FCZ in Zweikämpfen unterlegen, irregulärer Siegtreffer / YB – FCZ Highlights & Interview

Nach Basel und GC kassiert der FCZ auch gegen das dritte Spitzenteam der Liga eine Niederlage. Es ist weitgehend die grössere Qualität der Einzelspieler, die den Unterschied ausmacht – vor allem YB-Stürmer Roger Assalé macht den Unterschied. Assalé ist aktueller Ivorischer Nationalspieler und bereits der neunte Ivorer bei YB. Mit Djibril Sow und Christian Fassnacht sind auch zwei Spieler aus der FCZ Academy aktuell wichtige Stützen des Meisterschaftsleaders. Sow bereitete dabei mit einem gut getretenen Freistoss das entscheidende 2:1 in der 84. Minute durch Assalé vor. Dieses kam allerdings irregulär zustande: Kevin Mbabu kam nur deshalb völlig freistehend zum Kopfball, weil er zuvor seinen Gegenspieler Kevin Rüegg in den Rücken gestossen hatte.

YB war aber von Beginn weg überlegen gewesen. Die taktische Umstellung vom 3-4-3 auf ein 3-5-2 schien beim FCZ gut zu funktionieren, aber erstmals in dieser Saison war man dem Gegner in den Zweikämpfen unterlegen. Diese Unterlegenheit wurde dann teilweise durch übermotiviertes Einsteigen kompensiert, was nach den Fouls von Brunner an Assalé und Pa Modou an Mbabu zu den beiden entscheidenden Standards führte. Dies nachdem der FCZ in der 34. Minute entgegen dem Spielerverlauf nach dem ersten Eckball der ganzen Partie in Führung gegangen war. Das Tor fiel wieder in der Phase Mitte der Ersten Halbzeit, in welcher der FCZ diese Saison am meisten Tore erzielt. In der Zweiten Halbzeit konnte das Forte-Team die Partie ausgeglichener gestalten und hätte durchaus auch selbst noch ein zweites Tor erzielen können. Neun Minuten vor Ende der regulären Spielzeit kam zudem Stephen Odey bei einem Doppelwechsel im Zürcher Sturm zu seinem Meisterschaftsdébut.

Young Boys – FCZ 2:1 (1:1)

Tore: 34. Nsamé (Eigentor, Sarr) 0:1, 36. Sulejmani (Penalty, Assalé) 1:1: 84. Assalé (Mbabu) 2:1.

BSC Young Boys: Von Ballmoos; Mbabu, Nuhu, Von Bergen (58. Wüthrich), Lotomba; Fassnacht (69. Moumi), Sow, Sanogo, Sulejmani; Assalé, Nsamé (81. Hoarau).

FC Zürich: Vanins; Thelander, Bangura, Brunner; Winter (85. Rodriguez), Palsson, Pa Modou; Rüegg, Sarr; Dwamena (81. Koné), Frey (81. Odey).

(Standbild: SFL.CH) 

 

 

Jetzt mal ehrlich: drei Fragen vor YB – FCZ

  1. Warum fühlen wir uns in Bern so wohl?

Uli Forte, Fredy Bickel, Dodo Jud,… Es ist ein eisernes Gesetz: geht ein Zürcher nach Bern, kommt er anschliessend aus dem Schwärmen nicht mehr heraus: die Stadt, die Klubs, die Frauen,… Es entstehen kreative Werke, Erfolge – ganze Familien. Auch der FCZ fühlt sich im Wankdorf wohl. In diesem Stadion gab es für den Letzigrund-Klub in den letzten Jahren einige der spektakulärsten Spiele und Siege – unter anderem zwei Mal im Cup. Bei einer Begegnung YB gegen FCZ im Wankdorf sind drei Tore im Normalfall das Minimum, der Unterhaltungsfaktor hoch. Und nicht zu vergessen: im Cupfinal wurde hier 2014 der haushohe Favorit aus Basel geschlagen. Es muss wohl am Geist des 10. Mai 2006 liegen, als YB’s UEFA Cup-Hunger grösser war, als der Meisterhunger des FCB – der 4:2-Sieg der Berner ebnete den Weg zum ersten FCZ-Meistertitel seit 25 Jahren.

  1. Hat Uli Forte recht?

Grundsätzlich: Uli Forte hat immer recht. Er ist der Coach. Aber wird wie vom FCZ-Trainer vorausgesagt YB diesmal wirklich Meister? Es wäre ein grosser Einschnitt. Der oben erwähnte Meistertitel 2006 wandelte in jenen Mai-Tagen nach Zürich. Parallel wanderte damals gleichzeitig etwas anderes in die entgegengesetzte Richtung: der Nimbus des sympathischen Verlierers. Neu war nun nicht mehr der FCZ, sondern YB der Klub, der am längsten keinen Meistertitel mehr geholt hatte. Mittlerweile hat YB mit 31 meisterlosen Jahren den FCZ von damals weit überholt. Seither war YB nach dem FCB mit Abstand das konstanteste Spitzenteam der Schweiz, wovon sechs 2. Plätze und drei 3. Plätze zeugen. Zwei Mal wurde eine Finalissima verloren, zwei Mal ein Cupfinal. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zum FCZ, der über Jahrzehnte gar nicht erst in die Nähe eines grossen Erfolges gekommen war, bei entscheidenden Spielen dann aber trotzdem praktisch immer als Sieger hervorging (unter anderem mit 9 Cuptiteln in 10 Finals).

