Beste Saisonleistung einer noch ausbaufähigen Mannschaft / YB – FCZ Analyse mit Randnotizen

UNTERSCHIEDLICHE FIEBERKURVE BEI FANS UND MEDIEN / YB – FCZ VORSCHAU (Züri Live)

Die Affiche YB – FCZ wurde einem Spitzenspiel gerecht. Die Intensität war für eine Super League-Partie hoch und die beiden Trainer hatten sich taktisch gerade auch in den Details einiges einfallen lassen. So schien sich beispielsweise der FCZ intensiv auf die YB-Standards vorbereitet zu haben, denn diese wurden in corpore so stark verteidigt, wie man dies beim FCZ noch kaum je gesehen hat. Nicht nur zwei oder drei Spezialisten hatten ihren Gegenspieler und ihre Aufgabe voll im Griff, sondern alle! Daniel Afriyie beispielsweise agierte stark im eigenen Strafraum. Es war ein tolles Teamwork.

Bisher beste Saisonleistung des FCZ

Auf der anderen Seite vermochte beispielsweise Ulisses Garcia als erster Gegenspieler der häufigen Zürcher Spieleröffnung mit den Kopfballweiterleitungen Lindrit Kamberis rechts im Mittelfeld etwas entgegen zu setzen. In der 1. Halbzeit schnitt der FCZ jedem YB-Flämmchen sofort die Sauerstoffzufuhr ab. Die Gelb-Schwarzen brachten kaum eine zusammenhängende Aktion zustande. Das FCZ-Pressing funktionierte besser als dasjenige YB’s. In der 2. Halbzeit konnte der FCZ dann wie üblich die Pace nicht im gleichen Ausmass durchhalten. Diesmal entfalteten aber Einwechselspieler wie Hornschuh, Guerrero oder Rohner etwas mehr Wirkung als in den letzten Partien.

Der Match in Bern ist mit einer Durchschnittsnote von 7,1 die beste Saisonleistung des FCZ (bisher Lugano (H, 3:0) und die Lausanne-Sport (A, 0:0) mit je 6,7). Und nur zwei Partien (ebenfalls “Lugano“ und “Lausanne-Sport“) waren offensiv besser. Die 1. Halbzeit in Bern ist zudem mit Note 7,0 die bisher beste Halbzeit der Saison (bisher 1. Halbzeit in Basel (6,8)). Der FCZ trat wieder im üblichen 3-4-3 mit Antonio Marchesano auf dem Rechten Flügel an. Der Spielaufbau von hinten lief über eine Viererabwehrreihe (Conceição als Linksverteidiger, Boranijasevic rückt nach vorne).

Wicky ändert sein Konzept für die Spiele gegen den FC Zürich und Manchester City

YB-Coach Raphael Wicky änderte für das Spitzenspiel gegen den FCZ und das Champions League-Heimspiel gegen Manchester City die taktische Formation und Ausrichtung mit einem 4-3-3 in der offensiven Phase (6er: Lauper, 8er: Ugrinic und Niasse, Flügel: Monteiro und Elia, Mittelstürmer: Nsamé / Itten). In der defensiven Phase presste YB in der gegnerischen Platzhälfte im 4-4-2 (Doppelsturm: Nsamé und Monteiro, Aussen-Mittelfeldspieler: Ugrinic und Elia), was sich in der eigenen Platzhälfte in ein 4-5-1 verwandelte (Monteiro zurück ins Mittelfeld). Da aber Sandro Lauper und Daniel Afriyie ganz offensichtlich den Auftrag hatten, sich gegenseitig in Manndeckung zu nehmen, rückte Lauper immer wieder in die Abwehrreihe zurück, wenn Afriyie seinen typischen Lauf von der 10er- auf die 9er-Position machte, woraus sich dann bei YB ein 5-4-1 ergab. Dies drängte die Berner noch mehr zurück.

Highlights – Knapp daneben

Personalien – Hornschuh is back

  • Marc Hornschuh: Erster Meisterschaftseinsatz seit Ende August, als er mit seinem Deckungsfehler gegen St. Gallen den späten Ausgleich mitverschuldete – und erstmals diese Saison in der Liga über mehr als zehn Minuten. Hornschuhs Einwechslung in Bern ist wichtig für die Sicherung des Unentschiedens und erinnert an seine besten Einsätze im FCZ-Dress. Früher hatte Hornschuh gegen YB meist Mühe mit dem hohen Tempo, diesmal nicht. Hornschuh ist ein weiterer Baustein einer langsam, aber sicher besser werdenden FCZ-Bank. Sie ist nicht mehr ganz so dünn besetzt wie noch im ersten Saisonviertel.
  • Lindrit Kamberi: Hat bei seinen Kopfballweiterleitungen der hohen Bälle Brechers mit Ulisses Garcia so viel Gegenwehr in der Luft wie bisher noch nie in dieser Saison.
  • Fabio Daprelà: Erstmals seit dem Startspiel gegen Yverdon in der 1. Halbzeit ungenügend. Ist weiterhin noch nicht wieder in der Form von Ende August / Anfang September.
  • Yanick Brecher: Durchschnittlicher Start im ersten Viertel, sein Offensivspiel wird danach deutlich besser. Seine langen, hohen Bälle kommen präzis bis fast an den gegnerischen Strafraum und versetzen das Spielgeschehen zusammen mit dem aggressiven Gegenpressing von Brechers Vorderleuten viel länger als YB lieb sein kann in die Platzhälfte der Berner. Zum dritten Mal MVP nach den Auswärtspartien in Genf und bei SLO und dabei erstmals mit der Offensiv-Maximalnote “10“. Defensiv war er hingegen erst in der 45. Minute zum ersten Mal richtig gefordert.
  • Ifeanyi Mathew: Nach dem defensiv schlechten Auftritt gegen Winterthur in Bern diesbezüglich wie verwandelt. Spielt von Beginn weg fokussiert und aufmerksam. Defensiv bester Mann beim FCZ und so gut wie bisher noch nie in dieser Saison.
  • Nikola Boranijasevic: Nach dem Auswärtsspiel bei SLO auf der Pontaise zum zweiten Mal der offensiv Beste seines Teams, beide Male mit Note “10“. Zum zweiten Mal nach dem Auswärtsspiel bei Lausanne-Sport bester Spieler der 1. Halbzeit. Wiederum eine gute Torchance (Marchesano) nach einem Boranijasevic-Einwurf.
  • Cheikh Condé: Condé lässt gegen YB zum ersten Mal seit dem St. Gallen-Heimspiel in der 2. Hälfte stark nach und ebenfalls zum ersten Mal seit dem Duell mit dem Zeidler-Team hat der Guineer eine schlechte Note in der Offensiven Phase. St. Gallen und YB sind die beiden Schweizer Teams mit dem stärksten Pressing. Gegen solche Gegner fehlt es ihm in gewissen Situation noch an der Entscheidungsschnelligkeit.
  • Jonathan Okita: Seine Standards sind weiterhin gut, aber aus dem Spiel heraus zu viele leichte Ballverluste. Versucht hohe Bälle wieder im Karate-Schritt statt mit der Stirn anzunehmen. Erstmals in dieser Saison bereits in der 1. Halbzeit ungenügend.
  • Armstrong Oko-Flex: Geht konsequenter ins Pressing, als Okita. Offensiv aber zum vierten Mal in Folge schlecht oder ungenügend.

Kommentare – FCZ wie ein Spitzenreiter

Randnotiz I – the missing link

Im aktuellen System des FCZ pendelt der zentrale Angreifer im 3-4-3 je nach Spielsituation und gegnerischer Taktik zwischen 10er- und 9er-Position – und dementsprechend auch die Formation zwischen einem 3-4-3 und 3-4-1-2. Wie vielfach im Eishockey sind es eher die einrückenden Flügel, welche für die Tore sorgen sollen – und nicht in erster Linie der Center. Nun gibt es aktuell auf keiner Position so viele Wechsel während einer Partie wie auf derjenigen im Sturmzentrum. Es ist keine Seltenheit, dass in den 90 Minuten plus Nachspielzeit drei verschiedene Spieler diese Position besetzen. Dies und die Spielweise des FCZ unter Bo Henriksen lassen erahnen, dass man die Idealbesetzung noch nicht gefunden hat. Unter André Breitenreiter war Antonio Marchesano gesetzt. Franco Foda und nun auch Bo Henriksen setzen Marchesano aber häufiger auf dem Rechten Flügel ein. Marchesano wird zwar von jedem Trainer aufgrund seiner Qualitäten als unverzichtbar angesehen, ob er aber eine Idealbesetzung für die zentrale Angriffsposition ist, da gehen die Meinungen offensichtlich auseinander.

