Nach der Vorrunde der letzten Saison wurde Konstanz als ein Erfolgsfaktor in der Super League eruiert. Dem vorherigen Serienmeister YB fehlte die Konstanz in personeller Hinsicht und dies wurde in der Rückrunde auch nicht mehr besser, da bei den Bernern in der Winterpause zu den Verletzungen zusätzlich Transfers von wichtigen Spielern hinzukamen. Der FCZ war in der Vorrunde sowohl bezüglich Personal, als auch der taktischen Formation und Spielweise konstant. Letzteres änderte sich im Verlauf der Rückrunde etwas. Das Pressing wurde verstärkt und in gewissen Partien hatte das Breitenreiter-Team mehr Ballbesitz, als noch in der Vorrunde. Über die gesamte Saison hinweg blieb man mit 46,5% die Mannschaft mit dem zweitkleinsten Ballbesitz hinter dem FC Sion. Der FC Zürich strafte damit diejenigen Experten lügen, die immer davon ausgingen, dass man mit wenig Ballbesitz zwar in einzelnen Spielen einen Exploit erreichen kann – aber nicht eine über 36 Runden dauernde Meisterschaft für sich entscheiden.

Croci-Tortis taktische Spielchen

Bezüglich Spielweise gab es über die ganze Saison hinweg im Vergleich mit der Vorrunde am meisten Änderungen. St. Gallen, Luzern und Lausanne wurden in der Rückrunde konstanter. Während Celestini (Luzern) und Borenovic (Lausanne) auf der Suche nach dem richtigen Rezept viel experimentierten, legten sich ihre Nachfolger Frick und Casanova viel stärker auf eine Spielweise fest und blieben dieser treu. Und Peter Zeidler kehrte nach verpatzter Herbstrunde mit seinem Team wieder stärker zu seinen Wurzeln zurück. Neben dem FCZ wurde auch bei Basel und Lugano die Spielweise in der Rückrunde volatiler. Beim FCB unter anderem bedingt durch den Trainerwechsel zu Guillermo Abascal. Luganos Mattia Croci-Torti experimentierte im Vorlauf zum Cupfinal relativ viel und schien in diesen Partien seinen Kontrahenten Zeidler auch etwas an der Nase herumführen zu wollen.

Was die taktische Formation betrifft, blieben neben Lugano auch Sion und Lausanne über die ganze Saison hinweg volatil beziehungsweise experimentierfreudig. Noch vor der Hälfte der Rückrunde switchte Lugano-Coach Croci-Torti aber auf ein 3-4-2-1 und GC-Coach Contini machte es ihm eine Runde später nach. Mit dieser Formation in der offensiven Phase spielte Croci-Torti dann auch den erfolgreichen Cupfinal. Dass gegen St. Gallen in der defensiven Phase ein 4-4-2 erfolgreich sein kann, hatte der taktisch die ganze Saison viel experimentierende Lugano-Trainer von Sion-Coach Tramezzani abgeschaut. Die beiden Spitzenteams YB und Basel haben beide den Trainer im Verlauf der Rückrunde ausgetauscht. Sie fingen an, ihr Spielsystem in Frage zu stellen und hatten so in diesem Bereich weniger Konstanz, als noch in der Vorrunde.

Luzern rettet sich unter Frick mit deutlich konstanterer Taktik und Spielweise

Die erfolgreiche Vorrunde des FCZ schien dabei einen Einfluss auf die Wahl der taktischen Formationen der gesamten Liga gehabt zu haben. In der Rückrunde gewann Breitenreiters 3-4-1-2 ligaweit an Popularität. Dies obwohl GC etwas davon abkam. Dafür wechselte Lausanne fix auf diese Formation und Sion, GC und Lugano verwendeten sie ebenfalls häufig. Insgesamt wurde in der Rückrunde 48 in dieser Formation aufgelaufen, vor dem 4-1-2-3 (4-3-3) mit 37 Aufstellungen sowie dem Rhombus-System 4-1-2-1-2. Auch über die ganze Saison hinweg war das 3-4-1-2 mit 76 Aufstellungen am populärsten in der Liga (am meisten eingesetzt durch den FCZ, GC und Lausanne-Sport).

Die Dreierabwehr erlebt schon seit einiger Zeit ein Revival. Pionier dieses Revivals in der Schweiz war vor etwas mehr als einem Jahrzehnt der spätere Nationalcoach Vladimir Petkovic als Trainer von Bellinzona und YB. Am zweitpopulärsten war in der Saison 21-22 in der Super League das 4-3-3 in der Form des 4-1-2-3. Servette setzte praktisch die ganze Saison auf dieses System, in der Rückrunde vermehrt auch wieder der FC St. Gallen (allerdings von der Spielweise her ganz anders interpretiert), dazu ebenfalls häufig Sion und Lugano. Luzern hatte in der Vorrunde sieben verschiedene Systeme gespielt. Mario Frick legte sich dann auf die Rhombus-Formation (4-1-2-1-2) fest und wich davon nur im letzten Spiel beim FCZ mit einem 4-2-3-1 ab. In der Vorrunde hatte St. Gallen vorwiegend im Rhombus gespielt. Luzern ist denn auch die einzige Mannschaft, die bezüglich Konstanz der Formation im Vergleich zur Hinrunde eine wesentliche Veränderung erlebt hat.

Nur Dzemaili für Krasniqi: grosse personelle FCZ-Konstanz auch in Rückrunde

Personell blieb der FCZ genauso wie Servette und Lugano auch in der Rückrunde konstant. Im Vergleich zur Elf der Vorrunde gab es über die ganze Saison hinweg nur eine Änderung: Blerim Dzemaili schaffte es an Stelle von Bledian Krasniqi in die Meisterelf der Saison. Sions personelle Konstanz nahm im Verlauf der Rückrunde zu, vor allem was die Stammelf betrifft – möglicherweise einer der Gründe, warum sich die Walliser noch haben retten können. Das Anfang Frühling sich beinahe schon in falscher Sicherheit wiegende GC, kam im Abstiegskampf noch einmal in Bedrängnis. Die personelle Konstanz wurde durch aus Trainersicht unnötige Wintertransfers vermindert. Dass stärkere personelle Volatilität in gewissen Fällen aber auch positive Auswirkungen haben kann, zeigt das Beispiel St. Gallen. Die Wintertransfers der Ostschweizer machten das Team stärker.

Der Klassenerhalt des FCZ ist bereits zur Winterpause so gut wie gesichert! Eine höhere Punktzahl zu diesem Zeitpunkt der Saison hatte der Stadtclub letztmals vor 13 Jahren unter Trainer Bernard Challandes gesammelt! Und ist am Ende jener Saison mit einem Aegerter, „Tico“ Okonkwo, Abdi, Leoni, Tihinen und Djuric auf dem Platz tatsächlich nicht abgestiegen! Erklärungen für die ersten 18 Runden wurden in den letzten Tagen in allen sich mit der Super League befassenden Medien (und auch in einigen, die dies normalerweise nicht tun) gesucht und gefunden. Trainer Breitenreiter habe „fast jeden Spieler besser gemacht“. Der FCZ spiele den „schönsten und erfolgreichsten“ Fussball, „mutig, offensiv, mit viel Drang zum Tor“, die Spiele seien „ein Spektakel“. Die Jungs hätten einen „super Team-Spirit“. Assan Ceesay oder Mirlind Kryeziu hätten eine fast schon „wundersame Wandlung“ genommen. Der Kader sei ausbalanciert und die individuelle Qualität „so gross wie schon lange nicht mehr“.

