Nsamé trifft erstmals per Kopf – FCZ kann gute 1. Halbzeit nicht materialisieren

Im Vergleich mit der letzten Wettbewerbspartie gegen Xamax zeigt sich der FCZ zum Wiederauftakt nach der „Corona-Pause“ verbessert. Schon nach sieben Sekunden gewinnt Rüegg im Mittelfeld gemeinsam mit Tosin gegen Moumi Ngamaleu den Ball und macht den Lauf direkt vors Tor, wird von Marchesano mit einem schönen Steilpass eingesetzt, kann den Ball dann aber nicht am herauslaufenden David Von Ballmoos vorbeischieben. Die Szene illustriert exemplarisch das weiter verbesserte Mittelfeldpressing der Mannschaft. Der Ball wird häufiger als zuvor gewonnen, weil sich mehr Spieler solidarisch daran beteiligen. Zu oft hing bisher alles von der Initiative und dem Laufpensum Toni Domgjonis ab. In Bern beteiligten sich grundsätzlich alle Spieler gemeinsam an der Balleroberung. Gerade auch Benjamin Kololli nahm nicht nur offensiv eine wichtige Rolle ein, sondern arbeitete defensiv konsequenter und konstanter mit, als über weite Teile der bisherigen Saison.

Es bestätigte sich zudem auch in Bern, dass der Waadtländer der Mannschaft als Sturmspitze mehr bringt. Ceesay und Kramer sind gute Konterstürmer, aber wenn der FCZ das Spiel machen will, dann ist ein Stürmer, der vorne mit dem Rücken zum Tor den Ball halten kann, zentral. Und es gibt abgesehen von Jean-Pierre Nsamé in der Liga kaum einen Offensivspieler mit einem solchen Anteil an gewonnenen Kopfballduellen (61,2%). Zudem ist es kein Geheimnis, dass Kololli zu den abschlussstärksten Spielern des Kaders gehört. Sein 2:1 in der 38. Minute war ein von Tosin mit einem Energieanfall herausgeholter Freistoss aus etwas weniger als 30 Metern: ein Innenrist-Effetball, bei welchem YB-Torhüter David Von Ballmoos nicht das einzige Mal in dieser Partie gepatzt hat. Schon in den Testspielen war aufgefallen, dass der Berner Keeper momentan nicht in Form ist. Auch seinen Vorderleuten unterliefen ungewohnt viele Fehlzuspiele. Speziell der ansonsten gegen den FCZ immer motivierte Christian Fassnacht kam nie richtig in die Gänge.

Der Zürcher war es auch, welcher in der 26. Minute gegen Rüegg, Schönbächler, Domgjoni und Marchesano denjenigen Ball verlor, welcher nach Vorarbeit von Kololli zur Zürcher Führung durch Tosin führte – dem ersten FCZ-Tor gegen YB nach 507 Minuten. Der Nigerianer spielte wie gewohnt engagiert, aber ebenso wie üblich mit seinen obligaten schwachen zehn Minuten zwischendurch. In diesen passte er im Anschluss an einen YB-Einwurf nicht auf und liess Janko am eigenen Strafraum aus den Augen. – und Rüegg kam in der Mitte zu spät gegen Nsamé. Ausgerechnet Tosin und Rüegg waren bis zu dieser 32. Minute die einzigen bis zu diesem Zeitpunkt fehlerfreien Zürcher Spieler gewesen. Rechtsverteidiger Rüegg wirkte genauso wie Torhüter Brecher nach der Corona-Pause mental aufgeräumt und fokussiert.

In der Innenverteidigung sorgte Becir Omeragic für gewisse offensive Akzente, während Mirlind Kryeziu vor allem defensiv über weite Strecken der Partie der Fels in der Brandung war. Bis zur 80. Minute war das Expected Goals-Verhältnis 1,60 : 1,29 zugunsten des FC Zürich – das Zwischenresultat von 2:1 für das Auswärtsteam daher logisch. Ebenso gut erklärbar ist aufgrund der Torchancen der Schlussphase dann aber schlussendlich der Sieg von YB, denn die Berner drehten das gewichtete Chancenverhältnis bis zum Schluss noch auf 3,11 : 2,28. Schon früh nach der Pause schien der FCZ etwas nachzulassen. Einerseits hatte man seit dem 1:0-Sieg in Neuenburg Ende November nicht mehr so gute Torchancen herausgearbeitet wie nun gegen YB. Gleichzeitig musste man nur bei der 0:4-Niederlage im August im Wankdorf deutlich mehr Torchancen zulassen, als diesmal. Der Ballbesitzanteil war mit 33,22% gar der tiefste der Saison – und nur in Unterzahl beim FC Thun sowie zu Beginn der Saison in Luzern gewann der FCZ weniger Zweikämpfe (42%).

