Ifeanyi Mathew sticht heraus: Spieler-Performance 22/23

Wie gut war die Leistung der Spieler des FCZ-Kaders in der abgelaufenen Saison 22/23? Nach der detaillierten Auswertung der Mehrzahl der Partien der letzten Saison steht Winterneuverpflichtung Ifeanyi Mathew mit einer Durchschnittsnote von 7,5 deutlich an erster Position. Auf den nächsten Positionen folgen eng beieinander Boranijasevic, Condé, Vyunnik, Krasniqi, Rohner und Ligue. Fünf Spieler lagen mit ihrer Durchschnittsnote im ungenügenden Bereich – allen voran Nikola Katic, der in der abgelaufenen Saision mit 2,5 einen der tiefsten aufgezeichneten Notenschnitte seit Beginn der Züri Live-Notengebung im Jahr 2016 hatte. Katic war sowohl mit wie auch ohne Ball der klar schlechteste FCZ-Spieler der abgelaufenen Saison. Mathew war auch offensiv die Nummer 1, während defensiv der speziell bei gegnerischen Umschaltsituationen immer wieder wertvolle Bledian Krasniqi am besten abschnitt. Im Vergleich zur Foda-Zeit hat sich Blerim Dzemaili unter Bo Henriksen am meisten gesteigert, dazu spielten auch Stephan Seiler, Marc Hornschuh und Cheick Condé unter dem Dänen deutlich besser.

Züri Live Spieler-Noten, Punkte pro Spiel und Torbeteiligungen pro 90 Minuten (noch nicht alle Spiele ausgewertet)

FCZ kann ohne Cheick Condé nicht gewinnen

Die Bilanz der „Punkte pro Spiel“ wird angeführt durch Selmin Hodza und Zivko Kostadinovic, die selten in der Meisterschaft, dafür aber im Cup gegen das Amateurteam Cham dabei waren. Mathew und Katic waren in der resultatmässig schlechten Anfangsphase der Saison nicht mit dabei und haben aus diesem Grund einen guten Punkteschnitt. Cheick Condé, der ebenfalls einen relativ guten Punkte pro Spiel-Schnitt aufweist, war hingegen die ganze Saison dabei. Der Guineer wurde über die Spielzeit verteilt in sechs Meisterschaftsspielen (2x Lugano, je 1x Winterthur, St. Gallen, GC und FCB) drei Mal wegen Gelbsperre und drei Mal als Ersatzspieler (davon beide Partien unter Interims-Coach Colatrella) nicht eingesetzt. Keines dieser sechs Partien konnte der FCZ gewinnen (drei Niederlagen, drei Unentschieden). Auch die einzige Europacup-Partie, in welcher Condé fehlte, wurde zu einer 1:5-Heimklatsche gegen PSV. Bogdan Vyunnik arbeitete sehr viel für die Mannschaft und kam auch aus diesem Grund zu wenig Torchancen im Strafraum. Dass er Tore erzielen kann, zeigte er später an der U21-EM, als er für die Ukraine gegen Spanien ins Netz traf. Am wenigsten Punkte pro Spiel weisen Spieler wie Ivan Santini und Donis Avdijaj auf, die in der Liga-Resultatflaute unter Franco Foda vorwiegend ihre Einsätze hatten.

Der gleiche Ivan Santini weist in der Statistik bezüglich „Torbeteiligungen“ die beste Statistik auf. Der bisher wenig eingesetzte Kroate war pro 90 Minuten in den ausgewerteten Partien an 1,2 FCZ-Toren beteiligt. Danach folgt Zivko Kostadinovic (dank dem Cupspiel in Cham), dann Stephan Seiler , Karol Mets, Aiyegun Tosin und Calixte Ligue. Am wenigsten Torbeteiligungen hatten Yanick Brecher, Becir Omeragic, Ifeanyi Mathew, Nikola Katic und Mirlind Kryeziu. Jonathan Okita hat eine ebenfalls niedrige Torbeteiligung.

Michi Frey zwei Mal hintereinander an der Spitze

Züri Live-Noten Top 5 und Flop 5 von 2016/17 bis 2022/23

Ifeanyi Mathew löst Antonio Marchesano ab, der in der Meistersaison bester Zürcher war. Michael Frey hatte in den Saisons 17/18 und 18/19 zwei Mal hintereinander die beste Durchschnittsnote, wobei er in der zweiten Saison nur in der Anfangsphase mit dabei war. Die sich diesmal unter den Top 5 befindlichen Bledian Krasniqi und Fabian Rohner sind dies nicht zum ersten Mal, hatten schon vor ihren Leihen nach Wil gute Leistungen im FCZ-Trikot gezeigt. Mirlind Kryeziu, Antonio Marchsano und Alain Nef (nun Assistenztrainer), die in der Aufstiegssaison 16/17 unter den Top 5 gewesen waren, sind immer noch mit dabei. Blerim Dzemaili war hingegen in den letzten drei Saisons immer unter den „Flop 5“, wobei er sich im Vergleich zu seiner sehr schlechten Rückkehr-Saison gesteigert hat. Auch der letztjährige beste FCZ-Torschütze Aiyegun Tosin war in jener Spielzeit im Schnitt deutlich ungenügend aufgetreten.

FCZ vor dem Restart: Stürmerproblem gelöst? (mit Testspielstatistik)

Nach sieben Testpartien im Sommer hat der FCZ in der verlängerten Winterpause sechs Freundschaftsspiele absolviert. Wir erinnern uns: im Sommer gab es sechs Siege aus sieben Spielen bei einem Torverhältnis von 33:7. Die einzige Niederlage (2:3) setzte es in der letzten Partie in Friedrichshafen gegen den VfB Stuttgart ab – nach einer 1:0-Führung durch Willy Gnonto. Die Testresultate und auch die Leistungen waren deutlich besser gewesen, als im Sommer vor der Meistersaison. Aber diesmal musste man zum Auftakt gleich nach Bern und verlor nach einer guten Leistung am Ende klar. Antonio Marchesno, der vor Jahresfrist einen Freistoss nach dem anderen aus 20 Metern über die Mauer gezirkelt direkt verwandelte, verschoss vom Elfmeterpunkt. Häufig läuft es in der Meisterschaft genau umgekehrt wie bei den Tests. Auch in Theaterkreisen gilt: schlechte Hauptprobe bedeutet gute Première – und umgekehrt. Die Testpartien können bezüglich Hierarchien, Taktiken und der Entwicklung einzelner Spieler durchaus Aufschlüsse bieten – nicht aber im Hinblick auf eine Prognose des Startes in die neue Wettbewerbsrunde.

