Beim FCZ fehlt aufgrund eines Ermüdungsbruches Toptorschützin Fabienne Humm bis Ende Saison und wird wohl deshalb auch die Liga-Torjägerkanone verlieren. Am Samstag knickten im Derby auf dem GC/Campus (0:0) die letzten Hoffnungen der FCZ Frauen, im Meisterschaftsrennen mit einer Aufholjagd Servette nochmal Dampf zu machen – und das nach einem starken 2:1-Auswärtssieg im Stade de Genève zuletzt. Der Fokus gilt dem Halten des für den Europacup berechtigenden Zweiten Platzes und natürlich der Cup! Und da kommt es heute erneut zum Derby gegen GC – diesmal im Letzigrund. Beide Mannschaften agieren seit einiger Zeit erfolgreich mit einer Dreierabwehr. Dies führt zu mehr defensiver Stabilität und interessanten Optionen im Spielaufbau. Diejenige von GC wird durch Captain Laura Walker (10 Ligatore!) zusammengehalten. Beim FCZ ist mit Julia Stierli eine Nationalspielerin dabei.

Luna Lempèrière, die im Derby in der Nachspielzeit noch per Kopf den Pfosten getroffen hatte, bekommt heute eine Chance von Anfang an. Ebenfalls von Anfang an läuft Meri Terchoun auf, die am Samstag noch eingewechselt worden war.

GC unter dem ehemaligen Academy-Trainer Sascha Müller hat seine defensive Stabilität gefunden, muss aber in Richtung gegnerisches Tor noch gefährlicher werden. Die Hoppers treten im Letzigrund mit ihrer Stammformation an, an welcher Müller zuletzt wenn immer möglich festgehalten hat. Nur im Tor wird zwischen Nadja Furrer und Nicole Studer abgewechselt. Die Mehrheit der Spielerinnen in der GC-Startaufstellung hat eine FCZ-Vergangenheit.

Wie schon beim 1:1 gegen den gleichen Gegner in der Vorrunde trat der FCZ im Cup-Halbfinal im Letzigrund mit einer Fünferabwehr an, überliess Basel mehr Ballbesitz und kam so trotz defensiverer Grundausrichtung wieder zu deutlich mehr Torchancen als zuletzt gegen denselben oder andere Gegner. Das Torschussverhältnis war genauso ausgeglichen wie die «Expected Goals». Zum dritten Mal in dieser Saison kam mit Assan Ceesay ein Spieler zu sieben nicht verwerteten Abschlüssen. Die ersten beiden Male waren Ceesay selbst im Cup bei Red Star und Odey zuletzt beim 2:2 in Thun gewesen. Insgesamt hat sich der FCZ im Vergleich zum Lugano-Spiel klar gesteigert – was allerdings nicht für alle Spieler individuell gilt.

Ausgerechnet der bisher so konstant agierende Andreas Maxsø war diesmal ungewöhnlich fehlerhaft, nicht ganz bei der Sache und erhält erst zum dritten Mal eine ungenügende Züri Live-Note. Beim 0:1 beispielsweise verliert Maxsø den entscheidenden Zweikampf an der Seitenlinie gegen Ajeti, im Zentrum ist Rüegg unaufmerksam und lässt Van Wolfswinkel völlig frei vor dem Strafraum an den Ball kommen – die Vollendung von Noah Okafor ist dann aber schlicht Extraklasse. Auch beim 0:2, welches in der 87. Minute für die Vorentscheidung sorgt, misslingt Maxsø ein halbhoher Ball hintenraus – Kevin Rüegg müsste aber trotzdem das Leder ohne Probleme wegspielen oder wegschlagen können, agiert aber zu langsam und lässt sich von Kuzmanovic den Ball vom Fuss spitzeln. Die starke Formbaisse des Zürcher Captains (vor allem wenn er im Zentrum spielt) ging auch gegen Basel nicht weg.

Allgemein fällt im Schweizer Fussball auf, dass jüngere Spieler, die im Sommer vor einem Transfer «nach oben» stehen oder stehen könnten, wie beispielsweise Kevin Mbabu oder Marvin Spielmann, zuletzt völlig ausser Form geraten sind – Kevin Rüegg könnte auch so ein Fall sein. Neben dem Platz hat man durchaus das Gefühl, dass der 20-jährige einen Reifeprozess durchmacht, aber auf dem Platz ist davon nichts zu sehen – im Gegenteil. Auch Antonio Marchesano ist weiterhin im Tief, hat neben einzelnen guten Aktionen bei der Mehrheit seiner Pässe weiterhin das falsche Timing, verursacht unnötige Freistösse und schnelle Gegenstösse des Gegners wegen ungenügender Zweikampfführung. Umaru Bangura hingegen scheint die Pause von zwei Spielen gegen YB und in Lugano gut getan zu haben und zeigte sich wieder verbessert. Eine echt starke Rolle spielte Alain Nef (Züri Live-Note «10»), der gerade auch in der Spielauslösung viel Ruhe und Spielintelligenz reinbrachte.

Strittige Szenen gab es gegen den FCB auch diesmal wieder einige. Bereits in der 2. Minute hatte Umaru Bangura Glück. Bei einem harmlosen ersten flachen Schüsschen von Noah Okafor Richtung Zürcher Tor ging der Innenverteidiger etwas gedankenlos dazwischen, der Ball versprang, Albian Ajeti sprintete heran und kam im Strafraum zu Fall – Bangura schien dabei den Basler durchaus am Fuss getroffen zu haben.