Die eingewechselten Hoarau und Sulejmani lieferten die Vorarbeit zu den Treffern Nummer zwei und drei von Jean-Pierre Nsamé. Der ehemalige Servette-Stürmer hat mittlerweile doppelt so viele Treffer auf seinem Konto, wie der Zweitplatzierte der Liga. Speziell für den eingewechselten Guillaume Hoarau wich der FCZ bei Defensivstandards von der reinen Raumdeckung ab und stellte Hekuran Kryeziu als Manndecker für den grossgewachsenen Franzosen ab. Nachdem Lefort und Fassnacht an diesem Abend per Kopf das Gehäuse nicht zu treffen schienen, erledigte dies dann halt Jean-Pierre Nsamé – mit seinem ersten Super League-Kopfballtor der Saison. Der zehnte YB-Corner war schlussendlich einer zuviel. Trotzdem hatte der FCZ zu Beginn der Nachspielzeit seine grösste Torchance des Spiels zum möglichen 3:3-Ausgleich, als Débutant Stephan Seiler den Nachschuss eines Sohm-Hammers knapp am Gehäuse vorbeilupfte. Sohm war dabei der Ball ausgezeichnet vom ebenfalls eingewechselten Züri Live-MVP Vasilije Janjicic aufgelegt worden, welcher in der Schlussphase mit seinem Direktspiel mitverantwortlich für ein nochmaliges Aufbäumen der Zürcher war. Zum ersten Super League-Einsatz Seilers war es beinahe gleichenorts beim 0:4 im letzten August gekommen, als der U21-Captain die Anweisung bekam, sich in der Pause einzulaufen. Eingewechselt wurden dann aber stattdessen Matteo Di Giusto und Ilan Sauter. Bei einer 2:1-Führung reinzukommen, war nun natürlich dankbarer. Seiler unterliefen zu Beginn ein paar Fehler, aber gegen Ende seines Einsatzes vermochte er sich bereits zu steigern. Genauso wie Janjicic gehört Stephan Seiler zur Spezies der beim FCZ besonders häufig aus der Academy hervorgehenden starken Zentralen Mittelfeldspieler. Beide wurden in der Schlussphase in Bern auf dem Flügel eingesetzt, während Simon Sohm das Zentrale Mittelfeld mit Domgjoni und Hekuran Kryeziu in einem 4-1-4-1 verstärkte. Die fünf Zentralen Mittelfeldspieler waren dann tatsächlich noch einmal nahe am Ausgleich, während Blaz Kramer als Einziger einmal mehr blass blieb.

Young Boys – FC Zürich 3:2 (1:2)
Tore: 25. Tosin (Kololli) 0:1, 32. Nsamé (Janko) 1:1, 38. Kololli (Freistoss, Tosin) 1:2; 81. Nsamé (Hoarau) 2:2, 85. Nsamé (Sulejmani) 3:2.
YB – Von Ballmoos; Janko (46. Garcia), Lustenberger, Lefort, Lotomba; Fassnacht (75. Sulejmani), Martins, Aebischer (75. Gaudino), Moumi (66. Spielmann); Nsamé, Mambimbi (66. Hoarau).
FCZ – Brecher; Rüegg, Omeragic, M. Kryeziu, Kempter (75. Britto); Tosin (82. Janjicic), H. Kryeziu, Domgjoni, Schönbächler (63. Seiler); Marchesano (82. Sohm), Kololli (82. Kramer).

