Neues Hybridsystem besteht Feuertaufe bravourös / Sion – FCZ Analyse
Ausfälle als Chance? / Sion – FCZ Vorschau mit möglichen taktischen Formationen (Züri Live)
Der FCZ stellt nach der 1:3-Heimniederlage gegen Servette für das Auswärtsspiel in Sion auf ein Hybridsystem 3-4-1-2 / 4-2-4 um. Auf den ersten Blick scheint dies ein ziemlich anspruchsvolles Unterfangen zu sein, aber es klappt im Wallis sehr gut. Die Übergänge funktionieren nahtlos – als hätte das Team nie etwas Anderes gespielt. Diese Übergänge finden dabei nicht wie normalerweise bei Hybridsystemen zwischen Offensiver und Defensiver Phase statt. Es wird stattdessen in beiden Formationen in beiden Phasen gespielt, was den FCZ für den Gegner unberechenbarer macht – speziell wenn diese Spielweise noch weiter eingeschliffen werden kann.
Transition auf LInker und Rechter Seite unterschiedlich
Der FC Sion hat zumindest grosse Probleme mit dieser flexiblen Spielweise des FCZ bekundet und die Zürcher konnten sich für diese Liga-Saison rekordhohe 30 Abschlusschancen (davon 20 in der 1. Halbzeit) erarbeiten. In den ersten 23 Minuten kamen die Gäste aus Zürich zu acht Eckbällen. Sion-Trainer Tholot nahm noch vor der Pause einen Doppelwechsel vor. Die 1. Halbzeit war trotz dem Zwischenstand von 0:0 mit Durchschnittsnote 7,5 die bisher beste FCZ-Halbzeit der Saison. Auch die für Sion-Verhältnisse unüblich vielen Systemumstellungen während einer Partie zeugen von (verzweifelten) Versuchen dem FC Zürich in dieser Partie etwas entgegenzusetzen. Tholot liess in einem klassischn 4-4-2 beginnen, verstärkte dann mit dem Doppelwechsel vor der Pause das Mittelfeldzentrum mit der Umstellung auf ein 4-1-4-1. Nach dem Platzverweis agierte Sion eine Zeit lang in einem 4-3-2, um dann nach dem zweiten Gegentor im 4-4-1 vorwiegend Schadensbegrenzung zu betreiben. Vom üblichen Tourbillon-Wirbel war gerade auch bei numerischem Gleichstand praktisch nichts zu sehen.
Ob der FCZ sich im 3-4-2-1 oder 4-2-4 formiert, kann sich sekündlich ändern und ist auch abhängig von der Zone in welcher man sich befindet sowie von der Art des Pressings des Gegners. In der Transition zum 4-2-4 verhalten sich die beiden Aussenläufer unterschiedlich. Der linke Aussenläufer (typischerweise Tosic) verschiebt sich zurück in die hintere Viererkette, während sich der Rechte Aussenläufer (Conceição, Ballet, Markelo) nach vorne in den Viermannsturm verschiebt. Auch die beiden Doppel-10er verhalten sich unterschiedlich. Der rechte 10er bildet zusammen mit dem nominellen Mittelstürmer das Sturmzentrum, während sich der linke 10er auf den Linken Flügel verschiebt.
Mathew / Krasniqi in zentraler Rolle, Condé tendenziell aussen vor
Auch aus diesem Grund ist Nikola Katic in der Dreierkette wieder in die Mitte zurückgekehrt, damit Gomez (oder Kamberi) sich bei Transition zur Viererkette auf die Rechtsverteidigerposition verschieben können. Auf der rechten 10er-Position spielt ein Spielertyp wie Chouiar (oder Marchesano / Afriyie), der ins Sturmzentrum vorstossen kann. Auf der linken 10er-Position wird hingegen eher ein Spielertyp wie Oko-Flex eingesetzt, der sich bei der Transition zum 4-2-4 auch auf dem Linken Flügel gut zurecht findet. Die vorhandenen Spielertypen passen gut zu dieser Spielweise. Da allerdings der Linke Aussenläufer im 4-2-4 eher zurückstaffelt, bedeutet diese neue Spielweise wohl auch das Ende des Projektes “Junior LIgue als LInker Aussenläufer“. Tosic passt besser zu dieser Rolle. Rechts kann hingegen Conceição auf dem Flügel für einigen Wirbel sorgen.
