Ricardo Moniz und sein Asterix-Problem: welche Taktik für den FCZ?

„Der Trainer ist nicht so wichtig“ ist ein Satz den FCZ-Trainer Ricardo Moniz in den letzten Pressekonferenzen wiederholt geäussert hat. Was steckt dahinter? Bescheidenheit? Koketterie? Oder doch mehr? Die Story lässt sich mit zwei ungleichen Freunden als Protagonisten erzählen: Asterix und Obelix. Zwei Freunde mit der Mission die Römer zu ärgern – und dies als Fussballprofi. Dies gelang ihnen schon mehr als einmal. Im Cupfinal 2018 konnten sie den Römern zu Berna in Unterzahl das Tafelsilber unter der Nase wegschnappen. Und in der Saison 21/22 gelang es ihnen gar, den Cäsarenthron zwischenzeitlich aus der Bundesstadt zu entwenden. Asterix ist in Bellinzona geboren und musste von klein auf die geringere Körpergrösse beim Fussballspielen mit Technik und „Köpfchen“ wettmachen. Über Obelix wird erzählt, er soll als Kind einmal bei Vollmond in den Katzensee gefallen sein und sei in den Monaten danach enorm gewachsen. Er entschied sich dann aber später gegen eine Karriere als Steinstösser am Unspunnenfest, da dieses nur alle zwölf Jahre stattfindet – und er nicht nur Hinkelsteine, sondern auch Fussbälle weit und gleichzeitig präzise schiessen konnte.

Asterix und Obelix erobern Bern

Kennengelernt haben sich Asterix und Obelix aka Antonio Marchesano und Mirlind Kryeziu im Sommer 2015 beim FC Biel. Kryeziu kam als Leihspieler des FCZ vor allem in der Rückrunde zu erster wertvoller Spielzeit im Profibereich. Marchesano „explodierte“ gleich zum Saisonstart mit zehn Toren in den ersten sieben Runden. Sein damaliger Coach Patrick Rahmen beorderte den Mittelfeldspieler weiter nach vorne und liess ihn als 10er oder hängende Sturmspitze auflaufen. Der FC Zürich verpflichtete Marchesano noch vor Ende des Transferfensters, lieh ihn aber für die laufende Saison 15/16 zurück an den FC Biel aus, da man sich auf der Position mit Davide Chiumiento und Oliver Buff vorläufig gut genug aufgestellt sah. Marchesano und der Südkürvler Kryeziu (sowie Benjamin Kololli) wurden in Biel Kumpels – in einer Saison an deren Ende Biel Konkurs ging und der FCZ abstieg.

Nach einer erfolgreichen Challenge League- und Europacup-Saison (nicht gegen Römer, aber immerhin Rumänen) erreichte Marchesano im Alter von 26 Jahren endlich das gelobte Land der Super League. Ähnlich wie in Biel (zurückhängende Spitze im 4-4-2) wurde er von Uli Forte und danach Ludovic Magnin auf der 10er-Position eingesetzt – in der Regel in einem 4-2-3-1. Marchesano hatte in seiner ersten Super League-Saison manchmal noch etwas Mühe, sich an den höheren Rhythmus zu gewöhnen. Seine Züri Live-Note lag damals im Schnitt bei unspektakulären 5,4. In den Wochen vor dem Cupfinal spielte sich dann auch Mirlind Kryeziu in die Mannschaft. Beim Saisonhöhepunkt in Bern standen Kryeziu und Marchesano gemeinsam in der Startformation. Magnin überraschte YB mit der Umstellung auf die Dreierabwehr Thelander / Brunner / Kryeziu, welche er zwei Wochen davor bei einem 4:1-Heimsieg gegen den FC Basel erfolgreich getestet hatte (im letzten Spiel vor dem Cupfinal in Lugano liess Magnin als Ablenkungsmanöver wieder mit Viererabwehr spielen).

Breitenreiter richtet den FCZ an Marchesano aus, Foda nicht

Der Cupfinal 2018 war beim FCZ die Geburtsstunde des 3-4-1-2 Systems mit dem man in der Saison 21/22 sensationell den Meistertitel gewinnen sollte – mit Marchesano natürlich auf der 10er-Position und Kryeziu nun als unbestrittenem Abwehrchef in der Mitte der Dreierabwehr. Schnelles, direktes Spiel durch die Mitte ist der Fussball, welcher Marchesano am meisten liegt, und der den FCZ in jener Saison zum Meister machte. Der Tessiner kann dabei seine Technik, Spielintelligenz und Gedankenschnelligkeit optimal in die Waagschale werfen – und durch die entstehenden Räume im Umschaltspiel geht der 1,68m grosse Tessiner Zweikämpfen gegen schwergewichtigere Gegenspieler aus dem Weg. André Breitenreiter hatte damals vor der Saison das Gespräch mit den Führungsspielern gesucht, um die Spielphilosophie zu besprechen. Wofür dabei Marchesano plädierte, ist nicht schwer zu erahnen. Der Cupfinal 2018 war seine “Blaupause“. Angereichert wurde die Spielweise 21/22 durch Eins-zu-eins Deckung auf dem ganzen Platz in der Defensiven Phase nach dem Vorbild von Atalanta unter ihrem langjährigen Coach Gian Piero Gasperini (und FCZ-Junior Berat Djimsiti als einer der Führungsspieler).

Nach Breitenreiter kam Franco Foda. Die Züri Live-Notenentwicklung zeigt eindeutig, dass es die Teamleader Marchesano, Dzemaili, Brecher und Gnonto waren, deren Leistungsniveau unter Foda in den Keller rasselte. Im ersten Spiel bei YB liess Foda noch im Meister-System spielen. Der FCZ war gut in der Partie, aber Marchesano verschoss einen Penalty. Auch beim Stand von 0:1 war man nahe am Ausgleich dran, bis Foda mit seinen Wechseln zu früh zu viel Risiko nahm, was in einer 0:4-Klatsche endete. Das grosse Thema in der Mannschaft war damals aber die Champions League-Qualifikation. Gegen Qarabag Agdam in Baku begann Foda nochmal mit dem System und der Spielweise aus der Meistersaison. Qarabaq legte viel Energie in die ersten 20 Minuten. Der FCZ wurde überfahren und lag zur Pause 0:2 hinten. Da hatte Foda genug gesehen und wechselte von der Manndeckung im 3-4-1-2 auf Raumdeckung im 3-4-3 – mit Marchesano neu auf der Position rechts im Dreimannsturm. Der FCZ gewann so die 2. Halbzeit mit 2:1 (total nach 90 Minuten: 2:3). Von da an suchte Foda nach einem neuen System: 4-4-2, 3-4-3 und 4-2-3-1 waren die Startformationen der folgenden drei Partien. Marchesano wurde dabei nicht mehr auf seiner Lieblingsposition eingesetzt, und begann manchmal gar auf der Ersatzbank.

Henriksen ist erfolgreich mit Afriyie statt Marchesano auf der 10er-Position

Die Europacup-Resultate unter Foda waren gut, in Meisterschaft und Cup blieben sie aber schlecht. Unter Nachfolger Bo Henriksen änderte sich dies, nicht aber die persönliche Situation von Marchesano. Henriksen setzte Marchesano wie zuvor Kollege Foda als Stürmer ein – oder auf die Bank. Dies änderte sich auch nicht zu Beginn der Saison 23/24. Zwar hatte sich Henriksen nun wieder auf das 3-4-1-2 System aus der Meistersaison festgelegt, aber auf der 10er-Position liess er Daniel Afriyie auflaufen – und dies sehr erfolgreich. Mit einem personell ausgedünnten Kader waren die Resultate im ersten Saisonviertel sogar besser als in der Meistersaison. Gegen den Coach opponieren ging in dieser Situation nicht. Bis zur Winterpause war der FCZ in der Tabelle ganz vorne dabei. Als man aber in den letzten drei Partien vor der Winterpause vom (VAR-)Pech verfolgt wurde und trotz guten Leistungen gegen Luzern, in Winterthur und in St. Gallen insgesamt nur einen Punkt ergatterte, wurde es sofort unruhig. Marchesanos (und Kryezius) ehemaliger Berater Milos Malenovic reagierte als Sportchef öffentlich ziemlich heftig auf die unglücklich verlaufene Woche.