Daniel Afriyie beginnt aktuell zwar jedes Spiel als Starter im Zentrum, wirkt dabei aber eher als eine Art Platzhalter, hat häufig wenig Bindung zum Spiel und zeigt seine besten Aktionen, wenn er über den Rechten Flügel angreifen kann – was aber genauso auch für Fabian Rohner gilt. Der Rechte Flügel ist somit vorne sicherlich gut besetzt. Links kann sich Oko-Flex hoffentlich mit zunehmenden Einsätzen als echte Konkurrenz zu Okita entwickeln. Die wohl weiterhin gesuchte Idealbesetzung Henriksens im Zentrum wäre wohl hingegen ein Stürmer vom Typ “Roko Simic“: ein grossgewachsener, spielstarker Mittelstürmer, der sich auch gerne zurückfallen lässt. Idealerweise wäre er zudem defensiv noch etwas besser als Simic. Nur: so einen Stürmertyp mit der für den FCZ benötigten Qualität zu finden und dann auch zu verpflichten grenzt an eine Herkules-Aufgabe. Vielleicht wäre “selber stricken“ eine Option? Zum Beispiel in Form von einem Nachwuchsstürmer aus der U21, Junior Ligue oder Labinot Bajrami, wenn sie es schaffen, in eine solche Rolle hineinzuwachsen… Der Vorteil eines Daniel Afriyie im Zentrum ist allerdings unter anderem seine Defensivqualität im Duell mit dem gegnerischen 6er, welche kaum ein anderer Stürmer in diesem Ausmass mitbringt – ein wichtiges Puzzleteil für die defensive Stabilität des FCZ.

Randnotiz II – Entscheidungen von Schiedsrichter und VAR

Weitere Berichte

Telegramm (transfermarkt)

VAR und Aluminium retten den FCZ (SRF)

Die Pfosten und das VAR retten den FCZ (Swissinfo)

Und am Ende witzelt der FCZ-Trainer (Landbote)

Der Spitzenkampf endet torlos (Tages-Anzeiger)

YB – Blum nach 0:0: «Gerecht gewesen, wenn wir gewonnen hätten» (Nau)

Dank Alu, VAR und Brecher – FCZ rettet Punkt in Bern (Blick)

YB – FCZ (Südkurve)

Offensivqualitäten von Mathew, Marchesano und Conceição entscheiden das Kantonsderby / FCZ – Winterthur Analyse

WARUM SPIELWEISE UND AUSRICHTUNG DES NEUEN FCW DEM FC ZÜRICH ENTGEGENKOMMT / FCZ – WINTERTHUR VORSCHAU (Züri Live)

Nach dem Stadtderby auch noch das Kantonsderby gewonnen, dazwischen der klare Sieg in Luzern: besser kann’s (fast) nicht mehr kommen. Wie schon im Stadtderby hatte der Gegner insgesamt die besseren Torchancen. Und Winterthur hat es in der 10. Runde als sage und schreibe erstes Team geschafft, gegen den FCZ in den ersten 65 Spielminuten ein Tor zu erzielen. Früher hat der FC St. Gallen unter Coach Peter Zeidler jeweils die Taktik angewandt, den Gegner in der Anfangsphase zu überrollen und dann zu versuchen, den daraus entstandenen Vorsprung über die Zeit zu bringen. Diese Herangehensweise war aber unter dem Strich nicht so erfolgreich – wohl weil St. Gallen dies viel extremer praktizierte als heute der FCZ. Die Ostschweizer gaben zu Beginn manchmal so viel Vollgas, dass sie schon nach 30 Minuten platt waren. Der FCZ lässt als Team erst viel später nach, erzielt bis zur 75. Minute in jeder Viertelstunde deutlich mehr Tore, als die Gegner – und in der letzten Viertelstunde immer noch fast so viele.

Jonathan Okita baut diesmal „erst“ im letzten Spielviertel ab

Dankbar sein kann man dafür, dass das Kantonsderby auf einem deutlich besser bespielbaren Rasen als das Stadtderby stattfand. Die Züri Live-Durchschnittsnote des Teams ist im Vergleich mit den anderen Partien dieser Saison durchschnittlich, wobei die Offensivleistung über dem Durchschnitt liegt. Defensiv waren hingegen nur die Partien gegen Tuggen und St. Gallen noch schlechter. Nikola Katic erzielte in der 47. Minute erneut ein Kopfballtor auf einen Corner Okitas von rechts – aber diesmal zählte es wegen der Offsideposition von Afriyie nicht. Die Entscheidung war aus ZL-Sicht korrekt. Beide Teams standen häufig hoch und variierten flachen und hohen Spielaufbau. Der FCW versuchte es wie immer vorwiegend mit Doppelpässen und eins gegen eins-Situationen über die Seiten mit häufig flachen oder halbhohen Hereingaben in den mit guter Präsenz bestückten Strafraum. So wurde es in der Züri Live-Vorschau zum Spiel beschrieben, und so hat Winti dann auch seine zwei Tore erzielt.

Der FCZ stand in der Schlussphase etwas weniger hoch als zuvor, suchte aber weiterhin das entscheidende vierte Tor, und fing dabei in Führung liegend zum dritten Mal in der Schlussphase ein Kontergegentor. Winterthur hatte da schon auf ein 3-4-1-2 mit Gantenbein und Ltaief als Aussenläufer und Schneider auf der 10er-Position umgestellt. Beim FCZ agierte Jonathan Okita am Ende wieder einmal in der Rolle des Mittelstürmers. Der 27-jährige hatte zuletzt nach der Pause jeweils stark nachgelassen. Diesmal spielte er drei Viertel der Partie stark, und war auf bestem Weg, sich zum ersten Mal in dieser Saison die beste Punktzahl in der Züri Live-Bewertung abzuholen, liess dann aber im letzten Spielviertel wieder deutlich nach, so dass letztendlich der sich im letzten Spielviertel nochmal steigernde Rodrigo Conceição“in die Kränze kam“.

Highlights – Henriksen holt Einwechselspieler persönlich ab

Personalien – Marchesano und Mathew an allen drei FCZ-Toren beteiligt

  • Adrian Guerrero: Nach vier Spielen verletzungsbedingter Pause kommt er erstmals wieder zu einem Kurzeinsatz.
  • Lindrit Kamberi: Hat Glück, dass ein mögliches Handspiel im eigenen Strafraum nicht gepfiffen und wohl auch nicht angeschaut wird. Defensiv hat er diese Saison einen Notenschnitt von bloss 4,8 und in jedem zweiten Spiel eine ungenügende Note – so auch diesmal.
  • Fabio Daprelà: Nach seinem kurzen Verletzungs-Break zwischendurch (gegen Tuggen und Lausanne-Sport) ist Daprelà noch nicht wieder auf den Formstand von davor zurückgekommen. Leistete allerdings zum Game Winning Goal (3:1) im Gegenpressing einen entscheidenden Beitrag, ohne dass er in der Statistik der Torbeteiligung erscheint.
  • Rodrigo Conceição: Nach eher harzigem Start hat er sich zuletzt kontinuierlich gesteigert und ist erstmals MVP. Konnte diesmal in den Schlussminuten sogar noch zulegen.
  • Ifeanyi Mathew: Erstmals diese Saison offensiv bester FCZ-Spieler, ist an allen drei Treffern seines Teams beteiligt. Zwischen seiner Offensiv-und seiner Defensivleistung lag allerdings eine grosse Diskrepanz. Er war damit das Extrembeispiel einer allgemeinen Tendenz beim FCZ in diesem Spiel.
  • Antonio Marchesano: Wie Mathew an allen drei FCZ-Treffern beteiligt. War im ersten Viertel überhaupt nicht im Spiel und hatte ab der 60. Minute zwischenzeitlich eine schlechte Phase. Wechselte nach der Einwechslung von Rohner für Afriyie vom Rechten Flügel ins Sturmzentrum. Erzielt sein viertes Tor in drei Spielen.
  • Daniel Afriyie: Wie häufig zuletzt in der 1. Halbzeit wenig zu sehen. Startete explosiv in die 2. Halbzeit, wohl auch weil er wusste, dass er nach rund 20 Minuten ausgewechselt werden wird.
  • Jonathan Okita: Er war in dieser Saison in der 1. Halbzeit meist besser als in der 2., diesmal ist er erstmals aber auch wirklich der beste Spieler des Teams in den ersten 45 Minuten. Baut im letzten Spielviertel ab. Agiert ab der 83. Minute als Mittelstürmer.
  • Armstrong Oko-Flex: Bisher in jedem zweiten Einsatz ungenügend bis schlecht. Dies betrifft den Cup-Auftritt in Tuggen genauso wie die beiden Heim-Derbys. Wie gegen GC gab es erneut ein spätes Kontergegentor nach einem Ballverlust von Oko-Flex.

