Panorama der Ehemaligen: Popovic trifft im ersten Spiel per Kopf / Brunner auf Bundesligakurs

Das nennt man wohl „eine Geschichte, wie sie nur der Fussball schreiben kann“. Nach seinem für Klub und Spieler wenig erfreulichen halbjährigen Engagement beim FC Zürich trifft Denis Popovic in seinem ersten Spiel für den neuen Klub Krylya Sovetov Samara ausgerechnet auf seinen Ex-Klub Orenburg – und bringt sein neues bereits früh in Unterzahl agierendes Team aus kurzer Distanz per Kopf 1:0 in Führung – das zweite Kopfballtor seiner Karriere. Der auf der 10-er Position agierende Slowene bereitete später mit einem guten Pass in die Tiefe eine „hundertprozentige“ Chance zum 2:0 vor, musste mit seiner Mannschaft aber kurz vor Schluss noch das 1:1 hinnehmen. Nach dem Unentschieden im Abstiegskampf bleibt Samara auf einem Relegationsplatz, der Punkteabstand ins Mittelfeld ist aber nicht gross.

In der 2. Bundesliga lief an diesem Wochenende alles für Arminia Bielefeld und Cédric Brunner: 1:0 Heimsieg gegen Wehen Wiesbaden (mit Heinz Lindner im Tor) während die Aufstiegskonkurrenten Stuttgart, HSV und Heidenheim allesamt verloren. Als Leader der Liga haben die Arminen nun neun Punkte Vorsprung auf den „Barrage-“ und 12 Punkte auf einen Nichtaufstiegsplatz. Dazu beigetragen hat auch Victor Palsson, der bei einem frühen Darmstadt-Konter zum 2:0 gegen Heidenheim per Absatz die Vorlage lieferte.

Noch zu wenig produktiv, aber immer wieder für Unterhaltung gut ist ebenfalls in der 2. Bundesliga Michi Frey mit dem abstiegsgefährdeten Traditionsklub Nürnberg. In seinem ersten Startelfeinsatz für Osnabrück  sah Assan Ceesay vor zwei Wochen eine hart gepfiffene Rote Karte wegen einem Hohen Bein im eigenen Strafraum (Gegenspieler Carlson hatte Kopf tief) und ist immer noch gesperrt. Der vom FCZ an Holstein Kiel verliehene Salim Khelifi hat seit dem Trainerwechsel von André Schubert zu Ole Werner immer mehr an Status verloren und ist jeweils nicht mehr im Matchkader anzutreffen. Bei Trainer Urs Fischer ist Admir Mehmedi schon in der U21 aufgelaufen und hat bis heute in seiner Karriere unter keinem Coach mehr Spiele (80) absolviert. Am Sonntag holte er mit Wolfsburg bei Fischer’s Union ein 2:2 und bleibt auf einem Europacupplatz – fünf Punkte vor seinem Ex-Trainer. Ricardo Rodriguez hat in der Eredivisie für PSV schon fünf Partien und zuletzt gegen Feyenoord 1:1 Unentschieden gespielt. Eindhoven ist in dieser Zeit vom fünften auf den vierten Platz vorgestossen.

Bruder Roberto spielt in Uerdingen viel (2 Tore, 9 Assists diese Saison bisher), kommt aber mit dem ambitionierten Klub in der 3. Liga nicht vom Fleck – zur Zeit nur Rang 11. Der ebenfalls nach Uerdingen gewechselte 1,68.m-Linksverteidiger Hakim Guenouche kommt dort kaum zum Einsatz, während Andreas Maxsö relativ schnell zurück nach Dänemark weitergezogen ist und dort beim viertplatzierten Traditionsklub und ehemaligen Europacupgegner Bröndby mittlerweile Captain ist. Vier Punkte hinter Bröndby liegt Aalborg, das vor Wochenfrist mit Rasmus Thelander in der Innenverteidigung das Maxsö-Team auch dank einem Tor und Assist von Ex GC-Offensivmann Lucas Andersen mit 3:2 besiegen konnte. In der 3. Liga auf dem letzten Platz liegt Carl Zeiss Jena mit Kilian Pagliuca, der mit zwei Toren und fünf Assists eine Zeit lang Stammspieler war, nach einer Rotsperre (zwei Grätschen hintereinander von hinten in Braunschweig) aber aktuell etwas aussen vor ist.

https://www.youtube.com/watch?v=WgCm4Se5mNs

Nico Elvedi gehört zu den konstantesten Verteidigern der Bundesliga und ist mit Borussia Mönchengladbach unter dem ehemaligen Salzburg-Trainer Marco Rose im Spitzenquintett der Liga dabei. Bei „Transfermarkt“ ist Elvedi mit 35 Mio Euro nach Teamkollege Denis Zakaria und gleichauf mit Manuel Akanji der zweitwertvollste Schweizer Spieler. Djibril Sow hat seinen Stammplatz bei der SGE im Moment an den Österreicher Stefan Ilsanker (in der Winterpause von Leipzig gekommen) verloren. Josip Drmic kommt bei Norwich City in der Premier League nach seiner Oberschenkelverletzung wieder regelmässig als Joker zum Einsatz. Berat Djimsiti, Stammspieler beim Italienischen Team der Stunde, Atalanta, musste beim 7:2-Sieg in Lecce wegen muskulären Problemen pausieren, die er sich beim Aufwärmen zum Champions League-Achtelfinal-Hinspiel gegen Valencia zugezogen hatte. Der in der Winterpause zu Inter gewechselte Innenverteidiger Andi Hoti ist dort Stammspieler in der U17. Marin Cavar ist bei Serie B-Aufstiegskandidat Chievo Verona unter Vertrag. Nach vier starken Einsätzen in der Startformation beim FC Winterthur letzten Frühling wollten ihn die Venetier unbedingt und verpflichteten ihn trotz eines in einem Testspiel gegen Stuttgart erlittenen Kreuzbandrisses.

Joël Untersee blieb nach seiner Rückkehr vom FCZ nach Italien nicht bei Empoli und ist seit einem halben Jahr vereinslos. Loris Benito (ein Saisontor) steht in der Regel bei Girordins Bordeaux (12. Platz) in der Startformation. Neun Punkte hinter Benito in akuter Abstiegsgefahr befindet sich mit Nîmes der in der Winterpause von Dresden nach Südfrankreich gewechselte Moussa Koné. Gleich bei seinen ersten beiden Teileinsätzen in Nizza und gegen Angers gelang dem Senegalesen je ein Tor. Ivan Kecojevic hat in der LaLiga2 von der Atlantikküste (Cadiz) etwas ins Landesinnere (Albacete) gewechselt. In derselben Liga ist Armando Sadiku (Malaga) mit zehn Treffern auf Platz Sieben der Torschützenliste. Raphael Dwamena (Real Zaragoza) ist hingegen seit Anfang Oktober ausser Gefecht und musste sich einer Herzoperation unterziehen.

Maren Haile-Selassie wird bei Xamax weiterhin regelmässig eingewechselt und schlägt dann jeweils auch die Standards. Arbenit Xhemajli hat sich im gleichen Team mittlerweile etabliert. Ganz allgemein spielen bei der Mehrzahl der Super League-Teams mindestens zwei Spieler aus dem FCZ-Nachwuchs (unter anderem Saidy Janko, Christian Fassnacht, Anto Grgic, Filip Stojilkovic, Noah Lovisa, Miro Muheim, André Ribeiro, Francisco Rodriguez). Piu Da Costas Highlight der Vorrunde war das 1:1 in der Europa League auswärts beim grossen Favoriten Dynamo Kyiv, welcher dadurch die K.O-Runde verpasste – bis zur 94. Minute hatte Lugano bei einem Schussverhältnis von 31:7 zugunsten von Dynamo sogar noch mit 1:0 geführt. Fabio Dixon hat beim Challenge League-isten FC Chiasso bisher in 15 Partien fünf Torvorlagen liefern können, zuletzt letzte Woche beim 2:0-Heimsieg gegen Wil. Bei diesem Heimsieg stand auch Izer Aliu als „Sechser“ erstmals in der Startaufstellung der Tessiner. Auf Wiler Seite standen zudem Fabian Rohner sowie Lindrit Kamberi in der Startformation, Bledian Krasniqi (in der Vorwoche noch krank) und Kastrijot Ndau wurden eingewechselt. Shkelzen Gashi ist zurück beim FC Aarau,  wird aber noch nicht eingesetzt. Auf dem Brügglifeld gespielt hat letzte Woche der weiterhin vom FCZ ausgeliehene Albin Sadrijaj (wie üblich im Zentralen Mittelfeld) bei einem 4:4-Torspektakel und hat dabei mit dem 1:0 für den SC Kriens (wo Burim Kukeli Captain ist) in der 23. Minute sein erstes Profitor erzielt. Oli Buff hat bei GC noch keinen Skorerpunkt erzielt.

Jorge Teixeira ist bei St. Truiden (12.) in Belgien nach einer Hüftverletzung wieder daran, sich in die Mannschaft zurückzukämpfen. Dimitri Oberlin hat bei Zulte Waregem (9.) seit September kein Tor mehr erzielt. Stephen Odey ist bei Genk (7.) Joker und vermochte in der Champions League beim Heim-1:4 gegen Liverpool den „Ehrentreffer“ für die Belgier zu markieren.  Mario Gavranovic ist bei Dinamo Zagreb zur Zeit ebenfalls Joker und hat erst vier Liga-Saisontore auf seinem Konto. Ebenfalls in der obersten Kroatischen Liga engagiert ist neben Torhüter Osman Hadzikic (Inter Zapresic) auch Franck Etoundi bei Slaven Belupo Koprivnica. Asmir Kajevic kommt bei der Belgrader Nummer drei Cukaricki (5. Platz) in der Serbischen Version der „Super Liga“ (neben der Schweiz und Serbien tragen auch die obersten Ligen in Argentinien, der Türkei, China, Dänemark, Usbekistan, Malaysia, Indien und Griechenland diese Bezeichnung) in jedem Spiel zum Einsatz. Avi Rikan ist Captain beim Israelischen Spitzenreiter Maccabi Tel Aviv. Pedro Henrique hat in der Türkischen „Süper Lig“ bei Kayserispor (letzter Platz, heute Heimspiel gegen Göztepe) schon sieben Tore erzielt und zwei Gelb-Rote Karten gesehen. In der 13. Runde war der heissblütige Brasilianer nach vier Gelben Karten zusätzlich zu den zwei Gelb-Roten bereits zum dritten Mal gesperrt.

