Der neue Trainer Franco Foda folgt beim FCZ auf eine historische Saison: vielleicht sogar die beste der Vereinsgeschichte? Zumindest kann man mit Fug und Recht Trainer André Breitenreiter die beste Meisterschafts-Bilanz eines FCZ-Trainers attestieren. Bei den ersten zwei Meistertiteln 1902 und 1924 gab es noch keine Spitzenliga im eigentlichen Sinn. Alle anderen Meistertitel folgten ab den 60er-Jahren. Seit 1960 hat nur ein FCZ-Coach umgerechnet nach Dreipunkteregel einen besseren Punkteschnitt als Breitenreiter erreicht: der Basler René Brodmann, welcher zum Ende seiner fünfjährigen Aktivzeit beim FCZ in der Rückrunde 1967 als Spielertrainer waltete (trotz der Top-Rückrunde blieb damals am Ende der FCB einen Punkt vor dem FCZ und Lugano). Brodmann kam gemäss FCZ-Biographie „Eine Stadt, Ein Verein, Eine Geschichte“ im Jahr 2000 auf tragische Art und Weise bei einem Unfall ausgerechnet direkt vor dem Letzigrund-Stadion ums Leben.

Lehren aus der Geschichte

Breitenreiter ist trotz zweitbestem Punkteschnitt in unserem Trainer-Ranking an erster Position, denn wir haben den Punkteschnitt mit der Qualität der Gegner gewichtet, gegen welche diese Punkte geholt wurden. So liegt beispielsweise Albert Sing, der 1980 durchschnittlich 1,3 Punkte in der Finalrunde gegen die Top 6-Mannschaften der Schweiz geholt hat, vor Uli Forte mit dessen 1,99 Punkten vorwiegend gegen die Nummern 11 bis 20 des Schweizer Fussballs und in zweiter Linie gegen die besten 10. Oder Gilbert Gress mit 1,31 Punkten gegen vorwiegend die besten 12, teilweise die besten 8 und die Nummern 9 bis 16 liegt vor Herbert Neumann mit 1,40 Punkten zu grossen Teilen gegen die Nummern 9 bis 24 der Schweiz. Und so werden die 2,10 Punkte Breitenreiters gegen die Top 10 etwas höher gewichtet, als Brodmanns 2,23 Punkte gegen die Top 14.

Die beiden grossen Figuren sind Breitenreiter und Favre – gefolgt von den erfolgreichen Coaches zuerst der 70er- (Cajkovski, Konietzka) und dann der 60er-Jahre (Gawliczek, Maurer, Mantula). Eine aufschlussreiche Lehre ergibt sich aus der Geschichte, wenn die Zeit nach den „Überfliegern“ Favre und Konietzka / Cajkovski betrachtet wird. Die Nachfolger (Jeandupeux sowie Challandes / Fischer / Meier) erreichten nicht mehr die Top-Punktzahlen von zuvor, arbeiteten aber trotzdem immer noch ziemlich erfolgreich. Jeandupeux und Challandes vermochten gar in Sachen Meistertitel nachzudoppeln. Mit Challandes, Fischer und Meier schien vor dem Hintergrund der Favre-Zeit jeweils die Geduld etwas zu fehlen. Eine kleine Resultatbaisse führte in den jeweiligen Fällen zur Freistellung. Besser wurde es danach aber nicht – im Gegenteil. Die Gefahr besteht, dass man an die Nachfolgetrainer zu hohe Ansprüche stellt und dadurch vom Regen in die Traufe gerät.

