Vor der dritten Saison-Begegnung mit dem FC St. Gallen lohnt sich ein kurzer Blick zurück zum ersten Duell im September im Kybunpark, welches aus FCZ-Sicht mit 1:4 verloren ging. Dies war im Rückblick wohl die einschneidende Partie des Herbstes, welche den FCZ in seiner Entwicklung um einige Monate zurückwarf. Wenn Trainer Ricardo Moniz in Pressekonferenzen Negativbeispiele von FCZ-Spielen nennen will, kommt er immer wieder auf diese Partie zu sprechen. Aus Züri Live-Sicht aber zu Unrecht! Es ist ein gutes Beispiel warum man sich von Resultaten nicht zu sehr ins Bockshorn jagen und die Analysen auf den Leistungen basieren sollte. Die FCZ-Leistung war im Kybunpark nämlich gut gewesen. Die falsche einzeltaktische Entscheidung, Umeh Emmanuel als Linken Aussenläufer einzuwechseln, war in einer umkämpften Partie gegen einen an diesem Tag starken Gegner der wichtigste Grund, warum die Partie im Verlauf der 2. Halbzeit auf die Seite der Grünweissen kippte. In den ersten drei Vierteln der Partie war es die bis dahin beste FCZ-Leistung der Saison gewesen. Im ersten Viertel lief es taktisch und spielerisch fast schon zu gut.
Neu: Intensives Pressing und viel Ballbesitz gleichzeitig
Der FCZ hatte in den Partien gegen Luzern (1:1), in Basel (2:0) und dann in St. Gallen (1:4) kontinuierlich die Pressing-Intensität erhöht, wie die Züri Live-Grafik mit Daten von Wyscout zeigt. Nach dem St. Gallen-Match krebste man hingegen wohl aus Schock über das Resultat zurück und spielte wieder deutlich konservativer (abzulesen an der PPDA-Kurve in der Grafik). Die Folge waren schlechtere Leistungen und letztendlich auch Resultate, Nur die Standardtore hielten den FCZ in dieser Phase noch einigermassen über Wasser. Nach der Winterpause hat man nun die Schraube beim Pressing wieder angezogen und bewegt sich wieder im Bereich der Phase mit den Partien gegen Luzern, in Basel und in St. Gallen in der Vorrunde. Nach mehreren (eher verlorenen) Monaten ist man nun also wieder an den gleichen Punkt zurückgekehrt. Ähnlich sieht es beim Thema Einsatz der eigenen Talente aus. Auch da liess man sich nach guten Ansätzen von der Niederlage in Lugano -(ebenfalls 1:4) zu stark beeindrucken und liess das Duo Tsawa / Ligue nicht mehr so viel spielen. Auch diesbezüglich ist man nun wieder an den gleichen Punkt zurückgekehrt – mit ein paar “verlorenen“ Monaten dazwischen.
Tatsächlich hat die Pressing-Intensität (PPDA) seit der Winterpause wieder stark zugenommen (tieferer Wert = höhere Intensität). Etwas einschränkend muss man dazu sagen, dass man im neuen Jahr noch nicht gegen Lugano und Lausanne-Sport gespielt hat, gegen die man im Herbst die tiefste Pressing-Intensität hatte. Dazu gibt es einen weiteren wesentlichen Unterschied zur Vorrunde. Heute wird das Intensive Pressing mit viel Ballbesitz kombiniert (und dies sogar in Unterzahl). Zuvor hatte man jeweils immer nur eines von beidem gehabt: bei Intensivem Pressing wenig Ballbesitz und bei viel Ballbesitz kein intensives Pressing. Dies hat sich geändert, weil man nun einerseits äusserst schnell von Angriff auf Verteidigung umschaltet (Gegenpressing), dies aber nicht im gleichen Masse umgekehrt macht. Das Umschalten von Verteidigung auf Angriff ist im Durchschnitt weniger schnell. Damit will man mit längerem Ballbesitz Dominanz aufbauen.
Sehr positive Entwicklung bei den Torchancen, Effizienz noch ungenügend
Positiv: der FC Zürich erarbeitet sich seit Rückrundenstart von Spiel zu Spiel immer mehr Torchancen. Die Expected Goals-Kurve zeigt steil nach oben. Das Problem ist aktuell aber die Chancenverwertung am und im gegnerischen Strafraum. Gleichzeitig lässt man statistisch so viele gute gegnerische Torchancen zu wie noch nie in dieser Saison. Allerdings wird diese Statistik aktuell stark durch die “Expected Goals against“ der drei Penaltys und zwei Penalty-Nachschüsse in Luzern geprägt. Sieht man davon ab, sind die Werte der zugelassenen Torchancen okay und in den drei anderen Partien gegen Yverdon, Basel und Winterthur hat man total nur ein Gegentor zugelassen – auf einen Shaqiri-Standard.
Bei der Expected Goals-Differenz hat man die positive Zone bereits wieder erreicht, und die Tordifferenz bewegt sich ebenfalls in eine positive Richtung. Die Gesamt-Effizienz vor dem gegnerischen und eigenen Tor (Td-xGd) liegt aber noch immer im negativen Bereich.
(Züri Live-Grafiken basierend auf Wyscout-Daten mit gleitendem Durchschnitt (5 Spiele))
Das Spitzenspiel FCZ – Servette (1:3) vom Sonntag wurde zum ungleichen Duell, in welchem der Leader und Heimklub als unterlegenes Team wirkte. Man traf dabei auf den letzte Saison auch im Europacup sehr erfolgreichen Cupsieger 2024. Servette ist über Jahre mit grosser personeller Kontinuität gewachsen. Die Abläufe sind bis ins Detail eingespielt. Servette hat weder eine Startruppe, noch eine Mannschaft von Top-Talenten zur Verfügung. Die Leistungsträger wie Jérémy Frick, Steve Rouiller, Timothé Cognat, Miroslav Stevanovic oder Dereck Kutesa sind alles Spätzünder, die sich in einem ersten Schritt im Profibereich nicht durchsetzen konnten. Sie haben sich bei Servette in einem “sicheren Hafen“ über längere Zeit entwickeln können und ihre Rolle gefunden. Beim FCZ wirkt im Vergleich dazu vieles kurzfristiger ausgerichtet. Die Warnsignale der letzten Partien, in welchen abgesehen von den Resultaten wenig zusammenpasste, wurden im Heerenschürli ignoriert.
Positiv: Standards, Kampfgeist und Leistung gegen Rivalen
Trotzdem gibt es bezüglich der aktuellen FCZ-Mannschaft einige positive Punkte zu erwähnen. Kampf- und Teamgeist stimmen. Und die Breite im Kader ist im Vergleich zu den letzten Jahren gross. Zu Beginn der Saison fiel vor allem der verbesserte Fitnessstand von Nikola Katic und Mirlind Kryeziu auf, was sich sowohl offensiv wie auch defensiv positiv aufs Zürcher Spiel auswirkte. Ganz vorne ist Juan José Perea mit seinem Torhunger eine “Bank“. Der Kolumbianer verliert zwar die Mehrzahl seiner Zweikämpfe, und wirkt manchmal längere Zeit als nicht am Spiel beteiligt, aber er gibt nie auf und nutzt fast jede sich bietende Chance in bestmöglicher Weise. Kombinations- und Flachpassspiel sind dabei nicht seine Stärke: Perea ist als Instinktfussballer der Mann der aufspringenden Bälle und unübersichtlichen Situationen.
Die aussergewöhnlich positive FCZ-Bilanz bei offensiven Standardsituationen kommt auch nicht von ungefähr. Individuelle Qualitäten (Chouiar, Krasniqi, Perea, Gomez) spielen dabei eine Rolle. Die Standards sind aber auch gut einstudiert. Mit einfachen, aber effektiven Mitteln wird den Gegnern immer wieder ein Schnippchen geschlagen. Ebenfalls positiv: der FCZ ruft in den für die Fans wichtigsten Partien im Derby und Auswärtsklassiker gute Leistungen ab und gewinnt diese Spiele. Auch die Leistung beim 2:2-Unentschieden in Bern gegen YB war gut. Eine Parallele findet sich da zur Frauen-Equipe, welche ebenfalls die Auswärtspartien bei den Top-Teams FCB und Servette gewinnen konnte – die Punkte dann aber gegen Aarau oder St. Gallen liegen lässt.
Falsche Schlüsse aus den Siegen gegen FCB und GC
Von den Siegen in Basel und gegen GC liess man sich aber auch zu falschen Schlüssen verleiten. In Basel setzte man das erste Mal in einem Meisterschaftsspiel unter Ricardo Moniz auf die Dreierabwehr – und der 2:0-Auswärtserfolg im St. Jakob Park schien oberflächlich betrachtet dieser taktischen Änderung Recht zu geben. Nach dem Derbysieg war Lindrit Kamberis Weitschusstor mit seinem schwachen LInken Fuss ein Hauptthema. Etwas unter ging dabei, dass der Auftritt von „Lindi“ insgesamt mässig war, und er auch gegen die Grasshoppers seine in dieser Saison ungenügende Verfassung nicht verbergen konnte. Gegen ein starkes Servette traten solche Schwachpunkte offensichtlich zu Tage.
Tatsächlich erspielt sich der FC Zürich seit der Umstellung auf eine Dreierabwehr in der Liga kaum noch gute Torchancen. Siege in Basel, im Derby oder gegen Sion waren in erster Linie der Effizienz, den Standardqualitäten und auch einem gewissen Glücksfaktor geschuldet. Davor war das anders gewesen. Mit der Viererabwehr kam man zu Chancen und erzielte viele Tore. Nicht zufällig hatte man bis vor der aktuellen Runde zusammen mit drei LIgakonkurrenten die meisten Tore auf dem Konto (18). Mit der Viererabwehr kam man zu Beginn der Saison auf zwei bis zweieinhalb Erwartete Tore pro Ligaspiel. Eine Quote, die regelmässig für drei Punkte gut ist. Mit der Dreierabwehr kommt der FC Zürich hingegen bloss noch auf 0,75 Erwartete Tore pro Ligapartie. Dazwischen liegen Welten!