In der 73. Minute dann Groundhog Day im Letzigrund. Zum dritten Mal innert weniger Wochen wird Toni Domgjoni im «Südkurven-Strafraum» gegen YB bzw. Basel ein klarer Penalty verwehrt! Nach Zuffi und Moumi in der Meisterschaft war diesmal Marek Suchy der foulende Spieler. Sieht man sich die Szene nochmal im Detail an, ist schön ersichtlich wie der Tschechische Routinier bemerkt, dass er bei einem hohen Ball an die Fünfmetergrenze zu spät kommt und Domgjoni alleine vor dem Tor eine hundertprozentige Torchance erhalten wird.  Mit einem Seitenblick prüft Suchy noch vor der Ankunft des Balles, an welcher Stelle des Körpers er den Zürcher am unauffälligsten treffen könnte, streckt im Stile eines gewieften Illusionisten oben den Arm Richtung Domgjoni aus ohne zu ziehen (Ablenkungsmanöver) und bringt ihn gleichzeitig unten mit dem linken Fuss zu Fall. Wichtig dabei für Suchy: in diesem Moment mit den Augen nicht mehr nach unten zum Ort des Geschehens schauen!

Noch mehr zu reden gaben mehrere Szenen rund um die 80. Minute. Erst wird Valentin Stocker von Marco Schönbächler im Zürcher Strafraum Hüfte an Hüfte auf faire Art und Weise gerempelt. Schiedsrichter Klossner pfeift zu Recht nicht, denn er hatte zuvor im ganzen Spiel ähnliche Szenen auch im Mittelfeld nie geahndet. Stocker streckte dabei in seiner typischen Art im Strafraum unvermittelt seinen Hintern raus, um den Gegner auflaufen zu lassen, hielt sich danach bei seiner spektakulären Seitwärtsrolle warum auch immer seine beiden Schienbeine und musste beim Abrollen selbst über seine Schauspielkunst lachen.

Dies hielt ihn nicht davon ab, danach am Boden sitzend weiterhin Theater zu machen, was Mitspieler Kuzmanovic anstachelte, wutentbrannt den von Schönbächler zum Weiterspielen animierten Bangura mit vollem Tempo von hinten zu attackieren.

Alain Nef erkannte die akute Verletzungsgefahr für seinen Innenverteidigerkollegen und stellte sich Kuzmanovic in den Weg, worauf er von diesem eine Ohrfeige kassierte.

Gelb für so eine bewusst und gezielt ausgeführte Tätlichkeit ist natürlich schon etwas wenig, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass beispielsweise Marco Djuricin nach dem Derby für einen ungezielten Befreiungsschlag nach hinten gegen den reissenden und zerrenden Hekuran Kryeziu mit drei Spielsperren belegt wurde.

In der anschliessenden Aufregung versuchte Carlos Zambrano Stephen Odey zu einer Unbeherrschtheit zu verleiten und ging diesem an die Gurgel, was zumindest im Nachhinein von der Disziplinarkommission hätte geahndet werden müssen, die gleichzeitig bezüglich der in dieser Szene am Rande und eher schlichtend involvierten Van Eck, Canepa und Streller sehr schnell mit Sanktionen zur Stelle war.

In der 90. Minute schlug dann auch noch Valentin Stocker Marco Schönbächler in «Kuzmanovic-Manier» von hinten ungeahndet auf den Kopf. Während sich YB also auf Schläge direkt ins Gesicht «spezialisiert» hat, scheinen beim FCB Schläge auf den Hinterkopf des Gegners im Trend zu liegen. Würgen, Schlagen, Schauspielern und versteckte Fouls: von einem sportlich fairen Auftritt waren die Rot-Blauen an diesem Abend im Letzigrund weit entfernt. Hat Basel das wirklich nötig? Offenbar schon…

(Standbilder: Teleclub)

FCZ – Basel 1:3 (0:1)

Tore:  5. Okafor (Van Wolfswinkel) 0:1; 87. Kuzmanovic (Zuffi) 0:2, 90.+2 Ajeti (Stocker) 0:3, 90.+4 Odey (Marchesano) 1:3.

FCZ: Vanins; Untersee (69. Schönbächler), Nef, Bangura, Maxsø, Kharabadze (69. Kololli); Rüegg; Domgjoni (89. Kasai), Marchesano; Ceesay, Odey.

Basel: Omlin; Widmer, Zambrano, Suchy, Petretta; Frei, Zuffi; Kalulu (74. Stocker), Van Wolfswinkel (46. Kuzmanovic), Okafor (89. Zhegrova); Ajeti.

Nach der Cupniederlage stellte sich Levan Kharabadze bei Züri Live zum Interview:

Levan, 1:3 gegen Basel im Cup-Halbfinal. Es war wohl immerhin eine der bisher besten Partien des aktuellen Kalenderjahres von Seiten des FCZ, aber mit dem Finaleinzug hat es trotzdem nicht geklappt…

Kharabadze: Ich würde sagen, es hat wohl nicht sollen sein. Wir hatten gute Momente, die wir hätten ausnützen sollen. Aber Basel hatte auch gute Chancen und im Gegensatz zu uns haben sie diese ausgenutzt – darum haben sie gewonnen. Ja, es war ein gutes Spiel. Mit dem Schiedsrichter bin ich aber nicht einverstanden. Die Szene mit Toni Domgjoni im Basler Strafraum beim Stande von 0:1 ist 100% Elfmeter.

Es gab viele Emotionen im Spiel…

Kharabadze: Ja, wir sind definitiv mit Emotionen ins Spiel gegangen, das war vorhanden, und das hat man dann auch im Spiel gesehen. Wir haben gut gespielt. Aber wir müssen weiter hart arbeiten, damit wir in der Super League verbleiben können. Und danach die nächste Saison vorbereiten, wo wir neben der Meisterschaft eine neue Chance im Schweizer Cup erhalten.

Wie ist es für Dich bisher hier in der Schweiz, das Level und das Tempo ist wohl relativ hoch im Vergleich zu dem, was Du bisher gekannt hast?

