FCZ – Xamax 1:1 / Züri macht in Überzahl zu wenig für den Sieg

1:1 im Spitzenkampf gegen Xamax. Die Spiele gleichen sich zu Beginn der Rückrunde. Wie schon in Genf folgte auf eine weitgehend gute Erste Halbzeit eine deutlich schlechtere Zweite. Spielte der FCZ im ersten Durchgang zumindest während rund 30 Minuten noch zielstrebig mit möglichst nur einer Ballberührung nach vorne, wurden die Aktionen mit zunehmender Spieldauer immmer durchsichtiger, langsamer und uninspirierter. Die Art und Weise, wie das Letzigrund-Team gleich um zwei Gänge zurückschaltete war erschreckend, und der 1:1-Ausgleich der auf keinen Fall brillierenden Neuenburger nur eine Frage der Zeit. Aktuell muss klar konstatiert werden: gemessen an den Auftritten seit November ist der FCZ nicht nur weit von Spitzen- und Mittelfeldteams der Super League entfernt. Sogar die Bezeichnung «FCB der Challenge League» ist zu hoch gegriffen.

Ein «FCB der Challenge League» hätte solch ein Spiel ohne Wenn und Aber gewonnen. Ein Spiel, in welchem der FCZ eigentlich davon profitierte, dass Schiedsrichter Alain Bieri den Xamaxien Doudin früh vom Platz stellte. Was war genau passiert? Doudin hatte zuerst Brunner an der Seitenlinie gefoult und wurde im nächsten Moment seinerseits von Yapi gelegt. Bieri entschied korrekterweise auf Freistoss für den FCZ, pfiff dies aber erst mit Verzögerung. Doudin verstand die Welt nicht mehr. Corbaz reklamierte bei Ref Bieri und wurde von diesem ermahnt, Doudin bezeichnete Bieri daraufhin im Vorbeigehen als „Blinder!“ und sah direkt Rot. Das kann man als harte Entscheidung erachten, falsch ist sie sicherlich nicht. Und hätte ein FCZ-Spieler das gleiche gemacht, dann wäre nach der Partie dieser im Zentrum der Kritik gestanden, und nicht der Schiedsrichter. Beim zweiten gefährlichen Xamax-Konter in der Nachspielzeit drückte Kryeziu den 18-jährigen Teixeira knapp vor der Strafraumgrenze zu Boden – dieser flog in den Sechzehner rein. Die Xamaxiens fordeten Penalty, Ref Bieri pfiff nichts. Korrekt wären Freistoss und mindestens Gelb gegen Kryeziu gewesen. Anmerken muss man bei der Schiedsrichterdiskussion ebenfalls, dass vor Wochenfrist Schiedsrichter Schnyder dem FCZ zwei Penalties verweigert hatte (klares Handspiel von Faug-Porret bei der Grosschance von Cavusevic, Foul an Dwamena in der Nachspielzeit) und dazu den alleine Richtung Tor laufenden Schönbächler seinen nicht reagierenden Assistenten überstimmend fälschlicherweise mit einem Offsidepfiff gestoppt hatte. Von der FCZ-Delegation hatte dies nachher niemand zum Thema gemacht.

Die Spieler und Trainer Forte hielten sich nach Spielende in den Interviews daran fest, dass sie «viele Torchancen gehabt hätten», genauso wie auch in Genf die bloss zwei Chancen von Cavusevic und Rodriguez das grosse Thema gewesen waren. Ehrlicherweise hat sich der FCZ den Sieg gegen Xamax aber mit seiner Spielweise schlichtweg nicht verdient – man hätte sogar von einer verdienten Niederlage sprechen müssen, wenn der zweite Gegentreffer noch gefallen wäre. Ob aus der anderen Perspektive es auch ein verdienter Sieg von Xamax gewesen wäre, ist eine andere Frage. Den Gästen unterliefen ungewohnt viele Abspielfehler. Selbst unter Berücksichtigung des Faktors Unterzahl hatten sie nicht einen guten Tag erwischt.

Dass der FCZ am Ende in Überzahl versuchte, das Unentschieden über die Zeit zu retten, spricht nicht für ein souveränes Selbstverständnis, und hätte beinahe noch in einer Niederlage geendet. Positiv erwähnt werden kann sicherlich das Début von Innenverteidiger Mirlind Kryeziu in der 1.Mannschaft – dank einer ganzen Reihe von Verletzungen in der Defensive. Und vor allem mochte der neue Stürmer Raphael Dwamena bei seinem ersten Auftritt im Letzigrund zu überzeugen. Der Ghanaer bereitete das frühe 1:0 durch Oliver Buff mustergültig vor, und war einer der wenigen echten Pluspunkte beim FCZ.