Das Ranking der FCZ-Trainer

„Offense wins games, defense wins championships“ ist ein geflügeltes Wort aus dem amerikanischen Profisport, welches häufig auch auf den Fussball angewendet wird. Urs Meier war diese Saison schon zwei Mal bei Züri Live (Derby-3:3 und Luzern-4:0) und schwärmte von den Offensivspielern „seiner“ FCZ-Mannschaft. Dieses offensiv-orientierte Team hat tatsächlich auch ein paar grosse Spiele wie den Cupfinal 2014 gegen den FCB oder in der Europa League gegen Villarreal gewonnen. Das Auswärtsspiel hatte der FCZ nach vier Djimsiti-Fehlern in Spanien klar verloren. Im Heimspiel konnte Meier Marcelino, den damaligen Trainer des aktuellen Europa League-Gewinners und zweifachen Champions League-Halbfinalisten, taktisch auf dem falschen Fuss erwischen. Dies trug zu einer frühen 3:2-Führung bei, die bis zum Ende der Partie hielt.

Ohne Defence – kein Championship!

Für die Meisterschaft hat es hingegen dem geflügelten Wort entsprechend nicht gereicht. In jener Saison 14/15 habe die Mannschaft den Titel in den Beinen gehabt, war im Züri Live-Podcast Nummer 2 Davide Chiumiento überzeugt. Man war bis im November an der Spitze dabei, bis zum Foul des ehemaligen FCB-Juniors Sandro Wieser an Gilles Yapi im Brügglifeld. Das zweite defensive Gewissen, Burim Kukeli, spürte zudem nach zwei Jahren Verletzungspause immer noch die Spätfolgen des Fouls des ebenfalls ehemaligen FCB-Juniors Simon Grether in einem Testspiel 2012 und fand nicht mehr auf sein altes Niveau. Ohne gute Defence – kein Championship!

FCZ heute im Gegensatz zur Meier-Ära ohne defensiv unterdurchschnittliche „Offensivstars“

Meier erklärt auch, dass er mit diesem „fast schon Überangebot“ an offensivorientierten Spielern wie Chikhaoui, Chiumiento, Buff, Gavranovic, Etoundi, Chermiti oder Sadiku nicht eine Taktik mit einer sicheren Deckung als Basis habe implementieren können. Im Gegensatz zu André Breitenreiter heute, möchte man anmerken, der ein Team ohne „Offensivstars“ zu einer gerade auch defensiv starken solidarischen Einheit formen konnte – und nahe am ersten Meistertitel seit 2009 steht. Es wäre der 13. bei aktuell 13 Punkten Vorsprung an einem Ort, der für den 13. Mai bekannt ist.

Pechsträhne nach starker Vorrunde 14/15 hängt als Damoklesschwert über dem Saisonstart 15/16

Man muss Urs Meier zustimmen, dass in der Saison 2014/15 wirklich einiges zusammenkam, was gegen den FCZ lief. Meier erwähnt den Afrika-Cup im Januar mit dem Skandalspiel Äquatorialguinea – Tunesien, von welchem sich die mit Titelhoffnungen nach Westafrika gereisten FCZ-Tunesier lange nicht hätten erholen können. Es kam eine beispiellose Serie an Fehlentscheiden hinzu, die in der heutigen VAR-Zeit in dieser Häufung kaum noch denkbar wäre. Trotzdem gelangen dem FCZ in dieser Saison rekordhohe fünf Derbysiege und mit dem 3. Platz erreichte man die Europa League-Qualifikation. Die in vielerlei Hinsicht unbefriedigende Rückrunde trug Meier dann aber als Rucksack über den Sommer mit und als zum Saisonauftakt 15/16 zwar die Leistungen, nicht aber die Resultate stimmten, kam als Folge davon die Freistellung – und ein langes Warten auf den neuen Trainer Hyypiä, was in der Abstiegssaison wertvolle Zeit kostete. „Der Zeitpunkt war schlecht“ meint Meier heute. Er ist aber dankbar, dass er beim FCZ eine tolle Mannschaft habe trainieren dürfen. Heute ist seine Tochter Seraina Piubel Stammspielerin der FCZ Frauen und hat ihr Début in der Nationalmannschaft gegeben.