Kommentare – Erstes Gegentor in der 1. Halbzeit

Weitere Berichte

Telegramm (transfermarkt)

«Das war eine seltsame VAR-Entscheidung» (Blick)

3. Sieg in Serie: FCZ gewinnt unterhaltsames Kantonsderby 3:2 (SRF)

Leader FCZ siegt im Kantonsderby gegen Winti – GC kanns doch noch (20 Minuten)

FCZ gewinnt auch Derby gegen Winterthur – GC feiert erlösenden Sieg bei Yverdon (Watson)

Gnadenlos effizienter FCZ baut Tabellenführung weiter aus (Bluewin)

FCZ – Winterthur (Südkurve)

Wieder Einwurf für Zürich… – die Saga geht weiter / FCB – FCZ Analyse

AUF DEN SPUREN VON RAIMONDO PONTE UND URS FISCHER / FCB – FCZ VORSCHAU (Züri Live)

FCZ – «Liegt der Druck beim FC Basel, Trainer Bo Henriksen?» (nau.ch)

Endlich ist Basel bereit für die Saison – gegen den FCZ könnten gleich 8 Neue starten (Watson)

Von einzelnen aus Basel stammenden Exponenten wird die Partie als „Derby“ bezeichnet. Nein, lieber Patrick Rahmen oder Alex Frei, bei aller Liebe…. Ein Derby ist eine „ewige“ Rivalität zweier Mannschaften aus der gleichen Stadt oder Region. Lazio vs. Roma, Galatasaray vs. Fenerbahce, CSKA vs. Spartak, Partizan vs. Roter Stern, Schalke vs. BVB, Slavia vs. Sparta, IFK vs. Djurgarden oder Arsenal vs. Tottenham. In der Schweiz gibt es nur ein solches Duell und dieses wird in Zürich ausgefochten. Geläufiger ist der Begriff „Klassiker“, abgeleitet vom spanischen „Clàsico“ zwischen Real und Barcelona. Die Duelle zwischen PSG und OM sowie America und Guadalajara werden ebenfalls so bezeichnet. Als zudem der BVB unter Ex-Coach Jürgen Klopp eine erfolgreiche Phase hatte, begann man ihre Duelle mit Rekordmeister Bayern als „Deutscher Klassiker“ zu vermarkten.

93. Minute mal anders

FCB vs. FCZ hat aufgrund der jahrzehntelangen parallelen Historie der beiden Klubs den Begriff sicherlich etwas mehr verdient als das deutsche Pendant. Dazu gehört die gemeinsame Hochblüte in den 60er- und 70-er Jahren mit den Duellen zwischen Köbi Kuhn und Karli Odermatt, dann die gemeinsame Leidenszeit in den folgenden zwei Jahrzehnten inklusive Duellen in der Auf- / Abstiegsrunde und die Wiederbelebung der Rivalität in der Favre- und späten Gross-Zeit Mitte der Nullerjahre. Vergleichbar mit den Clàsicos in Spanien, Frankreich oder Mexiko ist das alles aber trotzdem nicht. Und nach der Saison 10/11, als Urs Fischer als FCZ-Trainer den FCB mit Alex Frei und Thorsten Fink noch richtig herausfordern konnte, verlor das Duell ein Jahrzehnt lang immer mehr an Bedeutung. Der FCZ war in dieser Zeit zu wenig konkurrenzfähig. Man fing sich bereits an, Gedanken zu machen, ob vielleicht FCB – YB der neue Schweizer „Klassiker“ sei.

Das erste Duell der Saison 23/24 hat aber sicherlich zu einer Wiederbelebung der alten Saga beigetragen. Schönes Frühherbst-Wetter – und ein seit langem wieder einmal ziemlich voller St. Jakob Park. Dazu zwei Teams auf Augenhöhe. Und wieder gab es einen Einwurf für Zürich… Lindrit Kamberi führte diesen (in der eigenen Platzhälfte) zu weit vorne aus. Auf der gleichen Seite des Platzes wie angeblich Alain Nef am 13. Mai 2006. Die Folge davon war der 1:0-Führungstreffer durch Ifeanyi Mathew kurz vor der Pause. Wie am 13. Mai, als SRF-Reporter Dani Kern die 1:0-Führung Alexandre Alphonse statt Alhassane Keita zuschreiben wollte, wurden diesmal wahlweise Daniel Afriyie oder Adrian Barisic (Eigentor) als Schützen genannt. Mathew brachte den Ball aber aufs Tor und ist daher trotz Ablenker durch Barisic eigentlich der korrekte Torschütze. Die 93. Minute lief diesmal für den FC Basel. Innert weniger Sekunden zog sich in dieser Minute erst Lindrit Kamberi einen „Cut“ an der Stirn zu, aufgrund dessen er danach an der Seitenlinie gepflegt werden musste – und Ivan Santini beging im Mittelkreis ein ungeschicktes Foul an Renato Veiga. Beides war mitentscheidend für den späten Basler Ausgleich in der 96. Minute.

FCZ setzt von Beginn weg die Pace

Am 28. August 2022 kassierte der FCZ im Letzigrund gegen den FC Basel zwei Freistoss-Gegentore innerhalb von vier Minuten (Schlussresultat: 2:4). Ziemlich genau ein Jahr später muss man erneut zwei Freistoss-Gegentore im ersten Saisonduell mit dem FCB hinnehmen. Dazwischen hatte der FC Zürich nur ein einziges Gegentor dieser Kategorie erhalten. Es war der Direkte Freistoss-Treffer von Wylan Cyprien (Sion) am 30. April. In beiden Fällen im St. Jakob Park beging dabei ein FCZ-Stürmer ein ungeschicktes Foulspiel – zuerst Jonathan Okita gegen Taulant Xhaka direkt vor dem eigenen Strafraum, dann Ivan Santini gegen Renato Veiga im Mittelkreis. Auch die Verteidigungsarbeit bei beiden Freistössen war ungenügend. Beim ersten fiel Yanick Brecher kurzzeitig wieder in ein altes Muster und machte einen unnötigen Schritt aus der Torhüterecke als der Ball noch gar nicht gespielt war. Beim zweiten merkte allen voran Abwehrchef Nikola Katic nicht, was der FCB vorhatte und verpasste es, Guerrero und Conceiçáo gegen die drei “Türme“ Barisic, Jovanovic und Veiga zu verstärken.