Der Start in die Rückrunde misslang, Henriksen kam in der Bundesliga unter und das Duo Murat Ural / Umberto Romano übernahm. Es folgten Wochen des Pröbelns mit unterschiedlichen Systemen. Zu Beginn lag der Fokus auf einer offensiven Spielweise und viel Goodwill für eigene Talente im Sinne von Murat Ural. Nach einem 2:2 zu Hause gegen Stade Lausanne-Ouchy setzte man dann aber stärker auf defensive Absicherung und Routiniers – was eher der Ausrichtung von Umberto Romano entspricht. Und nun sind wir in der Story bei Ricardo Moniz angelangt. In den letzten fünf Partien der alten und den ersten Wochen der neuen Saison switchte der Holländer zwischen dem Rhombus-System (4-1-2-1-2) und dem 4-3-3 hin und her. Häufig liess er sein Team im einen System beginnen – und während der Partie ins andere wechseln.

Das Holländische 4-3-3 ist auch New School

Als „Alter Holländer“ liegt Moniz natürlich das 4-3-3 am nächsten. Noch bis vor etwa zwei Jahren haben in der Eredivisie ausnahmslos alle Mannschaften so gespielt. Popularisiert wurde dieses System in den 70er-Jahren durch Johan Cruyffs Ajax und das Niederländische Nationalteam (als „besseres Team“ zwei Mal WM-Final Verlierer) in Kombination mit den Prinzipien des Total Voetbal (“Totaler Fussball“). Den Totalen Fussball verstanden im Rest Europas nicht alle, aber das 4-3-3 mit dem typischen Flügelspiel wurde auch in der Schweiz bis Ende der 80er-Jahre zur vorherrschenden Spielweise sowohl bei den Profis wie auch Amateuren und Junioren. Bis es hierzulande vom aus Schweden importierten 4-4-2 und der damals neuen Pressing-Philosophie inklusive Offsidefalle mit Protagonisten wie Sacchi, Hitzfeld oder Fringer abgelöst wurde.

Bevor das 4-3-3 aber aussterben konnte, exportierte es Cruyff als Trainer nach Barcelona. Dessen ehemaliger Spieler Pep Guardiola führte dann den vom ersten FCZ-Captain Hans „Joan“ Gamper gegründeten Klub in einem revitalisierten und modernisierten 4-3-3 mit Weltklasse-Talenten aus der eigenen Jugend zu neuen Höhenflügen. Ricardo Moniz redet zwar im Zusammenhang mit dem 4-3-3 von „Old School“, aber ausgedient hat dieses System noch lange nicht. Bis vor etwa vier Jahren spielten die Juniorenauswahlen des Schweizerischen Fussballverbandes und die meisten Spitzenjuniorenteams der Schweizer Klubs fast ausschliesslich mit diesem System. Dies einerseits inspiriert durch die Erfolge des Spanischen Nationalteams, andererseits aber auch da es als besonders ausbildungsfreundlich galt. Ausserdem passte es zum damaligen Talentpool und den Selektionskriterien, die eher kleine, technisch gut entwickelte Talente favorisierte. Bei Juniorenländerspielen waren die Schweizer regelmässig im Schnitt einen halben Kopf kleiner als viele europäische Gegner. Alain Geiger führte Servette im 4-3-3 zurück in die Super League und in die erweiterte Liga-Spitze. Der aktuell von vielen als heissester Meisterkandidat gehandelte FC Lugano spielt mit einer von der Körpergrösse her eher kleinen Mannschaft ebenfalls im 4-3-3. Und Jürgen Klopp’s Liverpool hat jahrelang bewiesen, dass man im 4-3-3 auch ein sehr effektives Pressing aufziehen kann.

Das grosse Dilemma des Ricardo Moniz

Als „Old School“ im positiven Sinne empfindet Moniz das Spiel über die Seiten und die Eins-gegen-Eins Situationen Flügel gegen Aussenverteidiger. Das sind Fussballprinzipien, die in Holland mehr als eine Philosophie sind. Es handelt sich eher um ein Glaubensbekenntnis der „Jünger Cruyffs“, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Das Oranje-Team wird dabei nicht nur als Repräsentant eines Landes, sondern fast noch mehr einer bestimmten Art von Fussball gesehen. Erdreistet sich ein Nationaltrainer davon abzuweichen, ist die Kritik riesengross. Vor diesem Hintergrund stellt sich die offensichtliche Frage, warum Ricardo Moniz beim FCZ nicht von Anfang an ausschliesslich aufs 4-3-3 gesetzt hat – und nun sogar davon abgekommen ist.

Den einen Grund hat er immer wieder erwähnt. Wenn man zwei Spieler für die offensiven Flügelpositionen opfert, die man auch zentraler einsetzen könnte, dann müssen diese Spieler die Qualität haben, sich häufig genug in Eins-gegen-eins Situationen durchsetzen können. Sonst geht die Rechnung unter dem Strich nicht auf. Positive News für Moniz: der FCZ hat im Juniorenbereich mittlerweile so viele starke Flügel und Eins-gegen-Eins Spieler wie wohl noch nie. Allerdings sind diese alle zwischen 15 und 17 Jahre alt und noch nicht ganz ready für das Profiteam. Einer von ihnen, der 15-jährige Dylan Munroe, wurde mittlerweile auf der FCZ-Webpage wieder von der Kaderliste der 1. Mannschaft gestrichen. Von den Flügel-Auftritten eines Oko-Flex, Emmanuel oder Chouiar zu Beginn der Saison war Moniz offenbar nur mässig begeistert, obwohl sie eigentlich nicht schlecht waren. Seine Erwartungshaltung scheint in diesem Bereich speziell hoch zu sein.

Das zweite Problem heisst Marchesano: im 4-3-3 gibt es seine Lieblingsposition der „Nr. 10“ nicht. Und damit sind wir wieder bei der anfänglichen Aussage von Ricardo Moniz: „Der Trainer ist nicht so wichtig“. Letztendlich entscheiden häufig die Profile, Qualitäten und Vorlieben der Schlüsselspieler wie gespielt wird – und nicht der Trainer.

Umstellung auf ein System ohne Flügel ausgerechnet mit der Ankunft von Ballet

Nach der schlechten 1. Halbzeit gegen Luzern mit Okita und Ligue auf den Flügeln sowie den sich nicht im Rhythmus befindlichen Denoon und Tosic als Aussenverteidiger fiel offenbar die Entscheidung zur Rückkehr zur Dreierabwehr. Obwohl das Problem beim Personal und nicht beim System lag. Mit dem sich vor allem als Pressing-System eignenden Rhombus hatte der FCZ zu Beginn der Saison mit schnellen Umschaltsituationen gegen Yverdon und Shelbourne „zu Null“ gewonnen. In Bern gegen YB erreichte man mit diesem System ein 2:2, worauf Moniz auch zu Hause gegen Vitoria Guimaraes auf das 4-1-2-1-2 setzte. Die Portugiesen waren aber in den meisten Belangen schlicht die bessere Mannschaft. Ob man mit einem anderen System da mehr hätte ausrichten können, ist fraglich. Der wichtigste Vorteil des FCZ wurde vom Schiedsrichter beschnitten, weil dieser bei den vielen taktischen Fouls der Gäste gegen den immer wieder entwischenden Emmanuel die Gelbe Karte jeweils in der Tasche stecken liess, wodurch dieser seine Schnelligkeitsvorteile nicht ausspielen konnte. In der Schlussphase nahm Moniz dann mit dem 4-2-4 zu viel Risiko, was zum schnell aufeinanderfolgenden 0:2 und 0:3 führte.