Fataler Systemwechsel ohne Not
Trotz seiner 60 Jahre hat Ricardo Moniz als Cheftrainer keine Erfahrung mit der Dreierabwehr. Ihm scheint das Gespür für die passende Spielweise, Besetzung und Mischung zwischen Offensive und Defensive abzugehen. Mit einem System, das klar auf die Mitte ausgerichtet ist, will er über die Seiten vorstossen und “an die Grundlinie kommen“. Samuel Ballet, potentiell ein Königstransfer, wurde auf der Aussenläuferposition schnell verheizt und ist nun verletzt. Von den körperlichen Voraussetzungen her ist der Berner für diese Position nicht geschaffen und lief dementsprechend sofort am Anschlag. Ganz allgemein verletzen sich aktuell zu viele FCZ-Spieler ohne Fremdeinwirkung. Seit seinem Amtsantritt hatte Moniz lange Zeit zwischen dem 4-1-2-1-2 und dem 4-3-3 hin und her gewechselt. Das erste System eignet sich gut für aggressives und schnelles Umschaltspiel, das zweite, wenn man Dominanz über die Flügel aufbauen will.
Das Wechselspiel zwischen diesen beiden Systemen funktionierte gut, wurde dann aber im Hinblick auf das Cupspiel in Le Locle und dem anschliessenden Klassiker in Basel ohne Not geändert. Zwar hatte man gegen Luzern eine schlechte 1. Halbzeit gespielt, was aber an misslungenen personellen Änderungen und nicht am System lag. So kam Daniel Denoon nach längerer Verletzungspause praktisch ohne Spielpraxis zu seinem Super League-Début – und dies auch noch auf einer unpassenden Position. Auch der Halbpositions-Stürmer Okita musste auf dem Flügel auflaufen. Die Unterlegenheit gegen Vitoria Guimaraes wiederum hatte in erster Linie mit individuellen und kollektiven Qualitätsunterschieden zu tun.
Auf den Aussenläuferpositionen fehlt adäquates Personal
Mit dem Ausfall von Antonio Marchesano gibt es noch einen Grund weniger, an der Dreierabwehr festzuhalten. Der Tessiner spielt gerne mit diesem System, da er damit seine grössten Erfolge gefeiert hat. Aktuell hat man aber vom Profil, der Qualität und dem Formstand her auf der Schlüsselposition Aussenläufer kein auch nur annähernd mit Boranijasevic / Guerrero (Meistertitel 2022) oder Rüegg / Pa Modou (Cupsieg 2018) vergleichbares Duo. Die Position des angeschlagenen Rüegg hat sich beim FC Basel übrigens durch den Zuzug von Joe Mendes vom portugiesischen Spitzenklub Braga (3 Millionen Marktwert), der sich auf seiner Rechten Seite bereits gut mit Xherdan Shaqiri versteht, keineswegs verbessert.
Marchesano fehlt dem Team auch als Defensivleader. Seit seiner Ankunft in Zürich organisiert der Tessiner das Pressing und geht dabei jeweils mit gutem Beispiel voran. Das Hierarchie-Manko im vorderen Teil der Mannschaft sollte mit Ifeanyi Mathew zumindest teilweise eliminiert werden. Die Idee mit dem Zentrums-Duo Condé / Krasniqi ist nicht grundsätzlich schlecht. Die beiden können sich sowohl offensiv wie defensiv ergänzen. So kann Krasniqi das oft mangelhafte Positionsspiel Condés rund um den eigenen Strafraum mit seinen Defensivsprints ausbügeln. Zudem hat Krasniqi nach seinem schlechten Auftritt in St. Gallen zuletzt wieder deutlich besser gespielt. Allerdings sind die Leistungen des zu grossen Schwankungen tendierenden Condé mit Mathew an seiner Seite viel konstanter. Und die Stürmer benötigen ebenfalls klare Anweisungen von einem erfahrenen Mann wie Mathew, der Verantwortung übernimmt.
Tosic scheint nahe an der Startformation dran zu sein
Nach mehr als einem Viertel der Saison ist eine Quartalsbilanz auch bezüglich den einzelnen Spielern angebracht. Und es ist der Zeitpunkt gekommen, klare Entscheidungen zu treffen – auch damit das Kernteam noch mehr zusammenrücken kann. Yanick Brecher spielt 24/25 bisher klar schlechter als in seiner starken Vorsaison. Zivko Kostadinovic hatte in Le Locle seinen wohl bisher fokussiertesten Auftritt im FCZ-Trikot. Von unten drängen die jungen Huber und Morozov nach oben. Trotzdem scheint es noch verfrüht zu sein, auf dieser Position eine Baustelle zu eröffnen. Das Innenverteidigerduo Katic / Kryeziu vom Beginn dieser Saison war nicht perfekt, aber gut genug. Gomez im Zentrum zwischen den beiden kann zwar die ein oder andere Situation als “Libero“ ausbügeln, was allerdings auch dem “Stellenprofil“ dieser Position entspricht, welches Katic oder Kryeziu fast genauso gut erfüllen können.
Insgesamt wirkte der FCZ zum Saisonstart in Yverdon mit der Viererkette Gomez / Katic / Kryeziu / Tosic sowohl offensiv wie defensiv besser aufgestellt. Bei Tosic hat man im Gegensatz zu Leidner das Gefühl, dass es wenig braucht, damit er der Mannschaft als Linksverteidiger helfen kann. Als zweite Wahl auf verschiedenen Aussenpositionen kann auf den etwas “wilden“ Rodrigo Conceiçào zurückgegriffen werden. Der schnelle, physisch starke, in der Spieleröffnung gute und mittlerweile fünf Saisonspiele in der Promotion League in den Beinen habende Daniel Denoon kann als Ersatz in der Innenverteidigung fungieren. Neben Leidner reicht es hingegen auch Hodza und Derby-Torschütze Kamberi mit ihrem aktuellen Leistungsniveau nicht, der Mannschaft zu helfen.
4-3-3 passt am besten zum Kader
Im Zentrum war Cheveyo Tsawa vor seiner Gesichtsverletzung bereits mindestens auf Augenhöhe mit Cheick Condé – ein echter Konkurrenzkampf. Falls Condé seine Konstanz nicht wieder findet und gleichzeitig Tsawa die Verletzung mental hinter sich lassen kann, macht ein Wechsel auf dieser Position Sinn. Mohamed Bangoura hat das benötigte Potential, braucht aber noch einige Spiele in der Promotion League, um sich der 1. Mannschaft anzunähern. Jahnoah Markelo ist der aktuelle Senkrechtstarter. Bei seiner aktuellen Form kann man ihn auf der Rechten Seite auf fast jeder Position bringen, auch Aussenläufer – obwohl das nicht seine Idealposition ist. Dylan Munroe spielt auf dem Flügel einen sauberen, kontrolliereten Fussball und ist als Rechter Flügel in einem 4-3-3 eine valable Alternative – im Gegensatz zu Markelo auf anderen Positionen hingegen eher nicht. Emmanuel wiederum macht gemessen an seinen bisherigen Auftritten zur Zeit vorwiegend auf dem Linken Flügel Sinn. Auch Turping und Sabobo können im Moment eigentlich nur als Flügelstürmer auf Super League-Niveau bestehen. Sie sind damit weitere Argumente, die für ein 4-3-3 sprechen. Auch das Herzstück Condé / Mathew / Krasniqi spricht für dieses System.
Spielt der FCZ hingegen weiterhin in einem 3-4-2-1 / 3-4-1-2, ist Junior Ligue sowohl die beste (aber nicht optimale) Wahl für die Linke Aussenläuferposition, als auch gleichzeitig die beste Alternative für Juan José Perea als Mittelstürmer. Nur Ligue ist es zuzutrauen mit seinen wuchtigen nahtlosen Drehungen mit Ball am Linken Fuss sich im Strafraum durchsetzen zu können. Bei Daniel Afriyie ist dies nicht der Fall, Der Ghanaer zeigt defensiv viel Einsatz, hat aber trotz vieler Einsätze seit einem Jahr kein Liga-Tor mehr erzielt. Mit seiner Wendigkeit ebenfalls noch eine gewisse Durchsetzungsfähigkeit im Strafraum kann man Armstrong Oko-Flex attestieren. Falls bei der Rückkehr des verletzten Samuel Ballet immer noch mit Dreierabwehr gespielt wird, würde er als Alternative auf der Mittelstürmerposition für Juan José Perea besser taugen, denn als Aussenläufer.
Wer spielt in Sion?
Für die Auswärtspartie in Sion empfiehlt sich dringend die Rückkehr zur Viererabwehr – am besten in Form des 4-3-3. Personell braucht es auch aufgrund des Ausfalls Marchesanos mit Mathew einen weiteren Teamleader in der Startaufstellung – am besten auf einer Achterposition. Auf der Sechserposition sollte Tsawa den gesperrten Condé ersetzen. Für den ebenfalls gesperrten Perea kommt auf der Mittelstürmerposition am ehesten Junior Ligue in Frage. Mariano Gomez kann je nach System und Konstellation durch Nemanja Tosic, Rodrigo Conceição oder Daniel Denoon ersetzt werden. Der gegen Servette ungenügende Chouiar muss sich wieder steigern.
Stade Lausanne-Ouchy spielt unter dem neuen Coach Ricardo Dionisio in einem eher defensiv ausgerichteten 5-4-1, aber so stark wie dies in der 1. Halbzeit (vor allem in den ersten 30 Minuten) in Zürich der Fall war, wollten sich die Waadtländer eigentlich dann doch nicht hinten reindrücken lassen. Der FCZ stand in dieser Phase im Hohen Pressing phasenweise mit zwei der vier Verteidiger zehn Meter von der gegnerischen Strafraumgrenze entfernt. Dies war möglich, weil SLO gegen den FCZ-Spielaufbau kein Mittel fand.