Alibiaktionen kommen FCZ in Offensivpoker teuer zu stehen / YB – FCZ 4:0 Analyse & Highlights

Führt man sich den mit 2:1 gegen YB gewonnenen Cupfinal Ende Mai und das mit 0:4 verlorene Meisterschaftsspiel gegen den gleichen Gegner vom Sonntag nochmal zu Gemüte, sind bei nüchterner Betrachtung viele Parallelen zu erkennen. Man sieht in beiden Partien einen FCZ, der proaktiv und aggressiv in die Partie steigt, für Wirbel sorgt und den Gegner vor Probleme stellt. Auf Zürcher Seite haben sich in der Zwischenzeit nur zwei Personalien geändert: die neuverpflichteten Hekuran Kryeziu und Benjamin Kololli stehen für die Abgänge Rasmus Thelander und Cédric Brunner in der Startformation. Die Aufstellung ist personell gesehen also offensiver und formiert sich zu Beginn der Partie zudem in einem 4-3-3, statt wie im Cupfinal im 3-5-2.

Bei YB gibt es fünf personelle Änderungen im Vergleich zu vor zwei Monaten. Davon sind zwei leistungsmässig als neutral zu bewerten (Von Ballmoos für Wölfli, Moumi für Assalé) – drei Änderungen stellen hingegen eine klare Qualitätssteigerung auf Seiten der Berner dar: Sow für Bertone im Mittelfeld sowie in der Verteidigung Mbabu und Wüthrich für die im Final völlig indisponierten Lotomba und Nuhu. Wenn man in die Details geht, eröffnen sich weitere Parallelen zum Cupfinal: so konnte auch diesmal Adrian Winter eine Topchance alleine vor dem gegnerischen Torhüter nicht nutzen.

Michi Frey seinerseits vermochte wie schon vor zwei Monaten seine erste Abschlusschance ebenfalls nicht in ein Tor ummünzen – mit dem Unterschied, dass er diesmal aber im ganzen Spiel nur zu einem einzigen Abschluss kam. Im Vergleich zu den beiden Auftaktsiegen gegen Thun (10) und GC (7) erarbeitete sich der FCZ bei YB (11) aber trotz Niederlage eine grössere Anzahl Torchancen. Allerdings konnten die YB-Abwehrspieler den Gegner gerade in der Luft jeweils beim Abschluss dergestalt stören, dass die Bälle mit Ausnahme des von Jean-Pierre Nsamé auf der Linie geretteten Kopfballs Mirlind Kryezius nicht gefährlich aufs Tor kamen.

Einen klaren Unterschied zum Cupfinal können wir dann aber erkennen, wenn wir uns die Szene anschauen, die zur ersten YB-Topchance durch Christian Fassnacht in der 9. Minute geführt hat. Beide Teams gehen viel Risiko – mehr als man es im Normalfall in einem Cupfinal machen würde. Wir sehen im untenstehenden Standbild sechs Gelb-Schwarze im Pressing weit in der Zürcher Hälfte gegen vier Zürcher. Sechs FCZ-ler stellen sich derweil nahe der Mittellinie frei. Mirlind Kryeziu ist am Ball. Gelingt es ihm, einen seiner Mitspieler hinter dem Berner Pressingblock, so anzuspielen, dass dieser den Ball schnell unter Kontrolle bringen kann, hat der FCZ eine Überzahlsituation Richtung Berner Tor. Gelingt den Bernern hingegen der Ballgewinn, haben sie Überzahl Richtung Zürcher Tor. «All in» also… – ein Pass und ein anschliessender Zweikampf, der möglicherweise bereits über das speziell bei diesen Temperaturen vorentscheidende erste Tor entscheidet.

