FCZ Kaderplanung 21/22, Teil 2 – das Abwehrzentrum

Fragezeichen in der Innenverteidigung

Die Qualität der Super League-Torhüter hat in den letzten Jahren abgenommen, und unter den Nummer 1-Torhütern ist Yanick Brecher (28) zwischen durchschnittlich und leicht unterdurchschnittlich einzuordnen. Zivko Kostadinovic (29) ist eine gute Nummer Zwei. Gianni De Nitti (18) ist noch weit vom Level eines Super League-Torhüters entfernt, macht aber als Nummer 3-Torhüter sicherlich mehr Sinn, als Novem Baumann. Wechsel auf den zwei ersten Goalie-Positionen sind diesen Sommer nicht zu erwarten. Interessant in der Schweiz wären für den FCZ ansonsten der beim FC Sion wieder ins zweite Glied gerückte U21-Nationaltorhüter Timothy Fayulu (21), welcher in der abgelaufenen Saison phasenweise der beste Torhüter der Liga war. Ausserdem bringt Lugano’s Nummer Drei Lucio Soldini (20) viel Talent mit und erinnert mit seiner Beweglichkeit und Stilsicherheit an den jungen Yann Sommer.

In der Innenverteidigung hängt viel davon ab, was mit Lasse Sobiech (30) und Becir Omeragic (19) diesen Sommer passiert. Omeragic hat sich nicht ganz so entwickelt wie erhofft, könnte auf dem Transfermarkt aber trotzdem begehrt sein. Bei Sobiech gibt es bezüglich seiner Zukunft gleich mehrere Fragezeichen. Der FCZ würde ihn wohl ziemlich sicher gerne behalten – aber was will der 1. FC Köln, was will Sobiech selbst und kann sich ihn der FC Zürich überhaupt leisten? Und wie lange steht er nächste Saison in gesundem Zustand überhaupt zur Verfügung? Nathan Pelae (26) war in der abgelaufenen Saison ganz lange eine „Lebensversicherung“ und in manchen Partien entscheidend als Einziger oder fast Einziger, der richtig dagegenhalten und den Druck der Gegner lindern konnte. Lindrit Kamberi (21) hat sich mit seinen Auftritten Ende Saison im FCZ-Dress, die viel fokussierter waren als zuvor beim FC Winterthur, eine Chance als Innenverteidiger Nummer Drei oder Vier verdient. Mindestens einen Innenverteidiger von aussen muss man diesen Sommer, nicht zuletzt aufgrund der unklaren Situation bei Omeragic und Sobiech, sicherlich verpflichten.

Yannick Schmid und Akos Kecskés bieten sich an

In Bezug auf Spieler aus den Schweizer Ligen wäre aus Züri Live-Sicht Yannick Schmid (26) von Absteiger Vaduz der heisseste Kandidat – ein spielerisch / technisch starker Innenverteidiger, relativ schnell und mit hervorragendem Timing beim Offensiv-Kopfball. Für seine Grösse von 1,86m ist er etwas leichtgewichtig und daher in den Zweikämpfen am Boden und in der Luft nicht so durchsetzungsfähig wie Kollegen mit mehr Wasserverdrängung. Zu einem Nathan oder Sobiech wäre Schmid die ideale Ergänzung und als Trio in einer Dreierkette könnten sie (zusammen mit Marchesano) bei Standards offensiv für viel Gefahr sorgen. Teamkollege Joël Schmied (22) ist für die Bedürfnisse des FCZ hingegen technisch, läuferisch und bezüglich Beweglichkeit etwas stark limitiert. Einer der besten und vor allem meistunterschätzten Super League-Innenverteidiger der abgelaufenen Saison war zudem Akos Kecskés (25) von Lugano. Wenn dieser nicht auf dem Platz stand, verlor das Defensivbollwerk der Tessiner einiges seiner Stabilität. Weder Daprelà noch Maric oder Ziegler kamen 20/21 auch nur annähernd an das Level des Ungarn heran.

Innenverteidigung ist eine seit vielen Jahren in der Challenge League eher schwach besetzte Position und Super League-taugliche Spieler zu finden deshalb in diesem Bereich am schwierigsten. Der von Servette zu Chiasso ausgeliehene Mathis Magnin (19) fiel noch am ehesten mit seiner Reife und Vielseitigkeit auf – dazu muss sicherlich auch der 1,98m grosse Nikki Havenaar (26) von Thun trotz seiner technischen Defizite ein Kandidat für die Super League sein. Leon Bergsma (Aarau) hingegen ist selbst für Challenge League-Verhältnisse defensiv alles andere als ein Bollwerk sowie für die schwache Aarauer Defensive wesentlich mitverantwortlich – und Toti Gomes (GC) spielt etwas zu flatterhaft.

FCZ Kaderplanung 21/22, Teil 1 – Trainer und Spielidee

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Platz schaffen für Rohner / Sion – FCZ 2:2 in der Züri Live-Analyse

Spiel, Gegner und Taktik

Erneut baut der FC Zürich im Abstiegskampf einen Gegner auf, der verunsichert ist und nach der 0:3-Klatsche im Direktduell in Vaduz gleich auf sechs Positionen wechselt. Guillaume Hoarau steht erstmals seit fünf Monaten wieder in der Startformation. Léo Lacroix spielt zum ersten Mal in dieser Saison über 90 Minuten. Und Christian Zock ist nach zwei Monaten wieder mal dabei. Sion-Trainer Marco Walker setzt auf den zentralen Positionen mit Karlen, Hoarau, Zock, Araz, Ndoye und Lacroix voll auf Kampfgeist und hohe Bälle. Die häufig etwas fragilen Zürcher Techniker Grgic und Bamert bleiben zu Beginn draussen. Zock übernimmt die Rolle des Abräumers und die des Regisseurs in Personalunion.

Setzt man auf hohe Bälle, lässt Grgic aber draussen, dann hängt sehr viel an Matteo Tosetti. Dessen Standards sind aber gegen den FCZ nicht so konstant gut getreten wie gewohnt: womöglich ein entscheidender Faktor für den Zürcher Punktgewinn im Wallis. Trotzdem kassiert man zwei Gegentore. Erst mal aber startet der FCZ trotz in der Anfangsphase hart einsteigenden Wallisern dank effektivem Mittelfeldpressing gut in die Partie – ohne allerdings zu vielen Torchancen zu kommen. Trotzdem nicht ganz überraschend kommt die Auswärtsführung in der 14. Minute: nach einem Ballgewinn von Ousmane Doumbia vor dem gegnerischen Strafraum gegen Christian Zock (Überraschungseffekt durch plötzliches hohes Pressing) durch einen abgefälschten Tosin-Schuss.

Derselbe Tosin leitet dann aber vor der Pause mit einem unnötigen Aussenristpässchen in der eigenen Platzhälfte den Ausgleich durch Guillaume Hoaraus erstes Saisontor ein. Omeragic vergisst dabei gedankenverloren, die Flanke Iapichinos zu verhindern. Sion war zuvor in der 19. Minute nach einer Fehlerkette von Marchesano, Doumbia über vor allem Omeragic und Hekuran Kryeziu mit einer grossen Doppelchance des von Hellas Verona ausgeliehenen Lubomir Tupta im Spiel angekommen. In der 27. Minute vergibt Karlen vor dem praktisch leeren Tor, nachdem zuerst Doumbias Kopfball im Mittelfeld ungewollt rückwärts fliegt, sowie anschliessend Yanick Brecher sich mit dem Herauslaufen verschätzt und von Tupta umspielen lässt.

Wie so häufig in letzter Zeit kommt der FCZ schlecht aus der Pause. Beim Führungstreffer zum 2:1 nach sechs Minuten profitiert Sion erneut von einem unkonzentrierten Becir Omeragic: Musa Araz kommt deshalb alleine vor Yanick Brecher gleich zwei Mal in Folge ungedeckt zum Abschluss, nachdem Ousmane Doumbia mit einem Ballverlust vor dem eigenen Strafraum gegen Gaëtan Karlen dasselbe Missgeschick unterlaufen war, von welchem er gegen Christian Zock vor dem 0:1 noch selbst profitiert hatte. Yanick Brecher macht zudem in der Aktion zu viel Show. Der erste Ball von Araz fliegt direkt auf seinen linken Fuss. Anstatt ruhig stehenzubleiben und mit der richtigen Fussstellung den Ball möglichst weit wegspicken zu lassen, lässt er seine Körperteile in alle Richtungen fliegen, wehrt den Ball so nur ungenügend ab und liegt machtlos am Boden, als der zweite Abschluss kommt. Das Tor hätte allerdings wohl nicht zählen dürfen: Guillaume Hoarau steht im Offside und greift in die Aktion ein, indem er seinem Gegenspieler Hekuran Kryeziu, der eine Chance zur Klärung des Balles hätte, den Weg versperrt.

Vor allem dem eingewechselten Fabian Rohner ist es zu verdanken, dass am Ende dieser Partie die Walliser keine (drei) Punkte auf den Stadtclub gut machen können. Sein 2:2-Ausgleich in der 85. Minute steht exemplarisch für seine Entscheidungs- und Handlungsschnelligkeit, die er zusätzlich zu seiner Schnelligkeit in den Beinen mitbringt. Er profitiert dabei allerdings auch vom nicht optimalen Verhalten des aktuell grössten Sion-Schwachpunktes Sandro Theler. Sofort mit der Einwechslung von Rohner kommt Zug ins Zürcher Spiel. Schon in seiner ersten Einsatzminute holt er zwei Einwürfe heraus und kommt zu einer Abschlusschance im gegnerischen Strafraum. Nach drei Minuten kann er mit einem Lauf über die rechte Seite nach Steilpass Omeragic an Ndoye vorbei für noch mehr Gefahr im Walliser 16er sorgen. Nach fünf Minuten kommt Rohner zu einer Grosschance nach Vorarbeit von Toni Domgjoni – Iapichino rettet für den bereits geschlagenen Fickentscher. Diese Aktionen des Zürcher Einwechselspielers verunsichern Sion. Es häufen sich beim Heimteam die unnötigen Ballverluste und die Offsidelinie steht schlecht.

