Tosin und Pollero die produktivsten Torschützen, Ceesays Fehlen zum Start kein Nachteil – Halbzeitanalyse, Teil 7
Im heutigen Halbzeitanalyse-Artikel geht es um das Essentielle im Fussball: Tore, Torbeteiligungen, Abschlüsse und Abschlusseffizienz. YB war auch in dieser Vorrunde die Offensivmacht der Liga und hatte trotz einem grossen Lazarett mit Abstand am meisten Abschlüsse der Liga (37% mehr als der FCZ). Trotzdem erzielten beide Teams gleich viele Tore (43). Daran, dass die YB-Stürmer den Ball zu wenig aufs Tor gebracht hätten, lag es nicht. Der Prozentsatz der Schüsse „on target“ war praktisch identisch mit dem FC Zürich. Und prozentual haben die Berner auch nicht viel mehr aus der Distanz geschossen (YB: 40%, FCZ: 38%).
Auch bei den Aluminiumtreffern lief alles für den FCZ
Der eine Aluminiumtreffer mehr (5 statt 4) macht auch nicht den grossen Unterschied bezüglich erzielten Toren aus. Allerdings sehr wohl bezüglich Punkteverteilung! Der FC Zürich hat wegen seinen vier Aluminiumtreffern nämlich keinen einzigen Punkt verloren (alle Pfosten- und Lattenschüsse gab es entweder bei trotzdem gewonnenen Spielen oder Niederlagen mit mindestens zwei Toren Differenz). YB hat hingegen je einmal durch Aluminiumtreffer in den Spitzenspielen gegen den FCZ und den FCB Punkte verloren. Dem FC Basel hätten sogar sechs der neun Aluminiumtreffer zu mehr Punkten verholfen! Immer natürlich hypothetisch davon ausgehend, es hätte sich sonst am Spiel nichts geändert. Darunter ebenfalls je einmal in Spitzenkämpfen gegen den FCZ und YB. Die beiden Fälle FCB vs. YB und YB vs. FCB heben sich nicht gegenseitig auf, denn mit je einem Sieg an Stelle von zwei Unentschieden hätten beide Mannschaften je einen Punkt mehr.
Pollero mit den meisten Abschlüssen pro 90 Minuten
Kommen wir zu den einzelnen Spielern. Welche hatten die meisten Abschlüsse und Abschlussbeteiligungen? Rodrigo Pollero steht mit 5,36 Abschlüssen pro 90 Minuten in dieser Wertung klar an der Spitze. Zu berücksichtigen ist dabei, dass er in Cupspielen gegen Unterklassige mehr Minuten gespielt hat, als in der Meisterschaft. Allerdings würde er auch ohne den Cup mit seinen acht Liga-Abschlüssen (4,42 pro 90 Minuten) ebenfalls an der Spitze stehen. Auch der vor Weihnachten wieder ins Geschehen eingreifende Tosin liegt mit beinahe vier Abschlüssen pro 90 Minuten noch weit vor dem ersten Feld, welches von Antonio Marchesano und Wilfried Gnonto angeführt wird. Ein Assan Ceesay oder Blaz Kramer kommen auf weniger Abschlüsse pro 90 Minuten. Blerim Dzemaili, Fabian Rohner oder Mirlind Kryeziu kommen im Vergleich mit den Kollegen auf ihren jeweiligen Positionen am meisten zum Abschluss.