Entscheidend ist in diesem Zusammenhang nun, dass die Berner Pressingaufstellung nahezu perfekt ist. Die Passwege diagonal in die Mitte oder nach Rechts vorne erscheinen für Kryeziu zu riskant – auch weil der Ball dann länger unterwegs ist, und abgefangen werden könnte. Als Anspielstation bietet sich einzig Pa Modou links an der Seitenlinie an. Dieser steht aber nicht zufällig frei. Kevin Mbabu (zum Zeitpunkt des Passes noch nicht im Bild) lauert hinter der Mittellinie. Damit wird Kryeziu die Option genommen, Pa Modou in die Tiefe anspielen zu können. Da zudem gleichzeitig Sulejmani Kryeziu (aus des Zürchers Sicht) von links anläuft, ist dieser gezwungen, den Ball hoch (und mit dem schwächeren Rechten Fuss) zu spielen. Dies bedeutet im Endeffekt, dass Pa Modou «festgenagelt» ist. Er kann dem Ball weder nachjagen, noch diesem entgegenkommen, da dieser sonst über ihn hinwegfliegen würde. Dies erhöht die Chancen für den sich in Bewegung befindlichen anstürmenden Mbabu ganz wesentlich, gegen den gezwungenermassen «statischen» Pa Modou den Ball zu gewinnen, was dann aus Berner Sicht auch klappt. Der Rest müsste bei einer solchen Überzahl im Umschaltspiel für ein Team wie YB eigentlich Formsache sein, aber Fassnacht haut den Ball aus bester Abschlussposition übers Zürcher Gehäuse.

Die im Standbild abgebildete Situation ist vergleichbar mit «Schwarz», welches gerade «Schach» gesagt hat – … und «Weiss» ist am Zug. Ein Rückpass zu Brecher hätte die Lage wohl nicht verbessert – im Endeffekt die beste Variante wäre wohl gewesen, einen «Zug» herzuschenken und den Ball weit in der gegnerischen Hälfte über die Seitenlinie zu jagen – aber wer macht das schon? Wie ist der FCZ aber überhaupt erst in diese Bredouille gekommen? Hier kommt die Personalie Hekuran Kryeziu ins Spiel. Der neue Zentrale Mittelfeldspieler hatte bereits in den ersten beiden Partien gegen Thun und GC zwar in gewissen Situationen gute Ansätze gezeigt, fiel aber auch durch Nonchalance und Unaufmerksamkeit in anderen Situationen auf. Wenn zwei Teams wie YB und der FCZ auf diesem Niveau so viel Risiko gehen, dann entscheiden Details. Das entscheidende Detail in dieser Aktion ist «Heki», der Momente zuvor etwas gedankenverloren einen Alibipass auf Pa Modou spielt, ohne die sich zuziehende Berner Schlinge auf der linken Zürcher Abwehrseite zu bemerken (siehe Standbild unten). Kryeziu hätte sich hier zwingend drehen und einen Seitenwechsel auf die Rechte Seite spielen müssen – sei es direkt, oder indirekt über Mirlind Kryeziu. Dann hätte die Topchance Fassnachts vermieden werden können.

Eine sehr ähnliche Situation liegt beim Berner 2:0 in der 15. Minute vor. Wieder pressen sechs Berner sehr weit vorne in der Zürcher Platzhälfte – diesmal ausgerichtet auf den in Zentraler Position am eigenen Strafraum sich in Ballbesitz befindlichen Toni Domgjoni. Dieser wird vom schnellen Djibril Sow unter Druck gesetzt – wieder von links angelaufen. Wieder könnte es eine Toptorchance für den FCZ geben, wenn dieser es schafft, sich zu lösen – oder eine Toptorchance für YB bei einem «Turnover» des Ballbesitzes. Jetzt in diesem Moment die entscheidende Anspielstation zur Verfügung zu haben, macht für Domgjoni und den FCZ potentiell den ganzen Unterschied zwischen einem 1:1 und einem 0:2 aus. Wiederum schauen wir auf Hekuran Kryeziu. Dieser scheint auch diesmal die Spielsituation nicht erfasst zu haben. Anstatt seinem Mitspieler die entscheidende Anspielstation halbrechts anzubieten, die Domgjoni sogar mit einem flachen Ball bedienen und damit gleich sechs Berner aufs Mal überspielen könnte, läuft «Heki» in die genau umgekehrte Richtung (siehe Standbild unten).

