Hoch spielen, tief verlieren: YB – FCZ 2:1 in der Züri Live-Analyse

Nach der enttäuschenden Niederlage zum Auftakt in Chiasso (hier gehts zum Analyse-Artikel) tritt der Stadtclub in der Super League 1. Runde mit einem im Vergleich zu einigen Spielen der letzten Saison sehr guten Spirit in Bern an. Statistisch gesehen zeugen davon unter anderem die rekordhohen 100 Top-Defensivaktionen. Ein Drittel davon gingen alleine auf das Konto von Neuverpflichtung Lasse Sobiech (29 Jahre) und Eigengewächs Silvan Wallner (18), die beide genauso wie Antonio Marchesano von Züri Live die „10“ erhalten. In der Mehrzahl der Partien erhält normalerweise kein Spieler die Höchstnote – gleich drei in einem Spiel ist aussergewöhnlich. Sobiech bringt dem FCZ mit seinen Tacklings und der Lufthoheit im eigenen Strafraum viel Sicherheit, auch wenn er speziell in der Zweiten Halbzeit das ein oder andere unnötige Foul zu viel beging.

Silvan Wallner, bester Zürcher der Ersten Halbzeit, bringt mit seiner konsequenten Verteidigungsarbeit auf Berner Seite über weite Strecken des Spiels Garcia und Ngamaleu fast zur Verzweiflung, was in den letzten Jahren keinem Zürcher Rechtsverteidiger gelungen ist. In der 20. Minute befreite der 18-jährige gar mit einem Fallrückzieher an der Fünfmetergrenze. Simon Sohm beginnt sehr gut in der Innenverteidigung neben Lasse Sobiech und spielt auch nach seinem Wechsel ins Mittelfeld (Gelb-Rote Karte Hekuran Kryeziu) souverän, lässt dann aber in der Schlussphase beider Halbzeiten jeweils stark nach. Nach der Halbzeitpause dreht Toni Domgjoni dafür immer mehr auf und ist mit seinen vielen Ballgewinnen, aber auch punktgenauen Spielverlagerungen das kämpferische Vorbild des Teams.

Hoch spielen, tief verlieren

Gemessen an seinen Auftritten in der Challenge League überraschend gut, aber trotzdem deutlich schlechter als Wallner verteidigt auf der linken Seite Tobias Schättin. Letztendlich fallen beide Gegentore im Wesentlichen dadurch, dass der vom FC Winterthur gekommene Aussenläufer seinen Raum am entfernten Pfosten nicht im Griff hat. Dem FC Zürich war zuvor in der fünften Minute das früheste erste Saisontor der Super League-Geschichte gelungen – nachdem Wallner und Sobiech im eigenen Strafraum die Verteidigungsarbeit geleistet hatten, sorgten Assan Ceesay und Benjamin Kololli für die Zürcher Führung. Aus weiteren vielversprechenden Offensivaktionen, zum Beispiel einer Drei gegen eins-Situation am gegnerischen Strafraum macht der Waadtländer aber zu wenig und sein Querschläger vor dem eigenen Strafraum führt zum Eckball zum 1:1 durch Felix Mambimbi, bei welchem Kololli in seinem Raum nicht ins Luftduell mit Camara geht und Schättin sowie Torhüter Brecher patzen.

10. Minute, Wankdorf: Benjamin Kololli macht beim Stand von 1:0 für den FCZ viel zu wenig aus einer vielversprechenden Drei gegen eins-Situation.