Noch entscheidender dafür, dass der FCZ die drei Punkte nicht aus Basel heimbringen konnte, war aber die Chancenverwertung. Nach Expected Goals-Messung war der FC Zürich mit 2,88 : 2,01 im Vorteil – und dies obwohl in dieser Statistik das als Eigentor gewertete 0:1 nicht berücksichtigt ist. Inklusive dieser Chance von Mathew unmittelbar vor dem leeren Gehäuse, welche letztlich zu einem Tor führte, hätte der FCZ also sogar eher vier als drei Tore erzielen müssen. Schön zu sehen war, dass der FC Zürich in dieser Partie von Anfang an die Pace setzte. In den ersten sieben Minuten wurde von den Gästen intensiver Pressing- und direkter Umschaltfussball zelebriert, an den sich der FCB adaptieren musste. In dieser Phase standen die Aussenläufer Boranijasevic und Guerrero sehr hoch und der FCZ hatte praktisch keine Verteidigungsaktionen zu verzeichnen. In der Folge ging es weiter mit präzisen Chip-Bällen zwischen die Linien. Da beim FCB die Innenverteidiger Barisic und Van Breemen jeweils “sicherheitshalber“ zurückstaffelten, fand der FCZ mit präzisen hohen Bällen vor der Basler Abwehr immer wieder Raum vor.

Pressing bis zum Schluss – Chancen zum dritten Tor nicht genutzt

Ab der 25. Minute verflachte der Basler Gegendruck so, dass nun auch flach hinten heraus gespielt werden konnte. Vermochte der FCB den Ball doch mal zu gewinnen, wurde dieser jeweils dank eines sofortigen aggressiven Gegenpressings schnell wieder zurückgewonnen. Nur in zwei Situationen funktionierte das Gegenpressing nicht: nach einer überhasteten Aktion Guerreros in der 26. Minute, und als sich Mathew in der 42. Minute in eine Pressingfalle locken liess. In dieser Phase fixierte der FCZ den Gegner einige Male gut auf einer Platzseite, es fehlte dann aber im entscheidenden Moment der Seitenwechsel. Den FCB lässt man weitgehend nur bis zur 25m-Marke flach spielen. Die erzwungenen hohen Bälle von Marwin Hitz sind danach dann häufig nicht sehr präzise. Insgesamt war die 1. Halbzeit eine ganz starke Leistung des FC Zürich. Mit einer Durchschnittsnote von 6,8 war es die beste Halbzeit der bisherigen FCZ-Saison. Von der 55. Minute bis zur 75. Minute hatte der FC Basel klar mehr Ballbesitz. Vorausgegangen war dieser Phase das 0:2 durch Okita, der Doppelpfostenschuss Afriyies und die sich anbahnenden physischen Probleme Fabio Daprelàs. Ab der 75. Minute ging der FCZ dann aber wieder ins Pressing wie zu Beginn der Partie. Dies führte zu einigen guten Torchancen. Man wollte sich nicht hinten einigeln, sondern suchte proaktiv das dritte Tor und die Entscheidung. Letztendlich wurde man für einen mutigen Auftritt mit einem Punkt belohnt – und war an dreien nahe dran.

Die Zweite Halbzeit war dann mit einem Schnitt von 5,8 eine volle Note schlechter als die erste, insgesamt aber die Partie mit einer Gesamtnote von 6,3 trotzdem nach dem Heimsieg gegen Lugano das zweitbeste Spiel der bisherigen Saison und eine Steigerung um eine volle Note im Vergleich zum St. Gallen-Match. Sowohl offensiv wie defensiv hatte man in Basel sogar mehr gute Aktionen als gegen Lugano, defensiv allerdings mehr Fehler, welche durch ein nicht mehr im Europacup engagiertes und ausgeruhtes Basel mehr provoziert wurden, als von den Tessinern. Der FCZ hat seine Tore bisher vorwiegend aus Hohem Pressing / Gegenpressing oder aus Standards erzielt. Dies war auch diesmal wieder mit je einem solchen Treffer der Fall. Dies obwohl der FCB ganze drei Standardsituationen in Strafraumnähe (Freistösse und Eckbälle) zuliess. Der FCZ traf daher stattdessen aus einem Einwurf in der eigenen Platzhälfte zum 0:1. Die Gegentore fielen bisher fast ausschliesslich aus Standards. Der Kutesa-Weitschuss in Genf ist bisher immer noch das einzige Gegentor aus dem Spiel heraus – und dies nach sechs Spieltagen! Wenig überraschend gewann Basel als die physisch stärkere Mannschaft deutlich mehr Zweikämpfe. Der FC Zürich machte dies mit Technik und Timing wett. Mathew, Marchesano, Okita und Condé spielten mehr gefährliche „Smart Passes“ in die Spitze.

Renato Veiga – das grossspurigere Pendant zu Cheick Condé

Was lässt sich zum durch Rekord-Transferausgaben runderneuerten FCB sagen? Die Rotblauen haben in Mittelfeld und Sturm das beste Kader der Liga, gemessen an den Qualitäten der Einzelspieler. Nur: das ist nichts Neues. Es war in den letzten Jahren meistens so. Man hatte gegen YB jeweils trotzdem keine Chance. Das muss nicht zwingend so bleiben. Unter Raphaël Wicky als FCB-Coach fand die Wachablösung in Richtung Bundesstadt statt. Das kann mit Wicky als YB-Trainer auch wieder in die andere Richtung gehen. Zumindest treten die Berner nicht als unüberwindbare Hürde auf. Klar ist: ein Herausforderer darf sich nicht viele Patzer leisten. Mittelstürmer Jovanovic ist sicherlich mindestens auf der Höhe von YB’s Cédric Itten einzustufen und dabei eher noch etwas vielseitiger. Auf den Flügeln wollte der FCB in “Bayern-Manier“ mit Linksfuss Malone über rechts und Rechtsfuss Barry über links angreifen. Der FCZ machte die Räume aber gut zu, so dass Malone kaum mal zum Zug kam und der schnelle Barry jeweils an die Grundlinie abgedrängt werden konnte. Gauto, Demir und Sigua sind für Super League-Verhältnisse sicherlich alle äusserst talentiert. Dass sie aber konstant mehr bieten können als ihre Vorgänger Millar, Zhegrova, Kalulu, Sène oder Palacios müssen sie erst noch beweisen.

Nicht zu Unrecht stand nach dem FCZ-Match aber Renato Veiga als neuer Hoffnungsträger im Mittelpunkt. Er befeuerte dies gleich selbst mit dem Verkünden von grossen Ambitionen, zeigte entsprechende Ansätze aber auch auf dem Platz. Veiga ist das deutlich glamourösere und teurere Pendant zu Cheick Condé beim FCZ. Beide nutzen ihre langen Beine effektiv für wichtige Tacklings im Mittelfeld, bringen dazu aber auch im Passspiel und Abschluss Qualitäten mit. Der mit Abstand grösste Unterschied liegt in der Persönlichkeit der beiden. Während Condé zu Beginn erfahreneren Teamkollegen wie Blerim Dzemaili oder Aiyegun Tosin immer wieder aus reinem Respekt Bälle überliess, dirigierte Renato Veiga bei seinem ersten Einsatz die Verteidiger, Mittelfeldspieler und Stürmer als wäre ER die Ü30-Klublegende – und nicht die neben ihm im Schatten stehenden Fabian Frei (502 Wettbewerbsspiele für Rotblau) oder Taulant Xhaka (366). Nach nur einem Spiel mag eine solche Bewertung als früh erscheinen, aber man kann wohl trotzdem bereits jetzt sagen, dass Veiga wohl aktuell der beste Spieler der Liga und eigentlich „zu gut“ für die Super League ist. Ein ähnlicher Fall war vor drei Jahren FCB-Stürmer Arthur Cabral gewesen. Sein Transfer zu Fiorentina in der Winterpause 21/22 wurde sicherlich zu einem Faktor, welcher den Weg zum Meistertitel für den FCZ erleichterte.

