Fehlende Spritzigkeit und Defensivprobleme in Henau gegen den VfB Stuttgart

Der FCZ verliert beim bereits fünften Vorbereitungsspiel auf die neue Saison zum ersten Mal und dies mit dem klaren Ergebnis von 3:5. Positiv zu vermerken ist, dass mit den weiteren drei Toren bereits 13 Treffer in Testpartien erzielt werden konnten und Stürmer Assan Ceesay in jeder dieser Partien sein Tor beisteuerte. Wie schon in der Rückrunde nutzt der FCZ vermehrt die Schnelligkeit des Gambiers bei langen Bällen hinter die gegnerische Abwehr – das ist sein Spiel, welches gegen einen ziemlich hoch stehenden Gegner wie die neue Ausgabe von Stuttgart natürlich am besten zur Geltung kommt.

Ganz allgemein vermochte der FCZ in dieser Partie so schnell und zielstrebig in die Offensive umzuschalten, wie man es noch selten zuvor von diesem über Jahre hinweg stark ballbesitzorientierten Team gesehen hat. In diesem Bereich hat man ganz offensichtlich gearbeitet. Nach dem erfolgreichen gemeinsamen Mittelfeldpressing wurde der Ball häufig sofort zu Marchesano gespielt und dieser schickte den bereits zuvor startenden Ceesay ebenso schnell und direkt in in die Tiefe. So beim 1:1-Ausgleich, als Omeragic und Zumberi den Ballgewinn Sohms ermöglichten, der sofort Marchesano bediente. Beim 2:2 war es dann Bangura, der im Mittelfeld antizipierte und sofort Marchesano in die Tiefe schickte und dieser vor Torhüter Bredlow cool blieb. Anders als etwa zehn Minuten zuvor Neuzugang Mimoun Mahi, der nach einem von Vanins direkt hinter die Stuttgarter Abwehr gespielten Ball vor dem Schwäbischen Keeper zu überhastet agierte.

Auch der neuverpflichtete Blaz Kramer kam in der Zweiten Halbzeit zur ein oder anderen guten Aktion und holte unter anderem den Penalty zum 3:3 heraus. Es hätten durchaus noch weitere Tore für den FCZ fallen können, so verweigerte der Referee Assan Ceesay in der Ersten Halbzeit einen Elfmeter, den man  hätte pfeifen können, Marchesano setzte in der 43.Minute nach einem Bredlow-Fehler seinen Lupfer Zentimeter am rechten Pfosten vorbei – und zu Beginn der Zweiten Halbzeit vergab Benjamin Kololli nach einem schönen weiten Ball von Bangura eine «Hundertprozentige» alleine vor dem gegnerischen Gehäuse. Die beiden Treffer von Al Ghaddioui zum 2:3 und 3:4 für Stuttgart sind zudem wohl beide aus einer (knappen) Offsideposition erzielt worden.

Sehr viele aus der Schweiz stammende VfB-Fans waren in Henau zugegen bei einem in der 1. Halbzeit bei Wind und leichtem Regen ausgetragenen Spiel. Die Bundesliga-Absteiger traten mit einigen «Stars» wie Castro, Didavi oder Gomez in der Startformation an bei ihrem Zwischenstopp wenige Kilometer vor ihrem Trainingslager-Quartier Abtwil. Auch für den FCZ lag der Spielort auf dem Weg ins Trainingslager – bis zu ihrem Bestimmungsort im Österreichischen Ried im Oberinntal (wenige Kilometer unterhalb des Unterengadins) war für das Team nach der Partie dann aber noch ein schönes Stück zu fahren.

Auch wenn der FCZ einzelne gute Aktionen speziell im Spiel nach vorne hatte, war die Spritzigkeit des Letzigrundteams an diesem Nachmittag insgesamt deutlich tiefer, als diejenige der Stuttgarter. Speziell in der Rückwärtsbewegung war dies am meisten spürbar. In der Abwehrreihe offenbarten Akteure wie Mirlind Kryeziu, Ilan Sauter, Lindrit Kamberi oder Yassin Maouche zudem noch grundsätzliche qualitative Mängel. Bei den ersten beiden Gegentreffern passten die Innenverteidiger Kryeziu (0:1) und Bangura (beim 0:2) nicht auf und brachten so Omeragic jeweils gegen zwei gegnerische Angreifer ini Unterzahl.

