„Bitte keine Überzahl!“ – Saison-Recap, 1. Teil

Auf zuerilive.ch begann die Saison mit einer Neuerung: die Analyse der Spiele wurde nochmal stark ausgebaut und rund 20-30-minütige Videopodcasts zu jedem Spiel produziert. Dieses Setting musste nach der fünften Partie gegen St. Gallen aus Zeitgründen vorläufig wieder aufgegeben werden. Auch wenn es im Dezember nach dem 0:5 zu Hause gegen Servette nochmal zu einem weiteren Video-Podcast kam. Dank dem spontanen Entscheid im Sommer konnten Erfahrungen mit dem Format gesammelt werden. Klar ist: neben den üblichen Vorschauen, Live-Übertragungen, Interviews, Audio-Zusammenschnitten der Spiele, Analyse-Artikeln, Pre-Match Artikel zu den Aufstellungen, News, allgemeinen Themen, Testspielen, Organisation etc. auch noch zu jedem Spiel einen Video-Podcast zu erstellen, würde das Projekt Züri Live praktisch zu einem full-time Job machen, was es im ersten Monat der Saison dann auch war.

Für die Zukunft ist als realistischere Variante angedacht: eine monatliche oder zweimonatliche Gesprächsrunde in Form einer Live-Sendung, welche danach sowohl als Audio-Podcast wie (unterlegt mit Statistiken und Bildern) auch als Video-Podcast publiziert wird. Zum Ende der Hinrunde und zu Beginn der Rückrunde wurden die Spiele dann wieder im Detail analysiert und wie in den letzten Jahren üblich Analyse-Artikel publiziert. Dazwischen gab es aber 14 Wettbewerbsspiele, die aus Zeitgründen nicht analyisiert werden konnten. Diese Lücke in den Züri Live-Daten soll nun geschlossen werden, bevor es mit Fussball wieder weitergeht. Erinnert Euch somit nochmal zurück an die verschiedenen Phasen der Vorrunde und die Entwicklung des Teams…

Durch neu verpflichtete Spielertypen wie Mimoun Mahi, Blaz Kramer oder Denis Popovic verschob sich das Stärken-/Schwächen-Profil des Teams noch mehr in Richtung „Kontermannschaft“, was sich im Verlauf des heissen Sommers unter anderem in den Testspielen exemplarisch zeigte. Mehr denn je hatte der FCZ nun eine Mannschaft, deren Offensivleute im Spiel mit dem Ball Platz brauchen. Den fanden Kramer in der Regionalliga und Mahi in der Eredivisie, wo die Teams der unteren Tabellenhälfte im Vergleich zur Super League defensiv nur mässig gut organisiert auftreten, zur Genüge vor. Popovic hatte bereits in Orenburg in einer erfolgreichen Kontermannschaft gespielt. Ähnlich wie Antonio Marchesano kann der Slowene als Ballverteiler in so einem Team aufblühen. Gegen ein Offensiv-Pressing gegen kompakt agierende Gegner sprach zudem die eher niedrig entwickelte Laufstärke der Zürcher Offensivreihe.

Mit Nathan kam nach den Abgängen von Alain Nef und Andreas Maxsö ein Mentalitätsspieler für die Innenverteidigung. Ein weiterer Innenverteidiger wurde nicht verpflichtet, weil der FCZ grosse Stücke auf das ein Jahr zuvor verpflichtete Talent Becir Omeragic hält und somit das Quartett zusammen mit Umaru Bangura und Mirlind Kryeziu komplett war. Dass Willie Britto „erst“ mit 22 Jahren den Weg aus der Ivorischen Liga nach Europa zum FCZ fand, zeigt, dass er nie zu den grossen Talenten seines Landes gezählt hatte. Dafür bringt er viel Wucht in seinen Aktionen und einiges an Abgeklärtheit mit. Mit der Verpflichtung des spielerisch starken Vasilije Janjicic wollte man mit einer Rückholaktion auch einmal selbst von der eigenen Ausbildung profitieren und solche Spieler nicht immer nur der Konkurrenz überlassen. „Hilfreich“ waren dabei sicherlich die Schlagzeilen, die Janjicic in Hamburg neben dem Platz geliefert hatte. Damit wurde er im Gegensatz zu anderen FCZ-Talenten im Ausland für den Stadtclub erschwinglich und der Spieler selbst empfand die Rückkehr zum FCZ als einen persönlichen Schritt nach vorne.