FC Zürich – Neuchâtel Xamax FCS 1:1 (1:0)

Tore: 8. Buff (Dwamena) 1:0, 70. Nuzzolo (Karlen) 1:1.

FC Zürich: Vanins; Brunner, Nef, Kryeziu, Voser; Schönbächler (73. Winter), Marchesano, Yapi, Rodriguez (81. Koné); Buff (78. Chiumiento), Dwamena.

Xamax: Walthert; Gomes, Djuric, Sejmenovic, Odabasi; Veloso, Corbaz; Nuzzolo (78. Teixeira), Nimani (73. Ramizi), Doudin; Karlen (84. Senger).

Challenge League-„Dream Team 2016“ – ein ernsthafter Vorschlag

13 (!) FCZ-Spieler waren an den heutigen SFL Awards für das Challenge League «Dream Team 2016» nominiert und gleich 8 (!) wurden gewählt. Bei aller Liebe: das ist auch für einen Tabellenführer ein extremer Wert. Sind die Juroren jetzt plötzlich alle FCZ-Fans geworden?  Nein, natürlich nicht! Die Antwort ist: die SFL Awards konnte man in Bezug auf die Challenge League-Auszeichnungen noch nie ernst nehmen – so war es auch diesmal.

Gewählt werden jeweils nicht die Spieler, welche in den letzten Monaten die beste Leistung erbracht haben, sondern die Namen, die alle kennen.  Das Rezept für die Zusammenstellung des Challenge League Dream Teams ist jedes Jahr das gleiche: man nehme die aus der Super League bekanntesten Namen und mische die zwei Stürmer mit den meisten erzielten Toren hinzu: voilà!

Auch der Begriff «Dream Team 2016» führt in die Irre. Denn es geht jeweils einzig und allein um die Vorrunde der neuen Saison – denn ansonsten müssten ohne Zweifel Spieler von Aufsteiger Lausanne mit dabei sein! Züri Live hat immerhin 50% aller 90 Spiele der Vorrunde live und in voller Länge gesehen und erlaubt sich daher, ein etwas ernsthafteres nicht auf Namedropping basierendes Dream Team der Challenge League-Vorrunde 16/17 zusammenzustellen: voilà! Die Diskussion ist eröffnet!

cl-team-der-vorrunde-1617-zlDie Entdeckung der Vorrunde war aus Sicht von Züri Live der junge Innenverteidiger Ivan Lurati von Chiasso, der nicht zufälligerweise Interesse aus der Serie A weckte. Zusammen mit dem sehr spielstarken Schweizer Juniorennationalspieler Nikola Milosavljevic hat sich aber Sion vom finanziell darbenden Chiasso die beiden Tessiner Juwelen gleich im Doppelpack unter den Nagel gerissen. Der Liechtensteinische Nationalspieler Daniel Kaufmann ist der wohl solideste und fehlerfreiste Innenverteidiger dieser Vorrunde. Lucas überzeugte vor allem mit seinen Offensivvorstössen und konnte nach Luzern verkauft werden.

William Le Pogam zeigte auf der linken Seite eine Dynamik, wie man sie bei Aussenverteidigern auch in der Super League selten sieht, und auf rechts kam es unter Trainer Decastel bei Xamax zur Rennaissance des einstigen grossen Talentes Mike Gomes, der unter Experten zum sicherlich unbestrittenen «Flankengott» der Liga avancierte. Mit Thibault Corbaz übernahm beim starken Xamax ein ehemaliger U21-Nationalspieler im Mittelfeld die zentrale Rolle. Der junge Servettien Mirsad Hasanovic überzeugte mit seiner Laufstärke und Kampfgeist.

Ridge Mobulu gehörte zu den Offensivkräften mit der grössten Qualität, war aber genauso wie Lurati und Le Pogam zeitweise verletzt. Moussa Koné schaffte nach längerer Anlaufzeit den Durchbruch und war deutlich konstanter und auch vielseitiger als der Servettien Jean-Pierre Nsamé oder der Xamaxien Gaëtan Karlen. Und der Ur-Zürcher Oliver Buff brachte mit seiner aussergewöhnlichen Technik Glanz und Spektakel in die Liga.

Grosse Halbzeitbilanz der Challenge League, 1.Teil

Nach der Hälfte der absolvierten Meisterschaft in der Challenge League können die zehn beteiligten Clubs in folgende drei Kategorien eingeteilt werden, je nachdem ob sie über, unter oder den Erwartungen entsprechend klassiert sind:

challenge-league-top-flop-teams-tabelle-1612Im Ersten Teil schauen wir auf die drei Teams, welche in der Vorrunde die Erwartungen übertroffen haben.