Kharabadze: Ja, für mich ist das bereits ein hohes Niveau, weil ich davor in der Georgischen Meisterschaft gespielt habe. Ich lerne hier und werde weiter an mir arbeiten. Teams wie Basel oder YB sind top, auf Champions League-Niveau, gegen sie zu spielen bringt mich weiter.

Das Team von Massimo Rizzo und Louis Nater steht nach einem glatten 5:1-Sieg im GC/Campus im Final um die Schweizer Meisterschaft! Gegner wird der FC Basel sein – im FCB Campus in Münchenstein. Die FCB U18 (Qualifikationsdritter) von Trainer Alex Frei hat im anderen Halbfinal gestern den Qualifikationszweiten YB auswärts nach Verlängerung besiegt. Der FCZ (Qualifikationsfünfter) besiegt den heute weit von seiner Normalform entfernten Qualifikationssieger GC ebenfalls. Der FCZ ist mit seinen U17-Natispielern Sohm / Krasniqi im Zentrum von Beginn weg spielbestimmend, weil sich GC eine Kontertaktik zugelegt hat. Aussenverteidiger Krunic bringt den FCZ per Direktem Freistoss in der 1. Halbzeit mit 1:0 in Führung. Der Höhepunkt der Partie dann in der 51. Minute: mit Ilan Sauter trifft ein weiterer FCZ-Verteidiger mit einer herrlichen Direktabnahme nach schöner Lovisa-Flanke von links zum 2:0. GC hat kein Glück im Abschluss: nach dem zweiten Pfostenschuss aus kurzer Distanz trifft beim direkten Gegenzug Vaz Rodrigues zum 3:0. Di Giusto setzt bei zwei weiteren Kontern zum 5:0 den Deckel drauf. In der 93. Minute gelingt Rustemoski noch der Ehrentreffer.

GC U18 – FCZ U18 1:5 (0:1)

GC/Campus, Niederhasli, 500 Zuschauer.

Tore: 16. Krunic (Direkter Freistoss) 0:1; 51. Sauter (Lovisa) 0:2, 67. Vaz Rodrigues 0:3, 71. Di Giusto (Stojilkovic) 0:4, 81. Di Giusto (Stojilkovic) 0:5, 93. Rustemoski (Vonmoos) 1:5.

Gelbe Karten: 9. Furrer, 15. Mesonero, 35. Vaz Rodrigues, 39. Sauter, 79. Fehr.

GC U18: Mujkanovic; Dickenmann, Mesonero (71. Freitas), Barbosa, Hoxha; Fehr, Scheidegger, Bajrami, Amzi (58. Kastrati); Rustemoski, Vonmoos.

FCZ U18: Polat; Krunic (55. Frei), Erne, Sauter, Lovisa; Seiler (64. Stojilkovic), Sohm, Krasniqi; Di Giusto, Arghandewall, Furrer (25. Vaz Rodrigues).

Cédric Brunner und der Schweizer Cup, das passt zusammen. Sein erstes Tor für die 1. Mannschaft erzielte der Zürcher im August 2014 in Schönbühl nach Zuspiel von Namensvetter Maurice aus 20 bis 25 Metern. Hier das Züri Live-Interview mit Brunner nach jenem Spiel (7:0):  

In der aktuellen Saison wurde der Allrounder im Cupwettbewerb drei Mal eingesetzt: in Bassersdorf, bei Stade Lausanne-Ouchy und nun auch im Halbfinalderby gegen GC – zum dritten Mal wird Brunner mit einer Topleistung zum Züri Live-MVP gekürt. In der Liga hat der Arztsohn diese Auszeichnung in der aktuellen Saison hingegen noch nie zugesprochen erhalten. Gegen GC sorgte Brunner sowohl im Spielaufbau wie auch vorne für Druck und Torgefahr. Zusammen mit Antonio Marchesano hatte der Verteidiger die höchste Anzahl Top-Offensivaktionen (8). Bei Kopfbällen im gegnerischen Strafraum hatte er im Gegensatz zu den in den letzten Wochen in diesem Bereich wenig überzeugenden Teamkollegen das richtige Timing und sorgte zwei Mal für erhebliche Gefahr im Fünfmeterraum. Das erste Tor bereitete er mit einer scharfen Direktflanke mit links von der linken Seite entscheidend vor und das Siegtor schoss er in der Nachspielzeit selbst.

Verteidiger Brunner zusammen mit Marchesano bester Offensivspieler – und Michael Frey einmal mehr bester Defensivmann mit fünf Top-Defensivaktionen. Auch der Fakt, dass abgesehen von Torhüter Brecher und dem in der Nachspielzeit eingewechselten Fabian Rohner (keine Ballberührung) alle eingesetzten FCZ-Spieler an Torchancen und/oder Toren beteiligt waren, illustriert die gute Teamleistung. Die Topchance von Adrian Winter in der 62. Minute beispielsweise war ein über 14 Stationen aufgebauter Angriff. Kein Feldspieler hatte im Halbfinal-Derby eine ungenügende Note, was aussergewöhnlich ist.

Beide Zürcher Tore entstanden nach Standards (Einwurf, Freistoss) durch gefährliche Hereingaben in den Strafraum (durch Brunner, Rüegg), welche Rhyner beziehungsweise Bergström nur bis an die Strafraumgrenze klären konnten, wo wiederum Rüegg / Brunner bereit standen. Kapic beziehungsweise Taipi verteidigten diesen Raum dabei jeweils zu wenig konsequent. Bereits in der 13. Minute hätte der FCZ einen Handspenalty zugesprochen erhalten müssen. Bergströms Oberarm ging zum Ball, der zuvor bei einem weiten Einwurf von Alain Nef lange in der Luft war. Stattdessen pfiff Ref Fedayi San «Stürmerfoul» von Raphael Dwamena, der sich festgehalten von Bergström nicht bewegte, als der rückwärtslaufende Basic in ihn prallte. Dazu kam das Foul von GC-Keeper Lindner gegen Dwamena in der 59. Minute, welches nach einem verunglückten Rückpass von Rhyner ebenfalls hätte Elfmeter geben können.