Mit welchem Ziel ist nicht ganz klar: um Antonio Marchesano Gesellschaft zu leisten? Auf jeden Fall befinden sich nun sowohl Marchesano wie auch Hekuran Kryeziu in einem für Domgjoni «Toten Winkel». Dieser ist nun gezwungen, den langen Ball Richtung Winter / Rüegg zu spielen. Und da passiert dann wieder dasselbe wie schon bei der Chance Fassnachts in der 9. Minute. Der dynamische YB-Aussenverteidiger (diesmal Loris Benito) kommt angebraust, gewinnt den Ball, reicht diesen Sulejmani weiter und dieser hat dann aus dieser Situation heraus auf einen Schlag gleich drei Mitspieler als Anspielstationen zur Auswahl, die alle alleine Richtung Yanick Brecher ziehen können! Sulejmani entscheidet sich für Fassnacht und dieser trifft diesmal mit seinem stärkeren Rechten Fuss.

Zuvor hatte YB den Ball durch das Schaffen einer lokalen Überzahl auf der rechten Seite nach vorne zum Zürcher Strafraum gebracht (siehe Standbild oben). Eine solche Szene war auch der Ursprung des Berner 0:3 kurz vor der Pause. Der FCZ ist kollektiv nach links verschoben, Hekuran Kryeziu geht einen Tick zu optimistisch in den Zweikampf mit Wüthrich und verliert daher das Laufduell mit diesem – der Seitenwechsel auf die offene Rechte Zürcher Abwehrseite bringt dann Rüegg in die Bredouille, der aber im Zweikampf mit dem starken Miralem Sulejmani trotzdem nichts falsch macht. Die Flanke Sulejmanis hätte auch Rüeggs stark aufspielender Berner Konterpart Kevin Mbabu nicht verhindern können. Schlussendlich unterlief dem eigentlich gut positionierten Yanick Brecher bei dieser Flanke dann ein seltsamer Moment des Zögerns, was zur verunglückten Abwehr direkt auf den Kopf Guillaume Hoaraus am entfernten Pfosten führte.

Bleibt in der Ersten Halbzeit der 0:1-Führungstreffer Miralem Sulejmanis in der 12. Minute. Bei diesem profitierte YB nicht zum ersten Mal gegen den FCZ bei einem vorentscheidenden Treffer im Wankdorf von einem fälschlicherweise nicht gepfiffenen Stürmerfoul. Dies obwohl Ref Urs Schnyder gute Sicht auf die Szene hatte, als Guillaume Hoarau Adi Winter mit einem Stoss in den Rücken aus dem Gleichgewicht und um den Ballbesitz brachte (siehe Standbild unten).

Anschliessend folgte eine für die relativ deutlichen Vorteile der Berner in den Zweikämpfen typische Szene. Während YB häufig zu zweit oder gar zu dritt den ballführenden Zürcher angriff, liess ein Zürcher Trio angeführt von Hekuran Kryeziu Miralem Sulejmani und Djibril Sow auf der Seite gewähren. Victor Palsson schaltete gegen Guillaume Hoarau zu spät vom Relax- in den Attackemodus um, und Adi Winter liess Sulejmani für einen kleinen Augenblick aus den Augen. Das 0:4 in Halbzeit Zwei unterschied sich zu den ersten drei Toren insofern, als es das erste Kontertor des Spiels nach Ballgewinn in der eigenen Hälfte war. In personeller Hinsicht änderte sich hingegen nichts. Hekuran Kryeziu bleibt stehen und fordert Namensvetter Mirlind auf, sich das Leder zu krallen, obwohl Christian Fassnacht näher beim Ball steht –  so können die Berner mit einem zwei gegen eins Richtung FCZ-Tor ziehen.

Zusammenfassend ist der FCZ also grundsätzlich ähnlich engagiert in die Partie gegangen, wie im Cupfinal. Und es war nicht so, wie von Teleclub-Kommentator Michael Fritschi geurteilt, und danach von anderen Berichterstattern übernommen, dass die Aussenverteidiger Pa Modou und Rüegg «geschlafen» hätten. Beide Teams gingen mit viel Risiko in die Partie und dazu gehörte, dass Pa Modou und Rüegg bei eigenem Spielaufbau sehr hoch standen. In solchen Situationen entscheiden Details, und da war beim FCZ in allen entscheidenden Szenen speziell Mittelfeldspieler Hekuran Kryeziu jeweils nicht auf dem Posten. Ein weiterer wichtiger Unterschied zum Cupfinal war die bessere personelle Besetzung YBs speziell in den Personalien Mbabu, Wüthrich und Sow an Stelle von Lotomba, Nuhu und Bertone. Im Zweikampf sind die YB-Aussenverteidiger Mbabu und Benito zur Zeit nur schwer zu überwinden. Es bräuchte bessere spielerische Mittel oder noch mehr Speed (Rohner? Schönbächler?). Ausserdem machte der FCZ vorne zu wenig aus seinen Möglichkeiten. Benjamin Kololli zögerte freigespielt von Züri Live-MVP Toni Domgjoni gleich zu Beginn im gegnerischen Strafraum zu lange – genauso wie später Adrian Winter alleine vor Torhüter Von Ballmoos. Winter verhinderte dazu beim Stand von 0:2 eine «hundertprozentige» Torchance Domgjonis, als er den idealen Steilpass Antonio Marchesanos gleich selbst «abfing» (siehe Standbild unten).