Ganz entgegen der Erkenntnisse aus den Testspielen lief der FCZ dann aber im ersten Saisonspiel im Letzigrund gegen Lugano bei brütender Hitze den Gegner hoch an. Speziell Denis Popovic, welcher nicht die ganze Vorbereitung hatte mitmachen können, rückte jeweils zu spät auf seine Position, was die konterstarken Tessiner (Schlussresultat: 0:4) jeweils gnadenlos ausnutzten. Erschwerend kam hinzu, dass das speziell bei diesen Temperaturen wichtige erste Tor aufgrund eines unrechtmässigen Penaltys (Schwalbe Sabbatini) zustande gekommen war. Beim zweiten Spiel in Luzern (0:0) stand der FCZ deutlich tiefer als in der ersten Partie und kam auf diese Art und Weise einem Auswärtssieg nahe. Der FCZ hielt dabei gegen einen Gegner, mit dessen physischen Qualitäten man in den letzten Jahren häufig Probleme gehabt hatte, kämpferisch gut dagegen und liess kaum eine gegnerische Torchance zu. Drei erfolgsversprechende Umschaltsituationen wurden von Ref Klossner wegen angeblicher Foulspiele zu Unrecht unterbunden – und Marco Schönbächler blieb mit einem tollen Weitschuss der Lucky Punch knapp verwehrt.

In Sion (1:3) erhielt der FCZ beim Stand von 1:1 in der 71. Minute die Chance zum 2:1-Führungstreffer, aber der in der Vergangenheit über die Sion U21 den Sprung in den Profifussball schaffende Benjamin Kololli verschoss den (eher glücklich zugesprochenen) Penalty. Auch von der anschliessenden numerischen Überzahl (Unsportlichkeit des den Penalty „verursachenden“ Abdellaoui) konnte der FCZ nicht profitieren – im Gegenteil. Die Zürcher suchten aufgrund der Überzahl den Auswärtssieg zu hektisch-überhastet und verloren so die Partie durch zwei Treffer des ehemaligen GC-Juniors Kasami.  Gegen Xamax (2:2) hatte der FCZ genau wie in Sion numerische Überzahl und die besseren Torchancen. Schönbächler erzielte zudem zum ersten Mal seit einem Jahr wieder einmal ein Tor. Man vergab aber kurz vor Schluss durch ein „Tor des Jahres“ von Gaëtan Karlen die drei Punkte – auch weil (durch Mimoun Mahi) wie in Sion erneut ein Penalty verschossen wurde. Gegen das von seiner Spielweise her dem FCZ liegende St. Gallen kommt es im fünften Spiel dann zum ersten Saisonsieg (2:1). Böse Zungen behaupten, dass dieser nur zustande kam, weil Zürich nach dem Platzverweis des übermotivierten ehemaligen FCZ-Juniors Miro Muheim (der beim „Rückspiel“ vor der Winterpause zudem den frühen Führungstreffer des Stadtclubs ins eigene Netz ablenkte) nicht lange in Überzahl spielen „musste“, weil kurz darauf Mirlind Kryeziu ebenfalls Gelb-Rot sah. Vor allem aber vermochte man sich gegen den hoch pressenden Gegner gut hintenheraus zu lösen und dann die sich auftuenden Räume mit erfolgreichen Kontern zu nutzen.