Am meisten Zuspiele zu Abschlüssen pro 90 Minuten kommen von Adrian Guerrero und Wilfried Gnonto. Der junge Italiener produziert dabei gleich viele direkte Zuspiele wie Abschlüsse. Im Aufbau der Torchancen vor dem letzten Zuspiel sind die drei Deutschen Moritz Leitner, Marc Hornschuh und „Andy“ Gogia besonders häufig involviert, wenn sie zum Einsatz kommen. Stephan Seiler und Silvan Wallner hingegen haben so wenig gespielt, dass ihre hohen Zahlen auch etwas Zufallscharakter haben. Trotzdem ist es ein Zeichen für das offensive Engagement der beiden Jungen bei ihren Kurzeinsätzen. Insgesamt waren Wilfried Gnonto, Tosin und Andy Gogia an durchschnittlich über acht Abschlüssen pro 90 Minuten beteiligt. Auch in dieser Gesamtstatistik fällt auf, dass Assan Ceesay und Blaz Kramer im Vergleich an relativ wenigen Abschlüssen beteiligt sind. Der stark defensiv ausgerichtete Lindrit Kamberi ist sogar pro 90 Minuten an weniger FCZ-Abschlüssen beteiligt, als Torhüter Yanick Brecher. Ante Coric hat weniger Abschlüsse und Zuspiele pro 90 Minuten als Antonio Marchesano, ist aber insgesamt trotzdem an etwas mehr Abschlüssen beteiligt.
Guerrero und Marchesano bei Abschlussbeteiligungen deutlich vorne
In absoluten Zahlen waren die beiden Compagnons Adrian Guerrero (141) und Antonio Marchesano (140) deutlich am meisten an FCZ-Abschlüssen der Vorrunde beteiligt. Der Vorsprung auf die nächstplatzierten Boranijasevic (93) und Kryeziu (91) beträgt mehr als 50%. Eine typische FCZ-Torchance wird von Kryeziu und Doumbia eingeleitet, Guerrero gibt den entscheidenden Pass oder Flanke und Marchesano schliesst ab. Aussenläufer Adrian Guerrero ist sowohl bei den Abschlüssen wie bei den Zuspielen und in der Vorbereitung dazu unter den Top 3. Der mit den Füssen starke Yanick Brecher war an der Vorbereitung von 38 Abschlüssen beteiligt, davon bei dreien mit dem letzten Pass. In der Schlussphase des Heimspiels gegen den FCB wäre er sogar um ein Haar zum Abschluss gekommen. Er hatte sich bei einem Standard mit idealem Timing zum Kopfball hochgeschraubt, als der Ball gerade noch knapp vor Brecher befreit werden konnte.
Tosin an zweieinhalb Toren pro 90 Minuten beteiligt
Tosin und Pollero haben in der Vorrunde jeweils beinahe ein Tor pro 90 Minuten Einsatzzeit erzielt. In der Super League war es bei letzterem mit seinen beiden Derby-Toren umgerechnet gar mehr als ein Tor pro Volleinsatz. Ceesay, Gnonto, Marchesano und Gogia haben alle mehr als ein Tor pro zwei Volleinsätze erzielt, Verteidiger Kamberi ist nahe dran an dieser Quote. Der beste Assistgeber ist Wilfried Gnonto vor Fabian Rohner, gefolgt von Bledian Krasniqi, Tosin, Ceesay und Pollero. Auffällig, dass in dieser Kategorie ein junges Trio am stärksten ist. Silvan Wallners Einsatzzeit beschränkt sich im Wesentlichen auf eine Halbzeit gegen ein zum damaligen Zeitpunkt inferiores Solothurn (10:0). Die Spitzenposition bei Torbeteiligungen pro 90 Minuten ist dadurch erklärbar. Weit aussagekräftiger, dass Gnonto und Gogia pro Volleinsatz an zwei Toren beteiligt waren, Tosin gar an zweieinhalb! Darauf folgen die beiden besten Zürcher Torschützen Marchesano und Ceesay. Bei den Zentrumsspielern liegen bei Torbeteiligungen Hornschuh und Leitner an der Spitze, bei den Aussenläufern Boranijasevic knapp vor Rohner und bei den Innenverteidigern Kryeziu mit beinahe einer Torbeteiligung pro 90 Minuten! An dieser Stelle muss betont werden, dass jeder beteiligte Spieler pro Tor wirklich nur einmal gezählt wurde, auch wenn er in der Entstehung mehrmals am Ball war oder sein eigenes Tor selbst mit eingeleitet hatte. Tosin war also wirklich an zweieinhalb Toren pro 90 Minuten beteiligt. Unter anderem hatte er wohl den grössten Anteil am Siegtreffer Gnontos im Heimspiel gegen YB.