Seit Mittwochabend ist in Zürcher Handwerkerkreisen ein handfester Streit ausgebrochen. Hat Cédric Brunner Heinz Lindner den Ball ins Netz gezimmert? genagelt? geschweisst? oder gar gedübelt? Oder muss der Schuss trotz oder gar wegen seiner urtümlichen Wucht als Kunstwerk verstanden werden? Stimm ab und hilf mit, diese philosophische Grundsatzfrage ein für alle mal zu klären…

Cédric Brunner hat Heinz Lindner den Ball ins Netz...

View Results

Loading ... Loading ...

Hier kann die Handwerkstechnik Brunners nochmal genau analysiert werden:

Ausgelöst hat die Diskussion Züri Live-Experte Toni Gassmann, seines Zeichens Fachmann in Handwerk, Kunst, Fussball und allen sich daraus ergebenden Schnittmengen…:

Handwerk wird unterschätzt:

Es war Cédric Brunners erstes Tor gegen ein Super League-Team. Vor fünf Jahren war der Zürcher nach dem Blue Stars / FIFA Youth Cup erstmals in der 1. Mannschaft im Aufgebot…

Zwei vorwiegend mit defensiven Aufgaben betraute Jungs aus dem eigenen Nachwuchs schiessen den FCZ in den Cupfinal! Der Stadtklub steht zum dritten Mal in den letzten fünf Saisons im Endspiel! Nach dem dramatischen Viertelfinal gegen den FC Thun gelingt gegen GC im Halbfinal erneut gegen einen Super League-Klub die Wende nach Rückstand! Das entscheidende Tor fällt auch diesmal in der Nachspielzeit und löst ein Erdbeben im Letzigrund aus! Es ist nach dem 4. März 2015 (1:0 nach Verlängerung, Torschütze: Francisco Rodriguez) der zweite Cup-Derbysieg hintereinander, nachdem es zuvor 44 Jahre lang bittere Niederlagen gegeben hat. Von den vor drei Jahren eingesetzten Spielern ist heute bei GC niemand mehr dabei – und beim FCZ nur noch Alain Nef und der nach der Partie zur Mannschaft stossende Marco Schönbächler.

Nur schon der Blick auf Teletext und Matchtelegramm macht den Blick frei auf jede Menge interessanter Geschichten. Die aus FCZ-Sicht wichtigste Story bekommt aber nur mit, wer sich auch das Spiel aufmerksam angeschaut hat: eine Mannschaft, die innert weniger Tage gemessen an der kurzen Zeit einen vergleichsweise grossen Entwicklungsschritt gemacht hat. Bereits am Sonntag im Meisterschaftsderby war viel davon zu sehen, und das Cupderby drei Tage später konnte nur trotz erneutem frühem 0:1-Dämpfer gewonnen werden, weil die Mannschaft auf dem Platz einen weiteren Schritt nach vorne machte. Auffällig vor allem das deutlich schnellere und direktere Spiel, welches immer wieder ermöglichte, auch in der Nähe des gegnerischen Strafraumes Räume zu finden und zu nutzen. Ausserdem gefiel die Spielintelligenz – die richtige Mischung zwischen Aggressivität und innerer Ruhe, zwischen Schnelligkeit und überlegtem Handeln. Dies sind Aspekte, die tatsächlich bereits jetzt in Ansätzen an das «Favre-Team» vor einem Jahrzehnt erinnern.

Nicht nur ist das Resultat höchst erfreulich und der Spielverlauf wie aus einer Bollywood-Schnulze, auch Leistung und Auftritt bieten gute Gründe für Optimismus. Darüber kann auch der typische (und höchst unterhaltsame) «Magnin-Sarkasmus» in dessen Interviews nicht hinwegtäuschen. Vor dem Hintergrund der zuletzt gezeigten Entwicklung kann man dem FCZ auch am Samstag in Basel etwas zutrauen. Voraussetzung dafür ist aber wohl, dass Andris Vanins im Tor steht. Gegen GC hat sich der sympathische Männedorfer Yanick Brecher nach «Stade Lausanne» zum zweiten Mal in dieser Cupsaison in Slapstickmanier ein Ei ins eigene Nest gelegt. Die drei Gegentore gegen Thun und dasjenige im Sonntagsderby waren keine klaren Torwartfehler, aber auch da hätte er jeweils besser agieren können.

Der erneut frühe Rückstand gegen GC konnte aber auch nur deshalb entstehen, weil nach zehn Minuten Spielzeit der FCZ für etwa eine halbe Minute kollektiv zu wenig konsequent verteidigte und GC dies sofort ausnutzte. In der Konstellation eines gut auf Konter spielenden Gegners, der eigenen Verunsicherung durch den Torwartfehler und des sich erst gerade frisch in Entwicklung befindlichen neuen Spielverständnisses war dieses 0:1 durch Numa Lavanchy (der mit seinem regelmässigen theatralischen Fallenlassen beim kleinsten Körperkontakt schlussendlich eine Cupfinalsperre gegen Raphael Dwamena «herausholte») eine schwerwiegende Hypothek und die Hoffnungen etwas gedämpft. Dies obwohl der Gegner nun in zehn Wettbewerbsspielen nur einmal mehr als ein Tor erzielen konnte.

