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Heisse Atmosphäre in der Stadt der Möwen / Shelbourne FC – FCZ VORSCHAU mit möglichen Aufstellungen
In der Europa League-Kampagne vor zwei Jahren gewann der FCZ in Belfast gegen Linfield (Tore: Tosin, Gnonto) und in Edinburgh (Tor: Rohner) gegen die Hearts. In London gegen „The“ Arsenal gewann man den Stimmungscontest auf den Tribünen und verlor auf dem Platz gegen den damaligen Leader der weltweit besten Liga knapp mit 0:1. Mit Dublin folgt innert zwei Jahren die vierte Britische Hauptstadt – und wie damals im nördlichen Teil der Insel gegen Linfield sind die Zürcher auch gegen den aktuellen Leader der League of Ireland, Shelbourne FC, Favorit. Nach dem 3:0-Hinspielsieg im Letzigrund sowieso. FCZ-Coach Ricardo Moniz macht denn auch an der Pressekonferenz am Tag vor dem Spiel klar, dass man weiter daran arbeiten wolle, proaktiv zu sein, den eigenen Spielstil zu verfeinern und nicht allzu stark auf den Gegner zu schauen.
UEFA Conference League 24/25, 2. Runde Rückspiel - Live ab 20:35 (CH-Zeit) hier auf www.zuerilive.ch
Damien Duff: „Wir wollen, ja, wir müssen mehr den Ball haben“
Die Hauptfrage im taktischen Bereich, die sich Moniz vor einer Partie aktuell jeweils stellt, ist, ob er im Vierer-Rhombus mit zwei Stürmern oder einem Dreiermittelfeld mit Dreimannsturm antreten wolle. Für seine Flügelstürmer setzt er dabei die Latte hoch, indem er immer wieder die Spanier Yamal und Williams als Vorbilder nennt. Immerhin haben Chouiar und Oko-Flex auf diesen Positionen gegen Winterthur die ersten beiden Tore vorbereitet. Armstrong Oko-Flex sitzt denn auch in seiner alten Heimat Dublin neben Moniz bei der Pressekonferenz und erinnert sich daran, dass er mit Shelbourne-Linksverteidiger Kameron Ledwidge dieselbe Primarschule besucht hat. Noch in seinem späten Grundschulalter zog die Familie Oko-Flex dann aber nach London, wo Armstrong sofort in der Arsenal-Jugend Aufnahme fand. In Bezug auf Akzent und Ausdrucksweise scheint er sich voll in der Kapitale des ehemaligen Empires assimiliert zu haben. Er drückt sich distinguiert aus und schaut seinem Gegenüber in die Augen – der blumige und möglichst den Blickkontakt vermeidende irische Ansatz geht ihm ab. „Wir haben neun Flügel. Er muss sich durchsetzen. Dies wird ein entscheidendes Jahr in seiner Karriere“ meint FCZ-Coach Moniz zum Thema Oko-Flex. Dieser nickt dazu bestimmt.
Drei Stunden davor hatte sich Shelbourne-Coach Damien Duff gleichenorts auf die erste Begegnung mit dem FCZ angesprochen unter anderem an die Athletik des Gegners erinnert – und dabei sicherlich auch an den eingewechselten Iren Oko-Flex gedacht. „Das ist auch irgendwo Gott gegeben. Unser Athletikcoach bei Shelbourne hat Champions League-Niveau. Aber manche FCZ-Spieler sind auch einfach von Natur aus athletischer. Wenn du auf dem Platz vor denen stehst, dann denkst du: Hoppla!“. Von Züri Live darauf angesprochen, dass Shelbourne ein Ballbesitz-Team sei, das im Letzigrund kaum den Ball hatte, verzieht Duff das Gesicht. „Ja, natürlich sind wir das, und wir wollen, ja, wir müssen im Rückspiel mehr den Ball haben“. Der Spielstil von Shelbourne unter Duff entspricht wie vor zwei Jahren derjenige von FCZ-Gegner Heart of Midlothian überhaupt nicht dem kontinentaleuropäischen Cliché über den britischen Fussball, welches sich in der Ära Guardiola / Arteta und Jahrzehnte nach der englischen „Fussball-Revolution“ durch den Elsässer Arsène Wenger sowieso längst überholt hat.
