Chreis 5, wir kommen!

Panta rhei! Im Industriequartier gibt es fast keine Industrie mehr. Dafür wird in den alten Fabrikhallen gewohnt, geshopt und Theater gespielt. In der riesigen ehemaligen Toni Molkerei («das im Glas!») befindet sich mittlerweile die Zürcher Hochschule der Künste. Nicht immer Kunst, aber sicherlich immer ein Theater und zwar kein inszeniertes, wird vom FCZ und GC gezeigt, die nun mit der ganzen Fussball-Community nach der erfolgreichen Volksabstimmung des Wochenendes beide in den Chreis 5 ziehen. Sie werden sich wohl kurz nach der Fertigstellung von PJZ und Europaallee aus dem Staub über die Gleise machen.

Nach sage und schreibe ziemlich genau 100 Jahren (1925) wird der FCZ erstmals nach seinen Gründerzeiten wieder selbst sein Stadion mitbetreiben können. Die Pfingstweidstrasse ist nach der Hardau, dem Utogrund und dem Letzigrund die vierte Heimat des Stadtclubs. Von der Haltestelle Sportweg auf der Südkurvenseite her erreicht man mit dem «4-er» den Hauptbahnhof und die Stadtbahnhöfe Altstetten, Hardbrücke, Stadelhofen und Tiefenbrunnen alle direkt. Im Gegensatz zur Pfingstweid nicht im Chreis 5 liegt übrigens (wenn auch fälschlicherweise) auf Google Maps der mittelalterliche Hardturm (Chreis 10), welcher Teil der die Stadt Zürich gegen Angriffe von Westen her schützenden Letzimauer war.

Der Limmatstadtclub spielt neu auch neben der Limmat, wo am 24. Mai 2007 in einem mit 18’100 Fans ausverkauften Stadion so stark wie noch nie zuvor das Gefühl herrschte, dass Zürich dem FCZ gehört. Francileudo Santos und Xavier Margairaz trafen zum Meistertitel in einem umkämpften Derby vor ganz in weiss getauchten Zuschauerrängen. Aus heutiger Sicht ein perfektes Amuse Bouche auf das, was da in Zukunft gleichenorts noch folgen soll. An dieses «erste Mal» der neueren Clubgeschichte im «fremden Territorium» auf der anderen Seite der Geleise werden sich die FCZ-ler immer gerne zurückerinnern. In weiser Voraussicht haben der ZVV und die VBZ bereits vorgesorgt und vor einem Jahr mit dem Tram Nr. 8 eine direkte Verbindung vom FCZ Fan-Shop/Museum am Stauffacher zum neuen Fussballstadion und von dort (irgendwann mit Pokal?) zurück zum Helvetiaplatz zur Verfügung gestellt.

Caroline Abbé im Hoch – FCZ Frauen auf Kurs

Drei Tage nach dem Champions League-Achtelfinalhinspiel gegen Bayern München im Letzigrund trifft Innenverteidigerin Caroline Abbé im Spitzenspiel bei Lugano per Kopf zum wichtigen 1:0. Der FCZ besiegt den aktuell härtesten Verfolger auswärts mit 2:1 und behält in der Meisterschaft nach sechs Spielen eine Weisse Weste. Letzte Saison hatte der FCZ das mit vielen nordamerikanischen Spielerinnen gespickte Lugano im Cupfinal erst in der Verlängerung bezwingen können. Im Cup-Viertelfinal vom 24./25. November trifft das Team von Trainer Andy Ladner im Heerenschürli nun wieder auf denselben Gegner!

Abbé hatte zuvor bereits gegen ihren Ex-Klub Bayern München eine überdurchschnittlich gute Leistung an den Tag gelegt. Diese Begegnung mit alten Kameradinnen hat die Genferin offensichtlich beflügelt. Ebenfalls stark spielte Aussenverteidigerin Lorena Baumann, die es wie keine andere schaffte, im internationalen Wettkampfspirit den Gegenspielerinnen richtiggehend auf die Nerven zu gehen und gleichzeitig nach vorne effektiv zu agieren. Das Resultat von 0:2 widerspiegelt in etwa das Gezeigte auf dem Feld gegen keineswegs brillante Bayern, die es bisher in der Champions League noch nie über die Viertelfinals hinausgeschafft haben. Dass Bayern-Torfrau Manuela Zinsberger nie ernsthaft eingreifen musste, lag vor allem am auf diesem Niveau individuell zu wenig soliden Zürcher Zentrum mit Coumba Sow, Cinzia Zehnder und Lesley Ramseier, welches die Partie nicht in den Griff bekam. Speziell USA-Rückkehrerin Sow schien in dieser Partie an gewisse Grenzen zu stossen. Taktisch zeigte die ganze Mannschaft allerdings eine äusserst reife und disziplinierte Leistung, die nur deshalb nicht belohnt wurde, weil im Endeffekt zu wenige Spielerinnen individuell ihr Topniveau erreichten.