Ausgerechnet zeitgleich mit der Ankunft des Flügelspielers Samuel Ballet stellte man auf das Cup-Spiel in Le Locle hin auf Dreierabwehr um. Einzelne Schweizer Fussballjournalisten vertraten zuletzt die Meinung, dass beispielsweise ein 3-4-3 eigentlich gut für Flügelspieler sei, da mehr Seitenpositionen zur Verfügung stünden, auf denen diese eingesetzt werden könnten. Dies ist falsch. Die äusseren Stürmer in einem 3-4-3 spielen nicht auf dem Flügel (Aussenbahn), sondern auf den Halbpositionen. Dies verlangt nach einem anderen Stürmertyp – wobei es natürlich auch Stürmer gibt, die beides spielen können. In einem 3-4-3 spielen vorne eher drei „Mittelstürmer“ oder allenfalls „Halbstürmer“ – keine „Flügel“. Armstrong Oko-Flex oder Jonathan Okita sind allerdings sowieso eher für die Halbpositionen als für den Flügel geeignet. Samuel Ballet hingegen ist ein typischer Flügel.

Bizarrer Widerspruch: System auf die Mitte ausgerichtet, Spielweise auf die Seiten

Die sich daraus ergebende Situation wirkt bizarr. Im Gegensatz zu Foda und Henriksen hat Moniz nun sowohl das System wieder auf Marchesano ausgerichtet, als auch diesen als unbestrittenen Stammspieler auf der 10er-Position etabliert. Gleichzeitig redet er aber von Flügelspiel und Eins-gegen-Eins Situationen auf der Seite. Dabei bedeuten Dreierabwehr und Marchesano in einer zentralen Rolle beides zwingend, dass durch die Mitte gespielt werden muss. Dort findet man die Überzahlsituationen – bei insgesamt acht Feldspielern im Zentrum und auf den Halbpositionen – und nur je einem auf den beiden Aussenbahnen. Im Meisterteam sind selbst die Aussenläufer Boranijasevic und Guerrero in der Offensiven Phase mit ihren Diagonalläufen in die Mitte vor den gegnerischen Strafraum gezogen. Mit nur je einem Aussenspieler hingegen regelmässig an die Grundlinie kommen zu wollen, klingt nicht logisch und erfolgsversprechend. An der Pressekonferenz vor dem Derby nannte Moniz Vorbilder wie Marcelo, Roberto Carlos oder Jordi Alba. Das waren aber alles leichtgewichtige Aussenverteidiger mit viel Ausdauer, die aus einer Viererabwehr mit Flügelspielern davor agierten. Eine völlig andere Ausgangslage als die kräftigen Ballet und Ligue alleine auf der Aussenbahn. Man scheint die Quadratur des Kreises anzustreben.

Schnelligkeit ist immer ein Plus, aber Aussenläufer benötigen vor allem Ausdauer. Optimalerweise sollte ein Aussenläufer in einem System mit Dreierabwehr daher ein Leichtgewicht sein, mit einem Körperbau, der in Richtung eines Langstreckenläufers tendiert – wie bei einem Alejandro Grimaldo, Jeremie Frimpong, Adrian Guerrero, Rodrigo Conceição oder Doron Leidner. Ein kräftig gebauter Junge wie Samuel Ballet stösst hingegen bei dem Laufvermögen, welches auf dieser Position verlangt wird, an seine Grenzen. Sein Einsatzwille ist formidabel, aber damit allein schafft man es auf Dauer nicht.

Junior Ligue scheint die Position zumindest von seiner Spielanlage her besser zu passen. Er hat auch schon in einzelnen Spielen bei den Junioren oder Testpartien mit der 1. Mannschaft unter Bo Henriksen auf dieser Position gespielt und gezeigt, dass er es kann. Die Ausdauerfrage stellt sich letztlich aber wohl auch bei ihm. Das Problem mit Conceição oder Leidner wiederum ist, dass sie zwar sehr gut auf diese Position passen würden, leistungsmässig diese Saison bisher aber noch keinen vertrauenswürdigen Eindruck hinterlassen haben – auch wenn Leidner zuletzt etwas Aufwärtstendenz zeigte. Stattdessen sieht Moniz Emmanuel weiterhin als Alternative auf links, obwohl dies aufgrund dessen taktischer Unbedarftheit in St. Gallen kolossal schief gelaufen ist.

Vier Handlungsoptionen für den FC Zürich

Das treffende Bild für den inneren Widerspruch der aktuellen Taktik und Spielweise des FC Zürich sind ein Samuel Ballet und ein Junior Ligue, die in St. Gallen ganz auf sich allein gestellt gegen einen doppelnden Gegner über die Seiten immer und immer wieder erfolglos durchzukommen versuchen. Moniz ist 60 Jahre alt, hat aber in seiner ganzen Trainerkarriere noch nie mit Dreierabwehr spielen lassen. „Ein Abenteuer“ nennt er dies. Seine Mannschaft scheint personell und auch vom Team-Spirit her in einem guten Zustand zu sein. Um so mehr wäre es schade, wenn man sich im taktischen Bereich unnötig selbst Knüppel zwischen die Beine werfen würde. Dabei gäbe es durchaus mehrere stimmige Handlungsoptionen.

Variante A: Der FCZ setzt in der 1. Mannschaft voll auf 4-3-3 und Flügelspiel, der Wunschtraum von Moniz

  • Vorteil: Es ist das klassische System für den dominanten Fussball, den man spielen möchte. Das 4-3-3 steht für mutigen Fussball. Man hat speziell nach der Verpflichtung von Samuel Ballet auch die Spieler dafür, im Nachwuchs sowieso.
  • Nachteil: Für die formstarken (und einflussreichen) Marchesano und Chouiar ist es nicht das ideale System. Und es ist eine Abkehr vom Erfolgsrezept der letzten beiden Titel (Cupsieg 2018, Meistertitel 2022).

Variante B: Zurück zum Meistersystem mit Dreierabwehr und direktem Umschaltspiel durch die Mitte mit aller Konsequenz

  • Vorteil: Es hat 21/22 funktioniert und die Schlüsselspieler sind weitgehend dieselben. Das Kader ist zudem eher noch etwas besser besetzt als damals. Ideal auf Marchesano ausgerichtet.
  • Nachteil: Entspricht nicht der neuen Vereinsphilosophie und den Vorlieben von Trainer Moniz. Wenig passende Spieler für die Aussenpositionen und diese (Conceição, Leidner) wirken bei weitem nicht so verlässlich, wie es Boranijasevic und Guerrero waren.

Variante C: Wie bei Variante B Dreierabwehr und Spiel durch die Mitte, aber mit kontrolliertem Spielaufbau analog Bayer Leverkusen (Alonso) oder Schweizer Nationalmannschaft (Yakin)

  • Vorteil: Man kann das 3-4-2-1 auf das man eben gerade umgestellt hat, beibehalten – und dank der darin enthaltenen “Box“ im Zentrum trotzdem dominant auftreten.
  • Nachteil: Es braucht Zeit, um die Abläufe zu erarbeiten. Möglicherweise würden aktuell wichtige Spieler wie Marchesano oder Condé nicht optimal zu dieser Spielweise passen. Aussenläuferproblem analog Variante B.

