Omeragic in einer ansonsten nicht sattelfesten Zürcher Hintermannschaft einen guten Tag ein, verteidigt die wenigen langen hohen Bälle in Servettes Spielaufbau tadellos und es gelingen ihm ein paar sehr gute Spieleröffnungen.

Fabian Rohner (5) – Genau wie die ersten zwei ist auch sein dritter Super League-Treffer ein Traumtor. Spielt sich zudem über die rechte Seite im Zusammenspiel mit Khelifi und Domgjoni immer wieder gut durch. Erhält allerdings die Order, bei Eckbällen den gefährlichsten Genfer Miroslav Stevanovic zu decken und ist mit dieser Aufgabe überfordert. Damit steht der Zürcher Aussenläufer nicht nur beim 0:1-Führungstreffer im Mittelpunkt des Geschehens, sondern auch bei den Servette-Treffern zum 1:1 und 2:1. Auch aus dem Spiel heraus steht Rohner in der Rückwärtsbewegung nicht immer richtig, und kann dies nicht in jedem Fall mit seiner Schnelligkeit noch wettmachen.

„Wallner und Omeragic mit wenig Wasserverdrängung“ – Kommentare zum Spiel

Toni Domgjoni (6) – Spielt in der ersten Hälfte beider Halbzeiten stark. Blüht in der Rolle als einziger Sechser hinter zwei Achtern und vor einer Dreierabwehr regelrecht auf, rennt, stopft alle Löcher und fungiert mit seiner guten Technik und Spielverständnis als entscheidende Relaisstation im Aufbauspiel. Eine Rolle, wie auf den Leib geschneidert für Toni. Der Nachteil dabei allerdings: er kann seine Balleroberungen in der gegnerischen Hälfte und Abschlussstärke nicht in die Waagschale werfen. Ausserdem baut er in Genf in beiden Halbzeiten gegen Ende etwas ab.

Fidan Aliti (5) – Hat einen guten Start in die Partie und gegen die offensiv orientierte rechte Genfer Seite mit Sauthier und Stevanovic so viele Top-Offensivaktionen wie bisher noch nie in dieser Saison – dafür aber auch defensiv mehr Probleme. Da dem Kosovarischen Nationalspieler ganz generell mehr Fehler als üblich unterlaufen, liegt es wohl wie schon in der Sion-Analyse vermutet, an einer gewissen „Überspieltheit“. Selbst bei gegnerischen Eckbällen verliert der in solchen Situatione sonst sehr solide Aliti seinen Gegenspieler Sasso mehr als einmal aus den Augen – unter anderem bei dessen Kopfballvorlage auf Stevanovic beim 2:1.

Salim Khelifi (5) – Sehr aktiv von Beginn weg, füllt die Achterposition mit seiner Laufbereitschaft und Spielintelligenz sowohl offensiv wie defensiv mit Leben. Wie schon in den letzten Partien gesehen, kann Khelifi (nur) dann auf Super League-Niveau ein Gewinn sein, wenn er von Anfang überdurchschnittlich Vollgas gibt. Das bedeutet dann aber auch, dass er wie in Genf schon nach wenigen Minuten der Zweiten Halbzeit aus Müdigkeit unkonzentriert und fahrig wird und nach 60 Minuten, manchmal wie in Genf auch schon früher, ausgewechselt werden sollte.

Marco Schönbächler (4) – Gute erste 20 Minuten. Mit seinem Seitenwechsel Vorbereiter des 0:1. Bringt für das in Genf angewandte flexible Spielsystem mit vielen Dreiecken und diagonalen Pass- und Laufwegen mit seinem weit überdurchschnittlichen Raumgefühl und Spielwitz auf der Achterposition gute Voraussetzungen mit. Als der FCZ aber nach der Pause ein Hohes Pressing betreiben will, ist es in erster Linie Schönbächler, wegen dem die Mitspieler vergebens ihre Sprints anziehen, weil er meist nicht mitmacht.

Antonio Marchesano (7) – Ist in letzter Zeit noch aktiver als früher in der Organisation des Pressings geworden und somit der eigentliche „Defensiv-Chef“ beim Stadtclub. Schreit sich auch „die Seele aus dem Leib“, als er nach der Einwechslung von Gnonto auf die Achterposition zurückrückt. Muss dabei aber noch feinfühliger auf die Mitspieler eingehen und auf deren physische und mentale Bereitschaft achten. Als Lokomotive Dampf zu machen ist sehr wertvoll, aber die Wagen dahinter müssen mitziehen und die Kurve kriegen können.

Assan Ceesay (1) – Im Gegensatz zum Sion-Spiel, wo er auf dem Flügel agierte, in Genf auf der Mittelstürmerposition überhaupt nicht zur Geltung gekommen. Auch weil Servette im Vergleich mit den Wallisern ein eher antizipierendes Gegenpressing aufzieht, welches in erster Linie auf den Empfänger des ersten Passes (häufig Ceesay) fokussiert. Schlimmer Fehlpass rückwärts Richtung eigenen Strafraum in der 22. Minute.

Wilfried Gnonto (1) – Obwohl er als Einwechselspieler für die 10er-Position am meisten Kraft haben sollte, macht Gnonto beim Hohen Pressing erneut so gut wie gar nichts. Bleibt stehen, während der seit Matchbeginn viel gelaufene Marchesano von hinten an ihm vorbeirennt, ganz vorne den Gegner stört und sich dann an Gnonto vorbei wieder zurück auf seine Achterposition begibt. Auch diesmal darf der junge Italiener wieder einen Standard schlagen, und auch diesmal wieder schlecht. Auch bei seinen Dribblings bleibt er bis gegen das Ende seines Einsatzes jedes Mal hängen. In der 86. / 87. hat Gnonto dann seine starken zwei Minuten.

Stephan Seiler (7) – Seine starke Körperbeherrschung könnte auf Capoeira-Training des wie Raffael in Fortaleza geborenen Seiler hindeuten. Sofort nach seiner Einwechslung mit einem Ballgewinn in der gegnerischen Hälfte, welche über den hervorragenden leicht abgefälschten flachen Diagonalball von Marchesano zur Grosschance für Gnonto zum möglichen 2:3-Anschlusstreffer (Top-Parade von Servette-Goalie Jérémy Frick) führt. Fällt bei einem Servette-Konter in der 79. Minute eine falsche Entscheidung, als er sich zurückfallen lässt, statt den ballführenden Clichy energisch zu stören.

Telegramm

„Wieder Gnonto! Wieder in Genf!“ – Match-Highlights

Servette – FC Zürich 3:1 (1:1)
Tore: 12. Rohner (Schönbächler) 0:1, 26. Stevanovic (Kyei) 1:1; 62. Stevanovic (Sasso) 2:1, 67. Valls (Foulpenalty, Rouiller) 3:1.
Servette – Frick; Sauthier, Rouiller, Sasso, Clichy; Ondoua (90. Cespedes); Valls (81. Mendy), Cognat; Stevanovic (90. Severin), Kyei (75. Koné), Schalk (75. Imeri).
FCZ – Brecher; Wallner, H. Kryeziu, Omeragic; Rohner (88. Winter), Domgjoni, Aliti; Khelifi (63. Gnonto), Schönbächler (75. Seiler); Marchesano; Ceesay.

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