Bledi, Marc, Juni,… – die Zweite Reihe macht Druck

Jetzt im Winter gab es drei Siege, zwei Unentschieden und eine Niederlage bei einer Tordifferenz von 13:12. In jeder der 13 Freundschaftsspiele der Saison hat der FC Zürich ins Netz getroffen. Zum Abschluss wurde der FC Wil bereits zum zweiten Mal in dieser Saison mit dem Resultat von 3:2 besiegt – diesmal im Heerenschürli über 140 Minuten. Die unter Franco Foda gepflegte Spielweise wurde kaum verändert. Sie ist weiterhin von Raumdeckung und Ballkontrolle geprägt. Der neue Trainer Henriksen hat ja auch von Anfang an betont, dass er in erster Linie im kommunikativen Bereich eine Änderung bewirken will – und nicht taktisch.

Die beste Testspielform hatten zuletzt Spieler, die zum Auftakt in Luzern tendenziell auf der Bank erwartet werden können und diesen Status noch verbessern wollen. Marc Hornschuh machte einen sehr erholten, spielfreudigen Eindruck, Bledian Krasniqi steuerte in mehreren Partien mit Toren, Assists und Tempodribblings einen wesentlichen Teil der wenigen Glanzpunkte bei. Roko Simic, der durchaus von Beginn weg Startelfchancen hat, hatte Zug aufs gegnerische Tor. Auch Calixte Ligue bestätigte das Vertrauen von Trainer Henriksen und der Klubführung. So weit wie der zwei Jahre ältere Roko Simic ist er aber natürlich noch nicht. Möglichst viele LInksfüsser im Kader zu haben ist aber immer gut – mit Karol Mets ist in der Winterpause zwar einer gegangen, aber mit den aus Genesio Colatrella’s U21 beförderten Ramon Guzzo und Calixte Ligue zwei weitere hinzugekommen.

Verteidiger in der Rückwärtsbewegung schlecht

Gianni De Nitti machte zumindest in den Testpartien den etwas besseren Eindruck, als Zivko Kostadinovic. Kostadinovic ist grundsätzlich aktuell höher einzustufen, aber er konnte in den Vorbereitungsspielen wenig überzeugen und ist genauso wie De Nitti mit den Füssen deutlich schlechter als Brecher, was in der Liga auf das Zürcher Aufbauspiel einen grossen Einfluss haben wird. Ivan Santini, der im Herbst von den Einsatzzeiten her nur die Nummer 22 im Kader war, konnte sich in den Wintertestspielen nicht empfehlen. Bohdan Vyunnik arbeitet viel für die Mannschaft. Der Ukrainer hat in dieser Saison nach Fabian Rohner (13) in Testpartien am zweitmeisten Skorerpunkte erzielt (fünf Tore, vier Assists). Assan Ceesay war beim FCZ ebenfalls erst der „Testspiel-Goalgetter“, bevor er dann später zum echten Topskorer wurde. Dauerläufer Adrian Guerrero wurde diese Saison auch in Vorbereitungsspielen mit 825 Minuten mit Abstand am meisten eingesetzt. Potentielle Back-Ups gibt es mit Fidan Aliti, Ramon Guzzo, Selmin Hodza, Calixte Ligue, Jonathan Okita und Daniel Afriyie einige. Aber keiner von diesen bringt das Laufvermögen des Spaniers mit.

Die Rückwärtsbewegung von Verteidigern wie Nikola Katic, Lindrit Kamberi oder Ilan Sauter war in den Testpartien auch gegen Gegner wie Dornbirn oder Wil sehr schlecht. Da kann man nur hoffen, dass es alleine an der Spritzigkeit lag – und diese zum Auftakt gegen Luzern wieder da sein wird. Auf insgesamt 545 beziehungsweise 453 Minuten in den Testspielen kommen mit Sauter und Seiler zwei Spieler, die in Wettbewerbspartien für den FCZ in dieser Saison noch keine oder fast keine Rolle gespielt haben. Basierend auf den Auftritten vor allem von Sauter wird sich das wohl auch kaum wesentlich ändern.

Drei neue Stürmer auf der Mannschaftsliste

Die häufigste Spielformation in Ballbesitz war in den Testspielen weiterhin das 3-3-2-2 System, welches im Spiel gegen den Ball häufig zu einem 3-4-3 mit beispielsweise Antonio Marchesano auf dem Linken Flügel wird – wie unter Foda. Gegen Universitatea Cluj und Schalke 04 hat man für die letzten zehn Minuten eine Variante durchgespielt mit Wechsel auf 4-2-3-1 (Hornschuh beziehungsweise Katic auf der Zehner-Position) mit Hohem Pressing. Beide Male hat man so tatsächlich noch ein Tor erzielt. Allerdings kann man in Testspielen mit taktischen Wechseln oder Rhythmuswechseln sehr einfach reüssieren, weil die Gegner jeweils taktisch nicht reagieren, wie dies in einem Meisterschaftsspiel der Fall wäre.

Der FCZ hatte in den ersten 16 Runden Super League 2022/23 gemessen an den zugelassenen Torchancen, man höre und staune, die beste Defensive der Liga! Das grosse Problem war im Herbst die Offensive und dabei wiederum die Position der Stürmer. Diese trugen zu wenig dazu bei, gute Torchancen zu kreieren und waren zudem auch noch im Gegensatz zu letzter Saison im Abschluss sehr ineffizient. Nach der Winterpause tauchen auf dieser Position nun drei neue Namen auf der Mannschaftsliste auf: Roko Simic (Leihe von Salzburg), Daniel Afriyie (Hearts of Oak) und Calixte Ligue (aus dem eigenen Nachwuchs).

Neu wieder mit Alternativen auf dem Flügel

Mittelstürmer Roko Simic hat trotz seiner 19 Jahre das Potential, dem FCZ in der Rückrunde helfen zu können. Das Stürmerblut, der Zug zum Tor ist vorhanden. Er ist gross und bringt eine gute technische Ausbildung mit. Vieles wird bei ihm davon abhängen, wie lange es dauert, bis er sein erstes Tor erzielt. Gelingt es ihm in den ersten drei Spielen, wird es eine gute Runde für ihn. Muss er sechs, sieben Spiele darauf warten, könnte die Halbsaison in Zürich eine zu kurze Episode werden, um positive Spuren zu hinterlassen. Roko’s Vater Dario Simic bestritt vorwiegend als Rechtsverteidiger 100 Länderspiele für Kroatien, stand 1998 im WM-Halbfinal und im Gruppenspiel gegen die Schweiz (0:0) an der EM 2004 ebenfalls in der Startformation.