Der 1:1-Ausgleich durch Kevin Rüeggs erstes Wettbewerbstor in der 1. Mannschaft bereits elf Minuten später war daher umso wichtiger. In der Zweiten Halbzeit kontrollierte GC dann zwar phasenweise die Partie, aber der FCZ wollte unbedingt in der regulären Spielzeit zum Sieg kommen, machte mit Unterstützung des Publikums Druck und erarbeitete sich ein Chancenplus. Der 2:1-Siegtreffer war die Folge dieser Druckphase. Die Entstehung des 1:1 scheint der FCZ übrigens vom samstäglichen Gegner Basel abgeguckt zu haben. Viele FCB-Tore der letzten Monate (auch gegen den FCZ) nutzen den Faktor aus, dass der Einwerfer kurz nach seinem eigenen Einwurf häufig frei steht. Auch im bisher einzigen Spiel nach der Winterpause, in welchem die Rot-Blauen Tore erzielt haben, fiel das Game Winning Goal zum 1:0 auf dieselbe Art und Weise. Michael Lang wirft auf der rechten Seite in Strafraumnähe ein, erhält den Ball direkt zurück und flankt gegen eine noch nicht ganz sortierte Abwehr direkt zur Mitte. Im Cupderby machte der FCZ beim 1:1-Ausgleichstreffer dasselbe – einfach von links, und mit Cédric Brunner in der Rolle von Lang.

Auch das 2:1-Siegtor fiel auf einen Standard. Diesen hatte der eine gute Partie abliefernde Adrian Winter mit seiner letzten Aktion vor seiner Auswechslung zu Beginn der Nachspielzeit noch an der Seitenlinie nach einem leichtfertigen Ballverlust von Taipi und dem Foul Andersens herausgeholt. Während Winter ausgewechselt wurde, legte sich Marchesano den Ball zum Freistoss doch einige Meter von der Seitenlinie entfernt in einer zentraleren Position hin. Andersen reklamierte als einziger GC-ler halbherzig. Anstatt den Ball auf grosse Distanz in den Strafraum zu dreschen, und den GC-Verteidigern damit Zeit für ihre Abwehrmassnahmen zu geben, wählte der Tessiner die einstudierte Variante mit der Kopfballweiterleitung des vor dem Strafraum postierten Rüegg. So war es für den durch Frey bedrängten Bergström unmöglich, den Ball weit aus dem Strafraum rauszuköpfen. An der Strafraumgrenze war erneut Taipi zu wenig wach, und Nef überliess klugerweise Brunner, der profitierte. Es war übrigens in seinen fünf Jahren in der 1. Mannschaft Brunners erstes Tor gegen ein Super League-Team. Und der eingewechselte Fabian Rohner durfte mitjubeln, ohne einen Ball berührt zu haben.

In der Challenge League-Saison alternierte der FCZ jeweils zwischen fünf oder sechs Standardvarianten. Auf diese Saison hin wurden diese noch etwas variantenreicher und der Letzigrundklub vor allem bei Einwürfen in Strafraumnähe und Freistössen aus dem Mittelfeld wie demjenigen Marchesanos nochmal deutlich gefährlicher. Neben der Defensivstärke zu Beginn der Saison waren die Standards ein wichtiger Faktor, welcher den FCZ als Aufsteiger in der Vorrunde in die obere Tabellenhälfte brachte und kann als eines der Erbstücke aus der «Forte-Zeit» betrachtet werden, auf welchem der neue Trainer Ludovic Magnin weiter aufbauen kann.

Nicht ganz mitbekommen zu haben scheint dies Thomas Schifferle vom Tages-Anzeiger, der in seinem lieblosen Spielbericht von einem «sehr schlecht geschlagenen» Freistoss Marchesanos sprach. Dies neben einem Bild mit dem Untertitel: «Der Trainer im Glück: Ancillo Canepa nach dem Coup». Fürs Schreiben bezahlte Journalisten und Bildredaktoren, welchen trotz Korrekturmöglichkeiten, Vieraugen- oder gar Sechsaugenprinzip regelmässig solch elementare Fehler unterlaufen, steht es äusserst schlecht an, sich über einen Fussballer lustig machen, dem ausgepumpt nach einem intensiven Match in der Mixed Zone ein «Joel Magnin» über die Lippen rutscht.

FCZ – GC 2:1 (1:1)

Tor: 11. Lavanchy (Basic) 0:1, 22. Rüegg (Dwamena) 1:1; 90.+2 Brunner (Rüegg) 2:1.

Grasshopper-Club Zürich: Lindner; Lika, Bergström, Rhyner, Doumbia; Lavanchy (90.+2 Djuricin), Basic, Taipi (90.+2 Vilotic), Kapic (72. Andersen); Kodro, Jeffrén.

FC Zürich: Brecher; Nef, Bangura, Brunner; Winter (90.+1 Rohner), Palsson, Rüegg, Pa Modou; Marchesano; Frey, Dwamena (68. Odey).

1. Zufall oder Schicksal?

Schlecht stehende Sterne sehen wahrlich anders aus. Der Cupfinal findet 2018 statt und in graden Jahren hat der FCZ zuletzt jeweils den Cup gewonnen. Gleich drei Gegner der Cupsiegersaison 2013/14 (Bassersdorf, Stade Lausanne-Ouchy, Thun) wurden dem FC Zürich erneut zugelost – eine unglaublich unwahrscheinliche Fügung. Die Amateur-Mathematiker von Züri Live haben für das Eintreffen eines solchen Falles eine Wahrscheinlichkeit von 0,000007% errechnet. Ausserdem hat man den ersten Super League-Gegner erst im Viertelfinal zugelost erhalten und dann erst noch zu Hause im Letzigrund – wo die Zürcher Equipe den gleichen Gegner im März 2014 in ebenjener Cupsiegersaison in einem engen Halbfinal bezwungen hatte. Auch auf dem Weg zum Cuptitel 2016 wurde der FC Thun im Viertelfinal bezwungen. Bei so vielen schicksalshaften Vorzeichen ist es nicht verwunderlich, dass Züri Live-Experte Thomas Renggli in seiner bekannt provokativ-optimistischen Art davon spricht, dass an der Werdstrasse in der Vitrine schon mal Platz geschaffen werden müsse.