Was davon stimmt tendenziell? Was nicht? Was muss man relativieren? Und vor allem: welche Gründe wurden vergessen? Zum Start der Halbzeitanalyse nennen wir die aus unserer Gesamtsicht wichtigsten Erfolgsfaktoren der FCZ-Vorrunde. In den kommenden Tagen und Wochen werden wir mit Hilfe von Zahlen und Analysen unsere Einschätzungen und diejenigen der anderen Medien überprüfen und zusätzliche Erkenntnisse zu gewinnen versuchen.

1. Physis

Dieser Punkt wurde in keinem anderen Medium genannt, ist aus Züri Live-Sicht aber der wichtigste Fortschritt im Vergleich zu den letzten Saisons. Mehrere FCZ-Schlüsselspieler sind auf einem physisch deutlich besseren Niveau als noch in der Saison davor. „Marche sano in corpore sano!“ möchte man da ausrufen. Am augenfälligsten sieht man dies bei Assan Ceesay. Viele dachten, der Gambische Stürmer habe einen „Holzfuss“, wenn er wieder mal zehn Meter am Tor vorbeigeschossen hat. Dem ist aber nicht so. Mit einem „Holzfuss“ schiesst man üblicherweise einen Meter daneben, nicht zehn. Ceesay hat grundsätzlich ein gutes Ballgefühl in beiden Füssen. Seine Probleme waren nicht feinmotorisch, sondern grobmotorisch. Es fehlte die Rumpfstabilität und damit die optimale Koordination seiner grossen Bewegungen. Bereits mit einer leichten Berührung konnte man ihn zudem jeweils aus dem Gleichgewicht bringen. Neuerdings wirkt Ceesay wie ein echter Athlet. Die verbesserte körperliche Stabilität hat insbesondere seine Präzision im Passspiel und Abschluss innert kurzer Zeit stark verbessert.

Zweites Beispiel: Adrian Guerrero. Auch der Neuzugang hat sich im physischen Bereich im Vergleich zu seiner Saison bei Lugano enorm verbessert. Seine spielerischen Qualitäten und guten Standards waren schon im Tessin ersichtlich, aber er verlor letzte Saison noch so gut wie jeden Zweikampf. Nun kann der Spanier nicht mehr so einfach zur Seite gedrückt werden und seine Laufleistung nicht nur vorwärts, sondern vor allem auch im Umschalten in die Defensive ist bisher phänomenal. Drittens: Mirlind Kryeziu. Aus physischen Gründen hatte er in der Vergangenheit immer wieder grosse Leistungsschwankungen gehabt. In den letzten sechs Monaten wirkte er erstmals in jedem Spiel topfit und seine Leistungen waren somit sehr konstant.

Etwas erstaunlich sind diese eklatanten Verbesserungen weil es im FCZ-Staff abgesehen von Trainer und Assistent keine wesentlichen Änderungen gegeben hat. Clichés erweisen sich halt eben doch manchmal als wahr. So das Cliché von den typisch deutschen Tugenden. Den stärkeren Fokus auf Physis und stabile Defensive kann man nicht nur im Breitenreiter-Team, sondern auch bei den ebenfalls von einer deutschen Trainerin gecoachten FCZ Frauen-Mannschaft beobachten. Schweizer Trainer und Ausbildner gewichten diesen Aspekt traditionell weniger stark – ganz speziell Trainertypen wie Ludovic Magnin oder Fabio Celestini. Was passiert, wenn man diese Faktoren zu sehr ausser acht lässt, sieht man aktuell beim FC Luzern, welcher in den letzten Monaten in Sachen Wucht und physische Präsenz eine gegenläufige Entwicklung zum FCZ genommen hat und nun mit dem Trainerwechsel diesbezüglich das Ruder wieder herumreissen will. Man kann auch zu viel davon haben, aber nach den letzten Jahren hat dem FCZ dieses „deutsche“ Element auf jeden Fall schon mal gut getan.

2. Taktik

Auch wenn es unpopulär klingt und einige in und ausserhalb des FCZ nicht gerne hören: der Stadtclub spielt nun schon seit rund vier Jahren immer dann am erfolgreichsten, wenn er tief steht und wenig Ballbesitz hat. Ganz speziell gegen die besten Teams der Liga. Ludovic Magnin hat diese Erkenntnis nur in relativ begrenzten Saisonphasen beherzigt und war dann jeweils auch erfolgreich. Zum Beispiel vor der Winterpause vor zwei Jahren, als man sich mit nur noch acht Punkten Rückstand auf Leader YB auf den 4. Platz vorgekämpft hatte. Als Magnin danach wieder auf Ballbesitz spielen wollte, setzte es vorwiegend Niederlagen. Dasselbe bei Massimo Rizzo: mit tief stehen und wenig Ballbesitz konnte er bis zur Winterpause letzte Saison den FCZ stabilisieren und einige schöne Siege einfahren. Nach der Winterpause wollte er schrittweise seinem Team wieder etwas mehr Ballbesitz verpassen, was unter dem Strich zusammen mit den unglücklichen Personalien Sobiech (verletzt) und Dzemaili (nicht parat für die Super League) erneut zu einer Abwärtstendenz führte.

André Breitenreiter erkannte dies und sein FCZ stand daher zu Saisonbeginn noch tiefer und hatte noch weniger Ballbesitz, als unter Massimo Rizzo ein Jahr zuvor. Aber auch der deutsche Trainer konnte der Versuchung nicht widerstehen und liess sein Team Mitte Vorrunde schrittweise immer höher stehen und mehr Ballbesitz übernehmen. Die Resultate wurden auch bei ihm dadurch sofort etwas schlechter. Der Unterschied zu den Vorgängern war dann aber, dass Breitenreiter schnell die Handbremse zog und die taktischen Änderungen rückgängig machte. So kommt es, dass zur Winterpause 21/22 mit dem FCZ das Team mit dem tiefsten Ballbesitz der Liga mit sieben Punkten Vorsprung an der Tabellenspitze steht.

Starker Start in die Vorrunde mit unter 30% Ballbesitz. dann mit zunehmendem Ballbesitz (bis zu 55% in Runde 12) eine Baisse. Die besten Leistungen gab es in den letzten drei Spielen der Vorrunde mit wieder gesunkenem Ballbesitz von um die 45% (gleitender Durchschnitt).

Dass der FCZ im Vergleich zu den anderen Teams speziell „mutig, offensiv, mit viel Drang zum Tor“ spiele, ist bei ehrlicher Betrachtung falsch. YB, Basel, Servette und aus dem Spiel heraus auch St. Gallen hatten in der Vorrunde mehr Abschlüsse, als der FCZ, welcher vor allem von seiner Effizienz und Standardqualitäten profitierte. Breitenreiter spricht in seinen heimischen Medien davon, dass der FCZ ein sehr Hohes Pressing betreibe und vom Spielstil mit Atalanta oder Leipzig vergleichbar sei. Davon kann aber auch keine Rede sein. Sein Team liegt statistisch beim Hohen Pressing im Mittelfeld der Liga – nicht nur hinter St. Gallen, YB und Basel, sondern auch GC. Zudem wurde unter Ludovic Magnin beim FCZ mehr Hohes Pressing betrieben, als unter Breitenreiter, wenn man die dafür relevante Kennzahl der „Passes Per Defensive Action“ (PPDA) zu Rate zieht. Dessen Mannschaft hat zudem erst drei Tore aus einem Hohen Pressing erzielt, was selbst unter dem Schnitt der Rizzo-Zeit liegt, wo der FCZ weniger Pressing betrieb, dafür sehr effektiv. Mittlerweile hat Ludo Magnin übrigens seine Amtszeit als Trainer der 1. Mannschaft des FCZ analysiert und kommt in einem Interview mit „24 heures“ zum Schluss, dass der Aufschwung unter Breitenreiter in erster Linie damit zu tun habe, dass dieser auf Umschaltspiel setze, was besser zur Mannschaft passe, als Ballbesitz.