Domgjoni brachte zudem drei Meter vor der gegnerischen Torlinie nach starker Vorarbeit Stephen Odeys den Ball nicht im Netz unter. Und mehrere gute Kopfballchancen konnten nicht genutzt werden – unter anderem klärte Jean-Pierre Nsamé eine solche von Mirlind Kryeziu auf der Linie.  Taktisch startete der FCZ mit einem 4-3-3 in die Partie, wechselte dann nach 20 Minuten auf die Cupfinalformation 3-5-2 mit Winter als zweitem Stürmer neben Frey. Dies schien dem FCZ-Spiel gutzutun, bis dann kurz vor der Pause der 0:3-Hammer kam. Nach der Halbzeit mit der Einwechslung von Odey wurde wieder zurück auf 4-3-3 gewechselt und schliesslich mit der Einwechslung von Khelifi für Marchesano in der 62. Minute auf ein 4-4-2. Nach der dritten Einwechslung (Alain Nef) verschob sich Palsson ins Mittelfeld. Der Captain, der genauso wie Mirlind Kryeziu an mehr als 50% der Zürcher Torchancen beteiligt war, schien sich dann aber in der Schlussphase mit Krampferscheinungen herumzuplagen. Somit hat der FCZ bereits seit vier Jahren kein Meisterschaftsspiel gegen YB mehr gewinnen können. Diese Serie in der aktuellen Saison zu durchbrechen, wäre sicherlich ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur von Trainer Magnin geforderten Verkürzung des Abstandes zu den Top 2-Mannschaften der Liga.

YB – FCZ 4:0 (3:0)

Tore: 12. Sulejmani (Hoarau) 1:0, 15. Fassnacht 2:0, 45. Hoarau (Sulejmani) 3:0; 75. Nsamé (Fassnacht) 4:0.

YB: Von Ballmoos; Mbabu, Wüthrich, Von Bergen, Benito; Fassnacht, Sow, Sanogo, Sulejmani; Moumi, Hoarau.

FCZ: Brecher; Rüegg, Palsson, M. Kryeziu, Pa Modou; H. Kryeziu; Domgjoni, Marchesano; Winter, Kololli; Odey.

(Standbilder aus: SFL) 

FCZ gewinnt die Finals, YB weiterhin nicht – Cupfinal Highlights & Bericht

Der FCZ gewinnt gegen den Saisondominator YB  (nur vier Niederlagen in 36 Meisterschaftspartien) in dessen Stadion den Cupfinal 2018 mit einer Willensleistung. Der Siegeshunger hatte das Letzigrund-Team gleichenorts bereits 2014 unter Trainer Urs Meier gegen den FC Basel zum Titel getragen. Als grosse Willensleistung kann auch der Titel 2016 mit dem Trainerduo Forte/Magnin bezeichnet werden – nicht wegen des Gegners, sondern aufgrund der psychologisch äusserst anspruchsvollen Situation wenige Tage nach dem feststehenden Abstieg.