Neben der Personalie Rohner (und Gnonto) bringt der FCZ Sion aber auch mit zwei taktischen Umstellungen in kurzer Folge aus der Balance, zu denen sich zusätzlich auch noch eine individuell hohe Agilität und viele Positionswechsel gesellen. Die Schlussphase in Sion erinnerte von der Spielweise her mit vielen fliessenden Positionswechseln etwas an den „Total Voetbal“ der Holländer in den 70er-Jahren. Die Einwechslungen und die Veränderung der taktischen Formation hatten einen Zusammenhang, denn durch den Shift vom 4-2-3-1 erst auf ein 3-4-1-2 und dann vor allem auch noch auf ein 4-4-2 mit Rhombus wurden die Sion-Flügel durch die Zürcher Überzahl im Zentrum in die Mitte gezogen, was den Zürcher Aussenläufern / Aussenverteidigern, vor allem Rohner, viel Platz über die Seiten ermöglichte. Gleich nach dem 2:2 durch Rohner kommt durch eine Unaufmerksamkeit von Hekuran Kryeziu (und davor Seiler) Karlen zu einer guten Kopfballchance. In den letzten Minuten der Partie ist dann aber der FCZ näher dran am Sieg. Erst vergibt Kramer nach guter Tosin-Flanke eine „Hundertprozentige“ am linken Pfosten und dann macht Kololli aus einem von Seiler herausgeholten Freistoss zentral direkt vor dem Strafraum zu wenig.

Statistisch kommt der FCZ in Sion zu vielen Freistössen in Strafraumnähe (7) und wie in der letzten Begegnung mit den Wallisern zu einer grossen Anzahl an Flanken (17). Die FCZ-Startformation hat eine ungenügende Züri Live-Durchschnittsnote. Zwar resultieren aus der Partie eine saisonrekordhohe Anzahl an Top-Offensivaktionen sowie Top-Defensivaktionen im dreistelligen Bereich. Gleichzeitig sind aber auch die Fehler und Negativaktionen äusserst zahlreich. Gegen YB in Top-Verfassung reicht üblicherweise ein einzelner Fehler für ein Gegentor. Sion in ihrem Zustand nach dem Vaduz-Spiel ist hingegen nur in der Lage zu treffen, wenn mehrere Spieler des Gegners eine Fehlerkette aneinanderreihen. Und dies dürfte dem FCZ nicht passieren – schon gar so häufig. Die Einwechselspieler (vor allem Rohner und Gnonto) machen den Gesamtschnitt letztlich noch genügend. Die Probleme in der Abwehrreihe setzen sich fort und Kololli bewegt sich wieder stark in seinen üblichen teilnahmslosen Mustern.

Personalien

Becir Omeragic (2) – Rutscht immer tiefer in die Krise. Das sechste Spiel in Folge mit einer ungenügenden Note – davon die letzten drei mit einer „1“ oder „2“. Hat durchaus seine guten Aktionen nach hinten und vorne, aber die negativ zu bewertenden Situationen sind viel zu zahlreich. Schon in der 19. Minute agiert er gegen Tupta viel zu zögerlich, was diesem eine grosse Doppelchance zur Walliser Führung eröffnet. Omeragic verliert zudem beim Eckball seinen Gegenspieler Lacroix aus den Augen und ist vor allem an beiden Gegentoren entscheidend beteiligt. Nach Tosins Ballverlust ist er mit dem Kopf nicht bei der Sache und trabt gedankenverloren auf eine Position im Niemandsland und lässt Doumbia auf der Seite alleine gegen zwei Sittener verteidigen. Ausgerechnet gegen ein Sion, das in dieser Partie auf Körpergrösse und Hohe Bälle gesetzt hat, lässt Omeragic Iapichino unbedrängt flanken, was Guillaume Hoarau sein erstes Saisontor ermöglicht und dem FC Sion nicht nur in diesem Spiel, sondern im Abstiegskampf insgesamt neue Moral verleiht. Auch beim zweiten Gegentor herrscht nach Doumbias Ballverlust vor dem eigenen Strafraum Alarmstufe Rot, aber Omeragic joggt wie zuletzt häufig selbst in einer solchen Situation gemächlich in den eigenen Strafraum zurück, als ob ihn die Sache nichts anginge, und lässt so Musa Araz gleich zwei Mal hintereinander zum Abschluss kommen – beim zweiten Mal trifft der Sion-Mittelfeldmann. Die Ursprungsfehler haben zwei Mitspieler gemacht, aber ohne Omeragics geistiger Abwesenheit wären beide Gegentore ziemlich sicher nicht gefallen.

Hekuran Kryeziu (2) – Nach zwei guten Leistungen gegen St. Gallen und Servette gibt es in Sion wieder mal einen „Abschiffer“ von Heki. Sein Auftritt während der ganzen Partie war grossen Schwankungen unterworfen mit sich abwechselnden besseren und schlechten Phasen. In entscheidenden Situationen im eigenen Strafraum nicht so fokussiert wie zuletzt. Macht zeitkostende Schlenker und hat wieder eine brenzlige Situation bei einem Standard, als er Gaëtan Karlen leicht zurückhält – allerdings eher nicht penaltyreif. Verschätzt sich gleich im Gegenzug nach dem 2:2-Ausgleich Rohners und lässt Karlen völlig frei zum Kopfball kommen.

Nathan (6) – Am Brasilianer müssten sich beim FCZ viele ein Vorbild nehmen. Zu Beginn der Partie gelingt ihm nichts. Die Bälle fliegen weit entfernt von den Orten hin, wo er sie hinhaben will. Seine beste Phase der Saison ist es nicht. Und obwohl der Paulista nicht so spritzig wie in anderen Phasen der Saison wirkt, findet er trotzdem über den Kampf ins Spiel – und dreht gegen Ende der Partie sogar noch auf, ist überall anzutreffen. Mit einem energischen Sprint im Laufduell in der 78. Minute kauft er dem eingewechselten Sion-Hoffnungsträger Jared Khasa gleich zu Beginn von dessen Einsatz den Schneid ab.

Fidan Aliti (10) – Gegen Servette mal einen schlechten Tag erwischt, aber in Sion ist Aliti wieder voll da! Hat sowohl am drittmeisten Top-Offensivaktionen als auch am drittmeisten Top-Defensivaktionen der Mannschaft und macht praktisch keine Fehler. Vor allem auch dank Aliti kann sich Ceesay auf der linken Seite steigern. Kololli nutzt die guten Ansätze seines Nationalteamkollegen hingegen zu wenig aus.

Toni Domgjoni (6) – Am meisten Top-Offensivaktionen aller FCZ-ler, unter anderem mit einem präzisen 40 Meter-Diagonalball direkt nach dem ersten Gegentor und der ausgezeichneten Vorarbeit zu Fabian Rohners Grosschance in der 69. Minute. Versteht sich erneut hervorragend mit seinem schon in Juniorenzeiten langjährigen Teamkollegen Rohner. Ist aber in dieser Partie ebenfalls nicht vor Leistungsschwankungen gefeit.

Ousmane Doumbia (5) – In der Startphase der beste Zürcher, gibt es ab der 27. Minute einen Bruch im Spiel des Ivorers, als dieser sich bei einem hohen Ball im Mittelfeld verschätzt und gefährlich rückwärts köpft, was Gaëtan Karlen nach Vorarbeit von Lubomir Tupta zu einer Top-Chance vor dem verwaisten leeren Zürcher Kasten verhilft. Ab diesem Moment verliert Doumbia mehrere Bälle zu einfach, darunter denjenigen in der 51. Minute gegen Karlen, welcher zum 2:1-Führungstreffer Sions führt. Kann sich im Verlauf der 2. Halbzeit wieder steigern, als Sion sich hinten reindrängen lässt und Doumbia im Gegenpressing einige gute Aktionen hat.

Aiyegun Tosin (5) – Startete bei seinem Comeback in St. Gallen mit einer „1“, dann gegen Servette eine „3“ und nun erstmals eine genügende Note. Überzeugt auch in dieser Partie in der Sturmspitze deutlich mehr, als auf dem Flügel – unter anderem auch mit seinem Forechecking an vorderster Front. Schiesst sein viertes Saisontor und gewinnt im Abschluss wieder an Selbstvertrauen.

Assan Ceesay (5) – Fängt gerade in der Anfangsphase mehrmals vor dem eigenen Strafraum wichtige Zweite Bälle ab und leitet den Gegenangriff ein. Profitiert auf Links von Alitis Steigerung im Vergleich zum Servette-Spiel.

Benjamin Kololli (1) – Hat den Ernst der Lage immer noch nicht erkannt! Schon die Erste Halbzeit war schlecht. Vielleicht dachte er, dass nach seiner Ablage auf Tosin zum 0:1 seine Arbeit erledigt sei. Die Zweite Halbzeit grenzte dann an Arbeitsverweigerung. Kommt den Bällen nicht entgegen, ist gedanklich nicht präsent, hält sich aus Zweikämpfen weitgehend raus und seine Standards sowie Weitschüsse wirken unmotiviert. Beginnt in der Sturmspitze, spielt nach der Einwechslung Rohners in der 64. Minute zehn Minuten lang als sein Pendant am Linken Flügel, um dann die Partie sowohl im 3-4-1-2, als auch im 4-1-2-1-2 auf der Zehnerposition zu beenden. Seine Konzentrationsprobleme bleiben während der ganzen Partie positionsunabhängig die gleichen.