Daniel Afriyie ist ein typischer Flügelstürmer, der aktuell an den African Nations Championships in Algerien sein Heimatland Ghana vertritt. Im ersten Gruppenspiel gegen Madagaskar (1:2-Niederlage) lief er in einem Zweimann-Sturm auf. Bei seinem ersten Einsatz im Nationalteam im Juni wurde er in der Schlussphase auf der Position des Linken Aussenläufers eingewechselt als Nationalcoach Otto Addo die Dreierabwehr testete, welche dieser später an der WM im Auftaktspiel gegen den Gruppenfavoriten Portugal auch umsetzte. Schritt für Schritt hat der FCZ auf der eine gewisse Zeit lang kaum besetzten Position des Offensivflügels wieder aufgestockt, so dass für ein 4-3-3, 3-4-3 oder 4-2-3-1 auch auf den Flügelpositionen genügend Alternativen für die Startformation und Einwechslungen vorhanden sind: Jonathan Okita, Fabian Rohner, Donis Avdijaj, Aiyegun Tosin, Calixte Ligue und Daniel Afriyie.

Afriyie bereits diese Woche in Zürich?

Afriyie kann sich im Alter von 21 Jahren bereits Meister von Burkina Faso (mit Überraschungsteam Rahimo FC) und Ghana (mit Traditionsklub Hearts of Oak) nennen. Er war zudem Captain von Ghanas U20-Nationalmannschaft mit der er vor zwei Jahren Afrikameister wurde und im Final gegen Uganda die zwei Tore zum 2:0-Sieg erzielte. Im Testspiel gegen die Schweiz kurz vor der WM 2022 kam er zum Einsatz, am anschliessenden Turnier aber nicht. Die African Nations Championship (CHAN) sind exklusiv in Afrika geborenen Spielern vorbehalten, die in afrikanischen Ligen aktiv sind. Die Spiele des Turniers gelten offziell als „Freundschaftsspiele“ und die Qualifikationspartien werden in vielen Statistiken gar nicht erst als Länderspiele mitgezählt. Afriyie hat in der Qualifikation in drei der vier Partien gegen Benin und Nigeria je einen Treffer erzielt.

Daniel Afriyie gegen Madagaskar in Erwartung eines Penaltys, der dann vom VAR unterbunden wird.

Die 1:2-Niederlage zum Auftakt gegen Madagaskar ist nun aber ein herber Dämpfer. Solomampionona Razafindranaivo und Tokinantenaina Randriatsiferana brachten Madagaskar in Führung, bevor Augustine Agyapong mit einem Flankenball der Anschlusstreffer gelang. Viele Spieler rutschten auf dem Rasen im algerischen Constantine immer wieder weg. Das gleiche passierte auch Afriyie bei einem Richtungswechsel im gegnerischen Strafraum. Der Schiedsrichter entschied überraschend auf Strafstoss. Afriyie bereitete sich darauf vor, den Penalty gleich selbst zu schiessen, aber durch VAR-Intervention wurde dieser nach mehreren Minuten dann doch noch annulliert. Da WM-Halbfinalist Marokko kurzfristig nicht mit von der Partie ist, hat sich die Ghana-Gruppe auf drei Teams reduziert. Somit könnte man bereits am Donnerstag nach der Partie gegen den Sudan ausgeschieden sein.

Das „Bibbern“ hat ein Ende – Ligue in der Super League

Generell lässt sich sagen, dass Afriyie ein wirbliger Spieler mit Überraschungsmomenten ist. Sein Vertrag bei Hearts of Oak lief aus. Er soll im Dezember ein Angebot des spanischen Zweitligisten Leganés (Nachbarort von Getafe im Süden von Madrid) abgelehnt und sich für den FCZ entschieden haben. Gegen Madagaskar gelang Afriyie auf der von ihm nicht präferierten Position im Sturmzentrum allerdings nicht viel. Immer wieder auffällig auch in früheren Spielen mit dem Nationalteam oder mit Hearts of Oak ist, dass Afriyie viel über die Mitspieler lamentiert und bei einem Assist oder Torerfolg meist alleine jubelt. In dieser Hinsicht passt er im negativen Sinn ein wenig ins aktuelle FCZ-Team, bei welchem sich mehrere Spieler selbst in Testspielen ständig benachteiligt fühlen, beim Schiedsrichter heftig reklamieren, und Gegenspieler für ein Freundschaftsspiel unangemessen heftig attackieren. Dzemaili, Marchesano, Katic oder Aliti geben diesbezüglich die Richtung vor und jüngere Spieler wie Condé oder Rohner lassen sich davon anstacheln.

Der Zürcher Calixte Ligue (17) aus dem eigenen Nachwuchs ist der Dritte im Bunde der neuen Stürmer im Kader der 1. Mannschaft. Von allen Talenten aus dem FCZ-Nachwuchs musste in den letzten Jahren bei ihm sicherlich am meisten „gebibbert“ werden, dass er nicht (zu früh) wechselt. Beobachtet wurde er im Heerenschürli und anderswo von ausländischen Scouts schon lange. Denn im Gegensatz zur Mehrheit der Zürcher Talente brachte er schon früh auch die physischen Komponenten mit, die ihn international begehrt machten. Nun hat er aber glücklicherweise den nachweislich erfolgsversprechenderen Weg eingeschlagen, in seiner näheren Umgebung die ersten Schritte im Profibereich zu tätigen und sich zu etablieren. Ligue ist grundsätzlich Mittelstürmer, wurde in den letzten Jahren aber auch viel als Flügelstürmer eingesetzt – und am letzten Blue Stars/FIFA Youth Cup mit guten Leistungen sogar als Aussenläufer in einem 3-5-2 System.

Santini und Avdijaj am effizientesten

Was ist mit den bisherigen Stürmern? Aiyegun Tosin war in seiner Karriere bisher noch nie der grosse Torjäger. Man kann seine bloss vier Ligatreffer (davon drei im letzten Spiel gegen Servette) beklagen, aber sein Torkonto Ende der letzten beiden vollen Saisons beim FCZ lag bei bloss sechs Treffern. Auf seine Entwicklung und eine Leistungsexplosion à la Assan Ceesay wurde beim FCZ zu Beginn der Saison stark gesetzt. Tosin spielt aber vorderhand gleich weiter wie in den Jahren zuvor. Er möchte immer wieder das Spiel in die Hand nehmen und sich spielerisch beteiligen. Entscheidungssituationen mit mehreren Optionen sind aber nicht seine Stärke. Tosin ist viel besser in Drucksituationen, wenn nur noch eine sinnvolle Lösung übrigbleibt. Jonathan Okita ist noch zu stark auf seine „Signature Moves“ fokussiert und müsste häufiger auch mal altermative, einfachere Lösungen wählen.