Die ersten Eindrücke der Partie sind gut. Im Spiel ohne Ball wird ökonomisch und trotzdem konsequent gemeinsam verschoben. Beim Einwurf wird erst Luft geholt und dann mit einem Sprint dem Einwerfenden entgegen gelaufen. Der FCZ agiert mit deutlich mehr hohen Bällen, als bei den hohen Niederlagen gegen den gleichen Gegner in der Vergangenheit. Motto: hoch spielen, tief verlieren. Dabei profitiert das Team von Trainer Magnin von Ceesays deutlich verbesserten Skills in den Luftduellen und auch von Yanick Brechers grossmehrheitlich guten langen Zuspielen. In der Neunten Minute braucht es trotzdem eine Top-Parade von Brecher gegen Garcia, um den frühen Ausgleich zu verhindern. YB kommt insgesamt zu 14 Eckbällen, die von Vincent Sierro jeweils hervorragend getreten werden. Die Standards des FCZ hingegen sind zwar nicht gerade schlecht, aber sie weisen nicht mehr die gleiche Qualität auf, wie im Frühsommer zwischen Lockdown und Quarantäne. Nach einer weitgehend ausgeglichenen Ersten Halbzeit übernimmt YB zu Beginn der Zweiten das Szepter, was sich nach dem Platzverweis gegen Kryeziu, der gezögert hatte, den Ball wegzuschlagen und stattdessen Garcia traf, noch weiter verstärkt. Nach einem Ellbogen von Zesiger im Luftduell im Gesicht von Ceesay in der 70. Minute herrschte wieder numerischer Gleichstand. Es war Karma – im ersten Durchgang hatte Zesiger sich theatralisch am Kopf haltend eine Gelbe Karte gegen Ceesay provoziert, der seinen Gegenspieler nur leicht an der Schulter berührt hatte.

70. Minute, Wankdorf: Teambesprechung FCZ während Assan Ceesay gepflegt wird. Danach dominiert der FCZ bei Zehn gegen Zehn das Spiel und kommt dem Ausgleich mehrmals nahe.

Fabian Lustenbergers drei Schwalben

Die Pflege von Ceesay auf dem Platz (dauerte volle drei Minuten!) nutzte Trainer Magnin, um sein Team auf die Schlussphase bei Zehn gegen Zehn einzuschwören. Er stellte das 4-4-1 in ein 3-4-2 um, während YB im 4-4-1 agierte. Dies trug wesentlich dazu bei, dass der FCZ die letzten 20 Minuten klar dominierte. Die Spieler strahlten trotz mehr Risiko im Vergleich zur Rückrunde viel mehr Sicherheit aus, kassierten keinen Gegentreffer mehr und waren mehrmals am Ausgleich nahe dran. So beispielsweise in der 75. Minute, als Ceesay nach einem tollen Angriff unter Beteiligung aller zehn FCZ-Akteure inklusive Goalie Brecher und gefühlvoller Hereingabe Marchesanos alleine sechs Meter vor dem gegnerischen Gehäuse den Ball mit gestrecktem Bein nur knapp verpasste. In den letzten fünf Minuten wurde das Risiko noch weiter erhöht, als Lasse Sobiech vom Zentralen Verteidiger zum Mittelstürmer mutierte und aus dem 3-4-2 ein 2-4-3 wurde mit jeweils fünf Mann direkt am und im gegnerischen Strafraum, da die eingewechselten Winter und Khelifi (beide mit mehreren misslungenen Aktionen) auf der Seite permanent rauf- und runterrannten.

95. Minute, Wankdorf. Die „Lex Guillemenot“ (siehe Artikel dazu hier) besagt: breitet ein Spieler beide Arme aus und hebt auf den Zehenspitzen ab wie ein Flugi, ist es eine Schwalbe. Fabian Lustenberger schauspielerte auf die genau gleiche Art und Weise gleich drei Mal in dieser Partie (4,, 55. und 95. Minute). Im zweiten und dritten Fall fiel Schiedsrichter Schnyder darauf herein.

Eine nicht unwesentliche Rolle spielten in dieser Partie zudem die drei identischen Schwalben von YB-Captain Fabian Lustenberger. Die erste in der Vierten Minute im Duell mit Assan Ceesay im Mittelfeld lässt Schiedsrichter Schnyder noch unbeeindruckt. Auf die zweite in der 55. Minute, bei welcher Lustenberger zudem seinen Ellbogen ins Gesicht von Antonio Marchesano rammt, fällt Ref Schnyder hingegen rein. Statt Gelb gegen Lustenberger und Freistoss für den FCZ, gab es den stehenden Ball für YB direkt vor dem Zürcher Strafraum, welcher zur Gelb-Roten Karte Hekuran Kryezius führte. Auch auf die dritte Schwalbe Lustenbergers fällt Schnyder rein und verhindert damit in der Nachspielzeit nach einem weiteren verlorenen Zweikampf Lustenbergers gegen Marchesano im Berner Strafraum den durchaus verdienten 2:2-Augleich des Stadtclubs.