Fabian Rohner (10) – Genau das Gegenteil von Kololli. Kommt in der Minute seiner Einwechslung mit guter Deckungsarbeit gegen Hoarau sofort zu einem Ballgewinn und noch in derselben Minute bereits zu seinem ersten Abschluss. Zwei Mal mit Ballgewinnen am eigenen Strafraum und anschliessendem schnellen Gegenstoss. Kippt so das Spiel wieder mehr auf die Seite des FCZ. Nach einer durch Iapichino für den bereits geschlagenen Fickentscher geklärten Topchance Rohners, nutzt der junge Zürcher durch Entschlossenheit und Handlungsschnelligkeit mit seinem schwächeren linken Fuss seine zweite gute Chance zum Ausgleich. Beginnt seinen Einsatz in der 64. Minute auf dem Rechten Flügel im 4-2-3-1, spielt dann ab der 74. Minute nach der Umstellung auf Dreierabwehr als Rechter Aussenläufer und erzielt sein Tor schlussendlich als hoch stehender Linker Aussenverteidiger in einem Rhombussystem. In letzteren beiden Rollen findet er relativ viel Platz über die Seiten vor, weil Sions Flügel durch die Massierung des FCZ im Zentrum in die Mitte gezogen werden.

Telegramm

Sion – FC Zürich 2:2 (1:1)
Tore: 14. Tosin (Kololli) 0:1, 41. Hoarau (Iapichino) 1:1; 52. Araz (Theler) 2:1, 85. Rohner (Omeragic) 2:2.
Sion – Fickentscher; Theler, Lacroix, Ndoye, Iapichino; Tosetti, Zock (75. Grgic), Araz, Tupta (84. Bamert); Karlen, Hoarau (71. Khasa).
FCZ – Brecher; Omeragic, H. Kryeziu, Nathan, Aliti (83. Gnonto); Domgjoni (74. Seiler), Doumbia; Tosin, Marchesano (74. Kramer), Ceesay (64. Rohner); Kololli.

Einzig Schönbi gut in Mittelfeld und Sturm / FCSG – FCZ 1:1 in der Züri Live-Analyse

Spiel, Gegner und Taktik

St. Gallen-Trainer Peter Zeidler erinnerte sich vor der Partie ganz offensichtlich daran, dass sein Team zuletzt gegen den FCZ immer verloren hat, wenn es von Beginn weg Vollgas vorne drauf ging, und andererseits mit einer abwartenden Spielweise und wenig Ballbesitz im Dezember im Letzigrund 2:1 gewinnen konnte. So sprang er nach zehn Gegentoren in den drei Spielen davor über seinen Schatten, und liess die Grünweissen auch diesmal wieder sehr zurückhaltend spielen. Die Pressinglinie lag in der Regel nicht allzu weit von der Mittellinie entfernt, und bei Angriffen wurde auf die nachrückenden Mitspieler gewartet. Auch fehlte beim Umschalten mit Kwadwo Duah (Ersatzbank) der schnelle Zielspieler, welcher handlungsschnell aggressiv die Tiefe attackiert, in der Startformation. Lukas Görtler war nach dem wegen einer Knöchelverletzung verpassten Spiel in Lausanne (3:4) sichtlich noch nicht ganz im Vollbesitz seiner Kräfte. Zeidlers Strategie, auf alle in der EM-Gruppenphase in Slowenien beanspruchten U21-Nationalspieler (Guillemenot, Muheim, Stergiou) in der Startaufstellung zu setzen, ging zudem nicht auf. Es war ein ungewohntes Bild: man hatte von der Spielart her das Gefühl, einen FC St. Gallen aus den 90er-Jahren vor sich zu haben – einfach ohne die damalige kämpferische Intensität.

Man hatte als Beobachter nie den Eindruck, dass hier mit Haken und Ösen um den Klassenerhalt und auch noch ein bisschen um Europacupplätze gekämpft würde. Das von Blue-Kommentator Michael Fritschi herbeigeredete „Kampfspiel“ fand nicht statt. Der FCZ beispielsweise beging total nur gerade 10 Fouls. Dass es auf beiden Seiten trotzdem je vier Gelbe Karten plus eine Gelb-Rote setzte, lag an der erratischen Spielleitung durch Alessandro Dudic, die eher einem Zufallsprinzip als einer Logik zu folgen schien. Bei den mit Gelb-Rot vom Platz gestellten Jordi Quintilla sowie Ousmane Doumbia muss man je eine der beiden Verwarnungen (die erste bei Quintilla, die zweite bei Doumbia) als äusserst fragwürdig bezeichnen. Schon Mitte der Ersten Halbzeit wurde es offensichtlich, dass Dudic in einem weder allzu schnellen noch gehässigen Spiel zielstrebig auf ein bis zwei Gelb-Rote Karten zusteuerte. Tatsächlich musste dann der 27-jährige Jordi Quintilla zum ersten Mal in seinem Profileben vom Platz – und Ousmane Doumbia wird nun schon wieder gegen seinen Ex-Klub Servette gesperrt fehlen.

Zufallsgenerator, wie Dudic die Karten verteilt – FCSG-FCZ Highlights

Dafür pfiff Dudic je eine penaltyreife Szene auf beiden Seiten nicht, und gab schon früh bei einem harten Foul von Muheim gegen Schönbächler dem Gefoulten (!) die Gelbe Karte – Muheim hatte von unten in Schönbis Wade gehauen und sich dabei weh getan. Unter der fast schon endlosen Liste an Fehlentscheidungen war natürlich auch wieder eine klassische Guillemenot-Schwalbe. Der U21-Nationalspieler checkt Rohner im Laufduell um. Guillemenot steht dann dem auf dem Bauch liegenden Rohner aufs Bein und lässt sich wie immer mit ausgebreiteten Armen fallen. Skurril, dass Dudic selbst auf so etwas hereinfiel. Glücklicherweise war es „nur“ eine Freistosssituation an der Eckfahne. Dies nachdem derselbe Guillemenot eine Runde davor in Lausanne zwei weitere klare Schwalben im gegnerischen Strafraum produziert – und einmal davon den Penalty sogar zugesprochen erhalten hatte. Es ist erstaunlich, dass ein Spieler mit solch kontinuierlichen Unsportlichkeiten Woche für Woche während nun mehr als zwei Jahren ohne Disziplinarstrafe davonkommt.

13. Minute: Fliegen schön – mit Air Guillemenot. Gegenspieler foulen und wenn dieser bäuchlings auf dem Boden liegt dessen Bein als Absprungrampe nutzen – Arme ausbreiten – fliegen – Freistoss zugesprochen erhalten. „Schade“ wars nicht im Strafraum.

In den ersten 30 Minuten gelangen dem FCZ verschiedenste gute Offensivszenen, unter anderem ein „Luzerner Kreisel“ auf der rechten Seite mit Rohner, Kololli und Dzemaili. Danach war aber Ende Feuer und das FCZ-Spiel vor allem geprägt vom Unvermögen der zurückgekehrten Dzemaili, Tosin (beide mit Comeback) sowie Kololli – bei Kololli und Dzemaili kam viel Passivität hinzu. Speziell ab der 30. Minute stellte Blerim Dzemaili seine Laufarbeit weitgehend ein, und begann stattdessen ausgiebig mit Mitspielern und dem Schiedsrichter zu lamentieren. Der FCZ war ab da zwar nicht faktisch aber effektiv mit einem Mann weniger auf dem Platz – und wirkte auch so. In Mittelfeld und Sturm spielten alle Starter ausser MVP Marco Schönbächler ungenügend bis schlecht. Dieser hatte nach dem 1:0-Sieg in Lugano einen zweiten sehr guten Einsatz als Marchesano-Ersatz auf der 10er-Position. Schönbächlers Hauptverdienst in dieser Partie war seine fleissige Defensivarbeit, mit der er immer wieder Lücken schloss, welche die fehlende Präsenz von Dzemaili (und teilweise Doumbia) auf der Sechserposition immer wieder gerissen hatte. Auch die Flügelspieler mussten zur Unterstützung des Zentrums häufig einrücken. So wurde man, speziell in der 2. Halbzeit, immer mehr hintenrein gedrückt und konnte sich selten lösen – selbst in Überzahl. Und eine leichte Tempoerhöhung des FCSG um die 70. Minute genügte bereits, um den FCZ richtig vor Probleme zu stellen.

76. Minute – St. Gallen gleicht in Unterzahl aus: Symbolbild für den Auftritt der Zürcher Mittelfeldspieler und Stürmer.. Beim St. Galler Angriff ruhen sich Dzemaili (als vorderster Zürcher), Kramer und Kololli in der gegnerischen Hälfte aus. Tosin und Seiler traben nur halbherzig zurück und St. Gallen stürmt mit fünf Mann auf die Zürcher Viererabwehr zu – Nathan verschätzt sich für einmal im Sprint um den Ball, Doumbia kann ebenfalls nicht mehr eingreifen.

Personalien

Fabian Rohner (5) – Mit abwechselnd Tosin und Kololli vor ihm fokussiert sich Rohner auf solide Defensivarbeit. Dies geht so lange gut, wie von St. Gallen wenig kommt. In der Druckphase der Ostschweizer in der 2. Halbzeit erinnerte die rechte Zürcher Seite phasenweise wieder etwas an die 1. Halbzeit gegen Luzern. Hat Glück, dass sein Foul an Duah im eigenen Strafraum nicht mit einem Penalty bestraft wird. Rohner haut dabei am Ball vorbei und trifft des gegnerischen Angreifers Bein. Die Szene ging im Trubel der (tendenziell unberechtigten) Reklamationen der St. Galler um ein vermeintliches Penaltyfoul von Hekuran Kryeziu an Miro Muheim wenige Momente davor unter. Bei seinem einzigen Vorstoss nach vorne legt sich Rohner den Ball zu weit vor.

Ousmane Doumbia (3) – Beginnt das Spiel mit gutem direktem Spielaufbau, fängt dann aber im Verlauf der 1. Halbzeit parallel mit Nebenmann Dzemaili an, stark abzubauen – und auch im zweiten Durchgang wurde es nicht mehr besser. Hilft in eigener Strafraumnähe zu wenig den Kollegen auf der Seite gegen eine St. Galler Überzahl aus. Nach drei guten Spielen in Folge wieder mal ein ungenügender Auftritt. Macht das Zentrum somit noch etwas vulnerabler.