 

Hier gehts zu Teil 2: „Not macht erfinderisch“

Hier gehts zu Teil 3: „Simon Sohm erobert Stammplatz“

Sion – FCZ Vorschau und Frage zum Spiel

Das Motto für heute lautet „Unberechenbar im Tourbillon“. Dies weil man bei Partien zwischen dem FCZ und Sion nie vorher weiss, wie sie laufen werden. Beide Teams haben sich in den letzten Jahrzehnten als die zwei prototypischen „Cupmannschaften“ der Schweiz etabliert, die in wichtigen Spielen über sich hinauswachsen können, über eine ganze Saison hinweg hingegen meist Mühe bekunden, konstant auf hohem Niveau zu agieren.

Bei den Aufstellungen der beiden Teams könnte das Motto hingegen sehr wohl „Konstanz“ lauten. Aus den ersten beiden Meisterschaftspartien und Äusserungen von Trainer Magnin lässt sich ableiten, dass untenstehende Equipe wohl die aktuelle Stammformation des FCZ darstellt. Die Frage stellt sich aber, ob abgesehen von den Langzeitverletzten für einmal alle fit und munter im Wallis ankommen, oder ob im letzten Moment wieder der eine oder andere sich angeschlagen oder krank abmeldet. Izer Aliu und Lavdim Zumberi sind nicht ins Wallis mitgefahren und spielen stattdessen zum Saisonauftakt der Promotion League mit der Reserve gegen den SC Brühl im Heerenschürli.

Auch von Sion-Trainer Henchoz kann man personell und taktisch Konstanz erwarten. Der Freiburger ist einer von aktuell fünf Westschweizer Trainern in der Super League – und dabei einer von dreien (Celestini, Joël Magnin, Henchoz), die mit Dreierabwehr agieren. Alain Geiger und Ludovic Magnin lassen hingegen genauso wie die vier Deutschschweizer und der eine Deutsche Trainer ihre Mannschaften bisher mit vier Mann hinten auflaufen. Dabei gilt die Dreier-/Fünferabwehr ursprünglich eher als typisch „deutsche“ Grundordnung. Die deutschsprachigen Regionen von der Viererabwehr zu überzeugen, dauerte in den 80-er/90-er Jahren lange und es brauchte dafür den Umweg über Skandinavien und im Falle der Schweiz dem sich dort inspirieren lassenden Englischen Trainer Roy Hodgson.

Nun wurde die Dreierabwehr im letzten Jahrzehnt vor allem in Italien revitalisiert und von dort in der ganzen Welt, mittlerweile nun auch im französischsprachigen Raum, populär gemacht. Der im ersten Meisterschaftsheimspiel gegen Basel positiv auffallende junge Brasilianer Patrick Luan fehlt angeschlagen. Das grösste Fragezeichen stellt sich bei der Besetzung der 10er- Position: hier hat Henchoz die Qual der Wahl zwischen Pajtim Kasami, Bastien Toma und Anto Grgic. 

Frage zum Spiel: Wer schiesst heute das erste Tor?

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Viertelherzige Defensivarbeit, Sion gewinnt die Duelle / Sion – FCZ 1:0 Analyse