Mit Ausnahme der Cupspiele in Solothurn und Yverdon liess André Breitenreiter seinen FCZ immer in einem 3-4-1-2 oder dem sehr ähnlichen 3-3-2-2 auflaufen. Ob man mit zwei Sechsern oder zwei Achtern / Zehnern spielte, hing dabei natürlich immer auch etwas von der Mittelfeldzusammensetzung des Gegners ab. Nicht nur bei der Formation, sondern auch bezüglich Personal setzte Breitenreiter stark auf Kontinuität. Ein eiserner Kern von neun Spielern spielte praktisch die Vorrunde durch. Deutlich variabler war man hingegen bezüglich Spielweise mit unterschiedlicher Spielauslösung, Positionierung, Pressing und Umschaltintensität. Speziell gegen Basel muss man sich für die Rückrunde etwas überlegen. Beinahe hätte der FCZ gegen die Rotblauen nach dem Hinspiel im St. Jakob Park auch noch das Rückspiel im Letzigrund verloren, weil man zu hoch stand. Der Spielweise und den Qualitäten des FCB kam dies schon in den letzten Jahren immer entgegen und es hat sich auch diese Saison nicht geändert, zumal Torhüter Heinz Lindner mit den Füssen gewisse Fortschritte gemacht hat und Akteure wie Tavares, Millar, Kasami, Frei, Zhegrova, Stocker, Males, Ndoye oder Cabral für Angriff- und Konterspiel gegen einen hoch stehenden Gegner prädestiniert sind. Bei allen sonstigen positiven Entwicklungen muss man sagen: in der Art und Weise wie man gegen den FCB spielen muss, war man letzte Saison unter Massimo Rizzo schon mal einen Schritt weiter.

3. Erfolgsorientiertheit

Eigentlich im Profifussball eine Selbstverständlichkeit, aber nicht unbedingt immer beim FCZ in den letzten Jahren. Unter Trainer Breitenreiter ist der Erfolg das oberste Ziel. Man wählt dementsprechend die erfolgsversprechendste Taktik, Spielweise und Personal. Vor allem werden Ideen, die sich nicht bewährt haben, sofort korrigiert. Der schnelle Lern- und Adaptionsprozess ist eine der grössten Stärken dieses Trainerteams und sicherlich ein Faktor, der zu Optimismus für die kommende Zeit berechtigt. Auch der Aspekt, dass unabhängig von Namen, Alter, Nationalität oder Rendement aufgestellt wird. Eine kleine Ausnahme gibt es dabei mit Blerim Dzemaili. Dieser wird trotz seiner immer noch offensichtlichen Mankos für die Hierarchie im Team ganz offensichtlich als unverzichtbar angesehen und deshalb von Breitenreiter und Co. stark geredet und häufig eingesetzt.

4. Automatismen

In einer Studie des CIES Sports Observatory Neuchâtel vor einigen Jahren wurde herausgefunden, dass personelle Kontinuität bei den Spielern als Erfolgsfaktor eines Fussballteams gelten kann. Der FCZ hatte in dieser Vorrunde eine sehr hohe Kontinuität und damit konnten sich Automatismen etablieren. Dies hat dem FCZ sicherlich im ein oder anderen Spiel gegen einen Gegner mit mehr personellen Wechseln einen mitentscheidenden Vorteil verschafft. Dazu ist der Team-Spirit dieser Mannschaft tatsächlich offensichtlich.

5. Transfers

Seit Sommer 2020 ist die Kaderentwicklung grundsätzlich positiv einzustufen. Spieler, welche die Entwicklung der Mannschaft gebremst haben, konnten abgegeben werden. Gleichzeitig wurden vorwiegend Spieler dazugeholt, die das Team weiterbringen. Eine hundertprozentige Trefferquote hatte man aber auch in dieser Zeit nicht. Namen wie Schättin, Dzemaili, Gogia, Leitner, Buschman oder Pollero sind zumindest mit Fragezeichen zu versehen. Schon seit 2018 hatte sich Auswahl, Qualität und Entwicklung der Leihen von Talenten in die Challenge League stark verbessert und funktioniert seither tadellos. Der FCZ war der erste Super League-Klub, der diesbezüglich das richtige Rezept gefunden hat. Mittlerweile hat YB nachgezogen.

Züri Live-Durchschnittsnoten in der Saison (Sommertransfers) oder Halbsaison (Wintertransfers) vor dem Abgang / nach dem Zugang

6. Abschlusseffizienz

Weiter verbesserte Abschlusseffizienz (der FCZ war letzte Saison schon effizient gewesen) hat einen grossen Teil zu den 40 Punkten der Vorrunde beigetragen. Pro Partie hat der FC Zürich ein halbes Tor durch Abschlusseffizienz erzielt – 2,4 Tore pro Spiel statt der erwartbaren 1,9 Treffer. Ein Teil der Abschlusseffizienz hat mit der Spielweise zu tun: kommt man durch einen Konterangriff vors gegnerische Tor, hat man mehr Platz und Zeit für den Abschluss. Ein weiterer Aspekt speziell im Fall des aktuellen FCZ ist die Torquote bei Standards. Dazu kommt die oben erwähnte verbesserte Physis (Kondition, Rumpfstabilität), die für einen präziseren Abschluss sehr hilfreich ist. Wie wichtig eine gute Abschlusseffizienz ist. zeigt der Vergleich mit den Saison-Rangierungen in untenstehender Grafik.

7. Detailarbeit

Die Analyse der FCZ-Partien der letzten Monate vermittelt den Eindruck, dass noch mehr als früher an Details gearbeitet wird – von Einwürfen über ballferne Bewegungen bis zur Schusshaltung und verfeinerten Zuteilungsregeln bei Defensivstandards.

Folgerungen und Ausblick

Während man beim Ausscheiden im Cup auch Pech hatte, ist in der Meisterschaft einiges für den FCZ gelaufen. Partien, die normalerweise Unentschieden ausgehen, kippten häufig noch auf die Seite des FCZ – dank Mentalität und (erarbeitetem?) Glück. Der erste Meisterschaftssieg seit Jahren gegen YB war ein Meilenstein – trotz Personalsorgen beim Gegner. Der FC Zürich hat denselben Personalaufwand und etwas tiefere Erträge wie der FC St. Gallen und ist wie dieser vor zwei Jahren zur Halbzeit vorne sehr gut mit dabei. Wie damals trafen diese beiden Teams im letzten Spiel vor der Winterpause aufeinander – beide Male gewann der FCZ. In der Anfangsphase waren die vielen direkt verwandelten Freistösse (in erster Linie von Marchesano) ein wichtiges Element, gegen Ende der Vorrunde die Rückkehr von Tosin und Leistungsexplosion Wilfried Gnontos. Letzteres kompensierte die schon seit Jahren traditionelle Ladehemmung Assan Ceesays in den Wintermonaten. Die nach dem Züri Live-Notenschnitt des Teams besten Spiele der Vorrunde waren die Heimsiege gegen Luzern und YB gegen Ende der Vorrunde und die beiden „Dreier“ gegen Lausanne. Das „schlechteste“ Spiel war der glückliche Heimsieg im ersten Derby.

Nach dem guten Start gegen die drei „L“ (Lugano, Lausanne, Luzern) kam eine Baisse. Angefangen bei der Auswärtsniederlage in Basel gings wieder aufwärts.

„Angesichts der Voraussetzungen das Maximum herausgeholt“ klingt im ersten Augenblick etwas nach: „besser kanns gar nicht mehr werden“. Dem ist nicht so. In verschiedenen Bereichen sind in den letzten ein bis zwei Jahren Prozesse in Gang gesetzt worden, bei deren Stossrichtung man sich heute noch nicht mal auf halbem Weg der Entwicklung befindet. Zum Beispiel bei der Kaderentwicklung, den Verbesserungen im physischen Bereich, den Automatismen, der Taktik oder der Detailarbeit auf verschiedensten Gebieten. Der FCZ hat in all diesen Bereichen braches Potential und die Entwicklungsprozesse gehen in die richtige Richtung. Und man lässt sich nicht durch kurzfristigen Aktionismus oder dem Schielen auf die Konkurrenz vom Weg abbringen. Dies alles stimmt zuversichtlich. Dazu kommt der Bezug des neuen „Home of FCZ“ im Heerenschürli.