FCZ überrascht Stade Lausanne-Ouchy taktisch
Der FC Zürich hatte vom üblichen 4-2-3-1 auf ein 4-3-3 umgestellt und damit die Gäste überrascht. Die beiden Achter Mathew und Krasniqi veranlassten die Lausanner Bayard und Hamdiu weiter zurückzustaffeln als geplant, womit der FCZ-Sechser Cheick Condé im Spielaufbau völlig freie Hand genoss. Der FC Zürich baute dementsprechend praktisch jeden Angriff über den Mann aus dem Heimatland von Alhassane Keita auf. Conceição und Dante sorgten wieder für eine Breite, die sogar die Lausanner Fünferabwehr deutlich überspannte. Krasniqi und Mathew stiessen immer wieder beinahe oder ganz in die vorderste Linie.
Die beiden Tore zum 2:0 fielen dann aber untypisch für den Spielverlauf aus Umschaltsituationen. Es waren die ersten Tore aus einem Hohen Pressing und einem Konter seit dem 3:1-Heimsieg gegen YB in der ersten Saisonhälfte! Seither hatte der FC Zürich vorwiegend aus Standardsituationen getroffen. Während das erste Viertel der Partie aus FCZ-Sicht vermutlich das beste der bisherigen Saison war, liess das Heimteam bereits In der Viertelstunde vor der Pause etwas nach – und so entstand der Anschlusstreffer der Gäste nicht komplett „aus dem Nichts“.
Langjährige Cracks Hajrulahu und Ajdini ragen bei SLO heraus
Vor allem nach dem Pausentee aber kam Stade Lausanne-Ouchy „wie verwandelt“ aus der Kabine, agierte aggressiver. Ajdini und Bayard kümmerten sich nun zu zweit um Condé, die Aussenläufer rückten im Spiel gegen den Ball höher auf. Durch das Höherstehen kamen die Gäste auch eher ins Gegenpressing. Der FCZ liess sich davon etwas zu einfach ins Bockshorn jagen und hörte zeitweise auf, von hinten heraus aufzubauen. Vorne trauerten die Stürmer jeweils etwas zu lange vergebenen Möglichkeiten nach, und wurden vom in den zweiten 45 Minuten den Ball jeweils schneller wieder ins Spiel bringenden Torhüter Vachoux erwischt.
SLO kam zwar nicht zu vielen Torchancen, aber wenn, waren es tendenziell gefährliche Situationen im Strafraum. Die Waadtländer trugen dem Ball Sorge, spielten relativ viele Pässe und ein relativ hoher Prozentsatz der Zuspiele kamen beim Mitspieler an. Dabei zog ihr Toptalent Ismael Gharbi eher einen schlechteren Tag ein. Herausragend waren beim Dionisio-Team zwei langjährige Spieler aus der Region, die beide praktisch ihre ganze bisherige Profikarriere bei den „Stadistes“ verbracht haben. Captain Lavdrim Hajrulahu (26) hatte in seiner Jugend den Durchbruch bei der lokalen Nummer 1 Lausanne-Sport nicht geschafft. Im Letzigrund stach er mit seiner Aufmerksamkeit und Antizipation heraus – und entschärfte so viele im Ansatz gefährliche Angriffe des FC Zürich. Im gegnerischen Strafraum holte der Innenverteidiger ebenfalls dank seiner Wachheit gegen Daniel Afriyie den Penalty zum 2:2 heraus. Stürmer Albian Ajdini (24, aus dem Servette-Nachwuchs) musste vorne lange Zeit als „Alleinunterhalter“ auftreten, holte in fast jeder Situation ein Maximum heraus – und erzielte beide Treffer.
FCZ mit Mühe gegen situativ pressende Ballbesitzteams
Generell kann man aus dem Spiel mitnehmen, dass der FCZ endlich wieder mal aus Umschaltsituationen Tore erzielen konnte. Und mit einem zu Beginn sehr tief stehenden Gegner konnte man deutlich besser umgehen, als noch vor ein paar Wochen. Gegen YB hat der FCZ zudem zuvor bewiesen, dass er auch gegen einen hoch pressenden Gegner gute Lösungen hat. Am meisten Schwierigkeiten bereiten dem FCZ zur Zeit noch Gegner, die weder besonders tief noch besonders hoch stehen, dem Ball Sorge tragen, situativ pressen und schwer ausrechenbar sind – so wie beispielsweise Lugano, oder eben SLO in der 2. Halbzeit.
Highlights – Die beiden besten Torschützen wiederbelebt
Personalien – Di Giustos vermaledeite Halbzeit
Cheick Condé: Zum dritten Mal in dieser Saison MVP, zum ersten Mal im Kalenderjahr 2024. Steht in der 1. Halbzeit im Mittelpunkt, weil fast alle Angriffe über ihn laufen. Hat etwas eine Baisse im dritten Spielviertel, dreht gegen Ende wieder auf.
Ifeanyi Mathew: Offensiv weiter in Topform – diesmal mit einem schönen Assist.
Mirlind Kryeziu: In Yverdon defensiv noch mit Tiefstnote „1“, diesmal im Spiel ohne Ball bester Zürcher mit einer glatten „10“. Im Offensivspiel nach der Druckphase der ersten halben Stunde in der Viertelstunde vor der Pause etwas mit Konzentrationsproblemen.
Lindrit Kamberi: Spielt in der neuen Rolle als Rechtsverteidiger konstant stark. Rettet in der 62. Minute wie in Yverdon vor der Linie, auch wenn der Effet-Abschluss des beim SLO-Konter im Strafraum alleinstehenden Mahmoud wohl am rechten Pfosten vorbeigeschwenkt wäre.
Amadou Dante: Es bleibt dabei: defensiv weiterhin deutlich ungenügend. Die Hoffnung war eigentlich, dass sich durch Dante die linke Seite defensiv stabilisiert, da Guerrero in einer Viererkette im Spiel gegen den Ball gewisse Schwachpunkte hat. Bisher ist eher das Gegenteil der Fall – mit einer Defensiv-Durchschnittsnote von 2,8. Gerade in Umschaltsituationen zu spät und zu langsam in der Rückwärtsbewegung. Auch im Aufbauspiel mit zu vielen „telefonierten“ Pässen. Die Eckbälle des Linksfusses sind hingegen weiterhin gut – in dieser Hinsicht ersetzt er Guerrero eins-zu-eins.
Bledian Krasniqi: Nicht mehr so ein Offensivfeuerwerk wie in Yverdon. Trotzdem: bereitet das 2:0 nach eigenem Ballgewinn mustergültig vor und bei seinem einzigen Eckball in der 85. Minute müsste Kryeziu den Ball per Kopf aufs Tor bringen.
Nevio Di Giusto: Eine vermaledeite Halbzeit. Will häufig zu viel. Hat auch mit dem schwächeren rechten Fuss einen guten Abschluss beziehungsweise letzten Pass und müsste häufiger auf dieser Seite vorbei am Gegenspieler – zieht dagegen immer zur Mitte, was die Kontrahenten vorausahnen. Immerhin ist er der einzige Einwechselspieler mit einer Chancenbeteiligung. Setzt sich in der 81. Minute rechts gegen Mahmoud durch, verliert dabei den Schuh, flankt mit dem schuhlosen linken Fuss einen gefährlichen Effet-Ball in die MItte, den Okita knapp verpasst. Das Tor hätte wohl gezählt. Die Aktion in welcher der Schuh verloren geht, darf der Spieler noch fertig machen.
Nikola Katic: Wird in der 76. Minute ausgewechselt, nachdem er sich bei Tacklings an der jeweils gleichen Stelle an der Seitenlinie in der 54. und 58. Minute ohne Fremdeinwirkung im Hüftbereich verletzt hat. Defensiv wie Dante deutlich ungenügend.
Jonathan Okita: Macht defensiv mehr als früher und allgemein vieles gut, ist dann aber beim 1:2 von SLO wie schon zwei Mal im Cup gegen Winterthur im entscheidenden Moment nicht auf seinem Posten. Trifft mit Überzeugung zum 1:0 und auch sein Dropkick mit LInks in der 85. Minute hätte ein Tor verdient gehabt.
Antonio Marchesano: Beginnt als Mittelstürmer im 4-3-3, nach der Einwechslung von Daniel Afriyie dann auf der Doppel-8 neben Bledian Krasniqi.
Nikola Boranijasevic: Zum fünften Mal in dieser Saison der offensiv Beste. Defensiv hingegen mit Note „1“. Der Teileinsatz beginnt mit einem missglückten Einwurf und übermotiviertem Einsteigen gegen Gharbi (der entsprechende Freistoss führt dann zum Penalty) schlecht.
Daniel Afriyie: Im 4-3-3 in dieser Saison häufig auf der Doppel-8 eingesetzt, diesmal hingegen als Mittelstürmer. Trotzdem begeht er im eigenen Strafraum gegen den höchst aufmerksamen Gegenspieler Hajrullahu kurz nach der Einwechslung ein ungeschicktes Foul. Bisher hatte in dieser Saison der FCZ umgekehrt im SLO-Strafraum von solchen Szenen profitiert (zwei Penaltytore durch Okita).
Yanick Brecher: Hat wenig zu tun und kommt weder offensiv noch defensiv richtig ins Spiel. Im Aufbauspiel nicht so stark wie gewohnt.