2. Wie schlägt sich Yanick Brecher?

Der FCZ hat Yanick Brecher zum Cupgoalie dieser Saison bestimmt. Vor seinem Kreuzbandriss hatte der 24-jährige am 7. Mai 2016 bei der 2:3-Heimniederlage gegen den FC Basel sein letztes Spiel gegen ein Super League-Team bestritten. Ein nicht unwesentlicher Faktor für den Abstieg in die Challenge League in der Saison 2015/16 war das Torhüterduo Brecher / Favre gewesen – neben GC mit Vasic / Mall das schlechteste Torhüterduo der Liga. Wirklich viele Punkte verlor der FCZ mit Brecher im Tor (Punkteschnitt: 0,82 pro Spiel, nur drei Siege in 22 Partien), während man mit dem Punkteschnitt des bescheiden talentierten, aber einigermassen soliden Favre (1,14 Punkte pro Spiel) im Mittelfeld der Tabelle (6. Platz) gelandet wäre. Seit der Rückkehr von seiner Verletzung wirkt Brecher im Vergleich zu vor zwei Jahren etwas stabiler. Trotzdem sind Raumgefühl und Timing, das absolute A und O eines Torhüters, im Vergleich zu anderen Super League-Torhütern immer noch weit unterdurchschnittlich. Ein paar Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit: Brecher lässt sich in einem Testspiel gegen den FC Dietikon durch einen von der Mittellinie getretenen direkten Freistoss von Marjan Jelec erwischen, im Promotion League-Spiel beim SC Brühl verzichtet Brecher bei einem Freistoss aus 25 Metern auf eine Mauer und lässt den alles andere als platziert getretenen Schuss von Alessandro Riedle passieren, bei Stade Lausanne-Ouchy trifft Bradley Bavueza zur eigenen Überraschung in die nahe Ecke, weil Brecher denkt, der Ball fliege neben das Tor, und den Arm zurückzieht. In insgesamt 36 Promotion League-Partien schaffte es Brecher nur fünf Mal seinen Kasten reinzuhalten – eine «Weisse Weste»-Quote von 14%. Zum Vergleich: Andris Vanins hat in der zwei Stufen höheren Super League eine «Weisse Weste»-Quote von 33%. Immerhin besteht die in dieser Saison bisher erfolgreiche Zürcher Defensive nicht nur aus dem Torhüter. Die ganze Mannschaft arbeitet meist so gut, dass man den Gegnern nur wenig echte Torchancen zugesteht.

3. Gibt’s Gänsehaut nicht nur wegen dem Wetter?

So wie im März 2014. Unvergessen: das Penaltyschiessen des Cup-Halbfinals im Letzigrund…

 

Vor Jahresfrist gewann Ludovic Magnins U18 vor allem auch dank mentaler Stärke und dramatischen Siegen in Basel und im GC/Campus den Meistertitel. Dieses Team durfte daher in der abgelaufenen Saison in der UEFA Youth League spielen und mit Kevin Rüegg, Fabian Rohner und Izer Aliu kamen bereits drei Protagonisten in der 1. Mannschaft in Wettbewerbsspielen zum Einsatz – 1706-fcz-schlusspfiff-halbfinal-u16-derby-vs-gczudem insgesamt nicht weniger als 12 bei den Reserven in der Promotion League. Zu diesem Jahrgang zählen muss man auch Vasilije Janjicic, der aber beim Finalspiel in Niederhasli auf der Tribüne sass – nicht einsatzberechtigt, weil er als Talentiertester meist in der U21 eingesetzt worden war. Die abgesehen von Izer Aliu jüngere Hälfte des Teams verblieb in der U18 und konnte sich in der Elite auch dieses Jahr nicht ganz vorne klassieren. Der Cut für die Meisterschafts-Playoffs wurde dank nur drei Punkten Vorsprung auf den FC Sion geschafft. Diesmal glückte die Leistungssteigerung in den Playoffs aber nicht – beim in der Eliterunde neun Punkte weiter vorne klassierten FCO St.Gallen/Wil ging der „Viertelfinal“ nach früher 1:0-Führung im Wiler Bergholz mit 1:2 im letzten U18-Spiel des neuen U21-Trainers Magnin verloren.

Dafür erreichte dieses Jahr die kommende Saison durch René Van Eck von Federico Valente zu übernehmende U16 im Heerenschürli dank eines 3:2 im Derby nach 0:2-Rückstand den Meisterschaftsfinal. Finalgegner wird am Samstag 17.6. erneut im Heerenschürli Servette sein, welches Basel 2:1 geschlagen hat. Die beiden Finalgegner könnten gar nicht klarer auf Augenhöhe sein, u16-gc-niederlage-halbfinal-derby-heerenschuerli-1706haben sie doch die „Regular Season“ punktgleich an der Tabellenspitze abgeschlossen. Der FCZ verdiente sich dabei den Heimvorteil im Final dank geringerer Anzahl Gelber Karten. Im Halbfinal gegen GC vor mit Supportern beider Teams gut besetzter Tribüne auf dem Hauptplatz Heerenschürli war der FCZ während der ganzen Partie die spielerisch bessere Mannschaft und erspielte sich mehr Torchancen. Trotzdem musste das Valente-Team gegen die physisch stärkeren und effizienteren Grasshoppers nach der Pause einen 0:2-Rückstand wettmachen. Der Anschlusstreffer in der 61. Minute war hochverdient, auch wenn er auf etwas glückliche Art und Weise zustande kam. Es war der Auftakt zu einem turbulenten Abnützungskampf mit zeitweise kaum mehr existentem Mittelfeld und einem nun deutlich zielstrebiger agierenden FCZ. Nun war es GC, welches seine Chancen nicht mehr nutzen konnte – im Endeffekt war immer noch im letzten Moment ein FCZ-Bein dazwischen.