Sehr gute Vorrunde in der Challenge League 16/17, deutlich schlechtere Rückrunde – trotzdem aufgestiegen. Gutes erstes Saisonviertel 17/18 und 18/19. Dazu gab es im letzten Saisonviertel 18/19 und 19/20 eine Leistungssteigerung. Stark sinkender Notenschnitt 20/21, vor allem in der Rückrunde. In der ersten Saisonhälfte 21/22 geht der Notenschnitt wieder stark rauf in Richtung der Challenge League (und Europa League) Vorrunde 16/17.

Im Sturm hat der FCZ neuerdings wieder Alternativen auf der Bank, was gerade auf dieser Position unabdingbar ist. Die Stürmer „Nummer 5 und 6“ Pollero und Koide haben ihre Super League-tauglichkeit bisher allerdings noch nicht nachweisen können. Das 3-4-1-2 nutzt die Laufstärke und Polyvalenz von Nikola Boranijasevic und vor allem Adrian Guerrero optimal aus, denn es ermöglicht immer wieder Überzahlsituationen im Zentrum, sowohl in der Spielauslösung wie in der gegnerischen Platzhälfte. Fabian Rohner, der Alternative zu Nikola Boranijasevic auf rechts ist durch die Detailarbeit unter Breitenreiter durchaus eine interessante Entwicklung zuzutrauen. Seine Einsätze in der Vorrunde waren allerdings noch nicht immer eine Empfehlung. Links steht als Alternative der offensiv von vielen unterschätzte Fidan Aliti bereit. Bezüglich Spielweise bietet sich an, weiterhin tief zu stehen mit wenig Ballbesitz und schnellem direktem Umschaltspiel – gepaart mit situativem Hohen Pressing und Gegenpressing, um den Gegner aus dem Gleichgewicht zu bringen. Breitenreiter bringt zudem gerade gegen Gegner aus der hinteren Tabellenhälfte immer mehr Rhythmuswechsel und Ballbesitzphasen ins Zürcher Spiel ein. Speziell in den Partien gegen Basel sollte man die Lehren aus den Vorsaisons aber beherzigen und wieder tiefer stehen, als man dies in der Vorrunde praktiziert hat.

Die grösste Problemzone der Vorrunde war in einigen Spielen das Zentrale Mittelfeld. Und dies obwohl man hier quantitativ sehr gut bestückt ist. Neben den gesetzten Ousmane Doumbia und Antonio Marchesano kam in diesem Mannschaftsteil Bledian Krasniqi am meisten zum Einsatz. In seiner Entwicklung scheint dieser nun langsam aber sicher bereit zu sein, als echter Stammspieler Verantwortung zu übernehmen. Blerim Dzemaili hat auf der 6-er Position deutlich besser gespielt, als weiter vorne. Er könnte typischerweise bei Rückstand oder unentschiedenem Spielstand für Ousmane Doumbia hereinkommen und mit seinen langen Bällen und Seitenwechseln von hinten heraus für verstärkten Druck sorgen – während weiterhin Marc Hornschuh bei einer Führung als zusätzliches defensives Gewissen einen Bledian Krasniqi ersetzten würde. Moritz Leitner ist aus seiner nach unten zeigenden Leistungskurve der letzten Jahre nicht herausgekommen, Ante Coric hat grosse Schwankungen – beide sind für das Team bisher in der defensiven Phase tendenziell eine Hypothek. Vasilie Janjicic wird wohl auch in der Rückrunde physisch noch nicht bereit für die definitive Rückkehr in die Super League sein. Stephan Seiler und allenfalls Miguel Reichmuth aus der U21 bieten sich hingegen immer mehr als valable Alternativen an.

Wichtig in der Rückrunde kann auch werden, dass man intern auf Eventualitäten der Pandemie-Entwicklung gefasst und vorbereitet ist. Angefangen von der Teilnahme von Assan Ceesay am Afrika-Cup bis zu Entwicklungen mit möglichen vielen Quarantänen und improvisierten Teamzusammenstellungen beim eigenen Team und/oder den Gegnern, die andere Ligen aktuell durchmachen. Einerseits muss man auf der administrativen Ebene im direkten Zusammenspiel mit der Liga und anderen Klubs natürlich versuchen, das Beste für das Team herauszuholen, während man in der Kommunikation nach aussen und die Mannschaft selbst vor allem bereit sein muss, jede Situation als sportlichen Challenge und Chance wahrzunehmen.

Neben den ersten 30 Minuten gegen Aarau und Kriens, die jeweils sehr erfreulich aussahen, war auch fast die gesamte Partie gegen Feyenoord ansprechend: vor allem die Zweite Halbzeit, als die jungen Spieler beider Teams gegeneinander antraten und der FCZ dabei klar dominierte. Und gegen Vaduz gab es trotz erheblichem Kräfteverschleiss direkt nach dem Trainingslager kein Gegentor.  

Absicherung und „deutsche“ Tugenden

Was lässt sich über die Änderungen in Taktik und Spielweise unter dem neuen Trainerduo Breitenreiter / Scholtysik sagen? Auf jeden Fall ist diese nochmal eine ganze Portion stärker auf defensive Absicherung und Stabilität ausgerichtet, als unter Massimo Rizzo. Dieser hatte im Vergleich mit der etwas «vogelwilden» Magnin-Zeit bereits mehr defensive Stabilität reingebracht und Breitenreiter geht nochmal einen wesentlichen Schritt weiter in diese Richtung. Wohlgemerkt: mehr defensive Stabilität bedeutet nicht automatisch, dass man weniger Tore erzielt. Die FCZ-Torproduktion wurde ja in der ersten Hälfte der Rizzo-Amtszeit verbessert! Eine stabile Defensive ist eine wichtige Grundlage für gutes Offensivspiel. Ohne Balleroberungen kann man keine Tore erzielen.

Breitenreiter selbst redet gegen aussen gerne von offensivem Fussball, den er mit seinem Team auf den Platz bringen will. Die Frage bei solchen Aussagen ist aber immer: verglichen mit wem? Er hat vermutlich gewisse Trainerkollegen (in Deutschland) im Kopf, im Vergleich zu denen er sich offensiver orientiert sieht. Magnin oder Rizzo gehören aber sicherlich nicht dazu. Stattdessen erinnert nach den ersten Eindrücken der Wechsel zu Breitenreiter bei den Profis demjenigen zu Inka Grings in der Frauen-Equipe. Sie setzte ebenfalls stärker auf Physis und defensive Stabilität, als noch ihr Vorgänger  – und das Team entwickelte sich auf dieser Grundlage positiv. Manchmal stimmen die Clichés von den «deutschen Tugenden» halt eben doch noch.

Ein Potpourri an taktischen Formationen eingeübt

Ein wichtiges Beispiel für stärkere defensive Ausrichtung ist das Verhalten der Offensiven Flügelspieler, die angehalten sind, sehr viel mehr Defensivarbeit zu verrichten, als dies noch unter Breitenreiters Vorgängern der Fall gewesen ist. Sie sind selbst bei einer Viererabwehr dafür verantwortlich, dass der Gegner nicht zum Flanken kommt, so dass sich situativ sogar eine Sechser-Abwehrreihe bilden kann. Ein weiteres konservatives Element ist, dass dem Ball mehr Sorge getragen wird. Im Normalfall wird nicht schnell von Defensive auf Offensive umgeschaltet, sondern ein kontrolliertes Aufbauspiel betrieben – allerdings durchaus mit Rhythmuswechseln. Ist Breitenreiter ein Jugendförderer? Seine Vergangenheit spricht eher dagegen. In Paderborn und Hannover hatte er mit die ältesten Teams der Liga und in dem einen Jahr bei Schalke baute er nur einen kleinen Teil einer extrem talentierten Generation aus der «Knappenschmiede» in die Mannschaft ein. Wie dies beim FCZ aussehen wird, lässt sich nach der Vorbereitung noch nicht beurteilen. Die Wahrheit wird sich in den Wettbewerbsspielen zeigen.