Gute Schiedsrichterleistung

Ein Manko scheint der FCB aber trotz all der vielen Transfers auch in diesem Sommer nicht komplett ausgemerzt zu haben: die fehlende Balance zwischen Offensive und Defensive. In diesem wichtigen Punkt ist YB den Baslern in den letzten Jahren immer voraus gewesen. Barisic ist sicherlich besser als beispielsweise Katic, aber trotzdem kein Top-Innenverteidiger. Er hilft dem FCB seine Defensivprobleme etwas zu lindern. Man hat aber auch gegen den FC Zürich wieder gesehen, dass Renato Veiga defensiv fast alles selbst machen musste – was nicht immer gelingen wird. Man hat auf den Aussenverteidigerpositionen weiterhin vorwiegend Akteure mit viel Offensivpower und gleichzeitig wenig Verteidigungsqualitäten – umso mehr wenn jetzt auch noch Michael Lang gehen sollte. Innenverteidiger Finn Van Breemen ist ebenfalls eher offensiv orientiert. Und die Pressingqualitäten der Stürmer und Offensiven Mittelfeldspieler könnten ebenfalls besser sein. Dabei fehlt es dieser FCB-Mannschaft sicherlich nicht an der Physis, aber wohl durchaus etwas am sogenannten “defensiven Gewissen“.

Während der Auftritt des Schiedsrichterteams inklusive VAR beim Spiel FCZ – St. Gallen von kleinen und grösseren Fehlern nur so strotzte, trat Fedayi San im St. Jakob Park von Beginn weg sehr fokussiert auf und hatte eine klare Linie, die er auf beide Seiten im gleichen Masse anwendete. Er war sich der Aufmerksamkeit der Affiche ganz offensichtlich bewusst – es war eine seiner bisher besten Leistungen. Man kann wie immer über einzelne Entscheidungen diskutieren, aber mit Ausnahme von zwei, drei kleineren Situationen war keine wirklich falsch. Die schnelle Gelb-Rote Karte gegen Bo Henriksen entspricht den neuen Weisungen. Renato Veiga hat sicherlich etwas Glück, dass er mit seinem Nachtreten gegen Afriyie nicht Rot sieht. Aber ein klarer Fehlentscheid wie das übersehene Foulspiel von Diaby gegen Daprelà beim St. Galler Ausgleich vor einer Woche ist es nicht. Auf der anderen Seite ging in der 57. Minute Maurice Malone im Zürcher Strafraum zu Boden, nachdem Nikola Katic etwas ungestüm in den Zweikampf gegangen war. Die vorhandenen TV-Bilder lösen nicht eindeutig auf, ob es ein Foul war. Malone war der Einzige, der reklamierte.

Highlights

Personalien – drei von vier Wechseln bringen Verschlechterung

  • Nikola Boranijasevic: Dreht wie gegen Yverdon oder Stade Lausanne-Ouchy in der 2. Halbzeit auf, während die meisten Teamkollegen eher abbauen. Sehr autonom: seine Leistung ist nie abhängig von den Nebenleuten.
  • Daniel Afriyie: Wie gegen Lugano offensiv mit Note “10“, beim Stand von 2:0 für den FCZ ausgewechselt.
  • Fabio Daprelà: Erstmals bester FCZ-Spieler der 1. Halbzeit. Gut vorstellbar, dass der 2:2-Ausgleich mit Daprelà auf dem Platz nicht fällt. Der FCZ wäre bei der Verteidigung des Freistosses präsenter und aufmerksamer gewesen.
  • Cheikh Condé: MVP, seine bisher beste Saisonleistung, sowohl offensiv wie auch defensiv mit Note “9“.
  • Nikola Katic: Schlechte 1. Halbzeit, verschätzt sich in mehreren Szenen, unter anderem vor der Grosschance des FCB durch Demir und Barry.
  • Rodrigo Conceição: Schaltet nicht schnell genug auf Defensive um, kennt seine Rolle im Pressing noch nicht ganz, treibt allerdings einmal Renato Veiga an der Mittellinie in die Arme von Jonathan Okita und verhilft diesem so zu seiner Grosschance allein vor Marwin Hitz.
  • Adrian Guerrero: Mehr defensiv und weniger offensiv involviert als sonst.
  • Antonio Marchesano: Für ihn gilt dasselbe wie für Daniel Afriyie: offensiv mit Note “10“ und beim Stand von 2:0 für den FCZ ausgewechselt. Mit zwei fast identisch schnell und direkt gespielten hohen Bällen entscheidend in der Vorbereitung beider Zürcher Treffer.
  • Silvan Wallner: Defensiv fokussiert, scheint aber Rohner von hinten keine Anweisungen zu geben, so dass die defensive Abstimmung zwischen den beiden teilweise nicht funktioniert.

Randnotiz: Falscher offizieller Torschütze beim 0:1

Randnotiz: Falsche Zuteilung beim 2:2-Ausgleich

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Auch im zweiten Spiel gegen Servette ist ersichtlich, dass der FCZ offensiv in allen Spielsituationen (Aufbauspiel, Umschaltspiel, Standards) eine ganze Palette an Lösungen und Varianten parat hat, die funktionieren. Man baut auf der personellen und taktischen Eingespieltheit und der Saisonvorbereitung auf. Coach Bo Henriksen schickt dasselbe Team auf den Platz wie gegen Yverdon-Sport. Mitentscheidend für den Punktgewinn in Genf ist die Präsenz des aufmerksamen und manchmal auch etwas giftigen Fabio Daprelà, der gewisse defensive Herausforderungen reaktiv löst, andere sogar proaktiv eindämmt oder verhindert. Gegen Yverdon war der 32-jährige noch nach einem mässigen Teileinsatz zur Pause angeschlagen ausgewechselt worden. Im ersten Spiel ging es noch weitgehend ohne Daprelà – im zweiten wäre das nicht mehr so gewesen.

Nach starker 1. Halbzeit Leistungsabfall nach der Pause

Servette tritt unter dem neuen Coach René Weiler ganz anders auf, als in all den Jahren unter Alain Geiger. Man kann fast schon vom puren Gegenteil sprechen! Vorbei die Zeit des eleganten Kombinationsspiels und der Vermeidung von Zweikämpfen. Unter Weiler wird Torhüter Frick zum wichtigsten Aufbauspieler mit seinen hohen Bällen hinten heraus. Speziell zu Beginn wartete an vorderster Front eine Genfer Fünferreihe mit den beiden Mittelstürmern, den Flügeln plus Rechtsverteidiger Tsunemoto auf die langen Bälle. Spielmacher Timothé Cognat hat sich grundsätzlich bereits gut an den neuen Stil adaptiert, wurde gegen den FCZ aber früh „aus dem Spiel genommen“. Nicht mehr mit dabei ist hingegen der vom FCZ jahrelang so gefürchtete Eckball-Spezialist Théo Valls. Die Rollen sind nun plötzlich in vielen Bereichen vertauscht. Aktuell ist der FC Zürich bei Cornern mit Guerrero und Okita gefährlicher als die Genfer. Servette seinerseits brachte von der 30. Minute bis zum Schlusspfiff ein ausgeprägtes Pressing auf den Platz. Beim FCZ ging im Verlauf der 1. Halbzeit die defensive Disziplin lokal teilweise verloren. Während Fabian Rohner im Spiel ohne Ball meist in der Nähe von Servette-Linksverteidiger Mazikou anzutreffen war, liess auf der anderen Seite Jonathan Okita seinem Gegenspieler Tsunemoto viele Freiheiten, die dieser aber nur selten zu nutzen vermochte.

Gemessen an den Züri Live-Durchschnittsnoten war der FCZ am Fusse des Salève im Vergleich zum Yverdon-Spiel defensiv etwa gleich gut, offensiv hingegen deutlich schlechter. Ein wirklich grosser Unterschied besteht zwischen der Leistung in der 1. Halbzeit (hervorragende Durchschnittsnote „6,5“) und derjenigen der zweiten 45 Minuten, die mit „4,8“ ungenügend war. Nachdem man im ersten Durchgang die Partie im Griff gehabt hatte, liess man Servette nach der Pause ins Spiel kommen. Der 2:0-Führungstreffer durch einen Mathew-Weitschuss in der 57. Minute fiel zu diesem Zeitpunkt entgegen dem Spielverlauf. Dafür hatte man bei beiden Gegentoren Pech. Beim ersten entdeckte VAR Sandro Schärer in Volketswil ein Handspiel von Ifeanyi Mathew an der Strafraumgrenze, das auf dem Platz und im Stadion niemand gesehen hatte – und meldete sich eine Minute nach der Szene. Der Ball schien wirklich die Fingerspitzen des Nigerianers berührt zu haben und von diesen abgelenkt worden zu sein. Allerdings flog der Ball von Mathews Oberschenkel und damit einem eigenen Körperteil an die Finger – und dies gilt nach der gängigen Auslegung eigentlich nicht als Handspiel. Beim zweiten Gegentor rutschte Guillemenot bei einem Richtungswechsel im Mittelfeld aus und stand dabei Boranijasevic auf den Fuss. Der FCZ spielte weiter und vertändelte durch Mathew den Ball. Beim Genfer Gegenstoss stand dann Dereck Kutesa auf seiner Seite völlig blank, weil der von Guillemenot getroffene Boranijasevic sich natürlich nicht auf seiner Position befand. In diesem Fall ging VAR Schärer nicht auf die Foulszene ein.