Im Rückspiel in einer Woche im Bayern Campus wird die Zuschauerzahl deutlich tiefer sein, als die 4’300 Fans, die offiziell das Hinspiel im Letzigrund verfolgten (tatsächlich waren es wohl über 6’000). Natürlich ist die Chance auf ein Weiterkommen sehr klein, aber die Hoffnung bleibt. So hat der FCZ beispielsweise mit Malin Gut eine Standardschützin, die gefährliche Bälle in den gegnerischen Strafraum schlagen kann, und die spielerischen Qualitäten der im Hinspiel   eingewechselten Martina Moser könnten bei Gegnern ebenfalls für Unruhe sorgen. Gelingt es, den 1:0-Führungstreffer zu erzielen, ist die Chance auf eine erstmalige Viertelfinalqualifikation wieder da.

In der Meisterschaft hatte der mit einzelnen Profispielerinnen aus Südamerika verstärkte Aufsteiger Servette Chênois einen Blitzstart hingelegt, ist aber mittlerweile nach der Cupniederlage beim unterklassigen St. Gallen-Staad und der 0:7-Klatsche am Wochenende in Luzern zwischenzeitlich urplötzlich eingebrochen. Lugano entwickelt sich konstant und steigert sich von Saison zu Saison, wohingegen das auch heute noch sehr prominent bestückte und gut ausgestattete Basel weiterhin Rätsel aufgibt. YB hatte viele Abgänge zu verkraften, bringt aber trotzdem auch diese Saison eine Truppe mit viel Talent auf den Rasen, die sich im Verlaufe der Saison wohl noch steigern wird. Nicht zu unterschätzen sind die Luzernerinnen, die zwar den Abgang von Shooting Star Géraldine Reuteler verzeichnen mussten, insgesamt aber trotzdem in grossen Teilen ihre Mannschaft zusammenhalten konnten. GC kommt trotz drei, vier sehr talentierten Spielerinnen um Nationalstürmerin Caroline Müller noch nicht richtig in die Gänge und Yverdon wird wohl wie jede Saison gegen den Abstieg kämpfen müssen.

Warum Marchesano im Derby der Beste war / GC – FCZ 0:2 Analysen, Interviews & Highlights

GC hat im 271. Derby 60% Ballbesitz und ein Cornerverhältnis von 8:0 zu seinen Gunsten – verliert aber trotzdem 0:2. Am Ende kann der FCZ im Gegensatz zum Thun-Spiel den 2:0-Vorsprung halten, obwohl gerade Mittelfeldspieler Hekuran Kryeziu mit einem Ballverlust im Mittelkreis, viel zu passivem Verhalten an der Fünfmetergrenze im Duell mit Gegenspieler Cvetkovic bei einem GC-Corner und weiteren etwas nonchalanten Aktionen das Glück mehrmals herausfordert.

Die Spielanlage der beiden Zürcher Konkurrenten unterscheidet sich grundlegend. Während der FCZ vorwiegend durch die Mitte den Erfolg sucht und allfällige Flanken hinter die Abwehr meist bereits vor der Strafraumhöhe schlägt (und darum auch zu keinem einzigen Eckball kommt), versucht GC das Spiel möglichst breit zu machen und durch ein allfälliges zu spätes Verschieben des FCZ-Blockes Lücken auf der Seite vorzufinden. Dazu positionieren sich in der 1. Halbzeit Raphael Holzhauser und im Zweiten Durchgang Runar Mar Sigurjonsson im Spielaufbau auf einer Aussenverteidigerposition, von wo aus dann die langen Bälle „longline“, zentral oder diagonal geschlagen werden. Dem FCZ kommt dabei auch entgegen, dass ein aus GC-Sicht zu hoher Anteil dieser Bälle zu ungenau gespielt wird.

Damit startet der FCZ genau wie letzte Saison mit einem 2:1-Heimsieg gegen Thun und einem 2:0-„Auswärtssieg“ gegen GC in die Saison – nur in umgekehrter Reihenfolge. Ebenfalls an den Saisonstart nach dem Aufstieg vor Jahresfrist erinnert die gute Frühform von Adi Winter und dass ein wichtiges Tor auf einen Standard erzielt wurde. Die einstudierte Variante über Marchesano, Rüegg und Mirlind Kryeziu klappte im Ansatz gut, es brauchte dann aber zur Vollendung trotzdem noch Improvisationskünstler Winter.

Ein weiteres Plus für den FCZ war die Effizienz im Abschluss – von drei Abschlüssen, die aufs GC-Tor kamen, musste der gegnerische Torhüter Lindner zwei aus dem Netz fischen. Ausserdem ist das Passspiel daran, das Stadium des zarten Pflänzchens zu überschreiten. In der Schlussphase konnte in einer Szene der Ball geschätzte anderthalb bis zwei Minuten in den eigenen Reihen gehalten werden und der Schönbächler-Pfostenschuss war der Schlusspunkt einer 18-fachen Passfolge.