Lavdim Zumberi vermochte nicht zum ersten Mal in dieser Sommervorbereitung auf der Sechserposition nur teilweise zu gefallen. Die eingewechselten Domgjoni und Popovic machten ihre Sache allerdings noch schlechter. Der Slowene rannte bei seinem FCZ-Début vier Tage nach seiner Verpflichtung Ball und Gegner erstmal nur hinterher. Der zur Pause hereingekommene Marco Schönbächler agierte bis zur Hereinnahme von Yann Kasai als zweiter Stürmer neben Blaz Kramer, ohne allerdings dabei Torgefahr auszustrahlen und in der Schlussphase mit mehreren Ballverlusten, die zu schnellen Gegenstössen führten. Levan Kharabadze war wie schon gegen Rapperswil-Jona in seinem Einsatz inexistent, zum Beispiel beim Konter über seine Seite, der zum 3:5 führte-

FC Zürich – VfB Stuttgart 3:5 (2:2)

Tore: 9. Gomez (Awoudja) 0:1, 15. Ceesay (Marchesano) 1:1, 21. Didavi (Penalty, Gonzalez) 1:2, 42. Marchesano (Bangura) 2:2; 52. Al Ghaddioui (Mangala) 2:3, 55. Kololli (Penaltynachschuss, Kramer) 3:3, 74. Al Ghaddioui (Klimowicz) 3:4, 82. Coulibaly (Klimowicz) 3:5.

FC Zürich: Vanins; Omeragic (62. Sauter), Bangura (78. Kamberi), M. Kryeziu (46. Kharabadze), Britto (78. Maouche); Zumberi (62. Domgjoni), Sohm (62. Popovic); Khelifi (78. Kasai), Marchesano (46. Schönbächler), Mahi (46. Kololli); Ceesay (46. Kramer).

VfB Stuttgart: Bredlow (46. Kobel); Stenzel, Awoudja (72. Mack), Kaminski (46. Kempf), Grözinger (62. Insua); Karazor (46. Mangala); Castro (72. Massimo), Ascacibar; Didavi (72. Klimowicz); Gonzalez (46. Al Ghaddioui), Gomez (62. Coulibaly).

 

Palsson, Maouche, Pa Modou débutieren bei erster Testspielniederlage

In der vierten Testpartie der Saisonvorbereitung 2017/2018 fährt der FCZ mit 1:2 gegen den Deutschen Zweitligisten Sandhausen die erste Niederlage ein – genau mit dem gleichen Resultat hatte Luzern zuvor gegen diesen Gegner verloren. Mit der Ersten Halbzeit war anschliessend an die Partie Trainer Uli Forte nicht zufrieden:

Zwar begann diese ausgezeichnet mit einer Zürcher Druckphase und der Führung bereits in der 2. Minute gegen diejenige Mannschaft, die in der abgelaufenen Saison von allen Teams der 2.Bundesliga aus dem Spiel heraus am wenigsten Gegentore kassiert hat. Fabian Rohner hatte den Turbo gezündet und den Ball an die Strafraumgrenze getrieben und dann wie bei einem 4x100m Rennen den ebenfalls nicht zu bremsenden Moussa Koné als „Schlussläufer“ in den Strafraum lanciert.

Der FCZ schaffte es aber nicht, den Schwung aus dieser Anfangsphase mitzunehmen und überliess stattdessen Sandhausen die Initiative. Die Badener dominierten in der Folge die Erste Halbzeit und glichen wenn auch in der Entstehung etwas glücklich, aber sicherlich verdient, mit einem abgefälschten (und für Vanins unhaltbaren) Weitschuss aus 20 Metern genau in die rechte obere Ecke zum 1:1 aus. Zur Halbzeit wechselten beide Trainer (praktisch) komplett. Der FCZ war nun die etwas bessere Mannschaft (obwohl bei Sandhausen in der Zweiten Halbzeit mehr Stammspieler auf dem Platz standen), das Chancenverhältnis glich sich aus, es gab aber weiterhin nur wenige Tormöglichkeiten. Die besten vergaben Frey nach guter Vorarbeit von Winter aus kurzer Distanz und spitzem Winkel gegen Sandhausen-Keeper Schuhen und Bangura mit einem Kopfball an die Latte. Das Siegestor erzielte am Ende aber Sandhausen. Nach einem fairen Tackling von Cédric Brunner, der im eigenen Strafraum den Ball spielte, zeigte der Schiedsrichter zum Erstaunen aller auf den Punkt. Höler liess sich aus 11 Metern nicht zwei Mal bitten.

Gleich drei Jungs kamen beim FCZ in Auswärtstrikots zu ihrem Début. In der 1. Halbzeit agierte Victor Palsson halbrechts neben dem zentral spielenden Gilles Yapi und Izer Aliu (halblinks) in einem Mittelfeld, welches mit der Raum- und Aufgabenverteilung Mühe bekundete. Palsson agierte in den meisten Aktionen solide – nicht mehr und nicht weniger – und brachte eine gewisse Physis ein. Yapi und Aliu spielten nach einem intensiven Morgentraining von zwei Stunden bei weitem nicht auf dem Niveau wie noch beispielsweise gegen Thun. Auch bei Alain Nef schien das Morgentraining seine Spuren hinterlassen zu haben, und am Ende der Halbzeit humpelte er dann sogar noch nach einem Zweikampf im Mittelfeld mit Problemen am linken Knie vom Platz.

Nach der Halbzeitpause feierten ihrerseits Pa Modou Jagne und Yassin Maouche ihre ersten Einsätze im FCZ-Trikot. Pa Modous Auftritt war ganz ordentlich, während Maouche zwar seine Kreativität nach vorne andeutete, im allgemeinen aber vor allem noch Probleme mit der Physis und dem Tempo des Gegners hatte. Der junge Franzose aus der Region Genf zeigte sich in seinem ersten Interview beim FCZ angesichts des Trainingsrückstandes zufrieden mit seiner Leistung, sieht seine Stärken im Dribbling sowie im Passspiel, und sprach zudem kurz über seinen Transfer von Servette: „Es war kompliziert…“.

Der ebenfalls zur Halbzeit eingewechselte Adi Winter zeigte sich wie immer auch in einem Testspiel ehrgeizig. Am konstantesten im positiven Sinne setzt sich in dieser Vorbereitung aber bisher der nach Izer Aliu Zweitjüngste in Szene: Maren Haile-Selassie kann auf seiner linken Seite nichts erschüttern. Erneut etwas zu wenig Durchschlagskraft ging aber in der Zweiten Halbzeit von der Zentralen Offensive mit Dwamena, Frey und später Pagliuca aus.

Der FCZ hat am kommenden Sonntag 16.Juli um 17 Uhr in Ruggell (Liechtenstein) gegen den Türkischen Süper Lig-Aufsteiger Göztepe Izmir ein weiteres Testspiel geplant. Göztepes Mittelfeldspieler Murat Akin ist bereits zum achten (!) Mal mit einem Verein von der Zweiten in die oberste Türkische Liga aufgestiegen. In der Schweiz gelang ihm dies mit dem FC Wil letzte Saison aber nicht. Ausserdem ist bei den sich in Österreich im Trainingslager befindlichen Türken auch Ex FCZ-Stürmer Adis Jahovic engagiert.

SV Sandhausen – FC Zürich 2:1 (1:1)

Tore: 2. Koné (Rohner) 0:1, 13. Vollmann 1:1; 81. Höler (Penalty) 2:1.

Sandhausen: Knaller (46. Schuhen); Gipson (46. Klingmann), Kister (46. Seegert), Karl (46. Knipping), Rossbach (46. Paqarada); Stiefler (46. Kulovits), Zenga (46. Linsmayer); Daghfous (46. Ibrahimaj), Vollmann (46. Aygünes), Born (46. Derstroff); Wooten (46. Höler).

FC Zürich: Vanins; Nef (46. Brunner), Kukeli (46. Bangura), Sadrijaj (46. Pa Modou); Rohner (46. Winter), Yapi (46. Sarr), Rodriguez (46. Haile-Selassie); Palsson (46. Rüegg), Aliu (46. Maouche); Koné (46. Dwamena), Frey (69. Pagliuca).

Bemerkungen: FCZ in den neuen Auswärtstrikots – Débuts von Palsson, Maouche und Pa Modou – Comeback von Sarr – Voser (angeschlagen) und Cavusevic (Vaterfreuden) aktuell nicht im Training – Alesevic als verletzt gemeldet, aber mit der Mannschaft dabei – Baumann nicht eingesetzt – Brecher nicht im Matchaufgebot mit einem Spezialtraining vor Ort – verletzt: Schönbächler, Marchesano, Kempter, Kryeziu.

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Pa Modou, Dwamena und Sadiku auf der Allmend – Aufbruch ins Trainingslager

Kurz vor dem Aufbruch ins Trainingslager bestritt die nach den Verletzungsausfällen des Wochenendes (Kempter, Schönbächler, Marchesano – allen gute Besserung!) Übriggebliebenen eine längere Trainingseinheit am Nachmittag. Zumindest Cédric Brunner ist von seinen Bauchbeschwerden wieder genesen. Und erstmals mit dabei: Neuling Pa Modou Jagne, der ablösefrei von Sion zum FCZ gewechselt ist und anschliessend Züri Live das erste Interview im FCZ-Dress gab:

Beim „7 vs. 3“ bildete sich auf der einen Seite die Gruppe der Jungen und auf der anderen die Afrikaner zusammen mit den Routiniers. Zu spüren war: die Gruppe der Afrikaner ist mittlerweile so gross geworden, dass sie zunehmend die Teamkultur prägt – wie es zur Zeit aussieht, im positiven Sinne mit einer gewissen (Spiel-)Freude. Winter, Nef und Kukeli schienen sich auf jeden Fall in dieser Gruppe wohl zu fühlen. Raphael Dwamena ist von seinem ersten Länderspieltrip zurück. Zuerst der erfolgreiche Auftakt mit dem 5:0-Sieg im Afrika Cup-Qualifikationsspiel gegen Äthiopien mit zwei Dwamena-Toren, dann die Freundschaftsspiele in den USA gegen die B-Teams von Mexico (welches gleichzeitig noch am Confederations Cup engagiert war) und USA mit einer 0:1- und 1:2-Niederlage.

In allen drei Spielen war Dwamena in der Startformation neben Asamoah Gyan (Äthiopien, USA) oder Abdul Majeed Waris (Mexiko). „ESPN“ bewertete den Auftritt von „Rapha“ gegen die USA folgendermassen: „The FC Zurich striker didn’t get a lot of opportunities for goal but his hold-up and link-up play with the forwards was brilliant. As the midfield struggled to provide the required support for the front two, he dropped deep and run at defenders, often to good effect. 6/10“

Ebenfalls vor Ort auf der Allmend Brunau in FCZ-Trainingsausrüstung war Armando Sadiku. Er nimmt aktuell nicht am regulären Trainingsbetrieb teil, machte einen Waldlauf und gesellte sich anschliessend kurz zu den ehemaligen Kollegen und unterhielt sich ein wenig mit dem einen oder anderen, speziell Kukeli. Gegenüber Züri Live äusserte er sich nur unverbindlich.

Morgen Dienstag Abend spielt der FCZ auf dem Weg ins Trainingslager im allgäuischen Oberstaufen um 19 Uhr im Elsass (Hagenau) gegen Ligue 1-Aufsteiger Strasbourg – ein ähnlicher Härtetest wie kürzlich der FC Thun. Voraussichtlich gibt es diesmal keinen Live Ticker auf Züri Live-Twitter.

sadrijaj-rodriguez-zweikampf-training-fcz-1707Rodriguez und Sadrijaj im Zweikampf

aliu-haile-selassie-training-fcz-1707Aliu beobachtet, was Haile Selassie mit dem Ball macht

pagliuca-fcz-training-25-1707Kilian Pagliuca muss seinen Platz noch finden

sadiku-drink-sein-erstes-training-fcz-1707Dabei, aber nicht mittendrin: Armando Sadiku

Russischer Nati-Physio beim FCZ

Seit Sonntag hat die zweite Etappe der Rückrundenvorbereitung für den FCZ in Lara begonnen. Die durch Spielerabgänge frei gewordenen Plätze wurden im Flieger durch eine verstärkte medizinische Abteilung kompensiert. Zu dieser Verstärkung zählt auch ein auf einem Schnappschuss jovial lächelnder „Brummbär“ im FCZ-Gewand flankiert von Aleksandr Kerzhakov und Artjom Simonyan.

Es ist Sergey Kolesnikov, seines Zeichens langjähriger Physiotherapeut von Zenit St.Petersburg und der Russischen Nationalmannschaft. Nach dem Transfer von drei Stürmern, die den FCZ in diesem Winter verlassen, ein weiteres glasklares Zeichen, dass man an der Werdstrasse für die kommenden Monate auf Kerzhakov baut, und diesem die bestmöglichen Bedingungen bieten will. Kolesnikov ist kein Wintertransfer des FCZ. Er hat sich spontan und auf Initiative seines langjährigen „Kunden“ für die Zeit des Trainingslagers dem FCZ angeschlossen. Und scheint sich im Kreise der Zürcher pudelwohl zu fühlen.

Vor dem Abflug in die Türkei hat sich der ehemalige Zenit-Bomber Kerzhakov gegenüber  der Sport-Tageszeitung „Sovetskij Sport“ über seine ersten Eindrücke in Zürich geäussert. Züri Live liefert das Interview nach:

Sovetskij Sport: Wenn Sie mit einem Wort die erste Woche in Zürich beschreiben müssten, welches Wort wäre das?

Kerzhakov: Positiv. Es ist ein gutes Kollektiv. Und mit der Klubführung herrscht ein sehr warmes Verhältnis. Mit einem Wort kann ich das alles gar nicht beschreiben.

SS: Bei Zenit gibt es eine Tradition: ein neuer Spieler muss einen Spiessrutenlauf absolvieren bei welchem ihm die Mitspieler auf den Hinterkopf schlagen. Wie werden die Neuen beim FC Zürich begrüsst?

Kerzhakov: Ich würde nicht sagen, dass dies bei Zenit wirklich eine Tradition ist. Vor der Ära „Villas Boas“ gab es das nicht – das hat er eingeführt. Und beim FC Zürich verhält man sich Neuen gegenüber easy und relaxed. Ich musste auch keine Reden halten.

SS: Nach all den Russischen Wintertrainingslagern sind für Sie die Schweizerischen wohl eher putzig?

Kerzhakov: Nein, in Bezug auf die Belastung ist es das Gleiche wie damals im ersten Zenit-Wintertrainingslager 2003 mit Trainer Vlastimil Petrzela. Jeden Tag zwei Trainings und sehr viel Laufarbeit. Dann geht es für 10 Tage in die Türkei und bereits am 7. Februar haben wir das erste Meisterschaftsspiel.

SS: Die Trainingsplätze sind gut?

Kerzhakov: Ja, die sind hier gut. Allerdings, nun regnet es bereits 24 Stunden am Stück, und heute konnten wir deshalb nicht auf dem Platz trainieren, damit dieser nicht zerstört wird.

SS: Es heisst, Sie hätten vier Konkurrenten im Sturm. Läuft der Konkurrenzkampf schon heiss?

Kerzhakov: Zuerst einmal reisen wir ins Traininglager und dann spielen wir das erste Testspiel. Erst dann werde ich ein Gespür für die Situation bekommen können. Alle Fragen bezüglich Konkurrenten und Anzahl Spieler pro Position müssen Sie dem Trainerstab stellen. Ich bin nicht dafür da, um die Anzahl Stürmer oder Verteidiger zu zählen.

SS: Der Präsident Ihres neuen Klubs hat gesagt, dass Sie sehr viel über Zürich wissen. Wussten Sie auch, dass in der Stadt mehr als ein Jahr lang Lenin gelebt hat?

 Kerzhakov: So wie ich herausgefunden habe, hat hier nicht nur Lenin gelebt, sondern es leben in Zürich auch heute viele berühmte Leute – Celebrities und Geschäftsleute. Zum Beispiel hält sich hier auch (Margarita) Louis-Dreyfus, die Besitzerin von Olympique Marseille, häufig auf.

SS: Ein interessanter Ausschnitt aus der Biografie Lenins über das Leben in Zürich: „Ein Grossteil seiner Zeit hat er in der Stadtbibliothek verbracht, und in der Freizeit liebte er mit seiner Partnerin auf den Zürichberg zu gehen, im Gras zu liegen, und Schweizer Schokolade zu essen“. Was denken Sie, werden die Historiker über Ihre Zeit in Zürich einmal schreiben?

Kerzhakov: Ich glaube, dass ich viel weniger Freizeit haben werde, als Lenin. Ich habe hier ein bisschen andere Aufgaben und Ziele…

SP: Und weiter: „Das Ehepaar Ulyanov hat seine Zürcher Wohnung im Frühling 1917 verlassen, als sie von der beginnenden Revolution in Russland erfahren haben, und haben sich in den Zug nach St.Petersburg gesetzt“.