Highlights

Personalien

  • Lindrit Kamberi: Beim Saisonstart gegen Yverdon erneut parat und MVP. In Genf hingegen eine ungenügende 1. Halbzeit. Als es in der Schlussphase hart auf hart geht, kommt er etwas besser ins Spiel.
  • Nikola Katic: Im Gegensatz zum Auftakt gegen Yverdon diesmal offensiv deutlich ungenügend. Beginnt die Partie mit zwei Bällen ins Niemandsland – am Ball gelingt ihm so gut wie nichts. Defensiv hingegen ist der Kroate diesmal genügend.
  • Nikola Boranijasevic und Adrian Guerrero: Beide beginnen stark und haben am Ende der Partie aussergewöhnlicherweise sowohl offensiv wie defensiv identische Züri Live-Punktzahlen – und damit auch total. Guerrero ist knapp vor Boranijasevic der beste FCZ-Spieler der 1. Halbzeit. Boranijasevic hat als einziger Spieler in den beiden Auftaktpartien gegen Yverdon und in Genf mindestens eine Note „8“.
  • Fabian Rohner: Legt offensiv mit seinem Tempo über rechts nicht nur mehrere ausgezeichnete Torchancen auf, sondern überzeugt auch mit seinen Kopfballweiterleitungen bei hohen Bällen Yanick Brechers.
  • Daniel Afriyie: Wieder in der Startformation als 10er / „falsche 9“ und erstmals mit einer Leistung auf Super League-Niveau.
  • Yanick Brecher: Zum Auftakt gegen Yverdon mit zwei wichtigen Paraden defensiv der beste FCZ-Spieler, diesmal mit seiner Spielauslösung offensiv der Beste und auch insgesamt MVP.
  • Fabio Daprelà: Verletzungsbedingt ein schwieriger Start gegen Yverdon. In Genf hingegen bereits ein wichtiges Element, speziell in defensiver Hinsicht. Setzte gleich zu Beginn gegen den aktuell besten Servette-Spieler Timothé Cognat eine „Duftmarke“ als er ihn mit Okita ins Sandwich nahm. Cognat blieb in der Folge blass und wurde früh ausgewechselt.
  • Cheikh Condé: Trägt bei Defensivstandards deutlich mehr Verantwortung als noch letzte Saison. Condé deckt nun jeweils häufig den stärksten gegnerischen Kopfballspieler (in diesem Fall: Steve Rouiller).
  • Ifeanyi Mathew: Geht wenig in die Zweikämpfe. Nach gutem Beginn abnehmende Leistungskurve im Spiel. Erzielt zwischenzeitlich aus dem Nichts per Weitschuss die 2:0-Führung, vertändelt dann vor dem 2:2 aber auch unnötig den Ball.
  • Jonathan Okita: Nach ordentlich bis gutem Beginn nimmt seine Leistungskurve im Verlauf der Partie stark ab. Ab der 25. Minute macht er defensiv nicht mehr viel, die Standards werden deutlich schlehchter, und er ist am 2:2-Ausgleich Servettes beteiligt. Von der Sturmreihe kommt allgemein in der 2. Halbzeit zu wenig.
  • Donis Avdijaj:: Bei der 2:3-Niederlage vor Jahresfrist wurde Donis Avdijaj eingewechselt und brachte vorne sowohl defensiv wie offensiv auch unter Berücksichtigung der Unterzahl-Situation (Platzverweis gegen Okita) viel zu wenig zustande (Züri Live-Note: „2“). Diesmal war der Teileinsatz des Deutschen im Stade de Genève sogar noch etwas schlimmer (Note „1“). Das Stadion oder der Gegner scheint ihm nicht zu liegen.

Live-Kommentare zum Spiel

Randnotiz: Servette’s Probleme mit der Verteidigung der FCZ-Ecken

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Ifeanyi Mathew sticht heraus: Spieler-Performance 22/23

Wie gut war die Leistung der Spieler des FCZ-Kaders in der abgelaufenen Saison 22/23? Nach der detaillierten Auswertung der Mehrzahl der Partien der letzten Saison steht Winterneuverpflichtung Ifeanyi Mathew mit einer Durchschnittsnote von 7,5 deutlich an erster Position. Auf den nächsten Positionen folgen eng beieinander Boranijasevic, Condé, Vyunnik, Krasniqi, Rohner und Ligue. Fünf Spieler lagen mit ihrer Durchschnittsnote im ungenügenden Bereich – allen voran Nikola Katic, der in der abgelaufenen Saision mit 2,5 einen der tiefsten aufgezeichneten Notenschnitte seit Beginn der Züri Live-Notengebung im Jahr 2016 hatte. Katic war sowohl mit wie auch ohne Ball der klar schlechteste FCZ-Spieler der abgelaufenen Saison. Mathew war auch offensiv die Nummer 1, während defensiv der speziell bei gegnerischen Umschaltsituationen immer wieder wertvolle Bledian Krasniqi am besten abschnitt. Im Vergleich zur Foda-Zeit hat sich Blerim Dzemaili unter Bo Henriksen am meisten gesteigert, dazu spielten auch Stephan Seiler, Marc Hornschuh und Cheick Condé unter dem Dänen deutlich besser.

Züri Live Spieler-Noten, Punkte pro Spiel und Torbeteiligungen pro 90 Minuten (noch nicht alle Spiele ausgewertet)

FCZ kann ohne Cheick Condé nicht gewinnen

Die Bilanz der „Punkte pro Spiel“ wird angeführt durch Selmin Hodza und Zivko Kostadinovic, die selten in der Meisterschaft, dafür aber im Cup gegen das Amateurteam Cham dabei waren. Mathew und Katic waren in der resultatmässig schlechten Anfangsphase der Saison nicht mit dabei und haben aus diesem Grund einen guten Punkteschnitt. Cheick Condé, der ebenfalls einen relativ guten Punkte pro Spiel-Schnitt aufweist, war hingegen die ganze Saison dabei. Der Guineer wurde über die Spielzeit verteilt in sechs Meisterschaftsspielen (2x Lugano, je 1x Winterthur, St. Gallen, GC und FCB) drei Mal wegen Gelbsperre und drei Mal als Ersatzspieler (davon beide Partien unter Interims-Coach Colatrella) nicht eingesetzt. Keines dieser sechs Partien konnte der FCZ gewinnen (drei Niederlagen, drei Unentschieden). Auch die einzige Europacup-Partie, in welcher Condé fehlte, wurde zu einer 1:5-Heimklatsche gegen PSV. Bogdan Vyunnik arbeitete sehr viel für die Mannschaft und kam auch aus diesem Grund zu wenig Torchancen im Strafraum. Dass er Tore erzielen kann, zeigte er später an der U21-EM, als er für die Ukraine gegen Spanien ins Netz traf. Am wenigsten Punkte pro Spiel weisen Spieler wie Ivan Santini und Donis Avdijaj auf, die in der Liga-Resultatflaute unter Franco Foda vorwiegend ihre Einsätze hatten.

Der gleiche Ivan Santini weist in der Statistik bezüglich „Torbeteiligungen“ die beste Statistik auf. Der bisher wenig eingesetzte Kroate war pro 90 Minuten in den ausgewerteten Partien an 1,2 FCZ-Toren beteiligt. Danach folgt Zivko Kostadinovic (dank dem Cupspiel in Cham), dann Stephan Seiler , Karol Mets, Aiyegun Tosin und Calixte Ligue. Am wenigsten Torbeteiligungen hatten Yanick Brecher, Becir Omeragic, Ifeanyi Mathew, Nikola Katic und Mirlind Kryeziu. Jonathan Okita hat eine ebenfalls niedrige Torbeteiligung.