Die Partie im Wallis war einerseits geprägt von einem FC Sion, der nach einiger Anlaufzeit den «Yakin-Stil» immer besser verinnerlicht hat: wenig Ballbesitz, Konterfussball im eigenen Stadion mit langen Diagonalbällen über die Seiten hinter die Abwehr. Schlüsselpositionen in Yakins neuem FC Sion nehmen unter anderem Christian Zock und André Luis Neitzke ein, mit denen Yakin als Schaffhausen-Coach in der Challenge League-Rückrunde der Saison 16/17 mehr Punkte als Forte’s FC Zürich geholt hatte. Neben Neitzke waren mit Grgic (gleichzeitig entscheidender Vorbereiter und Vollstrecker beim 1:0-Siegtreffer) und Toma in der Mittelfeldreihe zwei weitere Spieler in der Startformation, die schnell gute Bälle in die Tiefe spielen können. Vorne ist natürlich Pajtim Kasami der Schlüsselspieler, welcher zusammen mit Ermir Lenjani die Anfälligkeit des FCZ über die Seiten optimal zu nutzen wusste. Die Sittener liessen defensiv nur einen Freistoss in Strafraumnähe und sieben Flanken zu. So wenige Hereingaben von der Seite hatte der FCZ letztmals im Heimspiel gegen Napoli geschlagen. Insgesamt kam das Letzigrund-Team ebenfalls gerade mal zu sieben Abschlüssen im ganzen Spiel – nur bei der Auswärtsniederlage bei YB waren es im Jahr 2019 ebenso wenig gewesen. Sion hatte zwar auch nicht mehr als 12 Abschlüsse, durch die Kontersituation waren diese aber im Durchschnitt deutlich gefährlicher.

Der FCZ setzte andererseits im Wallis nach dem erfolgreichen im 3-4-1-2 errungenen Heimsieg gegen Xamax (2:1) auf eine deutlich offensivere Ausrichtung in einem verkappten 4-3-3. Die Konstruktion des Spiels war zu Beginn durchaus ansehnlich, aber die Balance zwischen Offensive und Defensive ging wieder verloren. Eine Viererkette, in welcher drei Spieler (Bangura, Kharabadze, Untersee) eher offensiv orientiert denken und gleichzeitig Schwächen in den Zweikämpfen haben, ist zu wenig stabil. Umaru Bangura gewann in Sion beispielsweise nur 29% seiner Zweikämpfe, und liess die Gegenspieler vor allem in seiner katastrophalen Ersten Halbzeit mit mehreren Blackouts Mal für Mal frei gewähren. In den Zweikämpfen war Sion stärker. Die in diesem Bereich ebenfalls anfälligen Untersee und Kharabadze konnten zudem auf der Seite von Odey sowie Khelifi zu wenig unterstützt werden. Im Mittelfeldzentrum brachte der 6er Grégory Sertic wie schon gegen Xamax im Spiel (im Gegensatz zu seinen Standards) viel zu wenig Präsenz auf den Platz. Der Franzose verrichtet die Defensivarbeit eher viertelherzig als halbherzig, geht in der eigenen Hälfte sorglos mit dem Ball um, führt Zweikämpfe eher alibimässig und hielt beispielsweise vor dem 0:1 gegenüber Pajtim Kasami gebührenden Respektsabstand nach dem Motto: «nur nicht stören». Während es Spieler wie Sertic in vielen Situationen zu gemütlich nahmen, agierten andere wiederum zu hektisch – so beispielsweise Kharabadze und Khelifi, welche beide einen Einwurf zu schnell ausführten und so die dafür noch nicht bereiten Teamkollegen in die Bredouille brachten.

Die vor Sertic auf den Achterpositionen agierenden Rüegg und vor allem Hekuran Kryeziu (letzterer trotz offensichtlich noch nicht ganz abgeklungenen Rückenbeschwerden nach der Attacke Pietro Di Nardos im Xamax-Spiel) trugen deutlich mehr zur Zürcher Präsenz im Mittelfeld und schnellem Direktspiel nach vorne zur Überwindung der Walliser Abwehrmauer bei. Assan Ceesay vermochte allein im Sturmzentrum keine Wirkung zu entfalten. Daher verschob Ludo Magnin den Linksfuss noch vor der Pause auf die linke Seite, wo der Gambier ähnlich wie einst Raphael Dwamena nach vorne deutlich mehr Wirkung erzielen kann. Der eingewechselte Marco Schönbächler hatte nach guter Vorarbeit von Rüegg und Untersee eine gute Torchance, bei welcher er aber deutlich zu lange mit dem Abschluss zögerte. Die Szene war das Spiegelbild von «Schönbis» seit der letzten Verletzung komplett verschwundenem Selbstvertrauen im Abschluss. Aziz Binous bestritt einen ansprechenden ersten FCZ-Teileinsatz in der Super League und hätte nach schöner Hereingabe Untersees von rechts die Chance auf den Ausgleich nutzen können, wenn er nicht (tendenziell regelwidrig) von Xavier Kouassi daran gehindert worden wäre.