Das kommende Weekend höchstens im Hinterkopf
Dass seine Mannschaft mit dem Ball umzugehen weiss, hat man durchaus auch im Hinspiel in gewissen, wenn auch sehr kurzen Phasen der 2. Halbzeit gesehen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Duff sein ursprüngliches 5-4-1 auf ein 4-2-3-1 umgestellt gehabt. EIne Fünferabwehr entspricht eigentlich überhaupt nicht der Ausrichtung seines Teams in der League of Ireland. Und nach 28 Sekunden lag man obendrein trotzdem bereits zurück. „Acht kleine Fehler“ hat Duff in der Video-Analyse in diesen 28 Sekunden bei seinem Team gezählt: „Kleine Fehler sind entscheidend, vor allem wenn sie sich summieren“. Es habe zu viele „De Bruynes“ und „Trapattoni-Momente“. Auf den Gesichtern der anwesenden irischen Journalisten bildeten sich Fragezeichen. „Wir haben für alles einen Namen“, fügte Duff erklärend an. „Jeder Move und jedes Situation wird nach einem Spieler, Trainer oder manchmal auch Schauspieler benannt“. Dies bestätigte Minuten später Verteidiger Shaun Griffin. „Das ist eine sehr einprägsame Methode. Man kann sich so besser merken, was der Trainer zu erklären versucht“. Und es scheint zu wirken. Nach 18 schwierigen Jahren hat Shelbourne endlich wieder einmal die Chance auf den Meistertitel. So sehr Coach Duff immer wieder betont, wie wichtig und grossartig der Europacup sei, so stellt er ebenso klar: „Silverware“ (also Titel) zu gewinnen sei wichtiger. „Und auf europäischer Ebene werden wir das realistischerweise nicht tun können“. Der Irische Meistertitel 2006 war für Shelbourne der letzte für lange Zeit – während der FCZ im gleichen Jahr den ersten Titel seit langer Zeit gewann – auf legendäre Art und Weise.
Und nun steht bereits am kommenden Montag im Tolka Park das Spitzenspiel gegen Derry City an. Der Klub, der theoretisch in Nordirland beheimatet ist, aber in der League of Ireland gegen die Teams aus dem Südteil der Insel antritt. Die im Kalenderjahr von Frühling bis Herbst gespielte Meisterschaft tritt in die entscheidende Phase. „Wir müssen clever sein“ meint Duff, auf die Aufstellung gegen den FCZ angesprochen. Dies könnte bedeuten, dass erfahrene, in der League of Ireland wirkungsvolle, aber physisch sich nicht mehr auf Topniveau befindliche Spieler wie Coyle oder O’Sullivan eine Pause erhalten. Der FCZ hingegen scheint auf das bereits am Sonntag anstehende Duell in Bern gegen Serienmeister YB nicht gross Rücksicht nehmen zu wollen. „Hätten wir mit vier Toren Differenz gewonnen, hätte ich rotiert, aber mit drei Toren Unterschied ist die Sache noch nicht gegessen“, sagt dazu Ricardo Moniz, bevor der 60-jährige etwas später auf dem Rasen des Tolka Park wie üblich die Laufeinheit zum Aufwärmen anführt. Ein Bild, das man seit Sami Hyypiä beim FCZ kaum mehr gesehen hat.
Heisse Atmosphäre in der Stadt der Möwen
Gerade zwei Kilometer trennt den Tolka Park von der Irischen See. Über dem Stadion kreisen wie in der ganzen Stadt die Möwen. Nachdem dies dem protestantischen Vereinigten Königreich in der Vergangenheit nicht gelungen ist, nehmen nun diese Seevögel das katholische Dublin ein. Denn diese kümmern sich nicht um Religion. Am Donnerstagabend sollen sie aber von den beiden Fanblocks übertönt werden: der sehr jungen aktiven Fanszene von Shelbourne, die sich traditionell auf der Gegentribüne breit macht, und den mitgereisten Zürchern, denen die linke Ecke der kleineren Haupttribüne zugewiesen wurde. Natürlich hätten in Zürich mehr als die zur Verfügung gestellten Tickets verkauft werden können. Die Hintertor-Stehplatztribüne wäre der eigentliche Auswärtssektor – und deutlich grösser. Dieser wurde für die europäische Begegnung aber nicht zugelassen. Ebenfalls nicht „zugelassen“ ist wie schon im Hinspiel der erfahrene Rechtsverteidiger Sean Gannon, der die zweite seiner drei Spielsperren absitzt. Im Tumult der Schlussphase war er in Gibraltar im Rücksspiel gegen St. Joseph’s vom Platz gestellt worden. Auf eine Einsprache bei der UEFA hat Shelbourne verzichtet. Deren Coach Damien Duff spricht über die Kosten des Einspruchs (5’000 Euro) und die wohl geringe Aussicht auf Erfolg. Dies obwohl in den TV-Bildern keine Verfehlung sichtbar gewesen sei. „Wir haben die Bilder von vorne bis hinten, von oben nach unten, farbig, schwarz-weiss, mit O-Ton und mit Musik hinterlegt angeschaut. Da war nichts. Er hat sich bloss „mit den Leuten unterhalten“ – und dafür hat er Rot bekommen“.