Michi Frey zwei Mal hintereinander an der Spitze

Züri Live-Noten Top 5 und Flop 5 von 2016/17 bis 2022/23

Ifeanyi Mathew löst Antonio Marchesano ab, der in der Meistersaison bester Zürcher war. Michael Frey hatte in den Saisons 17/18 und 18/19 zwei Mal hintereinander die beste Durchschnittsnote, wobei er in der zweiten Saison nur in der Anfangsphase mit dabei war. Die sich diesmal unter den Top 5 befindlichen Bledian Krasniqi und Fabian Rohner sind dies nicht zum ersten Mal, hatten schon vor ihren Leihen nach Wil gute Leistungen im FCZ-Trikot gezeigt. Mirlind Kryeziu, Antonio Marchsano und Alain Nef (nun Assistenztrainer), die in der Aufstiegssaison 16/17 unter den Top 5 gewesen waren, sind immer noch mit dabei. Blerim Dzemaili war hingegen in den letzten drei Saisons immer unter den „Flop 5“, wobei er sich im Vergleich zu seiner sehr schlechten Rückkehr-Saison gesteigert hat. Auch der letztjährige beste FCZ-Torschütze Aiyegun Tosin war in jener Spielzeit im Schnitt deutlich ungenügend aufgetreten.

Hilfe, wir haben den Ball! / Luzern – FCZ Analyse mit Randnotiz: neue Kandidatur für den Schwalbenkönig

Macht Roko wieder den Simic? / Luzern – FCZ Vorschau (Züri Live)

Die angesprochenen Parallelen zur Abstiegssaison gehen weiter. Damals hatte der FCZ in der 27. Runde gegen den FC Basel unentschieden gespielt und lag damals wie heute danach auf dem 8. Platz – 15/16 sogar mit deutlich mehr Vorsprung als heute. Dann kam in der 28. Runde die Niederlage gegen Luzern, welche den Auftakt zu einer Serie von sieben Partien mit nur einem Punkt darstellte.

Wenig Ballbesitz, mehr Erfolg

Die 1:2-Heimniederlage vor zwei Spieltagen gegen den FC Sion war ein Schock für Luzern: viel mehr Ballbesitz und ein klares Chancenplus – und trotzdem baute man die Walliser auf, anstatt sich in der Tabelle nach vorne orientieren zu können. Trainer Mario Frick lernte daraus und zog sein Team in den folgenden Partien in Winterthur und gegen den FCZ in die eigene Platzhälfte zurück, suchte das Heil in schnellen Gegenstössen. Das funktionierte ausgezeichnet! Zwei Spiele, zwei Siege.

Die gleiche Schlussfolgerung könnte der FC Zürich nach der klaren Niederlage in der Swissporarena ziehen. Zuletzt hatte man in St. Gallen und gegen den FCB mit wenig Ballbesitz jeweils die besseren Torchancen herausgespielt. In Luzern hingegen hatte man deutlich mehr den Ball – und zog den Kürzeren. Dazu kam als zusätzliches Indiz: die einzige Spielphase, in der Luzern mehr Ballbesitz hatte, war das letzte Viertel – und dieses war gleichzeitig die beste Phase des FCZ. Für beide Teams scheint also zur Zeit zu gelten: „Hilfe, wir haben den Ball (zu lange)!“.

Verbesserung auf der linken Seite dank dem Duo Aliti / Hodza

Trotz ähnlicher Kontertaktik wie in Winterthur machte Coach Frick gegen den FCZ eine Umstellung taktischer Art vom üblichen Rhombus-System auf ein 4-2-3-1. So wie dies vor ein paar Wochen bereits Raphael Wicky in Zürich gemacht hatte. Die Innerschweizer zogen sich stark zurück. Dejan Sorgic wartete vorne allein auf weiter Flur auf die Auslösung eines überfallartigen Konters. Wenn Luzern aber mal zum Aufbauspiel kam, dann versuchte man es der taktischen Änderung entsprechend häufiger über die Seiten, als noch in Winterthur. Das 4:1 in der 64. Minute fiel dann auch durch einen Angriff über die linke Seite.

Die Einwechslung von Pascal Schürpf für Sofyan Chader zur Pause war einer der Gründe, warum die in der 1. Halbzeit noch gut spielende rechte Zürcher Seite mit Omeragic und Boranijasevic in der zweiten Hälfte einen richtiggehenden Einbruch erlitt. Das letzte FCZ-Gegentor mit einem Angriff über diese Seite fiel ebenfalls in Luzern kurz nach der Winterpause, als beim damaligen 2:0-Führungstreffer der Luzerner Boranijasevic sich hoch in der gegnerischen Hälfte düpieren liess. Ansonsten war zuletzt die linke Zürcher Seite anfälliger gewesen mit drei Gegentoren hintereinander gegen YB. Servette und in Lugano, als jeweils das Duo Aliti / Kamberi verteidigte. Mit Hodza als Aussenläufer und Aliti links in der Dreierabwehr scheint diese Seite defensiv besser zu funktionieren. Die Pässe, die Aliti zu Gast bei seinem Ex-Klub konstant von hinten heraus spielte, waren zudem eine echte Augenweide.

Katic bei der Spielweise unter Henriksen ein Sicherheitsrisiko

Zuletzt gegen Basel setzte der FCZ den durch das Cupspiel unter der Woche etwas müden Gegner richtigerweise durch hohes Pressing stark unter Druck und zwang diesen zu vielen Fehlern. Die Stürmer machten daraus in Abwesenheit von Tosin dann aber zu wenig. Es brauchte einen Weitschuss von Condé, um zu reüssieren. Auch in Luzern benötigte es ein Weitschusstor eines Mittelfeldspielers, um ins gegnerische Gehäuse zu treffen. In der Kategorie Weitschusstore (6) liegt der FCZ mittlerweile an zweiter Position der Liga. Zu Magnin-Zeiten war man in dieser Kategorie jeweils bei den Schlusslichtern.

Es fällt auf, wie viele gegnerische Trainer in letzter Zeit ihre Taktik gegen den FCZ umstellen – sicherlich auch aufgrund der zuletzt insgesamt eher positiven Resultate des Letzigrund-Teams. Luzerns Konzept war ganz auf den grössten Zürcher Schwachpunkt, die Langsamkeit der Verteidiger, speziell von Katic, ausgerichtet. Der FCZ stand aber nicht nur wegen Luzern hoch und hatte viel Ballbesitz, sondern er will dies unter Bo Henriksen auch. Das Problem dabei: das Stärken-/Schwächen-Profil der Mehrheit der eingesetzten Spieler passt nicht zu diesem Spielstil (siehe Randnotiz im Winterthur-Artikel). Nikola Katic ist nur eines von mehreren Beispielen dafür, aber wahrscheinlich das klarste. In einer wie letzte Saison unter André Breitenreiter tief stehenden Mannschaft, die in erster Linie auf schnelles Umschaltspiel ausgelegt ist, könnte Katic auf Super League-Niveau wohl bestehen. Man erinnere sich beispielsweise an die „Abwehrschlacht“ in Unterzahl in Basel, als kurz vor Schluss Rohner mit einem Konter beinahe noch das Siegtor erzielte. In einem hoch stehenden Team mit viel Ballbesitz ist er hingegen ein viel zu grosses Sicherheitsrisiko.

Forwards können sich in Luzern kaum durchsetzen

Bei der Beurteilung der Partie nicht vergessen werden darf, dass die junge Luzerner Mannschaft wirklich stark spielte – allen voran Marco Burch und Nicky Beloko. Sie benötigten für ihren Powerfussball in den ersten drei Vierteln der Partie aber auch viel Kraft, so dass der FCZ bei einem knapperen Spielstand in den letzten 15-20 Minuten die Partie durchaus noch hätte drehen können. Daher war für Luzern der Treffer zum 4:1 äusserst wichtig. Er nahm dem FCZ den Glauben an die Wende, wodurch die nachlassenden Kräfte in der Schlussphase weniger ins Gewicht fielen. Pius Dorn gelang zum ersten Mal in seiner Profikarriere ein Doppelpack. Zuletzt hatte er dies in der U19 des SC Freiburg (drei Mal) geschafft, als er noch auf einer offensiveren Position eingesetzt wurde.