Neuchâtel Xamax FCS: Weiterhin Aufstiegskandidat

Der Club profitierte in den letzten beiden Transferperioden vom zuerst mutmasslichen, danach eingetroffenen Konkurs des FC Biel, verlor nach Beginn der Saison mit Mickaël Facchinetti (Thun) und Cédric Zesiger (GC) jedoch zwei wichtige Spieler wegen Transfers in die Super League. Trainer Michel Decastel hatte für viele Aufgaben die richtige Lösung. Und Raphael Nuzzolo präsentierte sich sofort als wirkungsvoller Leader der Mannschaft. Mit Pedro Teixeira und Dilan Qela entwickelten sich dazu zwei Nachwuchsspieler aus der eigenen U18 zu hoffnungsvollen Kräften. maladiere-photokopie

Auf dem Kunstrasen in der heimischen Maladière gewann Xamax sieben Spiele und holte alleine schon so 21 Punkte. Einzig der FC Zürich und der FC Wohlen vermochten dort zu gewinnen. Besonders denkwürdig war der 3:2-Sieg gegen den FC Wil. Die Ostschweizer verloren kurz vor Schluss Jocelyn Roux nach einer Roten Karte und trafen danach durch Gjelbrim Taipi mit einem Penalty den Pfosten. Sie vergaben so das mögliche 1:3. In der Nachspielzeit erzielten die erwähnten Teixeira und Qela für Xamax noch zwei Tore zum vielumjubelten Sieg.

Das Spielfeld der Maladière liegt über dem Feuerwehrdepot der Stadt Neuchâtel. Lief einmal ein Spiel in der ersten Halbzeit noch nicht so gut, so stürmen die Einheimischen nach der Pause wie die Feuerwehr los und wendeten das Spielgeschehen. Der gegenwärtige Challenge League Rekordspieler Mustafa Sejmenovic (295 Einsätze für Yverdon, Baulmes, Biel und Xamax) schoss in der ersten Saisonhälfte drei Tore nach Eckbällen und ist damit der treffsicherste Verteidiger der Liga. Das belegt die Gefährlichkeit der Neuenburger bei Standardsituationen, die meistens von Nuzzolo ausgeführt wurden. Xamax darf im Rennen um den Aufstieg noch nicht ganz abgeschrieben werden. Hätten die Welschen beide Spiele gegen den FCZ gewonnen statt verloren, so wären sie punktgleich mit den Zürchern.

FC Wohlen: Von Niederhäusern mit guten Leistungen

Ausgerechnet nach der 1:3-Niederlage in der 6. Runde gegen den FC Wil verliess Trainer Martin Rueda die Freiämter und wechselte zu den Ostschweizern. Der FC Wohlen stand zu diesem Zeitpunkt nach vier Niederlagen in Serie mit 4 Punkten auf dem zweitletzten Rang. In die Saison startete Rueda mit einem Sieg in Baulmes gegen den FC Le Mont. Wohlen war dadurch vor dem FCZ gar erster Leader in der neuen Saison. Nach der 2. Runde und einem 0:0 daheim gegen Xamax standen die Aargauer noch auf dem 2. Rang, hinter dem FC Schaffhausen. Es folgten sechs Niederlagen in Serie. Und der neue Trainer Francesco Gabriele wurde von den Aargauer Medien schon zu Beginn seiner Amtszeit abgeschrieben, besonders nachdem man in Genf bei Servette 6:1 verlor und auch das Kantonsderby gegen den FC Aarau mit 1:4 zu einem Desaster wurde. Wohlen stand nun auf dem letzten Rang der Tabelle.

niedermatten-fcz-fans-farbigIn Schaffhausen gelang danach ein überraschender 0:1-Sieg, ehe auf der Niedermatten der FCZ trotz des Europa League-Spiels drei Tage zuvor gegen Osmanlispor überzeugend mit 0:5 auftrumpfte. Danach aber liessen die Aargauer richtig aufhorchen. Das sehr heimstarke Xamax wurde in Neuenburg mit 1:4 ausgekontert. Janko Pacar liess sich als dreifacher Torschütze feiern. Mit 18 Punkten aus den letzten 10 Spielen kletterte der FC Wohlen auf den überraschenden 6. Rang. Auswärts waren die Freiämter besonders stark, stehen sie doch mit 15 Punkten auf dem 3. Platz dieser Wertung. Während der alte Trainer mit 0,667 Punkten eine eher schlechte Bilanz aufweist, und am neuen Wirkungsort bereits wieder entlassen wurde, arbeitet der neue mit einer Bilanz von 1,5 Punkten pro Spiel deutlich erfolgreicher.