Antonio Marchesano spielt bisher insgesamt eine durchaus gute Saison, hat aber seine Abschlussqualitäten vorläufig eingebüsst. Mit Willy Gnonto zusammen hatte er von allen Torschützen der bisherigen Vorrunde die tiefste Torquote pro 90 Spielminuten. Anders sieht dies bei Donis Avdijaj und Ivan Santini aus. Diese beiden Stürmer brachten bisher in dieser Saison die so dringend benötigte Effizienz mit. 27,3% aller Abschlüsse von Donis Avdijaj fanden unter Coach Franco Foda den Weg ins gegnerische Gehäuse und Santini hat in jener Zeit 0,6 Treffer pro 90 Einsatzminuten erzielt. Das sind die jeweils klar höchsten Werte im Team. Santini gelang ein sehr gutes Spiel gegen Lausanne-Sport. Zum Zeitpunkt seiner Auswechslung führte der FCZ 2:1 und hatte die Partie im Griff. Die Art und Weise wie Schiedsrichter Bieri gegenüber Lausanne-Verteidiger Anel Husic in dessen unfair geführten Zweikämpfen mit Santini mehr als ein Auge zudrückte, machte danach aber Schule. Statt Husic schien Santini bei den Referees auf einer „Schwarzen Liste“ gelandet zu sein, was den weiteren Verlauf seiner Vorrunde zusätzlich zur ansonsten bereits geringen Einsatzzeit erschwerte.

Hornschuhs Überforderung und Xhakas Freistösse / FCZ – FCB Analyse

FCZ – FCB Vorschauartikel (Züri Live)

Im Schach sagt man, dass der Kampf ums Zentrum das Spiel entscheidet und im Fussball ist es tendenziell ebenfalls so. Ein defensiver Schwachpunkt des von Franco Foda präferierten 3-4-3 ist, dass der Sechser des Gegners häufig viel Freiheiten geniesst, um das Spiel aufzubauen – vor allem wenn dieser durch zwei Achter assistiert wird. Alex Frei hatte wohl gesehen, wie Cammy Devlin als Sechser der Hearts gegen den FCZ das Spiel an sich reissen und die Zürcher in der 1. Halbzeit des Europa League-Rückspiels in Schwierigkeiten bringen konnte.

Alex Frei’s Systemumstellung klappt nicht

Frei stellte daher sein System um und begann im Letzigrund mit Taulant Xhaka auf der Sechs hinter Diouf und Burger auf den Achterpositionen. Das klappte aber nicht wie gewünscht. Denn was von Frei zu wenig berücksichtigt wurde: dem FCB fehlt für ein solches Spiel das Personal. Im Gegensatz zu Hearts ist Basel nicht eine spielerisch orientierte Mannschaft. Die Stärken liegen eher in der Physis und bei Vorstössen mit Ball am Fuss. Xhaka hatte zwar tatsächlich recht viel Freiheiten, konnte diese aber nicht so wie Devlin zu raumöffnenden Pässen nutzen. Zur Pause stellte Frei daher wieder um auf das bewährte 4-2-3-1. Der eingewechselte Zeki Amdouni spielte in der Folge eine entscheidende Rolle mit seinem grossen Aktonsradius von der Zehnerposition aus.

Wouter Burger wurde zwar zur Pause ausgewechselt und Taulant Xhaka war aus dem Spiel heraus nicht sehr wirkungsvoll. Mit zwei sehr schwierig zu verteidigenden Weltklasse-Freistössen entschied er aber die Partie. Und beim FCZ war das Zentrum individuell schwach. Marc Hornschuh wirkte wie meist wenn es gegen einen stärkeren Gegner geht, überfordert. Mit zwei unnötigen Fouls und einem Ballverlust war der Deutsche Ausgangspunkt aller drei Gegentreffer vom 1:1 zum 1:4 zwischen der 53. und 60. Minute.

FCZ-Trainerteam mit Zuteilungsfehler

Zwei Minuten später wurde Hornschuh durch Blerim Dzemaili ersetzt – was die Situation im Zürcher Zentrum aber sogar noch verschlechterte. Da Dzemaili sich an der Defensivarbeit praktisch nicht beteiligte, stand er bei Umschaltsituationen häufig frei und wurde von den Mitspielern gesucht – produzierte dabei aber aus aussichtsreichen Situationen unbedrängt einen Fehlpass nach dem anderen. Ole Selnaes kämpft immer noch mit einer für die Super League zu kleinen Handlungsschnelligkeit, agierte aber immerhin solider als Hornschuh und Dzemaili und übernahm erstmals vom im Aufgebot fehlenden Antonio Marchesano die Ausführung der Corner – gleich mit einem Assist zum Ausgleich Mirlind Kryezius. Mit einem Fehlpass leitete der Norweger allerdings auch den Doppel-Corner des FCB zum 0:1 ein.

Den 1:0-Führungstreffer des FCB durch Zeqiri nach Males-Eckball hatte das den Schweizer Fussball noch nicht gut kennende FCZ-Trainerteam mitzuverantworten. Sie setzten den starken Manndecker Lindrit Kamberi auf Dan Ndoye an und den bei hohen Bällen schwachen Adrian Guerrero auf Andi Zeqiri – dabei ist Zeqiri bekanntermassen der deutlich bessere Kopfballspieler. Der Gegentreffer zeigte dies schmerzhaft auf. Der Irrtum wurde korrigiert. Kamberi übernahm Zeqiri und hatte diesen in der Folge im Griff. Zwar erzielte Zeqiri einen weiteren Kopfballtreffer, allerdings in einer Freistosssituation mit Raumdeckung, in der Hornschuh zu spät Richtung eigenes Tor startete.

Erstaunliche Lücken für schnelle Zürcher Gegenangriffe

Nach der Partie ist zumindest Fabian Rohner nicht mehr der einzige FCZ-Ligatorschütze der Saison. Mit ihm, Mirlind Kryeziu und Blerim Dzemaili haben aber weiterhin nur Spieler aus dem eigenen Nachwuchs ins Netz getroffen. Es hätten auch noch mehr Tore sein können. Nach Erwarteten Toren, Ballbesitz und gewonnenen Zweikämpfen lag der FCZ vorne. Fabian Rohner brachte viel Schwung und kam zu guten Torchancen. Sowohl Avdijaj als auch Tosin wurden vom jeweils nur den Mann und nicht den Ball attackierenden Arnau Comas elfmeterwürdig gefoult. Aber Fedayi San aus Zürich bleibt weiterhin bei seiner Linie, im Zweifelsfall sich ja nicht dem Vorwurf der Bevorzugung des Klubs vor seiner Haustür aussetzen zu wollen.