Das Spiel des FCZ war im ersten Viertel grundsätzlich gut, auch wenn man sich danach aus dieser Phase vor allem an einzelne gefährliche Luzerner Szenen erinnern wird, die aufgrund des defensiven Schwachpunktes Katic entstanden. Im zweiten und dritten Spielviertel wurde dann die Leistung von mehreren Spielern schlechter, bevor im letzten Viertel nach den Wechseln der FCZ die bessere Mannschaft war. Insgesamt spielte der FCZ aber zu wenig einfach, schnell und schnörkellos. Und die Stürmer stiessen gegen die jungen Luzerner Verteidiger an ihre Grenzen. Insgesamt hatte der FCZ bei dieser klaren Niederlage in Luzern erstaunlicherweise die höchste bisher von Züri Live gemessene Anzahl an guten Offensivaktionen im Jahr 2023, aber gleichzeitig auch am zweitmeisten schlecht ausgeführte Aktionen im Spiel mit Ball.

Mehrere taktische Wechsel während der Partie

Die in den Medien nach der Partie viel thematisierte Pausenansprache Henriksens war im übrigen nicht eine klassische „Brandrede“, sondern beinhaltete viel eher (in lautem Ton vorgetragene) konkrete Anweisungen an das Team insgesamt und an einzelne Spieler. Henriksen stand dabei ganz offensichtlich vor einer Taktiktafel, blickte konkrete Spieler an und sagte Dinge wie: «ich erwarte von Dir, dass Du in diesen Raum gehst».

Taktische Veränderungen gab es beim FCZ während dem Spiel einige. Man begann so wie man das mit 2:1 gewonnene Heimspiel gegen Luzern aufgehört hatte: im 3-4-1-2. Aufgrund des überraschenden 4-2-3-1 von Luzern stellte man aber bereits nach fünf Minuten auf ein 3-3-2-2 um – das heisst, Cheick Condé stand höher und Bledian Krasniqi weniger zentral. Dadurch ergab sich zwischenzeitlich eine stärkere Mannorientierung im Zentrum. Nach dem Gegentor zum 0:1 wechselte der FCZ dann aber etwas hektisch wieder zurück auf das zu Beginn angewendete 3-4-1-2, was dem Zürcher Spiel nicht gut tat. Das System und die Zürcher Probleme setzten sich nach der Pause fort, auch mit dem eingewechselten Roko Simic auf der Zehnerposition für Bledian Krasniqi. Mit einer weiteren Umstellung auf ein 3-4-3 ab der 60. Minute wurde es dann deutlich besser.

Fragezeichen bei den Eckbällen

Normalerweise gibt es beim FCZ auch taktische Auswechslungen. Diesmal aber wechselte Coach Henriksen schlicht die fünf schlecht spielenden Spieler aus, erstmals auch Katic. Bei Eckbällen hatten beide Teams zu Beginn defensiv etwas Probleme. Beim ersten Zürcher Corner standen Krasniqi und Condé völlig frei. Beim zweiten wurde dies aber sofort korrigiert und die entsprechenden Zürcher Spieler von Jashari und Ottiger gedeckt. Bei Luzerner Eckbällen stand hingegen Dorn immer frei, weil der FCZ nun wieder drei statt zwei Spieler für die Raumdeckung abstellt. Den Sinn und Zweck, Marchesano auf den Kreuzungspunkt von nahem Pfosten und Elfmeterpunkt in den Raum zu stellen, erschliesst sich auf den ersten Blick nicht. In diesem Raum landet so gut wie nie ein Eckball.

Personalien

  • Bledian Krasniqi: War zeitweise alleine gegen das Duo Beloko und Jashari. Hatte aber auch einen schlechten Tag und wirkte weniger spritzig als in anderen Partien – null Abschlussbeteiligungen und nach vorne praktisch wirkungslos.
  • Jonathan Okita: Zeigte nach dem zweiten und vierten Gegentor eine Reaktion. So zielstrebig und schnörkellos wie in diesen Momenten müsste er von Beginn weg spielen. Seine lässige Ballannahme in Rücklage mit gestrecktem Bein erinnert an Feierabendfussball mit Kollegen, und führt in der Super League, wo die Verteidiger im Schnitt hartnäckiger agieren als in Holland, zu vielen Ballverlusten.
  • Becir Omeragic: Hatte insgesamt eigentlich eine gute 1. Halbzeit, kümmerte sich beispielsweise zuerst aufmerksam um den bei Standards gefährlichen Burch. War dann aber bei den gefährlichsten Luzerner Szenen auch negativ im Fokus, was ihm etwas das Selbstvertrauen zu rauben schien. Jedenfalls fiel er in der 2. Halbzeit in ein Loch.
  • Nikola Katic: Wieder eine Note „1“ wie im ersten Spiel nach der Winterpause in Luzern, im Jahr 2023 bisher fast ausschliesslich ungenügende bis schlechte Noten. Nach zuletzt immerhin aufsteigender Tendenz wieder ein extremer Rückfall. Die Defensivleistung ist miserabel. Gegen eine konternde Mannschaft auf Super League-Niveau viel zu langsam – und passt dabei seinen Spielstil trotzdem nicht à là Filipescu an diese Realität an – als würde er diese ignorieren. Die Gegner nutzen dies systematisch aus. Stürmer wie Sorgic locken Katic mit ihren Laufwegen in die gegnerische Platzhälfte oder an die Seitenlinie und lassen ihn dann dort stehen wie ein unabgeholtes Paket auf der Post. Die Szene wiederholt sich Spiel für Spiel, immer und immer wieder.
  • Mirlind Kryeziu: Ist aktuell relativ weit von seiner Bestform von letzter Saison entfernt, aber trotzdem ruhiger, überlegter und schneller als Katic.
  • Fidan Aliti: Wenn nur alle in der Mannschaft so ein Passspiel hätten! Die Präzision, die Dosierung, die Konstanz! Keine Kunst, aber Qualitätshandwerk. Auch von Alitis Schnörkellosigkeit könnten sich viele eine Scheibe abschneiden. Geht auch in der Nachspielzeit beim Stand von 1:4 noch volle Pulle.
  • Ifeanyi Mathew: Begann gut. liess sich dann phasenweise vom Auftritt einiger Mitspieler mit runterziehen. Als Selnaes ins Spiel kam, blühte er wieder auf. Premièrentor aus der Distanz mit dem schwächeren Fuss.
  • Selmin Hodza: Abgesehen von ein, zwei taktischen Fehlern bestätigte er den positiven Eindruck vom Basel-Spiel; einer der aufmerksamsten FCZ-ler auf dem Platz.
  • Antonio Marchesano: Hat etwas das Pech, dass er ausgewechselt wird, kurz bevor Luzern ausgepowert ist. Gegen das hochtourige Luzern der ersten drei Viertel der Partie kann er sich nicht durchsetzen. Die Gegenspieler sind praktisch immer schneller am Ball. In so einer Situation unterläuft ihm dann auch noch mehrmals der typische Tosin-Fehler der letzten Jahre: abrupte Richtungsänderung in einem Moment, wo der Mitspieler den Ball bereits am Zuspielen ist.
  • Calixte Ligue: Kam bei weitem nicht so gut in die Partie wie bei seinem ersten Einsatz nach der Winterpause in Luzern. Begann mit zwei unnötigen Fouls und stand defensiv zeitweise etwas verloren im Raum.
  • Ole Selnaes: Wie eine frische nordische Brise für das Zürcher Spiel. Machte dieses mit seiner Spielingelligenz und gutem Passspiel deutlich strukturierter. Profitierte dabei aber auch von nachlassenden Luzernern.

Randnotiz – neue Kandidatur für den Schwalbenkönig

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