Auf FCZ-Seite speziell überzeugen vermochten der sowohl technisch als auch im Zweikampf starke und aufopferungsvoll kämpfende Mittelfeldspieler Bledian Krasniqi sowie der sich immer wieder über die Seite unwiderstehlich durchsetzende Flügel Guillaume Furrer. Die Tore u16-fcz-bei-fans-nach-halbfinal-derby-siegerzielten der beste Teamtorschütze der Saison Henri Koide und der eingewechselte Junior Eyamba. Auf die neue Saison hin gibt es in der Academy viele Trainerwechsel und es werden neue Stellen geschaffen. Diese Offensive ist wohl unter anderem die Folge der ominösen Academy-Analyse Peter Knäbels, der immer noch auf Mandatsbasis für den FCZ arbeitet.

 

 

Es ist das Thema der Woche: nach 2012 fühlt sich erneut ein Unterklassiger im Cup-Halbfinal um den lange ersehnten Finaleinzug (letzter Cupfinal 1975 gegen…den FCB) betrogen – wieder ist es der beim FCZ-Anhang mit grossem Abstand beliebteste Kantonsrivale Winterthur. Und wieder gegen den FC Basel. Dies nachdem Winterthur auch diesmal die Partie ausgeglichen halten konnte, und dann durch zwei angezweifelte Standards mit zwei Toren in Rückstand geriet. Der Freistoss vor dem 0:2 ist aus Sicht von Züri Live korrekt gepfiffen, auch wenn Renato Steffen im Zweikampf mit Tobias Schättin viel Theatralik walten lässt.

Anders sieht es beim wegweisenden Penalty vor dem 0:1 aus, der in den Gazzetten und im Internet hauptsächlich das Thema war. Die Anhänger der beiden Klubs beurteilen die Szene naturgemäss so wie es Fans halt eben tun: «Basel wird noch von jedem Schiri in der Schweiz bevorteilt», «Janko wälzt sich wie ein Schwerverletzter», «Liebe Winterthurer, es war ein Penalty!». Neu ist, dass sich neben Winterthurern und Baslern noch eine dritte Fanfraktion in die Diskussion einmischt. Der Schweizerische Fussballverband (SFV) supportet auf seiner Website vehement den die Verbandsfarben vertretenden Schiedsrichter Sascha Amhof.

«Zu 100%» sei der Pfiff ihres Schützlings korrekt gewesen, schreibt der Autor des im Nachgang des turbulenten Cup-Halbfinals publizierten Artikels auf der SFV-eigenen Webpage, basierend auf einer Analyse des hauseigenen «Ressorts Spitzenschiedsrichter». Ganz im Boulevard-Stil wird dabei in eindrücklicher Grossaufnahme der Moment gezeigt, wo FCB-Stürmer Marc Janko die Berührung seines Gegenspielers Schuler spürt, und sich dabei theatralisch ins Kreuz wirft.

Belehrend wird weiter konstatiert: «die in einer breiten Öffentlichkeit verbreitete Meinung, wenn (auch) der Ball gespielt worden sei, liege auch kein Foul vor» sei falsch. Ob diese Erkenntnis «die breite Öffentlichkeit», zu welcher auch 280’000 SFV-Mitglieder gehören, wohl tatsächlich in Erstaunen versetzt hat? Sind alle aktiven und fussballinteressierten Schweizer bisher in corpore davon ausgegangen, in diesem Sport sei alles erlaubt, wenn nur nebenbei auch noch der Ball berührt wird?

Entscheidend ist vielmehr der darauffolgende Abschnitt des Pamphlets. Gemäss dem Autor auf der SFV-Webseite war es «kein saubereres Tackling, sondern ein fahrlässiges oder rücksichtsloses Einsteigen» von Patrick Schuler. Daher habe Sascha Amhof gemäss Regelwerk von «FIFA und UEFA» zu «100 Prozent korrekt» entschieden. Abgesehen davon, dass der «breiten Öffentlichkeit» bisher wohl tatsächlich entgangen sein dürfte, dass die UEFA ein separates Fussball-Regelwerk führt, wirft die undifferenzierte Aussage dann doch einige Fragen auf.

Geht Schuler wirklich «fahrlässig» oder gar «rücksichtslos» Richtung Ball? Eines kann man vorab schon mal festhalten: um diese Frage zu beantworten, wäre es zweifelsohne sinnvoller gewesen, an Stelle des effekthascherische Photos auf der SFV-Seite den Moment zu zeigen, wo Schuler tatsächlich «Richtung Ball geht». Wir liefern dieses Standbild nach.  Man sieht zwei Spieler, die im 150 Grad-Winkel auf den Ball gehen. Schulers Tackling gilt dem Ball – und nur dem Ball. Janko steht nicht zwischen Schuler und dem Ball, sondern kommt nach seinem abrupten Richtungswechsel aus einer völlig anderen Richtung.

schuler-janko

Natürlich nehmen beide Spieler gleichermassen in Kauf, dass sie NACH dem Spielen des Balles zusammenprallen werden, was dann ja auch passiert. Aus neutraler Warte eine solche Szene zu beurteilen, bedeutet aber, nicht zu berücksichtigen, wer Verteidiger ist und wer Stürmer, wer Winterthurer und wer Basler, und auch nicht dass sich die Szene im Strafraum abspielt. Wie wird eine solche Szene also im Normalfall gepfiffen? Wenn zwei Spieler, die im 90, 180 oder 150 Grad-Winkel im Kampf um den Ball nach dem Spielen des Balles aufeinanderprallen, wird nach unserer Erfahrung häufig gar nicht gepfiffen. Und wenn doch gepfiffen wird, dann ist jeweils derjenige Spieler «im Recht» und erhält den Freistoss zugesprochen, welcher zuerst am Ball war.