Sion – FCZ 1:0 (1:0)

Tore:  6. Grgic (Uldrikis) 1:0.

Sion: Fickentscher; Maceiras, Kouassi, Neitzke, Morgado; Toma, Zock, Grgic, Lenjani (80. Carlitos); Kasami (88. Mveng), Uldrikis (68. Fortune).

FCZ: Brecher; Untersee, Bangura, Maxsø, Kharabadze; Sertic; Rüegg, H. Kryeziu; Odey, Ceesay (77. Binous), Khelifi (61. Schönbächler).

Weiter harmlos bei Standards, irreguläres Tor zum 1:2 / FCZ – Sion Analyse und Highlights

Der FCZ verliert nach acht Monaten erstmals wieder ein Heimspiel – und dies gegen Murat Yakins FC Sion. Damit ist die Bilanz von FCZ-Trainer Magnin gegen den Ex GC-Trainer nach den drei Derbies im März/April und dem dank Einwechselspieler Assan Ceesay spät errungenen 2:1-Erfolg im Tourbillon wieder ausgeglichen. In der Startaufstellung fehlen Umaru Bangura und Toni Domgjoni, welcher zuletzt in seinen Leistungen etwas stagniert hatte. Das 1:0 durch Antonio Marchesano in der 62. Minute schien der späte Lohn für eine gute 1. Halbzeit und mehrere Topchancen zu sein. Andreas Maxsö hatte das Tor mit einem magistralen Pass auf den eben eingewechselten Salim Khelifi eingeleitet. Nach den drei Assists in Luzern war Khelifi damit erneut in der Meisterschaft Assistgeber.

Allerdings kam vom Waadtländer danach nicht mehr viel. Stattdessen gelang in der 71. Minute Pajtim Kasami nach einem Sion-Konter der Ausgleich zum 1:1. Dieser Gegentreffer war beinahe eine Kopie des 1:1-Gegentreffers in Luzern und deshalb speziell ärgerlich. Der FCZ agiert im Anschluss an einen eigenen Eckball erneut überaus risikoreich. Sechs Zürcher stehen annähernd auf einer Linie vor dem Sion-Strafraum, als Hekuran Kryeziu zu einem hohen Ball ansetzt. Kommt Kryezius Ball gut und zügig nach ganz rechts aussen, wo die «Weissen» eine klare Überzahl haben, dann kann daraus eine weitere Topchance auf das 2:0 entstehen (siehe untenstehenden Screenshot).

Kryeziu spielt den Ball aber nicht ideal in den linken Bereich des Strafraumes, wo Verteidiger Ndoye keine Probleme hat, vor Maxsö an den Ball zu kommen. Weil Khelifi zu wenig energisch eingreift, kommt der Sion-Gegenangriff ins Rollen. Palsson nimmt sich mit einer erfolglosen Grätsche gegen Kasami selbst aus dem Spiel und kann dadurch nachher nicht mehr eingreifen. Pa Modou macht den Raum für Lenjani auf, indem er ebenfalls erfolglos vorrückt, um Kasami anzugreifen. Dieser könnte nun den Ball steil auf Lenjani spielen, welcher damit alleine vor Torhüter Brecher auftauchen würde. Da Kasami aber das Tor selbst erzielen will, zieht er den Pass auf Lenjani nach aussen und sprintet selbst in die Abschlussposition im Zentrum.