Zum Züri Live-MVP gewählt wird diesmal Antonio Marchesano. Dieser hatte im ersten Spiel gegen Thun noch gefehlt, nachdem er in der Vorbereitung eine Zeit lang angeschlagen ausgefallen war. Marchesano übernahm im Vergleich zur Partie gegen die Berner Oberländer 1:1 die Position von Izer Aliu als zweiter „Achter“ neben Toni Domgjoni im Spielaufbau und als zweiter „Forward“ neben Stephen Odey im 4-4-2 gegen den Ball. Sowohl bei Odey wie auch Marchesano waren Fortschritte im Defensivspiel ersichtlich. Der Tessiner kann zwar immer noch kaum mal alleine einen Ball gewinnen, aber in Zusammenarbeit mit Teamkollegen wie Domgjoni oder Pa Modou war er gegen GC an einigen wichtigen Balleroberungen entscheidend beteiligt.

Genauso wie Marchesano trug auch Kevin Rüegg zu beiden Toren entscheidend bei. Beim ersten mit einer Kopfballvorlage und beim zweiten kanalisierte er die Derbyemotionen nach dem Foul von Sigurjonsson mit einem herzhaften Antritt und Doppelpass mit Toni Domgjoni auf positive Weise. Ein paar Wackler in der Defensive verhindern für Rüegg eine noch bessere Züri Live-Note. Toni Domgjoni bereitete wie bereits gegen Thun den zweiten Treffer vor und fiel zudem mit einem Steilpass aus der Drehung auf Marco Schönbächler vor dem Marchesano-Pfostenschuss auf. Schönbächler selbst ist jederzeit in der Lage, etwas Entscheidendes auf die Beine zu stellen. Und Einwechselspieler Benjamin Kololli konnte bei seinem FCZ-Début gegen eine entblösste GC-Abwehr seine Konterstärke unter Beweis stellen.

GC – FCZ 0:2 (0:0)

Tore: 47. Winter (M. Kryeziu) 0:1, 62. Odey (Domgjoni) 0:2.

GC: Lindner; Lika (67. Andersen), Cvetkovic, Zesiger, Rhyner; Bajrami; Sigurjonsson, Holzhauser (65. Tarashaj); Jeffren (79. Pusic), Bahoui; Djuricin.

FCZ: Brecher; Rüegg, Palsson, M. Kryeziu, Pa Modou; H. Kryeziu; Marchesano (79. Nef), Domgjoni; Winter (89. Haile-Selassie), Schönbächler (69. Kololli); Odey.

„Wussten nicht mehr wie laufen“: Interviews & Spielbericht nach FCZ – GC 1:1

Das fünfte Derby der Saison (1:1 Schlussresultat, Tore: Dwamena, Kodro) war geprägt von zwei grundverschiedenen Halbzeiten. In der Ersten war der FCZ spielbestimmend und zeigte sich im Vergleich zum Sion-Spiel deutlich verbessert. Der in der Dreierabwehr zwischen Rasmus Thelander und Mirlind Kryeziu agierende Victor Palsson machte erstmals zumindest 45 Minuten lang auf dieser Position eine gute Falle. Startelfdébutant Tobias Schättin bestätigte die guten Eindrücke aus der Schlussphase im Wallis voll und ganz und war im ersten Durchgang eine «Bank» auf der linken Seite.

Adi Winter warf sich wie eine tragikomische Figur aus einem Monty Python-Film trotz Schrammen und Blessuren an allen Ecken und Enden trotzdem immer wieder ins Getümmel, so dass Fabian Rohner schon während den ersten 45 Minuten drei Mal zum Einlaufen geschickt wurde. Kevin Rüegg bestätigte seine guten Zweikampfwerte aus dem Sion-Spiel auch auf einer anderen Position. Und das Duo Marchesano / Dwamena sorgte nach einem hervorragenden Ballgewinn von Michael Frey im Mittelfeld für den Führungstreffer, bei welchem GC-Goalie Lindner es dem FCZ-Torschützen im Abschluss für einmal aber auch etwas einfach machte. In der Zweiten Halbzeit stellte GC auf Viererabwehr um, der Australische Nationalspieler Trent Sainsbury rückte bei seinem ebenfalls ersten Startelfeinsatz in der Super League nach der Pause ins Mittelfeld. FCZ-Trainer Ludovic Magnin war nach der Partie konsterniert, dass seine Mannschaft «40 Meter tiefer» gespielt habe. «Wir wussten nicht mehr wie genau laufen» äusserte sich Fabian Rohner gegenüber Züri Live.

Und tatsächlich stimmte gerade auf der rechten Seite Rohners im Zusammenspiel mit Thelander und Rüegg unter anderem beim Gegentor durch Kenan Kodro die Organisation nicht mehr. Die defensive Stabilität war weg, was natürlich auch das Offensivspiel negativ beeinflusste. In der Schlussphase verschob sich Torhüter Yanick Brecher in zwei Szenen deutlich besser, als noch beispielsweise beim Gegentor in Sion und war bei den Abschlüssen von Basic und Kodro deshalb richtig positioniert, was wesentlich dazu beitrug, dass die beiden GC-Leistungsträger aus jeweils bester Abschlussposition direkt auf den Zürcher Torhüter zielten.

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