Blerim Dzemaili (1) – Profitiert zu Beginn davon, dass St. Gallen deutlich vorsichtiger als normal auftritt. So fällt seine Langsamkeit weniger schwer ins Gewicht. Spätestens nach 30 Minuten fällt sein Spiel aber wieder komplett auseinander: Ballverluste am Laufmeter, selten auf seiner Position, überfordert selbst mit dem in dieser Partie eher tiefen Super League-Tempo, läuft immer wieder „wie ein Schuljunge“ ins Leere und bleibt viel stehen, statt umzuschalten. Gleichzeitig beginnt sein kontinuierliches Lamento bei Schiedsrichter und Mitspieler. Nach der Einwechslung von Seiler wechselt Dzemaili auf Schönbächlers 10er-Position, holt dabei gleich die Gelb-Rote Karte gegen Jordi Quintilla heraus, vergibt aber gleichzeitig zwei, drei ausgezeichnete Situationen zum Ausbau der Führung durch ungenügende Handlungsschnelligkeit. Schlägt seinen ersten Corner seit der Rückkehr nach Zürich (bisher nur Freistösse) – es ist auch gleich der Einzige für den FCZ in dieser Partie. Fidan Aliti mutet er mit seinem halbhohen Ball an den nahen Pfosten dabei etwas gar viel Akrobatik zu.

„Tosin sollte man in die Tiefe schicken“ – FCSG-FCZ Kommentare

Aiyegun Tosin (1) – Erstaunlich spritzig bei seinem ersten Einsatz nach der Verletzungspause. In einer Szene in der 15. Minute dribbelt er sich im Stile eines Weltklasse Alpin-Slalomfahrers der Mittellinie entlang quer durchs Mittelfeld – spielt dann aber einen viel zu gefährlichen Querpass, der von Ruiz abgefangen und zum schnellen Gegenstoss wird. Tosins beste Aktion ist die gute Flanke aus dem Halbfeld auf Ceesay, die kurz vor der Pause zum Penalty führt. Der Nigerianer präsentiert sich grundsätzlich durchaus bemüht, auch defensiv, verursacht aber über die ganze Partie hinweg viel zu viele Ballverluste und unnötige Foulspiele. Im Gegensatz zu Dzemaili und Kololli ist die Note „1“ von Tosin eine „knappe 1“, beziehungsweise „beinahe 2“.

Marco Schönbächler (9) – Schönbächler hat schon weit in der Vergangenheit auf der Zehnerposition oder als hängende Spitze gut gespielt, beispielsweise bei einem 4:0-Heimsieg gegen YB im Jahr 2013 oder einem 1:1 gegen Villarreal drei Jahre später. Nach dem Auswärtssieg in Lugano spielt Schönbi erneut als Ersatz für Antonio Marchesano auf dieser Position und ist auch diesmal der beste Zürcher. Bei seinen Einsätzen auf dem Flügel Schnitt er hingegen seit der Winterpause jeweils mit einer Züri Live-Note zwischen 1 und 5 ab. Vor allem defensiv verrichtete Schönbi in St. Gallen enorm viel Arbeit und stopfte die vor allem durch Blerim Dzemaili verursachten Lücken bis zurück an den eigenen Strafraum. Schönbächler hat dadurch wenig Szenen nach vorne, aber wenn, haben sie Hand und Fuss. Von Tosin und Rohner wurde er mehrmals zu steil angespielt. In der 62. Minute macht Schönbächler vor einer St. Galler Eckballvariante Fabian Rohner darauf aufmerksam, den zusätzlich sich in den Strafraum schleichenden Jordi Quintilla am nahen Pfosten in Manndeckung zu nehmen, was ein entscheidender Hinweis ist – Quintilla wird tatsächlich angespielt und hätte mit weniger Bedrängnis das Tor erzielen können. Mit 1:0 in Führung liegend wurde Schönbächler ausgewechselt.

Benjamin Kololli (1) – Vom Anpfiff weg erneut ein viel zu passiver Auftritt. Einer seiner zahlreichen Fehlzuspiele und Unaufmerksamkeiten führt zur ersten guten St. Galler Chance durch Jérémy Guillemenot. Ein Grund für seine vielen Ballverluste: beschäftigt sich in den Zweikämpfen viel zu sehr mit dem Gegenspieler und viel zu wenig mit dem Ball – eine schlechte Angewohnheit, die Kololli schon seine ganze Karriere mit sich herumschleppt – und einer der Gründe, warum der Waadtländer trotz seinen Anlagen nie den Sprung in eine Top-Liga geschafft hat. Zum dritten Mal in Folge eine deutliche Note „1“ – trotz des verwandelten Penaltys.

Nicht bei der Sache: 73. Minute – Offsideposition des FCZ in der gegnerischen Hälfte. Anstatt wie Profis mental sofort auf Defensive umzuschalten, lupft Benjamin Kololli den Ball dem seit kurzem ebenfalls zur Kosovarischen Nationalmannschaft gehörenden Betim Fazliji wie einem Kollegen am Strand gedankenverloren in die Hände. Dieser bedankt sich, führt sofort den Freistoss aus und fünf Zürcher sind ohne Gegenwehr überspielt. St. Gallen fährt einen potentiell gefährlichen Konter. Erst als der Ball schon in der Zürcher Hälfte ist, klinkt sich Kololli mental wieder ins Spiel ein und fängt an, zurückzulaufen. Auch Dzemaili, Tosin, Kramer und Seiler stehen passiv in der gegnerischen Hälfte und orientieren sich nicht auf ihre Defensivposition.

Assan Ceesay (4) – Ist auf der Mittelstürmerposition nicht so extrem auf verlorenem Posten wie zuletzt in Genf, weil er von St. Gallen mehr Freiheiten erhält. Zu Beginn nach seinem Erfolgserlebnis in der Nationalmannschaft etwas übermotiviert in seinen Aktionen. Wieder holt der Gambier in St. Gallen einen Penalty heraus, bleibt aber nach drei Saisonvierteln bei ganzen zwei selbst erzielten Treffern.

Blaz Kramer (1) – Wie bei Tosin eine „knappe 1“. War mit Slowenien in der Startaufstellung bei der 0:1-Niederlage auf Zypern und wurde beim 1:0-Sieg gegen Vizeweltmeister Kroatien eingewechselt. Verliert weiter fast alle Bälle, wenn Brecher diese hoch spielt. Mit einer starken Aktion (allerdings begünstigt durch ein Stürmerfoul) bereitet Kramer die Top-Chance des FCZ durch Benjamin Kololli (freie Schussbahn aus 15m) in der 75. Minute vor.

Stephan Seiler (4) – Zwei Balleroberungen gleich zu Beginn und ein wichtiger Block im Strafraum gegen Stillhart – hat aber insgesamt mehr schlechte als gute Phasen in seinem Teileinsatz. Mit Elan auf den Platz gekommen, lässt er sich schon nach 10 Minuten von der Passivität Dzemailis und Kolollis zu stark anstecken.

Wilfried Gnonto (8) – Einer der wenigen im Team mit klar aufsteigender Tendenz. Scheint seine Schwächephase überwunden zu haben – seit dem Luzern-Heimspiel vor einem Monat immer zufriedenstellende bis gute Leistungen. In der 87. Minute legt er den Ball an Stillhart vorbei in den gegnerischen Strafraum. Der St. Galler geht nur auf den Mann – der fällige Foulpfiff (Penalty oder Freistoss) bleibt aber unverständlicherweise aus.

Telegramm

St. Gallen – FC Zürich 1:1 (0:1)
Tore: 45.+3 Kololli (Foulpenalty, Ceesay) 0:1; 76. Duah (Ruiz) 1:1.
St. Gallen – Zigi; Lüchinger (46. Youan), Stergiou, Fazliji, Muheim; Quintilla; Görtler, Ruiz (81. Cabral); Stillhart; Adamu, Guillemenot (46 Duah).
FCZ – Brecher; Rohner, H. Kryeziu, Nathan, Aliti; Doumbia, Dzemaili; Tosin, Schönbächler (65. Seiler), Kololli (81. Gnonto); Ceesay (65. Kramer).

(Standbilder: Blue)

Kolollis Passivität bringt FCZ auf Verliererstrasse / YB – FCZ 4:0 in der Züri Live-Analyse

Spiel, Gegner und Taktik

Eine gewisse Müdigkeit nach dem Ausscheiden aus der Europa League gegen Ajax drei Tage davor merkte man bei YB in der 2. Halbzeit durchaus. Der Berner Druck liess nach dem Pausentee stark nach. Der FCZ kam dadurch aus dem „Überlebensmodus“ raus und konnte das Spiel offensiv wie defensiv selbst gestalten. Speziell in der Phase zwischen der 75. und 85. Minute hätte der Stadtclub mit guten Torchancen im Zweiminuten-Takt den 1:2-Anschlusstreffer erzielen müssen. Dies hätte ins Bild eines FCZ gepasst, der in der Schlussviertelstunde ligaweit in dieser Saison bisher am meisten Tore erzielt hat. Trotz einem höheren Wert an „erwarteten Toren“ als noch in den Partien gegen Lausanne-Sport, Lugano und Servette musste der FC Zürich dann aber schlussendlich erstmals seit zehn Partien ohne Torerfolg ein Spiel beenden.

In der 87. Minute schalten dann aber die zwei eingewechselten Ceesay und Schönbächler nacheinander zu wenig schnell auf Gegenpressing (Ceesay) beziehungsweise Pressing (Schönbächler) um, was YB den Konter zum entscheidenden 3:0 ermöglicht. Der FCZ konnte im Wankdorf weder die Europacup-Müdigkeit des Gegners nutzen, noch deren relative Unerfahrenheit mit zwei jungen Eigengewächsen (19 und 20 Jahre) in der Startformation, noch deren Serie von sechs Spielen hintereinander ohne Sieg, noch die für YB-Verhältnisse klar unterdurchschnittlich getretenen Standards eines Michel Aebischer oder Vincent Sierros. Die Berner warteten gegen den FCZ allerdings auch mit dem einen oder anderen Trumpf auf: der zuletzt schwächelnde Nicolas Moumi und Felix Mambimbi (beide gegen Ajax zwei Mal auf der Bank) wirkten bis in die Haarspitzen motiviert und zeigten ihre wohl beste Saisonleistung. Und Fabian Lustenberger war hinten in der gefährlichsten FCZ-Spielphase ein „Fels in der Brandung“.