Welche taktische Formation bevorzugt Breitenreiter? Diese Frage kann man nach den Vorbereitungspartien ebenfalls nicht beantworten. Er liess in den sechs Partien in nicht weniger als sechs  verschiedenen taktischen Formationen spielen – und abgesehen vom klassischen 4-4-2 (nur gegen Kriens) wendete er alle mehr als einmal an. Wenn das Ziel gewesen sein sollte, den FC Lugano über die taktische Formation des FCZ zum Saisonstart im Dunkeln zu lassen, dann ist dies sicherlich gelungen. Auch diesen Artikel zu lesen, wird diesbezüglich den Tessinern wenig bringen. Es wurde insgesamt gleich häufig mit Dreier- oder Viererabwehr gespielt. Das unter Magnin und Rizzo klar bevorzugte 4-2-3-1 lag in der Sommer-Vorbereitung auch bei Breitenreiter ganz knapp vorne. Es gab viele konservativ-kritische Stimmen, die Ludovic Magnin für seine gelegentlichen taktischen Wechsel kritisierten. Breitenreiter wird voraussehbar auch in Wettbewerbsspielen die taktische Ausrichtung noch deutlich häufiger als Magnin wechseln. Dies muss aber überhaupt nichts Negatives bedeuten – letztendlich wurde auch letzte Saison wieder das Team mit den häufigsten Wechseln der taktischen Formation mit grossem Vorsprung Schweizer Meister.

6:1 gegen Kriens, 1:4 gegen Xamax – wo liegt die Wahrheit? (FCZ-Sommer, Teil 1)

Kommt eine Mannschaft nicht ins Spiel, wie der FCZ in Thun, dann sind die Erklärungen in der Live-Berichterstattung schnell zur Hand: „Sie sind nicht wach“, „Es fehlt der Biss“, „Mit den Gedanken irgendwo anders“. Die Züri Live-Übertragungen sind da keine Ausnahme. Da keiner von uns Lucien Favre heisst, erkennen wir manchmal nicht auf den ersten Blick, was tatsächlich falsch läuft. Dazu ist dann die ausführliche Match-Analyse da, für die wir uns nach jedem Spiel die nötige Zeit nehmen. Diese fördert immer interessante Aspekte zutage: manchmal sind es Details, manchmal stellt sie die LIve-Einschätzung des Spiels aber auch so ziemlich auf den Kopf.

Dass der FC Thun in den ersten 20 Minuten scheinbar mühelos gleich mit 3:0 in Führung gehen konnte, hatte zu grossen Teilen taktische Gründe, wobei „Taktik“ nicht nur die entsprechenden Vorgaben, sondern auch deren Umsetzung auf dem Platz beinhaltet. In der 29. Minute reagierte der FCZ und stellte seine ursprüngliche Taktik um. Ab da bekam man die Partie sofort deutlich besser in den Griff. Schon zwei Minuten später führte dies zum ersten Eckball, ersten Torschuss und Tor zum 1:3. Was war also das Problem der ersten 28 Minuten?

Dafür muss man erstmal etwas Ausholen: Kompakt stehen und dem Gegner wenig Raum zum Spielaufbau geben ist schon seit Jahrzehnten das A und O des modernen Defensivfussballs. Gewisse Abweichungen davon gibt es seit ein paar Jahren mit dem ultraschnellen Umschaltfussball à la St. Gallen und dessen Vorbildern, bei welchem die Reihen automatisch weiter auseinanderrücken, als dies in Partien mit Beteiligung von anderen Teams der Fall ist. Diese grösseren Räume kommen speziell dem FCZ und dessen Qualitäten entgegen, was mit ein Grund ist, warum das Magnin-Team zur Zeit gegen St. Gallen so viele positive Resultate liefert. Unabhängig davon, ob man das Pressing hoch, im Mittelfeld oder tief ansetzt, und ob man schnell in die Offensive umschaltet oder nicht (wie schnell man in die Defensive umschalten muss, hängt im Wesentlichen vom Gegner ab), ist schon seit langer Zeit das Essenzielle jeder Defensivarbeit, den jeweils ballführenden Gegner mit unterschiedlichen Mitteln so unter Druck zu setzen, dass dieser keine gefährlichen Pässe spielen kann, eben, zu „pressen“. Freies Spiel lassen kann man gegnerischen Verteidigern und dem Torhüter höchstens in einer Zone, in welcher unmittelbar gefährliche Pässe in die Tiefe, auf welche die eigenen Verteidiger allenfalls nicht mehr schnell genug reagieren können, nicht möglich oder zumindest sehr unwahrscheinlich sind.

„Die Verteidigung beginnt vorne“ ist nicht nur ein Spruch. Qualitätsunterschiede zwischen der Verteidigungsarbeit der Stürmer sind heutzutage in einer Liga beispielsweise im Vergleich der Mittelfeldteams häufig wegweisender für die defensive Stabilität, als die meist etwa ähnlich guten Verteidigungsreihen. Der FCZ hatte hier lange ein grosses Problem. Kaum ein anderes Team der Liga hatte so schwach verteidigende Vorderleute wie Kramer, Ceesay, Mahi, Kololli, Schönbächler oder Marchesano. Nun ist der FC Zürich auch heute in dieser Kategorie noch nicht top, es ist aber in dieser Saison eine klare Verbesserung festzustellen – angeführt vom sich enorm entwickelnden Antonio Marchesano, welcher das Pressing im 4-4-2 vorne (abgesehen von ein, zwei Momenten pro Spiel) mittlerweile sehr gut steuert. Marchesano sorgt dafür, dass der Zweierblock gut funktioniert, wobei es da je nach Partner noch Unterschiede gibt. Blaz Kramer hat sich zwar auch etwas entwickelt, nimmt sich aber immer noch zu viele defensive Auszeiten. Marchesanos Copain aus Bieler Zeiten Benjamin Kololli erweist sich hingegen speziell seit der Corona-Pause wie ein umgekehrter Handschuh.

Foto: Moritz Wolf

In Thun hatte der FCZ in der ersten halben Stunde nun in der vorderen Reihe zwei entscheidende Probleme. Erstens: Marchesano war abwesend. Die Personaldecke speziell in den vorderen Reihen ist zur Zeit dünn. So kam Adrian Winter im offensiven Zentrum neben Benjamin Kololli zu seinem Startelf-Comeback ausgerechnet in dem Stadion, wo er sich vor mehr als einem Jahr seinen Kreuzbandriss zugezogen hatte. Winter vorne zentral einzusetzen, ist grundsätzlich ein logischer Schritt, denn die auf dem Flügel so entscheidende Antrittsschnelligkeit hat er altersbedingt auf Super League-Niveau nicht mehr in entscheidendem Masse. Im Offensivzentrum für Unberechenbarkeit sorgen, ist hingegen eine Rolle, die ihm auch als Charakter liegt und in der er der Mannschaft immer noch helfen kann, wie dies die Tessiner TV-Kommentatoren Cerone / Tarchini (Ex-FCZ) zuletzt richtigerweise bemerkt haben.