Fast alle in den letzten zweieinhalb Jahren in der 1. Mannschaft aktiven FCZ-Akteure haben in dieser Vorrunde ihre Torbeteiligungen pro 90 Minuten gesteigert, am stärksten Tosin und im Vergleich mit der letzten Rückrunde auch Marchesano. Einzig Blaz Kramer hat sich im Vergleich zur Rückrunde 20/21 nicht gesteigert. Damals hatte er den gleichen Torbeteiligungsanteil wie Tosin und einen höheren als Ceesay und Marchesano zusammengezählt.
Genauso wie der typische Abschluss insgesamt wurde auch das typische Tor von Adrian Guerrero aufgelegt, mit dem Torschützen Ceesay und Kryeziu, Boranijasevic sowie Doumbia in der Vorbereitung involviert. Insgesamt hatte Antonio Marchesano am meisten Torbeteiligungen, wobei sich der Tessiner als Torschütze am meisten hervorgetan hat. Er war an rund der Hälfte der 56 Zürcher Treffer (inklusive Cup) beteiligt.
Kamberi, Tosin, Ceesay und Gogia mit höchster Abschlusseffizienz
Tosin und Ceesay zeigten eine hohe Abschlusseffizienz und verwerteten je einen Drittel ihrer Abschlüsse. Gogia verwertete 30% seiner Abschlusschancen, Hornschuh, Gnonto und Marchesano einen Viertel. An der einsamen Spitzenposition steht Lindrit Kamberi, der seinen bisher einzigen Abschluss auch verwertete. Auch Kryeziu hat eine bessere Abschlussquote als die meisten Akteure aus dem Mittelfeldzentrum. Blaz Kramer war mit seinen Zuspielen sehr effizient – die Hälfte davon führte zu einem Tor. Auch wenn Ceesay oder Krasniqi einen letzten Pass spielen, ist die Wahrscheinlichkeit eines Torerfolges sehr hoch. Sind Kramer oder Krasniqi hingegen in der Abschlussvorbereitung vor dem letzten Zuspiel involviert, wird die Wahrscheinlichkeit eines Torerfolges vergleichsweise klein, rund 10%. Insgesamt gingen 36% der Abschlüsse, an denen Tosin in irgendeiner Form beteiligt war, rein. Bei Yanick Brecher sind es 22%. Die tiefste Wahrscheinlichkeit eines Torerfolges ergibt sich von den einigermassen regelmässig eingesetzten Spielern bei einer Abschlussbeteiligung von Ante Coric.
Die Abschlusseffizienz von Assan Ceesay war in der Vorrunde sicherlich so hoch wie noch nie. Tosin war hingegen bereits in der Vorrunde 19/20 diesbezüglich auf dem heutigen Niveau und hatte letzte Saison eine massive Flaute. Marchesano und Kramer haben sich bezüglich Effizienz saisonübergreifend zuletzt kontinuierlich leicht gesteigert. Mirlind Kyeziu war in der Rückrunde 19/20 (mit einer Phase von einem Monat mit starken Kololli-Standards direkt nach dem Lockdown) noch leicht effizienter als heute.
Brecher über weite Strecken in jedem zweiten Spiel an einem Tor beteiligt
Zivko Kostadinovic war in der ganzen Vorrunde an keinem Tor beteiligt. Die Abschlussbeteiligungen von Yanick Brecher stiegen nach der Mitte der Vorrunde auf zeitweise über 2,5 pro Spiel und die Torbeteiligungen gegen Weihnachten auf 0,6 pro Partie.
Kamberi trotz Kopfballtor offensiv wenig produktiv
Die Abschluss- und Torbeteiligungen der Innenverteidiger, vor allem von Mirlind Kryeziu, waren in der Phase auf das Cupspiel in Yverdon und die anschliessende Heimpartie gegen Basel hin am höchsten. Der Zentrale Verteidiger war im Peak an 1,6 erzielten Toren pro Partie beteiligt. Lindrit Kamberi hatte hingegen bisher trotz seines Kopfballtores gegen St. Gallen vergleichsweise wenig Abschlussbeteiligungen pro 90 Minuten. Er bewegt sich im Spielaufbau nicht auf dem Niveau der anderen drei Innenverteidiger und fokussierte sich in erster Linie auf seine Defensivaufgaben. Fidan Aliti hat nach einem offensiv wenig produktiven Start ab Mitte Vorrunde Becir Omeragic vor allem bezüglich Torbeteiligungen überholt.