Variante D: 4-2-3-1 als Kompromiss

  • Vorteil: Man kann mit je zwei Spielern auf der Aussenbahn spielen und gleichzeitig Marchesano auf der 10er-Position einsetzen – wie früher unter Forte und Magnin.
  • Nachteil: Ein eher “fauler“ Kompromiss. Tendenziell ein konservatives System, nicht ideal für dominanten Fussball. Zudem möglicherweise kein Platz für Chouiar.

Quo vadis FCZ? Die Formation vorne mit der Doppel-10 Marchesano / Chouiar und der Spitze Perea passt zu diesen Spielern, die aktuell aufgrund ihres Formstandes zu Recht den Offensivstamm bilden. Auch hat man mit dem neuen System trotz aller Ungereimtheiten in Basel überzeugend gewonnen und in St. Gallen in einem hochstehenden Duell in den ersten drei Vierteln der Partie gut bis sehr gut gespielt. Unmittelbar vor dem 2:1 des FCSG hatte der FCZ selbst eine Grosschance und diese Führung wäre verdient gewesen. Letztendlich entschieden der für einmal schlechte Auftritt Krasniqis und die Fehlbesetzung des taktisch noch unbedarften Emmanuels als Linker Aussenläufer die Partie. Beim Heimspiel gegen Sion lief daraufhin beim FCZ nicht viel zusammen und der 1:0-Sieg war glücklich – gegen Lugano konnte sich das Team wieder etwas steigern.

Profis hinken vereinsintern hinterher

Insgesamt hinkt die 1. Mannschaft vereinsintern in der Entwicklung hin zur neuen Philosophie noch etwas hinterher. Natürlich ist es bei den Junioren und Frauen einfacher eine neue Philosophie rascher konsequent umzusetzen, weil diese viel weniger unter öffentlicher Beobachtung stehen und kaum Feedback auf zwischenzeitlich schlechte Resultate erhalten. Auch bewegt sich die Konkurrenz auf einem tieferen Level. Um in der (Männer-)Super League erfolgreich bestehen zu können, muss jedes Detail stimmen. In der Anfangsphase in St. Gallen hatte der FCZ trotzdem bereits eine Ball- und Spielkontrolle wie man sie in der Super League selten sieht. Der Ausgleich zum 1:1 war Ausdruck davon, während das Gegentor kurz davor etwas aus dem Nichts fiel. Bayer Leverkusen und die Schweizer Nationalmannschaft zeigen, dass man in einem System mit Dreierabwehr durchaus die gewünschte Dominanz im Spiel entwickeln kann. Aber man muss dafür definitiv mehr durch die Mitte spielen, als dies der FCZ aktuell tut. Die Bilder eines Samuel Ballet, der in St. Gallen auf der Seite immer wieder gedoppelt wird und in der Schlussphase des Sion-Spiels nach Luft schnappt, sprechen Bände.

Nicht verschwiegen werden soll, dass es grundsätzlich in der heutigen Welt des Fussballs auch einen Pep Guardiola gibt, der mit Manchester City seit Jahren vorwiegend ein 3-2-5 oder 2-3 -5 praktiziert. Vincent Kompany lässt Bayern in einem 2-4-4 angreifen und Fabian Hürzeler Brighton in einer Art 3-1-6. Ricardo Moniz redet im Zusammenhang mit seinem Team auch häufig von einem 3-2-5. Die angesprochenen Teams schaffen es, sich über weite Strecken einer Partie in der gegnerischen Platzhälfte aufzuhalten. Es ist Ausdruck einer personellen und taktischen Exzellenz, die mit auf Super League-Niveau tätigen Spielern und Trainern schwierig umzusetzen ist – umso mehr wenn es in der Liga mehrere Klubs mit deutlich mehr finanziellen Mitteln gibt.

Ricardo Moniz an der Pressekonferenz vor seinem ersten Derby als FCZ-Trainer (fcz.ch)

UPDATE: Moniz hält an der Dreierabwehr fest / FCZ – Sion Vorschau mit voraussichtlichen taktischen Formationen

Sion tritt innerhalb eines Monats zum dritten Mal in Zürich an – vor zwei Wochen hatte das Team von Didier Tholot im Juchhof Mühe gegen YF Juventus mit den FCZ-Junioren Novem Baumann, Kristian Luburic und Soheil Arghandewall (2:0 durch Tore von Bouchlarhem und Bua). Schon in der 1. Cup-Runde kamen die Walliser in Delémont erst im Penaltyschiessen weiter. Vor einem Monat verloren sie zudem im Letzigrund gegen GC (die damals noch ohne die letzten Neuverpflichtungen Kittel, Choinière oder Persson antraten) mit 1:3. Gleichzeitig hat Sion in dieser Meisterschaft gegen die Spitzenteams YB, FCB und Lugano fünf Punkte geholt und keine dieser Partien verloren. Starke Gegner liegen dem Aufsteiger also.

Sion im Französischen Stil

Das Team pflegt einen französischen Stil mit einem spielstarken Mittelfeld. Nicht nur kann die Doppel-Sechs mit Kabacalman und Baltazar sehr viel mit dem Ball anfangen – auch die beiden nominellen Flügel im 4-2-3-1 sind keine klassischen Sprinter. Chouaref und Bouchlarhem (oder als Alternative Berdayes und Souza) bewegen sich vorwiegend auf den Halbpositionen und suchen spielerische Lösungen. Sie können sowohl selbst in die Mitte ziehen für einen Doppelpass oder Abschluss aus der Distanz, als auch die aufgerückten Aussenverteidiger Numa Lavanchy und Nias Hefti auf der Seite für Flanken hinter die Abwehr lancieren. Steht der Gegner hoch, spielt Sion schnell durch die Mitte und findet dafür variable Lösungen. Dabei kommt dem Tholot-Team entgegen, dass Torhüter Fayulu am Ball ruhiger geworden ist. Der mit Abstand grösste Name im Kader ist der technisch ebenfalls starke sowie beidfüssige Russische Nationalspieler Anton Miranchuk, der in seinem ersten Einsatz gegen Lugano die Bindung zum Walliser Spiel aber noch nicht gefunden hat. Verletzt fehlen wird der ehemalige FCZ-Offensivspieler Kevin Bua.

Die Aufstellung des FC Sion ist da! Es gibt keine echten Überraschungen – Berdayes erhält den Vorzug vor Bouchlarhem, Sorgic beginnt für Djokic.

Beim FCZ ist es weiterhin schwieriger, die Aufstellung vorauszusagen. Nicht selten passt Coach Ricardo Moniz seine Formation etwas dem Gegner an und daher könnte es heute wieder mal ein 4-2-3-1 setzen – auch weil man bei der 1:4-Niederlage in St. Gallen bemerkt hat, dass man im 3-4-1-2 auf den Aussenläuferpositionen wenig Alternativen besitzt. Der Versuch mit Emmanuel auf dieser Position ging auf jeden Fall schief. In Abwesenheit von Gouré und Perea könnte der junge Nigerianer aber in der Spitze auflaufen. Auf dieser Position ist er beim FCZ auch schon aufgelaufen, hat dann jeweils aber ebenfalls seine Position selten gehalten, sondern ist viel über die linke Seite ausgewichen.

Sind Leidner und Conceição ready?