Der FCZ wollte verständlicherweise jeweils so schnell wie möglich in die Tiefe spielen. Dies wurde durch YB’s für den Spielausgang entscheidendes hervorragendes Gegenpressing unterbunden, welches in erster Priorität immer sofort die Passwege in die Tiefe zustellte. Dies zeigt sich auch statistisch unter anderem an der nur halb so grossen Zahl an FCZ-Steilpässen (6) im Vergleich zu den letzten Partien. Der FCZ war dabei im Vergleich zu beispielsweise St. Gallen bei deren 2:2 zuletzt gegen YB im Kybunpark zu wenig flexibel, um bei Bedarf immer wieder mal schnell quer zu laufen oder quer zu spielen, um die Lücke in die Tiefe zu finden – Anspielstationen dafür wären häufig vorhanden gewesen.

Ein weiterer Grund für die fehlende Tiefe im Zürcher Spiel und die zu geringe Entlastung der Hintermannschaft in der 1. Halbzeit war in den Defiziten der Stürmer zu suchen: Kololli zu langsam, verspielt und unprofessionell – Kramer in manchen Situationen zu wenig gedankenschnell. Sie machten es der Berner Hintermannschaft viel zu einfach, ermöglichten ihnen, gefahrlos aufrücken zu können und den FCZ einzuschnüren. Die St. Galler Stürmer verstehen es im Vergleich zu den Zürchern besser, im richtigen Moment entgegenzukommen, nach aussen auszuweichen oder in die Tiefe zu gehen. Zu Spielbeginn trat der FCZ im „St. Galler-System“ mit Mittelfeldraute in Bern an, was von der Raumaufteilung her zumindest im Ansatz gut funktionierte. Trotzdem erzielte YB aufgrund von Kolollis Passivität und Seilers Naivität das 1:0 durch die Mitte, was bei einem System mit so vielen zentralen Spielern eigentlich nicht passieren sollte. Die Umstellung auf ein „Tannenbaumsystem“ (4-3-2-1) im Verlauf der 1. Halbzeit stürzte den FCZ in eine passive Haltung, er verlor den Zugriff aufs Spiel – allerdings kam YB auch nicht mehr zu vielen Torchancen.

YB erzielte alle vier Tore im schnellen Umschaltspiel aus unterschiedlichen Positionen und profitierte dabei vom deutlich schlechteren und phasenweise inexistenten Zürcher Gegenpressing. Der in der Zürcher Hierarchie hoch angesiedelte Benjamin Kololli entpuppte sich in seinem ersten Startelfeinsatz seit drei Monaten einmal mehr als schlechtes Vorbild und ungeeigneter Leader. Er wurde von den Mitspielern viel gesucht und selten gefunden. Wie Tag und Nacht wirkt der Unterschied zwischen einem FC Vaduz, der beim 1:1 in Bern zwei Wochen zuvor gegen den Tabellenleader sowohl defensiv wie auch offensiv mit letzter Konsequenz spielte, und aus jeder Situation das Maximum herausholte, zur von Kololli angeführten eher lockeren Zürcher Truppe. Kolollis Physis und Torgefährlichkeit könnte der FCZ im Sturm grundsätzlich zwar gut gebrauchen, aber mit Auftritten wie im Wankdorf schadet er seinem Team deutlich mehr, als dass er nützt. Der in den letzen Wochen so konstant stark spielende Antonio Marchesano war lange Zeit kaum zu sehen, und blühte erst auf, als Kololli nicht mehr auf dem Platz stand. Auch die Standards von Marchesano und Schönbächler in der Schlussphase der Partie waren deutlich besser, als diejenigen von Kololli davor. In einer Phase der Meisterschaft, wo man selbst von einem FC Sion nach des Präsidenten Weckruf („wir sind Abstiegskandidat Nummer Eins„) keine Nonchalance mehr erwarten kann, sind dies gefährliche Entwicklungen.

Personalien

Yanick Brecher (6) – Eine Reihe guter Spieleröffnungen, verhindert vor allem beim Beinahe-Eigentor von Hekuran Kryeziu eine frühere Berner Führung. Gleichzeitig haben sich in letzter Zeit (in den Trainings?) wieder schlechte Angewohnheiten beim Zürcher Keeper eingeschlichen. So dreht er sich in Bern zum wiederholten Mal bei einem (aus Brecher-Sicht glücklicherweise von einem Vordermann geblockten) Abschluss Moumi Ngamaleus unnötigerweise um die eigene Achse, dreht dabei dem Ball den Rücken zu und verliert unnötig Zeit. Auch beim 4:0 durch den unplatzierten Schuss Elias, macht Brecher eine sinnlose und aktivistische Armbewegung mit rechts, die ihm die ansonsten durchaus mögliche Abwehr von Elias Schuss wesentlich erschwert.

Becir Omeragic (1) – Das vierte Spiel in Folge mit einer klar ungenügenden Züri Live-Note. Steht auf seiner rechten Seite neben den Schuhen, bis er angeschlagen ausgewechselt werden muss. Alles andere, als ein ungewohntes Bild. In 22% der Super League-Partien, in denen Omeragic in der Startformation stand, musste er vorzeitig verletzungsbedingt raus. Und 20/21 hat er die vier (!) Verletzungspausen der Saison 19/20 bereits Mitte März erreicht.

Hekuran Kryeziu (1) – Spielt zwei Mal einen guten langen Ball hinter die gegnerische Abwehr auf Blaz Kramer, wirkt aber ansonsten eher wie ein Fremdkörper im Team, oder besser gesagt: ein König ohne Königreich. Wie so häufig vor Länderspieleinsätzen mit dem Kosovo. Versucht viel zu dirigieren, reagiert emotional, aber keiner hört auf ihn. Auch wenn Wallner von „Heki“ einen lautstarken Rüffel bekommt, weil er nicht zusammen mit ihm aufgerückt ist, orientiert sich der 19-jährige weiterhin an Nathan und Aliti. Kryeziu schwankt konstant zwischen Lethargie und Übermotivation hin und her. Ein Beispiel für Übermotivation ist die Szene, wo ihm bereits in der 5. Minute um ein Haar ein Eigentor unterläuft. Ein Beispiel für Lethargie die Situation sechs Minuten später, als Kryeziu sich an der Strafraumgrenze vom Spielgeschehen abdreht, anstatt zu verteidigen, und YB’s Maceiras so die frühe „hundertprozentige“ Torchance offeriert.

Nathan (7) – Es ist bezeichnend für den Auftritt des FCZ in Bern, dass mit Nathan ein Spieler, der vor allem defensiv zur Zeit eher eine Abwärtstendenz aufweist, (knapp vor Doumbia) bester Mann der Weissen ist. Offensiv macht der Brasilianer laufend Fortschritte und nimmt Woche für Woche mehr Einfluss.

Fidan Aliti (6) – Wenn er mal mit nach vorne und der Ball verloren geht, geht der Linksverteidiger ohne zu zögern sofort ins Gegenpressing gegen den ballführenden Spieler über – etwas, was den meisten Teamkollegen abgeht. Mit mehr Mühe als normal, seine Seite dicht zu halten, und einmal bei einem YB-Eckball nicht nahe genug an Gegenspieler Camara dran. Hat aber wieder einige starke Offensivaktionen und steigert sich im Verlauf der Zweiten Halbzeit. Das verlorene Laufduell vor dem 4:0 gegen den an diesem Nachmittag wie aufgedrehten Moumi Ngamaleu war dann auch dem eingegangenen Risiko geschuldet.

Ousmane Doumbia (7) – Wäre nach dem Lausanne-Heimspiel zum zweiten Mal in Folge Züri Live-MVP geworden, wenn er nicht zum Ende der Partie noch etwas abgebaut hätte. Bügelt Mankos der Vorderleute aus und schaltet in der Regel gut in die Offensive um. Sein Defensivverhalten im eigenen Strafraum ist aber aus dem Spiel heraus weiterhin verbesserungswürdig. Dem Ivorer fehlt in diesen Situationen häufig etwas die Orientierung.

Stephan Seiler (3) – Kommt schlecht ins Spiel gegen von Beginn weg hellwache Berner. Im dritten Viertel des Matches trägt Seiler seinen Teil dazu bei, dass der FC Zürich in dieser Phase mehr vom Spiel und die besseren Torchancen hat. Im letzten Viertel baut er dann aber mit Stock- und Stellungsfehlern sowie falschen Entscheidungen wieder ab.

Toni Domgjoni (4) – Ist ganz generell eher der Typ „Stiller Schaffer“, aber gegen YB taucht er über längere Spielphasen regelrecht ab. Nicht nur aufgrund des Gegners, aber auch wegen der Konstellation in der eigenen Equipe und vielleicht auch der anstehenden U21-EM läuft das Spiel weitgehend an Domgjoni vorbei.

Antonio Marchesano (5) – Lange Zeit gelingt dem ansonsten so konstanten Tessiner erschreckend wenig, bis er im Verlauf der Zweiten Halbzeit vor allem nach den Auswechslungen von Kololli und Kramer regelrecht aufdreht und mehrmals nahe dran ist, ein Tor oder ein Assist zum 1:2-Anschlusstreffer zu realisieren. Seit der Winterpause hat „Tonino“ in fast jeder Partie mindestens einen Skorerpunkt beigesteuert.

10. Minute: Beim Umschalten in die Offensive schleppt sich Benjamin Kololli so langsam nach vorne, dass er (1,84m, ohne Ball) auf Teamkollege Marchesano (1,68m, mit Ball) auf eine Distanz von etwa 25 Metern bis zur Mittellinie volle 8 Meter einbüsst. Marchesano hat so mit Kramer nur eine Anspielstation in die Tiefe. Dieser ist gegen eine Berner Überzahl in guten Händen. Marchesanos diagonaler Rückpass auf Kololli wird durch den mit grossem Rückstand gestarteten Aebischer abgefangen.