Rohners engagierte Teileinsätze vs. Boranijasevics Spielintelligenz
Fabian Rohner schraubte zum Ende der Vorrunde mit seinen Teileinsätzen gegen Luzern und in Lausanne seine Quote an Abschlussbeteiligungen auf über 20 pro 90 Minuten, auch bezüglich Torbeteiligungen war er eine Zeit lang unter den Aussenläufern vorne. Dass Guerrero an mehr Abschlüssen beteiligt war als Boranijasevic erklärt sich durch die vielen Standards. Boranijasevic hatte aber trotzdem über weite Strecken eine höhere Torbeteiligung pro 90 Minuten als der Spanier. Der Serbe bringt ein gewisses Gespür und Spielintelligenz für die entscheidenen Situationen mit.
Dzemaili bei Teileinsätzen offensiv produktiver
Leitner und Hornschuh waren in der Phase rund um die ersten beiden Cuppartien an vielen Toren und Abschlüssen beteiligt. Blerim Dzemaili hatte seine offensiv produktivste Phase bei seinen Teileinsätzen zu Beginn nach seinem Comeback. Als seine Spielzeit zunahm, nahmen seine Abschluss- und Torbeteiligungen ab. Moritz Leitners Abschlussbeteiligungen nahmen gegen Ende der Vorrunde wieder stark zu, aber diese Abschlüsse führten selten zu Toren. Doumbias und Krasniqis Kurven verlaufen konstant bei rund fünf Abschlussbeteiligungen und einer Torbeteiligung pro 90 Minuten.
Ante Coric nach “Jump-Start“ mit klarer Abwärtstendenz
Am besten aus den Startlöchern bezüglich offensive Produktivität kamen Marchesano und Ceesay. Ihre Abschluss- und Torbeteiligungen nahmen aber im Laufe der Vorrunde ab. Rund um die beiden ersten Cupspiele war Wilfried Gnonto besonders produktiv. Trotzdem war seine Form eigentlich am Ende der Vorrunde am besten. In dieser letzten Phase vor Weihnachten hatten Tosin und Pollero am meisten Abschlussbeteiligungen pro 90 Minuten – beim Uruguayer nahmen allerdings gleichzeitig die Torbeteiligungen ab. Ähnlich bei Blaz Kramer, der gegen die letzte Runde hin einen starken Anstieg an Abschlussbeteiligungen bei gleichzeitigem Rückgang der Torbeteiligungen aufwies. Ante Coric hatte schon bald nach seinem “Jump-Start“ im Cup in Kriens und seinem Traumtor bei seinem ersten Liga-Spiel gegen Servette nach einigen Spielen wieder eine klare Abwärtstendenz bezüglich offensiver Produktivität aufzuweisen und wurde in der Folge dann von Trainer André Breitenreiter auch immer weniger eingesetzt.
Wie schon letztes Jahr festgestellt, ist Assan Ceesay in den Sommermonaten, speziell zum Saisonstart, bezüglich Toren und Assists deutlich produktiver als im Winter und Frühling. Er hat im ersten Saisonviertel mehr Skorerpunkte erzielt, als in den drei folgenden Saisonvierteln zusammengezählt. Diese Bilanz hat sich in dieser Vorrunde natürlich noch weiter akzentuiert. In seiner gesamten Profikarriere bei Chiasso, Lugano, FCZ und Osnabrück hat Ceesay im dritten Saisonviertel ganze drei Skorerpunkte realisiert. Aus dieser historischen Perspektive scheint es für den FCZ kein Nachteil zu sein, dass der Gambier zum Rückrundenauftakt fehlt, zumal er auch am Afrika-Cup trotz grossem Team-Erfolg bisher keinen Skorerpunkt erzielen konnte.