Adis Jahovic spielt seine dritte Saison in der Süper Lig beim vierten Verein und liegt aktuell auf der Torschützenliste hinter Alexander Sörloth (Trabzonspor) und Papiss Demba Cissé (Alanyaspor) und gemeinsam mit Vedat Muriqi (Fenerbahce) mit 12 Treffern auf dem Dritten Platz. Schon in der Saison 17/18 war Jahovic drittbester Torschütze der höchsten Türkischen Spielklasse hinter den Starstürmern Bafétimbi Gomis (Galatasaray) und Burak Yilmaz (Trabzonspor) gewesen. Bei Antalyaspor spielt der Nordmazedonier seit der Winterpause an der Seite von Lukas Podolski. Insgesamt kommt Jahovic in seiner Karriere im Ligafussball bisher auf 126 Tore in 284 Spielen. Der 35-jährige Gökhan Inler ist bei Europa League-Achtelfinalteilnehmer Basaksehir Ergänzungsspieler, genauso wie dessen leicht jüngerer ehemaliger Teamkollege Raffael bei Gladbach. Wie Inler in Istanbul engagiert ist Innocent Emeghara (sechs Saisontore bisher) bei einem Zweitligisten mit Aufstiegschancen in die Süper Lig: Fatih Karagümrük ist der einzige Klub, der im ältesten Teil der Stadt, dem ehemaligen Konstantinopolis, in einem wohl kaum Süper Lig-tauglichen Stadion spielt.

Dusan Djuric spielt bei seinem Stammklub Halmstad in der Superettan (Zweite Schwedische Liga) immer noch Zuckerpässe auf grosse Distanzen und trifft mit schönen Weitschusstreffern. Davide Mariani hat beim emiratischen Tabellenführer Shabab Dubai im letzten Monat nicht gespielt, nachdem er zuvor Stammspieler gewesen war. Yassine Chikhaoui kommt bei Etoile Sportive du Sahel wie einstweilen beim FCZ sporadisch zum Einsatz und für ihn muss bei diesen Gelegenheiten dann ebenfalls jeweils die Aufstellung und Spielausrichtung angepasst werden. Amine Chermiti hat sich hingegen mittlerweile wieder über Saudi-Arabien in die Indische Megapolis Mumbai verabschiedet. Der in St. Petersburg aufgewachsene Artjom Simonyan hat sich im Heimatland seiner Eltern, Armenien, von Alashkert über Ararat zu Rekordmeister Pyunik hochgearbeitet und kam im November bei einer 1:9 (!)-Niederlage in Italien wieder einmal in der Nationalmanschaft zu einem Teileinsatz. Yann Fillion kam seit seit dem definitiven ablösefreien Wechsel vom FCZ in der Winterpause bisher in allen fünf „Suomen Cup“-Partien des Finnischen Zweitligisten Ekenäs zum Einsatz. Nicolas Andereggen hatte in der gleichen Zeitspanne einen Teileinsatz beim Argentinischen Zweitligisten CA Alvarado. Der ehemalige FCZ-Brasilianer Ramazotti wäre aktuell wieder zu haben, nachdem er auf seiner Weltreise in dieser Vorrunde für Daejoon Hana Citizen in der Zweiten Koreanischen Liga drei Mal getroffen, den Klub aber in der Winterpause wieder verlassen hat. Rapperswil-Jona mit Maurice Brunner und Nicolas Stettler hat in der Rückrunde noch Chancen auf den Wiederaufstieg in die Challenge League. Als prominente Neuverpflichtung kam in der Winterpause dem Vernehmen nach Bruno Morgado von Cup-Viertelfinalgegner Sion hinzu. Kay Voser kam in der Vorrunde bei Red Star zu drei Einsätzen. Andrea Guatelli spielt im Tessin beim SC Balerna in der 2. Liga Regional. Das Frauenteam des gleichen Klubs profitiert im übrigen aktuell von den Problemen bei Lugano und ist auf bestem Weg zum Aufstieg in die Nationalliga B.

Bild Züri Live – hinten von links: Christian Schneuwly, Dimitri Oberlin, Francisco Rodriguez, Yanick Brecher, Maurice Brunner, Nico Elvedi, Oliver Buff, Ivan Kecojevic, Yassine Chikhaoui. Vorne von links: Mario Gavranovic, Andres Malloth.

 

«Ach dieser FCZ!» – Tages-Anzeiger in Abstiegsgefahr

Berechtigte Zurechtweisung und Kritik gibt es in verschiedenen gesellschaftlichen Konstellationen. Der Richter gegenüber dem Angeklagten, die Eltern gegenüber ihren Kindern, Lehrer bei Schülern oder Arbeitgeber mit Mitarbeitern. Basis dafür ist erstens die gesetzlich legitimierte Autorität und zweitens ein hohes Mass an Kompetenz und Wissen. Sportjournalisten und -medien haben keine gesetzlich legitimierte Autorität. Sie sind alle selbsternannte Kritiker. Daher wäre es umso wichtiger, dass dafür wenigstens ein hohes Mass an Kompetenz und Wissen vorhanden wäre.

Wer die sportliche Führung eines Super League-Klubs kritisiert, müsste eigentlich selbst journalistisches Super League-Niveau an den Tag legen – im Minimum. Die Zweifel mehren sich Tag für Tag, ob diese Voraussetzungen auf dem Platz Zürich wirklich gegeben sind. Zeitungsartikel über den hiesigen Fussball erinnern eher an einen Vater, der seinen kleinen Sohnemann dafür kritisiert, die Schuhbändel nicht geschnürt zu haben, dabei ist dessen Schuhwerk mit Klett-Verschluss ausgerüstet. So ein Gefühl erschleicht den Leser des Artikels von Thomas Schifferle (und Florian Raz) über den FC Zürich im Tages-Anzeiger. Da heisst es zum Beispiel:

«Auf einmal ist Neuenburg der Nabel für die Zürcher Fussballwelt. Aus Neuenburg kommt der Xamax FCS, der letzten Sommer Aufsteiger in die Super League war und gleich als erster Kandidat auf den Abstieg gehandelt wurde.»

Was soll man dazu sagen? Ja, Xamax wurde als Absteiger gehandelt – vor allem in den Massenmedien. Der FCZ hingegen hatte in der Challenge League-Saison vier heisse und enge Duelle mit Xamax ausgefochten und kannte schon vor der Saison die Qualitäten dieser Mannschaft sehr gut.

Weiter wird im «Tagi» mit grossem Bedauern über das Fehlen von Xamax’ Raphaël Nuzzolo am kommenden Samstag lamentiert:

«Sein einziges Glück ist, dass ­Xamax auf seinen überragenden Topskorer Raphaël Nuzzolo verzichten muss, weil er in Thun für ein Dutzendfoul verwarnt wird und darum gesperrt ist.»

Nuzzolo traf mit gestrecktem Bein nur den Mann. Ein nicht weniger schwerwiegendes Foulspiel, als beispielsweise dasjenige, welches zur Gelb-Roten Karte des Thuners Chris Kablan führte.

Weiter im Text:

«In Zürich dachten sie bei GC und beim FCZ nicht im Traum daran, dass sie diese Saison in Tabellenregionen landen würden, wo Xamax erwartet wurde. Europa League hiess ihre Vision, Platz 4. Ein Leben auf grossem Fuss. Zürcher Träume halt.»

Was soll hier auf salopp-populistische Weise ausgedrückt werden? Doch nicht etwa ein Zürich-Bashing im Facebook-Kommentar-Stil? Und das in einer Zeitung mit dem Zürcher Wappen im Logo? Jeder in dieser Liga träumt vom Europacup und dies völlig zurecht, denn alle Super League-isten haben da schon gespielt, und für viele, darunter auch für den FCZ, ist das noch nicht so lange her… – etwas mehr als zwei Monate, um es genau zu sagen.

«GC und der FCZ zahlen für die gleiche Schwäche: ihre fatale Verblendung.»

Zumindest in Bezug auf den FCZ trifft der Begriff «Verblendung» sicherlich nicht zu. Die Ziele, die er sich aktuell gesetzt hat, hat er auch in der Ära Canepa schon mehrmals erreicht. Man jagt also keine Fata Morgana.

«Je 20 Millionen geben sie aus, um in der Super League zu spielen. Den Misserfolg könnten sie auf jeden Fall auch billiger haben.»

FCZ und GC spielen nicht nur in der Super League, sondern zusätzlich in der Promotion League / 1. Liga, Nationalliga A (Frauen) und Dutzenden von Junioren- und Juniorinnenligen. 20-23 Millionen ist der Aufwand für den Gesamtverein inklusive Nachwuchs, Frauen, Trainingszentrum, (Stadion-)Mieten, Sicherheit, Reisen, Administration und so weiter. St. Gallen hat ca. 27 Millionen Gesamtaufwand, Luzern 25 Millionen und selbst der «kleine FC Thun» in einem preislich vergleichsweise günstigen Umfeld im Berner Oberland kommt auf mehr als 13 Millionen. Die laufenden Ausgaben für die 1. Mannschaft liegen für alle Super League-Teams ausser Basel, YB (und Sion) im einstelligen Millionenbereich oder knapp darüber. Die finanziellen Unterschiede unter den Teams auf den Rängen 3-10 sind klein im Vergleich zur Diskrepanz nach oben – und dies wird durch die aktuellen Punkteabstände ziemlich genau wiedergegeben. Gemessen an den Cuptiteln und Europacupteilnahmen der letzten Jahre hat der FCZ deutlich mehr aus seinen finanziellen Möglichkeiten herausgeholt, als mancher Ligakonkurrent.