  1. Ist Bern das neue Zürich?

Wir schreiben das Jahr 1848. Mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft wird eines der ältesten heute noch existierenden Staatswesen der Welt gegründet. Gefunden werden muss nach Jahren des wechselnden «Vorortes» der Sitz für Parlament, Regierung und Verwaltung. Luzern, Zürich und Bern stehen zur Auswahl. Die Meinungen sind geteilt. Einig sind sich die Eidgenossen aber darüber, dass man weiterhin möglichst grosse Diversität will, und kein starkes Zentrum à la Paris, Berlin oder London. Deshalb sind viele gegenüber den bereits relativ grossen Zürich und Bern skeptisch. Und deshalb entscheidet man sich auch dafür, keine eigentliche Hauptstadt zu bestimmen, sondern eine Bundesstadt als Sitz von Parlament, Regierung und Verwaltung. 169 Jahre später startet der Berner Schlittschuh-Club als Schweizer Meister völlig entgegen allen ungeschriebenen Gesetzen und Abmachungen ausgezeichnet in die neue Saison und verzichtet auf den ominösen «Meister-Blues». Gleichzeitig liegen die «weltberühmten» Young Boys in der Super League mit sieben Punkten in Front! Und schon ist es mit der lange gepflegten Berner Zurückhaltung nicht mehr weit her. Nix mehr mit Bundesstadt und 1848. In Bern legt man plötzlich wert darauf, als «Houptschtadt» bezeichnet zu werden – und YB ist demonstrativ der «Houptschtadtklub». Der Ton in Richtung Basel (und Zürich) wird rauer. An der Limmat verfolgt man diese Entwicklung natürlich mit besonderer Sorge. Wollen die Berner uns wirklich unseren in mühsamer Kleinarbeit über Jahre aufgebauten und gepflegten Status als «arroganteste und uneidgenössischste Schweizer» abluchsen? Nicht auszudenken, was los wäre, würde YB nun tatsächlich auch noch den Titel erringen? Wird dann ein Berner Arc de Triomphe errichtet? Oder Berndeutsch als gesamtschweizerische Lingua Franca durchgesetzt?  Und noch schlimmer: gilt Zürich dann plötzlich als vergleichsweise sympathisch? Die Identitätskrise wäre vorprogrammiert!

Drei Fragen vor Sion – FCZ: mit oder ohne Alain Nef?

Die erste Saisonbegegnung im August war aus Sicht des FCZ ein sehr wichtiger 2:0-Heimsieg dank zwei Standardtoren von Roberto Rodriguez und Michi Frey. Vor allem in der 1. Halbzeit gab es im Letzigrund viele Torchancen auf beiden Seiten, wobei beim Gegner vor allem der zuletzt verletzte Brasilianer Adryan jeweils seine Füsse im Spiel hatte.

Vor dem „Rückspiel“ im Tourbillon am Samstag stellen sich aus Sicht des FCZ drei Fragen.

  1. Hat die Mannschaft aus dem Derby gelernt?

Für Uli Forte war das Derby ein Match, wie er einmal pro Jahr vorkomme oder noch seltener. Deshalb gäbe es aus dem Derby nicht wirklich viel zu lernen. Die Mannschaft hat vor dem Derby gewusst, was sie machen muss, und weiss es auch jetzt. Man habe in diesem Spiel GC die Tore auf dem Silbertablett serviert. Das dürfe so nicht vorkommen. Und man müsse vorne um die Tore kämpfen, mehr Vertikalität ins Spiel bringen, und nicht davon ausgehen, dass alles von alleine gut komme. Nichtsdestotrotz habe man letzte Woche gegen Stade Lausanne Ouchy und den FC Basel wieder mehr Killerinstinkt gesehen.

2. Ist der kürzliche Trainerwechsel in Sion ein Vorteil für den FCZ?

Normalerweise geht bei einem Trainerwechsel ein Ruck durch eine Mannschaft. Die vom alten Trainer verschmähten Spieler schöpfen neue Hoffnung und geben Vollgas, die etablierten müssen sich entsprechend neu beweisen. In Bern bei der 1:5-Niederlage Sions zum Auftakt der Ära des neuen Trainers «Gabri» wirkte Sion zeitweise etwas orientierungslos, und es gab viel taktischen Erklärungsbedarf zwischen Spielern und Trainerstaff. Uli Forte verfolgte dies als Tribünengast aus nächster Nähe. Der Spanier hatte nur ganz wenige Trainingseinheiten zur Verfügung, um dem Team seine Ideen zu vermitteln und musste gleich beim heimstarken Leader auf Kunstrasen ins kalte Wasser springen.