Alternativ könnte der FC Zürich erneut mit einer Dreierabwehr auflaufen – vor allem dann, wenn Moniz Conceição und Leidner (wieder) als bereit für eine Super League-Partie von Beginn weg ansehen sollte.

Die Startaufstellung des FCZ ist draussen! Ricardo Moniz hält an der Dreierabwehr fest und bringt im Sturmzentrum Daniel Afriyie für die abwesenden Perea und Gouré von Beginn weg. Conceição und Leidner sind nicht dabei. Als mögliche Einwechselspieler auf den Aussenläuferpositionen sind wohl Tosic und Denoon vorgesehen – obwohl beide tendenziell eher Innenverteidiger sind, die in einer Viererabwehr auch Aussenverteidiger spielen können.

Zwei Trainer und ihre Elemente: Feuer und Luft oder Feuer und Erde?

Wer hat bei FCZ – FC Luzern die entscheidende Wirkung – Ricardo Moniz oder Mario Frick?

FCZ – FC Luzern ist der Spitzenkampf der 6. Runde in der Super League. Der Gewinner dieses Spiels wird als Leader in die Länderspielpause gehen und sich dadurch und wegen der 2. Cup-Hauptrunde länger als üblich im Licht der immer noch wärmenden Herbstsonne zeigen können. Interessant ist es vor dieser Begegnung, auf die beiden Cheftrainer zu blicken.

Ricardo Moniz, Feuer und Luft

Neben Ricardo Moniz verkörpern wohl nur noch Ludovic Magnin und Marco Schälibaum als Trainer in der Super League das Element Feuer im gleichen Mass. Bei Moniz könnte aber auch noch das Element Luft dazukommen.

Ricardo Moniz ist wohl ein Hochbegabter unter den Trainern, der schnell sehen kann, was wie und warum nicht funktioniert und wie etwas besser funktionieren könnte. Dazu hat er eine Energie des raschen Handelns. Er nutzt jede Gelegenheit zur Korrektur während eines Spiels, nicht nur die Trinkpausen oder Halbzeitpausen, was in Sportarten mit durchlaufenden Spielzeiten, grossen Distanzen zur Übermittlung von Botschaften und einer hohen Anzahl beteiligter Spieler und Staff-Mitgliedern nicht ganz einfach ist. Ricardo Moniz ist bestimmt ein kantiger Typ.

Die durchschnittliche Amtszeit eines Trainers in der Super League beträgt gegenwärtig recht genau ein Jahr. Ricardo Moniz ist aktuell der Trainer mit der achtlängsten Amtszeit, wenn berücksichtigt wird, dass er dieses Amt interimistisch schon im April 2024 übernommen hat. Nun gibt es immer wieder Medienschaffende, die regelmässig betonen, dass Moniz seit 2011 elf Stellen innegehabt habe. „Es sind einfach Fakten!“ Es ist klar, was damit gesagt werden will unter der Tarnung, objektiv sein zu wollen. Indem bestimmte Fakten immer wieder genannt werden, bekommen sie ein grösseres Gewicht. Dagegen müssten im Sinne einer Objektivierung auch die durchschnittlichen Amtszeiten der Trainer in den einzelnen Ligen genannt werden. Gemessen an der Super League würde somit Ricardo Moniz schon Ende dieser Saison über dem Durchschnitt liegen, wenn er noch beim FCZ wäre. Vor allem ist Ricardo Moniz zur Zeit gemessen an Punkten pro Spiel der erfolgreichste Trainer der Liga. Was auch selten erwähnt wird, ist die Qualität der Arbeit und deren Nachhaltigkeit innerhalt eines Clubs. Diese lassen sich erst recht viel später beurteilen. Beispiel: Andy Egli wurde im Juli 2013 Nachwuchschef beim FC Luzern. Er war das (nur) zwei Jahre lang. Seine Arbeit ist immer noch sehr, sehr nachhaltig. Und als Cheftrainer hatte Andy Egli in allen seinen Clubs eine durchschnittliche Amtszeit von 1.08 Jahren. Trotzdem hat er auch den FC Thun nachhaltig geprägt.

Auch eine andere Tatsache wird im Zusammenhang mit Ricardo Moniz immer wieder genannt, ohne dass dabei der jeweilige Zusammenhang erwähnt wird; die Auswechslung eines eingewechselten Spielers während der Partie. Jede Situation der drei Auswechslungen in dieser Saison ist für sich anders gewesen. Entscheidend dabei sind auch Einvernehmen mit der Mannschaft und die Deklaration dieses Vorgehens. Wenn ein Trainer dem Team vermittelt, dass es in der Verantwortung des Trainers vorkommen kann, einen Ersatzspieler wieder auszuwechseln, ist das ein Mittel zum Erfolg. Wenn ein Trainer etwas sofort sieht und danach rasch handelt, kann das auch ein Zeichen von überdurchschnittlicher Qualität sein. Journalisten fordern immer wieder kantige Typen im Fussball, um interessante Äusserungen zu erhalten oder Verhaltensweisen zu kommentieren. Kaum ist einmal ein Trainer kantig, ruft das die Moralapostel unter den Journalisten auf den Plan, die teilweise selber auch sehr kantig sein können.

Der FCZ hat sich auf den Spitzenkampf gegen den FC Luzern im Letzigrund sehr gut vorbereiten können, weil das Spiel in St. Gallen verschoben worden ist und für einmal eine willkommene Pause bekommen nach zusätzlichen vier europäischen Qualifikationsspielen.

Mario Frick, Feuer und Erde

Mario Frick war seit September 2012 beim FC Balzers, dem FC Vaduz und dem FC Luzern Cheftrainer und wirkte dabei während 383 Spielen in seiner Funktion. Er wurde noch nie entlassen, sondern nahm jeweils eine nächste, höhere Aufgabe an. Zwischendurch wirkte er etwas mehr als ein Jahr lang bei Vaduz und auch bei Liechtenstein im Nachwuchs als Trainer. Obwohl Frick sehr energiegeladen und leidenschaftlich wirken kann, zeigt sich in dieser bisherigen Laufbahn eine gewisse Bodenständigkeit. Diese besitzt er auch, wenn er nach Spielen respektvoll über den Gegner spricht, den er dabei oft lobt, egal welchen Ausgang das Spiel gerade genommen hat. Gewisse Journalisten sagen, dies sei eine Masche von Frick, speziell nach schwächeren Leistungen seiner Mannschaft.

Der FC Vaduz spielte unter Frick in der Ausstiegssaison in der Challenge League 2019/2020 vorwiegend in einem 3-4-1-2 sehr initiativ. Man wollte die Kontrolle über das Spiel selber haben und suchte die frühe Führung. Das änderte sich in der Super League. Die Spielweise wurde realistischer und musste zwangsläufig der viel höheren Qualität der Gegner angepasst werden. Kompakt und tief zu stehen, schnell umzuschalten, oft mit langen Bällen, das war das hauptsächliche Rezept, mit dem einzigen Ziel, als krasser Aussenseiter die Liga zu erhalten, dies schon sehr bald in einem 5-4-1-System. Dazu kam eine sehr hohe Erfolgsquote bei eigenen Standards. Es sah lange gut aus für den FC Vaduz. Erst in den letzten acht Runden brach die Mannschaft ein und konnte vom FC Sion und vom FCZ noch distanziert werden. In der letzten Runde verlor Vaduz gegen den FCZ im Letzigrund mit 1:4. Ein Sieg hätte dabei die Rettung bedeutet. Der Club aus dem Ländle agierte damals ähnlich, wie Union Berlin unter Urs Fischer. Wieder eine Klasse tiefer, blieb Frick diesem Spielstil mehrheitlich treu. Er verliess Vaduz als Wintermeister 2021/2022 und übernahm den klaren Tabellenletzten FC Luzern, mit welchem er in einem Kraftakt die Barrage gegen den FC Schaffhausen erreichte und gewann. Alessandro Mangiaratti, Fricks Assistent, übernahm dessen Posten in Vaduz. Mangiaratti ist nun mittlerweile Cheftrainer bei Yverdon und spielt mit diesem Club einen ähnlichen Fussball mit erstaunlichem Erfolg bei Heimspielen. Der Einfluss von Urs Fischer, eines Trainers aus der Deutschschweiz, durch Erfolge in Deutschland hierzulande erst auf der ganzen Linie wahrgenommen und akzeptiert, wirkt sich gleich auf zwei aktuelle Trainer in der Super League aus, auf einen Liechtensteiner in der Deutschschweiz und einen Tessiner in der Romandie, beide zusammen einmal gleichzeitig bei Vaduz angestellt.