In der Ersten Halbzeit spielte der FCZ viel über die Seiten nach vorne. Die Stürmer rotierten. Donis Avdijaj schien dabei fussballerisch immer besser Fuss fassen zu können. Von Tosin kam hingegen weiterhin etwas zu wenig. Das Führungstor für Basel zum 0:1 in der 23. Minute fiel entgegen dem Spielverlauf und nach dem 1:1-Ausgeich neun Minunten später bekam das Foda-Team zusätzliche Luft. Auch in der 2. Halbzeit waren die Zürcher abgesehen von den drei fatalen Standardsituationen insgesamt das bessere Team. Brecher und Kryeziu erwischten defensiv einen schwachen Tag, kompensierten dies teilweise mit offensiv guten bis sehr guten Leistungen. Etwas erstaunlich war, wie sehr der FCB trotz Vorsprung im fremden Stadion den FCZ in der letzten halben Stunde immer wieder schnelle Gegenstösse durch die Mitte spielen liess. MVP auf Zürcher Seite war Fidan Aliti, der sich gegen einen seiner Stammvereine aus Basel sowohl defensiv wie auch offensiv richtig ins Zeug legte.

Weitere Berichte und Highlights

Sky Sport Spielstatistiken

Goal.com Liveticker

FCB stürzt den Meister noch tiefer in die Liga-Krise (BLICK)

Der FC Basel zündet in Zürich ein Feuerwerk (bz)

FC Zürich – FC Basel Telegramm (transfermarkt)

Südkurve



Hornschuh fällt kurzfristig aus, Tosin stürmt / Vorschau und Matchblatt 280. Derby

Der FCZ und GC waren zuletzt fussballerisch konträr zueinander unterwegs. Seit dem Stadtderby vor drei Wochen hat der FC Zürich sich in der Liga darauf fokussiert, sich erst mal defensiv zu stabilisieren und drei Mal in Folge 0:0 gespielt. Ganz anders GC: wenn das Team von Coach Giorgio Contini spielt, fallen in der Regel viele Tore. Ihr Spielstil ähnelt mittlerweile stark demjenigen von St. Gallen – direkt und mit viel Risiko. Die taktische Formation 4-1-2-1-2 ist ebenfalls dieselbe. GC hat dabei diese Saison die Ostschweizer auch schon mit deren eigenen Waffen geschlagen. Die letzten beiden Partien gegen Servette und Winterthur gingen verloren – aber GC hatte in beiden Partien die besseren Torchancen.

Gegen Servette sündigte vor allem Renat Dadashov im Abschluss. Ausserdem hatte GC Pech mit der Arbitrierung von Ref Horisberger (inklusive VAR Staubli): ein klarer Penalty nach Foul von Cognat an Schettine wurde ihnen verwehrt und vor dem 3:2-Siegtreffer der Genfer gab es gleich zwei Stürmerfouls. Die Partie davor in Winterthur (0:1) war das bisher einzige Spiel der Saison, in welchem den Grasshoppers kein Tor gelang. Im Gegensatz zu Servette, welches das offene, wilde, risikovolle Spiel in Zürich zuliess, liess sich Winterthur nicht aus der Reserve locken und bewahrte seine defensive Kompaktheit. Ein Beispiel, wie auch der FCZ GC besiegen könnte.

Was spricht im 280. Derby für GC?

  • Treffsicherere Stürmer
  • Rhythmuswechsel
  • Umschaltspiel
  • Mit Bolla und Kawabe zwei für Super League-Verhältnisse herausragende Akteure mit Premier League-Potential

Was spricht im 280. Derby für den FCZ?

  • Zuletzt gewonnene defensive Stabilität, verbessertes Selbstvertrauen
  • Breiteres Kader, mehr Alternativen
  • GC hat in der Innenverteidigung einen Schwachpunkt
  • GC hat ähnlich wie St. Gallen durch ihr kräfteraubendes Spiel „Low Energy“-Phasen, die man ausnutzen kann

Gegen Servette hat GC ziemlich viel rotiert. Trotz Niederlage auf der Schützenwiese wird die Aufstellung GC’s gegen den FCZ wohl eher derjenigen in Winterthur ähneln. Abrashi wird aufs Derby heiss sein. Vorne haben zuletzt die Duos Morandi/Dadashov und Jeong/Schettine gespielt, aber Morandi und Schettine haben zur Zeit unter dem Strich die Nase wohl leicht vorne. Wenn Contini offensiv aufstellen wird, bringt er Morandi (oder Pusic) auf der 10er-Position. Schmid kann ebenfalls im Mittelfeld spielen.

Beim FCZ wird Fabian Rohner oder Selmin Hodza auf der Rechten Seite den gesperrten NIkola Boranijasevic (Reklamieren) ersetzen. Vyunnik wäre vom Spielertyp her der passendste Ersatz für den ebenfalls gesperrten Ivan Santini.

Bei GC ist die Aufstellung weitgehend wie erwartet. Tatsächlich stürmen Morandi und Schettine erstmals gemeinsam, da sie zuletzt vorne im Sturm die besten Leistungen gebracht haben. Eine Änderung im Vergleich zur Züri Live-Vorschau gibt es allerdings in der (wackelnden) Innenverteidigung. Dort erhält der Japaner Ayumu Seko wieder mal eine Chance für Tomas Ribeiro.

Beim FCZ fällt kurzfristig Marc Hornschuh aus, der wohl in der Startformation gestanden hätte. Für ihn kommt Cheick Condé zum Zug. Vorne im Sturm beginnt Aiyegun Tosin, der zuletzt in Basel nach seiner Einwechslung einen guten Auftritt hatte und auch defensiv viel mithalf.

Super League ist keine Reha-Klinik: FCZ nach 14 Spielen unter Franco Foda

Der Liga-Saisonstart 22/23 des FCZ ist schlechter als in der Abstiegssaison 15/16. Damals hatte man nach sieben Runden fünf Punkte auf dem Konto, diesmal nur zwei – und noch keinen einzigen Sieg. Die Tabellensituation ist dramatisch. Man erinnere sich daran, wie viel Effort und herausragende Leistungen Luzern letzte Saison gebraucht hat, um es in dieser ausgeglichenen Liga zumindest noch auf den 9. Platz zu schaffen. Sitzt man mal so tief im Loch, kommt man selbst mit „ordentlichen Leistungen“ nirgendwo mehr hin. Denn die Konkurrenten punkten ebenfalls regelmässig.