BSC Young Boys – FC Zürich 2:1 (1:1)
Tore: 5. Kololli (Ceesay) 0:1, 24. Mambimbi (Zesiger) 1:1; 69. Fassnacht (Garcia) 2:1.
Young Boys: Faivre; Hefti, Camara, Zesiger, Garcia (84. Lefort); Fassnacht (89. Elia), Lustenberger, Sierro, Moumi Ngamaleu (84. Sulejmani); Mambimbi (73. Gaudino), Nsamé (89. Siebatcheu).
FCZ – Brecher; Wallner, Sobiech, Sohm, Schättin (84. Winter); H. Kryeziu, Domgjoni; Koide (59. Nathan), Marchesano, Kololli (44. Khelifi); Ceesay (84. Kramer).

(Standbilder: Züri Live, Teleclub)

Frey mit Rekord bei zweitem FCZ-Comeback der Saison / FCSG – FCZ Spielinfos und Stats

Der 2:1-Auswärtssieg vom Wochenende in der Ostschweiz kann als aussergewöhnlich bezeichnet werden. Zum ersten Mal in dieser Saison verliert St. Gallen eine Super League-Partie nach einer Führung, und dem FCZ gelingt erst zum zweiten Mal die Wende (Comeback) von einem Rückstand zu einem Sieg. Das erste Mal war ebenfalls das zweite Meisterschaftsspiel nach der (Sommer-)Vorbereitung gewesen, welches im Letzigrund gegen den FC Thun ebenfalls mit 2:1 endete (die Tore fielen zudem damals zu ähnlichen Zeitpunkten). Michael Frey kommt in St. Gallen gut ins Spiel und hat nach 24 Minuten bereits 14 Ballkontakte. Der Stürmer erzielt zwar keinen Treffer, agiert aber wieder so stark wie in seinen besten Vorrundenpartien und stellt gar einen neuen Rekord an Top-Offensivaktionen (16) auf. Zum achten Mal in dieser Saison ist der Münsinger Züri Live-MVP, letztmals war er dies vor zwei Monaten beim 3:1-Sieg an gleicher Stätte geworden, ebenfalls ohne dafür ein Tor zu benötigen. Dafür hatte Frey diesmal nur eine statt wie normalerweise zwei bis drei Top-Defensivaktionen zu verzeichnen, was wohl auch eine Folge des 3-5-2 Systems ist, in welchem im Spiel ohne Ball etwas weniger Last auf seinen Schultern liegt.

Auch im Kybunpark unterlaufen der Zürcher Defensive einzelne Schnitzer durch Pa Modou und Palsson, aber nicht mehr ganz so viele wie noch gegen Thun und in Lausanne. Eine bessere individuelle Qualität im Spiel ohne Ball ist auf Seiten des FCZ aber nicht auszumachen. Dass man dem Gegner diesmal nicht mehr als ein Gegentor zugesteht, hängt einerseits mit der kompakteren Formation und zurückhaltenderen Spielweise, andererseits aber auch mit Unzulänglichkeiten und Abschlussschwächen des Gegners zusammen. Ebenfalls zur defensiven Kompaktheit trägt der vor dem Spiel in einer Choreo des FCZ-Gästeblocks geehrte Alain Nef bei, welcher mit 10 Top-Aktionen am zweitbesten abschneidet. Bemerkenswert allerdings, dass die Mehrheit seiner Top-Aktionen offensiver Natur sind. In der 83. Minute wurde Nef angeschlagen durch Umaru Bangura ersetzt, der seine übliche zentrale Position in der Dreierkette einnahm – Palsson verschob sich auf halbrechts.