Dass sich der SFV im Nachgang nun so aussergewöhnlich offensiv und undifferenziert aus dem Fenster lehnt, («Amhof war 100 Prozent korrekt») weckt daher unser Erstaunen. Nicht zuletzt auch, weil das «SFV-Team» auf dem Platz eine spezielle Rolle einnimmt, welches sich mit fanatischer und einseitiger Unterstützung durch dessen «Fans» nur schlecht verträgt. Denn in der Sequenz der Ereignisse ist zu sehen, dass zuerst Schuler den Ball spielt, dann Janko den Ball verfehlend dem Winterthurer ins Bein tritt – und erst als drittes Schuler mit dem nachgezogenen Bein den Basler am Fuss trifft. Tendenziell also, wenn überhaupt gepfiffen wird, eher ein Foul des Österreichers. Zumindest ist es keine „100-prozentige“ Situation. Und ein interessantes Gedankenspiel bietet sich an: wie wäre alles inklusive Reaktion des SFV abgelaufen, wenn Schuler Suchy und Janko Silvio gewesen wäre?

40 Jahre nach der gloriosen Qualifikation für den Meistercup-Halbfinal (Stichwort: Liverpool) konnte sich der FCZ diesmal gegen Dynamo Dresden im zweiten Testspiel der Wintervorbereitung nicht mit Ruhm bekleckern. Dass der Siebtplatzierte der 2.Bundesliga vom Zeitplan her in der Vorbereitung schon etwas weiter ist, und zudem gestern Nachmittag von Trainer Neuhaus im Hinblick auf das Testspiel gegen den FCZ eine Ruhepause verordnet bekommen hatte, merkte man vor allem in der 1.Halbzeit. Zwar lief der Ball bei den Zürchern zeitweise relativ flüssig, aber kein Spieler war von der Frische her in der Lage mit einem Sprint mal in ein Laufduell gegen einen Dresdner Gegenspieler zu gehen. So stand Dynamo-Stürmer Kutschke nach einem Missgeschick von Aliu zentral ganz alleine vor Torhüter Baumann und verwertete gleich in der 5.Minute zum 1:0. Schon nach 50 Sekunden hatte Moussa Koné allerdings nach einem Abwehrfehler von Dresdens Hartmann eine noch grössere Chance alleine vor Torhüter Schwäbe vergeben.

Das 0:2 konnte ebenfalls der ehemalige Wolfsburger Kutschke erzielen. Dies nachdem sich Torhüter Novem Baumann nach einem langen Ball völlig verschätzt hatte. Das gleiche passierte dem U21-Keeper bei einem zu Unrecht wegen Offside aberkannten Dresdner Tor gleich noch ein zweites Mal.  In allen seinen Aktionen wirkte Baumann hektisch, unsicher und etwas orientierungslos. Auch bei den anderen beiden Gegentoren sah Baumann nicht gut aus – entgegen allen Lehrbüchern verzichtete er darauf, den Winkel richtig zu verkürzen, und schaffte es nicht, ruhig zu bleiben. Überraschend ist das nicht – es  widerspiegelt eins-zu-eins Baumanns alles andere als überzeugende Leistungen in der Promotion League. Auch Dresdner Beobachter wunderten sich über das Torwartspiel des Zürcher Keepers und bezeichneten diesen als Schwachpunkt. Das 0:3 fiel vor der Pause nach einem Dresdner Konter, bei welchem kein Zürcher spritzig genug war, um eingreifen zu können. Der aus der FCZ Academy stammende Testspieler Miro Muheim zeigte als Linksverteidiger (nicht seine Stammposition) eine durchschnittliche Leistung.

In der Pause wechselte Trainer Uli Forte die ganze Mannschaft aus. Mit Fillion stand nun ein Torhüter mit deutlich mehr Ruhe und Ausstrahlung zwischen den Pfosten, welcher jeweils die richtigen Entscheidungen fällte, und einmal bei einem Konter im 1 vs. 1 gegen den anstürmenden Berko obsiegte. Aber auch Nef und Alesevic zeigten in der Innenverteidigung nach dem eher schlampigen Auftritt vor allem Banguras etwas mehr Seriosität im Spiel. Yapi brachte Ruhe und Rüegg überzeugte im Mittelfeldzentrum mit seiner Präsenz und dem Willen, das Spiel an sich zu reissen. Flügelspieler Rohner zeigte ebenfalls gute Ansätze und war im Endeffekt der gefährlichste Zürcher Offensivspieler, leitete zudem mit einem Ballgewinn in der Offensivzone das einzige Zürcher Tor durch Cavusevic ein, nachdem Fortes Mannen mit Pressing in der Schlussphase nochmal richtig Druck gemacht hatten.

FC Zürich – Dynamo Dresden 1:3 (0:3)

Tore: 5. Kutschke (Lambertz) 0:1, 20. Kutschke (J.Müller) 0:2, 40. Lambertz (Berko) 0:3, 83. Cavusevic (Marchesano) 1:3.

FCZ: Baumann (46. Fillion); Voser (46. Brunner), Kecojevic (46. Nef), Bangura (46. Alesevic), Muheim (46. Stettler); Winter (46.Rohner), Buff (46. Rüegg), Aliu (46. Yapi), Schönbächler (46. Rodriguez); Koné (46. Cavusevic), Chiumiento (46. Marchesano).

Positiv aufgefallen: Rohner, Rüegg, Fillion, Nef, Alesevic, Yapi, Koné, Cavusevic, Marchesano, Rodriguez, Stettler

Licht und Schatten: Aliu, Winter, Muheim, Kecojevic, Buff, Voser

Negativ aufgefallen: Baumann, Bangura, Brunner, Chiumiento, Schönbächler