Benjamin Kololli (1) – Von den 32 Monaten beim FCZ konnte der Waadtländer bisher gerade mal während einem Monat überzeugen: von Mitte Juni bis Mitte Juli 2020. In Bern kam Kololli nach seinem Teileinsatz vor Wochenfrist im Spiel mit Lausanne-Sport gegen einen weiteren Ex-Klub zu seinem ersten Startelfeinsatz nach dreimonatiger Verletzungspause und deutete in einzelnen Situationen seine durchaus vorhandenen Qualitäten an. Der grösste Teil seines Auftrittes grenzte aber an Arbeitsverweigerung – wie dies speziell vor einer Länderspielwoche leider regelmässig bei ihm vorkommt. Beim Betrachten seines Spiels fühlt man sich an Bilder einer Gruppe gut gebauter modisch gekleideter Jungs am Strand erinnert, die sich mit minimalem Aufwand und maximaler Lässigkeit den Ball jonglierend gegenseitig zuspielen. Fällt der Ball runter oder spickt weg, wird mit einer grossen Portion Dramatik über Körperhaltung, Ausrufe, Gestik und Mimik zu suggerieren versucht, dem verkappten Weltstar sei so etwas zum allerersten Mal im Leben passiert – und dem Ball hinterherzulaufen und wieder aufzulesen sei eigentlich unter seiner Würde. Kololli macht gegen YB seinen Gegenspielern regelmässig wie einer noblen Dame den Weg frei und hält dabei auch noch die Tür auf: seine Mitspieler pressen dann jeweils vergebens.  In der 33. Minute schaut der Waadtländer interessiert zu, wie ein für ihn bestimmter Ball von Seiler über seinen Kopf hinwegfliegt und lässt Fabian Lustenberger völlig unbedrängt direkt zurück Richtung Zürcher Tor auf Quentin Maceiras passen, der logischerweise vor dem eilig nachrückenden Seiler an den Ball kommt und freie Bahn zum Strafraum, zum Doppelpass und dem wegweisenden 1:0 hat. Die Standards Kolollis sind in Bern alle schlecht getreten. Der Offensivspieler fällt mehrmals bei kleinster Berührung theatralisch hin und kann gleichzeitig froh sein, dass er nach einem Schlag mit der Handfläche ins Gesicht von Lustenberger und später identisch gleich noch ein zweites Mal gegen Maceiras noch ausgewechselt werden kann, bevor er anderweitig vom Platz muss. Resultat: Note 1 mit einer rekordhohen Minuspunktzahl.

34. Minute: Schein und Sein. Wiederanstoss nach dem 1:0 YB’s, an dessen Ursprung Benjamin Kolollis lähmende Passivität im Duell mit Lustenberger stand. Der Waadtländer richtet sich gestenreich an seine Mitspieler: „Aufwachen!“. Er selbst ist aber erneut nicht bereit auf einen langen Ball Yanick Brechers – Maceiras kommt vor ihm an den Ball und klärt. Kololli schaut dem „Leder“ resignativ hinterher. Von Doumbia kommt der Ball wieder in die Nähe der beiden. Maceiras ist erneut parat und geht entgegen, Kololli reagiert erneut erst mit viel Verspätung, will dann aber nach aussen sein Engagement zeigen, hetzt Maceiras in einer demonstrativen Weise hinterher und versucht diesen zu bedrängen – kommt aber natürlich wieder zu spät, Maceiras spielt den halbhohen Ball nach vorne in die Tiefe für Moumi, Silvan Wallner, der sich auf ein Laufduell mit Moumi einstellend bereits Richtung eigenes Tor gedreht und den Sprint angezogen hat, kann den von Maceiras nicht ganz präzis gespielten Aussenristpass mit einer artistischen 180 Grad-Drehung in der Luft entschärfen und nach vorne abwehren. Kololli steht näher zum Ball als Maceiras, bleibt aber zum dritten Mal hintereinander passiv stehen, und regt sich stattdessen in einer missmutigen Körperhaltung darüber auf, dass Wallners auf höchst anspruchsvolle Weise abgewehrter Ball ihm nicht direkt auf dem Fuss gelandet ist. Ganz anders Maceiras, der in voller Bereitschaft sofort Richtung Ball sprintet und sich in der Folge mit Moumi über links nach vorne spielt. Schlussendlich können Seiler, Wallner und Marchesano gemeinsam Kolollis mehrfache Aussetzer mit der Ballrückeroberung ausbügeln.

Blaz Kramer (1) – Das noch grössere Problem als seine für Super League-Verhältnisse beschränkte Technik ist die fehlende Gedankenschnelligkeit. Bis Kramer eine Situation erfasst und einen Entschluss gefasst hat, ist das Zeitfenster meist auch schon wieder geschlossen. Der Slowene steht selbst bei Freistössen und Abstössen von Yanick Brecher vom eigenen Strafraum aus regelmässig im Offside. Vor diesem Hintergrund kann man ihm nur gratulieren, dass er mit einem Ilicic, Matavz und Sporar zusammen weiter ins Slowenische Nationalteam einrücken darf.

Silvan Wallner (3) – In dieser Partie ein klares „Upgrade“ für den FCZ im Vergleich zum gleichaltrigen Omeragic. Scheint sich grundsätzlich auf dem Kunstrasen im Wankdorf wohl zu fühlen, denn hier hat er zum Saisonstart sein bisher bestes Spiel in der 1. Mannschaft gemacht. Es ist im Vergleich zu seinen Startelfeinsätzen in Genf und gegen Luzern eine Steigerung, allerdings von sehr tiefem Niveau aus – die prägnante Formbaisse kann der Uitiker nicht verbergen.

„YB geht sehr gut ins Gegenpressing“ – YB-FCZ Kommentare

Telegramm

BSC Young Boys – FC Zürich 4:0 (1:0)
Tore: 33. Maceiras (Siebatcheu) 1:0; 62. Mambimbi (Moumi) 2:0, 87. Siebatcheu (Garcia) 3:0, 90.+1 Elia (Moumi) 4:0.
Young Boys – Von Ballmoos; Hefti (76. Garcia), Camara (76. Lauper), Lustenberger, Maceiras; Spielmann (67. Fassnacht), Aebischer, Rieder (67. Sierro), Moumi; Siebatcheu, Mambimbi (67. Elia).
FCZ – Brecher; Omeragic (29. Wallner), H. Kryeziu, Nathan, Aliti; Doumbia; Seiler, Domgjoni; Marchesano (85. Gnonto); Kololli (70. Schönbächler), Kramer (70. Ceesay).

(Standbilder: Blue)

Kololli-Comeback bei unverdientem Punkt für beide Teams / FCZ – Lausanne-Sport 1:1 in der Züri Live-Analyse

Spiel, Gegner und Taktik

Als Yannick Brecher nach dem Lugano-Spiel in einem Interview davon sprach, nun „eine Serie starten zu wollen“, überkam uns bei Züri Live bereits ein mulmiges Gefühl. Solche Sprüche lassen bei ihm und seinem Team nie etwas Gutes erahnen. Es fehlt dann jeweils der hundertprozentige Fokus und Hunger einzig und alleine aufs nächste Spiel, ohne den man in dieser ausgeglichenen Liga keine Partie gewinnen kann – und so wirkte insgesamt der Auftritt gegen Lausanne-Sport dann auch. Vor allem gibt es nun wirklich überhaupt keinen Grund für übertriebenen Optimismus: gegen die Waadtländer hat der FCZ im fünften Spiel in Folge die schlechteren Torchancen als der Gegner gehabt – vor diesem Hintergrund sind die in dieser Zeitperiode errungenen fünf Punkte durchaus noch positiv zu werten.

„Das Umsverreckä hätt hütt gfählt“ – FCZ-LS 1:1 Kommentare

Der FCZ beginnt die Partie matt. Lausanne-Sport zieht aber seinerseits ebenfalls keinen guten Tag ein. Und so endet eine Partie, die keinen Sieger verdient hatte, am Ende mit einem unverdienten Punkt für beide Teams. Zu Beginn hatte der FCZ speziell in der Person von Marco Schönbächler enorme Probleme mit dem Lausanner Aufbauspiel über die linke Waadtländer Seite. Da liess sich Aussenläufer Toichi Suzuki jeweils zurück fallen und vermochte in Verbindung mit Flo die rechte Zürcher Seite immer wieder einfach zu überspielen. Auf Lausanner Seite war lange Zeit Gabriel Barès ein grosser Schwachpunkt und auch Cameron Puertas zeigte sich im Letzigrund weit von seiner Bestform von vor ein paar Wochen entfernt. Barès war es denn auch, der bei einer weiteren klasse Vorarbeit von FCZ-Leistungsträger Antonio Marchesano zum 1:0 in der 12. Minute durch Blaz Kramer wenig mehr als staunender Zuschauer gewesen war.

Personalien

Toni Domgjoni (7) – Ist erneut der Spieler, welcher nach einem Erfolgserlebnis (diesmal das Führungstor) sofort aufdreht und versucht, nachzusetzen. Hält das Zentrum zusammen mit Doumbia gut zusammen.

Ousmane Doumbia (10) – Ist während 90 Minuten defensiv und offensiv omnipräsent, hat sich in den letzten Spielen wieder gesteigert und bringt erstmals in diesem Kalenderjahr eine Top-Leistung wenn der Gegner nicht FCB heisst.

Marco Schönbächler (3) – Schönbi im Hoch nach dem Highlight in Lugano? Davon ist speziell in der 1. Halbzeit nichts zu sehen, die auf seiner Seite geprägt ist von falschem Timing, schlechtem taktischen Verhalten und einem viel zu zögerlichen Herangehen gegen den Ball. Nach der Pause gibt er sich defensiv mehr Mühe, möglicherweise auch im Hinblick auf seine wohl zum Voraus schon festgelegten Auswechslung nach einer Viertelstunde.