DIe beiden Zentralen Mittelfeldspieler spielen in diesem System eine noch zentralere Rolle als sonst schon. Sie müssen sehr laufstark sein – ähnlich wie in einem reinen Dreierabwehr-System die Aussenläufer. Cheick Condé als weniger lauf- und sprintstarker MIttelfeldspieler passt nicht so gut ins neue Konzept. Das 4-2-4 kommt den Stärken von Krasniqi / Mathew entgegen. Gleichzeitig sorgt die Hybridität des Systems nicht nur für Variabilität und Überraschungsmomente, sondern auch für Ausgewogenheit.
Highlights: Heinz Lindner mit weiterer sehr guter Parade
Bitter war der Gegentreffer insbesondere für Heinz Lindner. Der Sittener Ersatzkeeper kam durch die Rotsperre von Timothy Fayulu zu seinem ersten Super-League-Einsatz in dieser Saison und hatte sein Team vor der Pause mindestens zweimal vor einem Rückstand bewahrt.
– SRF
FCZ bei numerischem Gleichstand besser
Die Tore erzielte der FCZ per Penalty nach Spielaufbau von hinten heraus (1:0) sowie durch ein Hohes Pressing (2:0). Der Okita-Treffer zum 2:0 war das fünfte FCZ-Tor aus einem Hohen Pressing in dieser Saison. Gegen stark einzustufende Gegner wurde bisher allerdings kein solches Tor erzielt. Die FCZ-Leistung in Sion überzeugte vor allem offensiv. In der Defensiven Phase war der Auftritt hingegen eher mässig und hätte gegen einen Gegner wie Servette wohl zu ein bis zwei Gegentoren geführt. In den letzten Minuten der Partie stellte der FCZ dann noch auf ein 4-4-2 um und zog sich weitgehend zurück.
Mit dem 2:0-Sieg bleibt es dabei, dass der FCZ unter Moniz noch nie zweimal in Serie verloren hat. Das dürfen sich die Zürcher durchaus ans Revers heften. Auch wenn sie nicht vergessen sollten, dass der FC Sion nun schon seit dem 10. August und acht Ligaspielen nie mehr gewonnen hat.
Florian Raz, Tages-Anzeiger
Personalien – Bangoura bei Liga-Début unbedarft
Man of the Match: Mirlind Kryeziu
Der Torschütze zum 1:0 zeigt einen bärenstarken Auftritt, bleibt in der Defensive fehlerfrei, übernimmt vom Punkt aus die Verantwortung und verwertet eiskalt. Ein hochverdienter Sieg für einen sehr starken FCZ.
– Stefan Flückiger, Bluewin
- Bledian Krasniqi: In guter Verfassung: zum dritten Mal in Folge bester Zürcher der 1. Halbzeit – und zum dritten Mal MVP.
- Mohamed Bangoura: Sowohl mit wie auch gegen den Ball unbedarft – dank 2:0-Führung und Überzahl kann sich der FCZ das Super League-Début des 18-jährigen Guineers leisten.
- Calixte “Junior“ Ligue: In der 13. Minute läuft Chouaref bei LIgue auf und windet sich danach am Boden. Ref Dudic gibt fälschlicherweise nicht nur Freistoss, sondern zusätzlich eine frühe Gelbe Karte gegen den jungen Zürcher. Aufgrund dieser Erfahrung agiert diesr in der Folge (über-)vorsichtig und wird zur Pause ausgewechselt.
- Umeh Emmanuel: Aufwärtstendenz: spielt einen reiferen Fussball als zum Saisonbeginn. Fühlt sich mittlerweile auch auf der Mittelstürmerposition wohl.
- Yannick Brecher: Defensiv kaum Arbeit, dafür mit rekordverdächtigen sieben Chancenbeteiligungen. Einige FCZ-Angriffe, die zu Torchancen führen, starten ganz hinten.
- Rodrigo Conceição: Dass Sion-Coach Didier Tholot schon nach 39 Minuten Marquinhos Cipriano auswechselt, ist im Wesentlichen auch sein Verdienst.
Der Beste: Ifeanyi Mathew
Der Regisseur im FCZ-Spiel, er dominiert das Mittelfeld im Tourbillon nach Belieben.
– Tim Guillemin, Carlo Frezza, Marco Mäder, Blick