Raphael Dwamena zeigt aufsteigende Tendenz und ist genauso wie Michael Frey und Antonio Marchesano an jeweils neun der 16 Torchancen, welche nicht zu einem Tor führen, beteiligt. Marchesano kommt auf insgesamt neun Top-Aktionen und tritt zudem neun von zehn Zürcher Standards in der Offensivzone. Allerdings führt ausgerechnet der einzige nicht von Marchesano ausgeführte Standard zum Game Winning Goal (Eckball Rodriguez – Palsson am entfernten Pfosten mit einer Finte im Stile eines Wide Receivers im American Football – Abstauber Dwamena). Roberto Rodriguez brachte nach seiner Einwechslung in der 60. Minute wichtige Impulse und war an beiden Zürcher Treffern entscheidend beteiligt. Mit seiner Hereinnahme wechselte der FCZ zurück auf das übliche 3-4-3 und konnte so die Partie drehen. Nach der 2:1-Führung wechselte Uli Forte zurück auf 3-5-2 mit Rodriguez neben Marchesano auf einer der beiden Achterpositionen.

Adrian Winter ist mit drei Toren aus den letzten vier Spielen vor dem St. Gallen-Match der in den letzten Monaten treffsicherste Schütze im FCZ-Dress. Im Kybunpark, wo er noch vor zwei Monaten ein herrliches Weitschusstor erzielt hatte, gelang ihm diesmal gegen seinen Ex-Klub aber praktisch nichts. Bezeichnend dafür auch, dass Winter keine einzige Flanke schlug, wo er doch sonst jeweils der Flankengeber vom Dienst beim FCZ ist (bisher 67 Hereingaben in den Strafraum oder an die Strafraumgrenze in der laufenden Saison). Der für Winter eingewechselte Fabian Rohner ist zur Zeit besser drauf, auch wenn er in St. Gallen nur eine echte offensive Top-Aktion (beim 1:5 in Lausanne vor der Winterpause beispielsweise hatte er nach seiner Einwechslung noch sieben gehabt!) erspielen konnte – aber diese war das wichtige Tor zum 1:1.

 

Rekorde purzeln im besten Spiel der Saison: Sion – FCZ Stats & Spielinfos

Das 1:1 im Tourbillon gegen den FC Sion am 4. November ist das beste FCZ-Spiel der bisherigen Saison. Dazu genügt ein Blick auf folgende von Züri Live erhobene Zahlen:

  • 50: das Total der Top-Offensivaktionen ist ein Mega-Rekord. Letzte Saison waren 37 Top-Offensivaktionen in Bukarest gegen Steaua (1:1) das Bestresultat, in der aktuellen Saison bedeuteten bisher 32 am 2. Spieltag gegen den FC Thun (2:1) das Maximum.
  • 6,7: ist die höchste Durchschnittsnote der eingesetzten Spieler in der aktuellen Saison. Letzte Saison war der Notenschnitt in besagter Partie in Bukarest mit 7,4 allerdings nochmal deutlich höher gewesen. Damals gab es mit Brunner nur einen Spieler mit einer ungenügenden Note, diesmal drei (Bangura, Maouche, Koné).
  • 6: die Anzahl FCZ-Torchancen nach 12 Spielminuten. In ihrer Choreographie vor der Partie schickten die Sion-Fans ein Alter Ego von Klubpräsident Christian Constantin, den sturmerprobten Captain Haddock, an die Front. Und der gegnerische FC Zürich zog zu Beginn tatsächlich wie ein Wirbelwind durchs Tourbillon (nomen est omen) und verzeichnete in den ersten 12 Minuten 15 Top-Offensivaktionen, 6 Top-Defensivaktionen, 8 Flanken, 2 Corner und 2 Freistösse in Strafraumnähe. Der Druck auf Sion war so hoch, dass die Walliser Verteidiger begannen, auch ohne Not und aus purer Gewohnheit den Ball ins Seitenaus zu dreschen.

