Krasniqi spielt gern und gut im Kybunpark gegen St. Gallen / FCSG – FCZ Analyse mit Randnotiz: Steigerung im letzten Monat 2023
OFFENES SPITZENDUELL VOR AUSVERKAUFTER KULISSE / ST.GALLEN – FCZ VORSCHAU (Züri Live)
Der FCZ beginnt die Partie gut, macht mit hohem Pressing von Anfang an viel Druck, spielt schnell, präzise und ist auch in der 2. Halbzeit die bessere Mannschaft. In der 24. Minute hat Jordi Quintilla Glück, dass er für ein Foul mit der Sohle voran gegen Condé nicht vom Platz fliegt. Vor einem Jahr hat Schmidt gleichenorts für eine eher etwas harmlosere Aktion gegen Gnonto Rot gesehen. Nach Spielunterbrüchen wird das zweite Spielviertel hingegen fast komplett durch St. Gallen dominiert – und in dieser Phase fällt auch der einzige Treffer der Partie. Die Grünweissen kontern im eigenen Stadion erfolgreich. In den ersten 45 Minuten kommt der FC Zürich nur zu zwei Abschlüssen. Die Partie insgesamt ist zwar so intensiv wie immer zwischen diesen beiden Kontrahenten, aber es entstehen auf beiden Seiten unter dem Strich weniger Torchancen als üblich. Der FCZ hat nach Erwarteten Toren zum ersten Mal seit der 0:2-Heimniederlage gegen Servette weniger (gute) Torchancen als der Gegner. In der 2. Halbzeit stellt der FCZ das Heimteam durch die Umstellung auf ein 4-2-3-1 allerdings vor Probleme. Zum Ausgleich reicht das aber nicht mehr.
Anfang Saison ging der Game-Plan besser auf
Nachdem man mit Fokus des Energie-Managements auf die 1. Halbzeit zu Beginn der Saison viele Punkte geholt hat, wich der FCZ von diesem erfolgreichen Game-Plan im weiteren Verlauf unverständlicherweise ab und setzte mehr auf die 2. Halbzeit, in welcher sich aber die Aufholjagd jeweils schwierig gestaltete. Die beiden besten Zweiten Halbzeiten der bisherigen Saison hat der FCZ zuletzt in der letzten Wettbewerbswoche 2023 gegen Luzern und nun in St. Gallen an den Tag gelegt. Insgesamt reichte das aber nur zu einem Punkt aus drei Partien. Im Spiel ohne Ball hat sich das Henriksen-Team im Vergleich zur Partie in Winterthur klar gesteigert – mit der drittbesten Defensivleistung der bisherigen Saison (nach dem 0:0 in Bern und dem 3:0 gegen Lugano). Offensiv war der Auftritt hingegen schlechter als zuletzt gegen Winterthur, Luzern und YB. Vor allem von Okita, Afriyie und Boranijasevic kam in dieser Hinsicht im Kybunpark zu wenig. St. Gallen konnte sich auf seine Mittelfeld-Leistungsträger Quintilla, Nati-Kandidat Witzig und Görtler verlassen – und auf den gegen die Winterpause hin immer besser in Form kommenden Akolo. Auf der 10er-Position (aktuell vom eher blassen Toma besetzt) hat das Zeidler-Team hingegen den Abgang von Victor Ruiz vor 18 Monaten immer noch nicht adäquat ersetzen können. Mit dem Spanier im Kader wäre St. Gallen wohl Wintermeister.
Highlights – Wieder sone Daprelà-Aktion
Personalien – Ein oder zwei Einsätze zu viel für Boranijasevic am Ende der 1. Saisonhälfte
- Nikola Boranijasevic: Im Nachhinein gesehen hätte er besser nicht in der Startformation gestanden. In der Partie zuvor in Winterthur erstmals in dieser Saison ungenügend, unterlief dem Serben ein miserables zweites Viertel der Partie, welches gleichzeitig auch die einzige Phase war, in welcher St. Gallen die Überhand gewann. Beim einzigen Gegentor verschätzte sich Boranijasevic beim Ball von Görtler auf Witzig gleich doppelt: erst dachte er fälschlicherweise, er könne das hohe Zuspiel in die Tiefe direkt in der Luft erreichen, dann brach er seinen Lauf an die Grundlinie ab, weil er davon ausging, dass Witzig den Ball nicht im Spiel halten könne. Den Freistoss zu dieser Szene hatte ebenfalls Boranijasevic ohne Not verursacht. Zudem war Boranijasevic zu grossen Teilen am „Brummschädel“ von Marc Hornschuh Schuld. Er hatte einen Ball an der Grundlinie anstatt ins Seitenaus zu schlagen direkt in die Füsse von Witzig gespielt, worauf Hornschuh sich heroisch in den Schuss Witzigs warf und ausgewechselt werden musste.
- Fabio Daprelà: Solide, aber hat wenig Einfluss aufs Spiel. Konnte nach mehreren kleineren Verletzungspausen zum Ende der 1. Saisonhälfte nicht mehr die Form vom Saisonstart erreichen.
- Ifeanyi Mathew: Lässt den Ball in mehreren Aktionen schnell weiterzirkulieren und ist somit an gefährlichen FCZ-Aktionen beteiligt. Versucht es selbst zwei Mal aus der Distanz, darunter in der 58. Minute aus 58 Metern.
- Adrian Guerrero: Standards und Flanken nicht so gut wie üblich, trotzdem weiterhin einer der Besten im Team.