Kommentare – Wechsel mit viel Power
Randnotiz – FCZ neu bei Ballbesitz und Pressing im Spitzenbereich, Abschlusseffizienz als Problem nach der Winterpause
Der Ballbesitz hat im Verlauf der Saison kontiniuerlich und deutlich zugenommen. Dass die Spielweise nach der Winterpause stark geändert wurde, ist grafisch (siehe unten) gut sichtbar. Kurzfristig gibt es Schwankungen aufgrund einzelner Partien wie gegen YB, in denen zwischendurch der Ballbesitz gering ist. Über die ganze Saison hinweg liegt der Ballbesitz des FC Zürich noch bei 49,2% und damit an 7. Position. Zuletzt lag der FCZ-Ballbesitz allerdings im Schnitt bei 55% und damit im Bereich, in welchem sich der in dieser Wertung Zweitplatzierte FC Lugano bewegt, knapp hinter YB. Die Intensität des Hohen Pressings über 90 Minuten stieg hingegen schon im Verlauf des ersten Saisondrittels stark an und war im Oktober auf dem gleichen Niveau wie heute – sank dann aber bis zum 285. Derby wieder etwas ab. Über die ganze Saison hinweg ist der FCZ bezüglich Pressing mittlerweile mit dem PPDA-Wert (Passes Per Defensive Action) 8,86 an dritter Stelle hinter YB und St. Gallen. Gemessen an den letzten fünf Partien liegt der FCZ mittlerweile sogar deutlich vor dem Saisonwert von YB und St. Gallen.
In einem Low Scoring-Game wie Fussball sind Tore und Gegentore auch von Spezialfaktoren oder gar Zufallsfaktoren abhängig. Die Entwicklung der Expected Goals-Differenz (in der unteren Grafik in orange) ist daher für die Bewertung der Leistungsentwicklung aussagekräftiger, als die Tordifferenz. Man startete die Saison zu Hause gegen Yverdon sehr gut. Die Leistung (gemessen an den eigenen und gegnerischen Torchancen) bewegte sich dann aber trotz oder vielleicht auch wegen zunehmendem Ballbesitz und Pressing von Spiel zu Spiel abwärts und befand sich bis und mit dem 3:0-Auswärtssieg in Lugano im leicht negativen Bereich. Der 3:1-Heimsieg gegen YB nach der Nati-Pause Ende November war dann der Auftakt zu einer leistungsmässig guten Phase vor und nach der Winterpause mit einem kontinuierlichen Chancenplus.
Nach der 1:2-Niederlage durch die zwei späten Kontertore im 284. Derby hat man sich dann aber wieder in einen Bereich runterbewegt, in welchem das Chancenverhältnis ausgeglichen ist. Die tatsächliche Torbilanz und damit auch Tabellenentwicklung sah während der ganzen 1. Saisonhälfte deutlich besser aus, als es die Leistungen hergaben. Seit der Winterpause hat sich dieses resultatmässige „überperformen“ ins Gegenteil verkehrt. Im Jahr 2024 wird der FCZ für seine Leistungen bisher schlecht belohnt – wobei man sich mittlerweile wieder auf dem Weg zumindest in den Bereich einer ausgeglichenen Tor- und Expected Goals-Bilanz befindet. Die graue Linie in der oberen Grafik zeigt die Unterschied zwischen der Tordifferenz und der Torchancendifferenz an. Vor der Winterpause erzielte man deutlich bessere Ergebnisse, als man aufgrund des Chancenverhältnisses erwarten konnte – nach der Winterpause waren die Ergebnisse schlechter als das Chancenverhältnis. In den letzten Partien hat es sich aber ausgeglichen. Unter dem Strich haben die vor der Winterpause glücklich gewonnenen Punkte immer noch einen etwas grösseren Einfluss auf Punkte- und Tabellenlage, als die nach der Winterpause unglücklich verlorenen. Man kann sagen: der FCZ gehört von seinen Saisonleistungen her ins Tabellenmittelfeld.
Die Anzahl Gegentore hat seit Saisonbeginn mit kleineren Auf und Abs grundsätzlich kontinuierlich zugenommen. Die Zunahme wurde in der 1. Saisonhälfte durch die klare Leistungssteigerung von Yanick Brecher im Vergleich zur letzten Saison noch stark abgeschwächt. Seit der Winterpause ist dieser Effekt aber nicht mehr vorhanden. Die Gegentore entsprechen seither den gegnerischen Torchancen. Die stark fallende Torproduktion ist aber das noch grössere Problem geworden. Bis und mit dem 3:1-Heimsieg gegen YB Ende November konnte der FCZ zumindest von einer hohen Abschlusseffizienz profitieren. Diese lässt seither aber stark zu wünschen übrig. Der FC Zürich nutzte nach der Winterpause phasenweise weniger als die Hälfte der Chancen, die er hätte einnetzen müssen. In den letzten Partien hat sich die Abschlusseffizienz aber wieder gebessert.
Der Blick der Mehrheit der Super League-Beobachter und FCZ-Sympathisanten auf die letzten Trainer des Stadtclubs ist wie immer in solchen Fällen natürlich durch die Resultate geprägt: Breitenreiter top, Henriksen gut bis sehr gut, Rizzo und Magnin sosolala, Foda schlecht. Tatsächlich sind die Unterschiede zwischen den verschiedenen Coaches manchmal kleiner als man denkt. Auch stimmt das Image eines Coaches bei weitem nicht immer mit der Realität seines Fussballs überein. Franco Foda scheiterte zu grossen Teilen an der fehlenden Abschlusseffizienz seiner Stürmer. Wären nämlich alle Partien unter Foda gemäss den Torchancen ausgegangen, hätte der Österreicher nur drei seiner 18 Partien verloren! Die einzigen Spiele, in denen der FCZ unter Foda weniger / schlechtere Torchancen als der Gegner hatte, waren das Liga-Heimspiel gegen Sion sowie in der Europa League die Partien gegen Arsenal und Bodö/Glimt. Auf der Basis der Erwarteten Tore hätte es zum Auftakt in Bern ein respektables 2:2 Unentschieden abgesetzt, gefolgt von einem Auswärtssieg in der Champions League-Qualifikation gegen Qarabag. Mit dem Heim-2:2 gegen denselben Gegner wäre man damit in der Champions League-Qualifikation eine Runde weitergekommen. In der Liga wären die drei Punkte aus den ersten drei Partien (davon auswärts bei YB und St. Gallen) angesichts der Doppelbelastung durchaus okay gewesen und der Trainer nicht in Frage gestellt worden. Zum Zeitpunkt der Entlassung Fodas hätte man auf der Basis der Erwarteten Tore und Gegentore nach acht Partien elf Punkte auf dem Konto gehabt. Der Trainer wäre so sicherlich kein Thema gewesen und hätte die notwendige Zeit gekriegt sein Ideen umzusetzen. Zumal man auch noch im Cup in Lausanne zumindest das Penaltyschiessen und vielleicht sogar die Champions League-Gruppenphase erreicht hätte.
Resultate nach Erwarteten und tatsächlichen Toren unter Coach Franco Foda
Meistertrainer bleiben bei ihrer gewählten Taktischen Formation
So musste Franco Foda aber nach 18 Spielen gehen. Nach Erwarteten Toren war seine Bilanz 5 Siege / 10 Unentschieden / 3 Niederlagen – und damit besser als die Bilanz von Bo Henriksen nach ebenfalls 18 Partien: 5 Siege / 8 Unentschieden / 5 Niederlagen! Vergleicht man hingegen die realen Resultate, dann waren es bei Foda 5 Siege / 3 Unentschieden / 10 Niederlagen, während Henriksen in den ersten 18 Partien 7 Siege / 7 Unentschieden / 4 Niederlagen erreichte. Dazu kam, dass kein einziger der fünf Foda-Siege in der Liga zustande kam. Unter Henriksen waren hingegen speziell in der wichtigen Phase nach der Winterpause nach dem ebenso glücklichen wie beruhigenden 4:1-Heimsieg gegen Servette vor der WM die Resultate konstant besser, als die Leistungen.
Resultate nach Erwarteten und tatsächlichen Toren unter Coach Bo Henriksen
Die Gemeinsamkeit der beiden letzten Super League-Meistertrainer Breitenreiter (FCZ) und Wicky (YB) ist, dass sie ihre taktische Formation in der Liga die ganze Saison lang durchgezogen haben. Breitenreiter beim FCZ das 3-4-1-2, Wicky sein 4-4-2 im Rhombus, welches der aktuelle YB-Trainer früher als Spieler jahrelang in der Nationalmannschaft unter Köbi Kuhn gespielt hatte. Auch die anderen kürzlichen FCZ-Trainer Rizzo und Henriksen wechselten ihre taktische Formation selten. Konstanz bezüglich taktische Formation gehört zu den Erfolgsfaktoren in der Super League. Dies sieht man nicht zuletzt an den die taktische Formation am häufigsten wechselnden Trainern Celestini und Foda, welche letztendlich jeweils nur kurz im Amt waren. Mattia Croci Torti ist mit seiner Kombination von Erfolg trotz hoher taktischer Flexibilität eine Ausnahme, welche die Regel bestätigt.
Bo Henriksen passt die Spielweise auch dem Gegner an
André Breitenreiter behielt 21/22 auch eine hohe personelle Konstanz bei. Die 11 am meisten eingesetzten Spieler spielten 77% aller Spielminuten der gesamten Mannschaf!. Bo Henriksen hält ebenfalls weitgehend an denselben Spielern fest, wenn auch nicht so stark wie der Meistertrainer aus Deutschland. Massimo Rizzo mit 71% und Franco Foda mit 70% lagen bezüglich personeller Konstanz allerdings ebenfalls beinahe auf der Höhe von Henriksen.
Breitenreiter wurde 21/22 mit dem zweittiefsten Ballbesitz der Liga nach dem FC Sion Schweizer Meister mit dem FCZ. Dies war aussergewöhnlich, denn Meistermannschaften haben normalerweise die höchste oder zumindest eine der höchsten Ballbesitzquoten einer LIga – so wie auch Wicky’s YB in der abgelaufenen Saison. Franco Foda stellte die Spielweise dann auf deutlich mehr Ballbesitz als bei Breitenreiter um. Die Ballbesitzquote war lange Zeit unter Foda deutlich mehr als fünf Prozentpunkte höher, bis in den letzten Partien unter dem österreichischen Coach der Ballbesitz reduziert wurde. Letztendlich konnte er sich damit dann aber auch nicht mehr retten. Bo Henriksen praktiziert eine Mischform: grundsätzlich eher relativ viel Ballbesitz wie unter seinem direkten Vorgänger Foda, ausser gegen YB und den FCB. Gegen diese Gegner lässt der dänische Trainer sein Team sehr tief verteidigen und auf schnelle Konter lauern – durchaus erfolgreich.