Mario Frick lässt nun aber mittlerweile seine Mannschaft immer wieder in einem andern System auflaufen, meistens mit einer Viererkette in der Abwehr. Kaum ein Club wechselt die taktische Formation so oft, wie der FC Luzern. Das hing in der letzten Saison besonders mit Ardon Jashari zusammen. Jashari war wohl in der vergangenen Spielzeit der wichtigste einzelne Spieler in Bezug zur eigenen Mannschaft in der Super League und sein Trainer baute die Mannschaft sozusagen um Jashari herum. Fehlte dieser, änderte das System erst recht.

Sein Abgang wog dementsprechend schwer, aber auch diejenigen von Max Meyer und Martin Frydek. Dennoch ist es Frick sehr schnell gelungen, die Neuzugänge gut zu integrieren. Mit Andrejs Ciganiks (linker Verteidiger), Stefan Knezevic (Innenverteidiger), Aleksandar Stankovic (defensives Mittelfeld), Donat Rrudhani (Flügel), Sinan Kerweina (Sturm) und die nun fest verpflichteten Jesper Löfgren (Innenverteidiger) und Adrian Grbic (Sturm) ist das Kader in der Qualität merklich breiter geworden.

Der FC Luzern setzt dazu im Moment als einziger Club in der Super League konsequent auf die eigene Jugend und führt die Tabelle der Nachwuchs-Trophy mit 1762 Einsatzminuten klar vor Yverdon Sport mit 952 Minuten an. Der FCZ rangiert mit 56 Einsatzminuten auf dem neunten Rang. Diese Wertung berücksichtigt den Einsatz von Spielern in der Super League, welche in den U19- oder U21-Verbandsmannschaften des Schweizerischen Fussballverbandes spielberechtigt sind.

Ein weiterer Punkt: Offensichtlich ist es dem Staff des FC Luzern gelungen, nicht nur die eigenen Junioren wie Pascal Loretz, Severin Ottiger, Luca Jaquez, oder Lars Villiger und andere besser zu machen – sondern auch Spieler wie Pius Dorn, Nicky Beloko (beide aus der Challenge League) oder Thibault Klidjé.

So ist die Mannschaft zur Zeit im Fluss und mit drei Siegen in Serie gegen Sion, in Lugano und gegen Winterthur so erfolgreich, wie zuletzt vor einem halben Jahr. Luzern ist auf der Nordseite am Rand der Alpen die südlichste grössere Stadt. Dies bemerkte einmal ein Funktionär des FCL und schloss daraus einen Zusammenhang mit den in kurzer Zeit wechselnden emotionalen Hochs und Tiefs, welche der dortige Fussballclub in der Bevölkerung auszulösen vermag. Entsprechend zahlreich und vorfreudig werden die Fans des FC Luzern im Letzigrund erscheinen, einen Ort den sie umgangssprachlich „Schletztigrond“ nennen, weil dort der Wind stark durchziehen kann. Nach dem 3:0-Sieg gegen den FC Winterthur, errungen im Urs-Fischer-Union-Berlin-Stil, hat Mario Frick diese Euphorie befeuert und ist trotzdem auch bodenständig geblieben: „Wir möchten nächstes Wochenende auch in Zürich gewinnen. Es wird eine sehr schwierige Aufgabe. Das wissen wir. Aber wir fahren dorthin, um zu gewinnen.“

Fällt YB noch mehr aus dem Rahmen oder erlebt Moniz eine Rahmen-Geschichte? / YB – FCZ Vorschau mit möglichen Aufstellungen

Eine Rahmen-Geschichte bedeutet, dass die eigentliche Geschichte in eine andere Geschichte eingebettet ist, die der Haupterzählung vorangestellt wird und zu der sie am Ende meist zurückkehrt.

Die Vorgeschichte

Indem der FCZ letzte Saison den bisherigen Nachwuchstrainer Ricardo Moniz als Trainer der 1. Mannschaft einsetzte, bestätigte der Club mit der entsprechenden Medienmitteilung am 22. April 2024 öffentlich, sportlich tatsächlich in einer Krise zu stecken.

Ausgerechnet Meisterschaftsfavorit BSC Young Boys war danach im Letzigrund erster Gegner des FCZ unter dem neuen Trainer. Der Heimclub war eine halbe Stunde lang klar das bessere Team. Indiz dafür waren die lautstarken und gestenreichen Weckrufe durch Torhüter David Von Ballmoos gegenüber seinen Teamkollegen. Kurz vor der Pause erlaubte Schiedsrichter Luca Cibelli YB-Stürmer Silvère Ganvoula einen Fallrückzieher direkt am Mann und anerkannte das spektakulär erzielte Tor zum 0:1 trotz gefährlichen Spiels gegen Ifeanyi Matthew. Gleich nach dem Seitenwechsel sah Cheick Conde innert wenigen Sekunden zweimal die gelbe Karte. Es war innerhalb von drei Monaten und einem Tag bereits das zweite Mal, dass derselbe Schiedsrichter den gleichen Spieler auf diese Weise des Feldes verwies. Während der Entscheid in Yverdon noch ein Fehlurteil gewesen war, erfolgte er gegen die Berner zu Recht. Der FCZ liess sich danach noch durch einen sehr weiten Diagonalpass von Joël Monteiro auf Cedric Itten überlisten und verlor so am Ende mit 0:2. Oberflächlich betrachtet schien der Sieg der Berner klar, verdient und souverän. Genau hingesehen war erkennbar, dass Ricardo Moniz in wenigen Tagen einige Dinge beim FCZ verbessern konnte und ein Punktgewinn durchaus möglich gewesen wäre. Ricardo Moniz konnte also zumindest resultatmässig den negativen Lauf nicht stoppen.

Die Hauptgeschichte

In der Folge gewann der FCZ unter dem neuen Trainer saisonübergreifend sieben Wettbewerbsspiele und holte zuletzt in Dublin gegen den Shelbourne FC ein torloses Unentschieden. Vor allem aber übertünchte der Ausgang des Spiels gewisse Probleme bei den Young Boys, die später trotz des grossen Vorsprungs von 8 Punkten auf Lugano als Meister Zweifel hinterliessen. Es schien so, als ob der Berner Sport-Club vor allem darum den Titel verteidigen konnte, weil die ernsthaftesten Konkurrenten Lugano (zu Beginn), Servette (danach und am Schluss) und der FCZ (lange Zeit dazwischen) in hohem Mass Phasen mit schlechten Resultaten hatten. YB war ein Meister ohne Glanz, auswärts eher schwach und mit 7 Niederlagen gemessen an den eigenen Ansprüchen überdurchschnittlich oft verlierend, ja gar mit einer Trainerentlassung während der Saison aufwartend.