Genauso wie vor anderthalb Monaten im Tourbillon der eingewechselte Assan Ceesay für den FCZ-Sieg gesorgt hatte, war diesmal mit Adryan für Sion ebenfalls ein Joker für den entscheidenden Schwung zum Auswärtssieg im Letzigrund verantwortlich. Der Brasilianer leitete mit einem schnellen Antritt über links das 1:2 ein. Ein Tor, welches allerdings auf irreguläre Weise zustandekam und für den FCZ weitere schmerzhafte Folgen mit sich bringt. Kevin Rüegg hat im eigenen Strafraum einen kurzen Moment die Möglichkeit, den Ball über die Grundlinie zu klären – lässt diese aber verstreichen. Im nächsten Moment rauscht Adryan heran und streckt Rüegg mit der Sohle voran nieder (siehe untenstehenden Screenshot).

Aufgrund dieses Fouls fällt Rüegg nun mit Teilriss des Innenbandes im Rechten Knie mehrere Wochen aus! Damit nicht genug: Im Anschluss an diese Szene stiess Pajtim Kasami Andreas Maxsö in Alain Nef hinein und setzte damit gleich zwei weitere Zürcher aufs Mal ausser Gefecht (siehe untenstehenden Screenshot). Mit drei Zürcher Verteidigern am Boden war der Weg nun frei für den eingewechselten Yassin Fortune, den 2:1-Siegtreffer zu erzielen. Dass der ansonsten gut pfeifende griechische Referee Anastasios Papapetrou gleich beide regelwidrigen Aktionen im Getümmel übersah, ist die eine Geschichte. Weit weniger entschuldbar ist, dass die übertragenden TV-Stationen (und damit auch alle anderen Medien) trotz eindeutiger Bilder, Zeitlupen und mehreren Blickwinkeln einmal mehr so taten, als sei nichts passiert.

Kurz nach dem Gegentor wechselte Ludo Magnin als dritten Einwechselspieler Adrian Winter für Züri Live-MVP Roberto Rodriguez ein, der sich auch diesmal auf der Rechten Seite gut mit Rüegg ergänzt und eine Saisonrekordzahl von sieben Flanken in den Strafraum gebracht hatte – darunter die Idealvorlage für Ceesay bei dessen Pfostenschuss aus spitzem Winkel. Offenbar hatte Rüegg eine Minute nach Adryans Foul noch das Gefühl, weiterspielen zu können oder zu müssen und blieb auf dem Feld – mit zunehmender Spieldauer in der Schlussphase aber mehr und mehr humpelnd. Rüegg blieb nicht das einzige Verletzungsopfer der Partie. Schon in der 50. Minute hatte der Medizinische Masseur Rolf Schumann Stephen Odey nach dessen Zusammenprall mit Sion-Keeper Kevin Fickentscher auf der Schulter in die Kabine tragen müssen.  

Dem FCZ nützt es am Ende der Partie nichts, dass er gegen Sion ausnahmsweise mal das zweikampfstärkere Team stellt und mehrmals von groben Schnitzern des Ex GC-Verteidigers Jan Bamert profitieren kann. Weiterhin zu ungefährlich ist das Letzigrund-Team bei Standards. Benjamin Kolollis Freistoss- und Cornerbälle sehen zwar meist ästhetisch hübsch aus, sind aber wenig effektiv. Nach dem FC Thun hat der FCZ in dieser Saison bisher am zweitwenigsten Kopfballtore aller Super League-isten erzielt. In den letzten Jahren hat in solchen Situationen ein Wechsel des Standardspezialisten meist kurzfristig einen positiven Effekt gehabt, auch weil die Gegner dann jeweils nicht auf dessen Stil eingestellt sind. Ausserdem spielt Kololli seine Standards gerne direkt – mit kurz gespielten Cornern und Freistössen schien der FCZ in den letzten Jahren aber mehr Erfolg zu haben. Eines der raren Beispiele eines kurz gespielten Standards in der jüngeren Vergangenheit war der Eckball zum 1:0-Siegtreffer von Victor Palsson gegen Ludogorets, wo Kololli kurz angespielt aus einer besseren Position flanken konnte, als bei einem direkt ausgeführten Corner.