„Kramer für än Momänt wie in Trance“ – FCZ-LS 1:1 Highlights

Blaz Kramer (3) – Auch wenn er auf Vorarbeit von Antonio Marchesano sein fünftes Ligator erzielt: vom Slowenen kommt viel zu wenig, um selbst ein an diesem Tag nicht allzu sattelfestes Lausanne an den Rand einer Niederlage zu bringen, zu wenig zielstrebig und aufmerksam. Eine typische Szene in der 48. Minute, als er bei einem vielversprechenden Gegenstoss mit seinem gedankenlosen Laufweg die Einkreisung des ballführenden Doumbia durch die Lausanner Verteidiger geradezu herbeiführt, anstatt die gegnerische Abwehr auseinanderzuziehen und direkt die Tiefe zu suchen.

Benjamin Kololli (1) – Am 13. Dezember in Lugano hat sich Benjamin Kololli einen Muskelfaserriss zugezogen und gibt genau drei Monate später am 13. März gegen seinen Ex-Klub Lausanne sein Comeback. Der Waadtländer hat dabei trotz zwischenzeitlicher einmonatiger Winterpause 13 Ligaspiele verpasst. Positiv ist, dass er vergleichbar mit Evann Guessand beim Gegner vorne ins Spiel des FCZ Physis reinbringt. Einmal kann er sich an der Seitenlinie gut gegen Loosli durchsetzen. Ausserdem ist sein erster von zwei Eckbällen ganz ordentlich. Der Rest seines Auftrittes genügt aber bei weitem noch nicht. Der Ausgleich der Lausanner fällt unter anderem als Folge der Einwechslung Kolollis, der auf seiner Seite mehrmals hintereinander nicht konsequent genug zum Ball geht, diesen verliert und einen Freistoss verursacht, aus welchem der Treffer Guessands entsteht. Kololli lässt zudem in dieser Aktion seinen Gegenspieler Loosli völlig frei in den Zürcher Strafraum laufen. Überlegt sich bei der Mehrheit seiner Aktionen wenig, lenkt den Ball alibimässig ins Niemandsland oder stellt wichtige Passwege nicht zu.

Salim Khelifi (1) – Wie schon in den Heimspielen gegen Vaduz und Sion mit einer schlechten Benotung – somit auch ein wenig ein Symbolbild der negativen Heimbilanz. Obwohl er nur einen Kurzeinsatz leistet, ist seine Defensivarbeit nicht so konsequent wie noch in einigen seiner letzten Auftritte und auch nach vorne gelingt ihm nichts.

Telegramm

FC Zürich – Lausanne-Sport 1:1 (1:0)
Tore: 12. Kramer (Marchesano) 1:0; 66. Guessand (Bolingi) 1:1.
FCZ – Brecher; Omeragic, H. Kryeziu, Nathan, Aliti; Domgjoni, Doumbia; Schönbächler (61. Gnonto), Marchesano (79. Khelifi), Ceesay (61. Kololli); Kramer.
Lausanne-Sport – Diaw; Loosli, Jenz, Flo; Boranijasevic (69. Thomas), Barès (56. Da Cunha), Kukuruzovic, Suzuki (46. Tsoungui); Puertas; Bolingi, Guessand.

Alle für Schönbi, Schönbi für alle / Lugano – FCZ 0:1 in der Züri Live-Analyse

Spiel, Gegner und Taktik

„Khelifi hat hoffentlich jetzt den Durchblick“: Lugano – FCZ 0:1 Highlights

An Stelle des gesperrten Antonio Marchesano beginnt in Lugano Marco Schönbächler auf der 10er-Position, was das Spiel des FCZ im Cornaredo wesentlich prägt. Einerseits trägt Schönbis ausserordentlicher Spielwitz und Raumgefühl zu einigen attraktiven Gegenstössen und dem Freistoss-Traumtor in der 18. Minute vom rechten Strafraumeck aus bei. Andererseits war Schönbächler zusammen mit Kramer eine so durchlässige erste Zürcher Linie in der Defensive, dass der Druck des Gegners auf die hinteren beiden Linien viel grösser wurde, als notwendig. Die Tessiner, sonst eigentlich ein Team, welches auch eher auf Gegenstösse ausgerichtet ist, kamen so zu für ihre Verhältnisse rekordhohen 70% Ballbesitz.

In der 24. Minute riss Mittelfeldspieler Seiler und Innenverteidiger Hekuran Kryeziu der Geduldsfaden, als Schönbächler und Kramer zu lange trödelten, um in ihre Position zurückzukommen. Weil Seiler und kurz danach auch Kryeziu ihre Position verliessen, kam Lugano zu einer formidablen Doppelchance durch Bottani und Lavanchy zentral aus kurzer Distanz, die nur zunichte gemacht werden konnte, weil sich nacheinander Nathan und Aliti heroisch im Eishockey-Stil in die Schüsse warfen.

24. Minute: Fidan Aliti wirft sich in „Eishockey-Manier“ in einen Schuss von Numa Lavanchy aus kurzer Distanz. Nathan liegt daneben getroffen vom ersten Abschluss Mattia Bottanis.

Obwohl in komplett anderer Aufstellung angetreten als noch gegen Luzern, war die Rechte Seite beim FCZ auch in Lugano eine Problemzone. Lugano griff daher wie Luzern viel über diese Seite an, und dies obwohl in Abwesenheit des angeschlagenen Guerrero mit Facchinetti der schwächste Bianconero auf dieser Seite spielte.

Personalien

Becir Omeragic (3) – Erstmals in diesem Kalenderjahr mit zwei ungenügenden Spielen (Luzern, Lugano) hintereinander. Verliert viele Luftduelle, einfache Bälle verspringen, geht mal zu ungestüm und dann wieder zu wenig konsequent in den Zweikampf.

Hekuran Kryeziu (4) – Wie Becir Omeragic mit einem Zickzack-Kurs in seine Leistungen, aber interessanterweise genau entgegengesetzt: spielt Omeragic gut, tritt Kryeziu eher schlecht auf – und umgekehrt. Das Lugano-Auswärtsspiel ist das erste im 2021, wo beide keinen allzu guten Tag erwischen. Kryeziu zwar mit deutlich weniger Fehlern als Omeragic, aber mit den grösseren. Trotzdem schaut am Ende der erste Sieg der Saison mit Kryeziu in der Startformation heraus.

Stephan Seiler (9) – Hat sich mit seinen sehr guten Joker-Einsätzen in Genf und gegen Luzern den Startelfeinsatz verdient und bestätigt dabei die beiden vorangegangenen Leistungen voll. Seiler ist insgesamt zum dritten Mal in der 1. Mannschaft in einem Ligaspiel beim Anpfiff auf dem Feld (erstmals im Zentralen Mittelfeld).

Ousmane Doumbia (7) – Im eigenen Strafraum muss er jeweils noch aufmerksamer sein und schneller reagieren, baut zudem gegen Ende der Partie etwas ab. Insgesamt aber ein sicherer Wert. Abgesehen von den beiden Duellen mit dem FCB sein bisher bester Match im Jahr 2021.

Salim Khelifi (4) – Gute Offensivaktionen zu Beginn, bleibt aber so lange wie noch nie in diesem Kalenderjahr im Spiel (Auswechslung erst in der Nachspielzeit) und baut im Verlauf der Zweiten Halbzeit stark ab.

Marco Schönbächler (9) – Von Beginn weg sehr spielfreudig, wirkt wie befreit, erinnert an den Schönbi der besten Zeiten. Hat in einem Spiel mehr Top-Offensivaktionen, als in allen bisherigen Partien des Kalenderjahres zusammengezählt. Dass ihm nach einem selbst herausgeholten Freistoss am Lugano-Strafraum ein Klasse-Freistosstor gelingt, ist die nahtlose Fortsetzung einer offensiv brillanten Startphase. Bis zum Tor von Blaz Kramer im Dezember war Schönbächler zweieinhalb Jahre lang der letzte FCZ-Torschütze im Cornaredo gewesen. Dies war übrigens im Alter von 28 Jahren Schönbächlers allererstes Spiel in Lugano – obwohl er mittlerweile bezüglich FCZ-Ligaspieleinsätze gemäss dbfcz in den Top 10 angelangt ist. Nun trifft der Urdorfer an gleicher Stätte erneut. In defensiver Hinsicht kann er Antonio Marchesano auf der 10er-Position nicht ersetzen. Die Mittelfeldspieler und Verteidiger müssen wegen Schönbi manchen Ball „wegputzen“ und brenzlige Situationen überstehen. Da dem FCZ zum zweiten Mal in Folge ein 1:0-Sieg in Lugano gelingt, kann am Ende konstatiert werden: Alle für Schönbi – Schönbi für alle.

Wilfried Gnonto (7) – Erst ein paar Minuten auf dem Flügel mit einem schlechten Start in seinen Einsatz, nach der Schönbi-Auswechslung dann auf der 10er-Position und Leistungssteigerung vor allem in defensiver Hinsicht. Vorbereiter der Top-Chance Schättins zum möglichen 0:2.

Blerim Dzemaili (1) – Ein Teileinsatz geprägt von Fehlpässen und verlorenen Luftduellen. Geht Zweikämpfen richtiggehend aus dem Weg und stellt die entscheidenden Passwege nicht zu. Ein wichtiger Grund, warum der FCZ in der Schlussphase nochmal richtig ins Zittern gerät.

Tobias Schättin (1) – Hätte gleich zu Beginn der mehr als acht Minuten langen Nachspielzeit bei einem von mehreren flüssigen Zürcher Kontern nach Vorlage Gnontos für die Entscheidung sorgen können. Geht zu lasch in die Zweikämpfe und versucht erst gar nicht Bälle zu blocken. In Ballbesitz verliert er diesen meistens.

Silvan Wallner (9) – Seine Einwechslung für die Nachspielzeit war wichtig. Mehrere effektive Aktionen zur Rettung der drei Punkte. Kann aber trotzdem nicht verbergen, dass er in der aktuellen Verfassung zu wenig Qualität mitbringt, um der Mannschaft in einer Startformation eine Stütze zu sein. Eine Leihe in die Challenge League kommende Saison wäre wohl sinnvoll.