Kerzhakov: Ich empfinde hier überhaupt keine Parallelen. Und ausserdem mag ich es nicht, mit Lenin verglichen zu werden.

SS: Dann wenigstens dies: Schweizer Schokolade oder Russische?

Kerzhakov: Wenn ich mir vorstelle, dass vor mir eine Tafel Russische und eine Tafel Schweizer Schokolade hingelegt würde, dann würde ich unsere essen. Ich habe seit meiner Kindheit Sowjetische Schokolade gegessen und finde nicht, dass sie schlecht ist, oder schlechter als Schweizer Schokolade. Dies obwohl Schweizer Kühe das frische Gras der Alpenwiesen essen und ihre Milch daher eine bessere Qualität hat.

SS: Zudem ist die Schweizer Schokolade deutlich teurer.

Kerzhakov: Ja, die Preise sind in Zürich deutlich höher, als in St.Petersburg. Wenn man es in Rubel umrechnet, so sind die Preise hier etwa doppelt so hoch.

SS: Haben Sie gelesen, was die Schweizer über Sie schreiben?

Kerzhakov: Ich kann kein Deutsch.

SS: Im „Blick“ gab es einen Artikel mit dem Titel: „Neuer Zar von Zürich“

Kerzhakov: Eine übertriebene Einschätzung. Viele Journalisten schreiben um einer heissen Schlagzeile willen Dinge, die keine wirkliche Grundlage haben. Gebt mir doch wenigstens erst mal ein paar Minuten Spielzeit mit dem FC Zürich in der Meisterschaft! Danach gibt es dann zumindest etwas, worüber man sprechen kann. Aber so: ich habe kaum ein bisschen trainiert – und bin bereits der Zar! Wenn sie das gleiche immer noch schreiben, wenn die Rückrunde voll im Gange ist, ist das eine andere Sache.

SS: Der Untertitel im „Blick“ ist noch interessanter: „Putin ist sein Freund“. Wir, so scheint es, haben etwas nicht mitbekommen?

Kerzhakov: Um ehrlich zu sein, weiss ich selbst nichts davon. Ich verstehe nicht, woher sie das haben. Wenn es in diesem Artikel Aussagen von mir persönlich gehabt hätte, dann würde ich das jetzt kommentieren, Aber Sie wissen ja selbst am besten, was manchmal alles in den Zeitungen geschrieben wird. In dem Sinne ist es ja eigentlich ganz gut, dass ich kein Deutsch verstehe.

SS: Im gleichen Artikel wird der Präsident des FC Zürich, Ancillo Canepa, zitiert, dass die Verhandlungen mit Ihnen nicht mehr als 10 Minuten gedauert hätten. „Mich hat die Sachkundigkeit Kerzhakovs über den Klub und die Stadt positiv überrascht. Ich musste ihn nicht überzeugen.“

Kerzhakov: Und wozu hätte er mich denn überzeugen müssen? Als ich in die Schweiz zum Treffen mit Canepa geflogen bin, wusste ich genau warum ich dahin gehe und was ich dort tun werde. Das ist eine bewusste Entscheidung, ich hatte schon zuvor alle Pluspunkte und Minuspunkte abgewägt. Bei diesem Wechsel gab es für mich deutlich mehr Pluspunkte, als bei einem Wechsel zu irgendeinem anderen Verein. Und Minuspunkte habe ich eigentlich überhaupt keine dabei gesehen.

SS: Sie haben gesagt, sie hätten auch zu einem Premier League-Klub wechseln können, aber es hätten Ihnen drei Länderspiele gefehlt. Wer von den Russischen Spielern kann denn diese Anforderungen überhaupt erfüllen?

Kerzhakov: Derjenige, welcher für die Nationalmannschaft mindestens 75% aller Spiele der letzten zwei Jahre absolviert hat.

SS: Aber Sie sind doch ein verdienstvoller Spieler? Erhält man da kein Gehör?

Kerzhakov: Im Prinzip hätte man da wohl schon etwas machen können. Irgendwohin eine Anfrage machen, damit Sie meinen Fall genauer anschauen. Aber dann hätte ich die Leute vom FC Zürich hinhalten müssen. Sie haben mir eine konkrete Offerte gemacht, die mir gefallen hat. Es wäre nicht fair gewesen, das ganze erst mal „on hold“ zu stellen. Ich wollte wissen, woran ich bin, und nicht irgendwelche eventuell besseren Offerten abwarten.