Meier traut dem FCZ früh den Titel zu

Voll gesetzt hat Meier in seiner FCZ-Trainerzeit auf den eigenen Junior Berat Djimsiti. Kein anderer Spieler hat unter ihm so viele Einsätze gehabt – 158 Wettbewerbspartien. Bei seinem zweiten grossen Förderer Gian Piero Gasperini sind es aktuell mittlerweile 152 Einsätze. Ausserdem sprach Meier bei Züri Live über die Stimmung im Verein, als er auf die Meistersaison 05/06 hin zur FCZ Academy stiess, und dass die Zuzüge von Admir Mehmedi und Innocent Emeghara aus dem Winterthurer Nachwuchs damals auf seine Empfehlung getätigt wurden. Schon beim Derby im Oktober 2021 zeigt sich Meier zudem als einer der ersten auf einen Steilpass von René Borkovic hin öffentlich optimistisch bezüglich FCZ-Chancen auf den Meistertitel in der laufenden Saison 21/22.

Kontinuität ist bisher das Motto des FCZ-Trainerteams in dieser Saisonvorbereitung: zum dritten Mal dieselbe taktische Formation und eine Aufstellung wie bei einem Wettbewerbsspiel. Das Team soll sich in der Testphase ganz offensichtlich einspielen, und erste Elemente davon sind gegen den FC Wil auch zu sehen. Mal für Mal gelingt die immer gleiche Angriffsauslösung über die rechte Seite mit dem diagonalen Steilpass von Toni Domgjoni auf seinen zurückgekehrten alten Weggefährten Fabian Rohner. Mit der Einwechslung von Koide sowie etwas später Britto und Gnonto wird dann nach einer Stunde sofort die linke Seite belebt. Simon Sohm macht am Tag seines ersten Aufgebotes für die A-Nati weitere Fortschritte auf der Innenverteidigerposition. Nathan krönt seine erneut solide Leistung mit einem Kopfballtor nach Freistossflanke Salim Khelifis kurz vor Schluss. Der FCZ ist die klar überlegene Mannschaft – es fehlt aber ein handlungsschneller Strafraumstürmer, welcher die „Dinger reinmacht“ – diesen Typus vertreten weder Kramer, noch der in der Pause eingewechselte Ceesay.

Die Sportlichen Verantwortlichen der Gäste wie Verwaltungsratspräsident Maurice Weber und Geschäftsleiter Benjamin Fust sind am Rande des (laufenden) Spiels bei den Medien im Fokus: wie geht es weiter nach dem abrupten Abgang von Ciriaco Sforza und Daniel Hasler (der Assistenztrainer aus Liechtenstein scheint in seiner bisherigen Karriere den Erfolg geradezu gepachtet zu haben)? Mittlerweile hat sich der Kreis von 20 „seriösen Bewerbungen“ auf eine „Shortlist“ verkürzt. Ob auf dieser auch Urs Meier drauf ist, welcher im Heerenschürli auf der Tribüne anwesend war? Die Mannschaft zeigt sich mit den beiden aus Leipzig in die Äbtestadt gewechselten Talabidi und Jones physisch verstärkt. Vor allem aber glänzt U21-Nati Keeper Philipp Köhn zwischen den Pfosten und häufig auch mit erfolgreichen Rettungsausflügen vor seinen Strafraum. Nur in der 10. Minute ging so eine Aktion beinahe schief, als Köhn vor dem Sechzehner den Steilpass von Kololli auf Schönbächler abfing. Der Ball kam wieder zu Kololli, der aus der Distanz das verlassene Gehäuse ins Visier nahm, aber der solide agierende Izmirlioglu rettete vor der Linie. Von den beiden FCZ-Leihspielern vermochte Bledian Krasniqi nicht zu überzeugen und Ilan Sauter stand noch nicht im Aufgebot.