Nun sind die Berner unter Patrick Rahmen mit einem neuen Trainer in die Saison gestartet, der in Winterthur noch einen laufenden Vertrag hatte. Drei Niederlagen in Serie gegen ambitionierte Gegner, davon zweimal auswärts, zeugen in verstärkter Weise vom Eindruck, den das Team schon etwas vermittelt hatte im zweiten Teil der vergangenen Saison. Immerhin stellt sich der Club auch gegen aussen hin offensiv dieser Situation, ohne das von Medien inflationär eingesetzte Wort Krise zu verwenden. Wenn ein Torhüter einem eigenen Verteidiger während eines Spielunterbruchs an die Gurgel geht, nachdem zuvor kein zählbarer Schaden entstanden ist, zeigt das die Spitze eines Eisbergs. Die Gründe für die zunehmend schlechteren Leistungen in diesen drei ersten Spielen sind:

  • Abgänge von Nsame und Garcia im Winter wurden nicht aufgewogen
  • Verletzungen von Schlüsselspielern wie Benito und Camara
  • Untätigkeit auf dem Sommer-Transfermarkt infolge Fehleinschätzung der Lage
  • ein grosser Teil von Zuzügen vorheriger Transferperioden ist keine Verstärkung
  • das Pressing funktioniert nicht
  • einzelne Spieler in Unterform oder zu Selstüberschätzung neigend
  • geringerer Zusammenhalt im Team als früher

Natürlich ist auch das Trainerteam bei den Bernern gefordert. Aber Patrick Rahmen verlor einst mit Aarau die ersten sechs Spiele und erreichte zum Schluss noch die Barrage. Er ist in seiner Art als väterlicher Trainer ein guter Kommunikator, mit klaren Vorstellungen und respektvoll im Umgang mit den Spielern und trotzdem eine fordernde Person.

Mögliche Nachgeschichte

Wird Rahmen es schaffen, mit seinen Young Boys den FCZ im eigenen, wohl ausverkauften Stadion und auf Kunstrasen zu besiegen und endet die erfolgreiche Serie des FCZ unter Moniz in Bern ausgerechnet gegen YB mit einer Niederlage? Wenn ja, wäre es eine Rahmen-Geschichte für Moniz, der seit der Niederlage gegen YB im ersten Spiel nach acht Siegen und einem Unentschieden wieder verlieren würde.

Oder fällt YB aus dem Rahmen?

YB war in den letzten Jahren erstaunlicherweise einer der Gegner, gegen den der FCZ mehr Punkte als erwartet gewinnen konnte. In den letzten drei Spielzeiten fiel die Bilanz gegen die Berner gesamthaft gesehen unter Breitenreiter, Foda, Henriksen, Ural/Romano und Moniz positiv aus:
12 Spiele, 19:13 Punkte, 5 Siege, 4 Unentschieden, 3 Niederlagen, 12:16 Tore.

Gewinnt der FCZ dieses Duell, das auch eines für das Prestige ist? Dann würden die Berner noch mehr aus dem Rahmen fallen. Auch das wäre eine interessante Geschichte.

Der in Olten wohnende Schriftsteller Pedro Lenz ist ein bekennender YB-Fan. Als Gast von Züri Live antwortete er einmal auf die Frage, wann eine Geschichte zu Ende sei: „Eine Geschichte ist nie zu Ende. Sie geht immer weiter.“

Mögliche Aufstellung FCZ

YB hat zuletzt praktisch alle seine Gegentore auf schnelle Umschaltsituationen erhalten. Ein wichtiger Grund, der beim FCZ für ein Rhombus-System spricht. Armstrong Oko-Flex kann durchaus auch im Zweimann-Sturm spielen, unter anderem da er zusammen mit Labinot Bajrami der aktuell wohl gefährlichste Stürmer im gegnerischen Strafraum ist. Tor, Verteidigung und Mittelfeld stellen sich weiterhin praktisch von selbst auf. In diesen Mannschaftsteilen herrscht bereits eine relativ grosse Eingespieltheit. Die Frage ist, ob Coach Ricardo Moniz einem Spieler eine Pause gönnen will. Als Alternative auf der Linksverteidigerposition könnte Neil Volken (17) erstmals bei einem Wettbewerbsspiel der 1. Mannschaft dabei sein. Cheveyo Tsawa (17) ist sicherlich wieder dabei, dazu wohl auch Joseph Sabobo (18) und eventuell auch Silas Huber (19) oder Noah Leao (20).

Mögliche Aufstellung YB

YB ist bisher schlecht in die Saison gestartet. Am Engagement der Mehrzahl der Spieler liegt es nicht. Es ist eher so, dass Spielweise und Änderungen n der taktischen Formation unter dem neuen Trainer Patrick Rahmen nicht zusammenpassen. YB lässt sich einerseits auf ein Spiel mit vielen Umschaltsituationen in beide Richtungen ein – es fehlt aber ein erfolgsversprechendes Rezept fürs Gegenpressing, die Innenverteidiger agieren zu wenig aggressiv und die Aussenverteidiger nehmen nach vorne zu viel Risiko. Rahmen lässt im Vergleich zu Wicky und Joël Magnin im Mittelfeld tendenziell mit einer breiten Mittelfeldsreihe spielen. Dies scheint für permanentes Umschaltspiel eine eher unpassende Formation zu sein. Es fehlen unter anderem die Spieler zwischen den Linien fürs effektive Gegenpressing und als Anspielstationen im Spiel mit Ball.

Daten und Fakten im Vergleich (Transfermarkt)

(Mitarbeit: Lukas Stocker)

Heisse Atmosphäre in der Stadt der Möwen / Shelbourne FC – FCZ VORSCHAU mit möglichen Aufstellungen

In der Europa League-Kampagne vor zwei Jahren gewann der FCZ in Belfast gegen Linfield (Tore: Tosin, Gnonto) und in Edinburgh (Tor: Rohner) gegen die Hearts. In London gegen „The“ Arsenal gewann man den Stimmungscontest auf den Tribünen und verlor auf dem Platz gegen den damaligen Leader der weltweit besten Liga knapp mit 0:1. Mit Dublin folgt innert zwei Jahren die vierte Britische Hauptstadt – und wie damals im nördlichen Teil der Insel gegen Linfield sind die Zürcher auch gegen den aktuellen Leader der League of Ireland, Shelbourne FC, Favorit. Nach dem 3:0-Hinspielsieg im Letzigrund sowieso. FCZ-Coach Ricardo Moniz macht denn auch an der Pressekonferenz am Tag vor dem Spiel klar, dass man weiter daran arbeiten wolle, proaktiv zu sein, den eigenen Spielstil zu verfeinern und nicht allzu stark auf den Gegner zu schauen.