Reduziertes Pressing unter Bo Henriksen
Das intensivste Hohe Pressing der Liga praktizierte letzte Saison Peter Zeidlers fC St. Gallen vor Wicky’s YB. Unter Bo Henriksen ging der FCZ weniger stark ins Pressing wie unter Foda, Magnin und Breitenreiter. Letzterer liess sein Team zu Beginn wenig pressen, förderte dann aber im Verlauf der Saison und speziell auf die Rückrunde hin diese Spielweise immer mehr. Das eklatante Hin-und-her-Wechseln der Spielweise von Tramezzani über Celestini und wieder zurück zu Bettoni hat sicherlich seinen Teil zum Abstieg des FC Sion beigetragen. Beim FC Basel ist nicht nur beim Faktor Pressing ein klarer Unterschied in der Spielweise von Heiko Vogel im Vergleich mit seinem direkten Vorgänger Alex Frei zu erkennen gewesen.
Der FCZ ist in nach Erwarteten Gegentoren bisher das defensiv stärkste Team – und steht trotzdem auf dem letzten Platz der Super League-Tabelle. Torhüter Brecher hat beinahe 50% mehr Tore kassiert als er aufgrund der gegnerischen Torchancen hätte kassieren müssen. David Von Ballmoos (und Anthony Racioppi) als Gegenstück retteten YB hingegen vor mehr als der Hälfte der Erwarteten Gegentore! So sind es im Vergleich statt gerundet 18 und 19 Gegentreffer nun 27 und 9. Sion und Luzern sind wie der FCZ ebenfalls Teams, die den Gegnern eigentlich deutlich weniger gute Torchancen zugestanden haben, als es die Gegentore ausdrücken.
Luzern: Offensiv Nummer 1 und Testspiel-Champion
Gegner FC Luzern hat gleich gegen vier Bundesligisten getestet und dabei eine ausgeglichene Bilanz erzielt: 3:0-Sieg gegen den VfB Stuttgart, 1:5-Niederlage gegen den FSV Mainz, sowie Unentschieden gegen Remis gegen GC (0:0). Das Team von Mario Frick hatte somit in der Testphase nicht nur das anspruchsvollste Programm aller Super League-isten, sondern gemessen an den Gegner auch die besten Resultate.
Der FCL ist ausserdem gemessen an den Erwarteten Toren das offensiv stärkste Team der Vorrunde – vor Basel, St. Gallen und YB. Angeführt von Max Meyer (6) und dem sich im Aufbautraining befindlichen Dejan Sorgic (4) trafen gleich elf verschiedene Spieler in der Liga ins Netz. Der FCZ war die Mannschaft mit der schlechtesten Chancenverwertung der Liga – statt 13 hätte man gemessen an den Torchancen 20 Treffer in 16 Partien (und damit mehr als Servette) erzielen müssen. Gleich erging es dem FC Basel weiter vorne in der Tabelle. YB, GC und St. Gallen hingegen profitierten von einer gemessen an ihren Chancen maximalen Torausbeute.
Frick zuletzt zwei Mal hintereinander mit taktischer Umstellung gegen den FCZ
Luzern hat in der Vorbereitung wie im letzten Spiel vor der Winterpause in Bern vorwiegend im 4-2-3-1 gespielt, das ihrem Schlüsselspieler Max Meyer am meisten entgegen kommt. Angefangen hatten die Innerschweizer die Saison in einem 4-1-2-1-2. Mario Frick änderte zuletzt aber zwei Mal hintereinander in Spielen gegen den FCZ seine taktische Formation. Auch diesmal wieder? Die Defensivprobleme auf der Rechten Seite sollen wohl dadurch gelöst werden, dass WM-Fahrer Mohamed Dräger auf der Flügelposition spielt und von Pius Dorn unterstützt wird. Somit könnten trotz dem Rücktritt von Christian Gentner vier Deutsche in der Startformation stehen.
Der FCZ wird voraussichtlich in Ballbesitz im zuletzt üblichen 3-3-2-2 auflaufen (statt wie zuvor 3-4-1-2). Die taktischen Anpassungen höher zu stehen und mit nur einem Sechser zu spielen, zeichneten sich kurz vor der Winterpause ab, wurden in den Testspielen weiter verfeinert und voraussichtlich auch in der Meisterschaft so fortgesetzt. Bei gegnerischem Ballbesitz kann daraus temporär ein 3-4-3 werden. Wenn allerdings stärker mannorientiert verteidigt werden soll, dann würde es sich anbieten, im Zentrum in der gleichen Formation mit einem Sechser und zwei Achtern zu bleiben, weil so das übliche Luzerner 4-2-3-1 gespiegelt würde. Allerdings würde sich in diesem Fall eher eine Verteidigung im 4-3-3 empfehlen. Denn das 3-3-2-2 würde wohl bei Mannorientierung auf den Seiten zu unnötigen Komplikationen führen.
Zwei FCZ-Generationen reisen mit Ambitionen nach Luzern
Auf der Sechserposition ist Cheick Condé zu erwarten. Ole Selnaes ist grundsätzlich wieder einsatzbereit und Bledian Krasniqi drängte sich in den Testspielen auf. Trotzdem haben die Teamleader Marchesano und Dzemaili, der bei einem Startelfeinsatz als Captain auflaufen wird, wohl die Nase vorn. Der 36-jährige Zürcher hat gute Erinnerungen an Luzern und wirkt motiviert vor seinem möglicherweise letzten Halbjahr seiner Karriere. Der 17-jährige Calixte „Juni“ Ligue hat zwei Jahrzehnte nach Dzemaili die FCZ Academy durchlaufen und könnte dessen Sohn sein. Er wird beim Auftakt nach der Winterpause ebenfalls im Aufgebot stehen. Verletzt fehlen nur Yanick Brecher und Ivan Santini, der im letzten Test gegen den FC Wil angeschlagen ausgewechselt werden musste. Vorne läuft es auf das Duo Tosin / Okita heraus, die sich gegen Hannover im Umschaltspiel die Tore gegenseitig aufgelegt haben. Roko Simic scheint aber nahe an einer Startelfnominierung dran zu sein. Zivko Kostadinovic, der den verletzten Yanick Brecher ersetzt, hat diese Saison nach einem 0:0 gegen den FC Winterthur und einem 4:0 gegen den SC Cham noch ein „Clean Sheet“.
Wie üblich beginnen nach den ersten Super League-Runden die ersten Trainerdiskussionen in den Medien und bei anderen Beobachtern des Schweizer Fussballs. Diesmal ist wenig überraschend wieder mal der FC Zürich dran. Die journalistischen Beiträge zum Thema sind dabei nicht ungewohnt kein bisschen besser als die aktuellen Liga-Resultate des FCZ. In der letzten Rubrik „Am Ball mit Böni“ stellt dabei Andreas Böni (Blick) zwei Behauptungen auf:
Der FCZ habe schon mal bei Sami Hyypiä „die ganze Saison gewartet“, bis er entlassen worden sei und sei dann (darum) abgestiegen.
Franco Foda hätte sich ein Vorbild an Nationaltrainer Murat Yakin nehmen sollen. Dieser habe als Nachfolger von Vladimir Petkovic „alles ungefähr gleich gelassen“ und nicht „mit grossen Pröbeleien“ angefangen.
Yakin stellt alles auf den Kopf – Hyypiä lange besser als Challandes
Beides ist falsch. Mehr auf den Kopf stellen als Yakin kann man als neuer Nationaltrainer fast nicht. Viererabwehr statt Dreierabwehr, Umschaltfussball statt Ballbesitz, sehr variabel auf den Gegner abgestimmt statt immer gleich, Fabian Frei reaktiviert und genauso wie Aebischer und Okafor gegen Italien in der Startformation gebracht, Zeqiri und Lotomba neu mit dabei, Captain Xhaka zeitweise Links liegengelassen, mehrere Spieler, die auf anderen Positionen spielen, als im Verein oder zuvor mit der Nationalmannschaft… Möglich, dass Yakin sich gegenüber den Journalisten so verkauft hat, als würde er fast nichts ändern – um möglichst wenig Wellen zu schlagen. Aber die Aufgabe eines Sportjournalisten müsste dann schon sein, kurz nachzuprüfen, ob das auch stimmt.
Ähnlich schludrig die Aussage bezüglich Abstiegssaison des FCZ. Eine Trainerentlassung schon nach sechs Runden sei durchaus zu rechtfertigen, weil der FCZ in der Abstiegssaison damit zu lange gewartet habe. Böni vergisst dabei komplett, dass die FCZ-Saison 15/16 mit Urs Meier begann – und dieser schon nach vier Spielen (drei Ligarunden) gehen musste. Am Beginn der Abstiegs-Saga stand also eine äusserst frühe Trainerentlassung. Danach folgten Wochen der Übergangsphase bis der neue Trainer gefunden, verpflichtet und dann endlich in Zürich angekommen war. Und als dies der Fall war, brauchte die Mannschaft auch noch etwas Zeit, um sich auf Hyypiä einzustellen. Bis dahin war Ende Oktober. In dieser Übergangsphase rutschte man vom zwischenzeitlich 4. Rang auf den letzten Platz ab. Ab Ende Oktober ging es mit Hyypiä dann aber aufwärts. Bis Mitte April hatte die Mannschaft unter dem Finnen eine Bilanz von 8 Siegen / 5 Unentschieden / 4 Niederlagen. Deutlich besser als Meistertrainer Bernard Challandes‘ FCZ-Bilanz! Und man hatte nach Triumphen gegen YB, Thun und Sion den Cupfinal erreicht.
Knackpunkt im St. Jakob Park
So ziemlich alle Journalisten und Schweizer Fussballfreunde waren zu diesem Zeitpunkt sicher, dass der FCZ überm Berg sei. Am 10. April änderte Basel-Coach Urs Fischer aus Respekt vor seinem formstarken Stammklub ungewöhnlicherweise sogar sein Spielsystem. Es nützte nichts. Die Zürcher führten im St. Jakob Park bis zur 83. Minute nach Toren von Kerzhakov und Bua trotzdem mit 2:0. Dann unterlief Embolo rückwärtslaufend und eine Verletzung des Gegenspielers in Kauf nehmend im Zürcher Strafraum den zum Kopfball aufspringenden Alain Nef. Statt Stürmerfoul entschied Ref Fedayi San auf Penalty wegen „Aufstützens“ (VAR gab es damals noch nicht). Delgado versenkte diesen genauso wie er kurz danach in Unterzahl nach einer Unkonzentriertheit des eingewechselten Sangoné Sarr Birkir Bjarnason ideal zum tausendsten FCB-Super League-Tor bediente. Noch entscheidender: in der 54. Minute hatte Cédric Itten mit einer Attacke von hinten mit beiden Beinen gestreckt in der Luft den zentralen Zürcher Abwehrmann Sanchez à la Ulysses Garcia vs. Fabian Schubert regelrecht “umgeholzt“ (wurde nicht mal als Foul taxiert). Sanchez fiel mit einem Muskelfaserriss aus und die zuvor stabile Zürcher Defensive in einem zu jenem Zeitpunkt eher knappen Kader war aus dem Gleichgewicht.
FCZ-Fans beim 2:2 am 10.4.2016 im St. Jakob Park
Nach einem Punkt aus den Spielen gegen Luzern und GC folgten drei Niederlagen in Folge gegen YB, Thun und Basel. Der FCZ war immer noch auf dem 8. Platz, aber es wurden nun erste Stimmen nach einem erneuten Trainerwechsel laut. Dieser erfolgte eine Woche später nach der Heimniederlage gegen Lugano dann auch. Die von Böni nun retrospektiv herbeiphantasierte angeblich lange Phase der Erfolglosigkeit unter Hyypiä („die ganze Saison gewartet“) gab es nicht. Es lief lange Zeit sehr gut – bis zum abrupten Absturz Ende April / Anfang Mai. Man konnte allenfalls über eine Woche früher oder später diskutieren – mehr nicht.
Abstiegssaison 15/16 Paradebeispiel für vorschnelle Trainerentlassung
Uli Forte, nach Urs Meier, Massimo Rizzo und Sami Hyypiä der vierte Trainer der Abstiegssaison, stellte dann die Mannschaft im direkten Duell in St. Gallen katastrophal ein und auf. Und in Sion beging er einen taktischen Fehler, als er sein Team aus dem offenen Schlagabtausch zurückzog, um ein Unentschieden über die Zeit zu bringen, von dem von vornherein klar war, dass es dem FCZ wahrscheinlich nichts bringen wird. Die FCZ-Saison 15/16 ist somit das Paradebeispiel für einen zu schnellen, überhasteten und zudem unvorbereiteten Trainerwechsel, nicht für ein zu langes Festhalten am Trainer.
Die Vorgeschichte dazu war beinahe eine Kopie zur vorschnellen Entlassung von Urs Fischer dreieinhalb Jahre davor, aus der man nur teilweise die Lehren gezogen hatte. Fischers Team verpasste 10/11 in einer tollen Saison den Meistertitel nur um ein Pünktchen. In der folgenden Vorrunde gewann man zwar gegen Basel, YB und eines der Derbys mit 6:0, fokussierte sich ansonsten aber stärker auf die Champions League-Qualifikation (Ausscheiden gegen Bayern) und Europa League-Gruppenphase. Im Winter verliessen dann mit Rodriguez, Mehmedi, Djuric, Alphonse und Margairaz gleich fünf Leistungsträger den Klub. Gemessen am Aderlass präsentierte sich die Mannschaft nach Wiederbeginn überraschend gut. Die Ungeduld in der damaligen Vereinsführung überwog aber angesichts des Mittelfeldplatzes, weil man in der Saison davor noch um den Titel gespielt hatte.
Freistellung von Urs Meier: Parallelen zu Urs Fischer
Fast genauso bei Urs Meier: sein FCZ spielte 14/15 über Monate ganz vorne um den Titel mit. Dann folgte eine ziemlich einmalige Serie von widrigen Umständen – Gilles Yapi wurde von Sandro Wieser in Aarau vom Platz getreten. Burim Kukeli setzten die Folgen seines Beinbruches zu (überhartes Foul von Simon Grether in einem Testspiel fast zwei Jahre davor). Mehrere Stammspieler erlebten im Winter einen skandalträchtigen Afrika-Cup, von dem sie sich mental lange nicht erholten, und dann kam in der Rückrunde auch noch eine in den letzten zwei Jahrzehnten nie dagewesene Serie an Schiedsrichter-Fehlentscheiden gegen den FCZ hinzu. Dank des historisch einmaligen fünften Derbysieges der Saison hievte man sich trotz alledem noch auf den 3. Platz.
29.5.2015: Familie Chikhaoui verabschiedet sich nach dem 4:3-Derbysieg vom Letzigrund. Yassine war in der 65. Minute eingewechselt worden und lieferte in der 73. Minute den Assist zum Siegtreffer Amine Chermitis.
Im Sommer verliessen dann aber die Leistungsträger Elvedi, Chikhaoui, Rikan, Cico Rodriguez den Klub, genauso wie der frühere Nr. 1-Torhüter Piu Da Costa und Talent Dimitri Oberlin, der sich in den Sommer-Testspielen in überragender Verfassung präsentiert hatte. Der Fall „Fischer“ wiederholte sich: die Mannschaft startete leistungsmässig angesichts des Aderlasses eigentlich ganz gut, hätte nach Torchancen die Unentschieden ausgegangenen Auftaktpartien gegen YB und Vaduz gewinnen müssen und verlor im Derby in der 93. Minute gegen Källström, Caio, Dabbur, Tarashaj und Co.. Nach der vorhergehenden Saison zeitweise an der Tabellenspitze waren die Ansprüche aber offenbar in unrealistische Höhen gestiegen. Und Meier musste gehen.
Neuzugänge sind technisch besser
Wie stellt sich die heutige Situation im Vergleich zur Abstiegssaison dar? Identisch ist der Aspekt der weit überdurchschnittlichen Vorsaison an der Tabellenspitze (wie 10/11 und 14/15) – diesmal sogar mit Meistertitel am Ende. Ebenfalls ein wichtiger Faktor in allen drei Fällen ist der starke Fokus auf den Europacup bei Verein und Spielern. Wie sieht der Vergleich bezüglich Abgängen und Zugängen aus? Im Winter 11/12 und im Sommer vor der Saison 15/16 fand ein echter Aderlass statt. Die Qualität der Zugänge konnte mit der Qualität der Abgänge ganz fundamental nicht mithalten. Heute ist die Situation teilweise anders, teilweise gleich. Von der grundsätzlichen Qualität her sind die Zugänge mindestens gleich gut oder sogar eher besser, als die Abgänge.
Vor allem im technischen Bereich sind die Neuzugänge deutlich besser. Condé ist technisch besser als Doumbia und auch Okita als Ceesay. Zwischen Vyunnik und Santini auf der einen Seite und Kramer auf der anderen bestehen technisch Welten. Und sogar Selnaes ist technisch versierter als Leitner, weil er die präzisen Bälle viel schärfer spielen kann und auch deutlich gefährlicher schiesst. Einzig im Vergleich Avdijaj vs. Coric ist der letztjährige Spieler technisch überlegen – dies aber ohne dass Avdijaj diesbezüglich wirklich abfällt. Katic ist der einzige technisch etwas limitierte Neuzugang. Er ersetzt aber auch keinen Abgang, sondern kam als zusätzliche Alternative für die Innenverteidigung hinzu.
Einbussen in Sachen Speed
Wie sieht es in der Luft aus? Mit dem Kopfballspiel? Santini, Vyunnik und Katic konnten das schon, bevor sie zum FCZ kamen. Kramer war in diesem Bereich bis zum Schluss schmerzhaft zum Zuschauen. Leitner rannte sogar möglichst weit weg, wenn ein hoher Ball in seine Richtung kam. Ceesay und Gnonto konnten es lange Zeit auch nicht, bis sie es in der Meistersaison auf fast schon mirakulöse Art und Weise plötzlich gelernt haben. Die defensive Disziplin und Mitarbeit ist bei den Neuzugängen ebenfalls eher besser, als bei den Abgängen. Physisch haben Neuzugänge wie Condé, Vyunnik oder Santini ebenfalls insgesamt mehr auf dem Kasten, als die Abgänge. Von diesen war einzig Kramer wirklich kräftig und dieser setzte seine Muskeln eher ungeschickt ein. Man hatte immer wieder das Gefühl, er wäre mit seinen Voraussetzungen in anderen Sportarten erfolgreicher.
Erfahrung? Die ist bei den Neuzugängen ebenfalls grösser. Selnaes, Santini, Avdijaj und Co. haben mehr Länderspiele, Europacuppartien und Einsätze in Topligen auf dem Buckel. Selbst der junge Vyunnik hat schon mal Real Madrid auswärts in der Champions League geschlagen. Kramer kam von einem deutschen Viertligisten, Gnonto aus der Primavera, Doumbia aus der Challenge League, Ceesay von Lugano. Einzig im Bereich Speed hat man diesen Transfersommer Einbussen gemacht. Das war die grosse Stärke von Ceesay und Kramer. Doumbia ist auch nicht langsam. Daher macht es auch Sinn, dass Rohner nun im Sturm spielt. Wenn das Timing stimmt, dann haben Super League-Verteidiger genauso wie gegen Ceesay und Kramer kaum eine Chance gegen ihn.