Nach Expected Goals erst eine Niederlage in 14 Spielen

Allerdings: gemessen an den Expected Goals müsste der FC Zürich eigentlich zehn Punkte auf dem Konto haben! Die Expected Goals widerspiegeln die Leistung einer Mannschaft besser. Das Stimmungsbild wird aber natürlich von den tatsächlichen Resultaten geprägt. Die beiden Heimspiele zuletzt gegen Basel und Lugano hätten gemessen an den Torchancen jeweils mit einem 2:1-Sieg enden müssen. Und man wäre in der Champions League-Qualifikation mindestens eine Runde weitergekommen. Nur ein einziges von 14 Spielen hat der FC Zürich bisher nach Expected Goals verloren. Dies war das Heimspiel gegen Sion. Und selbst in dieser Partie war man eine Stunde klar überlegen und der Gegner hatte bis zur 56. Minute keine nennenswerte Torchance. Unterlegen war man nie, häufig das bessere Team. Im Gegensatz zu letzter Saison fehlt es vor allem an der Abschlusseffizienz. Und weil man im Verlaufe einer 2. Halbzeit aufgrund des fehlenden Torerfolges zunehmend Risiken eingeht, kassiert man weitere Gegentreffer.

FCZ Expected Goals und Goals Saisonstart 22/23

Ganz anders sieht es beispielsweise beim Stadtrivalen aus, der vor dem Derby gegen Winterthur neun statt nach Expected Goals nur drei Punkte auf dem Konto hat – und dann auch dieses dank grosser Effizienz gewinnt. GC hat diese Saison noch kein Liga-Spiel nach Erwarteten Toren gewonnen, aber trotzdem in den beiden Heimpartien gegen Lugano und St. Gallen jeweils Siege eingefahren – und auswärts ausser in Genf jeweils einen Punkt. GC war im Gegensatz zum Rest der Liga diesen Sommer auf dem Transfermarkt zurückhaltend bis fast schon inexistent. Auf dem Platz ist allerdings bis jetzt ein Realismus ersichtlich, der zumindest teilweise an den FCZ der letzten Saison erinnert. Ob das von aussen eher zerbrechlich wirkende Teamgefüge (geringe Kadertiefe, einige launische Spieler) aber wirklich halten wird, muss sich erst noch zeigen.

GC Expected Goals und Goals Saisonstart 22/23

Auch in der dritten Saison: mit Dzemaili weniger Punkte

Stichwort Transfersommer: es wurden an dieser Stelle in den letzten Wochen schon mehrmals die Vor- und Nachteile der FCZ-Tranferstrategie vor allem in Bezug auf die Personalen Selnaes und Santini erörtert. Beides sind Spieler mit gehobenen technischen Qualitäten, bei denen aber nach einem Jahr in Saudi-Arabien im Alter von 33 Jahren (Santini) beziehungsweise dreieinhalb (!) Jahren in China (Selnaes) unsicher ist, ob sie es nochmal auf das Niveau des Super League-Rhythmus schaffen, und wenn ja, wie lange das dauert. Erfahrene Verpflichtungen müssten eigentlich sofort helfen können. Der FCZ gibt stattdessen diesen Spielern die Plattform, um sich wieder an den europäischen Rhythmus heranzutasten. Früher hat man eine solche Plattform vielversprechenden jungen Spielern aus dem eigenen Nachwuchs gegeben.

Aktueller Stand: Santini ist immer noch weit entfernt von der in dieser Liga geforderten Spritzigkeit. Bei Selnaes könnte man sich hingegen vorstellen, dass er gegen Ende der Vorrunde (die im neuen Jahr startet) der Mannschaft langsam, aber sicher auch unter dem Strich helfen kann. Aber nur dann, wenn er nicht wie gegen Lugano mit Dzemaili gleichzeitig auf dem Platz steht. Die beiden sehr ähnlichen Spieler sind in den Zweikämpfen und in der Rückwärtsbewegung viel zu schwach für diese Liga. Man gibt im Spiel ohne Ball dem Gegner das Zentrum preis. Als gegen Lugano Condé für Dzemaili reinkam, stieg die Stabilität merklich. Dzemaili hat sowieso eine schlechte Bilanz. Wenn die FCZ-Legende auf dem Platz steht, holt die Mannschaft weniger Punkte. Das war in der Saison seiner Rückkehr 20/21 so, im Meisterjahr 21/22 ebenfalls, und es gilt genauso wieder für die aktuelle Saison 22/23.

Becir Omeragic defensiv haarsträubend

Auch der 36-jährige Dzemaili gehört zu den Spielern, die man nach einer seiner zahlreichen kleineren Verletzungen immer wieder „aufpäppeln“ muss. Genauso wie der schon seit Jahren fragile 16 Jahre jüngere Becir Omeragic, der defensiv in der Liga zur Zeit einfach nur schlecht spielt. Bis und mit dem Cupspiel in Cham hat er eine Defensivdurchschnittsnote von gerade mal 4,0. Selbst wenn man sich einzig auf die Gegentore in seinen bisherigen drei Liga-Einsätzen fokussiert, ist die Bilanz haarsträubend. In St. Gallen ist der Genfer mit zu zögerlichem Verhalten an beiden Gegentreffern wesentlich mitbeteiligt. Gegen Sion verursacht er das wegweisende erste Gegentor mit einem Ballverlust in der eigenen Hälfte und trottet beim dritten Gegentreffer wie ein “Baditschütteler“ in der Gegend herum, lässt die Walliser gewähren. Gegen Lugano schliesslich ist er erneut der Hauptverursacher des wegweisenden ersten Gegentreffers. Er vergisst, die Aussenseite zuzumachen und verliert (ohne Ball) das entscheidende Laufduell gegen Haile-Selassie (mit Ball) klar und deutlich. Bei der Entscheidung zum 1:2 wiederum versteckt er sich gedankenverloren hinter Mitspieler Boranijasevic und lässt seine zwei Verteidigerkollegen Kryeziu und Aliti im Strafraum gegen drei Luganesi in Unterzahl alleine zurück. Dass Omeragic in der aktuellen Saison einen über dem Durchschnitt liegenden Punkteschnitt hat (siehe Grafik oben), liegt in erster Linie daran, dass er in seinen wenigen Einsätzen in der noch jungen Saison überproportional in Cup und Europacup eingesetzt worden ist. Die drei Liga-Spiele mit ihm gingen allesamt verloren.

Dann Willy Gnonto: zwar bemüht, aber völlig ausser Form und scheinbar mit dem Kopf nicht 100% bei der Sache, erhielt in den letzten Wochen sehr viel Spielzeit – und Chancen. Die Mannschaft ist nicht stark genug, um so viele prominente Spieler auf der Suche nach ihrer Form (Selnaes, Santini, Dzemaili, Omeragic, Gnonto) mitschleppen und deren viele Unzulänglichkeiten kompensieren zu können. Keine Super League-Mannschaft könnte das. Letzte Saison war einzig Dzemaili so ein Fall. Er kam dabei aber nur in etwa der Hälfte der Spiele von Beginn weg zum Einsatz und hatte mit dem Jubiläumsspiel gegen Sion und dem Meisterspiel in Basel immerhin zwei Highlights dabei, wo er der Mannschaft wirklich helfen konnte. Nach Mannschaftsteilen betrachtet enttäuschten bisher die gelernten Stürmer im Kader (mit Ausnahme von Vyunnik) am meisten. Den Glauben an die eigenen Stürmer nicht zu verlieren, ist für dieses Team jetzt einer der wichtigsten Faktoren.

Super League ist keine Reha-Klinik

Von den anderen neuen Spielern im Team sind Bohdan Vyunnik und Cheick Condé eine klare Verstärkung. Donis Avdijaj und Jonathan Okita erinnern manchmal etwas an launische Ex-Spieler wie Kololli oder Mahi, die die Mannschaft nicht wirklich weiter brachten. Allerdings arbeiten Avdijaj und Okita defensiv mehr für die Mannschaft und haben insgesamt eine höhere Qualität. Gerade Okitas Potential ist gross, wenn er mal “ins Rollen kommt“ und noch etwas zielgerichteter agiert. Die neuste Neuverpflichtung Nikola Katic ist der Typ des grossgewachsenen, etwas ungelenken und im Antritt mit Problemen kämpfenden Innenverteidigers. Vorletzte Saison verpasste der Kroate aufgrund eines Kreuzbandrisses komplett. Der FCZ baut wohl darauf, dass er nach dem Wiederaufbau letzte Saison bei Hajduk in der Kroatischen Liga zum jetzigen Zeitpunkt wieder zurück in seine Verfassung vor der Verletzung kommen könnte. Und wenn man sich vorstellt, wie sich bei Standards das Trio Kryeziu / Mets / Katic gemeinsam in die gefährliche Zone begiebt, könnte das bei einigen Super League-Gegnern für Unruhe sorgen.

Das Trainerteam um Franco Foda muss nun dringend notwendige personelle Entscheidungen treffen. Die Super League ist keine Reha-Klinik. Von den Spielern, die Mühe mit dem Rhythmus haben, darf allerhöchstens einer gleichzeitig auf dem Platz stehen. Entscheidet man sich beispielsweise für Selnaes, dann müssen Omeragic, Dzemaili und Santini draussen bleiben. Und Katic sollte man nur einsetzen, wenn er sofort helfen kann. Noch einen Spieler, der erst aufgebaut werden muss, kann sich der FCZ nicht leisten. Die Grösse des Kaders ist grundsätzlich gut. Angesichts der Liste von „Fragezeichen“ im Team muss man aber sicherlich auch ein Auge auf die Optionen aus der U21 (Hodza, Janko, Reichmuth, Bajrami,…) haben.

Auf dem Weg zu einer neuen Team-Identität

Letzte Saison stellte sich in unserer Liga-Analyse heraus, dass Konstanz ein Erfolgsfaktor ist. In erster Linie im personellen Bereich, in zweiter Linie bezüglich Spielweise und in dritter Linie beim Spielsystem. Dies scheint sich in der aktuellen Saison weiter zu bestätigen. Sion beispielsweise tritt personell und taktisch deutlich konstanter als letzte Saison an, und spielt dementsprechend erfolgreicher. Der FCZ ist bezüglich aller drei Faktoren unkonstanter – mit dementsprechend deutlich schlechteren Resultaten. Wie letzte Saison eine Stammformation zu haben, würde dem FCZ grundsätzlich gut tun. Wie sehr dies aufgrund des Dreitage-Rhythmus tatsächlich sinnvoll und möglich ist, ist schwierig zu beurteilen, wenn man das Innenleben des Teams nicht im Detail kennt. Trainer von Teams, die in der gleichen Situation wie der FCZ sind, rotieren in der Regel ja ebenfalls relativ viel.

Bezüglich Spielsystem hat sich in den letzten Wochen eine gewisse Formation herausgebildet. In der Grundformation ein 3-4-1-2 wie letzte Saison, welches aber in vielen Spielsituationen gegen und auch mit dem Ball zu einem 3-4-3 wird – speziell wenn nicht hoch gepresst wird und mehr Breite erforderlich ist. Man praktiziert nicht mehr eine Manndeckung auf dem ganzen Platz wie unter Breitenreiter. Die Raumdeckung kann im negativen Fall dazu führen, dass die Mannschaft zu passiv wird. Breitenreiters Manndeckung hatte auch den Effekt, dass sie einige latent etwas lethargisch veranlagte Spieler dazu zwang, jede Zehntelssekunde des Spiels aufmerksam zu sein. Zuletzt war in den Details aber auch eine Entwicklung erkennbar. So sind neuerdings in Ballbesitz die drei Spieler in der vordersten Reihe mit Diagonalläufen viel in Bewegung. Tosin, Avdijaj, Vyunnik, Krasniqi, Marchesano, Okita und Co. tauchen mal zentral und dann wieder auf dem Flügel auf und machen dem Gegner Probleme, weil sich dessen Abwehrspieler ständig auf neue Situationen und Gegenspieler einstellen müssen.

Wechsel während dem Spiel – manchmal ist weniger mehr

In Sachen Höhe des Pressings agiert man je nach Gegner unterschiedlich. Manchmal zieht man sich zurück, manchmal greift man hoch an. In der Meistersaison war man sehr tief stehend gestartet, und versuchte dann im Laufe der Rückrunde zunehmend ins Pressing zu gehen. Die taktischen Wechsel während des Spiels unter Foda sind manchmal nützlich, manchmal aber auch kontraproduktiv – wie zuletzt die Umstellung auf Viererabwehr mit der Einwechslung Santini für Guerrero in der Schlussphase gegen Lugano. Der Wechsel brachte vor allem Fodas eigenes Team durcheinander und hatte einen wichtigen Anteil an der Niederlage. Schon zum Auftakt in Bern hatte Foda mit zu offensiven Wechseln die Balance im Team entscheidend gestört, was YB sofort ausnutzte. Auch bezüglich Spielweise und System tut Foda gut daran, die Identität des Teams noch mehr zu schärfen. Flexibilität ist gut, aber nur, wenn darunter ein Fundament vorhanden ist. Schritte in diese Richtung sind zuletzt getan worden, aber es ist noch nicht genug.