https://soundcloud.com/fcz-radio/cupfinal-fcz-yb-21-highlights

Der FC Zürich hat mittlerweile mit 10 Titeln in 11 Finals eine ähnliche Cupfinalbilanz wie der FC Sion (13 Titel in 14 Versuchen). Sion und der FCZ unterscheiden sich von den meisten anderen Schweizer Klubs durch eine jahrzehntelang gleichbleibende Führung, die im Laufe der Zeit viel Erfahrung in der Vorbereitung von wichtigen Spielen angehäuft hat. Luisier und Constantin im Wallis, Hotz und Canepa in der Limmatstadt. Die Einheit im Klub ist für den Teamspirit der 1. Mannschaft in grossen Partien förderlich. Aussergewöhnliche Massnahmen wie die Vorbereitungswoche bei der FIFA auf dem Zürichberg sind schnell beschlossen und umgesetzt. Während in anderen Klubs jeder Verantwortliche darauf bedacht ist, in seinem Verantwortungsbereich einfach einen guten Job zu machen – aber häufig nicht darüber hinauszudenken und -handeln.

YB hat seit dem Cupsieg 1987 in den letzten 31 Jahren alle seine sechs Finalspiele in Cup und Meisterschaft verloren. Der FCZ hingegen ging im gleichen Zeitraum in allen seinen sieben Finals als siegreiches Team hervor! Dabei hat YB in dieser Zeitperiode in der obersten Schweizer Liga insgesamt rund 200 Punkte mehr auf sein Konto gebracht, als der FCZ.  Abgesehen von Einwechselspieler Sarr (trotz seiner Rolle in der Vorbereitung einer guten Torchance), spielte am Sonntag die ganze Mannschaft auf persönlich hohem Niveau. Speziell den beiden während der Spielzeit 17/18 durchzogene Leistungen zeigenden Skandinaviern Thelander und Palsson gelang ihr bestes Spiel im FCZ-Dress. Palsson beispielsweise gewann fast jedes Kopfballduell mit Guillaume Hoarau. Auch Cédric Brunner (unter anderem Vorbereiter des 1:0) gelang zu seinem Abschied eine gute Partie und ein perfekter Abschluss.

Der FCZ war nicht das erste Team, welches bei YB Kasim Nuhu als Schwachpunkt eruiert und ausgenutzt hat. YB seinerseits agierte vorwiegend über die rechte Seite, um von den Defiziten Pa Modous in der Rückwärtsbewegung zu profitieren. Da Mbabu-Ersatz Jordan Lotomba seine seit dem Last Minute-Tor gegen Dynamo Kyiv im letzten August wenig erbauliche Saison nahtlos fortsetzte, und mit einem Fehlpass gar das erste Zürcher Tor einleitete, konnte YB erst im zweiten Durchgang mit dem eingewechselten Thorsten Schick diese Taktik so richtig in die Tat umsetzen. Der 1:2-Anschlusstreffer entstand denn auch über diese Seite nach einer kurzen Flanke Ngamaleus von der Strafraumgrenze, nachdem Pa Modou einen Stellungsfehler Kryezius hatte ausbügeln müssen. Aber bei YB erreichten an diesem Tag insgesamt zu wenige Spieler ihr Rendement, um einen sehr gut eingestellten FCZ selbst in Überzahl noch bezwingen zu können.

https://soundcloud.com/fcz-radio/tempo-und-wille-cupfinal-fcz-yb-spielinfos

FCZ – YB 2:1 (1:0)

Tore: 11. Frey (Brunner) 1:0 ; 75. Marchesano (Pa Modou) 2:0, 80. Sulejmani (Ngamaleu) 2 :1.

FC Zürich: Brecher; Thelander, Brunner, Kryeziu; Rüegg, Palsson, Pa Modou; Marchesano (78. Schönbächler), Domgjoni (46. Sarr); Frey (92. Rodriguez), Winter.

Young Boys: Wölfli; Lotomba (46. Schick), Nuhu, Von Bergen, Benito (76. Ngamaleu); Sulejmani, Sanogo, Bertone, Fassnacht; Assalé (59. Nsamé), Hoarau.