FC Zürich – Wil 1:0 (0:0)
Tore: 88. Nathan (Khelifi) 1:0.
FCZ: Brecher (46. Kostadinovic): Rohner, Sohm, Omeragic (46. Nathan), Winter (60. Britto); Domgjoni (68. Seiler), H. Kryeziu; Schönbächler (60. Khelifi), Marchesano (60. Gnonto), Kololli (46. Koide); Kramer (46. Ceesay).
Wil: Köhn; Talabidi (74. Mettler), Izmirlioglu, Kronig, Blasucci (66. Mätzler); Muntwiler, Ndau (46. Sarcevic); Brahimi (66. Mayer), Fazliu, Krasniqi (56. Schäppi); Jones (66. Paunescu).

Mit einem 0:1 gegen Winterthur und einem 0:0 bei Leader Wil startet der ehemalige FCZ-Stürmer Mario Frick nach Stationen beim FC Balzers und verschiedenen Liechtensteinischen Juniorenmannschaften beim FC Vaduz in der Challenge League seine Trainerkarriere im Profibereich. Aufmerksame Hörer von Züri Live erinnern sich, dass Frick vor vier Jahren auf diesem Sender diesen Schritt klipp und klar als persönliches Ziel formuliert hat. „You can get it if you really want?“ – offenbar schon…

Nach U21-Stürmer Kilian Pagliuca, der zum kommenden Challenge League-Gegner Wohlen ausgeliehen wurde, sucht der FCZ auch für Artjom Simonyan eine Lösung. Simonyan hat beim FCZ einen Vertrag bis 2018. Ein möglicher Leihtransfer könnte noch heute unter Dach und Fach gebracht werden. Zu den Interessenten gehört unter anderem der FC Le Mont.

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Der Armenische U21-Nationalspieler wartet immer noch auf seinen ersten Einsatz in der Challenge League. Zu Beginn der letzten Saison hatten die damaligen Trainer Meier und Rizzo auf ihn gesetzt und gegen GC (2:3-Derbyniederlage) und in St.Gallen (2:0-Auswärtssieg) zwei Mal von Beginn weg gebracht. Unter Trainer Hyypiä kam der heute 21-jährige dann aber nur noch zu zehn weiteren Teileinsätzen. In der Sommervorbereitung unter dem neuen Trainer Uli Forte wurde Simyonan 303 Minuten eingesetzt (mehr als Winter, nur knapp weniger als Schönbächler und Rodriguez), konnte seine Chance in diesen Partien aber trotz eines Tores gegen Austria Lustenau nicht nutzen.

Italien besiegte gestern im 3-5-2 System an der EM Favorit Belgien trotz offensichtlichen individuellen Abnützungserscheinungen. Höchste Zeit, die Performance des FCZ 2015/2016 in Abhängigkeit des Spielsystemes zu analysieren.

Der Stadtclub ist in 14 Meisterschaftsspielen mit einer Dreierabwehr angetreten, grundsätzlich in einem 3-4-3, wobei die drei Offensivspieler unterschiedlich gruppiert waren (3-4-2-1, 3-4-1-2). Im Spiel ohne Ball wurde dies häufig zu einer 5-4-1 Formation. Mit Dreierabwehr erreichte der FC Zürich einen Punkteschnitt von 1.214, was hochgerechnet auf die ganze Saison 44 Punkte und Platz 6 ergeben hätte – vor Thun, St.Gallen, Vaduz und Lugano.

fcz 1516 taktik punkte

Die Mehrzahl der Meisterschaftspartien (22) spielte der FCZ letzte Saison aber mit Viererabwehr, sei es im klassischen 4-4-2 flach, mit Raute oder in einem 4-2-3-1. Mit dieser Grundausrichtung kam die Mannschaft auf ganze 0.77 Punkte pro Partie.

Unter Trainer Urs Meier hatte der FCZ meist mit Dreierabwehr agiert. Im Heimspiel gegen Villareal konnte Zürich den Gegner mit der Umstellung auf eine Viererabwehr überraschen, was mit zum grandios herausgespielten 3:2-Heimsieg beitrug.