Mittlerweile hatten Gabri und sein Team eine ganze Woche Zeit, sich auf den FCZ-Match vorzubereiten und das 4-3-3 System einzustudieren. FCZ-Trainer Uli Forte erwartet  beim Gegner in jeder Hinsicht, organisatorisch, mental und möglicherweise auch personell eine andere Mannschaft auf dem Platz, als noch in Bern. Gabri bezeichnete das Spiel gegen den FCZ bereits als einen «Final» vor der Nationalmannschaftspause. Kommt der «Neue Besen»-Effekt bei den Wallisern also mit einer Woche Verspätung, oder braucht das Team noch etwas mehr Zeit, um vom Italiener Paolo Tramezzani auf die Barçelona-Schule Gabris mit viel Ballbesitz umzustellen?

  1. Ist Alain Nef wieder fit?

Alain Nef, der beim letzten Auftritt des FCZ im Wallis (ein turbulentes 2:2) drei Tage vor dem Abstieg in der 95. Minute Gelb-Rot sah, war zuletzt bereits etwas länger angeschlagen gewesen und gegen Basel aus diesem Grund erst in der Schlussphase eingewechselt worden. Er erhielt während seines Kurzeinsatzes aber einen weiteren Schlag aufs Knie und konnte nur mit Müh und Not zu Ende spielen. Diese Woche absolvierte er ein Spezialprogramm und sein Einsatz morgen gegen Sion ist zur Zeit noch fraglich.

Von den Langzeitverletzten am weitesten ist Mirlind Kryeziu. Der Verteidiger könnte in Kürze (wohl zuerst in der U21) zu seinen ersten Einsätzen kommen. Antonio Marchesano absolviert im Mannschaftstraining erst ein Teilprogramm – bei ihm wird es bis zu einem möglichen Einsatz noch mehrere Wochen dauern. Armin Alesevic muss in diesen Tagen eine weitere Operation am Knie über sich ergehen lassen, lässt sich davon aber nicht unterkriegen und wirkt im Gespräch mit Züri Live zuversichtlich für die nähere Zukunft.

News gibt es auch von Marvin Graf: der zuletzt an den FC Wohlen ausgeliehene schnelle Offensivmann laboriert seit mehr als einem Jahr an einem Knorpelschaden. Gemäss Leiter Sport Thomas Bickel ist zur Zeit geplant, dass Graf ab Dezember 2017 beim FCZ mit der Reha beginnt. Der aus dem eigenen Nachwuchs stammende 22-jährige hat noch Vertrag bis 2020.  

Stephen Odey für Thun-Match spielberechtigt

Der vom FCZ neu verpflichtete Stürmer Stephen Odey hat die Spielberechtigung erhalten und FCZ-Trainer Uli Forte überlegt sich, den Nigerianer vielleicht bereits für den Auswärtsmatch in Thun am Sonntag 16 Uhr aufzubieten. Beim zuletzt angeschlagenen Moussa Koné ist ein Aufgebot fürs 18 Mann-Kader ebenfalls noch offen. Bei der Vorschau-Pressekonferenz vor der Saalsporthalle gibt Trainer Uli Forte Einblick auf seine Sicht auf sein Team. Angesprochen auf die guten Zweikampfwerte gegen Lugano meint er: „Zweikämpfe sind die Basis des Spiels. Wir müssen in diesem  Bereich etwas Spezielles leisten, den Gegner in Stress bringen. Bringen wir unsere Zweikampfqualitäten nicht auf den Platz, sind wir nur eine durchschnittliche Mannschaft“.

Beim Gegner streicht der FCZ-Trainer die Aufsässigkeit heraus, sowie das schnelle Umschalten, die Qualitäten bei Standards (neun von 17 Saisontoren) und die Heimstärke auf Kunstrasen. Im Juli konnte der FCZ nach zuletzt sieben sieglosen Meisterschafts-Direktduellen gegen die Berner Oberländer erstmals wieder gewinnen. Im Letzigrund wurde dabei ein 0:1-Rückstand dank Kopfballtoren von Michi Frey und Alain Nef in einen Sieg gedreht. Gemäss dem Wiener Mathematik-Professor Rudolf Taschner gewinnt ein Team, das auswärts mit 1:0 in Führung geht, eine Partie zu 78% – zu Hause sogar zu 93%. Der FCZ hat aber gegen Thun gezeigt, dass er auch nach Rückstand sogar noch gewinnen kann. „Das liegt auch daran, dass wir bei den Transfers viel Wert auf den Faktor Mentalität gelegt haben“, meint Forte dazu. Thun – FCZ ist wie immer live zu hören auf Züri Live – Sendebeginn: 15:50 aus der Stockhorn Arena.

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