„Beste Halbzeit 2021“ – Lugano-FCZ Kommentare

Telegramm

Lugano – FC Zürich 0:1 (0:1)
Tore: 18. Schönbächler 0:1.
Lugano – Baumann; Kecskes, Maric, Daprelà (90. Ziegler); Lavanchy, Covilo (46. Lovric), Facchinetti; Sabbatini (85. Ardaiz), Custodio (90. Macek); Gerndt (65. Abubakar), Bottani.
FCZ – Brecher; Omeragic, H. Kryeziu, Nathan, Aliti; Seiler (70. Dzemaili), Doumbia; Khelifi (90.+2 Wallner), Schönbächler (76. Schättin), Ceesay (70. Gnonto); Kramer.

(Standbilder: Blue)

Luzerner Kreisel spielt FCZ schwindlig / FCZ – Luzern 1:2 in der Züri Live-Analyse

Spiel, Gegner und Taktik

Luzern geht im Letzigrund so schnell wie noch nie in der Klubgeschichte der Super League-Ära mit zwei Toren in Front – fünf Minuten und 17 Sekunden. Die Trikots der Innerschweizer sind zwar nicht „königsblau“, sondern eher „vierwaldstätterseeblau“, sie schienen aber trotzdem als Hommage an die Historie eines sich im sportlichen Niedergang befindlichen westfälischen Traditionsvereines den Luzerner Kreisel zu praktizieren und zwar speziell intensiv in der Vorbereitung der beiden Tore auf der linken Angriffsseite ausserhalb des Strafraumes in einem Rechteck von etwa 35 x 15 Metern. Beide Spielzüge, die zu den Toren führten, waren geplant, mit Sorgic und Ugrinic als jeweilige Finisher im Strafraum (das zweite Tor wurde schlussendlich von Schaub erzielt, da Ugrinics Abschluss geblockt wurde). Dazu kam jeweils eine grosse Präsenz im FCZ-Strafraum, auch bei Eckbällen, wo bis zu sieben Luzerner Angreifer gedeckt werden mussten. Beim FCZ waren wie schon in Genf bei gegnerischen Standards Kryeziu, Ceesay, Wallner, Omeragic und Co. mehrmals nicht Herr der Lage, aber diesmal konnte der Gegner nicht davon profitieren.

Vier Luzerner kreiseln auf der linken Seite gegen drei Zürcher in der Vorbereitung des 0:1 durch Dejan Sorgic in der 4. Minute.

Luzern spielt generell gerne über die linke Seite. Gegen den FC Zürich rechnete sich das Team von Fabio Celestini (wie sich zeigte zurecht) gegen das Duo Wallner / Rohner dabei aber speziell viel aus. Die beiden jungen Zürcher kriegten gegen in den Anfangsminuten intensiv „kreiselnde“ Gäste keinen Zugriff. Danach half neben Hekuran Kryeziu auch noch Stürmer Blaz Kramer auf rechts aus, um wieder numerischen Gleichstand gegen meist vier Luzerner herzustellen, womit die Seite etwas stabiler wurde. Vergleicht man den FCZ mit dem ebenfalls im 4-2-3-1 gegen das Luzerner 4-4-2 zu Hause spielende Basel, so fällt ins Auge, dass Jasper Van der Werff deutlich mehr Präsenz und Aggressivität zeigte, als Silvan Wallner. Ausserdem verschob sich die Viererabwehrkette der Basler stärker zur Seite, als die in die Breite gezogenen Zürcher, von Cabral war von Anfang an mehr Unterstützung vorhanden als von Kramer und der FCB spielte generell zu Beginn ein Hohes Pressing und brachte Luzern in der Angriffsauslösung stärker in Bedrängnis. So kam Luzern über die linke Seite, obwohl sie es versuchten, zu Spielbeginn im St. Jakob Park nicht ins „kreiseln“.

„FCZ im Hamsterrad“: Matchkommentare

Zur Pause nahm FCZ-Trainer Massimo Rizzo mehrere starke Retouchen vor. Die Formation wurde auf ein 4-3-3 umgestellt und die Zürcher betrieben während der gesamten Zweiten Halbzeit ein Hohes Pressing, aus welchem nach einem Ballgewinn von Ousmane Doumbia dann auch der Anschlusstreffer Antonio Marchesanos entstand. Mutig und ungewöhnlich, aber aufgrund des Zweitorerückstandes durchaus gerechtfertigt, pressten die beiden Achter Marchesano und Hekuran Kryeziu gegen die beiden Luzerner Innenverteidiger während Mittelstürmer Kramer sich Torhüter Müller vornahm, der Sechser Ousmane Doumbia rückte dabei als „Staubsauger“ dahinter ebenfalls weit auf. Das Mittelfeldtrio verschob sich auch seitlich jeweils stark. Der FCZ wurde so im zweiten Durchgang genauso dominierend, wie Luzern noch in den ersten 45 Minuten gewesen war. Kramer, Khelifi, Gnonto oder Ceesay hatten den aufgrund der Zweiten Halbzeit verdienten Ausgleich noch auf dem Fuss, reüssierten aber nicht.

Personalien

Yanick Brecher (4) – Trägt zum Fehlstart in die Partie seinen Teil bei. Seine Bälle hinten heraus kommen zu Beginn ungenau, was Luzern ausnutzt. Beim 0:2 dreht er sich vor dem Nachschuss Schaubs unnötigerweise um die eigenen Achse.

Silvan Wallner (2) – Einmal eine gute Kopfballverlängerung für Rohner in die Tiefe, aber ansonsten sowohl im Zweikampfverhalten wie auch im Passspiel und selbst bei Einwürfen ungenügend.

Becir Omeragic (3) – Seine Leistungen und Züri Live-Noten bewegen sich im klassischen Zickzack-Kurs – jedes zweite Spiel Note „7“, dazwischen jeweils eine „3“ oder „4“. Agiert in dieser Partie häufig kopflos, hat Ballverluste in gefährlichen Zonen.

Hekuran Kryeziu (6) – Beginnt die Partie als einer der wenigen FCZ-ler gut. Einige wichtige Ballgewinne gegen seinen Stammklub, initiativ im Pressing, spielt vorteilhafte lange Bälle mit Zug. Negativ: verschätzt sich in zwei, drei Situationen.

Ousmane Doumbia (5) – Zu wenig griffig in den Zweikämpfen, kommt im Pressing zu spät, keine „Wand“ im Mittelfeld wie an guten Tagen. Vermeidet eine ungenügende Note mit einer vor allem offensiv starken Schlussviertelstunde.

Fabian Rohner (3) – Nur Blaz Kramer kommt auf Zürcher Seite zu mehr Torchancen, aber insgesamt misslingt „Turbo Fabian“ die Mehrheit seiner Aktionen. Ist zusammen mit Silvan Wallner Teil der rechten Zürcher Seite, die von Luzern als Schwachpunkt ausgemacht und gezielt bespielt sowie mehrmals überspielt wird, fällt vor dem 0:1 die falsche Entscheidung.

Antonio Marchesano (5) – Wirkt lange Zeit mental etwas müde. Kommt mit der Einwechslung von Seiler als Unterstützung im Mittelfeld dann aber deutlich besser in die Partie und erzielt erneut ein Tor.

Wilfried Gnonto (6) – Nach zwei Tiefstnoten hintereinander wieder mal eine genügend bis gute Züri Live-Note. Kommt nach einer Stunde rein, hat seine erste gute Aktion aber erst in der 79. Minute. Dies ist dann aber gleich ein tolles Assist zum 1:2 von Antonio Marchesano und ab da läuft es dem jungen Italiener besser.

Stephan Seiler (10) – Bringt sofort nach seiner Einwechslung mehr Struktur und Spielintelligenz ins Zürcher Aufbauspiel, geht vorne aggressiv ins Forechecking und erobert Bälle. Mit Seiler geht nach dem Kurswechsel zur Pause nochmal ein zweiter Ruck durch die Mannschaft.

Trivia

Der Tscheche Martin Frydek spielt gerne im Letzigrund. So liefert der Linksverteidiger die Vorlage zum 0:1 und gewann damit in der fünften Begegnung mit dem FC Zürich zum dritten Mal mit 2:1 (zwei Mal mit Slovan Liberec, ein Mal mit Luzern), wobei er in allen drei Fällen einen Skorerpunkt beisteuerte.

72. Minute: Nathan holt sich mit grossem Kampfgeist in der gegnerischen Hälfte den Ball zum zweiten Mal hintereinander ohne ein Foul zu begehen von Silvan Sidler zurück. Ref Alain Bieri gibt ungerechtfertigterweise Freistoss und Gelb gegen Nathan. Antonio Marchesano und Wilfried Gnonto können die Entscheidung von Bieri nicht verstehen, Gnonto breitet die Arme aus und sagt vermutlich etwas nicht Astreines. Nathan ärgert sich extrem über Gnonto und staucht diesen zusammen. Bieri, wohl in der Meinung, Nathans Tirade hätte ihm gegolten, zeigt Nathan Gelb-Rot. Nach Protesten der Zürcher und Meinungsäusserungen von Luzern-Goalie Marius Müller sowie Bieris Assistenten nimmt dieser die zweite Gelbe Karte wieder zurück – Nathan darf auf dem Platz bleiben.

In der Schlussphase kam der FC Luzern so stark unter Druck, dass Filip Ugrinic in der Hektik um ein Haar im eigenen Strafraum ein Handspiel unterlief.
„Sterneis hat gesagt, es muss etwas passieren“: Match-Highlights

Telegramm

FC Zürich – Luzern 1:2 (1:1)
Tore: 4. Sorgic (Frydek) 0:1, 6. Schaub (Ugrinic) 0:2; 78. Marchesano (Gnonto) 1:2.
FCZ – Brecher; Wallner (86. Khelifi), Omeragic, Nathan, Aliti; H. Kryeziu (60. Seiler), Doumbia; Rohner (60. Gnonto), Marchesano, Ceesay; Kramer.
Luzern – Müller; Sidler, Knezevic, Burch (65. Lucas), Frydek; Tasar (63. Schürpf), Wehrmann (84. Emini), Ugrinic, Ndiayé (84. Alounga); Schaub, Sorgic.

(Standbilder: Blue)

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