Daten und Fakten im Vergleich (Transfermarkt)
Baut der FCZ die gute Serie gegen Teams von den Britischen Inseln aus? / FCZ – Shelbourne FC VORSCHAU mit möglichen Aufstellungen
In der Europacup-Kampagne vor zwei Jahren hat der FC Zürich unter Coach Franco Foda alle vier Partien gegen die britischen Teams Linfield (Nordirland) und Heart of Midlothian (Schottland) gewinnen können. Shelbourne FC ist ein hungriges, aufstrebendes Team aus Irland und hat mit Damien Duff einen ehemals weltbekannten Stürmer als Trainer. Gegen das zu grossen Teilen aus spanischen Profis bestehende Team St. Joseph’s aus Gibraltar konnte sich das Duff-Team in Hin- und Rückspiel mit dem Gesamt-Skore von 3:2 durchsetzen. In der Liga liegen die „Shels“ erstmals seit langer Zeit wieder auf der Pole Position für den Gewinn des Irischen Meistertitels. Mit einer Meisterschaft, die im Sommer durchspielt sind sie im Rhythmus, wobei in Bezug auf die Terminierung der heimischen Spiele auf die für irische Teams wichtige erste Europacup-Phase im Juli und August durchaus etwas Rücksicht genommen wird.
Optionen für die Startformation: Kamberi, Wallner, Gouré, Okita
Shelbourne spielt einen sehr variablen Fussball. Vor allem spielen sie gerne auch flach hinten heraus, wenn es möglich ist. Dies ist eine Paralelle zum vormaligen FCZ-Gegner Heart of Midlothian und widerspricht dem landläufigen Cliché über britische Teams. Shelbourne kann dann aber durchaus auch mit plötzlichen langen und vielfach präzisen Bällen auf die Seite oder hinter die gegnerische Abwehr beim Gegner für Verwirrung sorgen. Gegen St. Joseph’s war zudem zu spüren, dass die Mannschaft auf die Rückkehr auf die europäische Bühne brennt und sich in diesen Partien in ihrer Bestverfassung präsentiert. Gegen den Ball spielt man tendenziell eher in einem tiefen Block im 4-4-2, während man mit dem Ball eine relativ grosse Variabilität bezüglich Positionierungen und Laufwege hat. Im Grundsatz läuft es aber schon auf ein 4-2-3-1 raus. Der FCZ tut auf jeden Fall gut daran, das Heimspiel zu gewinnen. Das Stadion der „Shels“ in Dublin ist zwar klein, kann aber gerade im Europacup duchaus stimmungsvoll werden. Personell muss Coach Damien Duff auf die Aussenverteidiger Gannon (gesperrt) und Wilson (verletzt) verzichten. Ansonsten kann er aus dem Vollen schöpfen.
Ein gutes Auge sollte der FCZ vor allem auf den 21-jährigen Flügelspieler Will Jarvis (von Hull City ausgeliehen) haben. Um ihn könnte sich entweder Lindrit Kamberi oder Mariano Gomez kümmern. Auf der Linken Seite hat sich in Yverdon Silvan Wallner bewährt. Vielleicht erhält Fernand Gouré als ungefähr gleichwertiger Ersatz eine Chance von Beginn, damit José Perea gegen Winterthur wieder mit voller Power stürmen kann. Das Duo Chouiar / Krasniqi hat links schon gut harmoniert. Jonathan Okita steht sicher zumindest auf dem Matchblatt. Auch eine 4-3-3 Formation ist natürlich denkbar.