- Cheikh Condé: Speziell am und im eigenen Strafraum ungewöhnlich häufig unaufmerksam. Läuft unter anderem vor dem Gegentor Görtler von der falschen Seite her an, weil er dessen vorherigen Blick Richtung Witzig übersieht.
- Jonathan Okita: Gegen St. Gallen muss man handlungsschnell sein, was Okita fehlt. Seine Standards sind weiterhin gut, aber ansonsten bringt er offensiv nichts zustande.
- Antonio Marchesano: Bringt mit seiner Einwechslung wie so häufig die Maschine des FCZ wieder besser zum Laufen. Kommt aber erst in der Nachspielzeit zu seinem ersten Abschluss.
- Nikola Katic: Wie üblich wieder mit einer schlechten 1. Halbzeit und einer klaren Steigerung in der 2. Halbzeit – im Gegensatz zum Winterthur-Spiel, wo es ausnahmsweise umgekehrt war. Hat in der 1. Halbzeit vor allem Mühe mit den schnellen St. Galler Kontern.
- Bledian Krasniqi: St. Gallen als Gegner und speziell der Kybunpark liegen ihm. Vor einem Jahr beispielsweise war Krasniqi hier ebenfalls mit einer Note “10“ der beste Spieler beim FCZ. Kommt in der Anfangsphase über Engagement und Kampf ins Spiel. Kann sich und seine Mannschaft mit Drehungen mit Ball, Tempodribblings und präzisen Zuspielen immer wieder hervorragend aus der gegnerischen Umklammerung lösen und Torchancen erarbeiten. Spielt in der 1. Halbzeit rechts im Sturm, nach der Auswechslung Afriyies in der 2. Halbzeit dann auf der 10er-Position.
- Marc Hornschuh: Nach seinem unglücklichen Einsatz beim “Hinspiel“ im Letzigrund diesmal defensiv bester Mann beim FC Zürich. Hat einen grossen Anteil daran, dass St. Gallen nach der Pause nicht wie gewollt Druck machen kann – und hält so den FCZ weiter im Spiel. Sein grosser Einsatz für die Mannschaft kann kaum besser illustriert werden, wie mit der Szene in der 59. MInute, als er nach einem Fehler Boranijasevics ohne zu zögern mit Tempo dem im Strafraum völlig frei an den Ball kommenden Witzig entgegeneilt (der durch einen Blitzsprint Krasniqis von der anderen Seite zusätzlich unter Druck gesetzt wird). Witzig muss so schneller abschliessen als gedacht, und trifft mit seinem Drehschuss Richtung rechte obere Torecke Hornschuh an der Schläfe.
- Selmin Hodza: Hat seine Rolle als Einwechselspieler gut ausgefüllt, vor allem als er rechts in einer Viererabwehr spielen konnte, wo er sich am wohlsten fühlt. Ob er aber auch ein Mann für die Startformation sein kann, scheint eher fraglich. Die Konstanz und defensive Solidität ist beispielsweise ein Problem.
- Nils Reichmuth: In Winterthur kam er auf der 10er-Position rein, in St. Gallen agiert Reichmuth auf der Doppel-6 neben Ifeanyi Mathew. Holt im Mittelfeld den Freistoss heraus, der in der 96. Minute zur letzten Torchance des FCZ durch Marchesano führt.
Randnotiz – FCZ-Steigerung im letzten Monat 2023 wird mit zu wenigen Punkten belohnt
Die Entwicklung der Erwarteten Tore und Erwarteten Gegentore bildet die tatsächliche Leistung eines Teams noch etwas akkurater ab, als nur Tore und Gegentore. Auf der Grafik von Footballytics ist ersichtlich, dass der FCZ offensiv und defensiv einen sehr guten Saisonstart hinlegte. Der mittlere Teil der Vorrunde war dann eher unterdurchschnittlich, vor allem weil man (unter anderem durch die Absenz Daprelàs) defensiv nicht mehr so sicher stand wie zu Beginn. In dieser Phase war die Punkteausbeute besser als die Leistungen. So blieb man bis Anfang November ungeschlagen! Im letzten Wettbewerbsmonat gab es defensiv und vor allem offensiv wieder eine Steigerung, die sich aber nicht entsprechend in Punkten ausdrückte. Dies deckt sich mit der Entwicklung der Züri Live-Noten. Die Partien gegen YB (3:1), Luzern (1:1) und Winterthur (1:2) gehörten gemessen an der Notengebung zu den offensiv besten der bisherigen Saison. Die Spiele gegen YB, Luzern und St. Gallen (0:1) waren defensiv unter den besten. Ein Spiel wie gegen Luzern gewinnt man neun von zehn Mal. In Winterthur war die Defensivleistung unterdurchschnittlich, in St. Gallen die Offensivleistung.
Der FC St. Gallen war die ganze “Vorrunde“ lang als einziges Team immer (klar) im “Grünen Bereich“ und müsste eigentlich die Leaderposition inne haben. Die zweitbesten Leistungen hat (trotz Europacup-Engagement) Servette erbracht. YB’s xG / xGa-Statistik ist hingegen durchschnittlich. Die Berner lebten bisher stark von ihrer Effizienz im Abschluss. Yverdon lag die ganze 1. Saisonhälfte hindurch im “Roten Bereich“, in welchem sich auch Stade Lausanne-Ouchy und der FCB fast ausschliesslich bewegten.