Der FC Wohlen ist so die Wundertüte der Liga, unberechenbar und zunehmend stabiler in der Abwehr und sehr konterstark. Florian Stahel ist angekommen in der Challenge League und Sead Hajrovic hat sich in der Mannschaft doch noch zu einem stabilen Verteidiger entwickelt. Was ein treffsicherer Stürmer ausmacht, verdeutlicht Janko Pacar mit 6 Toren und 3 Assists aus 15 Spielen. Das ehemalige Talent des FC Luzern hatte in den letzten 7 Jahren 9 Mal den Club gewechselt, ehe der FC Wohlen Pacar im Sommer von Petrolul Ploiesti aus Rumänien ablösefrei verpflichtete. Die vom FCZ ausgeliehenen Spieler kamen folgendermassen zum Einsatz: Nils Von Niederhäusern, 7 Einsätze/630 Minuten (Stammspieler mit viel Offensivwirkung), Marvin Graf, 0/0 (verletzt), Kilian Pagliuca 2/36 (einmal davon eingewechselt und 29 Minuten später wieder ausgewechselt).

Der Saudi Monquez al-Yousef machte den FC Wohlen schuldenfrei, zieht sich nach 196 Tagen als Mäzen zurück und übergibt das Aktienpaket grösstenteils wieder in heimische Hände. Es würde mehr als überraschen, würde der FC Wohlen nicht auch nächste Saison in der zweithöchsten Liga spielen.

FC Le Mont: Umstellung auf Dreierabwehr könnte Klassenerhalt sichern

Die Waadtländer entwickelten sich im Laufe der bisherigen Spielzeit zu einem sehr unbequemen Gegner, der mit nur 12 erzielten Toren 21 Punkte gewann, weil die Defensive auch nur 19 Tore zuliess. Die zusammen mit Xamax drittbeste Abwehr war so die Basis für das Gelingen, das trotz der schwächsten Offensive zustande kam. Der spezielle defensive Erfolg begann in der 9. Runde gegen Neuchâtel Xamax mit der Umstellung von Trainer John Dragani auf eine Dreierabwehr, die von den gelernten Innenverteidigern Francois Marque, Ibrahim Tall und Lucas gebildet wurden. Daraus erwuchs eine Serie von sieben Spielen mit 13 Punkten, mit nur einem Gegentor bis zur 15. Runde. Im heimischen Stade Sous-Ville in Baulmes wurde so Xamax 1:0 bezwungen. Beachtenswert war zudem das 1:1 im Letzigrund gegen den FCZ vor 8’489 Zuschauern, der neuen Rekordkulisse für die Fussballer von Le Mont.

sous-ville-farbstift-zeichnungWie immer mit dabei war dort auch ihr grösster und treuester Fan, der 14-jährige Emmanuel Masmejan. Züri Live war schon lange begeistert von ihm und er wurde in den vergangenen Jahren auf dem Sender auch mehrmals lobend erwähnt. Beim Match gegen den FCZ im für einmal auch von Medienvertretern gut besuchten „Sous-Ville“ erzählte der Züri Live-Kommentator daher Michel Wettstein (BLICK) von Emmanuel. Dieser machte daraufhin beim Rückspiel im Letzigrund eine Story daraus, die sogar über die Landesgrenzen hinaus für Aufmerksamkeit sorgte. Seither hiessen die Platzspeaker Emmanuel in vielen Challenge League-Stadien vor der Partie speziell willkommen und es wird jeweils auf Kosten des Gastgebers für sein leibliches Wohl gesorgt.

Francois Marque jedoch missbrauchte im Letzigrund das Gastrecht auf üble Weise. Er provozierte dort mit hinterhältigen und vordergründigen Aktionen seine Gegenspieler und die Betreuer und wurde zusammen mit Alain Nef nach dem Spiel mit einer Roten Karte bestraft, für die der Franzose nur vier Spielsperren bekam. Wegen der zuvor erhaltenen vierten gelben Karte verpasste Marque aber noch einen weiteren Einsatz. Mit Alain Nef, der zu schlichten versuchte, erwischte Schiedsrichter Lionel Tschudi übrigens den falschen Spieler des FCZ.

Bei den Waadtländern fiel im Mittelfeld besonders der ehemalige Lausannois Helios Sessolo als wirbliger, laufstarker und unberechenbarer Spieler auf. Ein Grund für die Misère in der Offensive war auch das verletzungsbedingte Fehlen von Stürmer Luis Pimenta während der acht Spiele, in denen Le Mont nur zwei Tore schoss. Sollte die Defensive so stabil bleiben, wird in Baulmes auch nächste Saison Challenge League-Fussball zu sehen sein.

Von Toni Gassmann, Mitarbeit: Lukas Stocker

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