«Bei den Grasshoppers beginnt das noch ein wenig früher als beim FCZ, vor fünf Jahren schon, als Stephan Anliker Präsident wird. Mit seinem Namen steht er für ihren Zerfall. Er steht für den fatalen Hang bei GC, aufs falsche Personal zu setzen. Das beginnt beim CEO (Manuel Huber), geht weiter über die diversen Sportchefs (Rapic, Thoma, Huber, Walther) und Trainer (Bern­egger, Yakin, Fink und Stipic) bis zu den Spielern.»

Sind Bernegger, Yakin, Fink und Stipic wirklich pauschal schlechte Trainer? Und Rapic, Thoma, Huber und Walther alle schlechte Sportchefs? Praktisch alle diese Personen haben im Verlauf ihrer Karriere auch schon erfolgreich als Trainer oder Sportchef gearbeitet. Dass die jetzigen Resultate schlecht sind, weiss jeder. Aber lag es wirklich an der grundsätzlichen Qualität des Trainer- und Sportchef-Personals? Und wie genau kommt der «Tagi» zu diesem Schluss? (Zeigefinger anfeuchten und in die Luft halten gilt als Antwort nicht)

«Was die Spieler betrifft, ist die Liste fast ein Buch lang. Wer das aktuelle Kader anschaut, der kann nur den Kopf darüber schütteln, was sich Mathias Walther und Thorsten Fink bei seiner Zusammenstellung gedacht haben. Im Dezember zum Beispiel sagte Fink noch, ein, zwei Spieler würden sie noch holen, nicht mehr. Und was passierte? Sechs kamen, aber alle sechs sind Fehlgriffe, ­angefangen bei den teuersten: ­Yoric Ravet und Caiuby.»

«Gedacht» haben sich Walther und Fink genauso wie alle anderen Sportlichen Verantwortlichen in der Super League sicherlich sehr viel. Sie haben einen Souleyman Doumbia definitiv übernommen und diesen dann nur ein halbes Jahr später für das Zehnfache weiterverkaufen können. Sie haben Spieler für die bei hiesigen Fussballexperten und -journalisten so gerne zitierte «Achse», das Grundgerüst der Mannschaft geholt, wie Raphael Holzhauser, Arlind Ajeti, Nathan oder Marco Djuricin. Dazu für Super League-Verhältnisse durchaus überdurchschnittliche Talente wie Diani, Goelzer oder Ngoy.

Wenn es geklappt und die Mannschaft zusammengefunden hätte, hätte der «Tagi» von «weitsichtiger Transferpolitik mit System» geschrieben. Nun hat es aber nicht geklappt, und der Tagi kann wichtigtuerisch «nur den Kopf darüber schütteln». Ohne als Beweis einen Artikel vorweisen zu können, in welchem man schon zum Zeitpunkt der Verpflichtung von Spieler X oder Spieler Y gewusst hat, dass dieser wegen Grund A, B und C nichts reissen wird.

Ganz im Gegenteil: im Februar schrieb nämlich der «Tagi» über Yoric Ravet: «Die willkommene Inspiration für die bisher in dieser Saison so berechenbare GC-Offensive». Und über Caiuby: «Nun ist er da, der Retter des Rekordmeisters – zumindest soll er es werden».

«Sie kamen von den Ersatz­bänken der Bundesliga mit der Vorstellung, bei GC um vordere Plätze zu spielen.»

Tatsächlich? Wie ist das zu verstehen? Ravet und Caiuby sind in der Winterpause nach Zürich gekommen, und haben sich erst nach Vertragsunterschrift darüber informiert, auf welchem Tabellenplatz GC liegt?

«Serey Dié bringt das ­Realitätsdenken zum Ausdruck, das bei Xamax vorherrscht. ­Daran kann nicht einmal mehr Präsident Binggeli etwas ändern, der sich aus dem Schatten von Trainer Stéphane Henchoz lösen will und sich zunehmend als Selbstdarsteller gefällt.»

Im Februar schrieb der Tages-Anzeiger zum Trainerwechsel von Michel Decastel zu Stéphane Henchoz: «Man wolle mit der Trainerentlassung für den «notwendigen Elektroschock sorgen, damit die Mannschaft für die nächsten wichtigen Spiele neue Energiezufuhr erhält», erklärte Xamax-Präsident Christian Binggeli den eher unerwarteten Schritt. Vorerst übernimmt Decastels bisheriger Assistent Stéphane Henchoz die Mannschaft. Der 44-jährige frühere Internationale und Verteidiger von Liverpool war noch nie in der Super League als Cheftrainer tätig.»

Weitherum haben Journalisten und Experten im Februar Präsident Binggeli für dessen Trainerwechsel von Decastel zu Henchoz kritisiert. Nun bezeichnen dieselben Experten Binggeli als «Selbstdarsteller», weil er den Vertrag mit Henchoz nicht verlängert… Wir reden hier zudem von demjenigen Binggeli, der Xamax mit seinem kleinen Team von der 2. Liga Interregional zurück in die Super League geführt hat. Und welcher zu 100% demjenigen Präsidententypus entspricht, nach welchem nach der Ära Chagaev alle verlangt hatten: vernünftig wirtschaftend, systematisch planend, langfristig orientiert, über den aktuellen Totomat hinausgehend, mit viel Realismus, Step by Step. Eben genauso einer, der aufgrund der Planungen im Juniorenbereich unabhängig von Abstieg oder Klassenerhalt einen dazu passenden Coach wie Joël Magnin für die Profis holt, und sich bewusst ist, dass die aktuelle Mannschaft trotz der aktuellen Erfolgswelle ihren Zenit bald überschritten haben wird.

«Bei GC müssen nun Stephan Rietiker als Präsident und Uli Forte als Trainer die Scherben aufkehren. Die Schuldigen dagegen lassen es sich gut gehen. Walther postet Bilder aus Istanbul, während GC leidet, Fink kassiert selbst nach seiner Entlassung 44’000 Franken im Monat.»

Und was ist genau der Vorschlag? Reiseverbot für alle ehemaligen Sportchefs? Freiwilliger Lohnverzicht für ehemalige Trainer? Einen Profi-Fussballklub zu führen, ist um ein vielfaches schwieriger, als Zeitungsartikel zu schreiben. Es reicht, ein klein bisschen schlechtere Entscheidungen getroffen zu haben, als die Mitkonkurrenten, und man steigt ab. Auch ganz ohne, dass es Scherben gegeben hat, oder dass man im Strafrechtsjargon gleich von «Schuldigen» sprechen muss.

«Und der FCZ? Ach, dieser FCZ!»

Achtung! Jetzt wird’s dramatisch!

«Er hat sich bei den Transfers genauso verkalkuliert wie GC. Spätestens im Winter hätte er darauf reagieren müssen, dass er nach den Abgängen von Raphael Dwamena und Michael Frey im letzten Sommer keine Stürmer hat, die zu seinen Plänen passen.»

Der Gambische Nationalspieler Assan Ceesay ist ein ähnlicher Stürmertyp wie Raphael Dwamena. Beide sind schnell und bringen mit ihrem Rechten Fuss wenig zustande. Ceesay hatte in der Vorrunde verletzungsbedingt wenig gespielt und war im Winter wieder gesund. Einen Michael Frey verpflichten zu können, war hingegen für einen Klub mit den Möglichkeiten des FCZ ein Glücksfall –  dank dessen Situation bei YB und der persönlichen Beziehung zum damaligen Trainer Uli Forte. Genauso war es Pech, ihn im letzten Herbst kurz vor Transferschluss abgeben zu müssen. Wegen des Wertverfalls der Türkischen Lira mussten die Spitzenklubs vom Bosporus ihre Stars verkaufen. Plötzlich gab es für jemanden wie Frey kurzfristig die Chance, zu einem Grossklub wie Fenerbahce wechseln zu können, wo nicht lange zuvor noch ein Giuliano, Emenike oder Robin Van Persie gestürmt hatten. Der Tages-Anzeiger hätte den FCZ ganz sicher kritisiert, wenn dieser Frey gezwungen hätte, in Zürich zu bleiben, und dessen Leistungen dann nicht mehr gepasst hätten. Für einen Klub wie den FCZ ist es alles andere als selbstverständlich, einen solchen Stürmer adäquat ersetzen zu können – und in einem Wintertransferfenster sowieso praktisch unmöglich. Versucht hat mans sicherlich.

«Er holte Spieler, ja, aber für die U-21, weil er da angeblich unterbesetzt war. «

«Angeblich»? Der FCZ hat schon seit vielen Jahren Mühe, Stürmer mit dem benötigten Level aus der U18 in die Promotion League-Equipe zu bringen. Entweder sie werden schon vorher von einem ausländischen Klub abgeworben, oder es ist im jeweiligen Jahrgang gar kein Stürmer auf diesem Niveau vorhanden. Nur drei Super League-Klubs unterhalten eine Promotion League-Mannschaft. Basel ist schweizweit top in der Entwicklung junger Stürmer. Sion hingegen verpflichtet einen grossen Teil seiner U21 extern. Der FCZ wiederum bringt auf anderen Positionen viele gute Talente heraus, hatte aber seit Josip Drmic (vor bald 10 Jahren) kein Sturm-Toptalent aus der eigenen U18 mehr. Man ergänzt daher die Promotion League-Mannschaft schon seit vielen Jahren auf dieser Position mit Spielern aus auswärtigen Nachwuchsabteilungen – die Namen Jordi Nsiala, Aldin Turkes, Kilian Pagliuca oder Shpetim Sulejmani sind dem Tages-Anzeiger vielleicht ein Begriff – vielleicht aber auch nicht… Bei U21-Spielen im Heerenschürli sucht man auf jeden Fall Tages-Anzeiger Sportjournalisten jeweils vergebens. Wie kommt es daher zu dieser Einschätzung einer «angeblichen» Unterbesetzung? Fakten? Wissen? Oder eine weitere flapsige Behauptung ohne jegliche Basis?

«Dafür gibt er Victor Palsson ab. Und macht Kevin ­Rüegg zum Nachfolger des Isländers als Captain. Sportchef Thomas Bickel sagt, dieser Entscheid verkörpere die Philosophie des FCZ. Rüegg allerdings ist überfordert mit der Aufgabe, mit seinen 20 Jahren ist er alles, nur keine Führungsfigur, kein Palsson. Nicht jeder ist in diesem ­Alter ein Matthijs de Ligt.»