Zum Thema: Leistungsbilanz zum Saisonstart: Unkenrufe aus Österreich bewahrheiten sich nicht

FCZ in Rückrunde mit flexiblerer Spielweise – Saison-Analyse zum Start, Teil 1

Konstanz als Erfolgsfaktor in der Super League – Halbzeitanalyse, Teil 9

Vyunnik durchbricht Sturmflaute / Winterthur – FCZ in der Züri Live-Analyse

Im ersten Kantonsderby seit der Challenge League-Saison des FCZ war alles angerichtet: Wetter und Zuschaueraufmarsch stimmten. Auf dem Platz passierte aber vor allem in der 1. Halbzeit wenig, weil der FC Winterthur nach den Misserfolgen zum Beginn der Saison auf ein 5-1-2-1 umgestellt hat und darin sowohl sehr kompakt stand, als auch verschob. Es war zusammen mit den Auswärtsspielen in Baku und St. Gallen, sowie dem Heimspiel gegen Luzern nach Züri Live-Noten die schlechteste 1. Halbzeit der Saison.

Zu wenig schnelle Seitenwechsel

Die „Sturmflaute“ erreichte beim FCZ einen Höhepunkt. Die in der Startformation auflaufenden Santini (Offensiv-Note: 1, keine einzige Abschlussbeteiligung), Avdijaj (2) und Marchesano (2) spielten alle im Spiel mit Ball schlecht. Avdijaj war im Vergleich zu seinen ersten Einsätzen nicht mehr wiederzuerkennen und Santini konnte seine erste Startelfchance nicht nutzen. Der eingewechselte Gnonto (schlechtester Saisonauftritt) befindet sich sowieso seit Saisonbeginn in einem Leistungsloch. Die ebenfalls eingewechselten Vyunnik, Rohner und Mets sorgten hingegen dafür, dass der FCZ in der 2. Halbzeit nach vorne etwas mehr auf die Beine stellen konnte, und waren dann auch für den späten Ausgleich (das erste FCZ Liga-Tor der Saison nach 445 offiziellen Spielminuten plus Nachspielzeiten!) besorgt. Vyunnik ist dabei der Züri Live-MVP, Rohner nach den Heimspielen gegen Luzern und Linfield zum dritten Mal in dieser Saison der beste Offensivmann.

In der 1. Halbzeit hatte Winterthur 55% Ballbesitz, in der 2. Halbzeit war hingegen der FC Zürich zu 67% am Ball. Der FCZ trat in der offensiven Phase im 3-4-1-2 an und verteidigte wie häufig im 3-4-3 mit Raumdeckung. Ab der 69. Minute (Rohner kam für Avdijaj) spielte man dann auch mit Ball im 3-4-3. Um den FCW zu knacken, hätte der FCZ mit schnellen Seitenwechseln operieren müssen. Gantenbein und Diaby gehören nicht zu den defensiv stärksten Aussenverteidigern der Liga und sind im Eins-gegen-eins ohne Rückendeckung verwundbar. Stattdessen versuchte man aus stadtzürcher Sicht immer wieder vergebens in Räumen durchzukommen, wo die Heimmannschaft massiert stand.

Brecher in 1. Halbzeit stark, aber mit folgenschwerem Fehler beim Gegentor

Blerim Dzemaili trat im zweiten Spiel nach seiner kurzen Verletzungspause bereits etwas besser auf, als gegen Linfield, war aber immer noch insgesamt ungenügend – vor allem in der 2. Halbzeit. Yanick Brecher konnte in der 1. Halbzeit als bester Mann des Teams eruiert werden, machte dann aber beim Führungstreffer Winterthurs einen folgenschweren Fehler. Ohne seine Fehleinschätzung des Balles und der Geschwindigkeit Manzambis wäre das Winterthurer Führungstor sehr wahrscheinlich nicht gefallen. Die FCZ-Verteidiger waren eigentlich in Überzahl und der Winkel für Manzambi spitz. Aber aufgrund des Ausfluges von Brecher mussten Kryeziu und Kamberi das verwaiste Tor abdecken – Manzambi und Rodriguez liess man daher gewähren. Neben Dzemaili und Brecher liessen auch Kryeziu, Boranijasevic und Condé in der 2. Halbzeit nach. Allerdings war bei Dzemaili, Kryeziu und Guerrero zumindest nach dem Gegentreffer durchaus eine Reaktion zu sehen. Die Wende zum Ausgleich und den zwei späten Chancen zum Sieg bewerkstelligten aber trotzdem fast ausschliesslich die eingewechselten Vyunnik, Rohner und Mets.

Exkurs: Vyunnik? Viunnyk? Vyunnyk? Wie schreibt sich der Ukrainische Stürmer des FCZ?

  • auf Ukrainisch: Богдан Сергійович В’юнник
  • auf Russisch: Богдан Сергеевич Вьюнник
  • auf Englisch: Bohdan Vyunnyk
  • auf Französisch: Bohdan Viunnyk
  • auf Deutsch: Bohdan Vyunnik (oder: Vjunnik)

Der Vorname wird sowohl auf Ukrainisch wie auch auf Russisch eigentlich „Bogdan“ geschrieben und auf Russisch auch so ausgesprochen. Die ukrainische Aussprache geht aber eher in Richtung „Bochdan“ und daher wird der Vorname auf Englisch, Russisch und Deutsch mittlerweile mit einem „h“ geschrieben. Der Vatername „Sergijowitsch / Sergejewitsch“ wird Englisch / Französisch / Deutsch nicht verwendet. Der Familienname Vyunnik wird in den drei westlichen Sprachen jeweils leicht unterschiedlich geschrieben. Die offizielle Schreibweise des Namens in lateinischen Buchstaben gemäss Reisepass ist bei Russen und Ukrainern jeweils die französische. Der FCZ hat diese übernommen. Auf Vyunniks Trikot steht „Viunnyk“. Nur: es ist eigentlich üblich, dass der Name in jeder Sprache so geschrieben wird, wie man ihn ungefähr ausspricht. Genau darum gibt es ja unterschiedliche Schreibweisen. Beispiel: im Reisepass des aktuellen russischen Staatspräsidenten wird sein Name in lateinischen Buchstaben offiziell „Poutine“ buchstabiert (französisch). Im deutschsprachigen Raum wird aber trotzdem „Putin“ geschrieben. „Poutine“ auf Deutsch oder „Putin“ auf Französisch wären weit von der richtigen Aussprache entfernt und im zweiten Fall sogar mit unvorteilhafter Bedeutung. Züri Live verwendet daher nach Usus die deutsche Schreibweise Vyunnik bzw. Vjunnik – auch wenns auf dem Trikot anders steht.

Link zum Winterthur – FCZ Telegramm