 FCZ – Sion 1:2 (0:0)

Tore: 62. Marchesano (Khelifi) 1:0, 71. Kasami (Lenjani) 1:1, 82. Fortune (Adryan) 1:2.

FCZ: Brecher; Rüegg, Nef, Maxsö, Pa Modou; Palsson; Marchesano, H. Kryeziu; Rodriguez (84. Winter), Kololli (59. Khelifi); Odey (50. Ceesay).

Sion: Fickentscher; Maceiras (63. Abdellaoui), Ndoye, Bamert, Morgado; Mveng, Neitzke, Kouassi; Kasami, Lenjani (77. Fortune); Philippe (63. Adryan).

 

(Screenshots: Teleclub)

FCZ druckvoll, Maouche mit entscheidendem Fehler / Sion – FCZ 1:1 Highlights

Der neue Sion-Trainer Gabri will, dass sein Team viel Ballbesitz hat. Diese Intention durchkreuzte der FCZ im Wallis von Beginn weg durch viel Tempo im Spiel ohne und auch mit Ball. Bezüglich Leistung und Auftreten zeigte der Stadtclub nach einem kleinen Zwischentief weiter Aufwärtstendenz. Und hinten hatte der diesmal wieder auf der linken Seite der Dreierabwehr aufgestellte Brunner den jungen Sion-Shootingstar Cunha gut im Griff. Die Walliser kamen zu Beginn kaum aus der eigenen Platzhälfte heraus, nach Ballgewinn suchte das Forte-Team das schnelle Direktspiel – es fehlte einzig das Timing, die Ruhe und Präzision im Abschluss. Wenn man Vollgasfussball spielt, trotzdem im richtigen Moment vor dem gegnerischen Tor die Ruhe zu bewahren, ist die Königsdisziplin. Roberto Rodriguez machte es bei seinem Tor kurz nach der Pause vor. 

Michi Frey hatte wie üblich den Gegner zum Fehler gezwungen, Palsson ohne Umschweife den Pass in die Tiefe gespielt, und Rodriguez seine ideale Abschlussposition für seinen Drehschuss mit rechts im gegnerischen Strafraum gefunden  und auch dank fehlender Gegenwehr genutzt. Sion schaffte es erst nach diesem Gegentreffer zu reagieren und hatte mit zwei Pfostenschüssen von Kasami und Pinga Pech. Das 1:1 gelang Pajtim Kasami nachdem bei einem Abpraller beim Duo Schneuwly / Bangura der eingewechselte Yassin Maouche kopflos nur auf den Ball fokussiert seinen Gegenspieler Salih Uçan aus den Augen verlor.

Der ehemalige Fenerbahçe- und Roma-Regisseur hatte dadurch viel Zeit und Platz, seinen tödlichen Pass in die Tiefe zu spielen, Pa Modou schaffte es nach der Drehung nicht mehr, das Tempo des heranbrausenden Pajtim Kasami aufzunehmen. Der aus dem Zürcher Weinland stammende Mittelfeldspieler traf zum Ausgleich, und leistete sich am Ende der Partie auch noch eine Tätlichkeit, als er Uli Forte in den Metallpfosten der Spielerbank stiess. Seltsamerweise schickte Schiedsrichter Nikolaj Hänni dafür Forte auf die Tribüne.  

Sion – FCZ 1:1 (0:0)

Tore: 47. Rodriguez (Palsson) 0:1, 81. Kasami (Uçan) 1:1.

FC Sion: Mitryushkin; Zverotic (55. Bamert), Paulo Ricardo, Angha, Lenjani; Kasami, Constant (73. Pinga), Toma; Cunha, Uçan; Schneuwly.

FC Zürich: Vanins; Thelander, Bangura, Brunner; Winter (81. Rüegg), Sarr (74. Maouche), Palsson, Pa Modou; Dwamena, Frey, Rodriguez (90.+2 Koné).