Einen Ceesay „Ausgabe 21/22“ kann sich der FCZ auf dem Transfermarkt nicht leisten
Tosin und auch die Neuzugänge sind nicht in dieser Speed-Kategorie. Vor diesem Hintergrund ist auch verständlich, dass der FCZ seine Spielweise und Taktik umgestellt hat. Das Stärken-/Schwächen-Profil der Mannschaft hat sich verändert, und dementsprechend muss man natürlich auch die Spielweise und Taktik anpassen. Mehr Technik und weniger Speed spricht tatsächlich für einen dominanteren Fussball mit mehr Ballbesitz, wie ihn Foda zu implementieren versucht. Trotzdem hat die Mannschaft in dieser Saison bisher ihre besten Momente immer noch im Umschaltspiel, auch wenn das Ballbesitzspiel langsam Fortschritte macht.
7.8.2022: FCZ – Sion im Letzigrund
Bei all der grundsätzlichen Qualität, die bei den Neuzugängen vorhanden ist: entscheidend für die aktuelle Tabellen- und Stimmungslage ist natürlich, was sie aktuell in den letzten Wochen auf den Platz bringen – im Vergleich zu dem, was die Spieler über weite Strecken letzte Saison auf den Platz gebracht haben. Aktuell sind Selnaes und Santini läuferisch und vom Rhythmus her noch nicht auf Super League-Niveau angekommen. Okita muss nach dem anders gearteten holländischen Fussball sein Spiel umstellen und hat seinen Platz im Team noch nicht gefunden. Omeragic und Dzemaili kommen aus der x-ten Verletzungspause und machen Anfängerfehler. Die Mannschaft wird im Dreitagerhythmus rotiert, das Team hat sich in neuer Zusammensetzung, neuer Spielweise und neuem Trainer noch nicht ganz gefunden. Kramer erzielte in seiner ersten FCZ-Saison sein erstes Tor erst in der 12. Runde, obwohl er immer spielte. Ceesay schoss in den ersten drei Saisons ingesamt nur sechs Liga-Treffer. Aber den „Ceesay Ausgabe 21/22“, so jemanden kann sich der FCZ auf dem Transfermarkt nicht leisten.
Ab jetzt bewegt man sich auf dünnem Eis
Kann man Franco Foda mit Urs Meier vergleichen, dem Trainer, der Anfang Saison 15/16 nicht so überhastet hätte entlassen werden dürfen? Von der angestrebten Spielweise her ja, aber sonst ist einiges anders. Unter Meier waren die Resultate besser, die Spielweise souveräner und er machte weniger taktische Fehler, weil er Mannschaft und Liga gut kannte. Die taktischen Fehler machte Breitenreiter in der Vorrunde letzter Saison übrigens genauso wie Foda, nur ging das in den generell positiven Resultaten etwas unter. Die Tabellensituation ist schlimmer als 15/16. Nur dass der Letztplatzierte diesmal nicht direkt absteigt, und Winterthur einen schlechteren Saisonstart erwischt hat, als damals Vaduz oder Lugano, sind Hoffnungsschimmer. Aber auf beides kann man sich im Verlauf der Saison nicht verlassen.
Trainer Mario Frick hat zuletzt mit Vaduz und Luzern herausragende Rückrunden gespielt. Trotzdem stieg Vaduz ab und Luzern schaffte es nur noch auf den Barrage-Platz. In der FCZ-Abstiegssaison 15/16 war die Übergangsphase zwischen den Trainern Meier und Hyypiä von Anfang August bis Ende Oktober entscheidend für den Abstieg. Denn danach bewegte man sich trotz über weite Strecken guter Leistungen während der restlichen Saison auf dünnem Eis und ein einziger Riss genügte, um einzubrechen. Der FCZ ist von der Teamstruktur her seit vielen Jahren anders aufgestellt, als beispielsweise Luzern oder Vaduz. Einfach nur „kämpfen“ alleine reicht nicht, um den Klassenerhalt zu schaffen. Man muss unbedingt auch die Qualität der einzelnen Spieler in die Waagschale werfen können.
Fokus auf den Sonntag in Genf
Eines ist klar: die Tabellensituation ist dramatisch und die Spieler müssen sich ab jetzt mental auf den Abstiegskampf einstellen. Seit dem Wiederaufstieg hat man unter Forte, Magnin, Rizzo und Breitenreiter die Vorrunde immer mindestens auf dem 4. Platz abgeschlossen. Das wird diesmal nicht der Fall sein, Man kann nicht mehr länger mehrere ältere Spieler parallel in Ligaspielen „aufbauen“ und an den „Super League-Rhythmus heranführen / zurückführen“. Wahrscheinlich muss auch die Team-Hierarchie verändert werden. Nur läuferisch für Super League-Verhältnisse gute Spieler sollten auf dem Platz stehen – mit allerhöchstens einer Ausnahme.
Personell muss diese Woche der Servette-Match vom Sonntag Priorität haben. Es ist das letzte Liga-Spiel vor der Nati-Pause. Man trifft auf einen sehr formstarken Gegner, vor dem der FCZ aber trotzdem nicht gleich in Ehrfurcht erstarren muss. Von den aktuell formstärksten FCZ-Spielern sollten gegen Arsenal nur diejenigen spielen, denen dieser Auftritt nützt, um am Sonntag Bestleistung zeigen zu können. Wer von der für Servette vorgesehenen Startformation hingegen aufgrund seiner aktuellen mentalen und/oder physischen Konstitution aus dem Arsenal-Match etwas fehlende Frische in das Spiel in Genf mitnehmen könnte, sollte am Donnerstag auch nicht spielen. Zumindest nicht in der Startformation.
Wie ein Plan B aussehen müsste
Und natürlich muss die sportliche Leitung einen Plan B im Köcher haben. Auf der einen Seite ist es zwar verständlich, wenn man sich gerade in der Trainerfrage nicht damit beschäftigen will, denn nur schon sich ernsthaft mit Alternativen zu beschäftigen, kann das dringend nötige Vertrauen, das jeder Trainer braucht, untergraben. Auf der anderen Seite darf es im Fall der Fälle auf keinen Fall wieder so eine schädliche Übergangsphase geben wie in der Saison 15/16. Ein Coach, der während einer Saison kommt, sollte den Schweizer Fussball und wenn möglich den FCZ sehr gut kennen – und müsste zudem mit seiner Art von Fussball auch zum mittlerweile veränderten Profil der Zürcher Mannschaft passen.
Der Liga-Saisonstart 22/23 des FCZ ist schlechter als in der Abstiegssaison 15/16. Damals hatte man nach sieben Runden fünf Punkte auf dem Konto, diesmal nur zwei – und noch keinen einzigen Sieg. Die Tabellensituation ist dramatisch. Man erinnere sich daran, wie viel Effort und herausragende Leistungen Luzern letzte Saison gebraucht hat, um es in dieser ausgeglichenen Liga zumindest noch auf den 9. Platz zu schaffen. Sitzt man mal so tief im Loch, kommt man selbst mit „ordentlichen Leistungen“ nirgendwo mehr hin. Denn die Konkurrenten punkten ebenfalls regelmässig.
Nach Expected Goals erst eine Niederlage in 14 Spielen
Allerdings: gemessen an den Expected Goals müsste der FC Zürich eigentlich zehn Punkte auf dem Konto haben! Die Expected Goals widerspiegeln die Leistung einer Mannschaft besser. Das Stimmungsbild wird aber natürlich von den tatsächlichen Resultaten geprägt. Die beiden Heimspiele zuletzt gegen Basel und Lugano hätten gemessen an den Torchancen jeweils mit einem 2:1-Sieg enden müssen. Und man wäre in der Champions League-Qualifikation mindestens eine Runde weitergekommen. Nur ein einziges von 14 Spielen hat der FC Zürich bisher nach Expected Goals verloren. Dies war das Heimspiel gegen Sion. Und selbst in dieser Partie war man eine Stunde klar überlegen und der Gegner hatte bis zur 56. Minute keine nennenswerte Torchance. Unterlegen war man nie, häufig das bessere Team. Im Gegensatz zu letzter Saison fehlt es vor allem an der Abschlusseffizienz. Und weil man im Verlaufe einer 2. Halbzeit aufgrund des fehlenden Torerfolges zunehmend Risiken eingeht, kassiert man weitere Gegentreffer.
FCZ Expected Goals und Goals Saisonstart 22/23
Ganz anders sieht es beispielsweise beim Stadtrivalen aus, der vor dem Derby gegen Winterthur neun statt nach Expected Goals nur drei Punkte auf dem Konto hat – und dann auch dieses dank grosser Effizienz gewinnt. GC hat diese Saison noch kein Liga-Spiel nach Erwarteten Toren gewonnen, aber trotzdem in den beiden Heimpartien gegen Lugano und St. Gallen jeweils Siege eingefahren – und auswärts ausser in Genf jeweils einen Punkt. GC war im Gegensatz zum Rest der Liga diesen Sommer auf dem Transfermarkt zurückhaltend bis fast schon inexistent. Auf dem Platz ist allerdings bis jetzt ein Realismus ersichtlich, der zumindest teilweise an den FCZ der letzten Saison erinnert. Ob das von aussen eher zerbrechlich wirkende Teamgefüge (geringe Kadertiefe, einige launische Spieler) aber wirklich halten wird, muss sich erst noch zeigen.
GC Expected Goals und Goals Saisonstart 22/23
Auch in der dritten Saison: mit Dzemaili weniger Punkte
Stichwort Transfersommer: es wurden an dieser Stelle in den letzten Wochen schon mehrmals die Vor- und Nachteile der FCZ-Tranferstrategie vor allem in Bezug auf die Personalen Selnaes und Santini erörtert. Beides sind Spieler mit gehobenen technischen Qualitäten, bei denen aber nach einem Jahr in Saudi-Arabien im Alter von 33 Jahren (Santini) beziehungsweise dreieinhalb (!) Jahren in China (Selnaes) unsicher ist, ob sie es nochmal auf das Niveau des Super League-Rhythmus schaffen, und wenn ja, wie lange das dauert. Erfahrene Verpflichtungen müssten eigentlich sofort helfen können. Der FCZ gibt stattdessen diesen Spielern die Plattform, um sich wieder an den europäischen Rhythmus heranzutasten. Früher hat man eine solche Plattform vielversprechenden jungen Spielern aus dem eigenen Nachwuchs gegeben.