Umaru Bangura als Feuerwehrmann gefragt / YB – FCZ Spielinfos & Stats

Gegen den zu Hause offensivstarken Leader aus Bern kommt der FCZ so stark unter Druck, wie noch nie in dieser Saison. 99% Form und 99% Aufmerksamkeit genügt im Wankdorf nicht. Der Zentrale Verteidiger Umaru Bangura ist deutlich häufiger als Feuerwehrmann gefordert, als normal. Dies vor allem auch weil der sich zuletzt in guter Verfassung präsentierende Cédric Brunner gegen den zur Zeit giftigsten Offensivmann der Liga, Roger Assalé, genauso wie Pa Modou Jagne an seine Grenzen stösst. Dank der Umstellung auf ein defensiver ausgerichtetes 3-5-2 hat der FCZ in Bern bis zum Schluss reelle Chancen auf zumindest einen Punkt.

Kevin Rüegg ist nach dem 1:1 gegen St. Gallen in der 7. Runde zum zweiten Mal MVP. Auf seiner halbrechten Achterposition erstickt er viele Berner Angriffe über diese Seite bereits im Keim und sorgt zusammen mit Adrian Winter und Raphael Dwamena selbst für den ein oder anderen gefährlichen Angriff. Der Ghanaische Stürmer zeigt eine ansprechende Leistung. Er hat sich bezüglich Torerfolgen bei bisher 3 Toren und 2 Assists in der Meisterschaft sicherlich mehr erhofft. Die aktuell fehlende Effizienz des Ghanaers ist einer der Hauptgründe für die geringe Anzahl Tore beim FCZ. Abschlusschancen hat der 22-jährige genug. Und es scheint nicht viel zu fehlen, damit es «Klick» macht. Dwamena muss lernen, dem Gegner mehr weh zu tun, als «nur» jeweils eine Gelbe Karte für taktische Fouls zu provozieren.

Im auf zwei Mann reduzierten Sturm mit deutlich weniger Pressing wurde Michi Frey bei seinem Stammklub etwas seiner Stärken beraubt, aber insgesamt war auch sein Auftritt ordentlich, wenn auch in gewissen Szenen etwas übermotiviert. In der 81. Minute kam Stephen Odey zu seinem Meisterschaftsdébut, zeigte bei seinem Kurzeinsatz aber wie schon im Cup bei Stade Lausanne-Ouchy erst mal grosse Probleme mit dem Rhythmus, der Zweikampfhärte und seinen taktischen Aufgaben. Anders Moussa Koné, der innert kürzester Zeit fast ein Maximum herausholen konnte. Seine besten Leistungen im FCZ-Dress hat Koné fast ausschliesslich als Joker gebracht, und in Bern demonstrierte er einmal mehr, warum er für diese wichtige Rolle so prädestiniert ist.  

„Horde von Gelb-Schwarzen bei Bua“ – YB – FCZ 1:1 Spielinfos und Analysen

1511 YB - FCZ Match performance

Dank den spielstarken Buff, Grgic und Torhüter Brecher hatte der FCZ im Meisterschaftsspiel bei YB (1:1) mehr Top-Offensivaktionen, als beim mit 3:1 an gleicher Stätte gewonnenen Cup-Viertelfinal  (15 vs. 9). Die Anzahl Torchancen, welche nicht zu Toren führten, war aber in beiden Spielen gleich (je 4). Dies vor allem, weil YB weniger Risiken einging, und Bua noch konsequenter doppelte, als am Donnerstag. Dies führte auf der anderen Seite auch zu weniger YB-Offensivaktionen – die Zürcher hatten gegen den Ball deutlich weniger Arbeit – 11 Top-Defensivaktionen reichten, im Vergleich zu rekordhohen 25 im Cup.

1511 YB - FCZ Match Stats

Es kommt sehr selten vor, dass eine Spielsituation gleichzeitig als Top-Aktion Defensiv, wie auch als Top-Aktion Offensiv gezählt wird. Dieses Kunststück fertiggebracht hat Vinicius, der aus einer starken Balleroberung nahe der eigenen Eckfahne gegen zwei Berner (Top-Aktion Defensiv) gleich auch noch einen hervorragenden ersten Pass (Top-Aktion Offensiv) hoch der Seitenlinie entlang Richtung Etoundi spielte, welcher dank seiner Gradlinigkeit und Präzision für die Entstehung des 1:0 durch Oliver Buff entscheidend war.  Die Standards von Vinicius waren hingegen weiterhin ungenügend – trotzdem ist der Brasilianer in der Züri Live-Wertung erstmals MVP einer Partie.

 

 

1 2