UEFA Conference League 24/25, 2. Runde Rückspiel - Live ab 20:35 (CH-Zeit) hier auf www.zuerilive.ch 

Damien Duff: „Wir wollen, ja, wir müssen mehr den Ball haben“

Die Hauptfrage im taktischen Bereich, die sich Moniz vor einer Partie aktuell jeweils stellt, ist, ob er im Vierer-Rhombus mit zwei Stürmern oder einem Dreiermittelfeld mit Dreimannsturm antreten wolle. Für seine Flügelstürmer setzt er dabei die Latte hoch, indem er immer wieder die Spanier Yamal und Williams als Vorbilder nennt. Immerhin haben Chouiar und Oko-Flex auf diesen Positionen gegen Winterthur die ersten beiden Tore vorbereitet. Armstrong Oko-Flex sitzt denn auch in seiner alten Heimat Dublin neben Moniz bei der Pressekonferenz und erinnert sich daran, dass er mit Shelbourne-Linksverteidiger Kameron Ledwidge dieselbe Primarschule besucht hat. Noch in seinem späten Grundschulalter zog die Familie Oko-Flex dann aber nach London, wo Armstrong sofort in der Arsenal-Jugend Aufnahme fand. In Bezug auf Akzent und Ausdrucksweise scheint er sich voll in der Kapitale des ehemaligen Empires assimiliert zu haben. Er drückt sich distinguiert aus und schaut seinem Gegenüber in die Augen – der blumige und möglichst den Blickkontakt vermeidende irische Ansatz geht ihm ab. „Wir haben neun Flügel. Er muss sich durchsetzen. Dies wird ein entscheidendes Jahr in seiner Karriere“ meint FCZ-Coach Moniz zum Thema Oko-Flex. Dieser nickt dazu bestimmt.

Drei Stunden davor hatte sich Shelbourne-Coach Damien Duff gleichenorts auf die erste Begegnung mit dem FCZ angesprochen unter anderem an die Athletik des Gegners erinnert – und dabei sicherlich auch an den eingewechselten Iren Oko-Flex gedacht. „Das ist auch irgendwo Gott gegeben. Unser Athletikcoach bei Shelbourne hat Champions League-Niveau. Aber manche FCZ-Spieler sind auch einfach von Natur aus athletischer. Wenn du auf dem Platz vor denen stehst, dann denkst du: Hoppla!“. Von Züri Live darauf angesprochen, dass Shelbourne ein Ballbesitz-Team sei, das im Letzigrund kaum den Ball hatte, verzieht Duff das Gesicht. „Ja, natürlich sind wir das, und wir wollen, ja, wir müssen im Rückspiel mehr den Ball haben“. Der Spielstil von Shelbourne unter Duff entspricht wie vor zwei Jahren derjenige von FCZ-Gegner Heart of Midlothian überhaupt nicht dem kontinentaleuropäischen Cliché über den britischen Fussball, welches sich in der Ära Guardiola / Arteta und Jahrzehnte nach der englischen „Fussball-Revolution“ durch den Elsässer Arsène Wenger sowieso längst überholt hat.

Das kommende Weekend höchstens im Hinterkopf

Dass seine Mannschaft mit dem Ball umzugehen weiss, hat man durchaus auch im Hinspiel in gewissen, wenn auch sehr kurzen Phasen der 2. Halbzeit gesehen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Duff sein ursprüngliches 5-4-1 auf ein 4-2-3-1 umgestellt gehabt. EIne Fünferabwehr entspricht eigentlich überhaupt nicht der Ausrichtung seines Teams in der League of Ireland. Und nach 28 Sekunden lag man obendrein trotzdem bereits zurück. „Acht kleine Fehler“ hat Duff in der Video-Analyse in diesen 28 Sekunden bei seinem Team gezählt: „Kleine Fehler sind entscheidend, vor allem wenn sie sich summieren“. Es habe zu viele „De Bruynes“ und „Trapattoni-Momente“. Auf den Gesichtern der anwesenden irischen Journalisten bildeten sich Fragezeichen. „Wir haben für alles einen Namen“, fügte Duff erklärend an. „Jeder Move und jedes Situation wird nach einem Spieler, Trainer oder manchmal auch Schauspieler benannt“. Dies bestätigte Minuten später Verteidiger Shaun Griffin. „Das ist eine sehr einprägsame Methode. Man kann sich so besser merken, was der Trainer zu erklären versucht“. Und es scheint zu wirken. Nach 18 schwierigen Jahren hat Shelbourne endlich wieder einmal die Chance auf den Meistertitel. So sehr Coach Duff immer wieder betont, wie wichtig und grossartig der Europacup sei, so stellt er ebenso klar: „Silverware“ (also Titel) zu gewinnen sei wichtiger. „Und auf europäischer Ebene werden wir das realistischerweise nicht tun können“. Der Irische Meistertitel 2006 war für Shelbourne der letzte für lange Zeit – während der FCZ im gleichen Jahr den ersten Titel seit langer Zeit gewann – auf legendäre Art und Weise.

Und nun steht bereits am kommenden Montag im Tolka Park das Spitzenspiel gegen Derry City an. Der Klub, der theoretisch in Nordirland beheimatet ist, aber in der League of Ireland gegen die Teams aus dem Südteil der Insel antritt. Die im Kalenderjahr von Frühling bis Herbst gespielte Meisterschaft tritt in die entscheidende Phase. „Wir müssen clever sein“ meint Duff, auf die Aufstellung gegen den FCZ angesprochen. Dies könnte bedeuten, dass erfahrene, in der League of Ireland wirkungsvolle, aber physisch sich nicht mehr auf Topniveau befindliche Spieler wie Coyle oder O’Sullivan eine Pause erhalten. Der FCZ hingegen scheint auf das bereits am Sonntag anstehende Duell in Bern gegen Serienmeister YB nicht gross Rücksicht nehmen zu wollen. „Hätten wir mit vier Toren Differenz gewonnen, hätte ich rotiert, aber mit drei Toren Unterschied ist die Sache noch nicht gegessen“, sagt dazu Ricardo Moniz, bevor der 60-jährige etwas später auf dem Rasen des Tolka Park wie üblich die Laufeinheit zum Aufwärmen anführt. Ein Bild, das man seit Sami Hyypiä beim FCZ kaum mehr gesehen hat.

Heisse Atmosphäre in der Stadt der Möwen

Gerade zwei Kilometer trennt den Tolka Park von der Irischen See. Über dem Stadion kreisen wie in der ganzen Stadt die Möwen. Nachdem dies dem protestantischen Vereinigten Königreich in der Vergangenheit nicht gelungen ist, nehmen nun diese Seevögel das katholische Dublin ein. Denn diese kümmern sich nicht um Religion. Am Donnerstagabend sollen sie aber von den beiden Fanblocks übertönt werden: der sehr jungen aktiven Fanszene von Shelbourne, die sich traditionell auf der Gegentribüne breit macht, und den mitgereisten Zürchern, denen die linke Ecke der kleineren Haupttribüne zugewiesen wurde. Natürlich hätten in Zürich mehr als die zur Verfügung gestellten Tickets verkauft werden können. Die Hintertor-Stehplatztribüne wäre der eigentliche Auswärtssektor – und deutlich grösser. Dieser wurde für die europäische Begegnung aber nicht zugelassen. Ebenfalls nicht „zugelassen“ ist wie schon im Hinspiel der erfahrene Rechtsverteidiger Sean Gannon, der die zweite seiner drei Spielsperren absitzt. Im Tumult der Schlussphase war er in Gibraltar im Rücksspiel gegen St. Joseph’s vom Platz gestellt worden. Auf eine Einsprache bei der UEFA hat Shelbourne verzichtet. Deren Coach Damien Duff spricht über die Kosten des Einspruchs (5’000 Euro) und die wohl geringe Aussicht auf Erfolg. Dies obwohl in den TV-Bildern keine Verfehlung sichtbar gewesen sei. „Wir haben die Bilder von vorne bis hinten, von oben nach unten, farbig, schwarz-weiss, mit O-Ton und mit Musik hinterlegt angeschaut. Da war nichts. Er hat sich bloss „mit den Leuten unterhalten“ – und dafür hat er Rot bekommen“.

Daten und Fakten im Vergleich (Transfermarkt)

FCZ beim Abschlusstraining im Tolka Park
FCZ-Gästesektor auf der Haupttribüne des Tolka Park
Don’ts im Tolka Park
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