Zweitens wurde gegen den FC Thun von der bisherigen standardmässigen Verteidigungsformation des flachen 4-4-2 leicht, aber entscheidend abgewichen. Thun spielt wie der FC St. Gallen mit einer Raute im Mittelfeld, dies aber mit mehr Präzision / langsamerem Umschalten. In diesem Zusammenhang wurde offenbar vom FCZ der auf der Sechserposition spielende Thun-Captain Leonardo Bertone als entscheidende Relais-Station im Spielaufbau ausgemacht. Adrian Winter und Benjamin Kololli standen daher nicht auf der gleichen Höhe, um auf der ganzen Breite des Spielfeldes Störarbeit verrichten zu können, sondern einer von beiden nahm jeweils auf der 10er-Position Bertone in Deckung und diesen somit aus dem Spiel. Dies bedeutete für den jeweils Anderen (in der Regel Kololli) lange Laufwege, ohne die beiden Innenverteidiger Stillhart und Havenaar wirklich entscheidend beim Spielaufbau behindern zu können. Der Gedankengang aus FCZ-Sicht lässt sich nachvollziehen. Bertone gilt als einer der Liga-Spezialisten für lange Bälle auf der Sechserposition, während die Innenverteidiger Stillhart und Havenaar nicht den gleichen Ruf geniessen. Allerdings: beide haben sich in letzter Zeit in spielerischer Hinsicht klar verbessert und Stillhart, welcher durchaus das Potential hat, zumindest teilweise in die grossen Fussstapfen des zurückgetretenen Thuner Captains Dennis Hediger zu treten, gelang zudem just gegen den FCZ eine der besten Halbzeiten seiner bisherigen Karriere. Aus diesem Grund ging die Rechnung des FCZ trotz Unterzahl in der vordersten Pressing-Reihe gleichzeitig mit der Viererabwehr relativ hoch stehen zu können, nicht auf.

Nikki Havenaar kann ungehindert mit Ball in die Zürcher Hälfte vordringen und hat mit Aussenverteidiger Sven Joss und dem Achter Matteo Tosetti zwei Anspielstationen in kurzer Passdistanz, um einen gefährlichen Angriff über die rechte Seite zu lancieren.

Den Schuss vor den Bug bezüglich der taktischen Marschroute gab es für den FCZ in der 6. Minute. Weil Winter strikt bei Bertone blieb, musste der fleissige Kololli einen sehr langen Weg gehen und konnte Havenaar nicht hindern, mit Ball am Fuss mehr als fünf Meter in die Zürcher Hälfte vorzudringen (siehe Standbild oben). Dies brachte aufgrund der nun kurzen Passwege des Gegners die kompakt im Raum stehenden beiden Zürcher Viererreihen in Verlegenheit und verschärfte zwei zusätzliche Probleme. Einerseits das geschickte sequentielle Positionsspiel Thuns, in welchem die „Achter“ Tosetti und Hasler in der Angriffszone auf den Flügel ausweichen und dann beim Zurücklaufen den gegnerischen Aussenverteidiger Richtung Mitte mitziehen, um dem eigenen Aussenverteidiger Raum nach vorne zu verschaffen. Andererseits die in Thun nach längerer Zeit wieder aufgetretenen Probleme einer hoch stehenden Zürcher Viererabwehrkette mit der Offsidefalle. Das Duo Mirlind Kryeziu / Kempter stand mehrmals deutlich höher als auf rechts Nathan / Britto.

Die Szene endete mit einer gefährlichen scharfen Hereingabe von Joss von der rechten Seite, die Brecher knapp vor Hassane Bandé am nahen Pfosten wegfausten konnte. Die Zürcher Forwards lernten daraus: über Havenaar kann Thun gefährliche Vorstösse lancieren. Fünf Minuten später lief Adi Winter daher den ballführenden Basil Stillhart von der Mitte an, um den Pass zu Havenaar zu verhindern oder zumindest zu erschweren – und gleichzeitig machte sich sogar Kololli noch zusätzlich für den Fall eines Querpasses auf den Weg Richtung Havenaar und liess dafür sogar Bertone vorläufig stehen (siehe Standbild unten).

Adrian Winter läuft Basil Stillhart von der Mitte aus an, um den Querpass auf Nikki Havenaar zu erschweren. Stillhart nutzt den Raum und Platz, um den Angriff über links selbst zu lancieren.

Stillharts Reaktion darauf ist logisch: er macht rechtsumkehrt, nutzt den sich durch die Fokussierung der Zürcher auf Havenaar bietenden Raum selbst und spielt unbedrängt auf seiner Seite einen Traumpass in die Tiefe für Nias Hefti. Der Ball driftet dabei auf seiner Bahn auf dem Thuner Kunstrasen stabil und präzise wie eine Bowlingkugel in den Lauf des offensiven linken Aussenverteidigers. Rapp verwertet dessen ideale Hereingabe zum Thuner 1:0.

Ein Bild des Grauens: Winter und Kololli kriegen vorne in Unterzahl keinen Zugriff auf die Angriffsauslösung, Britto lässt sich von Hasler zu stark nach innen ziehen, Mirlind Kryeziu und Kempter stehen zu weit vorne, um gegen Rapp und allenfalls Bandé noch effektiv eingreifen zu können.

Man kann in der ganzen Szene Willie Britto nicht zum Vorwurf machen, dass er sich in der Nähe von Nicolas Hasler aufhält und nach innen ziehen lässt, aber er müsste aufgrund der Angriffsauslösung auf seiner Seite sich mindestens zwei bis drei Meter weiter nach rechts begeben, um die Distanz zur Aussenbahn nicht zu gross werden zu lassen. Wohlgemerkt: Thun macht es in dieser Situation richtig gut. Die Spielsituation ändert sich enorm schnell. Zu behaupten, Britto würde „schlafen“, wäre ungerechtfertigt. Er ist durchaus aufmerksam und bemerkt Heftis Lauf nur eine Zehntelssekunde nach obigem Standbild. Das Problem des Ivorers wie auch einiger anderer Zürcher Spieler in ähnlichen Situationen ist aber: er ist noch am „bouncen“. Der trabende, leicht hüpfende Schritt hilft Energie und Kräfte sparen, ist aber komplett ungeeignet, wenn Gefahr im Verzug ist, und verhindert die notwendige ultraschnelle Richtungsänderung. Da muss man stattdessen „auf den Zehenspitzen stehen“.

Stillhart leitet mit ähnlichen weiten Bällen auch das zweite und das dritte Tor ein, wobei er bei letzterem den Ball tief aus der eigenen Hälfte in Bedrängnis durch Kololli mit dem linken Fuss spielt – sein Meisterstück. An diesem Abend schien dem Ostschweizer bis zu seinem Ausschluss alles zu gelingen. In der 29. Minute dann die taktische Änderung des FCZ auf eine Dreierkette, die das Spiel veränderte. Man wollte dabei weiterhin Bertone aus dem Spiel nehmen und stellte daher auf ein 3-4-1-2 um. Nun waren die Zürcher vorne im Dreieck des Thuner Spielaufbaus zwischen Havenaar, Stillhart und Bertone nicht mehr die ewig zu spät kommenden Unterzahlspieler. Der linke (Mirlind Kryeziu) und rechte Innenverteidiger (Willie Britto) vermochten zudem sowohl das Mittelfeld gegen die beiden Thuner Achter Tosetti und Hasler, als auch die Aussenspieler besser zu unterstützen. Vorne führte die Präsenz des zentralen Offensivtrios Kololli – Schönbächler – Winter sofort zum ersten Corner und Tor. In der Zweiten Halbzeit rückte Hekuran Kryeziu zurück auf die mittlere Position der Dreierabwehrkette, was für ihn durchaus eine Position mit Zukunft sein könnte.

Sieht viel besser aus! Durch das Pressing im 3-4-1-2 wird der Thuner Spielaufbau empfindlich gestört.