Die grosse Anzahl der Top-Offensivaktionen ist auch einer überdurchschnittlichen Anzahl an über viele (10 – 15) Stationen herausgespielten Torchancen geschuldet. In diesen Aktionen blieb jeweils der Ball inklusive ballführender Spieler immer in Bewegung. Spieler wie Rodriguez oder Sarr kamen dabei im Verlauf desselben Angriffes an verschiedenen Ecken des Platzes mehrmals in Ballbesitz. Exemplarisch dafür ein Angriff aus der 61. Minute:

Der nach einem persönlich etwas mässigen ersten Durchgang nach der Pause stärker werdende Sangoné Sarr läuft nach der Konterauslösung Sions zurück und fängt diese an der Mittellinie ab – Brunner, Frey und Rodriguez können den Ball gut behaupten, weil sie in Bewegung bleiben und den Spielfluss aufrechterhalten. Über sechs Stationen kommt der Ball auf der anderen Platzseite wieder zu Sarr – langer Diagonalball nach links vorne auf Raphael – Sarr sprintet seinem eigenen Pass hinterher Richtung Strafraum, Pa Modou lässt durch und Sarr kommt mit links aus etwa 13 Metern frei zum Abschluss. Dieser ist allerdings zu schwach geschossen.

Nicht ganz überraschend, wenn der wohl schuss-schwächste Spieler im Team nach einem langen Laufweg kreuz und quer übers Feld mit seinem schwächeren linken Fuss zum Abschluss kommt. Der Abschluss war allgemein das Hauptproblem des Zürcher Stadtclubs an diesem Abend. Es gelang nicht nach dem flüssigen Laufen & Spielen im Strafraum in den «Killer-Modus» umzuschalten. Eine Frage der Mentalität? Vielleicht auch etwas – in erster Linie aber war in den meisten Fällen der Schütze wie im obigen Fall Sarr unmittelbar vor dem Abschluss bereits lange im Laufschritt unterwegs gewesen. Bezeichnenderweise gelang das einzige Tor der Partie Roberto Rodriguez, als er bei einem Ballgewinn in der gegnerischen Hälfte und schnellem Umschaltspiel nur einen kurzen Weg in den Strafraum zurücklegen und praktisch unbedrängt von seiner Lieblingsposition aus abschliessen konnte. Zwei seiner drei Saisontore hat «RoRo» damit gegen Sion erzielt. Im Wallis leistet der Techniker viel Laufarbeit und stellt mit 11 Top-Offensivaktionen einen Rekord auf: noch nie seit der Erhebung dieser Daten hatte bisher ein FCZ-Spieler eine zweistellige Zahl Top-Offensivaktionen in einem einzigen Spiel erreicht. Rodriguez ist zudem erstmals in dieser Saison der Most Valuable Player der Partie.

Von den Einwechselspielern konnte nur Kevin Rüegg überzeugen, der seine rechte Seite in der Schlussphase gut dichtmachte. Moussa Koné hatte hingegen einen seiner Kurzauftritte in denen er sich eher etwas wie ein Fremdkörper über den Platz bewegte, und die Spielweise der eigenen Mitspieler nicht zu verstehen schien. Yassin Maouche bekam von den Einwechselspielern am meisten Spielzeit, begann gleich mit einem erfolgreichen Tackling gefolgt von einem Beinahe-Fehlpass wenige Sekunden später. In den folgenden Angriff brachte sich der Franzose dann noch gut ein, aber bereits nach fünf Minuten begann der Mittelfeldspieler abzubauen und geistig etwas abwesend über den Platz zu schlurfen. So passierte ihm dann auch der entscheidende Fehler, der dem FCZ die drei Punkte kostete. Im «Grümpelturniermodus» mit fehlendem Fokus und Körperspannung, und nur auf den Ball fokussiert, liess er seinen Gegenspieler Salih Uçan aus den Augen, der dadurch viel Raum und Zeit hatte, seinen entscheidenden «tödlichen» Pass in die Tiefe zu spielen. Den sich nach 30 Metern Anlauf aus dem Mittelfeld im Höchsttempo befindlichen Torschützen Kasami noch zu stoppen, war dann mit legalen Mitteln für den gegen seinen Ex-Klub seine bisher beste Partie im FCZ-Dress abliefernden Pa Modou nicht mehr möglich.

Solides Thelander-Début / «Brünnäär» immer wichtiger / Problemfall Maouche / Bassersdorf – FCZ Stats und Spielinfos

Rasmus Thelander kommt zu seinem FCZ-Pflichtspieldébut und spielt eine solide, schnörkellose und praktisch fehlerlose Partie. Eine gute Leistung der Dreierabwehr ist gegen die Bassersdorfer vonnöten. Denn der Gegner hat auf den Cup-Match hin viele kreative Spielkombinationen in der Offensive einstudiert. Schon seit ein paar Wochen eine Bank in der Abwehrkette ist Cédric Brunner. Nach einer guten Vorrunde hatte der Zürcher in der Rückrunde der letzten Saison eine lange Formkrise durchlebt. Auch die Vorbereitung auf die neue Saison gestaltete sich eher durchzogen. In seiner Rolle auf halblinks oder halbrechts in der Dreierabwehr fühlt sich der von osteuropäischen und türkischen TV-Kommentatoren konsequent pseudo-französisch «Brünnäär» genannte Defensivakteur nun aber immer besser Zuhause. Ohne seine guten Antizipationen hätte der FCZ auch in Bassersdorf nochmal ins Zittern geraten können, und seine zuverlässige und schnörkellose Spieleröffnung über die rechte Seite war wichtig fürs Zürcher Offensivspiel.

Deshalb ist Brunner für Züri Live der MVP des Cup-Sechzehntelfinals. Der als Captain auflaufende Yanick Brecher hatte dadurch nicht allzu viel Arbeit, war aber in einer Szene trotzdem aufmerksam und schnell auf den Beinen, als er vor dem eigenen Strafraum einen schnell vorgetragenen Konter neutralisieren konnte. Der Letzigrund-Club war in Bassersdorf sowohl offensiv wie auch defensiv im Backfield am stärksten. Ausserdem war man über die Seiten deutlich überzeugender, als in der Mitte. Insgesamt schlug das Forte-Team 34 Flanken in oder vor den Bassersdorfer Strafraum – Rekord seit diese Werte von Züri Live gemessen werden!

Auch die 15 Hereingaben von Fabian Rohner sind ein Flanken-Rekord in der Einzelwertung. Rohner könnte mit seiner Schnelligkeit auch in der Super League sowohl Offensiv wie auch Defensiv für die FCZ-Teamperformance ein Gewinn sein. Noch wartet Rohner (seit Januar Profi) aber auf seinen ersten Super League-Einsatz. Maren Haile-Selassie konnte sich auf einer der drei Stürmerpositionen vor allem in der 1. Halbzeit ein paar Mal gut in Szene setzen. Der hinter ihm spielende Kay Voser zog allerdings häufig relativ früh in die Mitte und flankte aus dieser Position. Nicht empfehlen konnte sich hingegen erneut das Trio Cavusevic / Palsson / Maouche. Gelangen Dzengis Cavusevic in Chippis noch fünf Tore, konnte der Slowene diesmal kein Bein vors andere bekommen – ähnlich wie bei seinem Halbzeiteinsatz in Luzern. Schon letzte Saison wies «Dzenga» grosse Leistungsunsterschiede zwischen seinen guten und schlechten Saisonphasen aus. Schon eine einzelne gelungene oder missglückte Aktion kann bei ihm einen Umschwung in die eine oder andere Richtung auslösen.

Victor Palsson gelangen in Bassersdorf zwei, drei gute Aktionen. Auf der anderen Seite unterliefen ihm aber auch gleich sieben gröbere Schnitzer, wovon der eine oder andere zu einer Torchance Bassersdorfs führte. Der schwerste Fall ist aber weiterhin Yassin Maouche. Alles am Mittelfeldspieler erinnert an seinen Genfer Vorgänger Maxime Dominguez: gewisse technische Fähigkeiten und zeitweise regelmässige Einsätze in der 1. Mannschaft von Servette führen zu Selbstüberschätzung. Die Selbstüberschätzung führt zu fehlender Einsicht in vorhandene Defizite, unsolidarischem Verhalten in der Mannschaft und Streit mit dem Klub. Es folgt der Wechsel zum FC Zürich, wo der junge Spieler zeigen will, dass er bei seinem Stammklub zu Unrecht nicht auf den Sockel gehoben worden ist. Beim FCZ ist der Sprung ins Team dann aber schwieriger, als vom Spieler und seinem Umfeld vermutet – wegen den bereits von den Servette-Verantwortlichen angesprochenen Defiziten: Schnelligkeit, Konstanz, Geduld, Robustheit, Zweikampfverhalten, Arbeit fürs Team.