Aktueller Stand: Santini ist immer noch weit entfernt von der in dieser Liga geforderten Spritzigkeit. Bei Selnaes könnte man sich hingegen vorstellen, dass er gegen Ende der Vorrunde (die im neuen Jahr startet) der Mannschaft langsam, aber sicher auch unter dem Strich helfen kann. Aber nur dann, wenn er nicht wie gegen Lugano mit Dzemaili gleichzeitig auf dem Platz steht. Die beiden sehr ähnlichen Spieler sind in den Zweikämpfen und in der Rückwärtsbewegung viel zu schwach für diese Liga. Man gibt im Spiel ohne Ball dem Gegner das Zentrum preis. Als gegen Lugano Condé für Dzemaili reinkam, stieg die Stabilität merklich. Dzemaili hat sowieso eine schlechte Bilanz. Wenn die FCZ-Legende auf dem Platz steht, holt die Mannschaft weniger Punkte. Das war in der Saison seiner Rückkehr 20/21 so, im Meisterjahr 21/22 ebenfalls, und es gilt genauso wieder für die aktuelle Saison 22/23.
Becir Omeragic defensiv haarsträubend
Auch der 36-jährige Dzemaili gehört zu den Spielern, die man nach einer seiner zahlreichen kleineren Verletzungen immer wieder „aufpäppeln“ muss. Genauso wie der schon seit Jahren fragile 16 Jahre jüngere Becir Omeragic, der defensiv in der Liga zur Zeit einfach nur schlecht spielt. Bis und mit dem Cupspiel in Cham hat er eine Defensivdurchschnittsnote von gerade mal 4,0. Selbst wenn man sich einzig auf die Gegentore in seinen bisherigen drei Liga-Einsätzen fokussiert, ist die Bilanz haarsträubend. In St. Gallen ist der Genfer mit zu zögerlichem Verhalten an beiden Gegentreffern wesentlich mitbeteiligt. Gegen Sion verursacht er das wegweisende erste Gegentor mit einem Ballverlust in der eigenen Hälfte und trottet beim dritten Gegentreffer wie ein “Baditschütteler“ in der Gegend herum, lässt die Walliser gewähren. Gegen Lugano schliesslich ist er erneut der Hauptverursacher des wegweisenden ersten Gegentreffers. Er vergisst, die Aussenseite zuzumachen und verliert (ohne Ball) das entscheidende Laufduell gegen Haile-Selassie (mit Ball) klar und deutlich. Bei der Entscheidung zum 1:2 wiederum versteckt er sich gedankenverloren hinter Mitspieler Boranijasevic und lässt seine zwei Verteidigerkollegen Kryeziu und Aliti im Strafraum gegen drei Luganesi in Unterzahl alleine zurück. Dass Omeragic in der aktuellen Saison einen über dem Durchschnitt liegenden Punkteschnitt hat (siehe Grafik oben), liegt in erster Linie daran, dass er in seinen wenigen Einsätzen in der noch jungen Saison überproportional in Cup und Europacup eingesetzt worden ist. Die drei Liga-Spiele mit ihm gingen allesamt verloren.
Dann Willy Gnonto: zwar bemüht, aber völlig ausser Form und scheinbar mit dem Kopf nicht 100% bei der Sache, erhielt in den letzten Wochen sehr viel Spielzeit – und Chancen. Die Mannschaft ist nicht stark genug, um so viele prominente Spieler auf der Suche nach ihrer Form (Selnaes, Santini, Dzemaili, Omeragic, Gnonto) mitschleppen und deren viele Unzulänglichkeiten kompensieren zu können. Keine Super League-Mannschaft könnte das. Letzte Saison war einzig Dzemaili so ein Fall. Er kam dabei aber nur in etwa der Hälfte der Spiele von Beginn weg zum Einsatz und hatte mit dem Jubiläumsspiel gegen Sion und dem Meisterspiel in Basel immerhin zwei Highlights dabei, wo er der Mannschaft wirklich helfen konnte. Nach Mannschaftsteilen betrachtet enttäuschten bisher die gelernten Stürmer im Kader (mit Ausnahme von Vyunnik) am meisten. Den Glauben an die eigenen Stürmer nicht zu verlieren, ist für dieses Team jetzt einer der wichtigsten Faktoren.
Super League ist keine Reha-Klinik
Von den anderen neuen Spielern im Team sind Bohdan Vyunnik und Cheick Condé eine klare Verstärkung. Donis Avdijaj und Jonathan Okita erinnern manchmal etwas an launische Ex-Spieler wie Kololli oder Mahi, die die Mannschaft nicht wirklich weiter brachten. Allerdings arbeiten Avdijaj und Okita defensiv mehr für die Mannschaft und haben insgesamt eine höhere Qualität. Gerade Okitas Potential ist gross, wenn er mal “ins Rollen kommt“ und noch etwas zielgerichteter agiert. Die neuste Neuverpflichtung Nikola Katic ist der Typ des grossgewachsenen, etwas ungelenken und im Antritt mit Problemen kämpfenden Innenverteidigers. Vorletzte Saison verpasste der Kroate aufgrund eines Kreuzbandrisses komplett. Der FCZ baut wohl darauf, dass er nach dem Wiederaufbau letzte Saison bei Hajduk in der Kroatischen Liga zum jetzigen Zeitpunkt wieder zurück in seine Verfassung vor der Verletzung kommen könnte. Und wenn man sich vorstellt, wie sich bei Standards das Trio Kryeziu / Mets / Katic gemeinsam in die gefährliche Zone begiebt, könnte das bei einigen Super League-Gegnern für Unruhe sorgen.
Das Trainerteam um Franco Foda muss nun dringend notwendige personelle Entscheidungen treffen. Die Super League ist keine Reha-Klinik. Von den Spielern, die Mühe mit dem Rhythmus haben, darf allerhöchstens einer gleichzeitig auf dem Platz stehen. Entscheidet man sich beispielsweise für Selnaes, dann müssen Omeragic, Dzemaili und Santini draussen bleiben. Und Katic sollte man nur einsetzen, wenn er sofort helfen kann. Noch einen Spieler, der erst aufgebaut werden muss, kann sich der FCZ nicht leisten. Die Grösse des Kaders ist grundsätzlich gut. Angesichts der Liste von „Fragezeichen“ im Team muss man aber sicherlich auch ein Auge auf die Optionen aus der U21 (Hodza, Janko, Reichmuth, Bajrami,…) haben.
Auf dem Weg zu einer neuen Team-Identität
Letzte Saison stellte sich in unserer Liga-Analyse heraus, dass Konstanz ein Erfolgsfaktor ist. In erster Linie im personellen Bereich, in zweiter Linie bezüglich Spielweise und in dritter Linie beim Spielsystem. Dies scheint sich in der aktuellen Saison weiter zu bestätigen. Sion beispielsweise tritt personell und taktisch deutlich konstanter als letzte Saison an, und spielt dementsprechend erfolgreicher. Der FCZ ist bezüglich aller drei Faktoren unkonstanter – mit dementsprechend deutlich schlechteren Resultaten. Wie letzte Saison eine Stammformation zu haben, würde dem FCZ grundsätzlich gut tun. Wie sehr dies aufgrund des Dreitage-Rhythmus tatsächlich sinnvoll und möglich ist, ist schwierig zu beurteilen, wenn man das Innenleben des Teams nicht im Detail kennt. Trainer von Teams, die in der gleichen Situation wie der FCZ sind, rotieren in der Regel ja ebenfalls relativ viel.
Bezüglich Spielsystem hat sich in den letzten Wochen eine gewisse Formation herausgebildet. In der Grundformation ein 3-4-1-2 wie letzte Saison, welches aber in vielen Spielsituationen gegen und auch mit dem Ball zu einem 3-4-3 wird – speziell wenn nicht hoch gepresst wird und mehr Breite erforderlich ist. Man praktiziert nicht mehr eine Manndeckung auf dem ganzen Platz wie unter Breitenreiter. Die Raumdeckung kann im negativen Fall dazu führen, dass die Mannschaft zu passiv wird. Breitenreiters Manndeckung hatte auch den Effekt, dass sie einige latent etwas lethargisch veranlagte Spieler dazu zwang, jede Zehntelssekunde des Spiels aufmerksam zu sein. Zuletzt war in den Details aber auch eine Entwicklung erkennbar. So sind neuerdings in Ballbesitz die drei Spieler in der vordersten Reihe mit Diagonalläufen viel in Bewegung. Tosin, Avdijaj, Vyunnik, Krasniqi, Marchesano, Okita und Co. tauchen mal zentral und dann wieder auf dem Flügel auf und machen dem Gegner Probleme, weil sich dessen Abwehrspieler ständig auf neue Situationen und Gegenspieler einstellen müssen.
Wechsel während dem Spiel – manchmal ist weniger mehr
In Sachen Höhe des Pressings agiert man je nach Gegner unterschiedlich. Manchmal zieht man sich zurück, manchmal greift man hoch an. In der Meistersaison war man sehr tief stehend gestartet, und versuchte dann im Laufe der Rückrunde zunehmend ins Pressing zu gehen. Die taktischen Wechsel während des Spiels unter Foda sind manchmal nützlich, manchmal aber auch kontraproduktiv – wie zuletzt die Umstellung auf Viererabwehr mit der Einwechslung Santini für Guerrero in der Schlussphase gegen Lugano. Der Wechsel brachte vor allem Fodas eigenes Team durcheinander und hatte einen wichtigen Anteil an der Niederlage. Schon zum Auftakt in Bern hatte Foda mit zu offensiven Wechseln die Balance im Team entscheidend gestört, was YB sofort ausnutzte. Auch bezüglich Spielweise und System tut Foda gut daran, die Identität des Teams noch mehr zu schärfen. Flexibilität ist gut, aber nur, wenn darunter ein Fundament vorhanden ist. Schritte in diese Richtung sind zuletzt getan worden, aber es ist noch nicht genug.