Leider griff das 3-4-1-2 Pressing auch nicht immer ganz reibungslos, dies aber nicht aus taktischen, sondern aus personellen Gründen – Marco Schönbächler erwischte nach einigen guten Leistungen in Thun einen schlechten Tag. Ganz anders Benjamin Kololli, dem trotz Niederlage möglicherweise gar seine bisher beste Leistung im FCZ-Dress gelang. Zu seiner allgemeinen Aufwärtstendenz nach der Coronapause (bisher in jedem Einsatz ein Tor und ein Assist, wichtige Rolle in der Sturmspitze, deutlich verbesserte Defensivleistung) kam die Erholungspause gegen Lugano und der Fakt hinzu, dass die Berner Oberländer sein klarer Lieblingsgegner zu sein scheinen – bei bisher schon sieben Treffern und zwei Assists in elf Begegnungen.

Mirlind Kryeziu gelang in der Stockhorn Arena per Kopf endlich sein erstes Super League-Tor. Auch dies hatte seine Vorgeschichte in den Testspielen, wo er in Schaffhausen ein identisches Tor nach Corner Kolollis von rechts erzielt hatte – ebenfalls via Lattenunterkante. Nathan und Kempter spielten in Thun zwar immer noch solide, aber nicht mehr so zwingend, wie noch in den Partien davor. Rüegg und Winter zeigten grosses Kämpferherz, begingen aber auch viele Fehler. Willie Britto fühlte sich in der Viertelstunde vor der Pause in der Dreierabwehr deutlich wohler als zuvor und war für wichtige Spielauslösungen über rechts zuständig, die über Standards zu den beiden Anschlusstreffern führten. Die Erste Halbzeit bestätigte die aktuell hohe Effizienz und Standardstärke des Letzigrund-Clubs. In der Zweiten Halbzeit war die Mentalität der Mannschaft stark und man spielte deutlich besser, als in vielen Überzahlsituationen der gleichen Saison. Dass man in extremer Weise aufs Tempo drückte und den Gegner kaum noch verschnaufen liess, war richtig, aber es fehlte ein Quäntchen mehr Ruhe und Geduld zwischendurch. Auf jeden Fall bleibt wie schon in den vorangegangenen Partien die halbe Stunde nach der Pause die beste Phase im Zürcher Spiel. Der Energiehaushalt ist auf diese Phase ausgerichtet, während beispielsweise ein Team wie St. Gallen die Entscheidung in der Regel bereits in den ersten 30 Minuten der Partie sucht – und danach abbaut.

Vor der Pause hatte der FCZ etwas Glück, dass Ref Tschudi nach einem Tackling von Basil Stillhart gegen den ballführenden Benjamin Kololli auf Freistoss und Gelb entschied. Das hätten nicht alle Schiedsrichter so gesehen. Der anschliessende Penaltyentscheid und die zweite Gelbe Karte gegen Stillhart war dann aber korrekt. Bei einem leichten Halten von Kempter gegen Bandé und auf der anderen Seite einem unabsichtlichen Ellbogenschlag von Havenaar gegen Kololli im Strafraum war es zudem jeweils nachvollziehbar, dass nicht auf Penalty entschieden wurde.

Thun – FC Zürich 3:2 (3:2)
Tore: 11. Rapp (Hefti) 1:0, 14. Tosetti (Hefti) 2:0, 21. Karlen (Stillhart) 3:0, 31. M. Kryeziu (Kololli) 3:1, 45+5 Kololli (Penalty, Nathan) 3:2.
Thun – Faivre; Joss, Havenaar, Stillhart, Hefti; Bertone; Tosetti (46. Sutter), Hasler; Karlen; Bandé (61. Fatkic), Rapp.
FCZ – Brecher; Britto (46. Domgjoni), Nathan, M. Kryeziu, Kempter (81. Pa Modou); H. Kryeziu, Janjicic (46. Sohm); Rüegg, Winter, Schönbächler (72. Koide); Kololli.

(Standbilder: Teleclub)

Zum vierten aber nicht letzten Mal in diesem Kalenderjahr trifft der FCZ auf YB. Bisher ist dem Letzigrund-Team noch kein Tor und auch kein Punktgewinn gegen den amtierenden Schweizer Meister gelungen. Durchaus möglich, dass Zürich mit der gleichen Equipe antritt wie beim 1:0-Sieg in Genf, wo eine für einmal auch defensiv befriedigende Erste Halbzeit gelang. In Genf war Adi Winter wohl in erster Linie zur moralischen Unterstützung im Kader mit dabei. Vor der Partie gegen YB wird er als rekonvaleszent gemeldet, und wird sicherlich noch Zeit brauchen, um sich wieder auf sein Niveau zurückzukämpfen. Die bei Servette eingewechselten Vasilije Janjicic (als Alternative wohl in erster Linie für Marchesano), Umaru Bangura (Nathan) und Blaz Kramer (Ceesay) sind wohl auch für heute die wahrscheinlichsten Alternativen für die Startformation.

YB hat aktuell eine Verletztenliste, welche derjenigen des FCZ bis vor wenigen Wochen gleicht. Eine der interessantesten Fragen stellt sich bezüglich Guillaume Hoarau. Von Startformation über Jokerrolle bis zu Schonung ist vor der Nationalmannschaftspause bezüglich des grossgewachsenen Franzosen alles möglich. Und: bilden die beiden FCZ Nachwuchsspieler Janko und Fassnacht wieder die Rechte Seite? Taktisch hat YB-Trainer Gerardo Seoane von allen Super League-Trainern in letzter Zeit wohl die meisten Wechsel vorgenommen. Vom 4-4-2 über ein 4-1-4-1 über ein 5-3-2 sowie 4-3-3 bis zu 3-4-3 war in den letzten Wochen alles dabei.$

 

Hat der FCZ eine Chance gegen YB?

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Nach den zwei Siegen gegen Hertha BSC im Intertoto-Cup und denjenigen gegen Dresden und Dynamo Berlin im Europacup der Landesmeister gewinnt der FCZ zum fünften Mal im Europacup gegen ein Deutsches Team und schafft sich mit dem Punktemaximum nach drei Gruppenspielen eine ausgezeichnete Ausgangslage. Das Team von Ludo Magnin und René Van Eck hatte sich zwar gemäss Roberto Rodriguez vorgenommen, von Beginn weg hoch zu stehen und den Gegner unter Druck zu setzen – in der Realität verbarrikadierte man sich hingegen die meiste Zeit am eigenen Strafraum und liess den Gegner bis 30 Meter vors Tor praktisch frei kombinieren.

Die Gäste aus Leverkusen hatten so während praktisch der ganzen Spielzeit mehr Ballbesitz, begingen dabei aber zu viele einfache Fehler. Und der FCZ konnte immer wieder im eigenen Stadion mit schnellen Gegenstössen für Gefahr sorgen – dank mittlerweile grosser Variabilität in der Spielanlage des Teams, welches gleichzeitig personell in den letzten Wochen von Spiel zu Spiel jeweils nur wenig Änderungen erfahren hat. Diesmal durfte Adrian Winter wieder einmal von Beginn weg ran – auch dank seiner Defensivqualitäten im Duell mit dem bei Leverkusen spielbestimmenden Linksverteidiger Wendell. Der FCZ vermochte am Ende der Partie auf ein Chancenplus gegen das nominelle Deutsche Spitzenteam zu verweisen.