Wenn im Winter statt Victor Palsson Antonio Marchesano nach Deutschland gewechselt wäre, dann würde nun dieser vom «Tages-Anzeiger» in den Himmel gelobt. Palssons miserable Leistungen vor und nach der Winterpause vor Jahresfrist hatten wohl auch ihren Anteil an der damaligen Freistellung von Trainer Uli Forte. Der Isländer hat in seiner Karriere ständig den Klub gewechselt. Er wollte schon im Sommer gehen – und würde man den Leistungen Palssons heute auf dem Platz ansehen, dass er eigentlich weg wollte, würde der FCZ vom «Tagi» auch bei ihm heftig dafür kritisiert werden, ihn nicht gehen gelassen zu haben. Kevin Rüegg macht persönlich eine gute Entwicklung durch. Er hilft zugunsten der Mannschaft wegen Verletzungen im Mittelfeld aus, was auf der sportlichen Schiene kein Vorteil für ihn ist.

«Je schlechter die Resultate geworden sind, desto mehr haben Präsident Ancillo Canepa und Trainer Ludovic Magnin dazu ­geneigt, über die Schiedsrichter herzuziehen. Canepa nennt sie «dünnhäutig», ausgerechnet er»

Mit gleichen Ellen gemessen müsste man dann analog schreiben: „Der Tages-Anzeiger neigt dazu, über Ancillo Canepa herzuziehen“, denn er bezeichnet diesen ja hier ebenfalls implizit als dünnhäutig. Wäre nicht schlimm, aber dann müsste fairerweise an dieser Stelle auch eine Tagi-Einschätzung der Schweizer Fussball-Schiedsrichter folgen. Vielleicht empfindet der „Tagi“ ja einzelne Schweizer Schiedsrichter ebenfalls als dünnhäutig, aber dies zuzugeben würde die ganze Rhetorik über den Haufen werfen. Oder man hat gute Begründungen, warum dies nicht so ist.

«Magnin bezeichnet sie einmal gar als «Betrüger».»

Magnin bestreitet dies – das müsste zumindest erwähnt werden. Oder war der «Tagi» live dabei?

«Lange haben sie von zwei ­Siegen gelebt: von jenem vor einem Jahr im Cupfinal gegen YB und jenem im Oktober in der Europa League gegen Leverkusen. Magnin nutzte das, um sich als Trainer für grosse Spiele zu inszenieren. Inzwischen ist er nur noch ein Trainer für Niederlagen, acht sind es allein in der Rückrunde.»

Da wird wieder einiges verdreht, verschwiegen und misinterpretiert. Erstmal: Magnin ist als Spieler mit dem kleinen Yverdon in die Super League aufgestiegen, wurde als einer von ganz wenigen Bundesligaspielern der Geschichte mit zwei verschiedenen Klubs Deutscher Meister, ohne jemals bei Bayern gespielt zu haben – und in der Nationalmannschaft spielte er ebenfalls am besten, wenn es gegen grosse Gegner oder um wichtige Spiele ging. Als Trainer der FCZ U18 beendete er die Finalrunde auf dem fünften Platz, sein Team legte dann in den Playoffs einen Steigerungslauf hin, war in Viertelfinal, Halbfinal und Final gegen Servette, Basel und GC jeweils das bessere Team und wurde Schweizer Meister (im Bild unter anderen: Maren Haile-Selassie, Kevin Rüegg, Fabian Rohner, Bojan Milosavljevic, Dimitri Volkart, Gianni Antoniazzi, Arbenit Xhemajli). Als kurzzeitiger Co-Trainer der 1. Mannschaft gewann er an der Seite von Uli Forte den Schweizer Cup. Magnin war nie ein herausragender Spieler und als Trainer hatte er erst einen sehr kleinen Weg zurückgelegt, trotzdem riefen er und seine Teams zumindest in den «grossen Spielen» überdurchschnittlich häufig die Bestleistung ab und überzeugten durch Mentalität. Magnin als «Mann für die grossen Spiele» ist keine «Inszenierung», sondern schlichtweg Fakt aus Sicht eines aufmerksamen Chronisten. Nur für jemanden, der Magnin als Trainer noch nicht kannte und sich auch nicht mehr richtig an seine Spielerkarriere erinnern konnte, musste das seltsam klingen. «Ein Mann für die grossen Spiele» zu sein, bedeutet ja eben gerade nicht, dass man alles gewinnt – sonst wäre man ja der «Mann für alle Spiele». Es ist die Bezeichnung für jemanden, der weit davon entfernt ist, herausragend zu sein, es aber immer wieder in entscheidenden Momenten schafft, im Team über sich hinauszuwachsen. Und dies setzte sich in seiner Funktion als Cheftrainer der 1. Mannschaft fort: Meisterschaftsderby verloren, aber danach den Cup-Halbfinal gegen den gleichen Gegner gewonnen, Cupsieg im Wankdorf gegen Meisterschaftsdominator YB, einziger Sieg gegen den FCB in den letzten fünf Jahren (4:1) und in der ersten Hälfte der Europa League-Gruppenphase alle drei Spiele gewonnen. Gute erste Meisterschaftshälfte, aber dann eine Krise im Frühling.

«Der Vielredner kann ebenso wenig ausblenden, dass unter ihm kein Spieler besser geworden ist.»

Im Ernst? Yannick Brecher ist besser und konstanter als noch unter Uli Forte, Andreas Maxsø hat sich zu einem Top-Super League-Innenverteidiger entwickelt, Levan Kharabadze innert kürzester Zeit ans deutlich höhere Niveau in der Schweiz angepasst, die ultrajungen Sohm, Krasniqi und Omeragic wurden im richtigen Moment eingesetzt und überzeugten alle in grossem Masse. Der von vielen als «talentfrei» bezeichnete Fabio Dixon, welcher selbst in der U21 nicht zu den Überfliegern gehörte, kam in Neuenburg rein und rettete der Mannschaft bei seinem ersten Super League-Teileinsatz einen Punkt. Sogar Alain Nef und Andris Vanins scheinen im „hohen“ Alter wieder besser zu werden. Der von Uli Forte verschmähte Toni Domgjoni spielt als Stammspieler auf konstant gutem Super League-Niveau. Izer Aliu war vor seiner Verletzung auf gutem Weg zum Stammspieler. Dem über seine ganze Karriere hinweg immer in der Zweiten Reihe / Liga stehenden Antonio Marchesano gelangen unter Magnin im Cupfinal und gegen Leverkusen endlich die grossen Spiele, von denen er immer geträumt hatte. Auch ein Palsson oder Thelander zeigten im Cupfinal ihr mit Abstand bestes Spiel im FCZ-Dress. Benjamin Kololli, der sich bisher in seiner Karriere nie über längere Zeit auf Super League-Niveau etablieren konnte, versetzte Magnin in den Sturm, wo der Waadtländer besser zur Geltung kommt. Stephen Odey hat sich schneller als erwartet entwickelt, und Mirlind Kryeziu unter Magnin wieder an die Startelf rangekämpft. Kevin Rüegg wurde von Magnin mehrheitlich auf der Rechten Seite eingesetzt, wo Rüeggs Stärken deutlich besser zur Geltung kommen und wo er auch international auf sich aufmerksam machen konnte. Pa Modou ist konstanter geworden und schiesst neuerdings dank Sondertraining Tore mit Rechts und per Kopf. Selbst der «Forte-Spieler» Adi Winter hat seinen Züri Live-Notenschnitt diese Saison nochmal leicht gesteigert, und auch Salim Khelifi sich im Vergleich zu seiner schwierigen Zeit zuletzt in Braunschweig wieder etwas gefangen. Hekuran Kryeziu hat sich beim FCZ unter der Ägide Magnins im Offensivspiel verbessert, spielt schneller und direkter. Der in der Winterpause dazugestossene Joel Untersee zeigte nach harzigem Beginn zuletzt vor seinem zweiten verletzungsbedingten Ausfall vier Spiele in Folge gute bis sehr gute Leistungen. Assan Ceesay hat sich bis zu seinem mässigen Auftritt in Basel zuletzt Spiel für Spiel gesteigert. Lavdim Zumberi, dessen Super League-tauglichkeit in der Vergangenheit immer etwas fraglich war, zeigte in Napoli und gegen Basel erstaunlich reife Auftritte.

Nun ist es natürlich möglich, dass man bei einzelnen Spielern unterschiedliche Meinungen vertreten kann. Aber einfach salopp einen Satz wie «kein Spieler ist besser geworden» in die Druckerpresse zu schicken ohne Begründung, Beweise, Beispiele? Das ist schwach! Der Eindruck entsteht, dass die Autoren sich zu dieser Aussage gar nicht wirklich Gedanken gemacht haben. Aus Sicht von Züri Live jedenfalls kann man den Faktor «Entwicklung der Einzelspieler» als möglichen Grund für die aktuelle Resultatmisere streichen. Daran liegt es am wenigsten.

Fazit: es ist alles noch viel schlimmer für Zürich als gedacht. Nicht nur ist GC so gut wie abgestiegen, und der FCZ hat schwere Aufgaben vor sich, sondern auch der Tages-Anzeiger ist in akuter Abstiegsgefahr – von der 2. Liga Interregional in die 2. Liga Regional des Journalismus.

(Bild Drmic: CC BY-SA 3.0 Steindy, Ravet: CC BY-SA 3.0 Ludovic Peron, Tages-Anzeiger: CC BY-SA 4.0 Steven Lek no changes)

Rückrundenstart: zur Lage der Liga

Nicht dass es noch irgendjemanden erstaunen würde: als FCZ Sommer-Neuverpflichtung Benjamin Kololli sein Tor im Auswärtsspiel gegen AEK Larnaka mit einem unvermittelten Sprung in den drei Meter tiefen Stadiongraben vor den mitgereisten Fans feierte, setzte der Waadtländer nichts weiter als eine Tradition fort. Wenn im Schweizer Fussball irgendetwas verrücktes, unvorhergesehenes passiert, ist der FCZ nicht weit. Von unmöglichen Meisterschaftsentscheidungen in letzter Sekunde über Stiere und Marder, die aufs Spielfeld rennen bis zu Stromausfällen… – der Stadtclub scheint die Aura des Abnormalen und Unberechenbaren mit sich herumzutragen wo immer er auch hinreist. Pazzo. Wohl kein Zufall daher das Motto der Choreo im ersten Derby zum Saisonstart: «All Irr» – mit den Konterfeis von Ludo Magnin, Ancillo Canepa und Michi Frey im Zentrum.

Die sportlichen Verantwortlichen des Klubs haben das Ziel, mittel- bis langfristig wieder Richtung nationale Spitze vorzustossen. Dass dies noch ein langer Weg werden kann, ist klar. Der YB-Meistertitel wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Die Qualität und vor allem Mentalität in einzelnen Spielen über sich hinauszuwachsen hatte der FCZ in den letzten Jahren aber immer und sie wurde unter Trainer Ludo Magnin gar noch verstärkt. Als im Cupfinal, den man mit irren Last Minute-Wendungen gegen Thun und GC erreicht hatte, gleich eine ganze Reihe von Spielern besser agierten, als sie es eigentlich können, musste man sich schon die Augen reiben. Weiter gings im Jahr 2018 mit zwei hochverdienten Derbysiegen, drei gewonnenen Europa League-Duellen in Serie in der ersten Hälfte der Gruppenphase und einer starken Leistung im Heimspiel gegen YB (3:3), nachdem man zu Saisonbeginn in Bern (0:4) noch zu viel Risiko gegangen war.

Ähnlich verliefen die beiden Duelle mit dem FCB – zuerst überraschte und kontrollierte man die Rot-Blauen beim 1:1 im Letzigrund mit einer ungewohnten Taktik und hätte das Spiel unter normalen Umständen gewinnen müssen. Dann baute man Basel auswärts aber auch einmal mehr mit einer schlechten Halbzeit im St. Jakob Park wieder auf. Zudem ging dem Letzigrund-Team zum Ende der Vorrunde hin die Energie aus. Diese und ähnliche Entwicklungen wurden auf Züri Live bereits beim traditionellen Vorrundenrückblick im Anschluss an die letzte Partie gegen Lugano durchgekäut und haben von ihrer Aktualität auch anderthalb Monate später nichts eingebüsst – so wie auch die Diskussion einiger aus unterschiedlichen Gründen interessanter FCZ-Protagonisten des Herbstes wie Alain Nef, Benjamin Kololli, Victor Palsson oder Marco Schönbächler:

Und sonst so in der Liga? Nachdem der alte Basler Trick der «Wegbeförderung» von YB-Sportchef Christoph Spycher zur Nationalmannschaft nicht geklappt hat, müssen sich die Rot-Blauen wohl mehr denn je in den nächsten Jahren mit YB als ernsthaftem Konkurrenten herumschlagen – zumal die Zuschauerzahlen, welche die Basis der Potenz eines (Schweizer) Klubs bilden, sich immer mehr angleichen. In dieser Hinsicht hat sich übrigens auch der FCZ dem Rückrundenauftaktgeber St. Gallen angenähert, dessen Umsatz im Vergleich zu den Zürchern in den letzten Jahren immer etwa 7-10 Mio CHF höher gewesen war.

Aus anderen Gründen noch etwas höher liegt das geschätzte Budget des FC Sion, wo Spieler- und Trainerberater Donato Blasucci einmal mehr für seine Klienten Murat Yakin und Marcos Otero mit Verhandlungen und den daraus resultierenden langfristigen Vertragsverlängerungen sehr erfolgreich war. Im Wallis fiebert man bereits dem Cup-Viertelfinal am 27. Februar gegen Yakins Ex-Klub Basel entgegen. Neben Titelverteidiger FCZ und Meister YB sollte man den drittplatzierten FC Thun im Cup-Rennen nicht ausser Acht lassen. Die Berner Oberländer sind, nachdem sie ihr Team im Sommer zusammenhalten konnten, ambitioniert und träumen schon lange von der zweiten Cupfinalteilnahme nach 1955. Bei Luzern hängt vieles vom erfahrenen Offensivspieler Pascal Schürpf ab, bei GC von der jungen Entdeckung Djibril Diani. Lugano versucht, Vorteile aus den Spielerhändeln mit Juve zu ziehen.

Eine ähnliche Strategie, nur noch etwas akzentuierter, fährt eine Stufe tiefer das mittlerweile eng mit dem FC Lugano verflochtene Chiasso, welches alle sechs Monate die (sehr junge) Mannschaft jeweils komplett umbaut. Ganz anders der SC Kriens in seinem umgebauten Kleinfeld, der weitgehend auf seine seit Promotion League-Zeiten eingespielte Mannschaft setzt, zu der diesen Winter mit Albin Sadrijaj und Liridon Berisha zwei weitere Spieler aus dem FCZ-Nachwuchs gestossen sind. Rapperswil-Jona hat junge Spieler von praktisch allen grossen Super League-Klubs übernommen – als Partnerklub von GC, der eine Kooperation mit YB und einen ehemaligen FCZ (Academy)-Trainer in seinen Reihen hat.

Schaffhausen hat keine einfachen Wochen und Monate vor sich und muss neben dem Hinschied des langjährigen Präsidenten Aniello Fontana auch dem schleichenden Zuschauerschwund  entgegenwirken. Solche Probleme hat Rivale Winterthur nicht. Vor allem auch dank Rückkehrer Davide Callà spielen die Winterthurer Löwen wieder einmal an der Tabellenspitze mit. Dies ist keine Überraschung für jemanden, der Callà im Frühling im Kreise der FCB U21-Equipe beobachten durfte. Wil holt seit dem Amtsantritt von Trainer Konrad Fünfstück überdurchschnittlich viel aus seinen Möglichkeiten heraus. Im ersten Halbjahr von dessen Amtszeit konnten die Früchte der taktisch und läuferisch hervorragenden Arbeit seiner Equipe noch nicht geerntet werden, weil die Stürmer jegliche Torgefährlichkeit vermissen liessen. Seit Cortelezzi, Savic und Co. aber das gegnerische Gehäuse ab und zu wieder treffen, geht es auch in der Tabelle mit den Ostschweizern aufwärts.

Vaduz setzt wieder vermehrt auf Spieler aus dem Rheintal, sei es aus dem Liechtensteinischen, dem St. Gallischen oder dem Vorarlbergischen. Der frühere Züri Live-Experte Mario Frick baut vermehrt eigene Nachwuchskräfte ein, darunter seinen 17-jährigen Sohn Noah. Trotzdem bleibt Vaduz ambitioniert – wenn auch nicht im gleichen Masse wie der FC Aarau, welcher diesen Winter mit der Verpflichtung von Markus Neumayr das Kader mit einem weiteren langjährigen Super League-Routinier verstärkt hat. Zum Auftakt gegen den FC Wil gelang dem zuletzt beim Iranischen Traditionsklub Esteghlal engagierten Deutschen gleich ein Freistosstor aus sehr spitzem Winkel. Seine Laufleistung in dieser Partie war überschaubar, aber das wurde von mehreren seiner Mitspieler kompensiert.

Die weiteren Aufstiegsfavoriten neben Aarau sind und bleiben aber natürlich die beiden ewigen Rivalen Lausanne-Sport und vor allem Servette. Die Genfer haben die Mannschaft, welche letzte Saison im Aufstiegsrennen gegen ein immer wieder effizientes Xamax gescheitert war, zusammengehalten und weiter verstärkt. Seinen Teil zur Servette-Tabellenführung nach der Vorrunde beigetragen hat auch Stürmer Alexandre Alphonse (36), welcher einiges fitter und robuster wirkt, als er es selbst zu seinen besten FCZ-Zeiten (211 Wettbewerbspartien für den Stadtclub) je war.

Die drittklassige Promotion League hat sich mittlerweile ganz klar etabliert und bewährt. Das Niveau ist deutlich höher als es in der dreigleisigen 1. Liga je war – und es nimmt von Jahr zu Jahr weiter zu. Ambitionierte 1.Liga-Teams wollen unbedingt in die Promotion League aufsteigen und in dieser Liga wiederum gibt es eine Reihe von Klubs, die das Ziel Challenge League haben. Zu letzteren gehört aber ursprünglich nicht zwingend der aktuelle Tabellenleader Stade Lausanne-Ouchy. Dieser spielt seit Jahren mit mehr oder weniger derselben Mannschaft und hat mit dieser den FCZ im Cup schon zwei Mal fordern können. Nun haben die Waadtländer mit dieser nur punktuell verstärkten Equipe in der Vorrunde deutlich ambitionierteren Klubs wie Yverdon, Stade Nyonnais oder Bellinzona den Garaus gemacht.

Würde «SLO» überhaupt aufsteigen wollen, und wenn ja, wo würden sie spielen? Auf der Pontaise beziehungsweise im neuen Stadion auf den Tuilières? Auf Anfrage von Züri Live geben sich die Verantwortlichen zuversichtlich, dass sie (wohl mit ein paar infrastrukturellen Anpassungen) auch in ihrem direkt am See in Vidy gelegenen Kleinstadion «Juan Antonio Samaranch»  in der Challenge League spielen dürften. Zumindest ist die Anfrage bei der Liga deponiert. Die Reserve-Equipe des FCZ profitiert enorm vom stetig steigenden Niveau der Promotion League mit vielen ambitionierten Equipen, muss sich gleichzeitig aber auch etwas einfallen lassen, um die Liga halten zu können. Für die Rückrunde wird die Equipe von Trainer Marinko Jurendic daher in der Abwehr wohl mit Routinier José Gonçalves (Ex-Winterthur und -Thun) verstärkt werden, genauso wie durch Einsätze der jungen neu verpflichteten Stürmer Binous, Andereggen und Kasai.

 

Weiter harmlos bei Standards, irreguläres Tor zum 1:2 / FCZ – Sion Analyse und Highlights

Der FCZ verliert nach acht Monaten erstmals wieder ein Heimspiel – und dies gegen Murat Yakins FC Sion. Damit ist die Bilanz von FCZ-Trainer Magnin gegen den Ex GC-Trainer nach den drei Derbies im März/April und dem dank Einwechselspieler Assan Ceesay spät errungenen 2:1-Erfolg im Tourbillon wieder ausgeglichen. In der Startaufstellung fehlen Umaru Bangura und Toni Domgjoni, welcher zuletzt in seinen Leistungen etwas stagniert hatte. Das 1:0 durch Antonio Marchesano in der 62. Minute schien der späte Lohn für eine gute 1. Halbzeit und mehrere Topchancen zu sein. Andreas Maxsö hatte das Tor mit einem magistralen Pass auf den eben eingewechselten Salim Khelifi eingeleitet. Nach den drei Assists in Luzern war Khelifi damit erneut in der Meisterschaft Assistgeber.

Allerdings kam vom Waadtländer danach nicht mehr viel. Stattdessen gelang in der 71. Minute Pajtim Kasami nach einem Sion-Konter der Ausgleich zum 1:1. Dieser Gegentreffer war beinahe eine Kopie des 1:1-Gegentreffers in Luzern und deshalb speziell ärgerlich. Der FCZ agiert im Anschluss an einen eigenen Eckball erneut überaus risikoreich. Sechs Zürcher stehen annähernd auf einer Linie vor dem Sion-Strafraum, als Hekuran Kryeziu zu einem hohen Ball ansetzt. Kommt Kryezius Ball gut und zügig nach ganz rechts aussen, wo die «Weissen» eine klare Überzahl haben, dann kann daraus eine weitere Topchance auf das 2:0 entstehen (siehe untenstehenden Screenshot).

Kryeziu spielt den Ball aber nicht ideal in den linken Bereich des Strafraumes, wo Verteidiger Ndoye keine Probleme hat, vor Maxsö an den Ball zu kommen. Weil Khelifi zu wenig energisch eingreift, kommt der Sion-Gegenangriff ins Rollen. Palsson nimmt sich mit einer erfolglosen Grätsche gegen Kasami selbst aus dem Spiel und kann dadurch nachher nicht mehr eingreifen. Pa Modou macht den Raum für Lenjani auf, indem er ebenfalls erfolglos vorrückt, um Kasami anzugreifen. Dieser könnte nun den Ball steil auf Lenjani spielen, welcher damit alleine vor Torhüter Brecher auftauchen würde. Da Kasami aber das Tor selbst erzielen will, zieht er den Pass auf Lenjani nach aussen und sprintet selbst in die Abschlussposition im Zentrum.

Genauso wie vor anderthalb Monaten im Tourbillon der eingewechselte Assan Ceesay für den FCZ-Sieg gesorgt hatte, war diesmal mit Adryan für Sion ebenfalls ein Joker für den entscheidenden Schwung zum Auswärtssieg im Letzigrund verantwortlich. Der Brasilianer leitete mit einem schnellen Antritt über links das 1:2 ein. Ein Tor, welches allerdings auf irreguläre Weise zustandekam und für den FCZ weitere schmerzhafte Folgen mit sich bringt. Kevin Rüegg hat im eigenen Strafraum einen kurzen Moment die Möglichkeit, den Ball über die Grundlinie zu klären – lässt diese aber verstreichen. Im nächsten Moment rauscht Adryan heran und streckt Rüegg mit der Sohle voran nieder (siehe untenstehenden Screenshot).

Aufgrund dieses Fouls fällt Rüegg nun mit Teilriss des Innenbandes im Rechten Knie mehrere Wochen aus! Damit nicht genug: Im Anschluss an diese Szene stiess Pajtim Kasami Andreas Maxsö in Alain Nef hinein und setzte damit gleich zwei weitere Zürcher aufs Mal ausser Gefecht (siehe untenstehenden Screenshot). Mit drei Zürcher Verteidigern am Boden war der Weg nun frei für den eingewechselten Yassin Fortune, den 2:1-Siegtreffer zu erzielen. Dass der ansonsten gut pfeifende griechische Referee Anastasios Papapetrou gleich beide regelwidrigen Aktionen im Getümmel übersah, ist die eine Geschichte. Weit weniger entschuldbar ist, dass die übertragenden TV-Stationen (und damit auch alle anderen Medien) trotz eindeutiger Bilder, Zeitlupen und mehreren Blickwinkeln einmal mehr so taten, als sei nichts passiert.

Kurz nach dem Gegentor wechselte Ludo Magnin als dritten Einwechselspieler Adrian Winter für Züri Live-MVP Roberto Rodriguez ein, der sich auch diesmal auf der Rechten Seite gut mit Rüegg ergänzt und eine Saisonrekordzahl von sieben Flanken in den Strafraum gebracht hatte – darunter die Idealvorlage für Ceesay bei dessen Pfostenschuss aus spitzem Winkel. Offenbar hatte Rüegg eine Minute nach Adryans Foul noch das Gefühl, weiterspielen zu können oder zu müssen und blieb auf dem Feld – mit zunehmender Spieldauer in der Schlussphase aber mehr und mehr humpelnd. Rüegg blieb nicht das einzige Verletzungsopfer der Partie. Schon in der 50. Minute hatte der Medizinische Masseur Rolf Schumann Stephen Odey nach dessen Zusammenprall mit Sion-Keeper Kevin Fickentscher auf der Schulter in die Kabine tragen müssen.  

Dem FCZ nützt es am Ende der Partie nichts, dass er gegen Sion ausnahmsweise mal das zweikampfstärkere Team stellt und mehrmals von groben Schnitzern des Ex GC-Verteidigers Jan Bamert profitieren kann. Weiterhin zu ungefährlich ist das Letzigrund-Team bei Standards. Benjamin Kolollis Freistoss- und Cornerbälle sehen zwar meist ästhetisch hübsch aus, sind aber wenig effektiv. Nach dem FC Thun hat der FCZ in dieser Saison bisher am zweitwenigsten Kopfballtore aller Super League-isten erzielt. In den letzten Jahren hat in solchen Situationen ein Wechsel des Standardspezialisten meist kurzfristig einen positiven Effekt gehabt, auch weil die Gegner dann jeweils nicht auf dessen Stil eingestellt sind. Ausserdem spielt Kololli seine Standards gerne direkt – mit kurz gespielten Cornern und Freistössen schien der FCZ in den letzten Jahren aber mehr Erfolg zu haben. Eines der raren Beispiele eines kurz gespielten Standards in der jüngeren Vergangenheit war der Eckball zum 1:0-Siegtreffer von Victor Palsson gegen Ludogorets, wo Kololli kurz angespielt aus einer besseren Position flanken konnte, als bei einem direkt ausgeführten Corner.

 FCZ – Sion 1:2 (0:0)

Tore: 62. Marchesano (Khelifi) 1:0, 71. Kasami (Lenjani) 1:1, 82. Fortune (Adryan) 1:2.

FCZ: Brecher; Rüegg, Nef, Maxsö, Pa Modou; Palsson; Marchesano, H. Kryeziu; Rodriguez (84. Winter), Kololli (59. Khelifi); Odey (50. Ceesay).

Sion: Fickentscher; Maceiras (63. Abdellaoui), Ndoye, Bamert, Morgado; Mveng, Neitzke, Kouassi; Kasami, Lenjani (77. Fortune); Philippe (63. Adryan).

 

(Screenshots: Teleclub)

Elan schlägt Erfahrung / Analyse & Highlights FCZ – Ludogorets 1:0

Der FCZ fügt dank dem 1:0-Siegtreffer von Captain Victor Palsson in der Schlussphase der zweiten Europa League-Partie Ludogorets Razgrad nach sechs ungeschlagenen Partien deren erste Auswärtsniederlage in der Europa League-Gruppenphase zu – und baut gleichzeitig die eigene Ungeschlagenheits-Serie von mittlerweile neun Europacupheimspielen aus. Wiederum zeigte das Letzigrund-Team eine solidarische Leistung, auch wenn die Intensität nicht ganz an diejenige beim Auswärtsspiel in Zypern gegen Larnaka heranreichte und kein FCZ-ler eine herausragende Leistung zeigte. Dass es trotzdem zum 1:0-Heimsieg reichte, lag unter anderem auch am Gegner, dem vor allem in der Zweiten Halbzeit neben provozierten auch viele «unforced Errors» unterliefen.

Aus FCZ-Sicht gab es Parallelen zum Heimspiel (0:0) gegen Xamax vor vier Tagen, aber auch einige Unterschiede. Zu den Ähnlichkeiten gehörte, dass man in der Defensiven Phase fast nichts zuliess und dass der Gegner in der Innenverteidigung und auf der Torhüterposition Schwachpunkte hatte, die man (lange Zeit) nicht auszunutzen vermochte. Zu den Unterschieden gehörte vor allem die Anzahl der selbst herausgespielten Torchancen, die gegen Xamax im bisherigen Saisonvergleich sehr hoch und gegen Ludogorets sehr tief war. Somit konnte man mit der ominösen «Effizienz» im Abschluss nun wieder zufrieden sein, nachdem diese am Sonntag noch als Hauptursache für zwei verlorene Punkte hatte herhalten müssen.Eine Mannschaft ist so gut wie ihr schwächstes Glied. Und gegen Ludogorets war kein einziger der eingesetzten Spieler ungenügend – was selten vorkommt. Es war auf der anderen Seite auch keiner überragend. Die Wahl zum MVP geht im Vergleich mit Umaru Bangura knapp an Benjamin Kololli, der an praktisch allen gefährlichen Offensivaktionen beteiligt war. Für beide war es wohl die beste oder zumindest eine der besten Leistungen der bisherigen Saison, auch wenn der Abend sowohl für den Innenverteidiger wie auch den linken Aussenspieler nicht ohne Patzer verlief. Auch die eingewechselten Rodriguez und Ceesay waren wichtig, damit es am Ende noch zum Dreier reichte.Toni Domgjoni provozierte mit seinem Nachsetzen an der Mittellinie Innenverteidiger Cosmin Moti zu einem verunglückten Rückpass Richtung Torhüter Renan, aus welchem der entscheidende Corner von Kololli und Rodriguez resultierte. Der 33-jährige Moti (ausgesprochen: «Mozzi») steht sinnbildlich für die an diesem Abend gegen die jugendliche Frische und dem Willen der vielen Europacup-Newcomer im Team des FCZ sich nicht durchsetzende Routine der Gäste aus dem Balkan. Vor mehr als 10 Jahren sass er bereits im damals neuen Letzigrund an der EM 2008 im Rumänien-Dress gegen Frankreich (0:0) und Italien (1:1) auf der Ersatzbank und konnte seither unter anderem 90 Europacupspiele für Dinamo Bukarest und Ludogorets Razgrad bestreiten. Davon war am Donnerstagabend letztendlich nicht viel zu sehen.

FCZ – Ludogorets 1:0 (0:0)

Tor: 84. Palsson (Kololli) 1:0.

FCZ: Brecher; Nef, Bangura, Maxsø; Rüegg, Palsson, H. Kryeziu, Kololli; Domgjoni; Odey (81. Ceesay), Schönbächler (70. Rodriguez).

Ludogorets: Renan; Cicinho, Moti, Nedyalkov, Nathanael; Marcelinho (79. Mahiangu), Dyakov (70. Goralski), Campanharo; Lukoki, Brandao (70. Swierczok), Wanderson.

 

Interviews und Geschichten des Europa League-Auftaktsieges nach Mitternacht in Nikosia

Da ist es wieder, das Cupgesicht des FC Zürich. Der Europacup-Auftakt ist mit dem 1:0-Auswärtssieg gegen AEK Larnaca rundum geglückt. Zum ersten Mal kann der FCZ in einer Europa League-Gruppenphase ein Auswärtsspiel gewinnen! Und AEK Larnaca mit seiner Wahnsinns-Europacupheimserie (sieben Spiele, 20:0 Tore!) kommt dank der solidarischen Leistung der Limmatstädter praktisch nie dazu, seine gefürchteten Bälle hinter die gegnerische Abwehr spielen zu können. Die Gesamtleistung des Magnin-Teams erinnerte an die starken Auftritte in den entscheidenden Spielen des nationalen Cupwettbewerbes. Das sah auch der Zürcher Trainer nach der Partie so: „Wir schaffen es, uns in grossen Momenten zu steigern. Der nächste Schritt ist nun, dass wir lernen müssen, im „Alltag“ solche Leistungen auf den Platz zu kriegen, Routine zu gewinnen.“

Hekuran Kryeziu zeigte sein bisher bestes Spiel im FCZ-Dress und Captain Victor Palsson präsentierte sich annähernd in Cupfinal-Form. Bei Stephen Odey sind von Spiel zu Spiel Fortschritte zu erkennen und Assan Ceesay feierte ein gelungenes Début, auch wenn Trainer Ludo Magnin im Interview mit Züri Live noch „viel Arbeit“ für diesen vor sich sieht. Arbeit, die im Falle von Odey langsam aber sicher Früchte trägt.

Ceesays Landsmann Pa Modou ist hingegen seit dem Lugano-Spiel kurz vor der Nati-Pause von einem Moment auf den anderen in ein Leistungsloch gefallen – die Gelb-Rote Karte nach Zeitspiel und Foul passt da ins Bild. Dem immer wieder angeschlagenen Umaru Bangura unterliefen zudem in der Starthalbstunde fast im Fünfminutentakt grobe Fehlzuspiele. Das wirkliche Sorgenkind ist aber Izer Aliu. Vom Fuss bis weit über das Rechte Knie dick einbandagiert, bewegt der 18-jährige sich nach dem Spiel als einziger Zürcher mit einer nachdenklich-bitteren Miene an Krücken Richtung Mannschaftsbus. Bei seinen Comebacks in Lugano und bei Breitenrain hatte er bereits wieder gute Ansätze gezeigt. Die Art der im Abschlusstraining in Nikosia zugezogenen Verletzung wird nach der Rückkehr in Schweiz (die Mannschaft fliegt um die Mittagszeit) genau analysiert werden, aber es könnte sich um eine Knieverletzung mit längerer Ausfalldauer handeln. Neben der Leistung des FCZ, der Larnaca als erstes europäisches Team diese Saison zähmen und zurückbinden konnte, war Benjamin Kolollis Jubel vor der Südkurve nach seinem von Antonio Marchesano herausgeholten Handspenalty das Thema des Abends. Der Waadtländer hatte Routinier Toño im Larnaca-Tor in die falsche Ecke geschickt, dann die erste Bande übersprungen, dann die zweite …und…oh Schock!….dahinter war ein tiefes Loch. Glücklicherweise konnte der Flügelspieler, der in der Schlussphase für Pa Modou weiter nach hinten rückte, von den Teamkollegen unverletzt wieder hochgezogen werden.

Alibiaktionen kommen FCZ in Offensivpoker teuer zu stehen / YB – FCZ 4:0 Analyse & Highlights

Führt man sich den mit 2:1 gegen YB gewonnenen Cupfinal Ende Mai und das mit 0:4 verlorene Meisterschaftsspiel gegen den gleichen Gegner vom Sonntag nochmal zu Gemüte, sind bei nüchterner Betrachtung viele Parallelen zu erkennen. Man sieht in beiden Partien einen FCZ, der proaktiv und aggressiv in die Partie steigt, für Wirbel sorgt und den Gegner vor Probleme stellt. Auf Zürcher Seite haben sich in der Zwischenzeit nur zwei Personalien geändert: die neuverpflichteten Hekuran Kryeziu und Benjamin Kololli stehen für die Abgänge Rasmus Thelander und Cédric Brunner in der Startformation. Die Aufstellung ist personell gesehen also offensiver und formiert sich zu Beginn der Partie zudem in einem 4-3-3, statt wie im Cupfinal im 3-5-2.

Bei YB gibt es fünf personelle Änderungen im Vergleich zu vor zwei Monaten. Davon sind zwei leistungsmässig als neutral zu bewerten (Von Ballmoos für Wölfli, Moumi für Assalé) – drei Änderungen stellen hingegen eine klare Qualitätssteigerung auf Seiten der Berner dar: Sow für Bertone im Mittelfeld sowie in der Verteidigung Mbabu und Wüthrich für die im Final völlig indisponierten Lotomba und Nuhu. Wenn man in die Details geht, eröffnen sich weitere Parallelen zum Cupfinal: so konnte auch diesmal Adrian Winter eine Topchance alleine vor dem gegnerischen Torhüter nicht nutzen.

Michi Frey seinerseits vermochte wie schon vor zwei Monaten seine erste Abschlusschance ebenfalls nicht in ein Tor ummünzen – mit dem Unterschied, dass er diesmal aber im ganzen Spiel nur zu einem einzigen Abschluss kam. Im Vergleich zu den beiden Auftaktsiegen gegen Thun (10) und GC (7) erarbeitete sich der FCZ bei YB (11) aber trotz Niederlage eine grössere Anzahl Torchancen. Allerdings konnten die YB-Abwehrspieler den Gegner gerade in der Luft jeweils beim Abschluss dergestalt stören, dass die Bälle mit Ausnahme des von Jean-Pierre Nsamé auf der Linie geretteten Kopfballs Mirlind Kryezius nicht gefährlich aufs Tor kamen.

Einen klaren Unterschied zum Cupfinal können wir dann aber erkennen, wenn wir uns die Szene anschauen, die zur ersten YB-Topchance durch Christian Fassnacht in der 9. Minute geführt hat. Beide Teams gehen viel Risiko – mehr als man es im Normalfall in einem Cupfinal machen würde. Wir sehen im untenstehenden Standbild sechs Gelb-Schwarze im Pressing weit in der Zürcher Hälfte gegen vier Zürcher. Sechs FCZ-ler stellen sich derweil nahe der Mittellinie frei. Mirlind Kryeziu ist am Ball. Gelingt es ihm, einen seiner Mitspieler hinter dem Berner Pressingblock, so anzuspielen, dass dieser den Ball schnell unter Kontrolle bringen kann, hat der FCZ eine Überzahlsituation Richtung Berner Tor. Gelingt den Bernern hingegen der Ballgewinn, haben sie Überzahl Richtung Zürcher Tor. «All in» also… – ein Pass und ein anschliessender Zweikampf, der möglicherweise bereits über das speziell bei diesen Temperaturen vorentscheidende erste Tor entscheidet.

Entscheidend ist in diesem Zusammenhang nun, dass die Berner Pressingaufstellung nahezu perfekt ist. Die Passwege diagonal in die Mitte oder nach Rechts vorne erscheinen für Kryeziu zu riskant – auch weil der Ball dann länger unterwegs ist, und abgefangen werden könnte. Als Anspielstation bietet sich einzig Pa Modou links an der Seitenlinie an. Dieser steht aber nicht zufällig frei. Kevin Mbabu (zum Zeitpunkt des Passes noch nicht im Bild) lauert hinter der Mittellinie. Damit wird Kryeziu die Option genommen, Pa Modou in die Tiefe anspielen zu können. Da zudem gleichzeitig Sulejmani Kryeziu (aus des Zürchers Sicht) von links anläuft, ist dieser gezwungen, den Ball hoch (und mit dem schwächeren Rechten Fuss) zu spielen. Dies bedeutet im Endeffekt, dass Pa Modou «festgenagelt» ist. Er kann dem Ball weder nachjagen, noch diesem entgegenkommen, da dieser sonst über ihn hinwegfliegen würde. Dies erhöht die Chancen für den sich in Bewegung befindlichen anstürmenden Mbabu ganz wesentlich, gegen den gezwungenermassen «statischen» Pa Modou den Ball zu gewinnen, was dann aus Berner Sicht auch klappt. Der Rest müsste bei einer solchen Überzahl im Umschaltspiel für ein Team wie YB eigentlich Formsache sein, aber Fassnacht haut den Ball aus bester Abschlussposition übers Zürcher Gehäuse.

Die im Standbild abgebildete Situation ist vergleichbar mit «Schwarz», welches gerade «Schach» gesagt hat – … und «Weiss» ist am Zug. Ein Rückpass zu Brecher hätte die Lage wohl nicht verbessert – im Endeffekt die beste Variante wäre wohl gewesen, einen «Zug» herzuschenken und den Ball weit in der gegnerischen Hälfte über die Seitenlinie zu jagen – aber wer macht das schon? Wie ist der FCZ aber überhaupt erst in diese Bredouille gekommen? Hier kommt die Personalie Hekuran Kryeziu ins Spiel. Der neue Zentrale Mittelfeldspieler hatte bereits in den ersten beiden Partien gegen Thun und GC zwar in gewissen Situationen gute Ansätze gezeigt, fiel aber auch durch Nonchalance und Unaufmerksamkeit in anderen Situationen auf. Wenn zwei Teams wie YB und der FCZ auf diesem Niveau so viel Risiko gehen, dann entscheiden Details. Das entscheidende Detail in dieser Aktion ist «Heki», der Momente zuvor etwas gedankenverloren einen Alibipass auf Pa Modou spielt, ohne die sich zuziehende Berner Schlinge auf der linken Zürcher Abwehrseite zu bemerken (siehe Standbild unten). Kryeziu hätte sich hier zwingend drehen und einen Seitenwechsel auf die Rechte Seite spielen müssen – sei es direkt, oder indirekt über Mirlind Kryeziu. Dann hätte die Topchance Fassnachts vermieden werden können.

Eine sehr ähnliche Situation liegt beim Berner 2:0 in der 15. Minute vor. Wieder pressen sechs Berner sehr weit vorne in der Zürcher Platzhälfte – diesmal ausgerichtet auf den in Zentraler Position am eigenen Strafraum sich in Ballbesitz befindlichen Toni Domgjoni. Dieser wird vom schnellen Djibril Sow unter Druck gesetzt – wieder von links angelaufen. Wieder könnte es eine Toptorchance für den FCZ geben, wenn dieser es schafft, sich zu lösen – oder eine Toptorchance für YB bei einem «Turnover» des Ballbesitzes. Jetzt in diesem Moment die entscheidende Anspielstation zur Verfügung zu haben, macht für Domgjoni und den FCZ potentiell den ganzen Unterschied zwischen einem 1:1 und einem 0:2 aus. Wiederum schauen wir auf Hekuran Kryeziu. Dieser scheint auch diesmal die Spielsituation nicht erfasst zu haben. Anstatt seinem Mitspieler die entscheidende Anspielstation halbrechts anzubieten, die Domgjoni sogar mit einem flachen Ball bedienen und damit gleich sechs Berner aufs Mal überspielen könnte, läuft «Heki» in die genau umgekehrte Richtung (siehe Standbild unten).

Mit welchem Ziel ist nicht ganz klar: um Antonio Marchesano Gesellschaft zu leisten? Auf jeden Fall befinden sich nun sowohl Marchesano wie auch Hekuran Kryeziu in einem für Domgjoni «Toten Winkel». Dieser ist nun gezwungen, den langen Ball Richtung Winter / Rüegg zu spielen. Und da passiert dann wieder dasselbe wie schon bei der Chance Fassnachts in der 9. Minute. Der dynamische YB-Aussenverteidiger (diesmal Loris Benito) kommt angebraust, gewinnt den Ball, reicht diesen Sulejmani weiter und dieser hat dann aus dieser Situation heraus auf einen Schlag gleich drei Mitspieler als Anspielstationen zur Auswahl, die alle alleine Richtung Yanick Brecher ziehen können! Sulejmani entscheidet sich für Fassnacht und dieser trifft diesmal mit seinem stärkeren Rechten Fuss.

Zuvor hatte YB den Ball durch das Schaffen einer lokalen Überzahl auf der rechten Seite nach vorne zum Zürcher Strafraum gebracht (siehe Standbild oben). Eine solche Szene war auch der Ursprung des Berner 0:3 kurz vor der Pause. Der FCZ ist kollektiv nach links verschoben, Hekuran Kryeziu geht einen Tick zu optimistisch in den Zweikampf mit Wüthrich und verliert daher das Laufduell mit diesem – der Seitenwechsel auf die offene Rechte Zürcher Abwehrseite bringt dann Rüegg in die Bredouille, der aber im Zweikampf mit dem starken Miralem Sulejmani trotzdem nichts falsch macht. Die Flanke Sulejmanis hätte auch Rüeggs stark aufspielender Berner Konterpart Kevin Mbabu nicht verhindern können. Schlussendlich unterlief dem eigentlich gut positionierten Yanick Brecher bei dieser Flanke dann ein seltsamer Moment des Zögerns, was zur verunglückten Abwehr direkt auf den Kopf Guillaume Hoaraus am entfernten Pfosten führte.

Bleibt in der Ersten Halbzeit der 0:1-Führungstreffer Miralem Sulejmanis in der 12. Minute. Bei diesem profitierte YB nicht zum ersten Mal gegen den FCZ bei einem vorentscheidenden Treffer im Wankdorf von einem fälschlicherweise nicht gepfiffenen Stürmerfoul. Dies obwohl Ref Urs Schnyder gute Sicht auf die Szene hatte, als Guillaume Hoarau Adi Winter mit einem Stoss in den Rücken aus dem Gleichgewicht und um den Ballbesitz brachte (siehe Standbild unten).

Anschliessend folgte eine für die relativ deutlichen Vorteile der Berner in den Zweikämpfen typische Szene. Während YB häufig zu zweit oder gar zu dritt den ballführenden Zürcher angriff, liess ein Zürcher Trio angeführt von Hekuran Kryeziu Miralem Sulejmani und Djibril Sow auf der Seite gewähren. Victor Palsson schaltete gegen Guillaume Hoarau zu spät vom Relax- in den Attackemodus um, und Adi Winter liess Sulejmani für einen kleinen Augenblick aus den Augen. Das 0:4 in Halbzeit Zwei unterschied sich zu den ersten drei Toren insofern, als es das erste Kontertor des Spiels nach Ballgewinn in der eigenen Hälfte war. In personeller Hinsicht änderte sich hingegen nichts. Hekuran Kryeziu bleibt stehen und fordert Namensvetter Mirlind auf, sich das Leder zu krallen, obwohl Christian Fassnacht näher beim Ball steht –  so können die Berner mit einem zwei gegen eins Richtung FCZ-Tor ziehen.

Zusammenfassend ist der FCZ also grundsätzlich ähnlich engagiert in die Partie gegangen, wie im Cupfinal. Und es war nicht so, wie von Teleclub-Kommentator Michael Fritschi geurteilt, und danach von anderen Berichterstattern übernommen, dass die Aussenverteidiger Pa Modou und Rüegg «geschlafen» hätten. Beide Teams gingen mit viel Risiko in die Partie und dazu gehörte, dass Pa Modou und Rüegg bei eigenem Spielaufbau sehr hoch standen. In solchen Situationen entscheiden Details, und da war beim FCZ in allen entscheidenden Szenen speziell Mittelfeldspieler Hekuran Kryeziu jeweils nicht auf dem Posten. Ein weiterer wichtiger Unterschied zum Cupfinal war die bessere personelle Besetzung YBs speziell in den Personalien Mbabu, Wüthrich und Sow an Stelle von Lotomba, Nuhu und Bertone. Im Zweikampf sind die YB-Aussenverteidiger Mbabu und Benito zur Zeit nur schwer zu überwinden. Es bräuchte bessere spielerische Mittel oder noch mehr Speed (Rohner? Schönbächler?). Ausserdem machte der FCZ vorne zu wenig aus seinen Möglichkeiten. Benjamin Kololli zögerte freigespielt von Züri Live-MVP Toni Domgjoni gleich zu Beginn im gegnerischen Strafraum zu lange – genauso wie später Adrian Winter alleine vor Torhüter Von Ballmoos. Winter verhinderte dazu beim Stand von 0:2 eine «hundertprozentige» Torchance Domgjonis, als er den idealen Steilpass Antonio Marchesanos gleich selbst «abfing» (siehe Standbild unten).

Domgjoni brachte zudem drei Meter vor der gegnerischen Torlinie nach starker Vorarbeit Stephen Odeys den Ball nicht im Netz unter. Und mehrere gute Kopfballchancen konnten nicht genutzt werden – unter anderem klärte Jean-Pierre Nsamé eine solche von Mirlind Kryeziu auf der Linie.  Taktisch startete der FCZ mit einem 4-3-3 in die Partie, wechselte dann nach 20 Minuten auf die Cupfinalformation 3-5-2 mit Winter als zweitem Stürmer neben Frey. Dies schien dem FCZ-Spiel gutzutun, bis dann kurz vor der Pause der 0:3-Hammer kam. Nach der Halbzeit mit der Einwechslung von Odey wurde wieder zurück auf 4-3-3 gewechselt und schliesslich mit der Einwechslung von Khelifi für Marchesano in der 62. Minute auf ein 4-4-2. Nach der dritten Einwechslung (Alain Nef) verschob sich Palsson ins Mittelfeld. Der Captain, der genauso wie Mirlind Kryeziu an mehr als 50% der Zürcher Torchancen beteiligt war, schien sich dann aber in der Schlussphase mit Krampferscheinungen herumzuplagen. Somit hat der FCZ bereits seit vier Jahren kein Meisterschaftsspiel gegen YB mehr gewinnen können. Diese Serie in der aktuellen Saison zu durchbrechen, wäre sicherlich ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur von Trainer Magnin geforderten Verkürzung des Abstandes zu den Top 2-Mannschaften der Liga.

YB – FCZ 4:0 (3:0)

Tore: 12. Sulejmani (Hoarau) 1:0, 15. Fassnacht 2:0, 45. Hoarau (Sulejmani) 3:0; 75. Nsamé (Fassnacht) 4:0.

YB: Von Ballmoos; Mbabu, Wüthrich, Von Bergen, Benito; Fassnacht, Sow, Sanogo, Sulejmani; Moumi, Hoarau.

FCZ: Brecher; Rüegg, Palsson, M. Kryeziu, Pa Modou; H. Kryeziu; Domgjoni, Marchesano; Winter, Kololli; Odey.

(Standbilder aus: SFL) 

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