Als die Mannschaft im Frühling 2015 auch durch eine unheimliche Serie von falschen Schiedsrichterentscheidungen in eine Resultatkrise geriet, half der Griff in die Trickkiste mit der Viererabwehr mit, der Mannschaft den Glauben an die Wende zu geben. Und diese wurde im zweiten Teil der Rückrunde auch geschafft.

Vielleicht auch aufgrund dieser Erfahrung behielt das Trainerduo Meier/Rizzo die Viererabwehr zu Beginn der neuen Saison bei. Spielerisch zeigte die Mannschaft gegen YB, in Vaduz und im Derby gute Leistungen, aber die Resultate stimmten nicht. Der neue Trainer Hyypiä hielt trotzdem bis nach der Winterpause an der Viererabwehr fest. Beim Auswärtsspiel in Luzern wechselte der Finne dann erstmals wieder zurück auf die Dreierabwehr, was die beste Phase der Saison einläutete.

Nachdem der mit privaten Sorgen kämpfende Kecojevic in Bern und Thun die Niederlagen mit seinen individuellen Fehlern wesentlich mit eingeleitet hatte, und auch das Heimspiel gegen Basel nach dem Patzer von Brecher verloren ging, wollte der FCZ Lugano im vorentscheidenden Duell im Letzigrund mit dem Wechsel zurück auf die Viererabwehr überraschen – mit Koch und Buff rechts, Brunner und Simonyan links, und Grgic als zweiter Stürmer neben Kerzhakov. Dazu kehrten die noch nicht hundertprozentig fitten Sanchez und Yapi in die Startformation zurück. Der Stadtclub kam zwar gut in die Partie – am Ende stand trotzdem eine 0:4-Klatsche.

Erneut kam es zum Trainerwechsel, aber nicht zum Systemwechsel. Forte blieb in St.Gallen beim 4-4-2 und setzte dabei auf Sarr und Koné im Mittelfeld. Der Letzigrund-Club blieb trotz grossartiger Fan-Unterstützung in der AFG Arena ohne Chance. Für die letzten drei Spiele (inklusive Cupfinal) wechselte Forte daher wieder zurück auf Dreierabwehr – was den gewünschten Effekt brachte – aber zu spät.

Laut „Blick“ soll der Finne Sami Hyypiä Favorit auf die Nachfolge von Urs Meier beim FC Zürich sein. Häufig, wenn auch bei weitem nicht immer, führen die Hinweise, die an der Dufourstrasse eintreffen, auf die richtige Fährte. Was man sicherlich schon jetzt sagen kann: die Personalie Hyypiä wäre für den FCZ, sollte sie denn zutreffend sein, ein Risiko. Die Erfolglosigkeit der bisherigen Trainerkarriere des Finnen ist beinahe so gross, wie seine Beliebtheit in der internationalen Fussball-Familie. Bei beiden Vereinen, wo er bisher als Cheftrainer gearbeitet hat, Bayer Leverkusen und Brighton & Hove Albion, hat man ihn mitten in der Saison mit salbungsvollen Worten in die Wüste geschickt. Man hat betont, wie hart Hyypiä arbeite und was für ein flotter Mensch er sei. Und dies sind im Fall von Hyypiä sicherlich nicht nur Floskeln. Nur reicht „hart arbeiten“ und „flotter Mensch sein“ bei weitem noch nicht aus, um ein erfolgreicher Profi-Trainer zu werden. Auch die langjährige Erfahrung als Spieler nicht.

Im Zuge der Professionalisierung des Fussballs sind gerade in den Topligen immer mehr Trainer am Ruder, die selber keine (bekannten) Fussballprofis waren, weil nur wenige ehemalige Fussballprofis in den entscheidenden Bereichen wie Analytik oder Menschenführung gut genug sind, um bei den heutigen Ansprüchen in einer obersten Liga auf Augenhöhe mit den besten Trainern mithalten zu können. Viele fangen heutzutage darum zurecht erstmal im Juniorenbereich oder bei einem ambitionierten Amateurteam an, denn auch den Trainerberuf muss man auf dem heutigen professionellen Niveau von der Pike auf lernen. Es ist möglich, wenn auch nicht sehr wahrscheinlich, dass Hyypiä bisher einfach nur Pech hatte. Bei Leverkusen lief es zuerst im Duo mit dem erfahrenen Jugendtrainer Sascha Lewandowski, der nicht nur die Lizenz hatte, sondern auch einen Grossteil der Verantwortung übernahm, zuerst ja ganz gut. Und als Lewandowski dann aufhörte, konnte Hyypiä noch ein halbes Jahr von diesen Grundlagen profitieren. Danach stürzte das Team nach der Winterpause 2014 aber richtiggehend ab – nur ein Sieg in zwölf Pflichtspielen – und das bei einem Klub, der in der Bundesliga sonst immer vorne mitspielt. Lewandowski musste im April für Hyypiä übernehmen und konnte dann die Saison erfolgreich noch retten. Seither ist Lewandowski bei praktisch jeder Trainersuche in der Bundesliga als aussichtsreicher Kandidat im Gespräch, an Hyypiä hat hingegen niemand Interesse.

Diese Situation ist natürlich nicht besser geworden, nachdem der Finne auf seiner zweiten Station als Cheftrainer das davor und danach ganz vorne um die Aufstiegsplätze spielende Brighton & Hove Albion in der Englischen Championship auf den 23. und zweitletzten Platz „geführt“ hatte. Hyypiä hatte bei zwei Teams, die in ihren jeweiligen Ligen zuvor zu den Topteams gehörten, nur einen Punkteschnitt von 1,63 (Leverkusen) und 1,08 (Brighton & Hove Albion) erreicht. Der von seinem Amt enthobene Urs Meier hatte hingegen beim FCZ in den letzten drei Jahrzehnten den zweitbesten Punkteschnitt nach Weltklassetrainer Lucien Favre. Das Trainerbusiness ist hart, auf eine Position in einer obersten Liga gibt es in der Regel Dutzende Kandidaten. Daher wäre eine Chance wie die beim FCZ für einen Mann wie Sami Hyypiä trotz seiner grossen Beliebtheit als ehemaliger Musterprofi wohl seine letzte.

Massimo Rizzo, wie ist die Reise nach Brest verlaufen?

Gut, sehr ruhig, wie das bei einem Charterflug meist der Fall ist. Den Flugplatz in Brest haben sie wohl extra für uns geöffnet, ausser ein paar Militärs war da absolut niemand.

Euer Hotel wird von Weissrussen als eines der besten des Landes gelobt.

Das Hotel ist okay und interessant, „old style“.

Wie ist die Stimmung im Team nach der Entbindung von Urs Meier von dessen Funktion als Cheftrainer?

Natürlich ist das im ersten Moment schwierig. Aber sie sind Profis und haben sich wieder gefasst. Nun wollen wir für Urs gegen Dinamo Minsk gewinnen.

Derbyniederlage, Wechsel auf der Trainerposition, Spieler kommen und gehen, neue Verletzte, Rückkehrer aus der Reha, und dann auch noch die kurze Vorbereitung auf das Auswärtsspiel in Weissrussland – war es schwer, in den letzten Tagen einen geordneten Trainingsbetrieb aufrecht zu erhalten?

Wir haben uns den Umständen entsprechend gut auf das Spiel vorbereiten können. Das Taktische haben wir noch in Zürich trainiert, hier in Minsk beim Abschlusstraining ging es dann in erster Linie um die Frische und ans Gewöhnen an den Rasen im Stadion.

Dinamo Minsk präsentiert sich in der Meisterschaft und auch europäisch als defensiv sehr kompakt. Wie kann man diese Festung knacken?

Ja, sie spielen sehr einheitlich und geschlossen. Wir müssen andere Lösungen finden, als im Hinspiel, um sie zu knacken. Wir haben erste Schlüsse aus dem Hinspiel bereits gezogen und werden uns am Matchtag das Hinspiel nochmal schnell anschauen und analysieren.