Antonio Marchesano, Toni Domgjoni und Stephen Odey erzielten dabei alle drei ihr erstes Europacuptor. Marchesano kam kurz vor der Pause aus geringer Distanz zum Handkuss, nachdem Maxsö im Mittelfeld sein Kopfballduell gegen den Deutschen Jungnationalspieler Havertz für sich entscheiden konnte, obwohl er dabei von diesem unterlaufen worden war – und Captain Kevin Rüegg sich rechts des Strafraumes magistral gegen Bailey und Sven Bender durchgesetzt hatte. Ein Doppelschlag von Karim Bellarabi (jeweils praktisch identisch bezüglich Abschlussposition und -art) erwischte den FCZ nach der Pause kalt. Während das erste Gegentor für den FCZ schwierig zu verteidigen war, gestaltete sich das zweite als vermeidbar. Leverkusen schien sich dabei ein Beispiel an YB zu nehmen.

Die Berner hatten am Wochenende einige Male erfolgreich eine Lücke in den Zürcher Abwehrverbund gerissen, indem Maxsö oder Bangura aus diesem herausgelockt wurden. Im Gegensatz zu YB schaffte es Leverkusen mit einem solchen Spielzug nun auch ein Tor zu erzielen. Ohne den überspielten Bangura in der Viererkette und dem zentral Richtung Tor stürmenden Bailey mussten Maxsö und Pa Modou stärker nach rechts rücken, was auf der linken Zürcher Abwehrseite den entscheidenden Raum für den Doppeltorschützen Bellarabi öffnete. Dass selbst nach diesem Doppelschlag auf Seiten der FCZ-Fans schnell wieder berechtigte Hoffnungen auf eine „Konterrevolution“ bestanden, hatte drei Gründe. Erstens war noch genug Zeit dafür vorhanden, zweitens die Mentalität und das Selbstverständnis des eigenen Teams, und drittens, so seltsam es vielleicht im ersten Moment klingt, wirkte der Gegner nicht so stabil wie beispielsweise ein FC Thun.

Der 20-jährige Toni Domgjoni übernahm auch in diesem Spiel wieder eine wichtige Rolle und wurde mit seiner Europacup-Torpremière belohnt. Vor zweieinhalb Jahren hatte Züri Live anlässlich eines U18-Länderspiels in Grenchen gegen Deutschland erstmals über Domgjoni berichtet. Die damalige Einschätzung gilt heute mehr denn je: «Domgjonis Beitrag zum guten Spiel (der Schweizer) war vor allem sein grosser Aktionsradius verbunden mit einem dementsprechenden Laufpensum. Der Mittelfeldspieler war überall anzutreffen, wo’s brennt, rechts, links, hinten und auch vorne in Abschlussposition».

Sowohl Stürmer Stephen Odey wie auch Antonio Marchesano sind an allen drei Toren sowie an mehreren guten Torchancen beteiligt. Die beiden scheinen sich auf dem Platz immer besser zu verstehen. Marchesano bereitete das zweite und dritte Tor jeweils mit entscheidenden Bällen in die Tiefe vor und ist der Züri Live-MVP des Spiels, was er letztmals beim 2:0-Derbysieg in der 2. Super League-Runde gewesen war.

FCZ – Bayer 3:2 (1:0)

Tore: 44. Marchesano (Rüegg) 1:0; 50. Bellarabi (Volland) 1:1, 54. Bellarabi (Havertz) 1:2, 59. Domgjoni (Marchesano) 2:2, 78. Odey (Pa Modou) 3:2.

FCZ: Brecher; Rüegg, Bangura, Maxsö, Pa Modou; H. Kryeziu; Marchesano (90. Nef), Domgjoni; Winter (58. Khelifi), Kololli (79. Rodriguez); Odey.

Bayer: Hradecky; Jedvaj, Dragovic (46. Weiser), S. Bender, Wendell; L. Bender, Kohr; Bellarabi, Havertz, Bailey (79. Brandt); Kiese Thelin (46. Volland).

Der Spitzenkampf zwischen den beiden Tabellenersten im Letzigrund wurde seiner Bezeichnung gerecht – von Beginn weg um jeden Ball erbittert gekämpft – ob am Boden oder in der Luft. Der FCZ mit der Achse Frey – Rüegg – Nef gab die Marschrichtung vor, und ging von Anfang an Vollgas.  Da Neuverpflichtung Thelander noch nicht spielberechtigt war, und Bangura ausfiel, spielte Victor Palsson in der Innenverteidigung. Wie schon in der Zweiten Halbzeit in Chippis hatte der Isländer dabei aber Orientierungsprobleme im Deckungsverhalten und produzierte einige Fehlpässe von hinten heraus. Und wie schon im Wallis im Duell mit Manuel Mvuatu (2,02 m) stützte er sich im Luftduell wie auf einem Pferdpauschen beim grossgewachsenen Guillaume Hoarau (1,92 m) auf, um diesen zu überspringen.

YB konnte in der Zweiten Halbzeit mit neuer Taktik (Christian Fassnacht beispielsweise begann auf dem Flügel im Dreimannsturm, wechselte dann ins Mittelfeld und beendete die Partie als Sturmspitze neben dem eingewechselten Nsamé) das Szepter mehrheitlich übernehmen. Trotz „Europacupsandwich“ (ZSKA Moskau als Brot, Super League-Spitzenkampf als Fleisch) und Auswärtsspiel konnten die Berner in Halbzeit Zwei im Gegensatz zum FCZ nochmal zulegen, was durchaus etwas über die aktuellen Stärkeverhältnisse zwischen den beiden Teams aussagt. Schiedsrichter Klossner fuhr wie auch generell die anderen Schiedsrichter in der Schweiz seit Saisonbeginn eine tolerantere („englischere“) Linie, was grundsätzlich zu begrüssen ist. Es trägt wesentlich zur Attraktivität der Spiele bei, und die Entscheide wirken weniger willkürlich. Auch wenn dann in der Zweiten Halbzeit Klossner und sein Assistent leider ein Vergehen von Kevin Mbabu im eigenen Strafraum,  als dieser den in Richtung Rodriguez rollenden Ball mit dem Arm blockierte, übersahen.

FCZ – YB 0:0 (0:0)

Tore: Je eines war an beiden Enden des Feldes aufgestellt.

FC Zürich: Vanins; Nef, Palsson, Brunner; Winter, Rüegg, Sarr, Pa Modou; Dwamena, Frey, Rodriguez (69. Koné).

BSC Young Boys: Von Ballmoos; Nuhu, Von Bergen, Benito; Mbabu, Sanogo, Sow, Lotomba (46. Schick); Fassnacht, Hoarau (74. Ravet), Assalé (46. Nsamé).

Die Züri Live-Expertinnen Lara Keller und Nathalie Lienhard äussern sich über das Champions League-Duell mit Sturm Graz, Zweikampfverhalten, die harte Gangart der Underdogs, Mentalität, Freistossvarianten, die treuen Fans, 3-er Abwehr, was es bringt, eins auf die Kappe zu bekommen, die Situation in der Liga, Lugano, Walperswil, den SC Freiburg, was noch besser werden muss, Cinzia Zehnder, Seraina Friedli, Fabienne Humm, Malin Gut, Adriana Leon, Sanni Franssi, Lesley Ramseier, Rahel Moser, Julia Stierli und Sandrine Mauron.

 

 

Der ehemalige Direktor Profifussball und Trainer des Hamburger SV, Peter Knäbel, verfolgte in Baulmes interessiert den Auftritt des FCZ. Gerüchteweise wird Knäbel als neuer Berater des Verwaltungsrates beim FC Zürich gehandelt. Er wünschte daher für das Pausengespräch mit Züri Live ausdrücklich nur Fragen zum Spiel. Der ehemalige Bundesligaspieler (Bochum, St.Pauli, 1860), der seit rund 18 Jahren seinen Lebensmittelpunkt in der Schweiz hat, lobte die gute Einstellung und richtige Taktik in der 1.Halbzeit in Baulmes. Wie er den FCZ und die Challenge League sieht, und was es aus seiner Sicht braucht, um den Spagat Challenge League/Europa League zu schaffen, ist in der Aufzeichnung des kompletten Interviews zu hören: